In dieser Arbeit soll die folgende Frage systematisch bearbeitet werden: Welche widersprüchlichen Anforderungen ergeben sich bei der Interaktionsarbeit im Einzelhandel? Für die präzise Beantwortung der Fragestellung erfolgt zunächst die Beschreibung des empirischen Gegenstandes, in dem das theoretische Verständnis von Interaktionsarbeit, betrieblicher Gesundheitsförderung, Gefährdungsbeurteilungen sowie widersprüchlicher Arbeitsanforderungen geklärt wird. Darüber hinaus wird eine geschlechtssensible Betrachtung des Forschungsstandes vorgenommen. Aus den theoretischen Vorannahmen wird schließlich die konkrete Untersuchungsfrage und damit verbundene Unterfragen hergeleitet.
Im Rahmen einer exemplarischen Betriebsfallstudie sollen mithilfe qualitativer Methoden der empirischen Sozialforschung die Besonderheiten von Interaktionsarbeit im Einzelhandel herausgearbeitet werden. Für die empirische Erfassung wurden deshalb im Rahmen der Studie problemzentrierte Leitfadengespräche geführt, welche anschließend anhand der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet wurden. Das methodische Vorgehen sowie damit verbundene Gütekriterien und ethische Fragen werden in einem eigenen Kapitel näher erklärt und auf die vorliegende Forschung bezogen. Die darauf aufbauende Analyse der Transkripte bildet den Kern der Arbeit: wie sieht Interaktionsarbeit im untersuchten Unternehmen empirisch aus? Die wesentlichen Aussagen, in denen sich Interaktionsarbeit und widersprüchliche Anforderungen finden lassen, werden vorgestellt, um anhand der Ergebnisse die Forschungsfrage im Fazit entsprechend beantworten zu können.
Zudem werden Handlungsempfehlungen ausgesprochen sowie Grenzen und Ausblicke der Forschung aufgezeigt. Zusammenfassend liegen die Ziele der Arbeit in der Identifikation typischer Situationen widersprüchlicher Arbeitsanforderungen und entsprechender Bewältigungsstrategien der Beschäftigten. Zudem werden Arbeitsbedingungen unter einem gender-sensiblen Blickwinkel betrachtet, welcher Aufschluss über mögliche strukturelle Benachteiligungen gibt. Des Weiteren werden auf Grundlage der Ergebnisse Gestaltungsempfehlungen und Maßnahmen im Sinne einer gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung erarbeitet sowie Ansatzpunkte für eine quantitative Erhebungsmethode.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Untersuchungsgegenstand
2.1 Verständnis von Dienstleistungsarbeit im Einzelhandel
2.1.1 Anforderungen an der Grenzstelle
2.1.2 Das Konzept der Interaktionsarbeit
2.2 Schlussfolgerungen – Belastungen bei Interaktionsarbeit im Handel
3 Betriebliche Gesundheitsförderung
3.1 Gesunde Arbeitsbedingungen und deren Entwicklung
3.2 Psychische Belastung in der Gefährdungsbeurteilung
3.3 Das Modell widersprüchlicher Arbeitsanforderungen
3.3.1 Arbeitsbezogene Belastungen
3.3.2 Belastungsformen und Bewältigungsmöglichkeiten
3.3.3 Ressourcen und Kontrolle
3.3.4 Subjektivität innerhalb der Arbeitsbedingungen
3.3.5 Zusammenfassung und Nutzen für die vorliegende Studie
3.4 Gender in der Gesundheitsförderung
4 Forschungsfrage und -anliegen
5 Methodische Herangehensweise
5.1 Qualitative Sozialforschung
5.2 Gütekriterien und ethische Fragen
5.3 Erhebung
5.3.1 Problemzentriertes Interview
5.3.2 Leitfaden
5.3.3 Stichprobenkonzeption
5.3.4 Transkriptionsregeln
5.4 Auswertungsverfahren
5.4.1 Strukturierende qualitative Inhaltsanalyse
5.4.2 Kategoriensystem
6 Ergebnisse
6.1 Unternehmensprofil und Stichprobe
6.2 Tätigkeiten und Anforderungen
6.3 Zusammenführung: Bestandteile von Interaktionsarbeit in äußeren Bedingungen
6.3.1 Ziele
6.3.2 Regeln
6.3.3 Ressourcen
6.4 Typische Diskrepanzsituationen
6.4.1 Typ I: Organisatorische Defizite
6.4.2 Typ II: Unangepasstes Handeln der Kundinnen/Kunden
6.4.3 Typ III: Reklamationen
6.5 Physische Belastung
6.6 Gender im Unternehmen
7 Fazit und Diskussion
7.1 Zusammenfassende Einordnung in den Forschungsstand
7.2 Handlungsempfehlungen
7.3 Grenzen und Ausblicke
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Anhang
Abstract
Die Analyse von Arbeitsbedingungen stellt für die betriebliche Gesundheitsforderung ein elementares Anliegen dar, um adäquate Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln. Vor allem Tätigkeiten mit Kundenkontakt erfahren jedoch keine systematische Auseinandersetzung. Die vorliegende Masterarbeit gibt anhand einer Betriebsfallstudie einen Überblick über Anforderungen und Belastungen im Einzelhandel. Um diese zu identifizieren, wird nach widersprüchlichen Arbeitsanforderungen (Moldaschl 2007) bei Interaktionsarbeit (Böhle et al. 2015) gefragt. Für die Beantwortung des Forschungsanliegens wurden neun qualitative Leitfadeninterviews mit Beschäftigten geführt, die anhand der strukturierenden Inhaltsanalyse (Kuckartz 2012) ausgewertet wurden. Die Ergebnisse zeigen typische Diskrepanzsituationen innerhalb der Arbeitsbedingungen auf, welche von den Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern mit unterschiedlichen Ressourcen und Bewältigungsstrategien bearbeitet werden. Als weiteres Resultat der Arbeit werden Handlungsempfehlungen im Sinne einer gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung erarbeitet und Ansätze für eine quantitative Gefährdungsbeurteilung aufgezeigt.
The analysis of workers’ conditions is a fundamental matter for workplace health promotion to develop appropriate activities for improvement. But especially operations with customer contact aren’t systematical evaluated. Present master thesis want to give an overview about job requirements and workloads with a case study in the retail trade. Therefor it’s been looked after contradictory requirements (Moldaschl 2007) in interaction work (Böhle et al. 2015). To reply the research question there had been nine qualitative guideline-based interviews with employees, which were evaluated with a texturing content analysis (Kuckartz 2012). The results show typical discrepancy situations which are handled by the employees with different resources and coping strategies. As a further result of the master thesis there are recommendations for a health promoting organizational development and basic approaches for a quantitative job hazard assessment.
1 Einleitung
Im deutschen Einzelhandel finden täglich rund 50 Millionen Kundenkontakte statt (vgl. Handelsverband Deutschland 2015), welche durch eine Tauschbeziehung gekennzeichnet sind (Böhle et al. 2015). Beschäftigte und Kundinnen/Kunden begegnen sich in Angebot und Nachfrage von Dienstleistung, dessen Zweck und Inhalt der Abschluss eines Verkaufs bzw. Kaufs darstellt. Die Dienstleistungsbeschäftigten sind im Rahmen ihrer Arbeit vielfältigen Belastungen und Gefährdungen ausgesetzt, die noch keine besondere Berücksichtigung fanden (ebd.). Beispielsweise haben körperliche Belastungen wie langes Stehen oder eine Beanspruchung durch das Heben und Tragen von Ware eine wesentliche Bedeutung. Zusätzlich treten bei neuen Formen der Arbeitsorganisation und bei qualifizierter Arbeit spezielle Arten von Belastung auf. So lassen selbstverantwortliche und selbstgesteuerte Arbeitsformen zwar Handlungsspielräume und qualifikatorisch anspruchsvolle Tätigkeiten entstehen, diese sind aber auch verbunden mit Risiken wie Selbstüberforderung und Selbstrationalisierung. Nicht zuletzt gibt es Belastungen, die sich insbesondere bei personenbezogenen Dienstleistungen zeigen und ihren Ursprung in der Zusammenarbeit mit Kundinnen/Kunden haben. Die Arbeit mit und an Menschen kann konzeptuell unter dem Begriff der Interaktionsarbeit gefasst werden und nimmt einen zentralen Stellenwert bei der Arbeitsausführung ein (Böhle et al. 2015). Dazu gehört u.a. die Forderung stets freundlich zu bleiben und kann in diesem Zusammenhang als Emotionskontrolle bezeichnet werden. Gleichzeitig ergeben sich aus strukturellen Unwägbarkeiten und Unbestimmtheiten des Kundenkontakts Grenzen der Standardisierung und Automatisierung. Umso wichtiger erscheinen die Dienstleistungsbeschäftigten, die mit diesen Besonderheiten umgehen müssen. Eine humane und menschengerechte Arbeitsgestaltung, welche die speziellen Merkmale von Dienstleistungsarbeit berücksichtigt, ist dabei unverzichtbar. Diese These schließt daran an, dass gute und humane Arbeit nicht von selbst entsteht, sondern einer aktiven Einflussnahme und Gestaltung bedarf. Die betriebliche Gesundheitsförderung ist eine Disziplin, die sich systematisch mit diesem Anliegen beschäftigt und in der Arbeitswelt immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dies lässt sich unter anderem auf einen Wandel der Erwerbsarbeit als auch ein verändertes Bewusstsein über Zusammenhänge von Anforderungen, Belastungen und Ressourcen bei der Arbeit und gesundheitliche Folgen zurückführen (vgl. Gümbel/Nielbock 2012). Zudem hat sich Gesundheit seit den 1980er Jahren zu einem der höchsten individuellen sowie gesellschaftlichen Werte und als treibende ökonomische, soziale und politische Kraft entwickelt (Brunnett 2009). Um Belastungen entsprechend zu vermeiden oder zu reduzieren, ist die Beurteilung von Gefährdungen unabdingbar. Die adäquate Erhebung ist mit besonderen Herausforderungen verbunden, die vor allem bei Dienstleistungsarbeit bis jetzt nicht im Mittelpunkt von Gestaltungsfragen stand (Böhle et al. 2015). In vorliegender Studie wird von der These ausgegangen, dass Belastungen für die Beschäftigten vor allem durch nicht auflösbare Widersprüche zwischen Handlungsanforderungen und Handlungsmöglichkeiten entstehen (Moldaschl 2007). Aus den bisherigen Annahmen ergibt sich folgende Forschungsfrage, die systematisch bearbeitet werden soll: Welche widersprüchlichen Anforderungen ergeben sich bei der Interaktionsarbeit im Einzelhandel?
Für die präzise Beantwortung der Fragestellung erfolgt zunächst die Beschreibung des empirischen Gegenstandes, in dem das theoretische Verständnis von Interaktionsarbeit, betrieblicher Gesundheitsförderung, Gefährdungsbeurteilungen sowie widersprüchlicher Arbeitsanforderungen geklärt wird. Darüber hinaus wird eine geschlechtssensible Betrachtung des Forschungsstandes vorgenommen. Aus den theoretischen Vorannahmen wird schließlich die konkrete Untersuchungsfrage und damit verbundene Unterfragen hergeleitet. Im Rahmen einer exemplarischen Betriebsfallstudie sollen mithilfe qualitativer Methoden der empirischen Sozialforschung die Besonderheiten von Interaktionsarbeit im Einzelhandel herausgearbeitet werden. Für die empirische Erfassung wurden deshalb im Rahmen der Studie problemzentrierte Leitfadengespräche geführt, welche anschließend anhand der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet wurden. Das methodische Vorgehen sowie damit verbundene Gütekriterien und ethische Fragen werden in einem eigenen Kapitel näher erklärt und auf die vorliegende Forschung bezogen. Die darauf aufbauende Analyse der Transkripte bildet den Kern der Arbeit: wie sieht Interaktionsarbeit im untersuchten Unternehmen empirisch aus? Die wesentlichen Aussagen, in denen sich Interaktionsarbeit und widersprüchliche Anforderungen finden lassen, werden vorgestellt, um anhand der Ergebnisse die Forschungsfrage im Fazit entsprechend beantworten zu können. Zudem werden Handlungsempfehlungen ausgesprochen sowie Grenzen und Ausblicke der Forschung aufgezeigt.
Zusammenfassend liegen die Ziele der Arbeit in der Identifikation typischer Situationen widersprüchlicher Arbeitsanforderungen und entsprechender Bewältigungsstrategien der Beschäftigten. Zudem werden Arbeitsbedingungen unter einem gender-sensiblen Blickwinkel betrachtet, welcher Aufschluss über mögliche strukturelle Benachteiligungen gibt. Des Weiteren werden auf Grundlage der Ergebnisse Gestaltungsempfehlungen und Maßnahmen im Sinne einer gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung erarbeitet sowie Ansatzpunkte für eine quantitative Erhebungsmethode.
2 Untersuchungsgegenstand
Im folgenden Kapitel wird das Untersuchungsfeld der Studie vorgestellt, um daraus das Forschungsanliegen darzulegen und zu erklären. Hierfür wird zunächst auf Dienstleistungsarbeit im Einzelhandel eingegangen, um daran anschließend das Konzept der Interaktionsarbeit (Böhle et al. 2015) zu erörtern und damit verbundene Anforderungen sowie Belastungen aufzuzeigen.
2.1 Verständnis von Dienstleistungsarbeit im Einzelhandel
Bisher wurde in der klassischen Arbeits- und Industriesoziologie Erwerbsarbeit als hauptsächlich instrumentell-gegenstandsbezogenes und planmäßig-rationales Handeln definiert. Dabei stand vor allem die betriebliche und gesellschaftliche Organisation von Arbeit im Vordergrund (Dunkel/Weihrich 2010). Die notwendigerweise innerhalb des Arbeitsprozesses agierenden Menschen wurden allerdings in der Analyse vernachlässigt. Im Gegensatz dazu ist die soziale Interaktion zentraler Bestandteil der allgemeinen Soziologie, jedoch nicht die spezifischen Anforderungen von Erwerbsarbeit. Zunehmend werden nun Arbeit und Interaktion miteinander verknüpft: Soziale Interaktion ist für viele Bereiche von Arbeit ein grundlegendes Element, weil die am Arbeitsprozess beteiligten Personen in Bezug aufeinander handeln müssen, um das gewünschte Arbeitsergebnis zu realisieren. Erfolgreiche Interaktionen werden somit zur notwendigen Bedingung für die Erstellung von Dienstleistungen (Dunkel/Weihrich 2010). Eine Branche, in der vornehmlich Interaktionen zwischen Kundinnen/Kunden und Beschäftigten anzutreffen sind, ist der Einzelhandel. In Deutschland ist der Einzelhandel der drittgrößte Wirtschaftszweig und somit eine Schlüsselgröße der Binnenwirtschaft: In 300.000 Unternehmen gibt es ca. 3 Millionen Beschäftigte und es finden täglich 50 Millionen Kundenkontakte statt (vgl. Handelsverband Deutschland 2015). Der Einzelhandel kann zudem als klassische ‚Frauenbranche’ gelten, da rund zwei Drittel der Beschäftigten weiblich sind (vgl. Böhle et al. 2015: 31). Auffallendes Beispiel für eine geschlechtsspezifische Segmentation sind dabei geringfügig und teilzeitbeschäftigte Frauen (Sauer 2003). Stephan Voswinkel führt diesen Umstand auf verschiedene Gründe zurück:
„Die Nachfrage nach flexiblen, insbesondere nicht vollzeitigen Beschäftigungs-verhältnissen, die Hausarbeitsnähe der Tätigkeiten, der Personenbezug der Arbeit, ihre Geltung als unproduktive Arbeit und die Servilitätskonnotation von Dienstleistungsarbeit.“ (Voswinkel 2005: 32f)
Generell ist die Arbeit im Einzelhandel strukturell durch eine Tauschbeziehung gekennzeichnet, in der sich „Beschäftigte und Kunden als Anbieter und Nachfrager von Dienstleistungen begegnen“ (Böhle et al. 2015: 30). Im Gegensatz zur Warenproduktion (materielle Güter) wird bei Dienstleistungen von abstrakten, materiell nicht greifbaren Gütern gesprochen. Zweck und Inhalt der Dienstleistungsbeziehung ist der Abschluss eines Verkaufs bzw. Kaufs. Bei Dienstleistungen handelt es sich um interaktive Tätigkeiten, welche sowohl fachliche als auch soziale und kommunikative Kompetenzen verlangen (ebd.). Auch Nerdinger (2004) charakterisiert den persönlichen Verkauf im Einzelhandel durch den direkten Kontakt zwischen Verkäufer/in und Käufer/in mit dem Ziel des Verkaufsabschlusses. Mit dieser Tätigkeit gehen spezifische Aufgaben einher, worunter u.a. die Kontaktaufnahme mit den Kundinnen/Kunden, die Ermittlung der jeweiligen Bedürfnisse sowie die Demonstration der Produkte fallen. Der persönliche Verkauf gilt dabei als das wirksamste und gleichzeitig kostspieligste Instrument der Unternehmensstrategie. Mit der Verkaufsunterstützung sind weiterhin Beratungen und im weitesten Sinne die Präsentation der Waren gefasst; außerdem repräsentieren die Beschäftigten ihr Unternehmen und tragen so mit ihrem Verhalten zu Image- und Einstellungsbildung der Kundinnen/Kunden bei. Darüber hinaus übernehmen Verkäufer/innen im Konsumgüterbereich logistische Funktionen wie Warenverräumung und Regalpflege (Nerdinger 2004).
Doch was bedeuten die eben dargestellten Arbeitsbedingungen an der Schnittstelle zwischen Organisation und Kundschaft für die Beschäftigten? Mit welchen konkreten Anforderungen sind die Beschäftigten bei Dienstleistungstätigkeiten im Einzelhandel konfrontiert?
2.1.1 Anforderungen an der Grenzstelle
Dorothea Voss-Dahm beschäftigt sich in ihrer Untersuchung über den Einzelhandel u.a. mit sich wandelnden Leistungsanforderungen, denen die Beschäftigten ausgesetzt sind (Voss-Dahm 2003). Im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung einer einfachen Dienstleistungsarbeit, diagnostiziert sie den Verkauf als anspruchsvolle Tätigkeit, da Beschäftigte unmittelbar mit Marktbedingungen konfrontiert werden und widersprüchliche und vielschichtige Anforderungen bei knappen Ressourcen bewältigen müssen. Als Triebkräfte der Arbeits- und Leistungssituation im Handel benennt Voss-Dahm die Schlüsselbegriffe Marktsteuerung, Standardisierung und die neue Rolle der Kundinnen/Kunden, auf welche nun kurz eingegangen wird. Unter Marktsteuerung werden neue Kontrollmöglichkeiten von Arbeitsprozessen verstanden: So schaffen Unternehmen bewusst Freiräume für eigenständiges Handeln, um menschliche Ressourcen wie Selbstorganisation bestmöglich nutzen zu können. Beschäftigte werden in diesem Verständnis zu „unselbstständigen Selbstständigen,“ die den Zwängen des Marktes ausgesetzt sind. Der Markt definiert anerkannte und geforderte Leistungen, welche durch abstrakte Größe wie Kennziffern und Kundenbewertungen festgelegt werden. Als wesentliches Prinzip der Vermittlung von Leistungszielen im betrieblichen Kontext beeinflusst die Marktsteuerung auch die Leistungserwartungen an die Beschäftigten. Die Standardisierung der warenbezogenen Prozesse bezieht sich wiederum auf die Absatzseite des Handels: Ein niedriger Preis scheint als der entscheidende Wettbewerbsparameter, über den auch der Verdrängungswettbewerb innerhalb der Branche ausgetragen wird. Durch entsprechende Einkaufsstrategien sollen die Prozesse der Warenströme beschleunigt und effektiv gestaltet werden, was aber auch erheblichen Einfluss auf die Arbeits- und Leistungsbedingungen im Verkaufsraum hat. Neben Tätigkeiten mit unmittelbaren Kundenkontakt (beraten, bedienen, kassieren), bildet die Verkaufsarbeit auch den Endpunkt des Warenweges und ist somit von organisatorischen Veränderungen aller warenbezogenen Abläufe betroffen. Nicht die Filialen selbst, sondern die Zentrale eines Unternehmens entscheidet über Umfang und Zusammensetzung des Sortiments, was mit einem Kompetenzverlust und einer Abwertung fachbezogenen Wissens auf Seiten der Beschäftigten einhergeht. Die Standardisierung der warenbezogenen Tätigkeiten soll zu einer zeitlichen Verringerung bei warenbezogenen Aufgaben und einer Erhöhung bei interaktiven Verkaufstätigkeit führen. Entgegen seiner Intention führt der vorgegebene und organisierte Ablauf warenbezogener Prozesse jedoch nicht zwangsläufig zu einer Abnahme des Arbeitsaufwandes, sondern eher zu Zusatzaufwand bei den Beschäftigten: Bei fehlerhaft arbeitenden Systemen muss beispielsweise korrigierend eingegriffen werden. Die Standardisierung bezieht sich aber auch auf die Gestaltung des Verkaufsraumes: Es werden zentrale Konzepte zur Warenpräsentation erarbeitet, die für einen „einheitlichen, professionellen und verkaufsstrategisch optimierten Marktauftritt“ sorgen sollen (Voss-Dahm 2003: 79). Diese verkaufsstrategischen Überlegungen entsprechen nicht unbedingt dem Wissen und den Erfahrungen der Beschäftigten, denen hier der Gestaltungsspielraum verloren geht. Als weitere Triebkraft benennt Voss-Dahm die Organisation der Kundenschnittstelle: Die Erwartungen der Kundinnen/Kunden haben einen großen Einfluss auf die Arbeitsanforderungen in der Verkaufstätigkeit. Unter strategischen Gesichtspunkten bilden Einzelhandelsunternehmen spezifische Profile aus, die sich auf ein bestimmtes Kundenpotential richten und über den Charakter der verfolgten Dienstleistungsstrategie entscheiden. Durch Analyse und Umsetzung von Kundenpräferenzen wird versucht, die eigene Marktposition zu verbessern und zu stabilisieren. Gleichzeitig stehen die Erwartungen der Kundinnen/Kunden nicht unangefochten an erster Stelle, da auch diese sich den Effizienz- und Kostenaspekten der Organisation unterzuordnen haben. Hier zeigt sich oftmals eine Diskrepanz zwischen Kundenansprüchen und den zu Verfügung stehenden Ressourcen. Um trotzdem die Qualität von Dienstleistungen zu sichern, bemühen sich Einzelhandelsunternehmen die Interaktion von Verkaufstätigkeiten zu professionalisieren. Zwar lassen sich Kompetenzen wie Freundlichkeit, Einfühlungsvermögen und Umsichtigkeit nicht anordnen wie bestimmte Arbeitsschritte, dennoch werden verbindliche Handlungsrichtlinien für den betrieblichen Alltag festgelegt. Kundenorientierung wird so zu einer Verhaltensanweisung, welche die Anliegen der Kundinnen/Kunden im Arbeitskontext priorisiert. (Voss-Dahm 2003)
Darüber hinaus erfüllt Dienstleistungsarbeit, die im Kundenkontakt stattfindet, eine bestimmte Funktion in Dienstleistungsorganisationen (vgl. Voswinkel 2005). Als Grenzstelle befindet sie sich im Schnittpunkt verschiedener organisationaler Handlungslogiken und ist mit den damit verbundenen Handlungsdilemmata konfrontiert. Grenzstellenarbeit in diesem Sinne hat es mit zwei Autoritäten zu tun: Zum einen die Organisation bzw. die Vorgesetzten und zum anderen die Kundinnen/Kunden. Sie soll die Erwartungen beider Seiten erfüllen, was einen damit verbundenen Widerspruch nicht ausschließt. Nerdinger (2004) definiert dies als Rollenstress im Verkauf und benennt die Arbeit an der Grenze der Organisation als Inter-Senderkonflikt: So erwarten Kundinnen/Kunden z.B. preisliches Entgegenkommen, während Vorgesetzte profitable Verkäufe wünschen. Die bereits erwähnten, teilweise widersprüchlichen Handlungslogiken innerhalb einer Dienstleistungsorganisation wurden von Marek Korczynski (2002) mit dem Konzept der „customer-oriented bureaucracy“ beschrieben. Er geht von zwei Logiken aus, denen die Organisation folgt. Zum einen geht es bei der bürokratischen bzw. tayloristischen Effizienzorientierung um eine Zeit sparende, kostengünstige und zuverlässige Gestaltung der Arbeitsabläufe, um damit auch Kundinnen/Kunden zu steuern (vgl. Voswinkel 2005: 44). Zum anderen wird im Sinne der Kundenorientierung flexibel und variabel auf die sich wandelnden sowie individuellen Kundenwünsche eingegangen. Die zwischen Effizienz und Kundenorientierung resultierenden Konflikte betreffen häufig die Beschäftigten im Kundenkontakt, die deshalb Entscheidungen zwischen widersprüchlichen Anforderungen treffen müssen. Voswinkel (2005) nutzt das Konzept als Ansatz zum Verständnis der widersprüchlichen Handlungsbedingungen innerhalb der Dienstleistungsorganisation und deren Auswirkungen auf die Beschäftigten und erweitert es um zwei weitere Dimensionen: Verkaufsorientierung und Professionalität. Zwischen Kunden- und Verkaufsorientierung wird ein Spannungsverhältnis konstituiert, das Beschäftigte zu bearbeiten haben. Im Einzelhandel zeigt sich die Priorität der Verkaufsorientierung an der zentralen Kennziffer Umsatzentwicklung, an der sich andere Daten wie auch die Personalbemessung auszurichten haben. Organisationen müssen dann zwischen der widerspruchsvollen Kombination von Effizienz, Kunden- und Verkaufsorientierung vermitteln. Als weitere Logik meint die Professionalität eine Arbeitsorientierung, welche die erforderlichen Kompetenzen verinnerlicht und eine effiziente und optimierte Gestaltung des Dienstleistungsprozesses für die Gesamtheit der Kundschaft bedeutet.
Unter Berücksichtigung des vierdimensionalen Konzeptes der Dienstleistung, lässt sich „gute“ Dienstleistung wie folgt definieren: Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie „verkaufsorientiert ökonomischen Erfolg hat (Verkauf) und organisatorisch effizient (Effizienz) eine im Hinblick auf professionelle Kriterien hochwertige Leistung erbringt (Professionalität), die vom Kunden auch subjektiv als solche gesehen wird (Kundenorientierung)“ (Voswinkel 2005: 51). Für die Realisierung von Dienstleistungen ist wiederum Interaktionsarbeit erforderlich und wird durch die Schnittstelle zwischen Unternehmen und Kundinnen/Kunden auch als „Front Office“ oder „Front Line Work“ bezeichnet (vgl. Böhle et al. 2015). Dieser zentrale Bestandteil von Dienstleistungsarbeit wird deshalb nun genauer betrachtet.
2.1.2 Das Konzept der Interaktionsarbeit
Die Arbeit mit und an Menschen ist wie erwähnt zentrales Element jeglicher Dienstleistung. Im Gegensatz zur Arbeit an Objekten nimmt die Interaktion zwischen den beteiligten Akteuren den wesentlichen Stellenwert bei der Ausübung der Tätigkeit ein. Die als Interaktionsarbeit definierte Dienstleistungsarbeit weist besondere Merkmale auf, die bei Produktions- oder Verwaltungsarbeit nicht oder nicht in gleichem Ausmaß vorkommen. Um die Anforderungen an Interaktionsarbeit konzeptuell zu erfassen, entwickeln Böhle et. al. (2015) ein analytisches und normatives Konzept, welches die speziellen Merkmale der Arbeit mit und an Kundinnen/Kunden beschreibt und die verschiedenen Anforderungen zusammenführt. Das integrative Konzept der Interaktionsarbeit berücksichtigt sowohl die Bedeutung von Gefühlen und Emotionen in der Arbeitswelt als auch das essentielle subjektivierende Handeln, welches durch Gespür und Gefühl den Umgang mit Unwägbarkeiten ermöglicht. Das Konzept lenkt den Blick auf unterschiedliche Ausprägungen der spezifischen Eigenschaften von Dienstleistungsarbeit und gleichzeitig auf mögliche Konflikte zwischen der Arbeitsorganisation und dem konkreten Arbeitsprozess. Interaktionsarbeit wird deshalb anhand von vier Bestandteilen charakterisiert: die Kooperationsarbeit, die Emotionsarbeit, die Gefühlsarbeit und das subjektivierende Arbeitshandeln (Böhle et al. 2015: 19). Diese Elemente werden nun genauer vorgestellt.
Die Kooperationsarbeit beruht auf dem Konzept der „interaktiven Arbeit“ von Wolfang Dunkel und Margit Weihrich und beschreibt die Notwendigkeit der Zusammenarbeit von Dienstleister/in und Kundinnen/Kunden, um eine Kooperationsbeziehung und somit das „Ergebnis der Dienstleistung“ erstellen zu können. Dunkel und Weihrich (2010) beschreiben interaktive Arbeit als eine Leistung eigener Art, die dadurch bestimmt wird, dass Beschäftigte und Kundinnen/Kunden aktiv zusammenarbeiten müssen, damit die Arbeitsaufgabe erfüllt werden kann. Der Kern interaktiver Arbeit findet somit innerhalb von Arbeitsprozessen statt und liegt in der aktiven und gemeinsam zu leistenden Abstimmung der beteiligten Akteure. Der Kundschaft wird dabei zwar tendenziell eine Souveränität zugeschrieben, gleichzeitig gilt es, sie für eigene Interessen zu instrumentalisieren (Böhle et al. 2015). Ausgangspunkt sind systematische Abstimmungsprobleme, die in Dienstleistungsbeziehungen anfallen und bearbeitet werden müssen. Im Zusammenhang der Kooperationsarbeit sind verschiedene Abstimmungsprobleme charakteristisch: Zum einen herrscht in der Dienstleistungsbeziehung immer Unklarheit über Gegenstand und Prozedere. Das zu lösende Problem muss gemeinsam erarbeitet und ausgehandelt werden. Zum anderen müssen Handlungen von Dienstleister/in und Kundin/Kunde so abgestimmt werden, dass das ausgehandelte Ergebnis erreicht werden kann. Die Schwierigkeit liegt hier in unvollständigen Verträgen: Dienstleistungen sind zunächst Dienstleistungsversprechen, deren Einhaltungsüberprüfung erst im Nachhinein erfolgt. Durch aufgebautes Vertrauen lässt sich dieses Problem besser bearbeiten. Ein weiteres Abstimmungsproblem ist in unterschiedlichen Interessen begründet, welche sich auf Gegenstand oder zu leistende Beiträge beziehen. Diese systematischen Probleme verdeutlichen, dass Kooperationsarbeit geleistet werden muss, damit eine Dienstleistung stattfindet.
Ein weiterer Bestandteil von Interaktionsarbeit findet seinen Ursprung in Untersuchungen von Arlie Hochschild (vgl. Hochschild 1990): Emotionsarbeit beschreibt den notwendigen Umgang bzw. das Management mit den eigenen Gefühlen: „durch das Management der eigenen Gefühle regulieren Dienstleister die Diskrepanz zwischen ihren tatsächlichen Gefühlen und den Gefühlen, die aufgrund der herrschenden Gefühlsregeln für eine bestimmte Situation erwartet werden“ (Böhle et al. 2015: 21). Im Gegensatz zum surface acting (die äußere Darstellung von Gefühlen) bezeichnet Hochschild die Abstimmung der eigenen Emotionen an das erwartete Verhalten als deep acting, was wiederum mit einer Entfremdung der eigenen Gefühle einhergehe. Nach neueren Erkenntnissen gilt das deep acting aber gleichzeitig als selbstentwickelte Strategie zur Erreichung der geforderten Pflicht wie z.B. Freundlichkeit. Emotionsarbeit wird damit zu einer besonderen Anforderung der Dienstleistungsarbeit und gleichzeitig zu einer Bedingung, um diese erst ausführen zu können.
Der nächste Aspekt von Interaktionsarbeit wurde vor allem von Anselm Strauss erforscht und bezieht sich auf die Gefühle anderer: Gefühlsarbeit bedeutet für die Beschäftigten eine Beeinflussung der emotionalen Verfassung von Kundinnen/Kunden (Böhle et al. 2015). Die sentimental work soll sich förderlich auf den Abschluss einer Dienstleistung auswirken. Im Sinne eines strategischen Umgangs sollen die Gefühle der Kundinnen/Kunden so beeinflusst werden, dass das gewünschte Ergebnis der Beschäftigten erreicht wird, z.B. Kaufmotivation oder eine angenehme Atmosphäre. Durch Vertrauensarbeit, Berichtigungsarbeit oder biografische Arbeit wird versucht, die gewünschte Absicht zu erzielen. Das daraus resultierende Dilemma liegt darin, dass die Arbeit an den Gefühlen von Kundinnen/Kunden von diesen nicht als solche erkannt werden soll. Die Gefahr der Emotions- und Gefühlsarbeit liegt somit in der Manipulation der eigenen sowie fremder Gefühle und stellt eine mögliche Belastung für Dienstleistungsbeschäftigte dar.
Als letzter Bestandteil beschreibt das subjektivierende Arbeitshandeln ein Arbeitsvermögen, welches definiert ist durch die Bewältigung des Unwägbaren und Unplanbaren und auf subjektiven Elementen wie Gespür, Erleben und Empfinden beruht. Der „Arbeitsgegenstand Mensch“ ist zentraler Auslöser dieser Unkontrollierbarkeit und erfordert einen situativen Umgang der Beschäftigten. Die Vorgehensweise der Beschäftigten ist somit dialogisch-explorativ, da Planung und Ausführung nicht voneinander isoliert sind: Lösungswege werden im Ausführungsprozess simultan abgewogen und spezifisch angewendet. Das Handeln ist zudem mit einer „sinnlichen Wahrnehmung“ verbunden, um diffuse Informationsquellen durch individuelles Empfinden zu verarbeiten. Diese Wahrnehmung wird begleitet durch eine assoziative Art des Denkens. Voraussetzung und Folge ist dabei ein Bezug zum Arbeitsgegenstand, welcher durch Nähe und Verbundenheit geprägt ist. Das subjektivierende Arbeitshandeln benötigt besondere Voraussetzungen sowie Freiräume, um im Arbeitshandeln mit einem planmäßigen Vorgehen verbunden zu werden. (vgl. Böhle et al. 2015)
Die folgende Abbildung zeigt das gesamte Konzept von Interaktionsarbeit:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 : Konzept der Interaktionsarbeit (in Anlehnung an Böhle et al. 2015)
Die konkrete Gestaltung von Kooperationsarbeit, Emotionsarbeit, Gefühlsarbeit sowie subjektivierendem Arbeitshandeln hängt immer von der Dienstleistungsart sowie ihren Absichten und Rahmenbedingungen ab (Böhle et al. 2015). Da Interaktionsarbeit Bestandteil jeder Dienstleistung ist, treten im Kontext von Dienstleistung und Interaktion für die Beschäftigten spezifische Herausforderungen und Anforderungen auf, die von ihnen bearbeitet werden müssen. Doch was bedeutet das konkret für die Beschäftigten in Dienstleistungsorganisationen?
2.2 Schlussfolgerungen – Belastungen bei Interaktionsarbeit im Handel
Welche Auswirkungen haben die dargestellten Arbeitsanforderungen von Interaktionsarbeit an der Grenzstelle einer Dienstleistungsorganisation? Allgemein ist die Verkaufstätigkeit durch Merkmale gekennzeichnet, die sie für besondere Belastungen anfällig macht. Verkaufen erfordert beispielsweise eine hohe Ausdauer und Selbstdisziplin, in dessen Tätigkeiten sich die Beschäftigten stets innovativ und flexibel verhalten müssen. Inhaltlich äußern sich belastende Arbeitsbedingungen in häufig ausgeprägtem Leistungsdruck, aber auch langem Stehen (Nerdinger 2004). Richter (2004) ergänzt Zeitdruck, Störungen und fehlende Anerkennung als weitere psychomentale Belastungen. Zudem gelten schwierige Arbeitszeiten, Personalmangel, niedrige Bezahlung oder verbale sowie handgreifliche Angriffe von Kundinnen/Kunden als beeinträchtigende Faktoren im Handel.
Für eine einheitliche Verständigung wird an dieser Stelle jedoch zunächst geklärt, was überhaupt unter zentralen Begriffen wie Anforderung und Belastung verstanden wird. In der Arbeitswissenschaft wird Belastung als neutrale Bedingung definiert, nämlich als „die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und auf ihn psychisch einwirken“ (Portuné et al. 2016: 113). In dieser Auslegung liegt keine begriffliche Eindeutigkeit vor und psychische Belastung kann somit sowohl negative als auch positive Auswirken mit sich bringen. In der vorliegenden Arbeit wird zu einer besseren Abgrenzung deshalb die arbeitssoziologische und –psychologische Definition herangezogen, in der sich der Begriff Belastung auf Arbeitsanforderungen und –bedingungen bezieht, durch welche die Arbeitenden beeinträchtigt werden. In diesem Verständnis werden Arbeitsbelastungen auch als Gefährdungen, Risiken oder Restriktionen benannt (vgl. Böhle 2010). Arbeitspsychologe Konrad Leitner (1999) geht außerdem davon aus, dass eine wesentliche menschliche Fähigkeit darin besteht, komplexe Ziele unter sich verändernden Bedingungen zu verfolgen. Arbeitsaufgaben beschreiben das geforderte Handeln und definieren die Arbeitsergebnisse im Betrieb. In diesem Kontext sind psychische Anforderungen als positive Aspekte von Arbeitsbedingungen zu sehen (Leitner 1999). Psychische Belastungen hingegen drücken negative Aspekte von Arbeitsbedingungen aus, die bei der Erledigung der Arbeitsaufgabe entstehen und das Arbeitshandeln behindern. Während einige Belastungen nicht vom Unternehmen beeinflusst werden können, resultieren andere aus der betrieblichen Organisation. Welche Anforderungen und Belastungen lassen sich demnach in Einzelhandelsbetrieben feststellen?
Trotz der großen wirtschaftlichen und psychologischen Bedeutung ist der persönliche Verkauf vergleichsweise unerforscht: Es handelt sich um eine Tätigkeit, in der spezifische, nach den gängigen Modellen der Belastungsforschung nur schwer fassbare, psychische Belastungen wirksam werden (vgl. Nerdinger 2004). Böhle et al. (2015) prognostizieren bei Dienstleistungsarbeit verschiedene Arten von Belastungen, wozu auch die „traditionelle“ körperliche Belastung wie langes Stehen, Zugluft, Heben schwerer Lasten oder monotone Arbeitsabläufe gehören. Gleichzeitig entstehen auch Belastungen, die vor allem bei neuen Formen der Arbeitsorganisation und qualifizierter Arbeit auftreten. Wurde qualifizierte, selbstverantwortliche Arbeit in den 1970er Jahren noch mit ‚humaner’ Arbeit gleichgesetzt, wird diese mittlerweile aufgrund von Unübersichtlichkeit, Pluralität und Heterogenität als ambivalent eingestuft. Die „Subjektivierung von Arbeit“ (Böhle et al. 2015: 10) birgt zwar neue Handlungsspielräume und qualifikatorisch anspruchsvolle Tätigkeiten, gleichzeitig entstehen aber auch Risiken und Belastungen wie „Selbstüberforderung“ und „Selbstrationalisierung“. Außerdem können sich Belastungen durch personenbezogene Dienstleistungen ergeben: die besonderen Anforderungen durch Emotionsarbeit im Kontakt mit Kundinnen/Kunden hat Arlie Hochschild (1990) bereits in ihrer Untersuchung über Flugbegleiter/innen beschrieben. Und auch neuere Arbeiten beschäftigen sich mit den Anforderungen der Emotionskontrolle. Dazu gehört unter anderem, dass Organisationen an ihre Beschäftigen Arbeitsanforderungen herantragen, die im Kundenkontakt befolgt werden sollen. Die Organisation wirkt in der Begegnung von Beschäftigten und Kundinnen/Kunden so als Rahmenbedingung und Verhaltensvorgabe. In diesem Zusammenhang kann es zu einer Diskrepanz zwischen dem geforderten Emotionsausdruck und dem tatsächlichen emotionalen Erleben kommen (Schöllgen/Schulz 2016). Diese emotionale Dissonanz wird als eine Form von Rollenkonflikt angesehen und von Nerdinger (2004) als Person-Rollenkonflikt beschrieben: Organisationale Erwartungen stehen im Gegensatz zu der Persönlichkeit oder den Werten der Beschäftigten.
Was kann eine Organisation leisten, um ihre Beschäftigten vor Belastungen zu schützen? Böhle et al. (2015) gehen davon aus, dass die besonderen Anforderungen von Interaktionsarbeit auch eine besondere Arbeitsgestaltung erfordern und damit für betroffene Organisationen zu einer speziellen Herausforderung werden. Mit Fragen der Arbeitsgestaltung und der Vermeidung von Belastungen beschäftigt sich die betriebliche Gesundheitsförderung, auf welche nun näher eingegangen wird.
3 Betriebliche Gesundheitsförderung
Um das Ziel einer menschengerechten, humanen Arbeitsgestaltung zu erreichen, sind oftmals systematische Organisationsentwicklungsprozesse notwendig, die einer Analyse und Bewertung vorhandener Arbeitsbedingungen bedürfen. Im Folgenden wird auf die Frage eingegangen, wie genau sich dieses Anliegen gestaltet und welche Rolle die Ermittlung von Anforderungen und potenziellen Belastungen in dem Prozess einnimmt.
3.1 Gesunde Arbeitsbedingungen und deren Entwicklung
Die zentrale Frage nach gesunderhaltenden Einflüssen wird zunehmend in der Arbeitswelt thematisiert. Dabei geht es im ersten Schritt um die Schädigungsfreiheit der Gesundheit, also Bedingungen, die nicht krank machen (vgl. Bendig et al. 2016). Es geht aber nicht nur um die Verringerung von Belastungen, sondern besonders um die Stärkung von gesundheitsförderlichen Faktoren. Die Verbesserung der Arbeitsqualität liegt dabei gleichermaßen im Interesse der Unternehmen sowie Arbeitnehmer/innen, da schlecht gestaltete Arbeit zu unzufriedenen und weniger motivierten Beschäftigten führt. Dies wiederum gehe mit einer geringeren Leistungsfähigkeit einher und so haben bereits viele Betriebe die Bedeutung menschengerechter Arbeitsgestaltung erkannt und setzen sich mit dem Thema „Psyche und Arbeit“ auseinander (vgl. Bendig et al. 2016). Denn war vor einiger Zeit noch die Behebung von körperlichen Erkrankungen im Fokus der Arbeitsgestaltung, rücken nun immer mehr psychische Aspekte in den Blickpunkt. Michael Treier (2016) führt diesen Bedeutungszuwachs u.a. auf eine zunehmende Arbeitsverdichtung, Beschleunigung, Flexibilisierung, Informatisierung sowie Subjektivierung zurück. Die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen und zu fördern, stellt angesichts des beständigen Wandels der Arbeitswelt eine zentrale Aufgabe für Unternehmen dar (vgl. Wittig-Goetz 2006). Um sich in diesem Zusammenhang mit dem vielschichtigen Begriff Gesundheit auseinanderzusetzen, ist zunächst eine anschlussfähige Definition zu finden. So unterliegt die Bestimmung vom Krankheitsbeginn oder dem Ende von Gesundheit unterschiedlichen Perspektiven. Der viel zitierte Gesundheitsbegriff der Weltgesundheitsorganisation WHO „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens“ bildet die Basis für die 1986 formulierte Ottawa-Charta und den darin enthaltenden Ansatz für Gesundheitsförderung: „Gesundheitsförderung zielt auf einen Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen“ (Weltgesundheitsorganisation 1986). Im betrieblichen Kontext definiert ein Unternehmen eine Arbeitsunfähigkeitsdiagnose als Krankheit, was im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung von Gesundheit jedoch nicht ausreichend erscheint. Welche Auswirkungen hat das Verständnis von Gesundheit und Krankheit und was bedeutet dies für betriebliche Gesundheitsförderung?
Durch die fließenden Grenzen zwischen Gesundheit und Krankheit ist es schwierig festzulegen, ab wann eine Gefährdung der Gesundheit vorliegt (vgl. Bendig et al. 2016). So werden in den Arbeitswissenschaften Arbeitsbedingungen als potenzielle Risikofaktoren und gesundheitsgefährdend eingestuft, wenn sie mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zu einer diagnostizierten Krankheit führen. Das Ziel der menschengerechten Arbeitsgestaltung liegt jedoch in der Vermeidung einer Krankheitsausbildung und setzt bereits bei einer Beeinträchtigung von Wohlbefinden oder verminderter Leistungsbereitschaft an. Der gewachsene Anspruch an eine menschengerechte Arbeitsgestaltung zeigt sich auch in rechtlichen Bestimmungen: War das Ziel und die Aufgabe von Arbeitsschutzgesetzen zu Beginn lediglich die Erhaltung der Gesundheit von Beschäftigten, wird nun auch explizit die Prävention und Gesundheitsförderung gefordert (vgl. Präventionsgesetz 2015). Auch in der Arbeitswissenschaft geht das Ziel über den bloßen Schutz der Gesundheit hinaus: „Arbeit soll nicht nur der Sicherung der Existenz, sondern darüber hinaus auch der Entwicklung der Persönlichkeit dienen“ (Böhle et al. 2015: 87). Insgesamt soll eine menschengerecht gestaltete Arbeit die Gesundheit der Beschäftigten nicht nur erhalten, sondern auch fördern. Die damit verbundene bestmögliche Nutzung menschlichen Arbeitsvermögens dient im unternehmerischen Interesse ebenfalls zur Sicherung der Rentabilität (vgl. Böhle et al. 2015). Die betriebliche Gesundheitsförderung ist in diesem Kontext eine Disziplin, die sich intensiv mit diesen Problematiken beschäftigt. Das Ziel liegt dabei in der systematischen Verbesserung der organisationalen Arbeitsbedingungen sowie der Stärkung der Gesundheitskompetenzen der Beschäftigten: „Betriebliche Gesundheitsförderung ist damit als Organisationsentwicklung zu konzipieren, die mit den Beteiligten die Rahmenbedingungen für Gesundheit aushandelt“ (Pieck 2012: 125). Der Kernprozess der Organisationsentwicklung ist dabei als Kreislaufmodell und kontinuierlicher Verbesserungsprozess zu sehen, welcher mit der betrieblichen Diagnose startet, gefolgt von der Maßnahmenentwicklung, deren Umsetzung und Kontrolle. In der vorgeschalteten Konzeptionsphase werden Inhalte der jeweiligen Schritte und die Entscheidung für geeignete Instrumente geklärt. Folgende Abbildung zeigt die grundsätzliche Systematik eines solchen Verbesserungsprozesses:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 : Kernprozess der betrieblichen Gesundheitsförderung (in Anlehnung an Pieck 2012)
Betriebliche Gesundheitsförderung sollte dabei so gestaltet sein, dass sie sowohl die Bedingungen verbessert als auch die Gesundheitskompetenzen der Beschäftigten fördert und somit verhältnis- und verhaltenspräventiv konzipiert ist. Verhaltensorientierte Interventionen beinhalten dabei Maßnahmen, welche die Gesundheit des Einzelnen aufgrund persönlicher Änderungen und Kompetenzen stärken. Im Gegensatz dazu bedeuten verhältnisorientierte Interventionen die Förderung von Gesundheit durch verbesserte Arbeitsbedingungen. Dabei stellt sich die Frage, wann Arbeitsbedingungen als gesundheitsförderlich gelten.
In den vergangenen Jahrzehnten wurden auf internationaler Ebene Arbeitsschutznormen der Organisation ISO entwickelt, die als internationaler Standard für die Bewertung von Arbeitsplätzen gelten (vgl. Böhle et al. 2015). Für die Bundesrepublik Deutschland beschreiben die DIN EN ISO 9241-2 und 10075-2 Anforderungen an menschengerecht gestaltete Arbeitsbedingungen: Demnach sollten gut gestaltete Arbeitsaufgaben die Ausführung dieser erleichtern, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten schützen sowie das persönliche Wohlergehen fördern und individuelle Kompetenzen im Rahmen der Aufgabenstellung weiterentwickeln (vgl. Wittig-Goetz 2006). Zu vermeiden sind Faktoren wie Über- oder Unterforderung, Monotonie, unangemessener Zeitdruck oder die Abschirmung von sozialen Kontakten. In der Arbeitswissenschaft werden konkrete Merkmale definiert, die für eine humane und menschengerechte Arbeit zu erfüllen sind. Dazu gehört, dass die Arbeitsaufgabe die jeweiligen Fähigkeiten der Beschäftigten berücksichtigt, damit Fehlbelastungen durch Über- oder Unterforderung vermieden werden. Außerdem soll durch eine gewisse Vielseitigkeit eine einseitige Beanspruchung vermieden werden. Eine ganzheitliche Arbeit wird ermöglicht durch planende, ausführende sowie steuernde Elemente, die ebenfalls Handlungs- und Entscheidungsspielräume enthalten. Überdies sollen die betrieblichen Strukturen durchschaubar sein, das heißt, die Beschäftigten wissen um die Bedeutung ihrer Tätigkeit sowie Verantwortungsbereiche. Arbeitsaufträge sollen eindeutig sein und die für die Ausführung notwendigen Informationen zur Verfügung stehen. Arbeit ist ebenfalls human, wenn sie soziale Kontakte wie Kommunikation, Kooperation sowie gegenseitige Unterstützung fordert und fördert. Als weiteres Merkmal menschengerechter Arbeit bewirkt die Tätigkeit Entwicklungsmöglichkeiten, indem Herausforderungen zum Dazulernen anregen. Überdies muss Arbeit existentielle Sicherheit durch ein angemessenes Einkommen ermöglichen (vgl. Wittig-Goertz 2006).
Ebenso setzt sich die Initiative Neue Qualität der Arbeit in ihrer Studie „Was ist gute Arbeit?“ (INQA 2008) mit Faktoren menschengerechter Arbeit auseinander, indem Beschäftigte befragt wurden, was ihnen in Bezug auf ihren Arbeitsplatz wichtig ist. In den Ergebnissen steht die Existenzsicherung, also festes, verlässliches Einkommen an erster Stelle, danach die Sicherheit des Arbeitsplatzes. Arbeit soll aber auch Spaß machen sowie als Sinnstiftung und Erfüllung dienen; ebenso gilt sozialer Zusammenhalt als auch Schutz der Gesundheit, angemessene Handlungsspielräume, Entwicklungsmöglichkeiten sowie ein wertschätzender Führungsstil als essentiell. Kurz zusammengefasst wird gute Arbeit durch möglichst wenige Fehlbelastungen und möglichst viele Ressourcen charakterisiert. Ressourcen stellen Faktoren dar, die einen gesundheitsförderlichen Einfluss haben und helfen, Anforderungen zu bewältigen (Treier 2015). Es wird hier zunächst zwischen drei Formen von Ressourcen unterschieden: Organisationale Ressourcen, d.h. äußere Rahmenbedingungen wie angemessene Arbeitszeiten, Bezahlung oder Handlungs- und Entscheidungsspielräume; soziale Ressourcen wie beispielsweise Unterstützung vom Kollegium oder von Vorgesetzten. Personale Ressourcen beziehen sich wiederum auf innere Quellen wie Kompetenzen, das Selbstwertgefühl oder auch Konfliktfähigkeit. Im Umkehrschluss bedeuten keine oder wenige Ressourcen verbunden mit einem hohen Grad an Fehlbelastungen schlechte Arbeitsbedingungen, weil sie gesundheitsgefährdend und nicht förderlich für die Persönlichkeitsentwicklung sind. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Arbeit besonders dann als „zufriedenstellend bewertet und positiv erlebt wird, wenn sie möglichst viele Entwicklungs-, Einfluss- und Lernmöglichkeiten bietet und von guten sozialen Beziehungen geprägt ist“ (INQA 2008: 34). In diesem Sinn ist die Abwesenheit von Belastungen nicht genügend, um als gute Arbeit definiert zu werden. Vielmehr liegt das Ziel bei Weiterentwicklungsmöglichkeiten, Wohlergehen sowie Zufriedenheit im Arbeitsleben.
Natürlich ist die konkrete Gestaltung solcher Arbeitsbedingungen ein voraussetzungsvolles Unterfangen, welches einer systematischen Auseinandersetzung bedarf. Als Konzept zielt die betriebliche Gesundheitsförderung auf die Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen ab, welche die Gesundheit der in einem Betrieb Beschäftigten erhalten und verbessern soll. Die Grundlage solcher zielgerichteten Maßnahmen für eine gesundheitsfördernde Organisation bildet eine Beurteilung der Anforderungen und Belastungen, denen die Beschäftigten im Rahmen ihrer Arbeit ausgesetzt sind (vgl. Neuner 2016).
3.2 Psychische Belastung in der Gefährdungsbeurteilung
Im deutschen Recht wird seit 1996 die „Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit“ gefordert (Portuné et al. 2016: 111). Die Ermittlung arbeitsbedingter psychischer Belastungen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist aber nicht nur aus rechtlicher, sondern auch aus arbeitspsychologischer Sicht für eine gesundheitsfördernde Organisationsentwicklung unabdingbar (ebd.). Zunächst beinhaltete das deutsche Arbeitsschutzgesetz in §5 die Forderung einer Gefährdungsbeurteilung, in welcher psychische Belastung zwar berücksichtigt werden sollte, aber nicht explizit erwähnt wurde. In Folge wurde dieser Aspekt von vielen Betrieben vernachlässigt und erst 2013 wurde der Paragraph zur Beurteilung der psychischen Anforderungen in einem entsprechenden Absatz ausdrücklich erwähnt (ebd.). Arbeitsbedingungen und Gefährdungen sollen dementsprechend mithilfe geeigneter Methoden erfasst und bewertet werden, um daraus spezifische Maßnahmen für die Gesundheitsförderung abzuleiten. Zwar sind Betriebe somit auf gesetzlicher Grundlage angehalten, ein systematisches Gesundheitsmanagement auf Grundlage der durchgeführten Gefährdungsbeurteilung zu implementieren, das Wissen über die Rechtslage im Arbeits- und Gesundheitsschutz in Unternehmen ist jedoch oft nicht sonderlich ausgeprägt. So konnten mehr als die Hälfte von 1000 befragten Unternehmen überhaupt keine rechtliche Quelle nennen (vgl. Portuné et al. 2016: 116). Hinzu kommt, dass das Themenfeld häufig noch mit vielen Vorbehalten besetzt ist und eine gewisse Distanz zu den damit verbundenen Begriffen vorliegt. Des Weiteren kann eine Unsicherheit in Unternehmen bestehen, wie eine Gefährdungsbeurteilung zu psychischen Belastungen in geeigneter Weise durchzuführen ist. Oft ist erst eine entsprechende Sensibilisierung notwendig, um die verbreitete Wahrnehmung psychischer Belastung als persönliches Problem einzelner Beschäftigter zu revidieren:
„Bei der Gefährdungsbeurteilung im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes geht es immer um die Beurteilung und Gestaltung der Arbeit. Auch bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung steht die Beurteilung und Gestaltung der Arbeit in Bezug auf die psychische Belastung im Vordergrund. Es geht nicht um die Beurteilung der psychischen Verfassung oder Gesundheit der Beschäftigten. Die Gefährdungsbeurteilung leistet damit einen wichtigen Beitrag zur menschengerechten Gestaltung von Arbeit und daraus folgend zum Erhalt der Gesundheit, Motivation und Beschäftigungsfähigkeit der Beschäftigten.“ (GDA 2016)
In diesem Sinn ist die Aufgabe empirischer Belastungsforschung die Identifikation typischer Diskrepanzsituationen, einschließlich möglicher Ursachen und Abhilfen. Grundsätzlich gelten für die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung und betriebliche Gesundheitsförderung vergleichbare Prozessschritte. Die Gefährdungsbeurteilung wird wie die betriebliche Gesundheitsförderung als kontinuierlicher Verbesserungsprozess gesehen, in dem Arbeitsbedingungen erfasst und beurteilt, adäquate Maßnahmen abgeleitet und nach ihrer Umsetzung auf ihre Wirksamkeit überprüft werden (vgl. Portuné et al. 2016).
Zusammenfassend geht es bei der Arbeitsanalyse darum, in systematischer Weise Informationen über die Tätigkeit von Beschäftigten zu erfassen und anschließend zu bewerten. Die Auseinandersetzung mit Anforderungen und Belastungen ist sowohl für die Personal- als auch Organisationsentwicklung elementare Grundlage, um konkrete Gestaltungsvorschläge und Maßnahmen für Arbeitsbedingungen zu entwickeln. Die Belastungsanalyse ermöglicht nicht nur die Beschreibung von Arbeit, sondern auch deren Beurteilung in Hinblick auf Auswirkungen auf individuelle und gesellschaftliche Lebensbedingungen. Bei Entscheidungen über die Entwicklung von Arbeit hat die Frage nach Bestehen, Ab- oder Zunahme von Belastungen damit einen zentralen Stellenwert (vgl. Böhle 2010). Eine wesentliche Frage bei der Belastungsanalyse sind die Merkmale, nach denen Belastungen identifiziert und beurteilt werden. So scheint dies bei körperlichen Belastungen oder Umgebungseinflüssen wie Lärm vergleichsweise einfach, obwohl auch hier die Frage nach Grenzwerten zur Einordnung besteht. Diese Einordnung wird komplizierter, wenn es beispielsweise um hohe Verantwortung oder die Komplexität technischer Systeme geht. Böhle (2010: 451) fragt, ob Belastung jeweils ein „zu viel oder zu wenig an bestimmten Anforderungen“ ist oder ob sie möglicherweise generell subjektiv ist, also ein Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und individuellen Eigenschaften, Fähigkeiten und Bedürfnissen. Diese Frage hat ebenfalls Einfluss auf die Entscheidung über Instrumente der Belastungserhebung.
In Bezug auf die Wahl einer geeigneten Methode für die Durchführung der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung haben sich grundsätzlich drei verschiedene Instrumente als prinzipiell geeignet und empfehlenswert erwiesen: standardisierte schriftliche Mitarbeiterbefragungen, Beobachtungen oder Beobachtungsinterviews sowie moderierte Analyseworkshops. Meist erfolgt in der Praxis eine Kombination der Verfahren. So schließt die Maßnahmenfindung z.B. oft in moderierter Form an eine zuvor durchgeführte Befragung an (vgl. Portuné et al. 2016). Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen Instrumenten und Verfahren, welche als wissenschaftlich erprobt gelten und mit denen sich verschiedene Tätigkeitsbereiche, Branchen oder Dimensionen analysieren lassen.
Auch Unternehmen in der Dienstleistungsbranche haben wie Arbeitgeber in anderen Wirtschaftszweigen die Pflicht, die mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen zu ermitteln. Beispielsweise hat sich die „Salutogenetische Subjektive Arbeitsanalyse“ (SALSA) bereits im Dienstleistungsbereich bewährt (Zülch/Stock 2004). Diese Analyse zeichnet sich dadurch aus, dass ein breites Spektrum von Anforderungen und Belastungen sowie den sozialen und organisationalen Ressourcen erhoben wird. Auch das Konzept „Psychologische Bewertung von Arbeitsbedingungen – Screening für Arbeitsplatzinhaber“ (BASA) ist ein Verfahren, das im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen eingesetzt werden kann: Beschäftigte werden zu den Bedingungen an ihren Arbeitsplätzen befragt, woraus Maßnahmen für die Bereiche Ergonomie, Technik und Arbeitsorganisation abgeleitet werden können. Darüber hinaus haben die Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) und die Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) ein Instrument speziell für Gefährdungsbeurteilungen im Einzelhandel entwickelt, welches Auswertungs- und Praxishilfen beinhaltet und mit dem psychische Belastungen erfasst sowie gesunde Arbeit gestaltet werden soll (vgl. PegA 2016). Der PegA-Fragebogen beinhaltet Aspekte zum Tätigkeitsbereich, zu Personenmerkmalen (Geschlecht, Alter, Arbeitszeit) und zu Arbeitsbedingungen. Letzteres erfragt Arbeitsinhalte (widersprüchliche Anforderungen in Bezug auf Kundenkontakt, herabwürdigende Behandlung durch Kundinnen/Kunden, Verbergen von Gefühlen oder Empfindungen), die Arbeitsorganisation (Überstunden, Pauseneinhaltung, Störungen, fachlicher Austausch), soziale Beziehungen (zu Kolleginnen/Kollegen und Führungskraft) sowie die Arbeitsumgebung (Umgebungsbedingungen, Arbeitsmittel). Folgend werden zum besseren Verständnis für jede Dimension zwei Beispielitems vorgestellt. Die Antwortmöglichkeiten liegen bei einer vierstufigen Skala von trifft nicht zu bis trifft zu.
Arbeitsaufgabe/Arbeitsinhalt:
- Haben Sie die Möglichkeit, das Tempo Ihrer Arbeit zu beeinflussen?
- Verlangt die Arbeit, Gefühle oder Empfindungen vor den Kundinnen/Kunden zu verbergen?
Arbeitsorganisation:
- Werden Dienstpläne mindestens zwei Wochen im Voraus bekannt gegeben?
- Besteht die Möglichkeit zum fachlichen Austausch mit dem unmittelbaren Vorgesetzten?
Soziale Beziehungen:
- Besteht die Möglichkeit, soziale Beziehungen zu Kolleginnen und Kollegen herzustellen und aufrechtzuerhalten?
- Gibt Ihre Führungskraft Ihnen Rückmeldung über die Qualität der erbrachten Arbeit?
Arbeitsumgebung:
- Besteht am Arbeitsplatz uneingeschränkte Bewegungsfreiheit?
- Erfordert die Ausübung der Arbeitstätigkeit körperliche Abwechslung?
Die Ergebnisse werden anhand einer Ampel-Logik ausgewertet, welche zeigt, wie die jeweilige Arbeitsbedingung zu bewerten ist. In allen vorgestellten Beispielinstrumenten wird mit Hilfe quantitativer Werte über die Angemessenheit vorliegender Anforderungen entschieden, um darauf aufbauend Veränderungen einzuleiten. Doch gerade diese linearen Ansätze können die Komplexität der Dienstleistungsarbeit nicht umfassend bewerten, sodass diese im Weiteren kritisch reflektiert werden. Darüber hinaus erfahren die Bestandteile von Interaktionsarbeit in den dargestellten Analyseverfahren keine systematische Auseinandersetzung.
3.3 Das Modell widersprüchlicher Arbeitsanforderungen
Manfred Moldaschl (1991 und 2007) setzt sich mit belastungsanalytischen Konzeptionen auseinander, indem er das Modell widersprüchlicher Arbeitsanforderungen entwickelt. Es ist vor allem für Bereiche qualifizierter, immaterieller Arbeit angedacht und basiert auf psychologischen Arbeiten aus der Handlungsregulationstheorie, der Tätigkeitstheorie sowie auf kontroll- und strukturationstheoretischen Überlegungen und wird im folgenden Kapitel vorgestellt, um es anschließend auf vorliegende Untersuchung anzuwenden.
3.3.1 Arbeitsbezogene Belastungen
Nach Moldaschl (1991) sind Arbeitsanforderungen die gesellschaftlich geprägten, technisch und organisatorisch vermittelten Handlungsanforderungen, denen ein Beschäftigter in einem Arbeitsverhältnis zu entsprechen hat. Im Anschluss daran sind Belastungen ebenfalls objektive Strukturen, die den Beschäftigten gegenübertreten und sind damit Bedingungen, welche das Arbeitsvermögen bzw. die physische und psychische Gesundheit gefährden und das Wohlbefinden der Beschäftigten beeinträchtigen. Beanspruchungen hingegen sind als Folgen der Belastung zu verstehen (z.B. Stress, Ärger etc.). Sie sind abhängig von subjektiven Prozessen der Wahrnehmung, Bewertung und Bewältigung von Belastungen und damit abhängig von den Deutungsmustern und den jeweiligen Handlungskompetenzen der betroffenen Beschäftigten (vgl. ebd.).
Der Grundgedanke bei der Analyse psychischer Belastungen liegt bei Widersprüchen zwischen Handlungsanforderungen und Handlungsmöglichkeiten: „Jemand muss, um seine Arbeit zu erfüllen, etwas tun, was er oder sie eigentlich nicht tun darf, nicht tun soll oder mangels zureichender Bedingungen nicht tun kann“ (Moldaschl 1991: 72). Psychische Belastung wird also als Behinderung des Arbeitshandelns definiert. Psychische Belastungsfaktoren sind damit Ereignisse, welche die Erreichung des Arbeitsziels beeinträchtigen, aber trotzdem vom Beschäftigten bewältigt werden müssen, damit er seine Aufgabe erfüllen kann. Widersprüchliche Arbeitsanforderungen sind demnach Diskrepanzen zwischen dem, was der Beschäftigte tun soll und den konkreten, zur Verfügung stehenden Bedingungen und Ressourcen. Aber auch die Aufgabenstellung selbst kann widersprüchliche Ziele enthalten, wie sich bereits zuvor bei Voswinkel (2005) zeigte (beispielsweise Effizienz und Professionalität). Psychische Belastung wird in diesem Verständnis relational, also im Verhältnis zum geforderten Handeln und Handlungsergebnis bestimmt. Das Konzept definiert Belastung als subjekt-unabhängig und gleichzeitig handlungsbezogen. Im Gegensatz zur Arbeitswissenschaft wird Handlungsspielraum nicht als unabhängige Variable definiert, die psychische Gesundheit beeinflusst, sondern bei der Analyse von Belastungen ist vor allem die Relation zwischen Handlungsanforderungen und Handlungsmöglichkeiten entscheidend. Wenn Diskrepanzen zwischen den äußeren Bedingungen Zielen, Regeln und Ressourcen vorliegen, wird dies zu einer potenziellen Quelle von Gefährdungen für Beschäftigte. Diese Diskrepanzen drücken sich aus in einem Spannungsverhältnis von „Fremdbestimmung und gewährter Autonomie“ (Moldaschl 2007: 297) und können zwischen Zielen und Ressourcen, Zielen und Regeln, Regeln und Ressourcen, expliziten Regeln und informellen Erwartungen sowie innerhalb von Aufgabenzielen und Regeln entstehen. Folgende Abbildung zeigt die schematische Darstellung des Grundmodells der widersprüchlichen Arbeitsanforderungen nach Moldaschl:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Sinne des relationalen Konzeptes können belastende Arbeitsbedingungen nur durch die Betrachtung von gestellten Anforderungen und vorhanden Ressourcen bestimmt werden und nicht anhand „normativer Grenzwerte von zuviel oder zuwenig Anforderung“ (Moldaschl 2007: 298). Indem sich das Konzept deutlich von abstrakten Normwerten von Einzelbedingungen und der Feststellung individueller Personenmerkmale distanziert, zeigt sich wiederum eine Kritik an arbeitswissenschaftlichen Stresskonzepten. Das Problem der personenunabhängigen Bestimmung von Belastungen liegt in der Frage begründet, ob es Situationen und Einflüsse gibt, die von allen oder den meisten Individuen als belastend wahrgenommen werden und nicht von der subjektiven Empfindung abhängig sind. Im arbeitswissenschaftlich-ergonomischen Belastungs-Beanspruchungskonzept werden Belastungen als Diskrepanzen zwischen Person und Situation definiert: In stresstheoretischen Passungsmodellen werden Belastungssituationen über kognitive und emotionale Prozesse der Wahrnehmung, Bewertung und Bewältigung subjektiv als Belastung wahrgenommen. Im Unterschied dazu werden im handlungstheoretischen Modell „Belastungen zwischen objektiven Bestimmungen des Arbeitshandelns gefasst“ (Moldaschl 1991: 79). Gleichzeitig sind zu bewältigende Ziel- und Rollenkonflikte nicht ohne weiteres als Belastung einzustufen, denn gerade diese Bewältigung ist zentraler Bestandteil immaterieller Arbeit, welche dadurch erst qualifizierter und interessanter wird. Erst, wenn divergente Anforderungen nicht mehr ausbalanciert werden können und Beschäftigte durch weitere Bedingungen systematisch daran gehindert werden, werden diese zur Belastung. Die Empfindung von Belastung wird verstärkt, wenn die Beschäftigten für daraus resultierende Fehl- oder Minderleistungen verantwortlich gemacht werden und negative Konsequenzen wie Zeitverlust, Zusatzaufwand oder Lohneinbußen zu tragen haben.
3.3.2 Belastungsformen und Bewältigungsmöglichkeiten
Die eben vorgestellten Belastungstypen sollen nun weiter konkretisiert sowie Bewältigungsmöglichkeiten thematisiert werden. Anhand grundlegender Funktionen der Handlungsregulation werden Belastungsmomente unterschieden nach Zielbildung, der Ausführungsregulation und dem Handlungslernen. Die bedingungsbezogenen Belastungsarten werden nun ergänzt durch diese Handlungsphasen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 : Belastungsarten nach Handlungsphasen (in Anlehnung an Moldaschl 2007)
In diesem Sinne werden drei Handlungsphasen widersprüchlicher Arbeitsanforderungen unterschieden, die im Folgenden kurz vorgestellt werden (vgl. Moldaschl 2007). Regulationsbehinderungen sind definiert als Diskrepanzen zwischen Aufgabe und Ausführungsbedingungen und ist wohl die am häufigsten vorkommende Belastungssituation. Hier wird zusätzlich zwischen Regulationshindernissen und –überforderungen unterschieden: mit ersterem sind Ereignisse oder Zustände gemeint, denen ausschließlich durch Zusatzaufwand oder riskantem Handeln begegnet werden kann. Überforderungen schließlich sind Dauerzustände, welche die Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit längerfristig überfordern, wie z.B. monotone Arbeitsbedingungen oder Zeitdruck. Durch ein hohes Ausmaß der Leistungsverausgabung ist hier kein Zusatzaufwand oder dessen Vermeidung möglich und müssen ausgehalten werden.
Lernbehinderungen sind definiert als Diskrepanzen zwischen Aufgabe und Lernbedingungen und stellen Probleme beim Gewinnen von benötigten Erfahrungen dar. Dabei steht im Mittelpunkt der Betrachtung nicht mangelnde Kompetenz einer Person, sondern die Defizite aufgrund der gegebenen Anforderungsverhältnisse. In der Schlussfolgerung wären Aneignungsprobleme nicht durch formelle Qualifizierung lösbar. Zusätzlich sind Aneignungsprobleme nach Handlungsphasen (Orientierung, Entwurf, Ausführung, Rückmeldung) zu unterscheiden, in welchen die Erfahrungsgewinnung behindert wird. Es wird dabei nicht der Mangel an Lernmöglichkeiten als belastend empfunden, sondern die Verantwortung über die längerfristig unvermeidbaren Mängel und Fehler im Handeln des Beschäftigten sowie deren Konsequenzen. Dies sind wiederum fremdgesetzte Handlungsrestriktionen, die von den Arbeitenden weder zu verantworten noch zu beseitigen sind.
Zielwidersprüche schließlich sind in der Phase der Zielbildung/Planung angesiedelt und definiert als Diskrepanzen innerhalb Aufgabenzielen bzw. zwischen formellen Vorgaben und informellen, aber normativen Erwartungen. Das Erreichen eines eindeutigen Ziels kann wie beschrieben durch ungeeignete Ausführungs- und Lernbedingungen behindert werden; Aufgaben können aber auch in sich selbst widersprüchlich sein. Dieses Ausbalancieren tendenziell entgegenstehender Zielstellungen ist jedoch wie erwähnt auch wesentlicher Bestandteil komplexer Arbeitsaufgaben und wird erst dann zur Belastung, wenn Beschäftigte diese Divergenzen nicht mehr ausgleichen können oder systematisch daran gehindert werden.
Durch die Kategorisierung von Belastungssituation nach Regulations- und Lernbehinderungen sowie widersprüchlichen Zielen wird gleichzeitig die Auswirkung auf die Handlungsregulation gezeigt. In der Folge wird danach gefragt, was die Betroffenen tun müssen oder können, um mit „der Diskrepanzsituation fertig zu werden, ohne die Erfüllung der normativen Leistungserwartungen zu gefährden“ (Moldaschl 1991: 96). Die Frage der Bewältigungsmöglichkeiten wird im Gegensatz zu Stresskonzepten nicht als allein subjektiver Prozess betrachtet, sondern als Thema der Bedingungsanalyse, um die Subjektebene nicht in den Vordergrund zu rücken. Es wird also nach objektiven Bewältigungsmöglichkeiten in der jeweiligen Situation gefragt. Widersprüchliche Handlungsanforderungen sollen so auf organisatorische Bedingungen wie z.B. Strukturen der Arbeitsteilung oder Strategien des Personaleinsatzes zurückgeführt werden, damit Ursachen für das Auftreten sowie Bestehen von Arbeitsbelastungen aufgezeigt werden können. Das zugrundeliegende Bewältigungshandeln bezieht sich dabei wiederum auf Strukturen von Ermöglichung und Beschränkung. Generell wird unterschieden zwischen Diskrepanzen, die durch aktives Handeln bewältigt werden können und Diskrepanzen, die dafür keine Gelegenheit bieten und ausgehalten werden müssen. Unter aktive Bewältigung fallen dabei Zusatzaufwand und riskantes Handeln, unter Ertragen-Müssen fallen Überforderung und Bedrohung. Die Bewältigungsart richtet sich danach, ob die Beeinträchtigung manifest oder latent wirkt. Die Beziehung zwischen Bewältigungsoptionen und Beeinträchtigung wird in folgender Abbildung schematisch dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.3.3 Ressourcen und Kontrolle
Auch Ressourcen sind im Modell der widersprüchlichen Arbeitsanforderungen relational zu bestimmen. Demnach kann alles zur Ressource werden, „was in einem konkreten Handeln für einen bestimmten Zweck benötigt wird“ (Moldaschl 2007: 301). In dieser Auffassung werden Hilfsmittel zur Bewältigung von Belastungen nur dann zur Ressource, wenn die Beschäftigten auch die Kontrolle über diese haben.
Nach Moldaschl liegen arbeitsbezogene Belastungen immer dann vor, wenn „die Betroffenen nicht die Macht haben, die ihr Arbeitshandeln behindernden Bedingungen zu verändern oder die vorgegebenen Ziele anzupassen“ (Moldaschl 2007: 299). Dieser Ansatz versucht Belastungen durch die Bestimmung von einzelnen, konkreten Anforderungen zu objektivieren. Indem Belastungen in widersprüchlichen Verhältnissen des Handlungskontextes definiert werden, wird auch eine Unterscheidung von positiv zu bewertenden Anforderungen zu negativ zu bewertenden Belastungen vorgenommen. Wie bereits dargestellt ist eine Belastung nur dann gegeben, wenn die Beschäftigten keinen Einfluss auf die Vermeidung oder Verminderung der vorliegenden Diskrepanzen haben (Moldschl 1991). Wenn Beschäftigte jedoch vorhandene Möglichkeiten nicht nutzen, handelt es sich in Anschluss an Lazarus nur um ein Passungsproblem. In der Kontrolltheorie wird darauf aufbauend unterschieden zwischen job control und workers control: Während sich ersteres auf Entscheidungsfreiheiten in der Arbeitstätigkeit selbst bezieht, meint letzteres die Kontrolle über die vorhandenen Arbeitsbedingungen. Moldaschl übersetzt diese Begriffe in Handlungs- und Verhandlungsautonomie (ebd.). Auch Böhle (2010) unterscheidet einerseits zwischen Mit- und Selbstbestimmung der Planung und Ausführung der alltäglichen Arbeit und andererseits dem Einfluss auf die betriebsinternen und –externen Rahmenbedingungen. In diesem Zusammenhang kann auch die Frage thematisiert werden, inwieweit kollektives Bewältigungshandeln auf dringliche Belastungen Einfluss nehmen kann. Hier zeigt sich erneut, dass Handlungsspielräume nicht nur Freiheiten, sondern auch Anforderungen bedeuten, die ohne die nötigen Ressourcen zur Belastung werden können. Als wichtigste Werkzeuge für Kontrolle sind hier materielle und immaterielle Ressourcen zu sehen, also explizites und inkorporiertes Wissen sowie Können und Zeit.
3.3.4 Subjektivität innerhalb der Arbeitsbedingungen
Das zunächst bedingungsbezogene Konzept widersprüchlicher Arbeitsanforderungen wird jedoch auch um die subjektive Seite ergänzt: „Subjektivität wird hier allerdings nicht psychologisch-individualistisch verstanden, sondern als sozial konstituiert“ (Moldaschl 2007: 308). Es geht um Situationen vom Typ „wollen sollen, aber nicht dürfen können“, die auftreten, wenn professionell vermittelte Handlungsorientierungen auf gegensätzliche Regelsysteme treffen (ebd.: 307). In diesem Verständnis sind Belastungen das Ergebnis von Diskrepanzen zwischen Motiv und Bedingungen sowie zwischen Motiv und Handlungsziel eines Beschäftigten. Arbeitsbedingungen werden zur Belastung, wenn Differenzen von persönlichen Ambitionen an die eigene Arbeit und betrieblicher Realität vorliegen. Für die Untersuchung von Arbeitsplätzen bedeutet dies eine Auseinandersetzung mit der dort geforderten Subjektivität und dem Umgang mit dieser. Auf die Thematik des Einzelhandels bezogen würde es bedeuten, dass Belastungen für Beschäftigte dann auftreten können, wenn vermittelte und erwartete berufsbezogene Werte nicht in entsprechendes Handeln umgesetzt werden können. Als Beispiel könnte das geforderte aktive, vielleicht aufdringliche Verkaufen gelten, welches im Widerspruch zum persönlichen Standard einer aufrichtigen Beratung steht. Von Interesse sind dabei nicht einzelne Mitarbeiter/innen, sondern die Frage, ob verinnerlichte professionelle Standards und Umsetzungsmöglichkeiten kollidieren und somit zu einer Belastung werden. Folgende Abbildung zeigt das vollständige Modell der widersprüchlichen Arbeitsanforderungen mit Subjekt- und Aufgabenebene:
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Abbildung 6 : Das vollständige Modell widersprüchlicher Arbeitsanforderungen (Moldaschl 2007)
3.3.5 Zusammenfassung und Nutzen für die vorliegende Studie
Was bedeuten die zuvor referierten Überlegungen für empirische Belastungsforschung? Nach Moldaschl liegt die Aufgabe arbeitsbezogener Belastungsanalysen in der Identifikation von typischen Diskrepanzsituationen, einschließlich möglicher Ursachen und Abhilfen. „Psychische Belastungen werden somit konzeptualisiert als Widersprüche zwischen Handlungsanforderungen und Handlungsmöglichkeiten bzw. als Diskrepanzen zwischen Zielen, Regeln und Ressourcen“ (Moldaschl 2007: 297). Diese typischen Situationen werden als Dilemmata bezeichnet und verdeutlichen, dass es innerhalb „der jeweiligen Handlungskonstellation keine einfache Auflösung in die eine oder andere Richtung gibt“ (Moldaschl 1991: 84). Negative Konsequenzen können in so einer Situation von den Akteuren nicht vermieden werden. In diesem Verständnis ist ebenfalls die Unterscheidung von Anforderung und Belastung zentral: Erst wenn die Beschäftigten systematisch an der Auflösung vorliegender Widersprüche gehindert werden und für deren negative Folgen verantwortlich gemacht werden, kann von Belastungen gesprochen werden. Zudem unterscheiden sich die Handlungsphasen (Zielbildung, Ausführung, Rückmeldung), in welchen Belastung auftreten kann. Bewältigungsoptionen von Belastungen unterscheiden sich je nach Beeinträchtigung (handeln/ertragen) und Wirkung (latent/manifest) in Zusatzaufwand, riskantem Handeln Überforderung oder Bedrohung. Ressourcen können nicht allgemein, sondern nur im Verhältnis zu den übrigen Arbeitsbedingungen bestimmt werden und entfalten ihre Wirkung erst bei einer entsprechenden Kontrolle der Beschäftigten.
Der relationale Ansatz von Moldaschl bildet das theoretische Fundament der vorliegenden Studie. Das Konzept wird vor allem in qualitativen Analysen und Interpretationen eingesetzt und wird deshalb anhand eines offenen Leitfadens in einem Betrieb angewendet. Intention ist es, Widersprüche in der Tätigkeit von Beschäftigten im Einzelhandel darzustellen und in Hinblick auf benötigte Ressourcen zu interpretieren. Bevor jedoch die Forschungsfrage und das Forschungsanliegen konkretisiert werden, geht es um einen weiteren wichtigen Aspekt im Zusammenhang mit Arbeitsbedingungen und Gesundheit.
3.4 Gender in der Gesundheitsförderung
Die Dominanz von Frauen in Dienstleistungsbereichen verstärkt den Anspruch, die konkreten Geschlechterverhältnisse vor Ort zu berücksichtigen. Das Ziel von Gender Mainstreaming ist dabei, Entscheidungen und politisches Handeln stärker an den Lebenswirklichkeiten von Frauen und Männern auszurichten, um das Entstehen von Ungleichheiten zu verhindern und ist somit als Gleichstellungsstrategie zu sehen (Gümbel 2009). Für den Arbeits- und Gesundheitsschutz bedeutet dies eine Herstellung von geschlechterbezogener Chancengleichheit, welche auch bei Gefährdungsbeurteilungen berücksichtigt werden muss. Hierbei geht es nicht nur um ein passendes Instrument, sondern auch um die Planung und Durchführung: Vorgehensweise, die Wahl der Methoden, Beurteilungskriterien der Ergebnisse sowie Maßnahmen müssen auch unter dem Gender-Aspekt berücksichtigt werden. Dafür müssen u.a. Zusammenhänge über geschlechterbezogene Ungleichheiten im Arbeitskontext reflektiert werden. Wird dies ignoriert, kann eine geschlechtsneutrale Herangehensweise gesundheitliche Ungleichheiten für Frauen und Männer bedingen. Eine geschlechtersensible Gefährdungsbeurteilung bildet deshalb die Basis für eine geschlechtergerechte Prävention.
Michael Gümbel (2009: 14f) verdeutlicht die Bedeutung der Kategorie Geschlecht in der betrieblichen Gesundheitsförderung anhand von vier Dimensionen: „In unterschiedlichen Arbeits- und Lebenswirklichkeiten von Frauen und Männern, in den geschlechterbezogenen Zuschreibungen und Bewertungen sowie in geschlechterbezogenen Unterschieden im Umgang mit Belastungen und Gesundheit.“ Der Aspekt der Arbeitswirklichkeiten befasst sich mit der Segregation des Arbeitsmarktes: in bestimmten Branchen ist überwiegend oder teilweise ausschließlich ein Geschlecht anzutreffen. Hinzu kommt, dass in der betrieblichen Hierarchie die Anzahl der Männer bei höheren Ebenen zunimmt. Weitere Unterschiede liegen im deutlich höheren Vollzeitanteil und längerer Betriebszugehörigkeit bei Männern (vgl. Gümbel 2009). Typisch weiblich bzw. männlich wahrgenommene Tätigkeitsfelder führen zu einer Verknüpfung mit jeweils unterschiedlicher Belastungen: Während „Frauenberufe“ mit emotionalen Belastungen assoziiert werden, gelten körperliche Belastungen für „Männerberufe“. Dies führt häufig zu Zuschreibungen, die der betrieblichen Realität nicht gerecht werden und eine einseitige Betrachtung und Thematisierung zur Folge haben (vgl. ebd.). Die Lebenswirklichkeiten von Frauen und Männern beziehen sich wiederum auf die Unterschiede außerhalb der Erwerbsarbeit. So reicht die Fokussierung auf Arbeitsbedingungen nicht für ein vollständiges Bild der Gesundheitsbedingungen aus, was sich u.a. in der unterschiedlichen Teilzeitquote von Frauen und Männern zeigt: Frauen übernehmen immer noch eher die Betreuung von Kindern und Haushaltsarbeiten, was wiederum zusätzliche Belastungen bedingen kann. Zuschreibungen, Rollenbilder und Stereotype über Frauen und Männer sind ein weiterer Bestandteil geschlechtsspezifischer Strukturierung in der Erwerbstätigkeit: Zumeist unbewusst wird die Wahrnehmung der Beschäftigten sowie ihrer Umgebung geprägt. Verfestigte Bilder über Frauen und Männer führen in der Konsequenz zu Fehleinschätzungen und Fehlbewertungen, da diese Bilder nicht der Realität entsprechen (vgl. Gümbel 2009). Folglich können geschlechtsbezogene Zuschreibungen dazu führen, dass bestimmte Belastungen nicht angemessen berücksichtigt werden und keine oder unpassende Maßnahmen zur Verbesserung entwickelt werden. Hinzu kommt, dass als männlich geltende Eigenschaften eher höher bewertet werden als weiblich konnotierte Kompetenzen. Erlernte Geschlechterrollenbilder können zu einem unterschiedlichen Gesundheitsverhalten führen, was sich z.B. in einem höheren Frauenanteil bei Präventionsmaßnahmen äußert. Die Brille der erlernten Rollenbilder beeinträchtigt die Wahrnehmung und den Umgang mit Belastungen, welche jedoch essentiell für eine adäquate Reaktion auf Arbeitsbedingungen sind (ebd.). Zudem dürfen Männer und Frauen nicht als in sich geschlossene Zielgruppe von Maßnahmen gesehen werden.
Michael Gümbel und Sonja Nielbock (2012) greifen in ihrem Projekt „Gender/Stress“ ebenfalls den geschlechtersensiblen Ansatz der Gesundheitsforschung auf und beschäftigen sich mit dem Zusammenhang von Geschlechterrollen und psychischen Belastungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Es wird auf der symbolischen Ebene von Geschlecht angesetzt, also bei „Bildern, Vorstellungen, Wahrnehmungen und Bewertungen der sozialen Geschlechterrollen.“ (Gümbel/Nielbock 2012: 9). Dabei geht es um die Frage, welche Vorstellungen Frauen und Männer in Unternehmen von Belastungen und Ressourcen der verschiedenen Geschlechter in ihrem Arbeitsumfeld haben und ob hierbei eine einseitige Wahrnehmung und Zuschreibung stattfindet. Dafür wurden die Ergebnisse aus Fallstudien in drei verschiedenen Branchen verwendet, um Korrelationen zwischen Geschlechterrollenbildern und psychischen Belastungen aufzuzeigen. Mit der Berücksichtigung der Geschlechterdimension und entsprechend entwickelter Praxisansätze und Maßnahmen soll einerseits die Qualität der betrieblichen Gesundheitsförderung verbessert und andererseits vorliegende Geschlechterungleichheiten abgebaut werden (Gümbel/Nielbock 2012). Unternehmen sind darüber hinaus in gesellschaftliche Strukturen eingebettet, in dessen Kontext Handlungsspielräume und Gleichstellungsstrategien zu reflektieren sind. So reproduzieren auch betriebliche Strukturen das Geschlechterverhältnis oder können zu einem Wandel beitragen (vgl. Pieck 2009).
- Zusammenfassend wurde in den bisherigen Kapiteln auf die besonderen Merkmale und Anforderungen bei Interaktionsarbeit im Einzelhandel eingegangen, die aus diesem Grund eine besondere Art der Arbeitsgestaltung bedürfen. Im Sinne gesundheitsfördernder Organisationsentwicklung verlangt die Konzeption von entsprechenden Maßnahmen eine Beurteilung von vorliegenden Belastungen. Als besonders gewinnbringend wird hier das relationale Konzept der widersprüchlichen Arbeitsanforderungen von Moldaschl (2007) erachtet, das als Grundlage für eine qualitative Betriebsfallstudie dient. Bevor auf die entsprechenden Methoden eingegangen wird, werden im Folgenden das konkrete Forschungsanliegen und Fragen an das empirische Material dargestellt.
4 Forschungsfrage und -anliegen
In diesem Teil soll zunächst die Fragestellung aus der referierten Literatur abgeleitet werden, um anhand dessen zu klären, wonach im empirischen Material gesucht wird.
Laut Sauer (2003) wird Dienstleistungsarbeit bislang vor allem in arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischer Perspektive thematisiert. Nichtsdestotrotz haben auch Arbeitgeber in der Dienstleistungsbranche die Pflicht, eine Beurteilung der mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen zu ermitteln. Allerdings liegen hierfür kaum spezifische Instrumente vor, insbesondere psychische Belastungen entziehen sich einer geeigneten Methode (vgl. Richter 2004). Deshalb steht im Zentrum der vorliegenden qualitativen Studie die Erfassung der Arbeitssituation von Dienstleistungsbeschäftigten im Einzelhandel und dabei besonders die Herausforderungen, die im Kundenkontakt bei Verkäuferinnen und Verkäufern entstehen können. Aus der Beschäftigtenperspektive sollen objektive Arbeitsbedingungen identifiziert werden, die durch Widersprüche zu Belastungen führen können. Das daraus resultierende Forschungsinteresse bezieht sich deshalb auf widersprüchliche Arbeitsanforderungen innerhalb von Interaktionsarbeit, woraus sich folgende Fragestellung ableitet: Welche widersprüchlichen Anforderungen ergeben sich bei der Interaktionsarbeit im Einzelhandel?
Diese Frage spiegelt das Interesse wider, Belastungen anhand eines relationalen Konzeptes zu identifizieren und zu beurteilen. Als theoretische Grundlagen gelten das Konzept der Interaktionsarbeit sowie das Grundmodell widersprüchlicher Arbeitsanforderungen, welche die Richtung der Analyse und die Fragestellungen an das empirische Material bestimmen. Darüber hinaus wird hier nach Verbindungen und Unvereinbarkeiten der unterschiedlichen Herangehensweisen gesucht.
Im Sinne von Böhles Konzept der Interaktionsarbeit (2015) wird danach gefragt, wie die Herstellung einer Kooperationsbeziehung beschrieben wird. Wie wird der Umgang mit den Gefühlen der Kundinnen/Kunden und den eigenen Emotionen thematisiert? Wo lässt sich subjektivierendes Arbeitshandeln erkennen? Von Moldaschl (2007) ausgehend wird gefragt, welche Ziele von den Befragt genannt werden, worunter sowohl Aufgaben also auch informelle Erwartungen fallen. An welche Regeln und Vorschriften müssen sich die Beschäftigten dabei halten? Und auf welche Ressourcen kann zurückgegriffen werden? Darauf aufbauend wird danach gesucht, welche Widersprüche sich in Situationen mit Kundenkontakt ergeben können. Wie machen sich diese bemerkbar und wie werden sie von den Beschäftigten wahrgenommen? Wie wird allgemein der Kundenkontakt empfunden und wie werden die Begegnungen mit Kundinnen/Kunden dargestellt? Wo sehen die Beschäftigten Herausforderungen, Belastungen aber auch Ressourcen? Werden Ursachen und Bewältigungsprozesse bei Belastungen genannt? Gibt es hier organisationale und individuelle Strategien, um mit diesen umgehen zu können? Zwar wird der Kundschaft eine zentrale Rolle eingeräumt, die Perspektive der Beschäftigten wird jedoch nicht verlassen. Im Fokus stehen die Bedingungen interaktiver Arbeit, in denen die Kundinnen/Kunden wichtige Arbeitsbedingungen darstellen. Aus einer subjektiven Wahrnehmungsebene wird geschaut, mit welchen Arbeits- und Leistungsanforderungen die Beschäftigten in einem kundenorientierten Unternehmen konfrontiert sind. Wie nehmen die Beschäftigten diese Anforderungen wahr und wie bewältigen sie diese? Es soll zusätzlich auch der Frage nachgegangen werden, ob sich Arbeitsbedingungen unterschiedlich auf Frauen und Männer auswirken. Wie empfinden Frauen und Männer ihre Arbeitsbedingungen? Sind Frauen und Männer von unterschiedlichen Belastungskonstellationen betroffen und gibt es unterschiedliche Bewältigungsstrategien? Gibt es darauf aufbauend Maßnahmen, die geschlechterübergreifend oder geschlechterspezifisch zu entwickeln sind?
Anhand der Interviewergebnisse sollen Situationen mit widersprüchlichen Arbeitsanforderungen lokalisiert und in den Gesamtkontext des Arbeitsplatzes eingeordnet werden. Durch mögliche Diskrepanzen von Handlungsanforderungen und Handlungsmöglichkeiten sollen Belastungen bestimmt werden, woraus wiederum Handlungsempfehlungen für eine gesundheitsfördernde Organisationsentwicklung abgeleitet werden. Als Ergebnis der Arbeit werden weiterhin Gestaltungs-, Qualifizierungs- oder Feinanalysebedarfe bestimmt, um mögliche gesundheitsförderliche Maßnahmen aufzuzeigen. Ebenso werden Ressourcen innerhalb der Arbeitsbedingungen dargestellt, die für eine Bewältigung der Anforderungen nötig sind.
Da sich das gewählte Vorgehen in erster Linie für die Anwendung in einer wissenschaftlichen Arbeit eignet und nicht unbedingt für die betriebliche Praxis, soll ebenfalls ein Ansatz für ein quantifizierendes Verfahren zur Analyse und Bewertung von interaktionsspezifischen Belastungen erarbeitet werden. Zunächst wird jedoch für eine angemessene Bearbeitung der Forschungsfrage die gewählte Erhebungs- und Auswertungsmethode vorgestellt.
5 Methodische Herangehensweise
In diesem Kapitel geht es allgemein um das methodische Vorgehen der vorliegenden Arbeit und konkret um die verschiedenen Aspekte des Erhebungs- und Auswertungsverfahrens. Zunächst wird kurz die Wahl der qualitativen Forschung begründet, um darauf aufbauend auf die zu Grunde liegenden Gütekriterien einzugehen. Im Anschluss geht es um die Datenerhebung mittels problemzentrierten Interviews, die Leitfadenentwicklung, die Stichprobenkonzeption sowie die verwendeten Transkriptionsregeln. Danach wird auf die Auswertungsmethode der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse und das entwickelte Kategoriensystem eingegangen.
5.1 Qualitative Sozialforschung
Bevor die Erhebungs- und Auswertungsmethode vorgestellt wird, soll zunächst die Entscheidung für eine qualitative Untersuchung begründet werden. Generell dienen sozialwissenschaftliche Forschungsmethoden zur systematischen Erlangung von Informationen über Zusammenhänge von unterschiedlichen gesellschaftlichen Problemstellungen. Während in der quantitativen Forschung mithilfe standardisierter Messinstrumente zuvor aufgestellte Hypothesen überprüft werden, zielt die qualitative Forschung auf die Theoriegenerierung ab. Dabei besteht das Erkenntnisinteresse vor allem in der Rekonstruktion von Sinn oder subjektiven Sichtweisen. Qualitative Forschung „hat den Anspruch, Lebenswelten ‚von innen heraus’ aus Sicht der handelnden Menschen zu beschreiben“ (Flick 2002: 14). Zu den Kennzeichen qualitativer Forschung gehört u.a. die Perspektive der Beteiligten, Verstehen als Erkenntnisprinzip, das Prinzip der Offenheit sowie die Entdeckung und Theoriebildung als Ziel (Kuckartz 2012).
Um die Frage nach widersprüchlichen Anforderungen bei Interaktionsarbeit zu beantworten, wird eine qualitative Forschungsmethode gewählt, da im Fokus die Exploration und Hypothesenentwicklung steht. Der qualitative Ansatz setzt eine gewisse Offenheit und einen tendenziell flexiblen Ablauf voraus, um auch Aspekte zu würdigen, die im Vorfeld noch nicht betrachtet wurden. Die Analyse von Anforderungen erfordert eine detaillierte Erschließung und Darstellung der Arbeitsbedingungen, die durch die Erfahrungshintergründe der Beschäftigten erschlossen und konstruiert werden sollen. Dabei werden für einen tiefergehenden Einblick auch die Relevanzstrukturen der Befragten betrachtet, um die Forschungsfrage angemessen zu beantworten.
Die Qualität des Forschungsprozesses und der Ergebnisse wird sowohl in der quantitativen als auch in der qualitativen Forschung durch die Einhaltung wissenschaftlicher Standards und Kriterien garantiert, welche im nächsten Abschnitt für die vorliegende Studie konkretisiert werden.
5.2 Gütekriterien und ethische Fragen
Um die Qualität des empirischen Forschungsprozesses zu kontrollieren und zu gewährleisten, werden je nach Zielsetzung, Forschungsansatz und eingesetzten Methoden unterschiedliche Kriterien herangezogen. So gewährleisten die Hauptgütekriterien der quantitativen Forschung, Objektivität, Reliabilität und Validität, eine methodologische Sicherheit, die dafür sorgt, dass bei einer entsprechenden Stichprobe repräsentative Ergebnisse erzielt werden, die objektiv nachvollziehbar sind (Weber 2015). In der qualitativen Forschung steht jedoch nicht Repräsentativität im Erkenntnisinteresse, sondern die Rekonstruktion von Sinn. Deshalb können die Gütekriterien quantitativer Forschung nicht unmittelbar auf qualitative Sozialforschung übertragen werden. Da diese nicht formalisiert, sondern offen gestaltet ist und die jeweilige Forschungssituation sowie die Persönlichkeit der Forscherin eine bedeutende Rolle spielt, ist eine selbstreflexive Haltung zum Forschungsprozess sowie den darin gemachten Erfahrungen unabdingbar. Steinke (2000) schlägt darauf aufbauend Kernkriterien qualitativer Forschung vor, an denen sich in der vorliegenden Studie orientiert wurde:
- Die intersubjektive Nachvollziehbarkeit wird gewährleistet, indem der Forschungsprozess im Rahmen vorliegender Arbeit dokumentiert wird. Dabei werden Vorverständnis, theoretische Grundlagen, Erhebungsmethoden und Erhebungskontext, Transkriptionsregeln, Auswertungsmethoden aber auch Entscheidungen sowie Probleme begründet und diskutiert. Zwar konnten die erhobenen Daten nicht in Gruppen diskutiert werden, dafür fand über den gesamten Forschungsprozess ein regelmäßiger Austausch mit der Gutachterin statt, um im Sinne kommunikativer Validierung eine qualifizierte und diskursive Rückmeldung zu den Forschungsresultaten zu erhalten. Darüber hinaus soll die Anwendung kodifizierter Erhebungs- und Auswertungsverfahren die intersubjektive Nachvollziehbarkeit erleichtern.
- Bei der Indikation des Forschungsprozesses geht es um die Eignung des qualitativen Vorgehens, der Methodenwahl, der Transkriptionsregeln, der Stichprobenkonzeption sowie der Bewertungskriterien. Die Beurteilung der verschiedenen Aspekte wird im Methodenkapitel vorgenommen und die jeweilige Wahl anhand des Forschungsinteresses begründet.
- Um abschließend Hypothesen über den Forschungsgegenstand zu bilden, ist die empirische Verankerung elementar. Die Überprüfung erfolgt durch die Verwendung kodifizierter Verfahren sowie hinreichende Textbelege. Dabei werden auch Widersprüche im Datenmaterial dargelegt und kritisch reflektiert.
- Durch eine Limitation sollen die Grenzen der entwickelten Theorie bestimmt werden, um unzulässige Verallgemeinerungen auszuschließen. Dafür werden die unterschiedlichen Fälle im Fazit in den Gesamtkontext des Unternehmens eingeordnet und auf die Frage der Repräsentativität hinterfragt.
- Der Aspekt der Kohärenz bezieht sich auf die Konsistenz der im Forschungsprozess entwickelten Theorie. Dementsprechend wird die generierte Theorie im Fazit auf ihre Widerspruchsfreiheit hin untersucht und aufgetretene Widersprüche in den Daten und Interpretationen offen gelegt für einen adäquaten Umgang mit der Theorie widersprechenden Fällen.
- Die Frage der Relevanz beschäftigt sich schließlich mit dem pragmatischen und praktischen Nutzen der entwickelten Theorie. Auch hier wird im Fazit der Beitrag der Forschungsergebnisse zur Problemlösung bzw. Wissensentwicklung diskutiert.
- Abschließend geht es bei der reflektierten Subjektivität darum, ob die Rolle der Forscherin als „Subjekt und als Teil der untersuchten sozialen Welt“ methodisch reflektiert wird (Steinke 2000: 4). Durch eine kritische Selbstbeobachtung und die Reflektion des Feldeinstieges soll auch dieser Aspekt der Gütekriterien gewährleistet werden.
Ebenfalls wurden im Forschungsprozess neben den Gütekriterien Fragen des ethischen Vorgehens berücksichtigt. Die Befragten wurden über die Intention und das Anliegen der Studie im Vorfeld aufgeklärt, dazu gehörte u.a., dass es sich um eine Studie innerhalb eines Qualifikationsverfahrens handelt und dass die eigene subjektive Wahrnehmung der Arbeitsbedingungen im Fokus steht. Dem Unternehmen sowie allen Interviewpartnerinnen/Interviewpartnern wurde absolute Anonymität zugesichert. Im Rahmen einer Vereinbarung erfolgte von allen befragten Personen die Erlaubnis, die gewonnenen Daten für vorliegendes Projekt zu verwenden (Anhang A2). Gleichzeitig gab es die Möglichkeit, dieser Erklärung innerhalb von zwei Wochen zu widersprechen. Die Tonbandaufnahmen sowie die dazugehörigen Transkripte sind für niemanden außer der Autorin und ihren Gutachter/innen zugänglich, um so die Sicherung der personenbezogenen Daten zu gewährleisten. Aus Respekt gegenüber den Untersuchungspartnerinnen/Untersuchungspartnern lassen sich im gesamten Bericht keine Rückschlüsse auf die Organisation oder einzelne Personen ziehen. Auch in der Interviewerhebung lässt sich das Vorgehen als rücksichtsvoll und situativ taktvoll beschreiben, wodurch eine verantwortbare Praxis sichergestellt ist.
5.3 Erhebung
5.3.1 Problemzentriertes Interview
Als Erhebungsmethode der explorativen Betriebsfallstudie wird das problemzentrierte Interview nach Witzel verwendet, in dessen Mittelpunkt Erfahrungen, Wahrnehmungen und Reflexionen der Befragten zum Untersuchungsgegenstand stehen (Witzel 2000). Als theoriegenerierendes Verfahren ist der Erkenntnisgewinn im Erhebungs- und Auswertungsprozess als induktiv-deduktives Wechselverhältnis zu organisieren. Die Problemzentrierung bezieht sich dabei einerseits auf gesellschaftlich relevante Problemstellungen und andererseits auf die Gestaltung des Erkenntnisprozesses. Das Vorwissen von objektiven Rahmenbedingungen ermöglicht die verstehende Nachvollziehung der erzählten Handlungen und eine gezielte und präzise Nachfrage. Durch die Prozessorientierung im gesamten Forschungsablauf soll die systematische Entwicklung des Problemhorizonts der Befragten gewährleistet werden. Ein sensibler Kommunikationsprozess soll zu einer verstärkten Selbstreflexion und Offenheit gegenüber der Interviewerin führen.
Bei den Interviews handelt es sich also um Leitfadengespräche, in denen auf Grundlage des Leitfadens offene Fragen gestellt werden, die eine eigene Schwerpunktsetzung der befragten Personen und gleichzeitig einen gewissen Strukturierungsgrad ermöglichen. Die Offenheit bezieht sich dabei auf die Möglichkeit der Befragten, sich frei zu äußern und das wiederzugeben, was ihr/ihm bezüglich seines Arbeitsplatzes als wichtig erscheint. Insgesamt wird im Interview zwischen erzählungsgenerierenden sowie verständnisgenerierenden Kommunikationsstrategien unterschieden. So wird die vorformulierte Einleitungsfrage zunächst als zentrierter und offener Gesprächseinstieg genutzt, in dessen Verlauf allgemeine Sondierungen zur schrittweisen Offenlegung thematisch relevanter Inhalte führen. Erwähnte Aspekte werden aufgegriffen und durch gezielte immanente Nachfragen konkretisiert. Ad-hoc-Fragen schließlich dienen dazu, nicht erwähnte Aspekte zu thematisieren. Im Rahmen der spezifischen Sondierung werden Äußerungen zurückgespiegelt und Verständnisfragen gestellt, was als Ausdruck der Deduktion angesehen werden kann. Die Leitfragen geben Impulse für eine freie Erzählung und lenken ebenso das gewählte Thema durch spezifische Nachfragen. Der Leitfaden soll dabei gewährleisten, dass alle forschungsrelevanten Themen auch tatsächlich angesprochen werden, bzw. dass eine gewisse Vergleichbarkeit der Interviewergebnisse gewährleistet werden kann. Der Kommunikationsstil, d.h. das Interviewverhalten ist als weich einzustufen, um eine lockere, vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, in der die Erzählbereitschaft gesteigert und ein ‚natürlicher’ Interaktionsfluss erreicht wird.
Die Interviews werden mithilfe eines Aufnahmegerätes für die authentische und präzise Erfassung des Kommunikationsprozesses aufgezeichnet. Zusätzlich werden nach den Gesprächen Postskripte erstellt, die Zusatzinformationen zu Gesprächsinhalten, Anmerkungen und thematischen Auffälligkeiten enthalten. Der Leitfaden wird erweitert durch einen Kurzfragebogen für Sozialdaten, um das Interview von geschlossenen Fragen zu entlasten, aber trotzdem relevante Informationen über den Befragten zu erlangen. Der Kurzfragebogen ist im Anhang einsehbar (Anhang A4).
5.3.2 Leitfaden
An dieser Stelle wird der verwendete Leitfaden und die zugrundeliegenden Überlegungen dargestellt: Im Mittelpunkt des Leitfadens steht die konkrete Empfindung von Interaktionsarbeit innerhalb einer Dienstleistungsorganisation sowie die Herausforderungen, welche die Beschäftigten in ihrem Arbeitsalltag zu bewältigen haben. Dabei geht es im Sinne der Belastungsanalyse auch um die Wahrnehmung und Beurteilung von Belastungen sowie den praktischen Umgang mit diesen und Gründe für die Akzeptanz. Dem Leitfaden liegen vier theoretische Konzepte zu Grunde, die sich mit Interaktionsarbeit bzw. Belastungen beschäftigen. Als Rahmenkonzept dienen die von Stephan Voswinkel (2005) definierten Dimensionen von Dienstleistungsarbeit. Er zeigt, dass Dienstleistungsorganisationen Anforderungen gegenüberstehen, die untereinander konfligieren und dementsprechend zum Teil widersprüchliche Handlungslogiken produzieren. Mögliche Konflikte ergeben sich durch die verschiedenen Dimensionen Verkauf, Kundenorientierung, Effizienz und Professionalität. Vor allem befindet sich Dienstleistungsarbeit, die im Kundenkontakt stattfindet, im Schnittpunkt verschiedener Handlungsdilemmata, die von der Organisation produziert werden (Voswinkel 2005: 37). An der Grenzstelle haben die Beschäftigten es mit zwei Autoritäten zu tun: Auf der einen Seite steht die Organisation bzw. die/der Vorgesetzte und auf der anderen Seite die Kundschaft. Die Beschäftigten sollen beiden, tendenziell gegensätzlichen, Erwartungen gerecht werden. Der ausführliche Leitfaden, der von Voswinkel genutzt wurde, beschäftigt sich zunächst mit biografischen Hintergründen der Beschäftigten sowie mit personalpolitischen und arbeitsorganisatorischen Rahmenbedingungen. Der Fokus liegt jedoch auf der Erzählung eines typischen Arbeitstages sowie den damit verbundenen Kundenbegegnungen. Besonders schwierige und erfreuliche Situationen sind dabei von Interesse und sollen detailliert behandelt werden. Ebenso ist die Wahrnehmung der Kundenorientierung des Betriebs und seiner Trainings- und Kontrollmaßnahmen ein weiteres Themenfeld (Voswinkel 2005: 76).
Ein anderes grundlegendes Konzept für die Entwicklung des Leitfades ist das der Interaktionsarbeit von Böhle et. al. (2015). Wie bereits dargelegt, wird Interaktionsarbeit anhand der Merkmale Kooperationsarbeit, Emotionsarbeit, Gefühlsarbeit sowie subjektivierendes Arbeitshandeln charakterisiert. In den dazugehörigen Betriebsfallstudien dient das Konzept als eine Erhebungs- und Auswertungsheuristik, mit dem die Aufmerksamkeit zum einen auf bestimmte Aspekte der Arbeitstätigkeit gelenkt wird und gleichzeitig offen für subjektive Relevanzen der Beschäftigten sowie die Vielschichtigkeit der Arbeitssituation bleibt. In Leitfadeninterviews wurden arbeitsfeldtypische Anforderungen und deren Rahmenbedingungen herausgearbeitet, indem zunächst nach Berufsbiografie und Qualifikationsverlauf gefragt wurde, zur Arbeitssituation allgemein, zur Arbeit mit Kundinnen/Kunden im Besonderen sowie nach konkreten Anforderungen und Belastungen von Interaktionsarbeit (Böhle et al. 2015: 28).
In die Überlegungen zum Leitfaden sind ebenfalls Anregungen aus dem Projekt „Gender/Stress“ eingeflossen (Gümbel/Nielbock 2012), das sich mit geschlechtsspezifischen Belastungen in Betrieben beschäftigt. Dazu wurde der standardisierte quantitative Fragebogen „Salutogenetische Subjektive Arbeitsanalyse“ (SALSA) in einen qualitativen Fragebogen geändert und in Einzelinterviews angewendet. Für die Erfassung der Geschlechterbilder in Organisationen wurde die Methode des Perspektivenwechsels angewendet, um sich in die gegenteilige Geschlechterrolle hineinzuversetzen und von hier aus verschiedene Situationen zu reflektieren. Zu den Merkmalen des SALSA, Aufgabencharakteristika, Arbeitsbelastung, organisationale Ressourcen und soziale Ressourcen im Arbeitsbereich, wurden offene Fragen entwickelt, welche die Aspekte des jeweiligen Merkmalsbereichs möglichst genau erfassen (Gümbel/Nielbock 2012: 45). Zusätzlich wurden die Skalen mit Fragen zum Kohärenzgefühl, belastenden Umgang mit Kundinnen/Kunden sowie sozialem Umfeld ergänzt. Aus dem Projekt soll vor allem die Berücksichtigung des Geschlechteraspekts mitgenommen werden: Der entwickelte Leitfaden enthält zwar einige Fragen zum Thema Geschlecht, jedoch soll vor allem in der Auswertung die latente Behandlung von Geschlechterrollen berücksichtigt werden, um einen sensiblen und reflektierten Umgang bei der Ergebnisbeurteilung zu gewährleisten.
Als weiterer Anhaltspunkt für den Leitfaden fungiert das für die Auswertung zentrale Konzept der widersprüchlichen Arbeitsanforderungen (Moldaschl 2007). In Intensivfallstudien (Moldaschl 1991) wurden dazu Expertengespräche, Betriebsbegehungen sowie Dokumentenanalysen genutzt, ergänzt durch eine systematische psychologische Arbeitsanalyse (VERA, RHIA) und mündliche Arbeitskräftebefragungen. Das Verfahren zur Ermittlung von Regulationshindernissen in der Arbeitstätigkeit besteht aus der Analyse von Belastungen, die aus unnötigen Behinderungen einer Arbeit entstehen oder die Gesundheit des Arbeitenden gefährden. Als Erhebungsmethode des RHIA dient das Beobachtungsinterview: Der Arbeitsanalytiker beobachtet und befragt den Arbeitenden während seiner Durchführung der einzelnen Arbeitsaufgaben. Das RHIA-Manual enthält dazu einen ausführlichen Fragenkatalog, mit dessen strukturierendem Leitfaden sich die Regulationshindernisse gezielt erfragen lassen. Allerdings lassen sich diese Instrumente nur begrenzt auf vorliegende Untersuchung anwenden, da sie vornehmlich für Produktions- und Bürobereiche entwickelt wurden.
Die eben vorgestellten Konzepte und Überlegungen fließen in die Leitfadenentwicklung ein, welcher nun vorgestellt wird und sich vollständig im Anhang der Arbeit befindet (Anhang A3). Vor seinem Einsatz wurde der Leitfaden in einem Pretest auf seine Tauglichkeit geprüft und anschließend leicht modifiziert und angepasst. Der endgültige Leitfaden gliedert sich in mehrere Themenblöcke, die offene Fragen zur Arbeitssituation enthalten. Die offenen Fragen beabsichtigen eine möglichst freie Erzählung der Interviewpartner/innen, die wiederum durch themenbezogene, vertiefende Nachfragen aufrechterhalten wird. Zu Anfang des Gesprächs gibt es zunächst die Information, dass das Interview im Rahmen einer Abschlussarbeit innerhalb der Hochschule Magdeburg-Stendal geführt wird und dass alle Daten streng vertraulich behandelt werden. Das Interview beginnt mit der Erzählaufforderung eines typischen Arbeitstages bzw. der Vorstellung des Arbeitsplatzes. Hier sollen Aufgaben, Tätigkeiten sowie erste Anforderungen vorgestellt werden, die ergänzt werden durch den beruflichen Hintergrund, die Einarbeitung sowie organisationale Rahmenbedingungen. Ergänzend wird nach benötigten Kompetenzen für die Beschäftigung im Einzelhandel gefragt. Ein weiterer Themenblock bezieht sich auf die Zusammenarbeit einerseits mit Vorgesetzten und anderseits mit Kolleginnen und Kollegen. Hier sollen die Befragten konkrete Beispiele für negativ und positiv erlebte Zusammenarbeit schildern. Im Themenblock zu Herausforderungen und Belastungen wird nach spezifischen Situationen gefragt, welche den Beschäftigten Freude bereiten und welche als Herausforderung wahrgenommen werden. Als Vertiefung wird nach Belastungen sowie deren Ursachen und Auswirkungen gefragt sowie organisationalen und individuellen Ressourcen. Der nächste Themenblock befasst sich mit der essentiellen Frage nach Kundenbegegnungen bzw. Interaktionen innerhalb der Tätigkeit. Hier wird zum einen nach dem Verhalten der Kundinnen/Kunden gefragt und wiederum nach konkreten Situationen eines positiven sowie negativen Kundenkontakts. Ebenso geht es hier um eigene Fähigkeiten, Gefühle, Unternehmenserwartungen und auch die Geschlechterperspektive. Abschließend wird nach Regeln und Vorgaben bezüglich der Kundenorientierung und des Verkaufsaspektes gefragt. Zum Ende des Interviews wird nach Veränderungswünschen innerhalb des Unternehmens gefragt, um hier noch einmal mögliche Herausforderungen zu identifizieren und sicherzugehen, dass alle dem Befragten wichtigen Aspekte angesprochen wurden.
5.3.3 Stichprobenkonzeption
Die Konzeption der Stichprobe orientiert sich an Forschungsgegenstand und –interesse. Bei vorliegender Untersuchung handelt es sich um eine Betriebsfallstudie, in der explorativ und beschreibend Aussagen über den Untersuchungsgegenstand getroffen werden sollen. Um das Forschungsanliegen zu bearbeiten, werden in einem Einzelhandelsunternehmen mehrere Interviews geführt, die Aufschluss über die vorhandenen Arbeitsbedingungen geben sollen. Die Entscheidung, lediglich in einem Unternehmen Interviews zu führen wurde unter dem Gesichtspunkt einer Gefährdungsbeurteilung getroffen. Die Dienstleistungsorganisation fungiert damit als exemplarisches Beispiel in ihrer Funktion als Arbeitgeber. In den Vorüberlegungen zur Stichprobenkonzeption wurde festgelegt, dass es sich dabei um Verkaufstätigkeiten handeln soll, die gegenstandsbezogen und interaktiv sind. Das bedeutet, dass Waren im Rahmen einer zwischenmenschlichen Interaktion verkauft werden. Das Ziel besteht in einer theoretischen Sättigung der Untersuchungsgruppe, d.h. es werden keine zusätzlichen Daten mehr gefunden, mit deren Hilfe weitere Eigenschaften der Kategorie entwickelt werden können (Flick 2002). Die Auswahl von Fällen orientiert sich an dem Grundprinzip nach konkret-inhaltlichen Kriterien und der maximalen Kontrastierung, um der Heterogenität innerhalb des homogenen Feldes gerecht zu werden. Im Sinne einer maximalen Variation sollen zwar wenige, aber möglichst unterschiedliche Fälle einbezogen werden, um darüber die Variationsbreite und Unterschiedlichkeit des Feldes zu erschließen. Durch die Konzentration auf einzelne Beispiel soll in die Tiefe und Struktur einer Organisation vorgedrungen werden. Die einzelnen Fälle werden dabei Repräsentanten eines spezifischen institutionellen Kontextes und einer spezifischen Professionalisierung (Flick 2002).
Bezogen auf die konkrete Umsetzung bedeuten die theoretischen Vorüberlegungen, dass ein Unternehmen gefunden wird, in dem in verschiedenen Filialen mit mehreren Beschäftigten Leitfadengespräche geführt werden. Die Beschäftigten unterscheiden sich weiterhin im Optimalfall in ihren Sozialdaten wie Geschlecht, Position, Alter und Betriebszugehörigkeit. Folgende Abbildung visualisiert die theoretische Konzeption der Stichprobe:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7 : Stichprobenkonzeption
In Folge wurden mehrere Einzelhandelsunternehmen in Wien (Österreich) angeschrieben und um Unterstützung gebeten. Das verwendete Anschreiben beinhalte alle Informationen zur Studie (einsehbar im Anhang A1). Im Zuge des Rekrutierungsprozesses erklärte sich ein Einzelhandelsunternehmen bereit, in sechs seiner Filialen Interviews durchzuführen. Daraufhin wurde mit den jeweiligen Filialleitungen Termine vor Ort vereinbart und insgesamt neun Gespräche geführt. Auf die realisierte Stichprobe wird im Ergebnisteil genauer eingegangen.
5.3.4 Transkriptionsregeln
Die Audiodateien der geführten Interviews werden zunächst vollständig gemäß den Transkriptionsregeln nach Udo Kuckartz (2012) verschriftlicht, um die gewonnen Daten auswerten zu können. Die Transkriptionsregeln werden an dieser Stelle kurz vorgestellt und befinden sich vollständig im Anhang (A5). Die gewählten Transkriptionsregeln überführen die gesprochene Sprache in die Standardsprache bzw. Schriftsprache (Fuß/Karbach 2014: 28). Die Zeichensetzung orientiert sich an der deutschen Rechtschreibung, wobei syntaktische Fehler im Transkript beibehalten werden. Zuhörersignale der Interviewerin werden nicht transkribiert, da im gewählten kategorisierenden Auswertungsverfahren der Fokus der Analyse in erster Linie auf der inhaltlichen Ebene liegt. Grundsätzlich wird ein einfaches wissenschaftliches Transkript produziert, bei dem die Gesprächssituation wortgetreu abgebildet, aber die Sprache leicht geglättet wird. Dies beinhaltet beispielsweise, dass starke dialektische Färbungen ins Hochdeutsche übersetzt werden. Die Glättung der umgangssprachlichen Ausdrucksweise dient lediglich der Lesbarkeit des Transkriptes, sie führt jedoch nicht zu einer Übertragung in eine standardorthografisch korrekte Schriftsprache: ein grammatikalisch falscher Satzbau, Wortabbrüche oder fehlerhafte Ausdrücke werden beibehalten (Fuß/Karbach 2014). Längere Pausen im Redefluss oder nicht-sprachliche Ereignisse wie Lachen werden ebenfalls im Transkript festgehalten. Außerdem werden hörbare Handlungen oder mögliche Störungen abgebildet. Die Autorin ist sich bewusst, dass auch die sorgfältige Erstellung eines Transkriptes immer mit einem Informationsverlust verbunden ist und als Tertiärdaten kritisch als „selektive Konstruktion“ zu betrachten sind (Fuß/Karbach 2014: 25). Jedoch würde auch ein detaillierteres Transkript für vorliegende Forschungsfrage nicht zwangsläufig zu einem größeren Erkenntnisgewinn führen.
Die Audiodateien wurden mithilfe des Computerprogramms f5 transkribiert: Hier kann die Wiedergabe gestoppt werden, auf Pause geschaltet, neu gestartet sowie vor- und zurückgespult werden. Außerdem lässt sich die Abspielgeschwindigkeit sowie das Rückspulintervall einstellen. Die Software ermöglicht ebenfalls das Einfügen von Zeitmarken, um eine Synchronisierung von Text und Audioaufzeichnung zu ermöglichen. Die oben vorgestellten Transkriptionsregeln lassen sich bei der Nutzung von f5 problemlos umsetzen. Nach Fertigstellung des Transkripts wird dieses Korrektur gelesen und ggf. Fehler ausgebessert. Außerdem werden alle vorkommenden sensiblen, personenbezogene Informationen anonymisiert, damit keine Rückschlüsse auf konkrete Personen gezogene werden können. Wie bereits erwähnt, wurden die Transkriptionsregeln in Abhängigkeit zur inhaltsbezogenen Auswertungsmethode gewählt, auf die nun näher eingegangen wird.
5.4 Auswertungsverfahren
5.4.1 Strukturierende qualitative Inhaltsanalyse
Im Sinne der Gütekriterien wird die Wahl und das Vorgehen der verwendeten Auswertungsmethode nun offen dargelegt und reflektiert. Nachdem die Tonbandaufnahmen entsprechend der Transkriptionsregeln aufbereitet wurden, folgt die Auswertung dieser. Die gewonnenen schriftlichen Daten (vollständig im Anhang A6) werden anhand der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet (Kuckartz 2012), um auf Grundlage systematischer Beschreibungen des Materials das Forschungsanliegen zu beantworten. Das Grundkonzept der qualitativen Inhaltsanalyse besteht in der systematischen Analyse von Texten, indem das Material schrittweise mit theoriegeleiteten und am Material entwickelten Kategorien bearbeitet wird. Allgemein steht und fällt die Inhaltsanalyse mit ihren Kategorien, die eine zentrale Rolle einnehmen:
„Der pragmatische Sinn jeder Inhaltsanalyse besteht letztlich darin, unter einer bestimmten forschungsleitenden Perspektive Komplexität zu reduzieren. Textmengen werden hinsichtlich theoretischer interessierender Merkmale klassifizierend beschrieben. Bei dieser Reduktion von Komplexität geht notwendig Information verloren: Einmal durch die Ausblendung von Mitteilungsmerkmalen, die die untersuchten Texte zwar besitzen, im Zusammenhang mit der vorliegenden Forschungsfrage aber nicht interessieren; zum anderen tritt ein Informationsverlust durch die Klassifikation der analysierten Mitteilungsmerkmale ein. Nach gegebenen Kriterien werden je einige von ihnen als untereinander ähnlich betrachtet und einer bestimmten Merkmalsklasse bzw. einem Merkmalstypus zugeordnet, den man bei der Inhaltsanalyse ‚Kategorie’ nennt. Die originären Bedeutungsdifferenzen der einheitlich in einer Kategorie zusammengefassten Mitteilungsmerkmale bleiben unberücksichtigt.“ (Früh 2004: 42)
Da in vorliegender Studie anhand der Theorie der Blickwinkel auf bestimmte Themen gelegt wird, eignet sich zur Auswertung die inhaltlich strukturierende Analyse, die dabei hilft, bestimmte Inhalte und Aspekte aus dem Material herauszufiltern und zusammenzufassen. Als systematisches und valides Analyseverfahren erfolgen diese Beschreibungen, indem relevante Aspekte als Kategorien eines Kategoriensystems beschrieben werden und die dafür bedeutsamen Textabschnitte diesen zugeordnet werden. Das schrittweise vorgehende Verfahren der strukturierenden Inhaltsanalyse als eine Untergattung der Inhaltsanalyse hat als Ziel die Entwicklung eines Kategoriensystems, das sukzessive modifiziert und auf das gesamte Material angewendet wird. Am Material ausgewählte inhaltliche Aspekte sollen so identifiziert, konzeptualisiert und systematisch beschrieben werden. Für diese Art der Analyse lässt sich folgender grundsätzlicher Ablauf angeben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8 : Ablaufschema einer strukturierenden Inhaltsanalyse (in Anlehnung an Kuckartz 2012)
Im ersten Auswertungsschritt wird im Rahmen von initiierender Textarbeit zunächst das gesamte Material sorgfältig gelesen und wichtig erscheinende Abschnitte markiert. Bemerkungen, Anmerkungen und Ideen werden in Form von Memos festgehalten, um anschließend erste Fallzusammenfassungen zu schreiben. In der zweiten Phase werden nun thematische Hauptkategorien entwickelt, die sich aus der Forschungsfrage ableiten und bereits bei der Erhebung der Daten leitend waren. Nach der Entwicklung der Hauptthemen folgt der erste Codierprozess, in dem das gesamte Material mit den Hauptkategorien codiert wird. Für die Forschungsfrage irrelevante Textabschnitte bleiben hier uncodiert. Gleichzeitig werden Abschnitte, die mehrere Hauptthemen beinhalten, mehreren Kategorien zugeordnet. Beim codieren wird sich an die von Kuckartz (2012: 82) aufgestellten Regeln gehalten, die beinhalten, dass Sinneinheiten codiert werden, mindestens ein vollständiger Satz, aber auch mehrere Sätze oder Absätze. Im Sinne des Verständnisses werden bei Bedarf die jeweiligen Fragen der Interviewerin mitcodiert, wichtig ist, dass die jeweilige Textstelle ausreichend verständlich ist. Nach dem ersten Codierprozess folgt eine Ausdifferenzierung der zunächst noch relativ allgemeinen Hauptkategorien. In diesem Schritt werden alle mit der gleichen Hauptkategorie codierten Textstellen zusammengestellt und am Material induktiv Subkategorien bestimmt. Nach Abschluss dieser Phase folgt der zweite Codierprozess in dem das komplette Material mit dem ausdifferenzierten Kategoriensystem codiert wird. Nach diesem Prozess folgt die eigentliche Auswertung und Ergebnispräsentation, in dessen Mittelpunkt die zuvor festgelegten Hauptthemen stehen. Hier wird zunächst eine kategorienbasierte Auswertung vorgenommen, um daran anschließend die Zusammenhänge zwischen den Kategorien zu analysieren. Die Antworten der Befragungspersonen werden anhand der Kategorien in das Modell der widersprüchlichen Arbeitsanforderungen überführt und geben somit Aufschluss über typische Diskrepanzsituationen. Die Ergebnisse werden schließlich im Fazit zusammengefasst und reflektiert, um daraus Handlungsempfehlungen für die Arbeitsbedingungen innerhalb der Organisation herzuleiten. Die Ergebnisse werden in Bezug auf die Hauptfragestellung interpretiert und ob die Forschungsfrage vollständig beantwortet werden konnte oder ob sich Wissenslücken identifizieren lassen, die neue Fragen aufwerfen.
Der Prozess der Datenanalyse wird mit der QDA-Software f4analyse unterstützt, die als äußerst nützlich bei der Textarbeit sowie der Kategorienbildung betrachtet wird. So werden im Rahmen der initiierenden Textarbeit wichtige Abschnitte farblich markiert sowie codiert und Memos sowie Kommentare zu bestimmten Textstellen geschrieben und festgehalten. Bei der Entwicklung von thematischen Hauptkategorien und im ersten Codierprozess werden Textstellen markiert und einem entsprechenden Code zugeordnet, welche sich zur besseren Übersichtlichkeit farblich unterscheiden. Das Programm ermöglicht weiterhin, dass alle Textstellen pro Hauptkategorie gebündelt angezeigt werden und erleichtert damit die weitere Bearbeitung und Ergebnisaufbereitung (Kuckartz 2012).
5.4.2 Kategoriensystem
Zur Verdeutlichung des methodischen Vorgehens werden für die Hauptkategorien exemplarisch die Codierregeln und Ankerbeispiele angegeben. Das Kategoriensystem steuert den Analyseprozess und soll die Objektivität der Analyse sicherstellen. Die Hauptkategorien werden aufgrund der bereits vorhandenen Theorie zu Interaktionsarbeit und widersprüchlichen Arbeitsanforderungen gebildet: Im Sinne einer zunächst deduktiven Kategorienbildung werden einerseits Textabschnitte zu Kooperationsarbeit, Gefühlsarbeit, Emotionsarbeit sowie subjektivierendem Arbeitshandeln gesucht und anderseits Stellen, in denen Ziele, Regeln sowie Ressourcen thematisiert werden. Als eine Art Suchraster wird das Material auf das Vorkommen dieser Inhalte durchsucht und grob kategorisiert. Diese Hauptkategorien werden dann direkt am Material präzisiert, modifiziert und differenziert, d.h. es erfolgt die Bildung von Subkategorien.
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- Arbeit zitieren
- Julia Wolf (Autor:in), 2017, Interaktionsarbeit im Einzelhandel. Betriebliche Gesundheitsförderung, Gefährdungsbeurteilung und widersprüchliche Anforderungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1184362
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