Diese Arbeit verfolgt das Ziel, das theoretisch-konzeptionelle Konstrukt der Preisfairness-Wahrnehmung fundiert zu erklären. Die Arbeit zielt darauf ab, die grundlegende Akzeptanz von Dynamic Pricing (DP) aus Gästesicht in der Vier-Stern-Ferienhotellerie in Tirol zu erforschen. Des Weiteren soll ein ganzheitliches Modell für die diversen Einflussfaktoren auf die Fairness- Wahrnehmung von DP erstellt werden. Ziel ist es, mithilfe einer Befragung von Gästen aus der Ferienhotellerie empirisch zu überprüfen, inwieweit die erarbeiteten Faktoren die Preisfairness-Wahrnehmung beeinflussen.
Die Arbeit richtet sich an die Praxis der Ferienhotellerie, wodurch die Beantwortung der Frage, ob DP in einem Hotel geeignet ist, erleichtert werden soll. Mithilfe von Handlungsempfehlungen sollen konkrete Tipps für die erfolgreiche Einführung von DP in der Ferienhotellerie in der Praxis abgeleitet werden. Dynamic Pricing gewinnt in der Hotellerie zunehmend an Bedeutung. Während DP technisch realisierbar ist, müssen Unternehmen die Umsatzsteigerungspotenziale mit den Fairness-Risiken abwägen. In Bezug auf die Fairness-Wahrnehmung von DP besteht ein enormer Forschungsbedarf. Im Bereich der Ferienhotellerie wird die Fragestellung, inwieweit DP als fair wahrgenommen wird und welche Faktoren die Preisfairness beeinflussen, bisher von keiner wissenschaftlichen Arbeit aufgegriffen.
Für diesen Zweck wird das theoretisch-konzeptionelle Konstrukt der Preisfairness-Wahrnehmung aus der verhaltenswissenschaftlichen Preistheorie sowie dem Konsumentenverhalten hergeleitet. Die Dual-Entitlement-Theory wird unter Berücksichtigung der branchenspezifischen Besonderheiten der Vier-Stern-Ferienhotellerie mit der Referenzpreistheorie zur Erhöhung der empirischen Messbarkeit kombiniert. Auf Basis einer systematischen Literaturanalyse in zwei Schritten werden die allgemeine Preisfairness-Wahrnehmung sowie deren potenzielle Einflussfaktoren als Forschungshypothesen abgeleitet. Zur empirischen Überprüfung wird eine explanative szenariobasierte Onlinebefragung mit einem Experiment erstellt und 541 Gäste von sieben Hotelbetrieben befragt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangslage
1.2 Problemstellung / Forschungslücke
1.3 Forschungsfragen
1.4 Ziele der Arbeit
1.5 Methodik der Arbeit
1.6 Aufbau der Arbeit
2 Einordnung Dynamic Pricing
2.1 Preisdefinition und Preistheorien
2.2 Preisdifferenzierung
2.3 Dynamic Pricing
2.4 Abgrenzung Dynamic Pricing, Revenue Management und Yield Management
3 Theoretische Grundlagen der Preisfairness-Wahrnehmung
3.1 Einordnung in das Konsumentenverhalten
3.2 Theorien und Definition
3.3 Konzepte, Ansätze und Modelle
3.4 Zusammenführung des theoretischen Modells
4 Fairness-Wahrnehmung von Dynamic Pricing in der Vier-SternFerienhotellerie
4.1 Die Vier-Stern-Ferienhotellerie in Tirol und Vorarlberg
4.2 Besonderheiten der Ferienhotellerie und Konsequenzen für die Arbeit
4.3 Stand der Forschung und Hypothesenableitung
4.4 Modellentwicklung und Modellkritik
5 Empirische Überprüfung des Modells
5.1 Methodik & Forschungsdesign
5.2 Erhebung der Daten & Pre-Test
5.3 Ergebnisse der Befragung
5.4 Interpretation der Ergebnisse
5.5 Gütekriterien der Arbeit und Methodenkritik
6 Schlussbetrachtung
6.1 Prüfung des Modells
6.2 Handlungsempfehlungen für die Ferienhotellerie
6.3 Zusammenfassung und Fazit
6.4 Kritische Reflexion der Arbeit
6.5 Ausblick für weiterführende Forschungsarbeiten
Literaturverzeichnis
Anhangsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zitate zur Unterstreichung der Forschungslücke
Abbildung 2: Grafische Gliederung theoretischer Rahmen der Arbeit
Abbildung 3: Gegenüberstellung der Preistheorien
Abbildung 4: Potenziale der Preisdifferenzierung
Abbildung 5: S-R-Paradigma
Abbildung 6: S-O-R-Paradigma
Abbildung 7: Theoretische Grundlage: Preisfairness-Wahrnehmung
Abbildung 8: Limitationen Dual-Entitlement-Theory und Maßnahmen
Abbildung 9: Branchenspezifische Besonderheiten Ferienhotellerie
Abbildung 10: Prozess zur Erstellung und Überprüfung des Modells
Abbildung 11: Literaturbasiertes Modell der Einflussfaktoren der Fairness
Wahrnehmung von DP in der Ferienhotellerie
Abbildung 12: Beschreibung Beispielhotel
Abbildung 13: Beispielhaftes Preisszenario
Abbildung 14: Bereinigung Stichprobe
Abbildung 15: Soziodemografische und sozioökonomische Daten
Abbildung 16: Box-Plot Preisszenarien
Abbildung 17: Vertrautheit von DP
Abbildung 18: Box-Plot Informationsgrad
Abbildung 19: Maßnahmen zur Erhöhung der Gütekriterien der Arbeit
Abbildung 20: Empirisches Modell der Fairness-Wahrnehmung von DP
Abbildung 21: 7 Elemente für ein erfolgreiches kundenorientiertes DP
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Definitionsansätze DP
Tabelle 2: Konzeptmatrix Preisfairness-Wahrnehmung
Tabelle 3: Matrix Forschungsmethoden
Tabelle 4: Detaillierte Betrachtung quantitativer Forschungsarbeiten
Tabelle 5: Berechnung Grundgesamtheit
Tabelle 6: Übersicht Partnerbetriebe und Auswahlkriterien
Tabelle 7: Cronbach Alpha Skalen Preisfairness-Wahrnehmung
Tabelle 8: Herkunftsländer Gäste Tirol
Tabelle 9: Lage- und Streuungsparameter der Variablen
Tabelle 10: Häufigkeitsverteilung Preisfairness-Wahrnehmung DP
Tabelle 11: Gruppierte Lage- und Streuungsparameter
Tabelle 12: Gruppenweise Auswertung Geschlecht
Tabelle 13: Kreuztabelle Herkunft und 0-Preisfaimess DP
Tabelle 14: Kreuztabelle Herkunft und statische Preisgestaltung
Tabelle 15: Kreuztabelle Herkunft Vertrautheit DP
Tabelle 16: Überblick Auswertungstests
Tabelle 17: Interpretation Korrelation
Tabelle 18: Friedman-Test DP-Szenarien
Tabelle 19: Dunn-Bonferroni-Post-hoc-Test DP-Szenarien
Tabelle 20: Friedman-Test DP und statische Szenarien
Tabelle 21: Dunn-Bonferroni-Post-hoc-Test DP und statische Szenarien
Tabelle 22: Friedman-Test Informationsgrad
Tabelle 23: Dunn-Bonferroni-Post-hoc-Test Informationsgrad
Tabelle 24: Dunn-Bonferroni-Post-hoc- und Friedman-Test Reisegrund
Tabelle 25: Pearson-Korrelationskoeffizient Vertrautheit
Tabelle 26: Spearman-Rangkorrelationskoeffizient Urlaubshäufigkeit
Tabelle 27: Pearson-Korrelationskoeffizient Alter
Tabelle 28: Eta-Koeffizient Geschlecht
Tabelle 29: Eta-Koeffizient Herkunft
Tabelle 30: Eta-Koeffizient Herkunft ohne Deutschland
Tabelle 31: Spearman-Rangkorrelationskoeffizient Bildungsniveau
Tabelle 32: Spearman-Rangkorrelationskoeffizient Einkommensniveau
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Das folgende Kapitel behandelt die der Arbeit zugrundeliegende Ausgangslage und die Problemstellung. Darauf aufbauend werden die Forschungsfrage sowie das Ziel definiert und der Aufbau der Arbeit aufgezeigt.
1.1 Ausgangslage
Neue Technologien und die Ausbreitung von Online-Buchungskanälen verursachen revolutionäre Veränderungen im Buchungsverhalten in der Hotellerie (C. Chen & Schwartz, 2013). Hotelgäste können die Preise in Sekundenschnelle vergleichen (Pan et al., 2013), wodurch sich der Preis zu einem der wichtigsten Entscheidungskriterien herauskristallisiert (Mathur & Dubey, 2019).
Dazu kommen verschiedene branchenspezifische Besonderheiten der Hotellerie, wie beispielsweise die „Verderblichkeit“ der Hotelleistung. Jedes Hotelzimmer, das an einem Tag nicht gebucht wird, kann am nächsten Tag nicht doppelt verkauft werden (Ivanov & Zhechev, 2012). Durch den hohen Fixkosten-Charakter in der Hotellerie fallen viele Kosten unabhängig von der Auslastung an (Oses et al., 2016). Zudem ist das Nachfrageverhalten im Saisonverlauf volatil, sodass durch kurzfristig nicht veränderbare Kapazitäten häufig eine Übernachfrage besteht (Abrate et al., 2012). Zu nachfrageschwachen Zeiten besteht die Problematik, dass Preissenkungen zu gängigen Strategien werden, um eine gewünschte Zimmerauslastung zu erzielen (Chan & Wong, 2006).
Dies stellt die Hotellerie bei der Preisfestlegung vor große Herausforderungen (Abrate et al., 2019). Revenue Management (RM) soll dabei helfen, den richtigen Preis, zur richtigen Zeit, über den richtigen Kanal, den richtigen Kunden anzubieten und so einen maximalen Umsatz zu erzielen (Kimes, 1989b).
Seit geraumer Zeit wird RM mithilfe von Softwaretechnologien optimiert und von „dynamischen“ Preissystemen zunehmend abgelöst. Diese ermöglichen es den Hotels, ihre Preise mit Algorithmen gemäß vorgegebenen Parametern in Echtzeit über das Internet anzupassen (Abrate & Viglia, 2016). Eine Studie der Global Business Travel Association (2014) in den USA zeigt auf, dass 22% der befragten Stadthotels bereits softwarebasierte dynamische Preise verwenden und belegt damit die hohe Relevanz.
In der Forschung der Wirtschaftswissenschaften ist Dynamic Pricing (DP) ein bedeutender Forschungsschwerpunkt (Denizci Guillet, 2020; Vives et al., 2018) . Der Fokus liegt hierbei hauptsächlich auf dem Bereich der Umsetzung und der eingesetzten Technologien (Ahmetoglua et al., 2014; Dütschke & Paetz, 2013; McMahon-Beattie et al., 2016; Sahut et al., 2016; Tang et al., 2019).
Auch in der Hotellerie gewinnt die Forschung zur Thematik DP vermehrt an Bedeutung (Vives & Jacob, 2020). Viele Studien beschäftigen sich mit der Implementierung (Aziz et al., 2011; Bayoumi et al., 2013; D. Zhang & Weatherford, 2017), den verschiedenen Modellen (Bandalouski et al., 2018; Guo et al., 2013; Lacagnina & Provenzano, 2016; Saito et al., 2016; Vives et al., 2018), der Verbreitung (Abrate et al., 2012; Melis & Piga, 2017; Sanchez-Perez et al., 2019), der Klassifizierung der Erfolgsfaktoren (Baker et al., 2020; Chattopadhyay & Mitra, 2019; Xu et al., 2019), Channel-Management (Bigne et al., 2021; Ling et al., 2015; Ropero, 2011; Schütze, 2008), Forecasting (Bangwayo-Skeete & Skeete, 2015; X. Li et al., 2017; Pan & Yang, 2017), den saisonalen Preiselastizitäten (C. Chen & Schwartz, 2013; Melis & Piga, 2017; Vives et al., 2019), der Verwendung von Big Data sowie Algorithmen (Antonio et al., 2019; Egan & Haynes, 2019; Wang et al., 2021) und den positiven Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit (Abrate et al., 2019; Choi, 2002; Murimi et al., 2021) von DP in der Hotellerie.
1.2 Problemstellung / Forschungslücke
Trotz nachgewiesener positiver Aspekte und einer möglichen Steigerung der Profitabilität von bis zu 25% (W. Li et al., 2018; Petro, 2015) wird DP in der Literatur kritisiert und aus Kundensicht häufig als unfair wahrgenommen (Choi & Mattila, 2005; Ivanov & Zhechev, 2012; Khandeparkar et al., 2020; Mathies & Gudergan, 2007). Bieger et al. (2005) bezeichnen diese Art von Preispolitik sogar als „Experimentierökonomie” (S. 314). Xia et al. (2004) können empirisch beweisen, dass eine negativ wahrgenommene Preisfairness, Emotionen wie Enttäuschung und Wut auslösen. Dies kann zu negativem Word of Mouth oder einer Bevorzugung der Konkurrenz und somit langfristig Gewinnrückgängen führen. In der Praxis stehen die Unternehmen vor der Schwierigkeit die finanziellen Umsatzsteigerungspotenziale mit den Fairnessrisiken von DP abzuwägen (Jimenez Mori, 2021).
Trotzdem wird der Kunde in der RM-Forschung häufig vernachlässigt (siehe Abbildung 1). Dies belegen auch McMahon-Beattie et al. (2016), indem sie aufzeigen, dass sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis die Einstellung des Kunden gegenüber RM zu wenig hinterfragt wird. Dies widerspricht der Tatsache, dass der Kunde der wichtigste Faktor für eine erfolgreiche Implementierung des RM und deshalb nur erfolgreich sein kann, wenn es vom Kunden als fair wahrgenommen wird (Chiang et al., 2007; Kimes, 2003). In ähnlicher Weise zeigen auch Chung und Petrick (2013) diese Forschungslücke auf und bemängeln, dass im Tourismus zu wenig auf die Kundeneinstellung gegenüber Preispolitiken eingegangen wird. Binesh et al. (2021) kritisieren, dass Verbraucherverhaltenstheorien im Zusammenhang mit RM ignoriert werden. Herrmann et al. (2007) sehen vor allem bei den Einflussfaktoren auf die FairnessWahrnehmung einer Preisgestaltung Forschungsbedarf. Auch Campbell (1999a) verdeutlicht, dass ein Großteil der Faktoren, die die Preisfairness-Wahrnehmung beeinflussen, nicht ausreichend erforscht ist.
Einige Autoren versuchen, diese Forschungslücke zu schließen. El Haddad et al. (2015) erheben den Zusammenhang zwischen Preisfairness-Wahrnehmung und Verhaltensabsichten in einer Budget-Stadthotelkette in England. Sahut et al. (2016) führen eine vergleichbare Studie in der Stadthotellerie in Paris durch. Auch Viglia et al. (2016) setzen ihren Forschungsschwerpunkt bei der Erfassung der Preiswahrnehmung auf die Kettenhotellerie in Spanien. In der Ferienhotellerie im Alpenraum wird dieser Thematik bis dato keine Beachtung geschenkt, obwohl eine
Vielzahl an Unterschieden zwischen der Kettenhotellerie und der Ferienhotellerie wissenschaftlich belegt ist (Gardini, 2015; Getz & Carlsen, 2005). Auch die Studie von Hong et al. (2020) lässt auf Unterschiede in der Fairness-Wahrnehmung der Gäste in der Ferienhotellerie in Österreich schließen, da große Unterschiede nach soziodemografischen Faktoren wie Alter, Herkunft und Kultur bestehen. Folgende Zitate verdeutlichen das bestehende Forschungsdefizit:
Kunde in der RM-Forschung im Allgemeinen aber vor allem im Tourismus vernachlässigt
- Trotz einer zunehmenden Kundenorientierung im Dienstleistungsbereich gibt es nur wenige Arbeiten, die sich dem Revenue Management aus der Kundenperspektive nähern“ (Heidig & Tomczak, 2014, S. 3).
- There has been a tendency for much of the research in the area (of Revenue Management) to lack a consumer focus“ (McMahon-Beattie et al., 2016, S. 299).
- Few studies on price fairness from a consumer perspective have been found in the tourism literature as well, while many tourism and hospitality studies have paid attention to pricing strategies from a managerial perspective“ (Chung & Petrick, 2013, S. 169).
- Future authors are encouraged to investigate the impact of revenue management policies on consumer behavior or visa versa using consumer behavior theories to better understand how consumer behavior is impacted by revenue management behavior“ (Binesh, Belarmino & Raab, 2021, S. 24).
Einflussfaktoren der Preisfairness-Wahrnehmung nicht ausreichend erforscht
- It is probable that several unexplored variables affect perceived price fairness“ (Campbell, 1999, S. 199).
- Recent research effortshave isolated several factors that influence consumers' price unfairness perceptions as well as potential consequences of these perceptions“ (Herrmann etal., 2007, S. 50).
Wenige Studien zum Thema Preisfairness-Wahrnehmung einer dynamischen Preisgestaltung in der Hotellerie; Forschungen beschränken sich auf die Stadt- und Kettenhotellerie, die Ferienhotellerie bleibt in diesem Zusammenhang unerforscht; häufig keine richtigen Kunden befragt
- Fairness-Wahrnehmung einer dynamischen Preisgestaltung wurde in der Stadthotellerie lediglich in Paris getestet (Sahut etal., 2016). ·„(...) Using a cross-sectional sample of 506 customers of a budget hotel chain in the United Kingdom“ (El Haddad et al., 2015, S. 262)
Abbildung 1: Zitate zur Unterstreichung der Forschungslücke
Quelle: eigene Darstellung
1.3 Forschungsfragen
Folgende Forschungsfragen sollen im Zuge der vorliegenden Arbeit beantwortet werden:
Inwieweit wird DP in der Ferienhotellerie aus Gästesicht als fair wahrgenommen?
Welche Faktoren beeinflussen die Fairness-Wahrnehmung von DP in der Ferienhotellerie?
1.4 Ziele der Arbeit
Bezugnehmend auf die Problemstellung verfolgt die vorliegende Arbeit das Ziel, das theoretisch-konzeptionelle Konstrukt der Preisfairness-Wahrnehmung fundiert zu erklären. Die Arbeit zielt darauf ab, die grundlegende Akzeptanz von DP aus Gästesicht in der Vier-Stern-Ferienhotellerie in Tirol zu erforschen. Des Weiteren soll ein ganzheitliches Modell für die diversen Einflussfaktoren auf die FairnessWahrnehmung von DP erstellt werden. Ziel ist es, mithilfe einer Befragung von Gästen aus der Ferienhotellerie empirisch zu überprüfen, inwieweit die erarbeiteten Faktoren die Preisfairness-Wahrnehmung beeinflussen. Die Arbeit richtet sich an die Praxis der Ferienhotellerie, wodurch die Beantwortung der Frage, ob DP in einem Hotel geeignet ist, erleichtert werden soll. Mithilfe von Handlungsempfehlungen sollen konkrete Tipps für die erfolgreiche Einführung von DP in der Ferienhotellerie in der Praxis abgeleitet werden.
1.5 Methodik der Arbeit
Die Arbeit basiert auf zwei unterschiedlichen Theorien, der Dual-EntitlementTheory (Choi et al., 2015; El Haddad et al., 2015; McMahon-Beattie et al., 2016; Sahut et al., 2016; Tang et al., 2019; Weisstein et al., 2013) und der Referenzpreistheorie (Ahmetoglua et al., 2014; Etemad-Sajadi, 2018; Malasevska & Haugom, 2018; McMahon-Beattie et al., 2016; Viglia et al., 2016), die aufgrund ihrer Limitationen miteinander verbunden werden.
Um die allgemeine Fairness-Wahrnehmung von DP sowie die aus der Theorie abgeleiteten Einflussfaktoren in der Ferienhotellerie zu überprüfen, wird eine quantitative Forschungsmethodik gewählt. Bisherige Studien im Bereich der Hotellerie beziehen sich entweder nur auf einen Betrieb (El Haddad et al., 2015; Viglia et al., 2016) oder auf einen Ort (Sahut et al., 2016). El Haddad et al. (2015) deklarieren dies als größte Limitation ihrer Arbeit. „Data for this research were collected only from one hotel operating in a specific country, and generalizations to a broader context need to be treated with caution” (S. 273). Aus diesem Grund werden in der vorliegenden Arbeit die Gäste von sieben ausgewählten Partnerbetrieben aus unterschiedlichen Regionen in Tirol und Vorarlberg mithilfe eines experimentellen szenariobasierten Online-Fragebogens befragt.
1.6 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit ist in sechs Teile untergliedert und trichterförmig aufgebaut. Im ersten Abschnitt wird auf Ausgangslage, Problemstellung, Forschungsfragen sowie Ziele eingegangen. Abbildung 2 zeigt die grafische Gliederung des theoretischen Rahmens der Arbeit, welche in den einzelnen Kapiteln schrittweise erarbeitet wird und das Erklärungsmodell der Preisfairness-Wahrnehmung darstellt. Im zweiten Kapitel werden die Preispolitik und die Grundlagen von DP erörtert und die passende Preistheorie für DP sowie für die PreisfairnessWahrnehmung erarbeitet. Das dritte Kapitel ordnet die PreisfairnessWahrnehmung in die Literatur des Konsumentenverhaltens ein. Es werden gängige Ansätze und Modelle beschrieben und auf Basis der vorherigen Erkenntnisse die passende Theorie ausgewählt. Die Erarbeitung der branchenspezifischen Besonderheiten der Vier-Stern-Ferienhotellerie ist Gegenstand des vierten Abschnitts, wodurch das theoretische Erklärungsmodell dieser Arbeit finalisiert wird.
Auf Basis der Erkenntnisse der vorangegangenen Kapitel werden aktuelle Forschungen zur Preisfairness-Wahrnehmung durchleuchtet und auf deren Relevanz für die Ferienhotellerie geprüft. Schrittweise werden Hypothesen aus der Literatur für die empirische Studie abgeleitet und in einem Forschungsmodell zusammengefasst. Das fünfte Kapitel bildet den empirischen Teil der Arbeit und beschreibt die Methodik und das Forschungsdesign. Anschließend werden die Ergebnisse präsentiert, interpretiert und hinsichtlich der aufgestellten Hypothesen geprüft. Im abschließenden sechsten Kapitel werden die Forschungsfragen erneut aufgearbeitet und Handlungsempfehlungen für die Praxis gegeben. Das Fazit der Arbeit wird abgeleitet, kritisch reflektiert, Limitationen werden ausgearbeitet und zukünftiger Forschungsbedarf wird aufgezeigt.
4. Branchenspezifische Besonderheiten der Vier-Stern-Ferienhotellerie
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2 Einordnung Dynamic Pricing
DP ist ein komplexes Instrument der Preispolitik (Binesh et al., 2021). Zu Beginn wird das Grundgerüst der Preistheorie erarbeitet und DP fachgerecht in die Literatur eingeordnet.
2.1 Preisdefinition und Preistheorien
„Everything is worth what its purchaser will pay for it.” - (Publilius, 1. Jahrhundert vor Christus)
Dieses Zitat zeigt, wie bedeutend der Preis schon seit Tausenden von Jahren ist. Traditionell wird der Preis als eine vom Verkäufer für ein Wirtschaftsgut verlangte „monetäre Gegenleistung“ (Diller et al., 2020, S. 30) definiert. Laut Nieschlag et al. (1994) ist der Preis in der traditionellen Preistheorie von „rein quantitativer, eindimensionaler Natur“ (S. 295).
Aus mikroökonomischer und betriebswirtschaftlicher Sicht bildet der Preis das wichtigste Steuerungselement, um die ökonomische Zielgröße, dies entspricht in der Regel (i.d.R.) dem Gewinn, zu maximieren (Drews, 1982) und die Nachfrage zu beeinflussen (Dominique-Ferreira et al., 2016). Die theoretische Grundlage liegt in der inversen Preis-Absatzfunktion, wonach die Preishöhe die absetzbare Menge, unter der Annahme, dass jeder Marktteilnehmer rational als Homo Oeconomicus handelt und stets seinen eigenen Nutzen maximiert, direkt beeinflusst. Demnach reduziert ein höherer Preis die absetzbare Menge und vice versa (Diller et al., 2020).
Aus der Marketing- und Verhaltenswissenschaft hat sich im angloamerikanischen Raum die Theorie des Behavioural-Pricing entwickelt, welche den Kunden und nicht die betriebswirtschaftlichen Kosten oder den Konkurrenzpreis als zentrale Bezugsgröße ansieht (Kuokkanen, 2016). In der verhaltenswissenschaftlichen Preistheorie geht es um die Fragen, wie Informationen über den Preis gesucht, aufgenommen, beurteilt und gespeichert werden, wie auf Preise reagiert und wie Entscheidungen getroffen werden (Chandra & Thenmozhi, 2017). Dabei werden nicht nur beobachtbare Aspekte, sondern auch vermeintliche hypothetische
Konstrukte aus dem Neo-Behaviourismus mit psychischen Variablen einbezogen (Hinterhuber & Liozu, 2013) (siehe 3.1). Studien zeigen, dass der Kunde beim Kauf nicht rational, sondern habitualisiert und emotional handelt (Dickson & Sawyer, 1990; Scitovszky, 1944; Somervuori, 2014). Janiszewski und Lichtenstein (1999) können früh empirisch belegen, dass Preise nicht absolut, sondern häufig relativ mit einem Referenzwert beurteilt werden. Diller et al. (2020) gehen einen Schritt weiter, indem sie die verhaltenswissenschaftliche Preistheorie als zentralen unternehmerischen Erfolgsfaktor festlegen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Analyse der unterschiedlichen Preistheorien (siehe Abbildung 3) zeigt, dass zur Beantwortung der Forschungsfragen die verhaltenswissenschaftliche Preistheorie überlegen ist. Die betriebswirtschaftliche Preistheorie wird lediglich zur Aneignung eines grundlegenden Verständnisses für die PreisfairnessWahrnehmung verwendet wird. Auch Morley (1992) kann früh erkennen, dass die Anwendung der mikroökonomischen Preistheorie im Tourismus nicht ausreichend ist.
In weiterer Folge werden die Grundlagen einer Preisdifferenzierung erarbeitet, um ein Grundverständnis für DP zu etablieren.
2.2 Preisdifferenzierung
Die Preisdifferenzierung ist die Basis des RM. Das Fundament der Preisdifferenzierung liegt in der mikroökonomischen Preistheorie und den einhergehenden verschiedenen Zahlungsbereitschaften (Spann & Skiera, 2020). Hierbei wird der Markt in unterschiedliche Segmente unterteilt und dasselbe Produkt auf Basis definierter Charakteristiken zu unterschiedlichen Preisen verkauft (Raza, 2015). Kunden mit einer niedrigeren Zahlungsbereitschaft soll ein Produkt günstiger angeboten werden (Wolk & Ebling, 2010). Phlips (1983) erkennt unlängst, dass die Preisdifferenzierung bei richtiger Anwendung ein profitables Instrument ist. Dies belegt auch die Studie von Khan und Jain (2005), die aufzeigt, dass einzig durch das Anwenden einer Preisdifferenzierung der Gewinn eines Unternehmens um bis zu 34% erhöht werden kann.
Dieser Effekt soll in Abbildung 4 verdeutlicht werden. Die linke Kurve zeigt den Gewinn bei einer statischen Preisstruktur, bei welcher von jedem Kunden derselbe Preis verlangt wird. Dem Unternehmen entgeht dadurch einerseits der zusätzliche Umsatz von potenziellen Kunden mit einer niedrigen Zahlungsbereitschaft. Andererseits hätte bei manchen Kunden ein höherer Preis durchgesetzt werden können. In der rechten Kurve werden mittels Preisdifferenzierung in drei verschiedenen Segmenten unterschiedliche Preise angeboten, wodurch in Summe höhere Gewinne erzielt werden (Frohmann, 2018).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Potenziale der Preisdifferenzierung
Quelle: Frohmann, 2018, S. 122
Im Idealfall zahlt jeder Kunde den Preis, der seiner Zahlungsbereitschaft entspricht, woraus eine Maximierung des Umsatzes resultiert (Vogel & Paul, 2015). Um dies zu erreichen wurde DP entwickelt (Frohmann, 2018).
2.3 Dynamic Pricing
DP ist eine besondere Ausprägungsform der Preisdifferenzierung, bei der mit beschränkten Kapazitäten ein maximaler Ertrag erzielt werden soll (Meffert et al., 2019). Hierbei werden die Preise computerbasiert unter diversen zeitlichen Taktungen an die Marktsituation, das Angebot sowie an das Nachfrageverhalten der Gäste angepasst (Frohmann, 2018). Zahlreiche Systeme berücksichtigen zudem den Zeitaspekt, vergangene Buchungen, das Wetter, Veranstaltungen, Mitbewerberpreise sowie Vergangenheitsdaten (Gupta & Pathak, 2014).
Aufgrund der zahlreichen Berührungspunkte mit unterschiedlichsten Forschungsströmen wie Mathematik, Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Psychologie usw. besteht ein breites Spektrum an Definitionen (Deksnyte & Lydeka, 2012) und ein heterogenes Verständnis der Begriffe DP, RM und Yield Management (Weatherford & Bodily, 1992). Auch Stuhlmann (2000) kritisiert, dass es keine allgemein anerkannte Definition dieser komplexen Thematik gibt und ein konzeptioneller Rahmen fehlt. Ähnlich wie Guillet und Mohammed (2015) sehen Binesh et al. (2021) den Grund dafür in der Lücke zwischen akademischer Forschung und praktischer Umsetzung. In ihrer Metaanalyse können sie aufzeigen, dass nur 24 von 76 analysierten Studien einen expliziten theoretischen Hintergrund verwenden. Aus diesem Grund postulieren Binesh et al. (2021), einen einheitlichen Definitionsansatz zu erarbeiten.
Daher werden in dieser Arbeit erstmalig verschiedene Definitionsansätze des Konzepts DP erarbeitet, um die Unterschiede systematisch aufzuzeigen und in vier Forschungsströme zu kategorisieren (siehe Tabelle 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Definitionsansätze DP
Quelle: eigene Darstellung
Der am häufigsten verwendete Definitionsansatz, der vor allem in älteren Arbeiten verwendet wird, ist der appellative Definitionsansatz. Dort wird DP als Tool, Gegenstand oder Prozess definiert, um die Kapazitäten an den richtigen Kunden zum richtigen Preis zu verkaufen mit dem Ziel, Umsätze und Gewinne eines Unternehmens zu maximieren (Kimes, 1989a). Dieser Ansatz wird in der Literatur divergent bewertet. Dunleavy und Phillips (2017), aber auch Yeoman et al. (1999) sind der Ansicht, dass trotz der Einfachheit, die Definition auch Jahre später immer noch anwendbar ist und zahlreiche aktuelle Studien diesen Ansatz verwenden (Camilleri, 2018; Etemad-Sajadi, 2018; McMahon-Beattie et al., 2016). Lieberman (1993) kritisiert hingegen bereits früh: „Unfortunately, Yield Management is often discussed in the context of the applications and techniques, not the root concepts” (S. 34). Auch Kimms und Klein (2005) bemängeln diesen Definitionsansatz und sehen ihn als zu eng gefasst.
Der anbieterseitige Definitionsansatz sieht DP als Steuerungsinstrument der vorhandenen Kapazitäten, welcher sich vom appellativen Ansatz heraus entwickelt hat. Dabei beschränkt sich das Verständnis von DP hauptsächlich auf die Ressourcenplanung und -zuweisung bei bestimmten Preisen (Desiraju & Shugan, 1999). Ziel ist es, dass die beschränkten Kapazitäten möglichst gewinnbringend mit dem Preis gesteuert werden (Krüger, 1990). Nach diesem Ansatz soll DP bei der Entscheidung helfen, ob Buchungen akzeptiert oder abgelehnt werden (Holloway, 2008; Pinchuk, 2007).
McMahon-Beattie et al. (2016) kritisieren jedoch, dass der Kunde in der Forschung von DP zu sehr vernachlässigt und in den meisten Definitionen nicht berücksichtigt wird (Boyd & Bilegan, 2003; Deksnyte & Lydeka, 2012). Beim nachfrageseitigen Definitionsansatz steht der Kunde bzw. die Nachfrage im Mittelpunkt. Demnach zielt DP darauf ab, Unsicherheiten im Nachfrageverhalten bestmöglich zu bewältigen (Dasu & Tong, 2010). Die Studie von Chan et al. (2001) setzt sich mit diesem Aspekt auseinander, indem die Vorteile der Verwendung des Preises zur Beeinflussung der Nachfrage aufgezeigt werden.
Eine Fokussierung lediglich auf die Kapazitätsallokation oder das Nachfrageprofil ist gemäß Talluri und Ryzin (2004) für DP nicht ausreichend. Beim kombinierten Definitionsansatz, der ursprünglich aus der Volkswirtschaftslehre stammt, sind sowohl Angebot als auch Nachfrage die entscheidenden Einflussfaktoren auf DP (Frohmann, 2018). DP hilft dabei, die Nachfrage zu steuern und die beschränkten Kapazitäten optimal zu verkaufen (Meffert et al., 2019). Aber auch der kombinierte Definitionsansatz deckt laut Frohmann (2018) den breiten Bezugsrahmen nicht ausreichend ab. Neben Angebot und Nachfrage beeinflussen externe Faktoren wie Ferien, Veranstaltungen, Wetter, Konkurrenzpreise usw. die Zahlungsbereitschaft der Kunden.
Die unterschiedlichen Definitionsansätze zeigen wie komplex es ist eine allgemeingültige Definition für DP zu finden. Dies ist mit ein Grund, weshalb viele Forschungsarbeiten zum Thema DP auf eine Definition verzichten (Ahn et al., 2007; Tang et al., 2019; Viglia et al., 2016). In dieser Arbeit wird der Definitionsansatz von Saatmann (2008) verwendet, der mit den Erkenntnissen aus den vier Definitionsansätzen adaptiert wurde:
Dynamic Pricing ist ein Konzept zur strategischen Planung der Preispolitik sowie zur operativen Umsetzung von Preisinstrumenten und -methoden mit dem Ziel einer optimalen Steuerung der zur Verfügung stehenden Kapazität bei schwankendem Konkurrenz- und Nachfrageverhalten sowie von externen Veränderungen im Unternehmensumfeld und unter Berücksichtigung der kurzfristig relativ unflexiblen Kapazitäten, mit dem Ziel, langfristig gewinnmaximal zu arbeiten. (eigene Definition modifiziert in Anlehnung an Saatmann, 2008, S. 34)
2.4 Abgrenzung Dynamic Pricing, Revenue Management und Yield Management
In der Literatur wird der Begriff DP häufig als Synonym für RM und Yield Management verwendet (Christ, 2011; Klein & Steinhardt, 2008; Meffert et al., 2019). Viglia und Abrate (2019) zeigen in ihrer Literaturanalyse zu diesem Thema jedoch auf, dass dies ein aus der Praxis herauskristallisierter Irrglaube ist. Yield Management zielt in erster Linie darauf ab, die Umsätze pro Kapazität zu maximieren und findet sich hauptsächlich in der Airline-Industrie wieder (Guillet & Mohammed, 2015). Yield Management wird häufig kritisiert, da es zu wenig konsumentenorientiert ist. „It's no effective strategy for building customer loyalty and repeat visitor in the lodging industry“ (Hayes & Miller, 2011, S. 17). Bei RM geht es im engeren Sinn um die Zuteilung der Kapazitäten zu den verschiedenen Segmenten mithilfe von Preisdifferenzierung (Klein & Steinhardt, 2008) (siehe 2.2).
Uneinigkeit besteht bei der hierarchischen Eingliederung von DP, die teilweise als Unterpunkt der generalisierten RM-Begrifflichkeit gesehen wird (Talluri & Ryzin, 2004). Frohmann (2018), Meffert et al. (2019) Anderson und Xiaoqing (2016) sehen RM hingegen als einen Teil von DP an, bei dem eine Preisdifferenzierung nach Buchungszeitpunkt hinzukommt. Diese Auffassung wird auch in der vorliegenden Arbeit verfolgt. Der große Unterschied von DP gegenüber von RM ist, dass sich der Preis durch Veränderungen im Gästeverhalten bzw. in der Kapazität auf Basis eines Algorithmus dynamisch ändert (Friesen & Mingardo, 2020). DP wird durch den progressiven Technologieeinsatz zunehmend professionalisiert (Abrate & Viglia, 2016). Eine trennscharfe Differenzierung der drei Begriffe ist aufgrund Unstimmigkeiten in der bestehenden Literatur nur beschränkt durchführbar (Gönsch et al., 2009). Aus diesem Grund zieht die Arbeit, vergleichbar mit dem Ansatz von Binesh et al. (2021) sowie Deksnytè und Lydeka (2012), für die Erarbeitung des theoretischen Rahmens Forschungsarbeiten zu den Themenbereichen Yield Management, RM sowie DP unter Berücksichtigung der erarbeiteten Unterschiede heran.
3 Theoretische Grundlagen der PreisfairnessWahrnehmung
Die verhaltensorientierte Preistheorie wurde als theoretischer Rahmen dieser Arbeit definiert. In weiterer Folge wird die Preisfairness in die Theorie des Konsumentenverhaltens eingeordnet und aus verhaltenswissenschaftlicher Sichtweise analysiert.
3.1 Einordnung in das Konsumentenverhalten
In der Wissenschaft ist das Konsumentenverhalten einer der meist erforschten Bereiche (Cohen et al., 2014), da das Verstehen des Kunden der Dreh- und Angelpunkt des Marketings ist (Foscht et al., 2017).
Zur Erklärung der Preisfairness-Wahrnehmung wird in der Literatur häufig das Stimulus-Organismus-Reaktions-Modell (S-O-R-Modell) aus dem Neo- Behaviourismus herangezogen (Ali et al., 2018). Das Modell wurde aufgrund der Limitationen des Stimulus-Reaktion-Modells (S-R-Modell) entwickelt. Beim S-R- Modell führt ein beobachtbarer Stimulus bzw. ein empirisch überprüfbarer Reiz zu einer beobachtbaren Reaktion (z.B. Produktkauf) (Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2019). Diese Reize können nach Kotler et al. (2019) Anreize des Marketing-Mix oder Anreize aus dem gesellschaftlichen Umfeld sein. Die Prozesse, die im Individuum stattfinden, werden mithilfe einer Blackbox als nicht beobachtbare, stochastische Sachverhalte dargestellt (siehe Abbildung 5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: S-R-Paradigma
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2019, S. 43
Im Preismanagement wird dieses Modell verwendet, um die Auswirkungen von Preisänderungen auf die Absatzmengen zu erklären (H. Simon & Fassnacht, 2016). Da die Zusammenhänge zwischen Stimulus und Reaktion laut diesem Modell zu statisch sind und nicht immer ein kausaler Zusammenhang besteht, ist deren Explikationskraft zur Erklärung des Konsumentenverhaltens beim Preismanagement nicht ausreichend (Mahadevan, 2010). Pepels (2013) geht noch weiter und bezeichnet das Modell als „theorielos“ (S. 37). Aus diesem Grund wird das Modell in der Folge nicht weiter thematisiert.
Das S-O-R-Modell versucht, diese Lücke zu schließen. Dabei werden nicht nur beobachtbare statische Zusammenhänge zwischen Stimulus und Reaktion analysiert, sondern ein Organismus als intervenierende hypothetische Variable eingefügt (Ali et al., 2018) (siehe Abbildung 6). Der Organismus ist eine emotionale Reaktion eines Individuums, welche durch einen Stimulus von außen aktiviert wird (S. Lin & Lo, 2016). Dort wird eine Reihe von Aktivitäten abgespielt, auf Basis derer die Reize verarbeitet und eine Reaktion ausgelöst wird. Der Organismus unterliegt starken affektiven, psychologischen und kognitiven Beeinflussungen (Benlian, 2015). Dabei wird nach kognitiven Prozessen wie Lernen, Gedächtnis, Wahrnehmung, aktivierenden Prozessen sowie der individuellen Einstellung unterschieden (Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2019).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich in weiterer Folge mit dem kognitiven Prozess der Wahrnehmung. Die Psychologie der Wahrnehmung setzt sich mit der Frage auseinander, wie Stimuli aufgenommen und für die weiteren kognitiven und aktivierenden Aktivitäten vorbereitet werden (Trommsdorff & Teichert, 2011). Die Wahrnehmung ist nach Kroeber-Riel und Gröppel-Klein (2019) aktiv (Umfeld wird aktiv nachgebildet), subjektiv (Stimuli werden von Personen unterschiedlich wahrgenommen), kontextabhängig (Stimuli werden nicht nur durch Aktivierung, Emotion und Motivation sowie Einstellung, sondern auch von der Situation beeinflusst) und selektiv (nur ein kleiner Teil der Reize wird wahrgenommen). Im Zusammenhang mit der Preisfairness-Wahrnehmung stellt der Preis den zentralen Stimulus dar, der im Zuge des kognitiven Prozesses der Wahrnehmung im Organismus beurteilt wird und worauf anschließend eine gewisse Reaktion erfolgt (Ali et al., 2018).
3.2 Theorien und Definition
Preistheorien
Konsumenten-verhalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Preisfairness-Wahmehmung
Abbildung 7: Theoretische Grundlage: Preisfairness-Wahrnehmung
Quelle: eigene Darstellung
Die vorhergehende theoretische Analyse der Preistheorie und des Konsumentenverhaltens hat gezeigt, dass sich die theoretische Grundlage der Preisfairness-Wahrnehmung aus beiden Forschungsströmen entwickelt hat (siehe Abbildung 7).
Über Preisfairness wird seit Jahrhunderten diskutiert. Bereits im Jahre 301 nach Christus bestrafte der römische Kaiser Diokletian jene Kaufleute mit der Todesstrafe, die gegen das Konzept des gerechten Preises verstießen (Michell, 1947). Die Preisfairness-Wahrnehmung beschäftigt sich mit der Frage, wie Konsumenten auf Preise bzw. Preisänderungen reagieren (Vaidyanathan & Aggarwal, 2003). Sie ist einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf Kundenzufriedenheit (Herrmann et al., 2007), Loyalität (Yaqub et al., 2019), Word of Mouth (Xia et al., 2004) und langfristige Gewinne (Konuk, 2018). Wie das S-O- R-Modell gezeigt hat, spielt sich die Preisfairness-Wahrnehmung im Organismus ab, ist daher stark subjektiv und wird von Emotionen beeinflusst (Konuk, 2019). Maxwell (1995) zeigt, dass sich die Fairness-Wahrnehmung im Laufe der Zeit verändern kann. Daher kann ein Preis, der heute als unfair wahrgenommen wird, zukünftig als fair wahrgenommen werden. Nainggolan und Hidayet (2020) erforschen den Zusammenhang zwischen Preisfairness-Wahrnehmung und Kaufzufriedenheit und können einen positiven signifikanten Zusammenhang belegen.
Aufgrund unterschiedlicher Theorien der Preisfairness-Wahrnehmung gibt es keine einheitliche Definition (Bettray et al., 2017; Fassnacht & Mahadevan, 2010). Der am weitesten verbreitete Definitionsansatz für die PreisfairnessWahrnehmung, der in zahlreichen Studien verwendet und in unterschiedlichen Theorien anerkannt wird (Chung & Petrick, 2013; Lee et al., 2011; Malc et al., 2020; Poddar et al., 2012; Setiawan et al., 2020), geht zurück auf Xia et al. (2004). Demnach ist die Preisfairness-Wahrnehmung „a consumer's assessment and associated emotions of whether the difference (or lack of difference) between a seller's price and the price of a comparative other party is reasonable, acceptable, or justifiable” (S. 3).
Dementsprechend ist die Preisfairness-Wahrnehmung eine komparative Vorgehensweise, basierend auf einem Vergleich aus tatsächlichem Preis mit einem Referenzpreis, der durch den zuvor gezahlten Preis, den Wettbewerbspreis oder den Preis, den andere Verbraucher zahlen, beeinflusst wird (Chung & Petrick, 2013).
3.3 Konzepte, Ansätze und Modelle
Ziel dieses Kapitels ist es, ein Erklärungsmodell abzuleiten, auf Basis dessen die Preisfairness-Wahrnehmung zur Beantwortung der Forschungsfragen und zur Bildung der Forschungshypothesen ausreichend erklärt wird.
Obwohl Preisfairness-Wahrnehmung schon seit über 25 Jahren intensiv erforscht wird, besteht in der Literatur eine hohe Diffusität und Divergenz (Malc et al., 2020). Homburg und Koschate (2005) systematisieren erstmalig unterschiedliche Theorie-Ansätze in der deutschsprachigen Behavioural-Pricing-Literatur aus Konsumentenverhalten, Preistheorie und Betriebswirtschaftslehre. Theorien zur Erfassung und Erklärung der Preisfairness-Wahrnehmung sind die DualEntitlement-Theory, die Equity-Theory, die Referenzpreistheorie, die AttributionTheory und die Prospect-Theory. In weiterer Folge wird eine systematische Literaturanalyse durchgeführt, um einerseits einen umfassenden Einblick in die Verbreitung der einzelnen verhaltenstheoretischen Modelle der Preisfairness im Tourismus zu erhalten und die passende Theoriegrundlage für die vorliegende Arbeit abzuleiten. Andererseits bildet die Literaturrecherche die Basis für die Aufstellung der Hypothesen.
Um relevante Studien für diese Arbeit zu finden, wird mit einer Liste von Stichwörtern nach wissenschaftlichen Journals in diesem Forschungsgebiet gesucht. Um sicherzustellen, dass bei der Literaturanalyse keine relevanten Informationen übersehen werden, wird die Suche in mehreren OnlineDatenbanken für wissenschaftliche Artikel abgehalten. Diese waren ScienceDirect (verwendet von Tsang & Hsu, 2011), ProQuest Business (verwendet von Tsai et al., 2017), Elsevier, Google Scholar (beide verwendet von Vives et al., 2018), Tourism and Hospitality Complete (verwendet von Binesh et al., 2021) sowie Emerald Insight (verwendet von Kong & Cheung, 2009). Bei der Festlegung der Schlüsselwörter orientiert sich die Arbeit an der Vorgehensweise von Guillet und Mohammed (2015), welche sämtliche Keywords mit den folgenden Hospitality- Organisationen kombinieren: Hotels, Restaurants, Kreuzfahrten, Casinos, Attraktionen und Themenparks, Tagungs- und Veranstaltungsräume, Spa und Wellness sowie Reiseagenturen. Die Suchwörter umfassen: Revenue Management, Yield Management, Dynamic Pricing, Revenue Manager, Pricing, Fairness Perception, Customer Centric, Costumer Behaviour, Consumer Acceptance, Equity-Theory, Referenzpreistheorie, Dual-Entitlement-Theory, Consumer-Acceptance-Theory, Attributions-Theory. Die Literatursuche wurde zwischen dem 04.01.2021 und dem 27.01.2021 durchgeführt.
Für die Auswahl der Studien werden vier Auswahlkriterien festgelegt. Einerseits muss die Studie die Themenblöcke RM, Yield Management oder DP und die Wahrnehmung der Kunden oder die Theorie des Behavioural-Pricings miteinander verknüpfen. Angesichts der Tatsache, dass sich DP so rasant weiterentwickelt und der Kunde vermehrt damit in Begegnung tritt, ist andererseits die Überprüfung zum richtigen Zeitpunkt entscheidend (Guillet & Mohammed, 2015). Aus diesem Grund wird das Publikationsjahr als zweites Auswahlkriterium festgelegt. Nach dem Ansatz von Binesh et al. (2021) werden nur Studien aufgenommen, die in den letzten zehn Jahren veröffentlicht wurden. Vergleichbar mit der Studie von Gomez Cama et al. (2016) werden nur Journals in englischer und deutscher Sprache verwendet. Außerdem werden lediglich Studien berücksichtigt, die in Zeitschriften veröffentlicht werden, die laut VHB (2019) zumindest das wissenschaftliche Journalrating „C“ erzielen. Dadurch soll garantiert werden, dass nur Studien von „anerkannten wissenschaftlichen Zeitschriften“ (Absatz 3) verwendet werden, die einen wissenschaftlichen Qualitätsstandard vorweisen. Nach Schrader und Hennig-Thurau (2009) ist das Zeitschriftenranking „the most influential journal evaluation approach in German-speaking countries” (S. 180). Auch Eisend (2011) bestätigt die Validität im Vergleich zu anderen wissenschaftlichen Rankings. Jedoch wird kritisiert, dass die Vorgehensweise bei der Rankingerstellung nicht transparent ist (Dilger, 2010). Hofmann et al. (2012) sowie Kraus et al. (2020) und Piccinini et al. (2016) verwenden ebenfalls dieses Auswahlkriterium. Dadurch werden gewisse Quellen nicht berücksichtigt. Im Sinne der Qualitätserhaltung der Literaturanalyse sind diese Prämissen jedoch notwendig (Gomez Cama et al., 2016). Im Zuge der Literaturanalyse werden 14 Arbeiten im Detail analysiert (siehe Anhang 1:).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Konzeptmatrix Preisfairness-Wahrnehmung Quelle: eigene Darstellung
Bei genauerer Betrachtung der verwendeten theoretischen Konzepte zur Analyse der Wahrnehmung von RM aus Kundensicht in Tabelle 2 fällt auf, dass 57% der Arbeiten die Dual-Entitlement-Theory und 50% die Referenzpreistheorie verwenden. Des Weiteren wählen 14% der Studien die Equity-Theory, die Attribution-Theory wird hingegen nur in einer Arbeit angewandt (Chung & Petrick, 2013).
Die Equity-Theory, welche auf Homans (1961) zurückgeht, beschreibt einen wechselseitigen psychologischen Vergleich der Käuferinnen und Käufer aus dem getätigten Input (i.d.R. der gezahlte Preis) und dem erhaltenen Output. Nach diesem Ansatz strebt jedes Individuum nach Fairness im sozialen Austausch (Darke & Dahl, 2003). Dieser wird tendenziell als fair empfunden, wenn alle Kundinnen und Kunden ein gleiches Verhältnis aus Input und Output erhalten (Kukla-Gryz et al., 2021). Der größte Nachteil dieser Theorie liegt darin, dass die Preisfairness nur mithilfe von Annahmen über die Präferenzen von anderen Individuen gemessen werden kann, was nach Young (1994) die Validität der Ergebnisse enorm verringert. Friesen (2008) spricht sogar von einem „nicht mehr zeitgerechten epistemologischen Zugang zur wahrgenommenen Preisfairness“ (S. 58).
Die Attributionstheorie ist ein Ansatz der Psychologie, welcher erklärt, wie Individuen unterschiedliche Informationen nützen, um kausale Erklärungen für das Verhalten der Menschheit zu finden (Jackson, 2019). Im Hinblick auf die Preisfairness-Wahrnehmung versucht diese Theorie, Erklärungen für Abweichungen zwischen Referenz- und tatsächlichem Preis zu analysieren (Diller, 2008; Maxwell, 2002). Die Attributionstheorie ist im Zusammenhang mit der Preisfairness-Wahrnehmung ein wenig verwendetes Konstrukt (Vaidyanathan & Aggarwal, 2003), weil damit die Preisfairness nur schwer empirisch messbar ist (Chung & Petrick, 2016). Dadurch ist diese Theorie im Sinne der Beantwortung der Forschungsfragen nicht geeignet.
Der Theorieansatz der Prospect-Theory ist zurückzuführen auf Kahneman und Tversky (1979). Dabei geht es um die Frage, wie Entscheidungen in einem unsicheren Umfeld getroffen werden (Zou & Petrick, 2019). Diese Theorie besagt, dass sich Konsumenten bei der Bildung von Preisurteilen häufig auf Heuristiken verlassen, um den kognitiven Aufwand des Entscheidungsprozesses zu reduzieren (Weisstein et al., 2013). Die Prospect-Theory wird häufig im Zusammenhang mit Preiswissen (Krishna et al., 1991) und der Bildung von Preisurteilen (Barberis, 2013) verwendet und ist für die Erklärung der Preisfairness-Wahrnehmung nur beschränkt geeignet (Homburg & Koschate, 2005). Aus diesem Grund werden in weiterer Folge nur die Dual-EntitlementTheory und die Referenzpreistheorie im Detail besprochen.
3.4 Zusammenführung des theoretischen Modells
Referenzpreistheorie
Die Referenzpreistheorie ist eine der meistverwendeten Theorien im Bereich der Preisfairness-Forschung. Sie bildet auch die Grundlage für den gewählten Definitionsansatz der Preisfairness-Wahrnehmung.
Im Mittelpunkt fast aller Modelle der Preisfairness steht die Vorstellung, dass Konsumenten eine Art Referenzpreis haben, um die Fairness zu beurteilen (Richards et al., 2016). Emery (1969) bemerkt früh: „price judgements are relative, not absolute” (S. 100). Das heißt, dass die Preisfairness nicht nur vom absoluten Preis, sondern vielmehr von einer relativen Ankergröße abhängt (Biswas et al., 1999). Liegt der tatsächliche Preis unter dem Referenzpreis, resultiert daraus eine positive Beurteilung (Andrés-Martinez et al., 2013; Monroe, 2003). Darauf aufbauend können Chung und Petrick (2013) eine positive empirische Korrelation zwischen tatsächlichem Preis und Referenzpreis belegen. Briesch et al. (1997) haben in ihrer komparativen Literaturanalyse der verhaltenswissenschaftlichen Referenzpreistheorie belegt, dass Referenzpreise multidimensional sind. Außerdem sind die Einflussfaktoren unsicher und subjektiv, da Konsumenten kein perfektes Wissen darüber haben, wie viel andere bezahlt haben oder wie viel sie selbst in der Vergangenheit bezahlt haben (Rajendran & Tellis, 1994). Grundsätzlich wird in der Literatur unterschieden zwischen dem internen und externen Referenzpreis (Nieto-Garcia et al., 2017). Der interne Referenzpreis (IRP) ist ein im Gehirn verankerter dimensionsloser Maßstab zur Beurteilung eines Preises (Jiang et al., 2020), der subjektiv (Monroe et al., 1977), markenspezifisch (Diller, 2008) und zeitspezifisch (Manoj & Geeta, 2007) ist. Das heißt, dass sich der IRP eines Kunden im Zeitverlauf verändern kann und bei jedem Konsumenten und bei jeder Marke unterschiedlich ist. Beispiele für den IRP sind der am häufigsten bezahlte Preis (L. Simon et al., 1974), der zuletzt bezahlte Preis (Mazumdar et al., 2005), die Zahlungsbereitschaft (Nieto-Garcia et al., 2017), die Preisuntergrenze (Mazumdar & Sung, Youl, Jun, 1992) und der faire Preis (Kamen & Toman, 1970; Rajendran, 2009).
Externe Referenzpreise (ERP) sind Preisstimuli, die während des Entscheidungsverfahrens extern auf den Konsumenten einfließen (Homburg & Koschate, 2005). Ziel des ERP ist es, den aktuellen IRP eines Kunden zu manipulieren (Eschweiler, 2007). Beispiele für Einflussfaktoren der ERP sind die Preise am Markt (Burman & Biswas, 2004), Konkurrenzpreise (Biswas et al., 1999), Substitutspreise (Stigler, 1987), Preisempfehlungen (Homburg & Koschate, 2005), Sonderpreisaktionen (Lowe et al., 2014), Preise, der erwartete zukünftige Preis (Jacobsen & Obermiller, 1990) sowie Werbung (Parsa & Njite, 2008; J. Zhang et al., 2015).
Im Hinblick auf die Bildung von Referenzpreisen belegen Mazumdar et al. (2005), dass die stärkste Determinante die zuvor bezahlten Preise sind. Wohingegen Rajendran und Tellis (1994) argumentieren, dass die Preise und die produktspezifische Differenzierung gegenüber anderer angebotener Produkte mindestens genauso wichtig sind. Austin (1980) kommt in einer älteren Studie zum Entschluss, dass Preisvergleiche mit der Konkurrenz die stärksten Einflussfaktoren auf die Preisfairness-Wahrnehmung sind. Des Weiteren zeigen Briesch et al. (1997) auf, dass Referenzpreise durch die Konkurrenzpreise, die Kosten der Verkäufer und die Preise, die andere Käufer bezahlen, beeinflusst werden. Auch die Präsentation des Preises in der Werbung ist ein wichtiger Einflussfaktor auf den Referenzpreis (Parsa & Njite, 2008).
Dual-Entitlement-Theory
Die von Kahneman et al. (1986a) begründete Dual-Entitlement-Theory wird am häufigsten verwendet, um die Preisfairness-Wahrnehmung zu erklären (Campbell, 1999a). Im Gegensatz zur Referenzpreistheorie geht es nicht um einen Vergleich vom tatsächlichen mit dem Referenzpreis (McMahon-Beattie et al., 2016). Vielmehr geht die Dual-Entitlement-Theory davon aus, dass sowohl die Käuferin bzw. der Käufer ein Recht auf einen angemessenen Preis und die Verkäuferin bzw. der Verkäufer ein Recht auf einen angemessenen Referenzgewinn haben (Bolton et al., 2003; Wirtz & Kimes, 2007). Das Fundament eines fairen Verhaltens liegt laut der Dual-Entitlement-Theory in der prozeduralen Gerechtigkeitstheorie (Kahneman et al., 1986a). Demnach soll keine Partei von den Verlusten von anderen profitieren. Demnach werden Preisanstiege aufgrund steigender Kosten als fair wahrgenommen. Preisanstiege um die Gewinne eines Unternehmens zu steigern, werden hingegen als unfair empfunden (Xia et al., 2004).
Preiserhöhungen aufgrund einer Nachfragesteigerung werden laut der Studie von Kahneman et al. (1986a) ebenfalls als unfair wahrgenommen.
Wie die Literaturanalyse zeigt, ist die Dual-Entitlement-Theory die meistverbreitete Theorie zur Preisfairness-Messung. Dies bestätigen auch Trujillo et al. (2020), da diese Theorie die Komplexität der Preisfairness gut abbildet und die genauste Methode zur Messung der Preisfairness-Wahrnehmung ist. Insgesamt genießt die Dual-Entitlement-Theory eine gute empirische Evidenz und eine hohe Messungsgenauigkeit (Friesen, 2008). Die Dual-Entitlement-Theory nimmt außerdem in der Forschung eine hohe Bedeutung bei der Erfassung und Messung der Einflussfaktoren ein (Tang et al., 2019). Aus diesem Grund bildet diese Theory die Grundlage für die Bildung des theoretischen Hintergrunds zur Beantwortung der Forschungsfragen.
Nichtsdestotrotz hat auch die Dual-Entitlement-Theory Limitationen, die in der Forschung aufgezeigt werden (siehe Abbildung 8). Die größte Limitation für die Beantwortung der Forschungsfragen liegt darin, dass die Dual-Entitlement-Theory die Preisfairness nur auf Basis von Kostensteigerungen oder externen Faktoren erforscht (Fennell et al., 2020). Vaidyanathan und Aggarwal (2003) argumentieren sogar, dass auch kostenbegründete Preiserhöhungen von Kunden nicht immer akzeptiert werden. In ähnlicher Weise ergänzt auch Maxwell (2008), dass Kunden die Kosten eines Unternehmens nicht als unkontrollierbar ansehen und Unternehmen dafür verantwortlich sind, die Kosten niedrig zu halten. Auch Bolton et al. (2003) belegen, dass Preiserhöhungen aufgrund von internen Kosten als weniger fair wahrgenommen werden, als Preiserhöhungen durch die allgemeine Inflation.
Außerdem kritisieren Sahut et al. (2016), dass die Dual-Entitlement-Theory ungeeignet ist, den Grad der Wahrnehmung von Unfairness zu bestimmen, da häufig nur eine binäre Skala aus unfair und fair ohne eine neutrale Antwortmöglichkeit verwendet wird. Auch Franciosi et al. (1995) kritisieren die zu geringe Diskriminanz der häufig verwendeten Antwortskalen der Dual-EntitlementTheory. Campbell (1999a) argumentiert, dass mit dem Referenzgewinn alleine nicht alle Einflussfaktoren der Preisfairness abgedeckt werden können. Zudem wird kritisiert, dass der Gast keine Informationen über die Kosten und Gewinne der Unternehmen hat (Bolton et al., 2003; Maxwell, 2002; Xia et al., 2004). Kalapurakal et al. (1991) kritisieren, dass bei den Szenarien der persönliche Bezug häufig fehlt, wodurch sich die Probandinnen und Probanden zu wenig in die Szenarien hineinversetzen können.
Aufgrund der angeführten Einschränkungen ist die Dual-Entitlement-Theory nicht ausreichend, um den theoretischen Rahmen der Forschungsarbeit abzudecken. Aus diesem Grund bildet die Dual-Entitlement-Theory zwar das Fundament der Studie, um die Einflussfaktoren der Preisfairness abzufragen. Um die Kritik der Theorie zu minimieren, wird sie mit der Referenzpreistheorie kombiniert. Der Grad der Wahrnehmung von Ungerechtigkeit wird in der Arbeit auf Basis der Referenzpreistheorie gemessen. Zur Beurteilung der Preisfairness werden den Versuchspersonen konkrete Referenzpreise zur Verfügung gestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4 Fairness-Wahrnehmung von Dynamic Pricing in der Vier-Stern-Ferienhotellerie
In den vorhergehenden Kapiteln wurde die theoretische Grundlage der Arbeit schrittweise hergeleitet. In einem weiteren Schritt gilt es, die Besonderheiten der Ferienhotellerie in den theoretischen Rahmen zu integrieren und die Hypothesen auf Basis einer zweiten Literaturanalyse abzuleiten.
4.1 Die Vier-Stern-Ferienhotellerie in Tirol und Vorarlberg
Die Vier-Stern-Ferienhotellerie ist einer der wichtigsten Wachstumstreiber der österreichischen Tourismusindustrie (Pikkemaat, 2008). In Tirol gibt es 530 VierStern-Hotelbetriebe (38,60% der Hotelbetriebe) und in Vorarlberg 132 (41,62%) (WKO, 2019). Die österreichische Sterneklassifizierung wird durch ein standardisiertes, freiwilliges Hotel-Klassifizierungssystem von der Wirtschaftskammer Österreich durchgeführt (Foris, 2014). Je Sternekategorie gibt es zwingend zu erfüllende Kriterienkataloge. Die Vier-Stern-Kategorie erfordert „eine erstklassige Ausstattung, großzügige Raumflächen mit qualitativ hochwertiger, zeitgemäßer Ausstattung, hohes Dienstleistungsniveau, sehr guter Erhaltungszustand der gesamten Hardware“ (WKO, 2020, S. 4).
Der Fokus der Arbeit liegt auf der Vier-Stern-Ferienhotellerie in Tirol und Vorarlberg, um einerseits die Repräsentativität der Ergebnisse zu erhöhen und eine homogene Grundgesamtheit zu garantieren (Kromrey et al., 2016). Außerdem bilden Vier-Stern-Hotels die weitverbreitetste Kategorie bei Betten, Ankünften und Nächtigungen in Österreich und haben daher eine hohe Repräsentanz (Statistik Austria, 2021). Andererseits bestätigen Melis und Piga (2017) die Sterneklassifizierung in der empirischen Bewertung der Verbreitung von DP als Proxyvariable und belegen, dass DP vor allem in der Vier- und Fünf-SternFerienhotellerie zunehmend an Bedeutung gewinnt. Abrate und Viglia (2016) kommen zu anderen Ergebnissen und verdeutlichen, dass DP in Fünf-Stern-Hotels weniger verbreitet ist als in Vier-Stern-Hotels. Aus diesem Grund bezieht sich die Arbeit lediglich auf die Vier-Stern-Ferienhotellerie.
4.2 Besonderheiten der Ferienhotellerie und Konsequenzen für die Arbeit
Die Ferienhotellerie unterscheidet sich aufgrund der Dienstleistungscharakteristiken und anderer branchenspezifischer Besonderheiten stark von anderen Industriezweigen (siehe Abbildung 9). Dadurch können Erkenntnisse aus der Preis- sowie Konsumentenforschung nicht uneingeschränkt übernommen werden (Avlonitis & Indounas, 2005).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Branchenspezifische Besonderheiten Ferienhotellerie
Quelle: eigene Darstellung
Die Ferienhotellerie ist gekennzeichnet durch eine hohe Fixkostenlastigkeit sowie Rigidität aufgrund des Infrastruktur- und Mitarbeiterbedarfs (Freyberg & Zeugfang, 2014). Dies in Kombination mit den saisonalen Nachfrageschwankungen (Abrate et al., 2012; Oses et al., 2016) ist dafür verantwortlich, dass Hotels mit Last-Minute-Angeboten versuchen freie Zimmer zu verkaufen (Chan & Wong, 2006; Mohammed et al., 2019), da wirtschaftlich gesehen eine günstige Nächtigung besser ist als ein leeres Zimmer (Y. Yang & Leung, 2018). Dadurch verändert sich das Buchungsverhalten sowie die Preiswahrnehmung der Gäste. Jang et al. (2019) belegen, dass in den USA bereits 60% der Hotelbuchungen bis zu sieben Tage vor Anreise getätigt werden. Dies sorgt für eine gewisse Preisunsicherheit beim Gast, dass der Preis zu einem späteren Zeitpunkt noch sinken könnte (Langhein, 2014). Aus demselben Grund ist in der Hotellerie eine rein kostenbasierte Preiskalkulation untauglich (Enz et al., 2016) und es wird vermehrt DP zur Steuerung der Kapazitäten verwendet (Nair, 2019).
Eine weitere Besonderheit der Hotelleistung liegt in ihrer Intangibilität sowie dem Uno-Actu-Prinzip. Der Gast kann eine Leistung vor dem Kauf nicht überprüfen. Produktion und Konsumation finden zudem simultan statt (Freyberg & Zeugfang, 2014). Dies erschwert die Qualitätsbeurteilung vor der Buchung, wodurch der Gast häufig den Preis als primäres Beurteilungskriterium heranzieht (El Haddad et al., 2015).
Die Integration des externen Faktors besagt, dass der Gast ein Teil des Erlebnisses ist und die Qualität maßgeblich beeinflusst (X. Zhang et al., 2009). Aus diesem Grund ist auch die Kundenperspektive bei der Preisgestaltung entscheidend (McMahon-Beattie et al., 2016). Der Urlaub ist ein Leistungsbündel, welches vom Gast als eine Leistung beurteilt wird (Freyer, 2015).
Die Ferienhotellerie verfügt über einen höheren Stammgastanteil als die Kettenhotellerie und zeichnet sich durch die persönliche Führung sowie intensive Gästebeziehungen aus (Zehrer & Siller, 2007). Moreno-Perdigon et al. (2021) können eine höhere Gästezufriedenheit in der individualisierten Ferienhotellerie, welche auf die persönlichen Beziehungen zurückzuführen ist, empirisch belegen. Im Zusammenhang mit der Preisfairness-Wahrnehmung erwarten sich Stammgäste häufig eine persönliche Behandlung (Martin et al., 2009).
Ein Nachteil der individuellen Ferienhotellerie gegenüber der Kettenhotellerie liegt im Professionalisierungsgrad sowie der Innovationsfähigkeit (Innerhofer, 2012; Schuckert et al., 2019). Dies betrifft nach Ivanova und Ivanov (2015) auch den Bereich RM, weil sich die Individualhotellerie häufig keinen Revenue Manager bzw. kein RM-System leisten kann. Enz et al. (2014) können empirisch nachweisen, dass Individualhotels eine geringere Anpassungsfähigkeit an Markttrends haben und Kettenhotels dadurch i.d.R. besser wirtschaften.
Das Buchungsverhalten in der Ferienhotellerie unterscheidet sich stark von jenem der Stadthotellerie. Mehrere Studien zeigen, dass Urlaubsgäste früher buchen, über eine längere Aufenthaltsdauer verfügen, häufig preissensibler sind und eine geringere Internationalität aufweisen als Business- und Städtereisende (Kashyap & Bojanic, 2000; T. Zhang et al., 2019). Dadurch wird die PreisfairnessWahrnehmung stark beeinflusst, wie Jang et al. (2019) anhand des Buchungszeitpunktes verdeutlichen.
In der Ferienhotellerie herrscht zudem eine hohe Substituierbarkeit und Wettbewerbsintensität. Dadurch versuchen Hotels, die Überkapazitäten mit Preissenkungen zu umgehen (W. Yang et al., 2016) und sich aufgrund des Preises vom Wettbewerb zu differenzieren (Lee, 2015).
Die branchenspezifischen Besonderheiten bilden den Rahmen des Erklärungsmodells der Preisfairness. Der zusammenfassende theoretische Rahmen der Arbeit, wird in Abbildung 2 dargestellt. Auf Basis dieses Erklärungsmodells der Preisfairness-Wahrnehmung werden im nächsten Schritt die Hypothesen abgeleitet.
4.3 Stand der Forschung und Hypothesenableitung
In der Preisfairnessforschung haben sich zwei Hauptforschungsrichtungen herauskristallisiert. Einerseits steht die Identifizierung der Einflussfaktoren der Preisfairness-Wahrnehmung im Fokus (Bolton et al., 2018; Campbell, 1999a; Gielissen et al., 2008; Khandelwal & Bajpai, 2012; Khandeparkar et al., 2020; Maxwell et al., 2009; Vaidyanathan & Aggarwal, 2003; Viglia et al., 2016; Xia et al., 2004). Andererseits wird der Einfluss der Preisfairness-Wahrnehmung auf die Einstellung eines Kunden gegenüber einem Unternehmen, auf das Wiederkaufverhalten oder auf das Word of Mouth erforscht (Chung & Petrick, 2013; El Haddad et al., 2015; Lii & Sy, 2009; Martins & Monroe, 1994; Waheed, 2018; Xia et al., 2004; Xia & Monroe, 2010). Im Mittelpunkt dieser Arbeit liegt die Messung der generellen Fairness-Wahrnehmung von DP sowie die Systematisierung der Einflussfaktoren, worin nach Herrmann et al. (2007) sowie Campbell (1999a) der höchste Forschungsbedarf liegt.
In der zuvor durchgeführten Literaturrecherche zur Auswahl der theoretischen Grundlage wurden lediglich vierzehn Forschungsarbeiten analysiert. Um das Ziel der Arbeit, die ganzheitliche Systematisierung der Einflussfaktoren der Preisfairness-Wahrnehmung, zu erreichen, werden für den zweiten Teil der Literaturanalyse die Auswahlkriterien einerseits gelockert. So werden auch Arbeiten, welche nach 2000 publiziert wurden, berücksichtigt (Malc et al., 2020). Auch die verpflichtende Kombination aus Tourismusbezug und PreisfairnessWahrnehmung wird aufgehoben. Andererseits wird im zweiten Teil der Literaturanalyse das Vorhandensein einer empirischen Messung der Einflussfaktoren als zusätzliches Auswahlkriterium definiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Prozess zur Erstellung und Überprüfung des Modells Quelle: eigene Darstellung
Wie in Abbildung 10 dargestellt, werden in weiterer Folge die im Zuge der Literaturrecherche erarbeiteten Einflussfaktoren (siehe Anhang 2:) diskutiert und Hypothesen auf Basis des theoretischen Rahmens (siehe Abbildung 2) sowie der Zielsetzung (siehe 1.4) der Arbeit abgeleitet. In weiterer Folge werden die Variablen festgelegt. Diese werden dann im Zuge einer empirischen Datenerhebung geprüft, analysiert und auf Basis der vorherigen Schritte das Modell überarbeitet.
Hypothesen dienen zur Aufstellung von Sachverhalten für quantifizierbare Ursachen-Wirkungs-Beziehungen von einer abhängigen und einer unabhängigen Variable (Schnell et al., 2011). Die abhängige Variable (Fairness-Wahrnehmung von DP) soll mit Hilfe von unabhängigen Variablen vorhergesagt werden. Bei den unabhängige Variablen (Einflussfaktoren der Preisfairness-Wahrnehmung) wird ein Einfluss auf die abhängige Variable vermutet (Döring & Bortz, 2016). In der Arbeit werden gerichtete und ungerichtete probabilistische Kausalhypothesen zur Prüfung der Einflüsse der unabhängigen Variablen auf die abhängige Variable, abgeleitet. Bei ungerichteten Kausalhypothesen wird auf Basis der Literaturanalyse von einem Zusammenhang des Einflussfaktors mit der Preisfairness-Wahrnehmung ausgegangen, die Richtung steht jedoch nicht fest.
Bei den gerichteten Hypothesen hingegen kann ein positiver oder negativer Zusammenhang abgeleitet werden (Goldenstein et al., 2018).
Fairness-Wahrnehmung von Dynamic Pricing
In der Ferienhotellerie stellt die Fairness-Wahrnehmung von DP ein bis dato unerforschtes Phänomen dar (siehe 1.2). Zur Hypothesenbildung werden daher Studien aus unterschiedlichen Branchen analysiert.
In der Literatur besteht keine Klarheit, inwieweit DP als fair wahrgenommen wird. Die Dual-Entitlement-Theory, liefert einen möglichen Erklärungsansatz, dass DP als unfair wahrgenommen wird. Gemäß Kahneman et al. (1986a) werden Preissteigerungen nur dann als fair wahrgenommen, wenn sie auf Kostensteigerungen zurückzuführen sind. Lu et al. (2020) kommen zu einem ähnlichen Entschluss, halten jedoch entgegen, dass bei zu starker Marktmacht eines Unternehmens die Preisfairness auch bei steigenden Kosten abnimmt. Nach Priester et al. (2020) ist die Fairness-Wahrnehmung für eine Personalized-Pricing- Strategie, wo sich der Preis innerhalb der Konsumenten unterscheidet, nicht gegeben. Auch die Referenzpreistheorie deutet darauf hin, dass DP als unfair wahrgenommen wird. Verändert sich im Vergleich zur letzten Referenztransaktion nur der Preis, entsteht der Anschein, dass der unternehmerische Referenzgewinn auf Kundenkosten gestiegen ist (Kimes & Wirtz, 2004).
Insgesamt wird eine Preisdifferenzierung vom Kunden kritisch angesehen. Kimes (1989a) argumentiert bereits früh, dass es schwer zu akzeptieren ist, für ein Zimmer mehr zu bezahlen als ein anderer Gast oder als bei der letzten Buchung (Sahut et al., 2016). Kimes (1994) führt erstmalig eine hotelbezogene Studie durch und belegt, dass die Akzeptanz von DP aus Gästesicht nicht gegeben ist.
Eine ähnliche Studie wird von Kimes und Wirtz (2002) durchgeführt, indem sie die Preisfairness-Wahrnehmung eines Restaurants auf Basis einer szenariobasierten Face-to-Face Befragung erforschen. Insgesamt kann kein signifikanter Zusammenhang mit der Preisfairness-Wahrnehmung belegt werden. Preispraktiken nach Tageszeiten und mit Gutscheinen werden als fair, wohingegen Wochentags-Preisdifferenzierung als neutral und TischstandortPreisdifferenzierung als unfair wahrgenommen wird. Kimes und Wirtz (2003a) kommen im Bereich der Golf-Industrie zum selben Ergebnis, wonach einige Praktiken als fair und andere als unfair wahrgenommen werden. Choi und Mattila (2004) erweitern die Preispraktiken und prüfen 12 DP-Szenarien, wobei nur eines als fair und der Großteil als neutral wahrgenommen wird.
Im Widerspruch dazu stehen die Ergebnisse der Forschung von Huang et al. (2005), welche unterschiedliche Preisdifferenzierungspraktiken im Online-Handel mit 276 Befragten in Taiwan untersuchen. Die Studie zeigt, dass DP im Internet als unfair wahrgenommen wird. Dütschke und Paetz (2013) stimmen den Ergebnissen der vorherigen Studien zu und zeigen auf, dass Kunden von Stromunternehmen zwar offen gegenüber DP sind, dies auch teilweise akzeptieren, aber einfache statische Preissysteme bevorzugen. Auch Haws und Bearden (2006) sowie Choi und Mattila (2009) vertreten diese Ansicht. Homburg et al. (2014) ergänzen noch, dass Kunden einfache und transparente Preissysteme bevorzugen, auch wenn daraus höhere Preise resultieren. Untersuchungen von Kuo et al. (2016), Etemad-Sajadi (2018) sowie Tang et al. (2019) verdeutlichen, dass DP in diversen Branchen bereits als fair wahrgenommen wird, der Großteil der Praktiken aber als unfair bewertet wird.
Auch die branchenspezifischen Besonderheiten der Ferienhotellerie, insbesondere die persönlichen Beziehungen, lassen darauf schließen, dass die Preisfairness stark von der Käufer-Verkäufer-Beziehung beeinflusst wird (Khandelwal & Bajpai, 2012; McMahon-Beattie et al., 2016). Daraus lassen sich folgende Hypothesen ableiten:
H1: DP wird in der Ferienhotellerie von der Mehrheit als unfair wahrgenommen.
H2: Die statische Preisgestaltung wird in der Ferienhotellerie als fairer wahrgenommen als DP.
[...]
- Quote paper
- Stefan Brida (Author), 2021, Dynamic Pricing (DP) in der Ferienhotellerie. Einflussfaktoren auf die Fairness-Wahrnehmung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1184312
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