Die nachfolgende wissenschaftliche Arbeit beschäftigt sich mit der Genese des Duisburger Innenhafens vom Industriestandort zum Dienstleistungspark unter besonderer Berücksichtigung der praktischen Anwendbarkeit theoretischer Standortfaktorenmodelle. Der im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscher Park (IBA) begonnene Strukturwandel des Innenhafengeländes ist zum heutigen Zeitpunkt weitesgehend abgeschlossen. Einzelne Projekte des Masterplans vom weltberühmten Architekten Lord Norman Forster sind in Planung oder stehen in naher Zukunft vor der Vollendung. Die Entscheidung zur Umstrukturierung des Innenhafens durch die Stadt Duisburg hatte einen wesentlichen Grund. Durch die in den 80er Jahren einsetzende Stahlkrise im Ruhrgebiet die mit hohen Arbeitslosenzahlen in Verbindung stand, wurden neue Konzeptionen zur Raum und Stadtplanung benötigt. Der Strukturwandel war unerlässlich für die Zukunftsfähigkeit des Innenhafenareals. Darum wurde 1990 eine international angelegte Ausschreibung zur Revitalisierung des Innenhafens gestartet. Den Zuschlag bekam der bereits erwähnte Lord Norman Forster (vgl. Innenhafen-portal).
Die Umsetzung des Masterplans mit dem Ziel das Wasser zurück in die Stadt zu holen und ein Stadtquartier zu schaffen, in dem Arbeiten,Wohnen, Kultur und Freizeit erlebbar wird, und die damit beabsichtigte Standortveränderung führt zu der Forschungsfrage dieser wissenschaftlichen Arbeit: In wie fern geben die theoretischen Standortfaktorenmodelle darüber Aufschluss, welche standortabhängigen Faktoren für die jeweiligen Branchen ausschlaggebend bezüglich der Standortwahl im Duisburger Innenhafen waren?
Besondere Berücksichtigung erfährt dabei die sektorelle Zugehörigkeit der Unternehmen, sowie die nicht zu vernachlässigende zeitliche Einordnung. Dafür ist eine kurze Beschreibung und Erläuterung zweier klassischer Standorttheorien notwendig.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung
1.2 Standorttheorien
2 Entwicklung des Innenhafens bis 1960
2.1 Historische Entwicklung
2.2 Holzindustrie im Innenhafen
2.3 Mühl -und Getreideindustrie im Innenhafen
3 Revitalisierung im Innenhafen
3.1 Bauliche Maßnahmen im Innenhafen
3.2 Konzept Arbeiten, Wohnen, Kultur und Freizeit
4 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung
Die nachfolgende wissenschaftliche Arbeit beschäftigt sich mit der Genese des Duisburger Innenhafens vom Industriestandort zum Dienstleistungspark unter besonderer Berücksichtigung der praktischen Anwendbarkeit theoretischer Standortfaktorenmodelle. Der im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscher Park (IBA) begonnene Strukturwandel des Innenhafengeländes ist zum heutigen Zeitpunkt weitesgehend abgeschlossen. Einzelne Projekte des Masterplans vom weltberühmten Architekten Lord Norman Forster sind in Planung oder stehen in naher Zukunft vor der Vollendung. Die Entscheidung zur Umstrukturierung des Innenhafens durch die Stadt Duisburg hatte einen wesentlichen Grund. Durch die in den 80er Jahren einsetzende Stahlkrise im Ruhrgebiet die mit hohen Arbeitslosenzahlen in Verbindung stand, wurden neue Konzeptionen zur Raum und Stadtplanung benötigt. Der Strukturwandel war unerlässlich für die Zukunftsfähigkeit des Innenhafenareals. Darum wurde 1990 eine international angelegte Ausschreibung zur Revitalisierung des Innenhafens gestartet. Den Zuschlag bekam der bereits erwähnte Lord Norman Forster (vgl. Innenhafen-portal).
Die Umsetzung des Masterplans mit dem Ziel das Wasser zurück in die Stadt zu holen und ein Stadtquartier zu schaffen, in dem Arbeiten,Wohnen, Kultur und Freizeit erlebbar wird, und die damit beabsichtigte Standortveränderung führt zu der Forschungsfrage dieser wissenschaftlichen Arbeit: In wie fern geben die theoretischen Standortfaktorenmodelle darüber Aufschluss, welche standortabhängigen Faktoren für die jeweiligen Branchen ausschlaggebend bezüglich der Standortwahl im Duisburger Innenhafen waren?
Besondere Berücksichtigung erfährt dabei die sektorelle Zugehörigkeit der Unternehmen, sowie die nicht zu vernachlässigende zeitliche Einordnung. Dafür ist eine kurze Beschreibung und Erläuterung zweier klassischer Standorttheorien notwendig.
1.2 Einführung in die Standortfaktorenmodelle
Der erste modelltheoretische Erklärungsversuch zur Standortwahl einzelner Anbieter stammt von J.H. Von Thünen und wurde 1826 veröffentlicht. Ein wesentlicher Aspekt dieser Theorie ist die Annahme des rational- ökonomisch entscheidenden Wirtschaftssubjekts, welches seine Entscheidungspräferenzen nach möglichen Erlösen und aufzuwendenden Kosten trifft. Dieses Bekenntnis zum homo oeconomicus Ansatz ist für die weiteren Standortfaktorenmodelle von wesentlicher Bedeutung. Das von Thünen'sche Modell ist in dieser wissenschaftlichen Arbeit zu vernachlässigen, da das Modell stark veraltet ist, eine agrarwirstchaftlichen Ausrichtung hat und sich im wesentlichen nicht auf einen Ballungsraum wie das Ruhrgebiet anwenden lässt.(vgl. Gebhardt)
Ein weiterer modelltheoretischer Ansatz wurde 1909 von Alfred Weber publiziert. Dieser ist wie das bereits oben erwähnte von Thünen'sche Modell ein statischer Ansatz. Statische Ansätze basieren auf der einmaligen Standortwahl eines Industriebetriebes. Das Modell legt die Prämisse eines vollständig informierten Entscheidungsträgers zu Grunde, der den Produktionsstandort nach Kosten bzw. Erlöserwartungen wählt. Im Vordergrund beider Modelle stehen die Unternehmer als Hauptakteure, während die Präferenzen der Nachfrageseite und der Planungs bzw. Politischen Seite vernachlässigt werden.
Alfred Webers klassische Standorttheorie fragt nach dem kostengünstigstem Standort der Produktion. Er unterscheidet in seiner Studie zwischen den Eigenschaften der eingesetzten Materialien: Einerseits ubiquitären Materialien, welche überall Verfügbar sind und dementsprechend geringe Transportkosten haben, wie zum Beispiel Luft oder Wasser; Andererseits lokalisierten Materialien die nur an bestimmten Fundorten vorliegen. Diese lokalisierten Materialien unterteilt er im weiteren in Reingewichtsmaterialien und Gewichtsverlustmaterialien. Je nach Kombination der lokalisierten Materialien ergibt sich der transportkostengünstigste Produktionsstandort. Weber nennt dies den tonnenkilometrischen Minimalpunkt. Abweichungen von diesem Punkt entstehen durch räumlich unterschiedliche Arbeitskosten und Agglomerationsvorteile. Im Modell geht Weber von folgenden Vereinfachten Annahmen aus, die den optimalen Produktionsstandort bestimmen: 1. der Umfang und die räumliche Verteilung der Nachfrage sind bekannt; 2.regionale Monopole sind nicht vorhanden und die Transportkosten erhöhen sich
proportional zu Gewicht und Entfernung. 3. Die räumliche Verteilung der Arbeitskräfte ist bekannt und bei gegebenen Lohnsatz unendlich verfügbar. Unter diesen Vereinfachten Annahmen muss der Produktionsstandort dort angesiedelt werden, wo die geringsten Transportkosten zwischen den benötigten Inputmaterialien und dem Konsumort liegen.
Diese modelltheoretischen Annahmen werden im folgendem exemplarisch am Beispiel des Duisburger Innenhafens überprüft, wobei ein Hafengelände besondere Eigenschaften bezüglich der Transportkosten aufweist.(vgl. Kulke 2008; Gebhardt 2007). Die natürliche Anbindung an den Verkehrsweg Wasser ermöglicht einen einfachen An- und Abtransport der Güter und begünstigt deshalb eine unmittelbare Ansiedlung der Produktions und Verarbeitungsgelände im Hafenareal. Dies galt vor allem in der Industriealisierungsphase des 19. und 20. Jahrhunderts.
2 Entwicklung des Innenhafens bis 1960
2.1 Historische Entwicklung
Im heutigen Gebiet des Innenhafens befand sich im Mittelalter noch der unmittelbare Rheinhafen Duisburgs. Die Anbindung an den Verkehrsweg Rhein gab Duisburg den Status eines bedeutenden Handelsplatzes. Nachdem der Rheinstrom im 13. Jahrhundert seine Flussbett in Folge eines Hochwassers verlagerte und sich damit von der Stadt entfernte, verlor Duisburg sukzessiv an wirtschaftlicher Stärke. Die Verkehrsanbindung als Standortfaktor spielte eine übergeordnete Rolle und konnte nicht kompensiert werden. Erst im 19. Jahrhundert wurde Duisburg in seiner Funktion als Industriehafenstandort gestärkt. Einer Initiative zur Wiederbelebung der Rheinverbindung von Kaufleuten und Kohlehändlern war es zu verdanken, dass 1826 der Bau des heutigen Außenhafens vorangetrieben wurde und 1932 seine Vollendung fand. Die Erbauung eines Verbindungskanals zur Ruhr von 1840-1844 ermöglichte den unmittelbaren Anschluss an Rhein und Ruhr. Dieser Stichkanal wurde hauptsächlich als Transportweg für Kolonialgüter und Kohle genutzt. Da aber die Eisenbahn zunehmend als Transportmittel für Kohle an Bedeutung gewann, wurde der Kanal zum Innenhafen umgewandelt(Fuchs 2000).
2.2 Holzindustrie im Innenhafen
Im neu erschlossenen Innenhafengebiet siedelte sich die Holzindustrie an, weshalb der Innenhafen auch den Beinamen Holzhafen bekam. Der Holzhandel im Innenhafen war stark gebunden an die Entwicklung der Kohleindustrie im Ruhrgebiet. Die in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts einsetzende Tiefbauphase der Kohlegewinnung in der Hellwegzone mit den Handelsstädten Duisburg, Mühlheim, Essen, Bochum und Dortmund machte den Innenhafen zur Drehscheibe des Holzhandels. Für die Absicherung der Schächte, Strecken und Abbaue im nicht standfesten Gestein unter Tage wurden große Mengen Grubenholz benötigt. Das Holz wurde per Floß hauptsächlich aus dem Spessart und dem Schwarzwald angeliefert und im Innenhafen gelagert, beziehungsweise in den Sägewerken weiter verarbeitet.
Die Verkehrsentwicklung veränderte sich im Laufe der Zeit. So wurden mit dem Einsatz der Dampfmaschine in der Schifffahrt der Floßverkehr durch Schleppkähne und motorisierte Fahrzeuge schrittweise ersetzt. Die ehemals auf den Wasserwegen treibenden Flöße wurden durch Schnittholz substituiert und auf dem Schienenweg transportiert.
Anhand dieser Entwicklung lassen sich Rückschlüsse auf die Standortheorie von Weber
ziehen, da die Transportkosten der Holzindustrie ein wichtiger Indikator bei der industriellen Standortwahl waren. Obgleich die Standorttheorie von Weber zum Zeitpunkt der Aufgabe des Holzhandels im Innenhafen noch nicht veröffentlicht worden war, spielte das Verhältnis von Kosten zu transportierter Menge eine entscheidende Rolle. Webers Annahme der linear steigenden Transportkosten entsprechend der Entfernung und proportional zum Gewicht waren jedoch nicht richtig, da die Kosten mit zunehmender Entfernung nur geringfügig anstiegen (vgl. Kulke (81)).
Der Abtransport des Holzes per Eisenbahn war zeitlich effizienter, so konnten größere Mengen schneller zu den Absatzmärkten transportiert werden. Technischer Fortschritt steigerte die Effizienz und Flexibilität der Betriebe im Holzhandel. Eine optimale Anwendbarkeit des Modells von Weber ist nicht möglich. Einen tonnenkilometrischen Kostenminimalpunkt festzulegen fällt sehr schwer, da die veränderte Transportstruktur einen externen Einfluss darstellt, der im Modell nicht erfasst wurde.
Jedoch ist zumindest die Ansiedlung der Sägewerke in der Nähe der Rohstoffe nachvollziehbar, da es sich im Sinne Webers bei Holz, sobald es verarbeitet wurde, um Gewichtsverlustmaterial handelt. Folglich ist die rohstofforientierte Ansiedlung der Produktion effizienter, als eine Absatzorientierte. Die Transportkosten steigen zwar marginal an, jedoch ist die zunehmende Flexibilisierung der Produktion bezüglich dem Transport zum Absatzmarkt wichtiger als die reine Transportkostenkontrolle (vgl. Kulke (80)).
2.3 Mühl -und Getreideindustrie im Innenhafen
Die Folge der abwandernden Holzindustrie waren großflächige Brachflächen im Innenhafen. Als Konsequenz dieser für den Standort nachteiligen Entwicklung beschloss die Hafenverwaltung deutliche Anreize zu setzen, um den Strukturwandel im Innenhafen voranzutreiben. Aus diesem Grund wurde 1884 eine Befugnis erlassen, die es Unternehmern ermöglichte unter der Bedingung, industrielle Fertigungsanlagen zu errichten, Grundstücke auf dem Hafengelände zu kaufen. Dieses „Verkaufsermächtigung“ wurde vor allem von der Mühl- und Getreideindustrie wahrgenommen, da „nur durch die Beleihung von eigenem Grund und Boden die enormen Investitionen [aufgebracht werden konnten], die eine notwendig gewordene Modernisierung der Mühlenbetriebe durch den Einsatz der Dampfmaschine und die Errichtung von Speichergebäuden mit hohen Lagerkapazitäten mit sich [brachten].“ (vgl. Innenhafen-Portal) Der Grundgedanke hinter der Konsolidierung der Getreideindustrie neben der Schaffung von Arbeitsplätzen ist die Versorgung der exponentiell wachsenden Bevölkerung . Die entscheidenden Standortfaktoren für die Getreideindustrie waren die Flächenverfügbarkeit, der simultan mit der Bevölkerungsentwicklung wachsende Absatzmarkt, die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, sowie die optimale Verkehrsanbindung an den Rhein. Es handelt sich bei den genannten Standortfaktoren ausschließlich um harte Standortfaktoren, welche das unternehmerische Ziel der Kosten- und Erlös effizienten Produktion im Sinne des von Thünen'schen Modells verdeutlichen. Im Gegensatz zur Holzindustrie war für die Getreideindustrie ein Absatzorientierter Standort wirtschaftlicher. Dies liegt zum einen an der Verderblichkeit der Nahrungsmittel und zum anderen an der Transportstruktur der Getreideindustrie. Während die Distanzen der Holzindustrie verhältnismäßig gering waren, legten die Getreidelieferungen aus Russland, Nordamerika, Argentinien und Indien weitaus längere Strecken zurück. Diese Tat
sache widerspricht der Standortheorie von Weber, da die Transportkosten für die langen Distanzen wiederum nur marginal höher waren, als mittlere Entfernungen.(vgl. Kulke (81)) Der Wasserweg bot optimale Standortverhältnisse im Innenhafen und deshalb verwunderte es nicht, dass sich der Duisburger Innenhafen zum „Brotkorb des Ruhrgebiets“ entwickelte. Der 1. Weltkrieg, die nachfolgenden Reparationszahlungen, die Rezession und der 2. Weltkrieg ermöglichten es der Getreideindustrie nicht kostendeckend zu wirtschaften. Trotz der expansiven Wiederaufbau Phase ab 1945, blieben Lager und Speicherkapazitäten ungenutzt. Es folgten Rationalisierungen und Fusionen. Fusionen können mit den Agglomerationsvorteilen der Theorie von Weber verglichen werden, wobei im Fall der Getreideindustrie die Einsparungen in Produktionsprozessen und Lagerhaltung wichtiger waren, als die Einsparungen bei der Rohstoffbeschaffung. (vgl. Kulke 2008 (81)). Folglich konnte die Getreideindustrie der zunehmenden „Internationalisierung der Märkte“ nicht standhalten; dies bedeutete weltweit zunehmende Waren und Güterströme der Industrienationen mit der Folge, dass sich die Mühl- und Getreideindustrie an die Häfen der Nordsee verlagerte .
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- Arbeit zitieren
- Daniel Jobmann (Autor:in), 2008, Innenhafen Duisburg – vom Industriestandort zum Dienstleistungspark, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118284
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