Im Gegensatz zum Ausland, wo PVT bereits seit geraumer Zeit in der Primärversorgung verankert sind, existieren in Deutschland bisher nur regionale Modellprojekte, in denen das Arbeiten im Team mit einer Delegation an nicht-ärztliches Personal erprobt und nur teilweise in die Regelversorgung übernommen wurde. Inwieweit PVT als Anreiz für AM zur Niederlassung in ländliche Regionen in Deutschland geeignet sind, gilt es in folgender Arbeit mithilfe einer systematischen Literaturrecherche zu untersuchen.
Nahezu in allen OECD-Ländern herrschen Disparitäten zwischen ländlichen und urbanen Regionen in Hinblick auf die hausärztliche Versorgung. Ein vorrangiges Problem ist dabei die verzerrte Allokation von Allgemeinmediziner:innen (AM) zum Nachteil von strukturschwachen ländlichen Regionen. Ein entscheidender Faktor dabei ist der erhöhte Arbeitsaufwand, dem die Landärzt:innen im Vergleich zu Ärzt:innen in städtischen Regionen gegenüberstehen. Dieser resultiert aus der vorliegenden Patientenstruktur auf dem Land, welche von einer hoher Prävalenz von chronischen Krankheiten gekennzeichnet ist und in einer besonders erhöhten Nachfrage nach primärer Gesundheitsversorgung resultiert. Weltweit wurden bereits zahlreiche Anreizsysteme angewendet, allerdings besitzen diese weder eine langfristige Wirkung in Bezug auf eine Niederlassung von AM in ländliche Regionen, noch entsprechen derartige Anreize weitestgehend den Präferenzen angehender AM. Demnach wird international der Ansatz verfolgt, innovative Arbeitsmodelle in strukturschwachen Regionen zu etablieren. Eine Form davon stellen Primärversorgungsteams (PVT) dar, bei der primäre Gesundheitsleistungen multiprofessionell im Team mit anderen Leistungserbringern, z.B. Krankenpfleger:innen oder Assistenzärzt:innen bereitgestellt werden. Innerhalb eines PVT findet eine rationale vertikale Umverteilung statt, bei der AM Aufgaben an nicht-ärztliches Personal delegieren, um so das vorhandene Humankapital effizienter nutzen zu können. PVT bieten eine verbesserte Work-Life Balance, die Möglichkeit eines Angestelltenverhältnisses sowie Synergieeffekte durch Arbeitsteilung.
Inhaltsverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
III. Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Hintergrund
2.1. Einflussfaktoren auf die Niederlassungsentscheidung
2.2. Aktueller Forschungsstand
3. Methodik
4. Ergebnis
4.1. Beschreibung der Studien
4.2. Einfluss auf den Arbeitsaufwand
4.3. Einfluss auf den Gesundheitszustand der Patienten
4.4. Einfluss auf die Niederlassung in ländliche Regionen
5. Diskussion
5.1. Übereinstimmung mit Präferenzen
5.2. Übertragung auf Deutschland: Möglichkeiten und Grenzen
5.3. Methodologische Limitationen der inkludierten Studien
6. Fazit
II. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. PRISMA Diagramm
III. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1. Einflussfaktoren auf die Niederlassungsentscheidung in ländlichen Gebieten
Tabelle 2. Ergebnistabelle der systematischen Literaturrecherche
1. Einleitung
Nahezu in allen OECD-Ländern herrschen Disparitäten zwischen ländlichen und urbanen Regionen in Hinblick auf die hausärztliche Versorgung (Ono et al., 2014; Dussault und Franceschini, 2006). Ein vorrangiges Problem ist dabei die verzerrte Allokation von Allgemeinmediziner:innen (AM) zum Nachteil von strukturschwachen ländlichen Regionen. Ein entscheidender Faktor dabei ist der erhöhte Arbeitsaufwand, dem die Landärzt:innen im Vergleich zu Ärzt:innen in städtischen Regionen gegenüberstehen (Groenewegen et al., 2020). Dieser resultiert aus der vorliegenden Patientenstruktur auf dem Land, welche von einem erhöhten Durchschnittsalter und hoher Prävalenz von chronischen Krankheiten gekennzeichnet ist und in einer besonders erhöhten Nachfrage nach primärer Gesundheitsversorgung resultiert (Sachverständigenrat, 2018). Dieser erhöhte Arbeitsaufwand, z.B. in Form von Hausbesuchen durch den AM, wird unter der angehenden Ärzteschaft als nachteilig wahrgenommen, weshalb diese eine Niederlassung in städtischen Regionen bevorzugen (Küpper und Mettenberger, 2018). Der Einfluss des herrschenden demographischen Wandels verstärkt die Problematik des Landärztemangel zusätzlich. Da das Durchschnittsalter von AM derzeit bei 55,5 Jahren liegt (KBV, 2020), wird ein großer Teil der Ärzteschaft in naher Zukunft das Rentenalter erreichen und keine Nachfolge für ihre Praxis finden, vorausgesetzt es werden keine nachhaltigen und effektiven Maßnahmen etabliert. Weltweit wurden bereits zahlreiche Anreizsysteme angewendet, z.B. in Form von monetärer Förderung (Bärnighausen und Bloom, 2009), einer Bevorzugung von Medizinstudenten und Medizinstudentinnen ländlicher Herkunft (Rabinowitz, 1993) oder eines Pflichtpraktikums in ländlichen Arztpraxen (Frehywot et al., 2010). Allerdings besitzen diese Anreizsysteme weder eine langfristige Wirkung in Bezug auf eine Niederlassung von AM in ländliche Regionen, noch entsprechen derartige Anreize weitestgehend den Präferenzen angehender AM (Günther et al., 2010; van den Bussche, 2019). Demnach wird international der Ansatz verfolgt, innovative Arbeitsmodelle in strukturschwachen Regionen zu etablieren. Eine Form davon stellen Primärversorgungsteams (PVT) dar, bei der primäre Gesundheitsleistungen multiprofessionell im Team mit anderen Leistungserbringern, z.B. Krankenpfleger:innen oder Assistenzärzt:innen bereitgestellt werden. Gleichzeitig werden die nicht-ärztlichen Gesundheitsberufe stärker in die Primärversorgung integriert (Green et al., 2013; Freund et al., 2015). Innerhalb eines PVT findet eine rationale vertikale Umverteilung statt, bei der AM Aufgaben an nicht-ärztliches Personal delegieren, um so das vorhandene Humankapital effizienter nutzen zu können (WHO, 2008). Die interdisziplinäre Konstellation und Organisation von PVT variiert allerdings international (Freund et al., 2015). PVT bieten neben einer zeitlichen Entlastung auch den Austausch mit Kolleg:innen, eine verbesserte Work-Life Balance, die Möglichkeit eines Angestelltenverhältnisses sowie Synergieeffekte durch Arbeitsteilung. Im Gegensatz zum Ausland, wo PVT bereits seit geraumer Zeit in der Primärversorgung verankert sind, existieren in Deutschland bisher nur regionale Modellprojekte, in denen das Arbeiten im Team mit einer Delegation an nicht-ärztliches Personal erprobt und nur teilweise in die Regelversorgung übernommen wurde. Inwieweit PVT als Anreiz für AM zur Niederlassung in ländliche Regionen in Deutschland geeignet sind, gilt es in folgender Arbeit mithilfe einer systematischen Literaturrecherche zu untersuchen. Hierfür wird zunächst im zweiten Kapitel der theoretische Hintergrund näher beleuchtet, indem Einflussfaktoren auf die Niederlassung sowie auf die Primärversorgung in ländlichen Regionen ausgeführt werden. Außerdem wird der aktuelle Forschungsstand dargestellt. Im dritten Kapitel erfolgt die Einführung der Methodik, bei der das Vorgehen der systematischen Literaturrecherche näher definiert wird. Das vierte Kapitel stellt die Ergebnisse vor, wobei ein Fokus auf den Einfluss von PVT bzw. Delegation medizinischer Leistungen auf (i) den Arbeitsaufwand von AM, (ii) den Gesundheitszustand der Patient:innen und (iii) die Niederlassung in ländliche Regionen innerhalb der inkludierten Studien gelegt wird. Daran knüpft die Diskussion an, bei der die Ergebnisse kritisch beleuchtet und vor dem Hintergrund der Präferenzen angehender AM bewertet werden. Im Rahmen dessen werden Möglichkeiten und Grenzen für Deutschland aufgezeigt, inwieweit PVT als Anreiz für AM zur Niederlassung in ländliche Regionen geeignet sind. Zum Schluss werden die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick gegeben.
2. Hintergrund
2.1. Einflussfaktoren auf die Niederlassungsentscheidung
Für eine optimale Gestaltung von Anreizprogrammen für AM zur Niederlassung in unterversorgten Gebieten ist es wichtig die Präferenzen der angehenden Ärzteschaft zu analysieren. Dabei gibt es eine Vielzahl von Einflussfaktoren auf die Niederlassungsentscheidung von AM; diese lassen sich in individuelle und angebotsseitige Faktoren einordnen. Tabelle 1 gibt einen Überblick über alle relevanten Einflussfaktoren respektive deren Ausprägungen und Effekt. Vermehrt wird in der Literatur die ländliche Herkunft mit einem positiven Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit zur Niederlassung in ländlichen Gebieten als einer der signifikantesten Einflussfaktoren festgestellt (Holte et al., 2015; Rabinowitz et al., 2001; McGrail et al., 2011; Ogden et al., 2020). Auch praktische Erfahrungen in ländlichen Regionen im Rahmen einer fachärztlichen Weiterbildung tragen signifikant zur zukünftigen Niederlassung in unterversorgten Regionen bei (Rabinowitz, 1993; Ogden et al., 2020). Berufliche Faktoren wie Karriereaufstiegsmöglichkeiten, Arbeitsaufwand oder das vorliegende Arbeitsmodell spielen für Ärzt:innen in der Entscheidungsfindung zur Niederlassung ebenfalls eine wichtige Rolle (Günther et al., 2010; Roick et al., 2012; Steinhaeuser et al., 2011). Das Einkommen weist in der Literatur verschiedene Effekte auf. Es besitzt einerseits einen nur zweitrangigen Einfluss (Holte et al., 2015; Roick et al., 2012), andererseits bietet es den größten Nutzen (Günther et al., 2010).
Tabelle 1: Einflussfaktoren auf die Niederlassungsentscheidung in ländliche Regionen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„+“:positiver Effekt, „-“: negativer Effekt, Quelle: Eigene Darstellung.
In ihrer Studie führen Günther et al. (2010) ein best-worst-discrete-choice-experiment durch, in dem Präferenzen durch die AM in eine Rangfolge gebracht werden mussten, um diese dann besser miteinander vergleichen zu können und den Gesamtnutzen bei der Niederlassung in ländliche Regionen zu bestimmen. Dabei wird deutlich, dass das Einkommen zwar den größten Nutzen liefert, allerdings einen abnehmenden Grenznutzen aufweist. Die Reduktion von Bereitschaftsdiensten besitzt einen größeren positiven Einfluss auf den Gesamtnutzen als eine Erhöhung des Nettoeinkommens in Höhe von 10.000 Euro. Es geht hervor, dass nicht-monetäre Attribute, wie eine Reduzierung von Bereitschaftsdiensten, Kinderbetreuung vor Ort oder Freizeitmöglichkeiten das zusätzliche Einkommen, was benötigt wird, um AM für die Gegebenheiten auf dem Land zu kompensieren, deutlich reduzieren.
Bei näherer Betrachtung der Einflussfaktoren geht hervor, dass die Niederlassungsentscheidung von AM nicht nur von persönlichen Faktoren abhängt, sondern auch von den Gegebenheiten vor Ort. Eine ausgewogene Work-Life-Balance mit reduziertem Arbeitsaufwand und eine Möglichkeit in einem Angestelltenverhältnis vernetzt mit anderen Kollegen zu arbeiten scheinen angehenden AM wichtig zu sein. Der Einbezug von nicht-monetären Anreizen zur Bekämpfung des Landärztemangels ist unter Berücksichtigung ihrer relativen Wichtigkeit fundamental.
Der erhöhte Arbeitsaufwand, dem AM auf dem Land gegenüberstehen (Farmer et al., 2005; Steinhaeuser et al., 2011) resultiert allerdings aus der vorherrschenden Patientenstruktur, die sich mit einem erhöhten Anteil an älteren Patienten sowie multimorbiden Krankheitsbildern äußert, welche die Rate an Hausbesuchen maßgeblich determinieren (Groenewegen und Hutten, 1995). Ein Mangel an Zeit, der daraus resultiert ist eine wesentliche Ursache für eine geringe Qualität, bzw. nicht bedarfsgerechte Primärversorgung (Calnan und Butler, 1988; Yarnall et al., 2009). Eine Studie aus den USA schätzt, dass für einen durchschnittlichen Patientenstamm von 2.500 Patienten 21,7 Stunden Arbeitszeit pro Tag benötigt werden, um akute Fälle sowie chronisch kranke Patienten zu behandeln, wobei knapp 50% der Arbeitszeit auf Letztere entfällt. Dieser Aufwand ist für einen AM in einer Einzelpraxis nicht umsetzbar, sodass zwangsweise Abstriche in der Qualität und benötigter Zeit in Behandlung gemacht werden müssen, zu Lasten der Patienten. Dieser erhöhte Arbeitsaufwand wirkt sich auch negativ auf das Imagebild eines ländlichen Hausarztes aus, welches dringend revidiert werden muss, um angehende AM in ländliche Regionen zu akquirieren.
Speziell die Arbeit als AM auf dem Land hängt also vom Bedarf der jeweiligen Patientenstruktur ab, einem Faktor, den die Ärztschaft selbst nicht beeinflussen kann. Beeinflussbar sind allerdings Gegebenheiten vor Ort, wie das Personalmanagement und das Arbeitsmodell. Variationen in der Arbeitsbelastung von AM lassen sich z.B. durch angebotsseitige Faktoren, wie das vorherrschende Arbeitsmodell erklären (Farmer et al., 2005). Der mit der Alterung der Gesellschaft verbundene erhöhte Arbeitsaufwand verschärft zusätzlich die Nachfolgeproblematik, sodass relevante Lücken in der Primärversorgung nicht nachhaltig geschlossen werden können. Daher sind bedarfsgerechte, populationsadjustierte Maßnahmen, die gleichzeitig der regionalen Fehlallokationen von AM entgegenzuwirken, notwendig.
2.2. Aktueller Forschungsstand
Die Nachfrage nach primärer Gesundheitsversorgung auf dem Land steigt stetig, während das Angebot an Gesundheitspersonal auf dem Land Restriktionen unterliegt. Gleichzeitig sind auch die finanziellen Ressourcen im Gesundheitswesen begrenzt. Angebotsfaktoren, wie das vorliegende Arbeitsmodell können jedoch beeinflusst werden, sodass eine Möglichkeit dem Landarztmangel entgegenzuwirken, die Bildung von PVT ist. PVT werden international eingesetzt, um die Primärversorgung in ländlichen Regionen sicherzustellen. Dabei ist die Konstellation und Organisation weltweit heterogen (Freund et al., 2015). Das Maß an Verantwortungsübertragung an nicht-ärztliches Personal variiert ebenso von Land zu Land (Martmez-Gonzâlez et al., 2015; Freund et al., 2015; Torrens et al., 2020). Freund et al. (2015) geben einen Überblick, wie PVT international aufgestellt sind respektive wie stark verschiedene Gesundheitsberufe in die Primärversorgung integriert sind. In Australien geht der Trend weg von AM, welche isoliert auf dem Land in Einzelpraxen arbeiten, hin zu PVT mit einem verstärkten Fokus auf Prävention und Disease-Management-Programmen. Auch in Kanada wurde anfangs der 2000er zunehmend in die Primärversorgung investiert, sodass flächendeckend innovative Arbeitsmodelle bestehend aus multidisziplinären Teams implementiert wurden. In den USA wurde ebenfalls schon frühzeitig der demographische Wandel und die damit steigende Nachfrage nach Primärversorgung, insbesondere von chronisch Kranken in der Neustrukturierung des Gesundheitswesens antizipiert. Politikmaßnahmen, die gleichzeitig Kosten senken und die Qualität der Versorgung steigern sollen, basieren auf teambasierter Primärversorgung. In Bezug auf Deutschland, scheint das Ausland in der Entwicklung von PVT vorangeschrittener zu sein. Deutsche AM arbeiten vorwiegend in Einzelpraxen zusammen mit meist einer weiteren nicht-ärztlichen Profession, der medizinischen Fachangestellten. Angesichts der sinkenden Zahl an AM in strukturschwachen Regionen mit gleichzeitig steigender Nachfrage nach Primärversorgung wurde die Rolle der medizinischen Fachangestellten expandiert (van den Berg et al., 2009). Im internationalen Vergleich des Grads an Delegation von Aufgaben liegt Deutschland allerdings weit hinter den USA, Australien und Kanada (Maier und Aiken, 2016).Somit werden diverse Weiterbildungsmöglichkeiten ausgebaut, die die Grundlage für die Delegation an medizinischen Leistungen schaffen sollen (Mergenthal et al., 2016).
Im Allgemeinen ist eine optimale Delegation von Aufgaben an weniger qualifiziertes Personal ohne Effizienz- oder Qualitätsverluste möglich, hängt allerdings von den Gegebenheiten vor Ort ab (Laurant et al., 2009; Karimi-Shahanjarini et al., 2019; Everett et al., 2013). Laurant et al. (2009) nehmen hierbei Bezug auf: die vorliegende Patientenstruktur, Region, gesundheitspolitische Regulierungen, traditionellen
Konzepten oder Rückerstattungsmechanismen. Nichtsdestotrotz zeigen Studien, dass der Miteinbezug von nicht-ärztlichem Personal in die Primärversorgung positiv zur Patientenzufriedenheit und Versorgungsqualität beiträgt (Horrocks et al., 2002; Laurant et al., 2018). Demnach kann nicht-ärztliches Personal medizinische Aufgaben zu einer mindestens genauso guten Qualität bereitstellen, als der AM selbst.
Die dabei entstehenden Kosten, wie Investitionen in die Qualifikation von nichtärztlichen Personal dürfen allerdings nicht außer Acht gelassen werden. Die Literatur ist hierbei heterogen in ihren Ergebnissen. Während Martmez-Gonzâlez et al. (2015) und Dierick-van Daele et al. (2010) Evidenz für Kosten-Effektivität von Delegation von Aufgaben liefern, finden (Venning et al., 2000) keine signifikanten Unterschiede in den Kosten bei der Substitution von AM durch Krankenpfleger:innen. In Hinblick auf den Einfluss von PVT als Anreiz für AM zur Niederlassung in ländlichen Regionen ist die Studie von Chevillard et al. (2019) aus Frankreich die bisher einzige, die dies zum Untersuchungsgegenstand gemacht hat. Dementsprechend sind in diesem Forschungsfeld eindeutig mehr evidenz-basierte Langzeitstudien notwendig, um bestmögliche Lösungen gegen den sich zuspitzenden Landärztemangel zu finden und die Primärversorgung in strukturschwachen Regionen nachhaltig zu sichern. Inwieweit die bestehende Literatur PVT in Hinblick auf das Potential, AM in unterversorgte Regionen zu akquirieren untersucht, wird in den folgenden Kapiteln näher beleuchtet.
3. Methodik
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Dabei wurden die Literaturdatenbanken PubMed, Web of Science und EconLit basierend auf folgendem vorab definierten Suchalgorithmus durchsucht: ("health personnel" OR "medical student*" OR "general practitioner" OR "family practitioner" OR nurse) AND ("medically underserved area" OR retention OR "professional practice location" OR "rural health" OR "rural health services" OR "primary health care" OR "family practice" OR "career choice" OR "rural shortage" OR "shortage area") AND ("training support" OR "physician incentive plans" OR "health planning" OR "GP support" OR "practice assistant" OR "delegation" OR "primary care teams" OR "model project" OR "home visits").
Im Folgenden werden die Einschlusskriterien für den Einbezug an Studien in den systematischen Literaturüberblick vorgestellt. Der eingeschlossene Zeitraum beläuft sich dabei auf Literatur von 1990 bis Juni 2021. Es wurde nur englisch- oder deutschsprachige Literatur mit Volltextzugang aus OECD-Ländern inkludiert. Dabei wurden qualitative, als auch quantitative Studien miteinbezogen. Untersuchungsgegenstand der eingeschlossenen Studien sind Evaluationen von Maßnahmen zur gezielten Hausarztunterstützung durch Bildung von PVT und/oder Delegation von Aufgaben an nicht-ärztliches Personal in Hinblick auf: (i) die Entlastung des Hausarztes durch Übernahme von Hausbesuchen, da dies einer der signifikantesten Einflussfaktoren bei der Niederlassungsentscheidung ist und/oder (ii) den Gesundheitszustand der Patienten, da die Primärversorgung ohne Qualitätsverluste sichergestellt werden muss und/oder (iii) den Einfluss von PVT als Anreiz für AM zur Niederlassung in strukturschwachen ländlichen Regionen. Dabei soll das nicht-ärztliche Personal fest integriert im Team tätig sein, bzw. in der Praxis angestellt und für die Betreuung fester Patientenstämme, z.B. chronischer Kranker, zuständig sein. Die Literatursuche wurde auf den ambulanten Sektor beschränkt, wobei die in den Studien betrachtete Studienpopulation ländliche Regionen sind oder zumindest ein Teil der Studienpopulation auf ländliche Gebiete entfällt. Ausschlusskriterien sind: (i) die vollständige Substitution von AM, da ansonsten der Anreizmechanismus zur Niederlassung in ländliche Regionen nicht gegeben ist, (ii) Studien, die nicht aus OECD-Ländern stammen, (iii) Studien aus dem stationären Sektor, 7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(iv) andere Fachrichtungen als die Allgemeinmedizin und (v) Teams, welche ausschließlich aus nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen zusammengesetzt sind.
Abbildung 1 zeigt mithilfe eines Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta Analyses (PRISMA)-Diagramms (Moher et al., 2009) das Vorgehen von der Identifikation bis hin zur Inklusion der Literatur in den systematischen Überblick. Insgesamt wurden 2.202 Suchergebnisse aus der Recherche in den Datenbanken inklusive zusätzlich identifizierte Literatur durch gesonderte (Schneeball-)Recherche identifiziert. Davon wurden im nächsten Schritt 35 Duplikate entfernt, sodass 2.167 Suchergebnisse nach Titel & Abstract durchleuchtet wurden. Dabei wurden 2.042 Ergebnisse ausgeschlossen, da diese nicht im Kontext der Arbeit verwertbar sind bzw. nicht zu der Beantwortung der Forschungsfrage beitragen. Demnach wurden insgesamt 125 Volltexte auf ihre Eignung überprüft und nach den eingangs erwähnten Einschluss- und Ausschlusskriterien gefiltert. Acht Studien haben die Kriterien erfüllt und sind endgültig in den systematischen Überblick eingeflossen. Das Ergebnis wird mithilfe von Tabelle 2 im nachfolgenden Kapitel vorgestellt und anschließend diskutiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1. PRISMA Diagramm
Eigene Darstellung in Anlehnung an Moher et al. (2009).
4. Ergebnis
4.1. Beschreibung der Studien
Tabelle 2 gibt einen detaillierten Überblick über die im systematischen Literaturüberblick inkludierten acht Studien, bei denen es sich ausschließlich um europäische Studien handelt, wo n = 1 aus Frankreich(FR) (Chevillard et al., 2019), n = 2 aus Deutschland (DE) (van den Berg et al., 2009; Schmiedhofer et al., 2017), n = 2 aus dem vereinigten Königreich (UK) (Edwards et al., 2009; Fisher et al., 2017) und n = 3 aus den Niederlanden (NL) (Smits et al., 2020; Dierick-van Daele et al., 2009; Wensing et al., 2006) stammen. Der zeitliche Rahmen beläuft sich auf 2006 bis 2020. Drei qualitative Studien (van den Berg et al., 2009; Schmiedhofer et al., 2017; Fisher et al., 2017) werten mithilfe von Fragebogen-Daten, die von AM und Patient:innen stammen, die Zufriedenheit der Patient:innen mit der Gesundheitsversorgung aus und fragen ebenfalls nach der Akzeptanz der Versorgung durch nicht-ärztliches Personal. Außerdem wurden Leitfadeninterviews mit den AM geführt, um deren Akzeptanz zur Weitergabe von Aufgaben zu ermitteln. Fisher et al. (2017) untersuchen darüber hinaus die Einschätzung von AM zu möglichen Strategien zur Reduktion des Arbeitsaufwandes.
Eine randomisierte Kontrollstudie evaluiert die Versorgung durch qualifizierte Krankenschwestern anstelle eines AMs mithilfe von Daten aus elektronischen Patientenakten und Fragebögen (Dierick-van Daele et al., 2009). Chevillard et al. (2019) und Smits et al. (2020) verwenden ein Quasi-experimentelles Studiendesign, um den Einfluss von PVT auf die Niederlassung in ländliche Regionen zu untersuchen respektive den Einsatz von Krankenschwestern anstelle von AM in Bereitschaftsdiensten zu evaluieren. Edwards et al. (2009) untersuchen in ihrer nicht-randomisierten Vergleichsstudie die Realisierbarkeit von Hausbesuchen durch Krankenschwestern im Vergleich zu AM. Der Einfluss der Praxisgröße sowie der Delegation von Aufgaben auf den Arbeitsaufwand wird von Wensing et al. (2006) mithilfe einer Querschnittsstudie analysiert. Die Studienpopulationen setzen sich zusammen aus Teams bestehend aus AM, welche als Gatekeeper agieren und Krankenpfleger:innen und/oder medizinische Fachangestellten mit Zusatzqualifikation und/oder Physician Assistants. Die Qualifikationen des nicht-ärztlichen Personals sind allerdings heterogen, sodass die Delegationsleistungen dementsprechend variieren, angefangen bei Gesundheitsmonitoring chronisch kranker Patienten bis hin zur Diagnosestellung, welche in Deutschland allerdings eine nicht-delegierbare Leistung ist. Auf die Qualität und Limitationen der Studien wird in Kapitel 5 eingegangen.
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