Im Folgenden werde ich mich mit dem Thema der Privatisierung der Berliner Verwaltung beschäftigen. Zunächst wird es um die Frage gehen, was unter dem Begriff “Privatisierung” im Allgemeinen zu verstehen ist, welche Ziele damit verbunden sein können und welche Vor- und Nachteile sich sowohl für den Verbraucher, als auch die Verwaltung selbst daraus ergeben.
Anschließend werde ich kurz die wirtschaftliche Situation Berlins nach der Wende skizzieren und an einigen Fallbeispielen - sowohl aus den 90er Jahren als auch aus der jüngeren Vergangenheit - darstellen, unter welchen Gesichtspunkten es zu den Privatisierungen gekommen ist. An den Beispielen der Berliner Wasserbetriebe und der Berliner Wohnungspolitik, die den größten Anteil dieser Hausarbeit einnehmen werden, werde ich darüber hinaus die Entwicklung von der wirtschaftsliberalen Berliner Privatisierungspolitik in den 90ern, zurück zur Kommunalisierung der vergangenen Jahre beschreiben.
Aber auch aktuellere Themen wie das Berliner Schulwesens werde ich beleuchten, bei dem es in den letzten Jahren vermehrt zu Privatisierungen gekommen ist und das somit eine gegensätzliche Tendenz zur Rekommunalisierung in anderen Bereichen der Berliner Verwaltung bildet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsdefinition
3. Formen der Privatisierung
4. Ziele, Vor- und Nachteile
4.1. Effizienz- und Innovationssteigerung
4.2. Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum
4.3. Vorteile der Privatisierung
4.4. Nachteile der Privatisierung
5. Wirtschaftliche Situation Berlins nach der Wende
6. Fallbeispiele Berliner Privatisierungspolitik
6.1. Wohnungspolitik Berlins
6.1.1. Berliner Wohnungspolitik der 90er Jahre
6.1.2. Verkauf von Wohnungen/Häusern
6.1.3. Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften
6.1.4. Berliner Wohnungspolitik seit 2012
6.2. Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe
6.3. Privatisierung der Berliner Kraft- und Licht-AG (Bewag)
6.4. Privatisierung der Berliner Gaswerke-AG (Gasag)
6.5. Privatisierung der Berliner Schulen
7. Fazit
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im Folgenden werde ich mich mit dem Thema der Privatisierung der Berliner Verwaltung beschäftigen. Zunächst wird es um die Frage gehen, was unter dem Begriff “Privatisierung” im Allgemeinen zu verstehen ist, welche Ziele damit verbunden sein können und welche Vor- und Nachteile sich sowohl für den Verbraucher, als auch die Verwaltung selbst daraus ergeben.
Anschließend werde ich kurz die wirtschaftliche Situation Berlins nach der Wende skizzieren und an einigen Fallbeispielen - sowohl aus den 90er Jahren als auch aus der jüngeren Vergangenheit - darstellen, unter welchen Gesichtspunkten es zu den Privatisierungen gekommen ist. An den Beispielen der Berliner Wasserbetriebe und der Berliner Wohnungspolitik, die den größten Anteil dieser Hausarbeit einnehmen werden, werde ich darüber hinaus die Entwicklung von der wirtschaftsliberalen Berliner Privatisierungspolitik in den 90ern, zurück zur Kommunalisierung der vergangenen Jahre beschreiben.
Aber auch aktuellere Themen wie das Berliner Schulwesens werde ich beleuchten, bei dem es in den letzten Jahren vermehrt zu Privatisierungen gekommen ist und das somit eine gegensätzliche Tendenz zur Rekommunalisierung in anderen Bereichen der Berliner Verwaltung bildet.
2. Begriffsdefinition
Um sich mit dem Thema Privatisierung der Verwaltung objektiv und erfolgreich auseinandersetzen zu können, ist zunächst eine Definition erforderlich.
Privatisierung bezeichnet die Veräußerung und Umwandlung öffentlichen Vermögens in Privateigentum. Sie basiert auf der wirtschaftsliberalen Überzeugung, dass der Anteil des öffentlichen Sektors zugunsten der privaten Wirtschaft zurückgedrängt werden müsse.
Privatisierungen sind daher meistens mit weiteren Formen der Entstaatlichung, Deregulierung und dem Abbau öffentlicher Verantwortung verbunden.
Privatisierung bedeutet im engeren Sinn die Überführung von Staatseigentum in Privateigentum durch Verkauf von Beteiligungen über die Börse, Nichtbeteiligung des Staates an Kapitalerhöhungen oder direkte Eigentumsübertragung an private Käufer. Im weiteren Sinn wird unter Privatisierung auch die Übertragung von bisher durch den öffentlichen Sektor erstellten Leistungen auf private Anbieter verstanden. Die Überführung öffentlicher Unternehmen in eine private Rechtsform, ohne dass sich die Eigentumsverhältnisse verändern, stellt nur eine formale Privatisierung dar, kann aber eine materielle Privatisierung vorbereiten.
3. Formen der Privatisierung
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen drei Formen der Privatisierung:
Bei der materiellen Privatisierung (Eigentumsprivatisierung) handelt es sich um die bekannteste Form. Hierbei wird Eigentum durch den Verkauf von öffentlichen Unternehmen an private Investoren umgewandelt.
Die funktionale Privatisierung bezeichnet die Übertragung von Aufgaben und Dienstleistungen an Privatunternehmen, die zuvor durch öffentliche Unternehmen erbracht wurden.
Die dritte Form der Privatisierung ist die formelle Privatisierung (Organisationsprivatisierung), die eine Umwandlung von einer öffentlich-rechtlichen Rechtsform in eine privatrechtliche Rechtsform darstellt. Hierbei ist der Staat alleiniger Anteilsinhaber am Unternehmen, das aber unter marktwirtschaftlichen Bedingungen gesteuert wird.
4. Ziele sowie Vor- und Nachteile der Privatisierung
Grundsätzlich kann eine Privatisierung unterschiedliche Ziele haben und verschiedene Vor- und Nachteile für die einzelnen Akteure mit sich bringen. Eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Privatisierung ist aber in jedem Fall ein funktionierender Wettbewerb.
4.1. Effizienz- und Innovationssteigerung
Durch die Übertragung von staatlichem Eigentum an private Investoren kann der Wettbewerb gestärkt werden. Dadurch können knappe Ressourcen besser genutzt werden, was sowohl die Effizienz, als auch die Produktivität eines Unternehmens steigert.
Darüber hinaus wird durch einen stärkeren Wettbewerb die Innovationssteigerung erhöht, weil Unternehmen sich von Mitbewerbern durch neue Produkte und Dienstleistungen abheben wollen.
4.2. Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum
Aus politischer Sicht erfolgen Privatisierungen oftmals um Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum zu steigern, weil erwirtschaftete Gewinne neu investiert werden können. So werden Gelder wieder dem Wirtschaftskreislauf zugeführt, was wiederum die Wirtschaft ankurbelt und so neue Arbeitsplätze schafft. Das daraus resultierende Wirtschaftswachstum steigert im Endeffekt die Kaufkraft.
4.3. Vorteile der Privatisierung
Die Verbraucher profitieren durch den erhöhten Konkurrenzkampf der Unternehmen im Zuge einer Privatisierung von einem verbesserten Preis-Leistungs-Verhältnis, weil günstigere und qualitativ hochwertigere Waren und Dienstleistungen angeboten werden müssen.
Der Bund, die Länder und die Kommunen erzielen durch den Verkauf kurzfristige Einnahmen, die so eine Entlastung des Haushalts ermöglichen.
4.4. Nachteile der Privatisierung
Eine Privatisierung kann immer dann zu einem Risiko werden, wenn Wirtschaftsinteressen die Politik dominieren. Lobbyisten drängen auf die Durchsetzung wirtschaftsliberaler Prinzipien in der Politik und so kommt es zu weiteren - möglicherweise unnötigen - Privatisierungen in anderen Gesellschaftsbereichen. Die Unternehmen bauen dabei mit der Drohung Druck auf sich andere Produktionsstandorte zu suchen, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Bei dem Verkauf von öffentlichem Eigentum handelt es sich auch immer um Einfluss- und Demokratieverlust, der vor allem die Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge trifft.
Da das Ziel jeder Privatisierung die Maximierung des Gewinns ist, besteht dabei immer die Gefahr, dass langfristig eine Verteuerung der angebotenen Dienstleistungen und Güter bei gleichzeitig sinkendem Lohnniveau eintritt. Gleichzeitig wird möglicherweise nur noch in Bereiche investiert, die sich wirtschaftlich lohnen und das alles stellt natürlich Nachteile für die Verbraucher dar.
5. Die wirtschaftliche Situation Berlins nach der Wende
Seit dem Mauerfall befand sich die Berliner Wirtschaft in einem Strukturwandel. Zwar verzeichnete der Dienstleistungssektor ein starkes Wachstum, der industrielle Bereich hingegen hatte mit deutlichen Produktions- und Beschäftigungsrückgängen zu kämpfen, die durch die Ausweitung des Dienstleistungssektors nicht ausgeglichen werden konnten.
Die Privatisierung im Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung, stellte für die Betreibe wohl die größte “Schocktherapie” dar. Der größte Faktor war dabei wohl die Währungsunion, da die ehemaligen Berliner DDR-Betriebe ohne Übergangsfrist auf eine neue Bewertungsgrundlage gestellt wurden und über Nacht einer globalen Konkurrenz entgegensahen.
Darüber hinaus wurde der ostdeutsche Markt mit westdeutschen - zum Teil besseren - Produkten überschwemmt, ohne dass es eine Möglichkeit der Abschottung oder eines finanziellen Ausgleichs über Schutzzölle gab.
Die dadurch entstandene negative wirtschaftliche Entwicklung Berlins, führte zu rückläufigen Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt, sodass die Zahl der Erwerbstätigen seit 1990 von 1,74 Millionen auf 1,44 Millionen im Jahr 1997 sank. Dieser Strukturwandel führte dazu, dass die Ausgaben der öffentlichen Hand für Sozialhilfe von 2,46 Milliarden Mark im Jahr 1992 auf 3,42 Milliarden Mark im Jahr 1997 anstiegen und somit den ohnehin strapazierten Berliner Haushalt so weiterhin belasteten.
6. Fallbeispiele Berliner Privatisierungspolitik
Im Folgenden werde ich nun einige Fallbeispiele Berliner Privatisierungen bzw. Rekommunalisierungen erläutern. Dabei wird es vor allem um die Berliner Wohnungspolitik im Allgemeinen und die Berliner Wasserbetriebe gehen, da dort das Umdenken und der Richtungswechsel des Berliner Senats am besten zu illustrieren ist. Am Ende werden noch zwei weitere Privatisierungen dargestellt: Die Berliner Kraft- und Licht AG (Bewag) und die Berliner Gaswerke (Gasag).
6.1. Wohnungspolitik Berlins
Die Wohnungspolitik des Senats unterlag in den vergangen 30 Jahren einem starken Wandel und Richtungswechsel. Während in den 90er Jahren die finanzielle Not durch die bereits skizzierte desolate wirtschaftliche Situation nach der Wende enorm war und alle Zeichen auf Privatisierung deuteten, fand in den letzten Jahren vermehrt eine Abkehr von der liberalen Wirtschaftspolitik hin zur Rekommunalisierung statt.
6.1.1. Berliner Wohnungspolitik der 90er Jahre
Nach der Wende verfügte Berlin über insgesamt 482.000 landeseigene Wohnungen -
246.00 (39 Prozent des Gesamtbestandes) in Ostberlin und 236.000 (24 Prozent des Gesamtbestandes) in Westberlin.
Mit dem Altschuldenhilfegesetz (AHG) vom Juni 1993 wurde vom Bund beschlossen innerhalb von 10 Jahren etwa 15 Prozent der Wohnungen im Ostteil Berlins zu privatisieren, um so die Sanierung des Restbestandes an Wohnungen zu finanzieren. Überwiegend sollte dabei ein Verkauf an Mieter erfolgen, aber auch Zwischenerwerber sowie neugegründete Wohnungsbaugesellschaften wurden akzeptiert.
Ein Jahr später wurde darüber hinaus vom Senat entschieden, dass auch etwa 15 Prozent der Wohnungen der westlichen Wohnungsbaugesellschaften verkauft werden müssten, sodass insgesamt rund 70.000 Wohnungen zur Veräußerung bereitstanden. Im Juni 1997 beschloss dann die große Koalition rund 50.000 weitere Wohnungen an Mieter zu verkaufen.
Die Wohnungsbaugesellschaften gehören als privatrechtlich organisierte Unternehmen zu den Beteiligungen des Landes Berlin. Spricht man in diesem Zusammenhang also von einer Privatisierung, muss man zwischen zwei verschiedenen Formen unterscheiden. Zum einen wäre es möglich gewesen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften direkt an private Investoren zu verkaufen, wodurch die Veräußerungserlöse direkt an das Land Berlin geflossen wären, zum anderen konnte Berlin den Wohnungsbaugesellschaften auferlegen, einen Teil der Wohnungen bzw. Häuser an Private zu veräußern, wobei dann indirekt die Liquidität der Wohnungsbaugesellschaften abgeschöpft werden konnte.
6.1.2. Verkauf von Wohnungen/Häusern
Wie bereits dargestellt, kann eine Erlösabschöpfung durch den Verkauf der Wohnungen des Landes Berlin nur indirekt auf dreierlei Weisen erfolgen:
- Gewinnausschüttung: Das Land Berlin fordert als Eigentümer die Zahlung einer Sonder-Dividende (Nachteil: Volle Versteuerung des Betrages)
- Grundstücksverkauf: Berlin lässt eine Wohnungsbaugesellschaft ein landeseigenes Grundstück kaufen
- In-Sich-Geschäft: Berlin verkauft eine Wohnungsbaugesellschaft an eine andere landeseigene Wohnungsbaugesellschaft
6.1.3. Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften
Bei der Privatisierung von Wohnungsbaugesellschaften stehen - im Vergleich zum Verkauf von Wohnungen - die Landesbeteiligung selbst zum Verkauf.
Unter den Verkäufen von ganzen Wohnungsbaugesellschaften ragen vor allem zwei heraus. So wurden im Jahr 1995 zunächst 49 Prozent der Apartment- und Wohnungsbaugesellschaft mbh (ARWOBAU) an die Berliner Bankgesellschaft veräußert; im Juni 1996 folgte dann die Veräußerung der restlichen 51 Prozent an die Bavaria Objekt- und Baubetreuung GmbH. Ende 1998 verkaufte der Berliner Senat die Gemeinnützige Heimstätten-AG (Gehag) für 950 Millionen Mark an die Rinteln-Stadthagener Eisenbahn AG (RSE AG). Dies entsprach einem Quadratmeter-Preis von rund 1.000 Mark.
6.1.4. Berliner Wohnungspolitik seit 2012
Seit 2012 wurde mit dem “Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten” und weitergehend 2017 mit der Kooperationsvereinbarung zwischen den 6 landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und dem Senat eine Abkehr von der Privatisierungspolitik der vorangegangenen Jahre vollzogen. Als Ziel wurde festgelegt den kommunalen Bestand von 270.000 Wohneinheiten durch Ankauf und Neubau bis 2021 auf 360.000 Wohneinheiten zu erhöhen.
Durch die Einschränkung weiterer Privatisierungen, die Förderung von bezahlbarem Wohnraum sowie die Entlassung der landeseigenen Wohnungsunternehmen aus der Pflicht, Überschüsse an den Haushalt abzuführen, wurden weitere Grundlagen zur Abkehr von der bisherigen Privatisierungspolitik geschaffen. Darüber hinaus wurden Mieterhöhungen auf 2 Prozent jährlich beschränkt (statt wie bisher 15 Prozent in 3 Jahren) und die Modernisierungsumlage wird auf 6 Prozent (statt wie bisher 11 Prozent) reduziert.
Außerdem dürfen Nettokaltmieten 30 Prozent des Haushaltseinkommens der Mieter nicht mehr übersteigen. Bei Neuvermietungen sollen 60 Prozent der Wohnungen über einen Wohnberechtigungsschein vergeben werden.
Auch im Bereich des sozialen Wohnungsbaus, in dem bei privaten Trägern bei der bisherigen Privatisierungspolitik des Berliner Senats hohe Renditeerwartungen entstanden sind und wo etliche Anschlussfinanzierungen wegfielen, was wiederum zu extremen Mietsteigerungen führte, gibt es seit einigen Jahren Bemühungen einer stärkeren kommunalen Förderung. So wurde 2014 der geförderte soziale Wohnungsbau wiedereingeführt, bei dem pro Jahr etwa 3.000 Wohneinheiten in diesem Bereich entstehen sollen.
Aber auch durch den Rückkauf von Wohnungen versucht der Senat eine Rekommunalisierung in diesem Bereich voranzutreiben. So wurden zuletzt Ende 2019 insgesamt 2142 Wohnungen in den Bezirken Spandau, Lichterfelde und Schöneberg von der Wohnungsgesellschaft Deutsche Wohnen erworben. Der Kaufpreis betrug dabei knapp 360 Millionen Euro und wurde komplett von der landeseigenen Degewo - und zwar ohne zusätzliche Landesmittel - übernommen. Bereits seit Anfang 2017 wurden mehr als 10.000 Wohnungen von städtischen Unternehmen zurückgekauft, die größtenteils in den 90er Jahren verkauft wurden.
Aktuell verfügt Berlin über etwa 1,6 Millionen Wohneinheiten, die sich in folgende Segmente aufteilen: Ein privates (etwa 70 Prozent), ein städtisches (etwa 18 Prozent) und ein kollektives Segment, also durch Genossenschaften und ähnliche Formen (etwa 12 Prozent).
6.2. Die Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe
Im Jahr 1999 erfolgte die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe zu einem Verkaufspreis von rund 3,3 Milliarden DM. Verkauft wurde knapp die Hälfte der Anteile an zwei Investoren - RWE und den französischen Veolia-Konzern. Der Verkauf stellte die bis zu diesem Datum größte Teilprivatisierung eines kommunalen Wasserbetriebes innerhalb der EU dar.
Die Privatisierung war grundsätzlich eine vertretbare Entscheidung, denn das hoch verschuldete Berlin stand vor der Pleite und die Stadt hatte zuvor bereits Gasag und Bewag verkauft Allerdings war die finanzielle Not so erheblich, dass sich der Senat erpressbar machte und Renditezusagen vertraglich vereinbart wurden, die nur mit deutlich steigenden Wasserpreisen eingehalten werden konnten, auch wenn der französische Konzern im Gegenzug technisches Know-how importierte.
Schließlich führten die steigenden Wasserpreise sowie die rechtlich garantierte Monopolrendite dazu, dass SPD und CDU sich dazu gezwungen sahen die Wasserversorgung wieder einer politischen Steuerung zu unterlegen, zumal auch das Bundeskartellamt eine Preissenkungsverfügung erlies.
So wurde 2011 mittels Volksbegehren über die Rekommunalisierung abgestimmt. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 30 Prozent, wobei 98,2 Prozent für die Offenlegung der Verträge und eine Rekommunalisierung stimmten. Berlin kaufte zunächst für 618 Millionen Euro die Anteile von RWE und später für 590 Millionen Euro die von Veolia, sodass die Wasserbetriebe im Jahr 2013 sich wieder vollständig im Besitz des Landes Berlin befanden. Im Verlauf der nächsten Jahre sanken die Frischwasserpreise um 14 Prozent, die Abwasserpreise um etwa 6 Prozent.
6.3. Die Privatisierung der Berliner Kraft- und Licht-AG (Bewag)
Die Geschäftstätigkeit der Bewag bestand in der Erzeugung und dem Vertrieb von Elektrizität und Fernwärme. Berlin war seit 1934 Eigentümer der Mehrheitsanteile in Höhe von 50,8 Prozent. Bis 1993 betrieb die Bewag das Stromnetz des ehemaligen West-Berlins. Im Juni 1997 verkaufte Berlin seine Anteile an die anderen privaten Anteilseigner, wodurch sich die Bewag im Anschluss vollständig in privatem Eigentum befand. Bei der Analyse des Verkaufs fällt auf, dass die Erlöse in Höhe von 2,85 Milliarden Mark weit hinter den Erwartungen von 3,35 Milliarden Mark zurückblieben.
An der Börse wurde die Bewag immer unter ihrem “offiziellen” Namen Bekula geführt, bis sie im Jahr 2003 vollständig von Vattenfall gekauft und vom Börsenzettel gelöscht wurde.
6.4. Die Privatisierung der Berliner Gaswerke-AG (Gasag)
Die Geschäftsfähigkeit der Gasag bestand in den 90er Jahren im Vertrieb und der Erzeugung von Gas und Wärme. Das Unternehmen wurde 1992 mit der Ost-Berliner Erdgas-AG zusammengeschlossen und wurde in eine AG umgewandelt. Der Umsatz der Gasag lag im Jahr 1997 bei rund 915 Millionen Mark.
Bei der Privatisierung der Gasag wurden in den Jahren 1994 und 1995 zunächst kleinere Tranchen an private Investoren verkauft, wobei der mehrheitliche Einfluss des Landes Berlin zunächst erhalten blieb. Im Anschluss erfolgte dann der vollständige Rückzug Berlins mittels einer Vollprivatisierung.
Heute beliefert die Gasag mit ihren Tochterunternehmen über 700.000 Haushalte und Gewerbekunden mit Erdgas, Bio-Erdgas und Ökostrom und beschäftigt insgesamt über 1500 Mitarbeitende.
6.5. Die Privatisierung der Berliner Schulen
Im Jahr 2018 wurde beschlossen, dass die Berliner Schulen für Privatinvestoren geöffnet werden sollen. So sollen Schulgrundstücke, Schulgebäude und Bauaufträge von mehreren Milliarden Euro in eine öffentliche, aber privatrechtliche GmbH ausgelagert werden und somit werden alle Verträge privatrechtlicher Natur, die unter dieser GmbH geschlossen werden.
Der Privatisierungsvorgang hat viele Details, die zum Teil einschränkend auf die privatrechtliche Komponente wirken. So soll die Grundstücksübertragung per Erbbaurecht erfolgen, die neue Schul-GmbH soll als Tochter der Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE gegründet werden und befindet sich somit zu 100 Prozent im Besitz des Landes Berlin und die Bezirke, die derzeit Schulen bauen oder unterhalten, werden in den betroffenen Schulen zu Mietern. Darüber hinaus sind von den 800 Berliner Schulen zunächst nur einige von dem neuen Privatisierungs-Modell betroffen.
Die Kritik und die Angst sind groß, dass alles was normale Mieter erleben, nun auch den Schulen blühen könnte: Private Wachdienste, Videokameras am Eingang, Werbetafeln oder die Vermietung von Parkplätzen. Dem gegenüber steht die Hoffnung, dass das seit Jahren marode Schulwesen durch die längst überfälligen Investitionen saniert wird. So müssen insgesamt 5,5 Milliarden Euro innerhalb von 10 Jahren investiert werden, um den Sanierungsstau aufzulösen. Durch die Schuldenbremse, die seit Beginn 2020 in Kraft getreten ist, darf sich das Land Berlin aber nicht mehr verschulden und ist somit auf private Investoren angewiesen.
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- Quote paper
- Thomas Gottschall (Author), 2020, Privatisierung in der Berliner Verwaltung - vom Neoliberalismus zur Rekommunalisierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1181362
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