Ziel meiner Arbeit ist es den Entwicklungsprozess der höheren bzw. akademischen Frauenbildung im Deutschland des 19. und 20. Jh., unter besonderer Berücksichtigung von Bayern, aufzuzeigen. Dabei gehe ich folgendermaßen vor:
Im zweiten Kapitel beschreibe ich die gängigen Weiblichkeits- und Männlichkeitsideale in der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jh.. Diese Vorstellungen von der „Natur des Weibes“ beeinflussten nicht nur die höhere Mädchenbildung und das Mädchenschulwesen (Kapitel 3), sie bildeten auch die Argumentationsgrundlage der Gegner (siehe Kapitel 4) einer Etablierung des Frauenstudiums. Trotz dieser Proteste gelang es, die Mädchenschulen zu reformieren, die Erlangung des Absolutoriums (Abitur) sicherte den Zugang zur Alma mater (Kapitel 3), die sich auch alsbald für angehende Studentinnen öffnete. Bereits zeitnah wurde zudem deutlich, dass Frauen bestimmte Berufe bevorzugt anstrebten und deshalb Studiengänge wählten, die sie ihrem Berufswunsch näher brachten (Kapitel 5). 100 Jahre später: Wie sieht der aktuelle Stand der akademischen Frauenbildung aus? Welche Herausforderungen müssen bewältigt werden? Diese Fragen gilt es in den Kapiteln 6 und 7 dieser Arbeit beantworten. Zu dieser Arbeit motivierte mich mein Interesse an historischen Themen [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das deutsche Weiblichkeitsideal und die Mädchenbildung
2.1 Die Geschlechtscharaktere von Mann und Frau
2.2 Die Angst vor der weiblichen Verbildung
3. Die Entwicklung und Reform der höheren Mädchenschulen
3.1 Die Mädchenschulen verschiedener Trägerschaft
3.2 Die vorrangige Problemstellung „Abitur“
3.3 Der Zugang zur Alma mater für Frauen
4. Einwände gegen das Frauenstudium
4.1 Die Haltung der gemäßigten Frauenvereine
4.2 Die Vorurteile seitens der Männer
5. Beliebte Studienfächer und Berufe der Frauen
5.1 Das Fach „Medizin“
5.2 Der Studiengang „Höheres Lehramt an Mädchengymnasien“
6. Der aktuelle Stand der akademischen Frauenbildung
7. Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im Herbst 1903 erreichte ein Gesuch des Staatsministeriums des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten den Prinzregenten Luitpold von Bayern mit folgender Bitte:
„Eure Königliche Hoheit möchte allergnädigst zu genehmigen geruhen, dass vom Wintersemester 1903/1904 an Damen, welche das Reifezeugnis eines deutschen humanistischen Gymnasiums oder eines deutschen Realgymnasiums besitzen, zu Immatrikulation an den bayerischen Universitäten zugelassen werden.“[1]
Am 21.09. des o.g. Jahres genehmigte der „Verweser[2] des Königreichs Bayern“ den Antrag - 40 Jahre nach den ersten Universitätsöffnungen für Frauen in Europa z.B. Toulouse (1863), Zürich (1864) und 3 Jahre nach Baden. Der Weg zum ordentlichen Universitätsstudium war von nun an auch für Frauen frei. Es war ein langer, steiniger Weg, den wissenschaftlich interessierte Frauen bis zum erwähnten historischen Ereignis in Bayern, zurücklegen mussten.
Ziel meiner Arbeit ist es den Entwicklungsprozess der höheren bzw. akademischen Frauenbildung im Deutschland des 19. und 20. Jh., unter besonderer Berücksichtigung von Bayern, aufzuzeigen. Dabei gehe ich folgendermaßen vor:
Im zweiten Kapitel beschreibe ich die gängigen Weiblichkeits- und Männlichkeitsideale in der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jh.. Diese Vorstellungen von der „Natur des Weibes“ beeinflussten nicht nur die höhere Mädchenbildung und das Mädchenschulwesen (Kapitel 3), sie bildeten auch die Argumentationsgrundlage der Gegner (siehe Kapitel 4) einer Etablierung des Frauenstudiums.
Trotz dieser Proteste gelang es, die Mädchenschulen zu reformieren, die Erlangung des Absolutoriums (Abitur) sicherte den Zugang zur Alma mater (Kapitel 3), die sich auch alsbald für angehende Studentinnen öffnete.
Bereits zeitnah wurde zudem deutlich, dass Frauen bestimmte Berufe bevorzugt anstrebten und deshalb Studiengänge wählten, die sie ihrem Berufswunsch näher brachten (Kapitel 5).
100 Jahre später: Wie sieht der aktuelle Stand[3] der akademischen Frauenbildung aus? Welche Herausforderungen müssen bewältigt werden? Diese Fragen gilt es in den Kapiteln 6 und 7 dieser Arbeit beantworten.[4]
Zu dieser Arbeit motivierte mich mein Interesse an historischen Themen und dabei entdeckte ich im Internet die Ankündigung einer 2jährigen Wanderausstellung: „Stieftöchter der Alma mater? 90 Jahre Frauenstudium in Bayern“.
Sie war ab November 1993 an bayerischen Universitäten zu sehen, im Sommer 2003 folgte eine ähnliche Ausstellung in der Münchner Residenz namens: „Forschen, Lehren, Aufbegehren – 100 Jahre akademische Bildung von Frauen in Bayern“. Die Begleitbände zu beiden Ausstellungen bilden in erster Linie die literarische Grundlage zu dieser Hausarbeit.
2. Das deutsche Weiblichkeitsideal und die Mädchenbildung
2.1 Die Geschlechtscharaktere von Mann und Frau
Im 18. Jh. waren Leben und Arbeiten noch nicht voneinander getrennt, die Wirtschaftsform des „ganzen Hauses“[5], dominierte noch in der Gesellschaft. Unter dem Begriff „Haus“ ist eine Lebens-, Arbeits- und Rechtsgemeinschaft zu verstehen, zu der die Familie und das Gesinde mit dazu gehörten. Der Familienvater fungierte als Oberhaupt.
Im Zuge der Industrialisierung und Urbanisierung, Ende des 18. Jhs. änderte sich diese Einteilung. Kernfamilie und Gesinde wurden voneinander separiert, äußerlich erkennbar an der Funktionstrennung der Räume und Teilung der Bereiche Leben und Arbeiten. Der bürgerliche Mann ging von nun an einer (Berufs-) Tätigkeit außerhalb des Hauses nach, wofür er monetär entlohnt wurde. Die Frau blieb zu Hause, erledigte die Hausarbeit und war zuständig für die Kindererziehung. Da diese Tätigkeit materiell nicht vergütet wurde, galt sie alsbald als unwirtschaftlich und wurde zur traditionellen (Frauen-) „Beschäftigung“ degradiert. Ideologisch musste diese besondere Form der Aufteilung und Zuständigkeit für Tätigkeitsbereiche als natürliches Verhältnis und Bestimmung der Geschlechter gerechtfertigt werden. Die „typischen“ Geschlechtscharaktere waren geboren. Der Mann galt demnach als aktiv, produktiv, emotionsarm. Durchsetzungsfähigkeit, Verstand und logisches Denken bestimmten das Handeln jedes Mannes. Komplementär dazu überwogen bei der Frau „...Gefühl und sinnliches Empfinden...“[6]. Begriffe wie Schwäche, Hingabe, Bescheidenheit, Liebe, Güte, Religiosität, Schamhaftigkeit und Schönheit verdeutlichen, was man von der bürgerlichen (Ehe-) Frau und Mutter erwartete.
2.2 Die Angst vor der weiblichen Verbildung
In der damaligen Zeit gab es kaum ein abschreckenderes Beispiel für eine „missglückte“ Erziehung als die Metapher einer „Salondame“. Einem „gelehrten Frauenzimmer“[7] mit „Bücherverstand“[8], das an regen Diskussionen in Großstadtsalons teilnahm und dadurch oftmals einen überregionalen Bekanntheitsgrad erreichte.
Für die Mädchen war eine Erziehung angedacht, die sicherstellte...
„...dass auf der einen Seite nichts geschieht, was die Naturbestimmung des Weibes vergeblich...(macht (E.G.)), auf der anderen Seite dem weiblichen Geschlecht soviel Vorschub geleistet wird, als zu Verbesserung seiner Stellung und seiner Einwirkung auf die künftige Generation notwendig ist.“[9]
Es galt also, erwünschte weibliche Eigenschaften frühzeitig in der Erziehung eines Mädchens zu kultivieren, negative Tendenzen zu unterbinden und die Mädchen auf ihre zukünftige Rolle als Ehefrau und Mutter vorzubereiten, ohne diese geistig mit „Unnützem“ für das Alltagsleben zu überfordern. Diese Erziehungsgrundsätze „fungierten“ als indirekter Rahmenlehrplan für die sog. höheren Töchter- oder (Bürger-) Mädchenschulen[10], deren Entwicklung und Reform im nächsten Kapitel beschrieben wird.
3. Die Entwicklung und Reform der höheren Mädchenschulen
3.1 Die Mädchenschulen verschiedener Trägerschaft
Die höheren Töchterschulen hatten eher den Charakter einer Standesschule. Hohes Schulgeld[11], geringe Schülerinnenzahl und die Möglichkeit der gezielten Auswahl der Schülerinnen sicherten die soziale Exklusivität. Die Väter der Schülerinnen kamen fast durchwegs aus dem gehobenen Bürgertum und dem Adel. Dieser besondere Schultypus, überwiegend Ende des 18. Jh. bis ca. 1875 entstanden, gliederte sich in drei verschiedene Trägerschaften auf:
1. Königliche, 2. private und 3. städtische Mädchenschulen.
1. Königliche oder fürstliche Mädchenschulen waren Schulen, die manchmal von Angehörigen der Herrscherfamilien gegründet, i. d. R. von diesen mit bescheidenen finanziellen Mitteln bedacht, oder einfach nur unter königlichen bzw. fürstlichen Schutz gestellt wurden. Diese Förderungen verhalfen den Mädchenschulen zu allgemeinem Ansehen, Lehrpläne dienten wiederum anderen Schulen als Vorbild. 1771 eröffnete Karl Eugen von Württemberg in seiner Residenzstadt Ludwigsburg die „École des Demoisells“[12]. 1774 zog diese Schule nach Stuttgart um und wurde 1787 wieder geschlossen. 1782 gründete Karl Theodor von der Pfalz ein Philanthropin für Mädchen, dieses wurde 1799 vom neuen Herrscher Max Joseph und seinem Reformminister Maximilian von Montgelas aufgelöst. 1818 konnte das Philanthropin als Königliche Carolinenschule, offiziell eine Privatinstitution, jedoch mit Geldern von Stadt und Staat subventioniert, wiedereröffnet werden. Zwei weitere königliche Gründungen folgten in Bayern 1813 und 1817: Das Max-Joseph-Institut in München und eine Schule in Nymphenburg.
2. Private Schulen: König Ludwig I von Bayern, der nicht wie sein Vater Max-Joseph antiklerikal eingestellt war, erlaubte den Lehrorden 1825 nach Bayern zurückzukehren und er übertrug die Nymphenburg-Schule 1836 an die „Englischen Fräulein“. Dieser Lehrorden unterhielt Institute, teils mit angegliederten Internaten, neben München auch in Burghausen, Bamberg, Altötting, Mindelheim und Frankfurt am Main. Die „Ursulinen“[13] hingegen betätigten sich ebenfalls in Bayern aber auch im Rheinland und sogar in Breslau.
Neben den geistlichen Orden riefen auch Privatpersonen höhere Töchterschulen ins Leben. Die größten unten ihnen waren jene von Karoline Rudolphi und Betty Gleim in Bremen. Sie brachten es auf bis zu 80 Schülerinnen im Jahre 1812.[14] Im Gegensatz dazu waren eine Reihe der Töchterschulen nur sehr klein, unterhielten eine bis zwei Klassen, und wurden als „Pensionate“ von seminaristisch gebildeten Direktorinnen geführt, die sich männliche Lehrkräfte halbtags einstellten. Diese Kleinstschulen „überlebten“ nicht lange, teils aus wirtschaftlichen Gründen, aber auch grassierende Infektionskrankheiten mit Todesfolge unter den Schülerinnen konnten das Ende für so manche dieser Einrichtungen bedeuten. Doch nicht nur Frauen betrieben Schulen, vereinzelt auch Männer, wie z.B. Pastor August Hartung in Berlin (Kathedral-Schule) oder Johann Heinrich Meier in Lübeck[15].
Des Weiteren existierten auch Schulgründungen, die auf Elterninitiativen oder auf religiöse Gemeinschaften zurückgingen: z.B. protestantische (in Köln) oder jüdische (in Frankfurt am Main).
In Bayern, Baden und Westpreußen dominierten allerdings weiterhin die katholischen Orden über den einschlägigen Bildungsmarkt. Diesen christlichen Institutionen konnten auch 3., die städtischen Schulen, nicht den Rang ablaufen. Nur wenige Städte und Gemeinden ergriffen selbst die Initiative, kommunale Schulen zu gründen. Häufig waren die Stadträte der Ansicht, diesen „Bildungs-Luxus“ sollten die begüterten Eltern selbst bezahlen oder andere hätten wenigstens für etwaige Defizite aufzukommen. So mussten Kaufleute aus Eberfeld billigen „rote Zahlen“ auszugleichen, bevor der Stadtrat zustimmte, eine ehemals private Bildungsstätte in eine öffentliche umzuwandeln. Aus dem gleichen o.g. Grund weigerte sich die gesetzgebende Versammlung von Württemberg, trotz 30jähriger „Tradition“, weiterhin Gelder an das Katharinenstift abzuführen. Städtische Schulen, denen meist ein männlicher Direktor vorstand, spielten eher in Preußen eine Rolle – in katholischen Gegenden Deutschlands verließ man sich weitestgehend auf die privaten Schulen.
[...]
[1] Bußmann 1993, 39
[2] veraltet: stellvertretender Verwalter
[3] Unter aktuell ist die Entwicklung ab den 1990er Jahren bis dato gemeint.
[4] Da der Umfang dieser Arbeit begrenzt ist, ist es mir nicht möglich auf einschlägige Entwicklungen zwischen den beiden Weltkriegen und nach dem 2. Weltkrieg bis ca. in die 1980er Jahre hinein einzugehen.
[5] Donner 2005, 19
[6] Eulenburg zitiert nach Kirchhoff 1897, 130
[7] Albisetti 2007, 33
[8] Albisetti 2007, 34
[9] Albisetti 2007, 33
[10] Der Begriff „Lyzeum“ für Mädchenoberschulen setzte sich erst nach 1908 durch.
[11] Einige wenige Schulen boten, z.B. für verarmte Adelige, einige (wenige) Stipendien an.
[12] Albisetti 2007, 49
[13] Eine von Angela Merici 1535 in Brescia gegründete Frauengemeinschaft die sich zu einem bekannten Erziehungsorden für Mädchen entwickelte. (vgl. http://de.wikipedia.org...)
[14] Albisetti 2007, 53f
[15] Albisetti 2007, 56
- Citar trabajo
- Dipl.Pflegepäd.(FH) Edita Gössnitzer (Autor), 2008, Die höhere Mädchen- und akademische Frauenbildung im Deutschland des 19. und 20. Jh., Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117968
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.