Die Politik spielt in der Profession der Sozialen Arbeit eine bedeutende Rolle, auch wenn dies besonders für angehende Studierende der Sozialen Arbeit zunächst nicht ersichtlich erscheint. Besonders die Mitwirkungsprozesse in der Kommunalpolitik durch die Soziale Arbeit können bedeutsame Schritte in der Mitgestaltung der Bürger_innen sein. Diese Hausarbeit soll die Grundlagen der Kommunalpolitik und die Bedeutung dieser für die Profession der Sozialen Arbeit herauskristallisieren und abschließend die Einstellung Studierender zur Politik und Kommunalpolitik noch einmal erläutern.
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
2 Kommunalpolitik – eine einleitende Beschreibung
3 Kommunalpolitik und Soziale Arbeit
Welche Bedeutung hat Kommunalpolitik für die Profession der Sozialen Arbeit
4 Die Einstellung Studierender zur Politik
Wie sieht die Einstellung Studierender zur Kommunalpolitik aus
5 Schlussbetrachtung
4 Literaturverzeichnis
1. Einführung
Die Politik spielt in der Profession der Sozialen Arbeit eine bedeutende Rolle, auch wenn dies besonders für angehende Studierende der Sozialen Arbeit zunächst nicht ersichtlich erscheint. Besonders die Mitwirkungsprozesse in der Kommunalpolitik durch die Soziale Arbeit können bedeutsame Schritte in der Mitgestaltung der Bürger_innen sein. Diese Hausarbeit soll die Grundlagen der Kommunalpolitik und die Bedeutung dieser für die Profession der Sozialen Arbeit herauskristallisieren und abschließend die Einstellung Studierender zur Politik und Kommunalpolitik noch einmal erläutern.
2. Kommunalpolitik – eine einleitende Beschreibung
Wenn Entscheidungen für einzelne Ortschaften, Landkreise oder Städte beschlossen werden und diese Entscheidungen entsprechende Auswirkungen auf die dortige Bevölkerung haben, spricht man von kommunaler Politik. Die Bürger_innen sind von Beschlüssen der Kommunalpolitik unmittelbar betroffen, können die Politik ihrer Kommune aber ebenso direkt und effektiv beeinflussen. Denn für die Erfüllung und Ausgestaltung der vielfältigen Aufgaben ist die kommunale Selbstverwaltung auf engagierte Bürger_innen in Haupt- und Ehrenamt angewiesen. Die kommunale Selbstverwaltung findet im Grundgesetz gemäß Art. 28 Abs. 2 ihren Verfassungsrang. Dieser definiert in Verbindung mit Art. 78 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen die kommunale Selbstverwaltung. Angelehnt an das Subsidiaritätsprinzip, welches besagt, dass
„Aufgaben, Handlungen und Problemlösungen so weit wie möglich selbstbestimmt und eigenverantwortlich vom Einzelnen […] durchgeführt werden. Nur wenn dies nicht oder nicht ausreichend möglich ist, sollen sukzessive größere Gruppen […] die Aufgaben und Handlungen subsidiär d.h. unterstützend übernehmen“ (Kries 2017: 892) soll alles, was in den Kommunen entscheiden werden kann, auch dort entschieden werden und nicht von höherer Ebene. Somit entscheidet die Kommunalpolitik in erster Instanz über alles, was die Lebensqualität der Bevölkerung betrifft. Trotzdem unterliegen alle Kommunen staatsrechtlich dem Aufsichts- und Weisungsrecht der Länder (vgl. Bogumil 2018: 8).
Als Oberste_r einer Kommune steht der/die Ober-/Bürgermeister_in, welche_r die Interessen der Kommune vertritt. Der Gemeinde- bzw. Stadtrat, welcher bei der Kommunalwahl gewählt wird, kontrolliert den/die Ober-/Bürgermeister_in. Dieser setzt sich aus den Bürger_innen der Kommune sowie dem_der Ober-/Bürgermeister_in zusammen. Die Gemeinde-/Stadtverwaltung setzt die Beschlüsse des Rates letztlich um.
Die Kommunalpolitik kann jedoch nicht nur die Wünsche seiner Kommune erfüllen, sondern muss auch bestimmten kommunalen Pflichtaufgaben, welche „vom Bund oder dem entsprechenden Bundesland per Gesetz vorgeschrieben“ (Frank et al. 2017: 22) werden und „von den Kommunen ausgeführt werden“ müssen (ebd.) nachkommen. Einerseits muss sie den von Landes- oder Bundesgesetzen vorgegebenen Pflichtaufgaben, wie ganz aktuell die Errichtung der Impfzentren oder aber die Gewährleistung von öffentlichen Wahlen, das Meldewesen, die Bauleitplanung, die Straßenbaulast für Gemeindestraßen usw. entsprechend der gesetzten Vorgaben nachkommen. Und andererseits aber auch den Aufgaben im eigenen Wirkungskreis d.h. z.B. dem Unterhalt von Kindertageseinrichtungen, der Müllabfuhr, dem öffentlichen Nahverkehr oder der Errichtung eines Schwimmbades oder eines Theaters, gerecht werden. Dabei ist der jeweiligen Kommune jedoch freigestellt, wie sie diese freiwilligen Leistungen konkret erbringen wollen. Hierbei spielt das Konnexitätsprinzip eine bedeutende Rolle, welches besagt, „dass die für eine Aufgabe zuständige staatliche Ebene (der Bund oder die Länder) auch für die Wahrnehmung der Aufgabe verantwortlich ist. D.h., dass die Aufgaben- und die Finanzverantwortung in einer Hand liegen müssen“ (Schubert/Klein 2018: 196).
Dieses Konnexitätsprinzip gilt jedoch nicht für alle Vereinbarungen zwischen Bund und Gemeinden, da der Bund die Kommunen finanziell nicht direkt unterstützen kann, sondern dies über die einzelnen Länder erfolgt. Obwohl aber das Konnexitätsprinzip zwischen den Ländern und den Kommunen in den jeweiligen Landesverfassungen festgeschrieben ist, gibt es trotzdem unterschiedliche Formulierungen diesbezüglich (vgl. Frank et al. 2017: 23), was die einzelnen Kommunen wiederum „vor das Dilemma (stellt), dass eine eigentlich freiwillige Leistung nicht wirklich frei ist“ (ebd.).
Die Aufgaben innerhalb einer Kommune sind klar gegliedert in Schwerpunkte wie Ordnung und Sicherheit, technische Versorgung, Bautätigkeit und Stadtentwicklung, kulturelle Tätigkeiten und soziale Aufgaben. Darunter fallen z.B. die Bereiche Straßenbau und Verkehrswesen, Staatliche Aufgaben, Öffentliche Sicherheit, Versorgung und Wohnwesen, Bildung und Kultur, Gesundheits- und Jugendpflege, Erziehung, sowie Sozialhilfe (vgl. Frank et al. 2017: 24/ggf. ebd. 24). Entsprechend kann man schlussfolgern, dass die Soziale Arbeit auch in der Kommunalpolitik einen wichtigen Stellenwert haben sollte.
3. Kommunalpolitik und Soziale Arbeit
In der Einführung der Kreis- und Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen spricht Professor Dr. Jörg Bogumil (2018: 7) von den Kommunen als „Schulen der Demokratie“, in welchen „wesentliche politische Entscheidungen getroffen (werden), die die Lebensumstände der Bürger prägen“. Außerdem „(bieten) Örtliche Lösungen aufgrund ihrer geringen Distanz bessere Eingriffs- und Mitwirkungsmöglichkeiten für die Bürger; sie machen Politik anschaulich“ (ebd.). Eine Nähe zu den Mitbürger_innen scheint in der Kommunalpolitik somit unabdingbar zu sein. Gerade auch die Mitbestimmung und Partizipation der örtlichen Bevölkerung trägt dazu bei, dass Kommunalpolitik ein elementares Mittel zur Interessenvertretung und Schaffung eines öffentlichen Raumes dieser bleibt.
Und auch für die Soziale Arbeit wird die Politik immer eine wichtige Rolle spielen. Denn um es mit Mechthild Seithe‘s Worten zu sagen: „Soziale Arbeit kann nicht neutral bleiben, kann sich nicht raushalten oder sagen, Politik gehe sie nichts an. Sie ist auch heute immer politisch, so oder so“ (Seithe 2012: 401).
Da die Profession Sozialer Arbeit verschiedene Theorien, wie beispielsweise die Lebensweltorientierung nach Hans Thiersch oder den menschenrechts- und gerechtigkeitsorientierten Ansatz nach Silvia Staub-Bernasconi umfasst, lässt sich hieraus der politische Auftrag dieser widerspiegeln (vgl. Benz/Rieger 2015: 39). Der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. (DBSH) „fordert eine Sozialpolitik mit präventiver und gerechtigkeitsfördernde [sic!] Funktion für die Entwicklung unserer Gesellschaft“ (DBSH 2021) und auch im Grundgesetz wird das Ziel der „Gleichwertigkeit bzw. Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet“ (Art. 72, As. 2, 106, Abs. 3) benannt.
Hiernach richtet sich eben auch die Kommunalpolitik, in welcher die Soziale Arbeit sowohl systemgestaltend, als auch systemerhaltend mitwirken kann, indem sie sich aktiv mit einbringt (vgl. Benz/Rieger 2015: 41 f.). Nicht zu vergessen können sich Soziale Arbeit und Kommunalpolitik gegenseitig ergänzen. Da die Kommunen sowohl Leistungsfinanzierer, Leistungserbringer als auch Leistungsträger sind, dienen sie als Arbeitergeberin für die Sozialarbeiter_innen in den entsprechenden Tätigkeitsbereichen der Soziale Arbeit. Jedoch trifft die Politik hier auch die Entscheidung darüber, welche öffentlichen Tätigkeiten finanziert werden können. Sie setzt im Grunde genommen die Rahmenbedingungen für das sozialarbeiterische Handeln (vgl. Borstel/Fischer 2018: 18). Darüber hinaus „regelt und reglementiert (Politik) die Handlungen in der Praxis durch Vorschriften“ (ebd. 19) und trägt somit dazu bei, dass die professionelle Ausübung des Berufs des_der Sozialarbeiter_in ggf. nur eingeschränkt ausgeführt werden kann (vgl. ebd.).
Das Augenmerk kann aber durch die Einmischung in bestimmte Politikbereiche, wie die Bildungs- und Familienpolitik, Alten- und Pflegeplanung oder die soziale Sicherung, wieder stringent auf die sozialen Problemlagen der Adressat_innen Sozialer Arbeit gerichtet werden. Die Soziale Arbeit kann somit nicht nur diese Menschen bei ihrer Lebensbewältigung unterstützen, sondern auch den Fokus in der „bürgernahen“ Kommunalpolitik auf eben diese Problemlagen richten. Sie versucht somit „um der Fälle willen, Politik zu beeinflussen, damit sich Hilfe- und Lebensbedingungen für ihre Klientel verbessern“ (ebd. 49). Dabei spielt auch das Bürgerbegehren bzw. der Bürgerentscheid nach §26 Abs. 1 GO NRW eine tragende Rolle, welches_r besagt, dass die Bürger an Stelle des Rates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst entscheiden können. Es wird also deutlich, dass die Partizipation der Mitbürger_innen an der Kommunalpolitik bedeutend und einflussreich sein kann. Als Beispiele können hier die Entscheidungen über die Gestaltung der Gemeinde, die Errichtung eines Schwimmbades oder Freizeit-/Jugendraumes oder die Erweiterung einer Kindertagesstätte genannt werden. Hier setzt auch die Soziale Arbeit an, welche Bürger_innen aus sozial schwachen Milieus dazu ermutigt, Einfluss auf die politischen Interessen zu nehmen. „KlientInnen müssen ermächtigt werden, ihre eigenen politischen Interessen zu vertreten und Soziale Arbeit muss dort, wo dies notwendig und angemessen ist, Stellvertreterpolitik betreiben“ (Benz/Rieger 2015: 41). Dies kann die Soziale Arbeit dadurch schaffen, dass sie Beteiligungsprozesse organisiert und institutionalisiert und ihre Adressat_innen dazu anleitet und ermutigt, ihre Interessen zu vertreten und durchzusetzen (vgl. ebd.). Partizipation und Empowerment sind sowohl für die Profession der Sozialen Arbeit als auch für die (Kommunal-)Politik bedeutende Faktoren, denn Kommunalpolitik kann aufgrund ihrer Nähe zu den Bürger_innen und die Teilhabe derer an bestimmten Gestaltungsprozessen eine notwendige Instanz darstellen.
4. Die Einstellung Studierender zur Politik
Die 68er Bewegung, bei welcher Studierende „ihren Unmut über die innen- und außenpolitische Situation in zahlreichen Protestaktionen zum Ausdruck (brachten)“ (bpb 2021), lässt auf ein damalig eindeutig großes politisches Interesse schließen. Aus diesem Grund wird sie „bis heute immer noch als die politische Generation bezeichnet“ (Knopke/Krüger/Siri 2017: 9), „welche gesellschaftliche und kulturelle Veränderung anstoßen wollte“ (ebd.).
Richtet man den Blick auf die heutige Einstellung Studierender zur Politik, wird anhand diverser empirischer Forschungen z.B. der Shell-Studie oder der Mediennutzungsstudie 2017 deutlich, dass sich diese zwar geändert hat, jedoch nicht weniger geworden ist. Ganz im Gegenteil, denn die Zunahme des politischen Interesses Studierender erhöhte sich von 32% im Jahr 2013 auf 41% im Jahr 2016, wie es aus den Studierendensurveys deutlich wird (vgl. Kulke 2019: 272). Aber es scheint so, dass Studierende anders politisch und somit eben auch kommunalpolitisch interessiert, engagiert oder involviert sind und „sich mit den ‚alten‘ Formen des Engagements nur wenig anfreunden können“ (Knopke/Krüger/Siri 2017: 7). Im Vergleich zur 68er-Bewegung beispielsweise „erleben (sie) sich nicht als machtvolle Großgruppe und lehnen Radikalität ab“ (ebd.).
Ebenso fällt auf, dass Studierende heutzutage weniger Parteizugehörigkeit aufweisen und sich politisch nicht klar zuordnen wollen, sich aber klar von radikalen Haltungen abgrenzen (vgl. ebd. 18 f.). Hieraus resultieren beispielsweise auf kommunaler Ebene immer mehr „parteilose“ Ober-/Bürgermeister_innen, welche von mehreren vergleichbaren Parteien unterstützt werden. Begründet wird dieses zurückhaltende Interesse der Studierenden mit mangelnder Zeit neben dem Studium. Aber auch biografische Hintergründe und der Wechsel des Studienortes werden als Gründe genannt (vgl. ebd. 23).
Doch trotz des scheinbar aufsteigenden Interesses Studierender an der Politik, scheint es einige Defizite zu geben, welche eine dringende „Aufklärungsarbeit über die Auswirkungen von Sozialpolitik und Sozialleistungsmissbrauch“ im Ausbildungsprozess zur professionellen Sozialen Arbeit erfordern. Denn wie es anhand der Erhebung der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA) von 2017/2018 deutlich wird, vertritt „jede vierte Studierende […] die Meinung, dass es viele Menschen schaffen, ‚soziale Leistungen zu erhalten, die ihnen nicht zustehen‘. Und immerhin achte Befragte stimmt voll oder eher zu, dass ‚Sozialleistungen die Menschen faul und träge machen würden‘“ (Kulke/Schiffert 2018: 20).
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- Arbeit zitieren
- Anja Diefenbach (Autor:in), 2021, Grundlagen der Kommunalpolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1182104
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