Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Frage, welchen Einfluss Hollywood auf amerikanische Politik, aber auch Politiker hatte und vice versa. Im Fokus liegt besonders das Teilgebiet der Election oder Electoral Films. Um die theoretischen Erkenntnisse teilweise zu überprüfen, werden die Ausführungen auf vier Ausschnitte aus dem Film ´Primary Colors` von Mike Nichols angewandt. Es soll untersucht werden, wie der US-amerikanische Präsident Bill Clinton im Film charakterisiert wird und in wieweit Clintons eigene Interessen mit der Verfilmung verfolgt werden. Das abschließende Fazit soll die gewonnen Erkenntnisse noch einmal zu einem Minimum bündeln und den Einfluss Hollywoods auf US-Politik bewerten.
Inhaltsverzeichnis
1. Politische Filme und Wahrheit
2. Hollywood und Politik
2.1 Hollywoods politische Geschichte
2.2 Hollywoods Einfluss auf die US-amerikanische Politik
3. Election Films als Teilbereich politischer Filme in Hollywood
3.1. Geschichte der Wahlkampffilme
3.2. Image und Persönlichkeit
3.3. Primary Colo rs - Mit aller Macht
3.3.1. Primary Colors, Bill Clinton und die Realität
3.3.2. Hollywoods politische Ideale im Film
3.3.3. Bill Clinton und Hollywood
4. Fazit
Anhang
I Anmerkungen
II Bibliography
1. Politische Filme und Wahrheit
Politik ist ein vieldiskutiertes Feld. In der Öffentlichkeit werden vor allem Politiker immer häufiger für unglaubwürdig gehalten und das Misstrauen in den Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen steigt unaufhörlich. Mehr und mehr entsteht der Eindruck, dass nicht mehr der Mensch an sich mit seinen Interessen zählt, sondern nur noch der Mensch als Wähler und seine potenzielle Stimme. Dieser Trend wurde durch das Hollywood-Kino weiter an die Öffentlichkeit getragen. Immer mehr drängen Filme auf die Kinoleinwände, die detaillierte Einblicke hinter die Kulissen der Machtzentralen dieser Welt bieten. Damit schwinden zunehmend die Illusionen von unfehlbaren Übermenschen, die für den wichtigsten Job im Land bestimmt sind. Vor allem Filme über den mächtigsten Mann der Welt gewinnen an Beliebtheit.
Filme über US-Präsidenten handeln von mächtigen Männern. Sie erzählen von persönlichen Schicksalen (Nixon), basteln am Mythos des Übermenschen (Der junge Mr. Lincoln), decken Korruption und Betrug auf (Die Unbestechlichen), entwickeln Verschwörungstheorien (JFK - Tatort Dallas), machen sich über diese Spielarten des Hollywood-Kinos lustig (Dave) und nutzen den Glamour des hohen Amtes für menschelnd-sentimentale Liebesgeschichten (Hallo, Mr. President). In der Ära Clinton durfte der zum Actionhelden mutierte erste Mann im Staate höchstpersönlich die Welt (Independence Day), seine Familie und sich selbst (Air Force One) retten und wurde zugleich immer wieder mit Skandalen, Sex-Affären und Mord in Verbindung gebracht (Wag the Dog, Absolute Power, Mord im Weißen Haus). Es geriet aber immer wieder auch das politische System selbst ins Zentrum des Blicks, (Amistad , Der Kandidat , Bob Roberts), doch selten handeln diese Filme von einem Dilemma, in dem der richtige Weg nicht nur steinig, verbaut oder verboten ist, sondern schlichtweg niemals existiert hat. Und noch seltener erzählt ein Hollywood-Film nicht nur von diesem Dilemma, sondern wird selbst zu ihm und trägt selbst die Konsequenzen seines Themas.[1]
Dies tat 1998 zum ersten Mal der Film Mit aller Macht (englischer Originaltitel: Primary Colors). Basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von Journalist Joe Klein führt der Film den Zuschauer auf den Weg hinter die strahlenden Fassaden des Wahlkampfs der amerikanischen Primaries, der Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl. Diese Arbeit soll in Ansätzen das Verhältnis zwischen der Filmschmiede Hollywood und der US-amerikanischen Politik untersuchen. Dabei stützen sich die Ausführungen größtenteils auf das Buch ´ American Politics in Hollywood Film ` von Ian Scott. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Frage, welchen Einfluss Hollywood auf amerikanische Politik, aber auch Politiker hatte und vice versa. Im Fokus liegt besonders das Teilgebiet der Election oder Electoral Films. Um die theoretischen Erkenntnisse teilweise zu überprüfen, werden die Ausführungen auf vier Ausschnitte aus dem Film ´ Primary Colors ` von Mike Nichols angewandt. Es soll untersucht werden, wie der US-amerikanische Präsident Bill Clinton im Film charakterisiert wird und in wieweit Clintons eigene Interessen mit der Verfilmung verfolgt werden. Das abschließende Fazit soll die gewonnen Erkenntnisse noch einmal zu einem Minimum bündeln und den Einfluss Hollywoods auf US-Politik bewerten.
2. Hollywood und Politik
2.1 Hollywoods politische Geschichte
Seit den Vor-Kriegsjahren bis heute hat Hollywood versucht, auf das demokratische Gebilde der amerikanischen Konstitution aufzubauen. Richtig beginnt die Diskussion über politische Filme in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit kämpften die Vereinigten Staaten einen Kampf um die Herzen und Köpfe der Menschen, die begannen daran zu zweifeln, dass Amerikas großes demokratisches Experiment im Angesicht der großen Depression eine Zukunft habe.[2] Das Hollywoodkino während der Zeit der Depression schrie auf. Schäbige Geschäftsmänner, gebrochene Politiker und missverstandene Patrioten wurden in Filmen gezeigt, die sie als Vorboten des Amerikanischen wirtschaftlichen Elends darstellten; und nicht als Vertreter der Konstitution.[3] Dies ist der Grund für das Auftauchen von Abraham Lincoln, oder zumindest seiner Worte in fast jedem politischen Film der damaligen Zeit. Er war es auch, der eine Brücke zu den 60er Jahren schlug, weil er mit Triumph in Zeiten von Elend und Not, und mit Opferung und Erhaltung der Republik in Zeiten großer Probleme verbunden wird. Doch Hollywood beschäftigte sich nicht nur mit amerikanischer Politik. Vor dem zweiten Weltkrieg wurden viele Filme über das kommunistische Russland gedreht. Mitte der 30er Jahre wurden diese Filme aber weniger, weil die USA den Sowjetischen Staat anerkannt hatten. Um 1940 nahm die Zahl jedoch wieder zu, als die Nachricht des Stalinterrors die USA erreichten. Diese Filme bestanden jedoch nur aus gutmütigen Komödien.[4]
In jeder folgenden Dekade von 1930 an, verwendete Hollywood fast exakt die gleiche Methode um demokratischen Patriotismus in gewohnte Symbole zu verpacken. Dabei kam es nicht auf die Situation im richtigen Leben an. Ob Krise oder Einigkeit, diese Methode fand eine kulturelle Aufnahmebereitschaft, die keine andere Kunstform im 20. Jahrhundert fand.[5]
Bis zum Jahre 1992, in dem die Buchvorlage für den Film Primary Colors entstand, war Hollywood so gut auf den aufgeblasenen Bombasten eingestellt, der die Amerikanische Politik geworden war, dass es sein eigenes Übermaß der 1980er Jahre abschütteln und sich an die ungehaltene Satire gewöhnen konnte.[6]
2.2 Hollywoods Einfluss auf die US-amerikanische Politik
Hollywood hat einen enormen Einfluss auf die kulturelle und historische Entwicklung Amerikas. Als Konsequenz daraus folgt, dass, vor allem im Laufe des 20. Jahrhunderts, Filme die demokratische und institutionelle Agenda der Vereinigten Staaten stark geformt haben. Besser gesagt, Hollywood „ turn[ed] out films consciously designed to change public attitudes towards matters of social and political importance“.[7] Alle Hollywood-Filme mit politischem Motiv haben eine politische Agenda. Sie sollen eine Art Amerikanischen Mythos entwickeln. Deutlicher gesagt besitzt Hollywood Werte, die die Konformitäten der amerikanischen Demokratie widerspiegeln.[8]
Auch in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit wird die Filmschmiede häufiger als Sieger der Demokratie gesehen. Hollywood hat es auf zwei Wegen geschafft, die Amerikanische Politik als einen aktiven Teil des kulturellen Diskurses darzustellen: Zum einen durch die aktuell beherrschende Stellung demokratischer Ideologie im Film. Dies umfasst die Themen, Glaubensrichtungen und Werte, welche Teil des amerikanischen Glaubensbekenntnisses sind und zurück in die nationale Geschichte gehen. Sie durchziehen Filme über Politik mit einer weitaus größeren Kraft, als je wirklich bemerkt worden ist.[9] Das zweite Element ist die bestimmende Rolle, die Politik und politische Kultur bei der Erschaffung einer „ idea of America“[10] spielen. Politik hat schon immer eine wesentliche Rolle gespielt. Hollywood kam lediglich dazu um daraus ein spektakuläres und idealisiertes Spiel zu machen.
Demokratie ist im Film eine Form von kultureller Identifikation für Politik. Amerikas eigene demokratische Symbole sind genauso eng durch ihre politischen Strukturen aneinander gebunden sind, wie alle anderen Formen des Amerikanismus auch. Amerika definiert sich durch einige Schlüsseldokumente, wie die Constitution oder durch besonders starke politische Figuren, wie Franklin Roosevelt oder John F. Kennedy.[11] Politik ist also auch aus dem Alltag nicht wegzudenken. Aber es geht den Filmemachern nicht nur um symbolische Formen der Identifikation mit dem eigenen Land, auch wenn Szenen, in denen das Weiße Haus, oder das Washington Monument vorkommen meist als Repräsentation amerikanischer Politik genutzt werden. Metaphorische und wörtliche Dimensionen des ideologischen Diskurses liegen deshalb nah beieinander.[12]
Die postmoderne kulturelle Umwelt konnte verfolgen, wie der Film nicht eine separate, sondern eine integrierte Diskursquelle für eine pluralistische Gemeinschaft wurde. Die Ideale des Liberalismus, der Demokratie, der Gleichheit, der Pluralität und des Populismus sind Themen, die auf soziale Gerechtigkeit, die Werte des Wirtschaftsmarktes und die eingeschränkte Rolle der Regierung hinweisen und den kollektiven Kern bilden, der Amerikanismus heißt. Diese Ideale sind die essentiellen ideologischen Vorschriften, nach denen politische Filme von D.W. Griffiths The Birth of a Nation 1915 bis hin zu Mike Nichols Primary Colors 1998 operieren.[13] Gleichheit ist ein besonders wichtiger Teil nicht nur der Hollywood Agenda, sondern auch für die Amerikanische Politik als Ganzes. Die Darstellung von Armen, Bedürftigen und Rechtlosen im öffentlichen Leben wurde hinterfragt. Die Koexistenz von Frauen und Minderheiten wurde neu überdacht. Hollywoods Rolle in diesem Bereich ist eher unterbewusst zu definieren, aber die Filmschmiede hat sich selbst mitten in den Debatten des 20. Jahrhunderts zwischen Gerechtigkeit und Einigkeit wiedergefunden. Mit Ausnahme von Eddie Murphy in The Distinguished Gentleman (1992), Adrian Lester in Primary Colors (1998) und Glenn Close in Air Force One (1997) sind die meisten Protagonisten in Hauptrollen politischer Filme weiß, männlich und reich, zumindest privilegiert oder stammen aus der Mittelklasse. Rasse und Geschlecht sind zwei Bereiche, denen in politischen Filmen nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Trotzdem ist ihre sichtbare und unsichtbare Gegenwart eine wichtige Hinterlassenschaft in Amerikanischer Politik.[14]
Hollywoods Umgang mit Politik spiegelte lange Zeit eine nörgelige Unzufriedenheit über die Integrität der Institutionen wider. Die Aufmerksamkeit aber, das Bedürfnis nach dramatischen Strukturen, hat Filmemacher scheinbar immer zu den Kämpfen zwischen Gut und Böse getrieben. Dieses Prinzip wurde auch auf politische Filme angewandt. Ein Politiker wurde mit dem Guten verbunden, sein Gegenkandidat mit dem Bösen.[15] Trotzdem ist die Politik im Stile Hollywoods ein stählerner Denk- und Überzeugungsprozess, der sich auf eine Anzahl von Idealen hinbewegt, die bemerkenswert sind, aber dennoch in der Amerikanischen Gesellschaft umstritten blieben. Der Vorwurf Terry Christensens lautet, dass Hollywood sich darauf beschränkt, allgemeine und einstimmige Politik zu artikulieren.[16] Die Fähigkeit, einen einstimmigen politischen Dialog zu fabrizieren, ist nicht zu verachten. In Wirklichkeit erzählt uns Hollywoods Geschichte, dass dies aber gar nicht möglich wäre. Die Filmschmiede ging genauso mit der sich ändernden Zeit wie Gelehrte oder Politiker. Christensen argumentiert weiter,[17] ´politics is trivialized, reduced to the need for occasional action to regulate an essentially good, smoothly functioning process by pointing out flaws in the form of bad individuals and sometimes bad organizations like gangs, machines and corporations`.[18] Dies ist ein gutes Argument für die Debatte über Individualismus in Hollywood-Filmen und der politischen Gesellschaft. Sein Fokus liegt aber genauso stark auf der Ideologie, die durch die narrativen Konventionen gewonnen wird, wie auf der Realisation der Charaktere der heroischen Protagonisten und gleichwertigen strukturellen und Stilelementen. In seiner reinsten Form existiert Hollywood also, um die dominanten und komplexen Institutionen und ihr Wertesystem zu legitimieren.[19]
3. Election Films als Teilbereich politischer Filme in Hollywood
3.1. Geschichte der Wahlkampffilme
Hollywoods Vision einer Wahlkampagne teilt eine gemeinsame Identität mit anderen politischen Filmen. Wahlfilme streben nach Konformität in der schwierigen, verwickelten, komplexen und unrepräsentativen Welt Washingtons. Sie streben nach dieser Konformität durch die geteilten gemeinsamen Erfahrungen mit korrupten Misanthropen, die mit ihren Lügen und ihrem Betrug die Amerikanische Demokratie zum Wackeln bringen.[20]
Wie der Name schon sagt haben Wahlkampffilme Image und Persönlichkeit gleichgestellt mit Überlebensfähigkeit im Wahlkampf und Erfolg in der Kampagne. Für Hollywood gelten oftmals die gleichen Grundsätze, wie für das wahre Leben auch.[21] Wahlkampffilme (election films) sind besonders gut für das Spiel zwischen Gut und Böse geeignet. Dieses Spiel ist ein Mittel um Theorie politischer und staatlicher Macht zu untersuchen und zu verurteilen, wenn sie gegen die vorherrschenden Ideale verstoßen. In Wahlkampffilmen wird dies fast ausschließlich durch das Prisma individueller Persönlichkeiten erreicht. Die Gegenspieler sind weniger böse Räuber, als vielmehr unangemessene Persönlichkeiten und damit tendiert die Narration eher dazu, eine Untersuchung dessen zu zeigen, was als Präsentation akzeptabel, als das, was in der ideologischen Überzeugung enthalten ist. Aber genau aus diesem Grund haben Wahlkampffilme aus Hollywood seit dem zweiten Weltkrieg so einen enormen Einfluss auf das US-amerikanische System.[22] Während der 60er und 70er Jahre war Hollywood sehr engagiert, die klassischen Debatten zwischen Kennedy und Nixon während der Kampagne 1960 durch die Augen eines synthetischen Medien Showdowns zu reproduzieren. Dieser Showdown war eine real-life Konstruktion unvereinbarer politischer Vorstellungen. In den 80er und 90er Jahren wurden die Unterschiede zwischen realen und künstlich hergestellten Kampagnen durch den Austausch des Personals in jedem Beruf schließlich so weit auseinandergezogen, dass es zeitweise schwierig war zu unterscheiden, wer die Drehbuchautoren waren, die regelmäßig in Washington verkehrten und wer die richtigen politischen Sprachgurus waren, die Hollywood Vorschläge machten. Als Folge daraus ist die zentrale Vorstellung von der Verlässlichkeit, der Ehrlichkeit und des Vertrauens in einen Charakter nicht nur ein definierender Fall für Hollywood Politiker, sondern eine Binsenwahrheit realer Wahlpolitik, die die Wähler akzeptieren mussten. Hollywood hat von den Erfahrungen der realen Kampagnenveteranen gelernt, welche der Präsentation eine Pseudo-Authentizität gegeben haben.[23] Hollywoods Output reflektiert einen Trend bei dem im Vorfeld nicht nur die Wahl an sich analysiert wird, sondern eine ganze Menge an Ereignissen, die der Kandidat, der Held, vor den Wahlen durchlaufen muss. Die meisten dieser Untersuchungen haben mehr mit Persönlichkeit, der Dimension persönlichen Vertrauens und moralischem Wille zu tun, als mit ideologischer Substanz, die politische Ideen und Formulierungen beherrscht.[24]
Die Konstruktion von Wahlfilmen in Hollywood verlief also parallel zum Anwachsen von Image und Persönlichkeit, die sich mit der Zeit, aber ganz besonders seit 1975, bedeutend weiterentwickelt haben. Das hat Politiker zusätzlich auf eine kulturelle Generation aufmerksam gemacht, die von der Mythologie der Kino- und Fernsehkomposition unterrichtet wurden. Die Macht der Wahlen, die Nachricht von Demokratie zu verbreiten, ist sowohl in Hollywood Filmen, als auch im realen Leben enthalten. Jedes Jahrzehnt hat deshalb eine vergleichbare Anzahl an Kandidaten hervorgebracht, diktiert durch die stetige Veränderung im Land. Hollywood hat die Entwicklungen vom Kampf gegen den Kommunismus und der Kennedy-Huldigung in den 50er du 60er Jahren, über die Entwicklungen der öffentlichen Wahrnehmung nach dem Zusammenbruch in den 70ern bis hin zu den Anti-Entwicklungen und dem Anti-Washington Backslash der späten 80er und 90er Jahre verfolgt und die Bewegungen und Denkprozesse übernommen. Es wurde aber auch zu einer Partei für die virtuellen Ideologien die in den realen modernen Kampagnen resultierten; Ein Player und eine Autorität im untergeordneten Diskurs, nicht mehr nur ein Beobachter und Aufnahmegerät.[25]
3.2. Image und Persönlichkeit
Lange bevor Image und Persönlichkeit die Hauptstütze der realen Wahlen wurden, hatte Hollywood diese Kriterien in seinen eigenen Portraits schon in das Zentrum gestellt. Dieser Einfluss war so beachtenswert, dass der von Hollywood vorangetriebene Trend in Richtung einer mediengeführten Kampagne reale Politiker dazu zwang, dieses Verfahren selbst zu übernehmen[26]. Max Weber sagte dazu, dass elektronische Medien, und damit auch die komplexen Bildcodes, die sie generieren, große formale bürokratische Institutionen teilweise als Kanäle der persönlichen Identität, kultureller Kommunikation, politischer Administration und sozialer Organisation ersetzt haben.[27] Hollywoods Kampagnen haben bereits in den späten 40er Jahren damit begonnen, diesen speziellen Prestige- und Ansehensfall anzusprechen. Der Trend zum Verschwimmen von realer und konstruierter bildlicher Sprache hat seinen Höhepunkt in der Post- Bob Roberts Ära gefunden. Die Äußerungen der späten 90er Jahre sehen Filme, wie Primary Colors und Bulworth als eine Erweiterung der Realität, die für eine alternative Form der Präsentation fiktionalisiert wurden.[28]
Franklin D. Roosevelt, John F. Kennedy, Bill Clinton, John Glenn, und Colin Powell sind nur einige reale Personen, die ähnliche Ansichten hatten wie ihre fiktionalen Gegenparts. Sie alle profitierten von ihrem heroischen Status. Ihr Name wird wiedererkannt und ihre positiven Eigenschaften fließen in die Realisation im Film ein. Dabei zählen Stil und Image mindestens genauso viel, wenn nicht sogar weitaus mehr, zählen als Inhalt und Ideologie.
As critic Michael Kelley has observed, the faith in image has been a cumulative growth that has increasingly sidelined the traditions of professionalism (in political administration at least) and ideology in Washington. Actions have become judged according to the presentation of their handling rather than the real consequences of those actions.[29]
Aber natürlich ist Hollywood nicht allein für das Image der Politiker und Celebrities verantwortlich. Die meisten von ihnen waren schließlich schon bekannt, bevor Hollywood sie für sich entdeckte. In den 80er Jahren, aber speziell auch in den 90ern, hatten Hollywoods Persönlichkeiten stets politische Berater bei sich.[30] Zunehmend verschwimmen die Grenzen zwischen Politikern und Hollywood-Schauspielern und beide greifen in das Tätigkeitsfeld des jeweils anderen ein und das nicht nur im Film. Das beste Beispiel ist Schauspieler Arnold Schwarzenegger, der im Oktober 2003 zum Gouverneur von Kalifornien gewählt wurde.
3.3. Primary Colo rs - Mit aller Macht
3.3.1. Primary Colors, Bill Clinton und die Realität
Kunst und wirkliches Leben in Hollywoods politischen Filmen haben sich immer mehr angenähert. Das gilt auch für Mike Nichols Primary Colors. Präsidentschaftskandidat Jack Stanton zerstört selbst beinahe seine gesamte Kampagne, weil immer wieder unschöne Wahrheiten über sein Privatleben ans Licht kommen. Da scheint es kein Zufall zu sein, dass dieser Film exakt zur der Zeit in die Kinos kommt, als Präsident Bill Clinton seine Affäre zu Praktikantin Monika Lewinsky offenbart. Natürlich wird in dem Film nach Joe Kleins Romanvorlage Bill Clintons Wahlkampf von 1992 für die Primaries dargestellt. Die Übereinstimmungen nicht nur in der Personenwahl, sondern auch in Charakterzügen und Inhalten ist zu groß. Demnach ähnelt Primary Colors dem biografischen Film Citizen Kane. Trotzdem vertieft sich der Film in eine dekonstruktive Mode der 90er die nach synchronen Verbindungen zu Wahrheit, Fiktion, Fakten und Mythologie in der gegenwärtigen Gesellschaft sucht.[31] Ein Kritiker sagte dazu:
Primary Colors isn’t simply a case of art imitating life. It’s a matter of art improving on life. [Nichol’s] film starts out as a shrewd, razor-sharp political satire, then slowly, inevitably deepens into something darker. Something, as the Kathy Bates character says, ´human and sad`.[32]
Genauer gesagt ist Primary Colors also die ´Wahrheit` über Clinton, oder der fiktionalisierte Bericht über die Kampagne eines Südstaaten Gouverneurs in den 90er Jahren.
[...]
[1] Distelmeyer, Jan: Mit aller Macht. Zuerst erschienen in epd Film. Zu finden unter: http://www.filmzentrale.com/rezis/mitallermacht.htm. 21.08.2006. 13:12 Uhr
[2] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 7
[3] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 29
[4] Isaksson, Folke / Fuhrhammar, Leif: Politik und Film. Otto Maier Verlag. Ravensburg. 1974. Seite 127
[5] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 10
[6] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 84
[7] Rollins, Peter C., ´Introduction`, in: Hollywood as Historian: American Film in a Cultural Context, ed. Peter C. Rollins. Lexington. University of Kentucky Press. 1983. p.1
in: Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 1
[8] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 1
[9] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 5
[10] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 6
[11] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 6
[12] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 7
[13] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 16/17
[14] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 18
[15] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 19
[16] Christensen, Terry: Reel Politics: American Political Movies from Birth of a Nation to Platoon. New York. Blackwell. 1987. p. 212
in: Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 21
[17] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 21
[18] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 22
[19] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 22f.
[20] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 61
[21] So hatten die USA, zum Beispiel, noch nie einen Präsidenten, der im Rollstuhl sitzt. Genau das Gleiche gilt auch für die Filmwelt. In keinem politischen Film seit den 30er Jahren gab es auch nur einen Präsidenten, der im Rollstuhl saß.
[22] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 63
[23] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 66
[24] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 67
[25] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 68
[26] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 63f.
[27] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 64
[28] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 65
[29] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 12
[30] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 13
[31] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 14f.
[32] Scott, Ian: American Politics in Hollywood Film. Edinburgh University Press. Edinburgh. 2000. Seite 15
- Citar trabajo
- Claudia Effenberger (Autor), 2006, US-amerikanische Politik im Fokus von Hollywood-Filmen – die Wirkung von Wahlkampffilmen auf Amerikas Politik am Beispiel von Mike Nichols Verfilmung "Primary Colors", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118192
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