Diese Arbeit will untersuchen, auf welche Weise das Schlagwort „embryonale Stammzellenforschung“, oder „ES“, und thematisch verwandte Schlagwörter in den Medien eingesetzt und welche semantischen Taktiken dabei angewandt werden, um die eigene Position zu stärken und den Adressatenkreis zu beeinflussen.
Im Rahmen dieser Untersuchung wird der Schwerpunkt auf die Analyse der Beiträge verschiedener Printmedien in Zusammenhang mit oben genanntem Schlagwort in Bezug auf die Typen des politischen Kampfs um Wörter nach Klein (1991) gesetzt.
Lässt sich die Brisanz des Schlagworts an der Häufigkeit des Auftauchens in den Printmedien ablesen? Welche Techniken nach Klein im Kampf um Wörter lassen sich im Textkorpus nachweisen? Welche Schlagwörter werden von den verschiedenen Parteien verwendet, und wie gehen diese dabei vor?
Um diese Fragen zu beantworten und einen theoretischen Hintergrund für meine Ausführungen zu liefern, werden im Folgenden zunächst die Natur und die Funktionen des Schlagworts erläutert. Im Anschluss daran gehe ich auf die verschiedenen Typen des politischen Kampfs um Wörter nach Klein (1989) ein, der eine strukturierte Einteilung der verschiedenen Techniken zur Instrumentalisierung von Sprache zu politischen Zwecken gibt.
Daraufhin untersuche ich konkret das Schlagwort „embryonale Stammzellenforschung“ und versuche zunächst, die Bedeutung des Begriffs an sich zu klären. Im Anschluss daran folgt eine Übersicht über den Diskurs, der die Forschung an embryonalen Stammzellen umgibt. Anhand einer Frequenzanalyse werde ich des Weiteren versuchen, den Verlauf der Verwendung des hier behandelten Schlagworts in ausgewählten Medien aufzuzeigen. Es folgt die qualitative Analyse prägnanter Belege aus einem von mir erstellten Textkorpus, die ich auf die Verwendung diskursrelevanter Schlagwörter und Präsenz der Klein’schen Typen des politischen Kampfs um Wörter hin analysieren werde. Zum Abschluss erläutere ich die Probleme, auf die ich im Rahmen meiner Arbeit gestoßen bin, und gebe einen zusammenfassenden Überblick über meine Ergebnisse.
Besagte Analyse führe ich für den Zeitraum von Anfang 1994 bis Ende 2004 durch, und zwar untersuche ich in diesem Rahmen die Auftrittshäufigkeit des Schlagworts in den Tageszeitungen SÜDDEUTSCHE ZEITUNG und FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, der Wochenzeitung DIE ZEIT und im wöchentlichen Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Das Schlagwort
1.1 Definition
1.2 Funktionen
2 Das Schlagwort in der Politik
2.1 Der politische Kampf um Wörter
2.2 Typen des politischen Kampfs um Schlagwörter
2.2.1 Begriffsprägung
2.2.2 Bezeichnungskonkurrenz
2.2.3. Bedeutungskonkurrenz
2.2.3.1 Deskriptive Bedeutungskonkurrenz
2.2.3.2 Deontische Bedeutungskonkurrenz
2.2.4 Konkurrenz um konnotativen Glanz
3 Untersuchung des Schlagworts „Embryonale Stammzellenforschung“
3.1 Versuch einer Begriffsklärung
3.2 Überblick über den Diskurs
3.3 Analyse des Gebrauchs des Schlagworts „Embryonale Stammzellenforschung“
3.3.1 Frequenzanalyse
3.3.2 Qualitative Analyse
3.3.2.1 Begriffsprägung im ES-Diskurs
3.3.2.2 Bezeichnungskonkurrenz im ES-Diskurs
3.3.2.3 Konkurrenz um konnotativen Glanz im ES-Diskurs
4 Probleme bei der Analyse
4.1 Probleme bei der quantitativen Analyse
4.2 Probleme bei der qualitativen Analyse
5 Resümee
Literaturverzeichnis
Einleitung
Diese Arbeit will untersuchen, auf welche Weise das Schlagwort „embryonale Stammzellenforschung“, oder „ES“, und thematisch verwandte Schlagwörter in den Medien eingesetzt und welche semantischen Taktiken dabei angewandt werden, um die eigene Position zu stärken und den Adressatenkreis zu beeinflussen.
Im Rahmen dieser Untersuchung wird der Schwerpunkt auf die Analyse der Beiträge verschiedener Printmedien in Zusammenhang mit oben genanntem Schlagwort in Bezug auf die Typen des politischen Kampfs um Wörter nach Klein (1991) gesetzt.
Lässt sich die Brisanz des Schlagworts an der Häufigkeit des Auftauchens in den Printmedien ablesen? Welche Techniken nach Klein im Kampf um Wörter lassen sich im Textkorpus nachweisen? Welche Schlagwörter werden von den verschiedenen Parteien verwendet, und wie gehen diese dabei vor?
Um diese Fragen zu beantworten und einen theoretischen Hintergrund für meine Ausführungen zu liefern, werden im Folgenden zunächst die Natur und die Funktionen des Schlagworts erläutert. Im Anschluss daran gehe ich auf die verschiedenen Typen des politischen Kampfs um Wörter nach Klein (1989) ein, der eine strukturierte Einteilung der verschiedenen Techniken zur Instrumentalisierung von Sprache zu politischen Zwecken gibt.
Daraufhin untersuche ich konkret das Schlagwort „embryonale Stammzellenforschung“ und versuche zunächst, die Bedeutung des Begriffs an sich zu klären. Im Anschluss daran folgt eine Übersicht über den Diskurs, der die Forschung an embryonalen Stammzellen umgibt. Anhand einer Frequenzanalyse werde ich des Weiteren versuchen, den Verlauf der Verwendung des hier behandelten Schlagworts in ausgewählten Medien aufzuzeigen. Es folgt die qualitative Analyse prägnanter Belege aus einem von mir erstellten Textkorpus, die ich auf die Verwendung diskursrelevanter Schlagwörter und Präsenz der Klein’schen Typen des politischen Kampfs um Wörter hin analysieren werde. Zum Abschluss erläutere ich die Probleme, auf die ich im Rahmen meiner Arbeit gestoßen bin, und gebe einen zusammenfassenden Überblick über meine Ergebnisse.
Besagte Analyse führe ich für den Zeitraum von Anfang 1994 bis Ende 2004 durch, und zwar untersuche ich in diesem Rahmen die Auftrittshäufigkeit des Schlagworts in den Tageszeitungen SÜDDEUTSCHE ZEITUNG und FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, der Wochenzeitung DIE ZEIT und im wöchentlichen Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL. Ich habe mich für die Betrachtung der Printmedien entschieden, da mir diese zugänglicher und daher auch ergiebiger erscheinen als audiovisuelle Medien wie Hörfunk oder Fernsehen. Auf besagte schriftliche Medien habe ich mich im Konkreten festgelegt, da ich die verschiedenen gegnerischen Positionen angemessen repräsentieren möchte, und es mir in diesem Sinne geeignet erscheint, ein Textkorpus bestehend aus Belegen aus der SZ, dem SPIEGEL und der ZEIT, die sich als eher links einordnen, und der FAZ, die als rechts einzuordnen ist, zu erstellen und zu untersuchen.
Das anscheinende Ungleichgewicht in der Auswahl der Medien in Bezug auf ihre politische Orientierung kommt durch die Schwierigkeit zu Stande, die ich empfunden habe bei der Suche nach weiteren Zeitungen, die als dem rechten Lager zugehörig einzuordnen sind und zu meinem Thema der embryonalen Stammzellenforschung einen Beitrag leisten können. Da allerdings die politische Einordnung der jeweiligen Zeitungen relativ zu den anderen Printmedien zu sehen ist, ist eine klare Grenzziehung meiner Meinung nach auch nicht möglich.
Im Laufe meiner Recherchen habe ich festgestellt, dass sich im Jahr 2001 eine Hochphase der Verwendung abzeichnet, welche im Jahr 2002 schon wieder stark zurückgeht. Aus diesem Grund liegt es nahe, den Zeitraum um 2001 näher auf das Vorkommen des Schlagworts zu untersuchen, so dass man einen gewissen Vor- und Nachlauf hat, was ein klareres Bild über die tatsächliche Brisanzphase liefert.
Die Analyse des Schlagworts „embryonale Stammzellenforschung“ habe ich zum Thema meiner Hausarbeit gewählt, da es mich interessiert, die Verwendung eines Begriffs im Sprachgebrauch zu untersuchen und dabei etwas über den aktuellen Umgang mit Schlagwörtern in unserer Gesellschaft und deren Verwendung zu politischen Zwecken zu lernen. Die Aktualität und Brisanz des konkreten Schlagworts und mein Interesse an der Thematik an sich haben mich dazu bewogen, den Begriff der ES zu analysieren.
Ich beginne nun mit einer Definition des Schlagwortbegriffs.
1 Das Schlagwort
1.1 Definition
Manfred Kaempfert bezeichnet als Schlagwörter Ausdrücke, „in denen sich ein Programm konzentriert oder die eine Zielvorstellung benennen“ (Kaempfert 1990:1200). Solche Wörter werden laut Kaempfert dadurch zum Schlagwort, dass sie „in einer gegebenen Gesellschaft oder Gruppe […] besondere Aktualität und Bedeutung gewinnen“ (Kaempfert 1990:1200).
Josef Klein fügt dieser Definition hinzu, dass Schlagwörter als „Instrumente der politischen Beeinflussung“ (Klein 1989: 11) dienen und dazu verwendet werden, Denken, Gefühle und Verhalten von Menschen zu steuern, soweit diese politisch relevant sind (vgl. Klein 1989: 11).
Thomas Niehr nennt als weitere Charakteristika von Schlagwörtern im Historischen Wörterbuch für Rhetorik einerseits ihre „deutlich erhöhte Gebrauchsfrequenz innerhalb eines bestimmten Zeitraums“ (Niehr i.V.), andererseits aber auch die begrenzte Lebensdauer von Schlagwörtern (vgl. Niehr i.V.). Schlagwörter erfüllen mehrere Funktionen auf einmal, weshalb sie besonders gut zur Propagierung von Positionen und zur Beeinflussung anderer geeignet sind. Im Folgenden werde ich die Einteilung nach Klein (1989) erläutern.
1.2 Funktionen
Nach Klein realisieren Schlagwörter gleichzeitig drei Funktionen:
1. Inhaltliche Charakterisierung des Sachverhalts, die deskriptive Funktion.
2. Bewertung des Sachverhalts, die evaluative Funktion.
3. Appell an die Adressaten, die appellative Funktion (vgl. Klein 1989:12 f.).
Fritz Hermanns fasst die Bewertung des Sachverhalts und den Appell an die Adressaten zur „deontischen Funktion“ zusammen (vgl. Hermanns 1989: 73 f.). Petra Ballnuß erklärt hierzu: „Mit der Bewertung, die ein Sprecher in Bezug auf einen Redegegenstand zum Ausdruck bringt, verbindet sich gleichzeitig der Appell an den Adressaten, sich dieser Bewertung anzuschließen“ (Ballnuß 1996: 31). In der Politik besteht nach Ballnuß die deontische Funktion eines Begriffs meist darin, „eine Befürwortung oder Ablehnung des Redegegenstands zu propagieren“ (Ballnuß 1996: 31).
Nach dieser Einführung in den Begriff des Schlagworts werde ich nun genauer auf ihre Verwendung zur politischen Beeinflussung der Öffentlichkeit eingehen.
2 Das Schlagwort in der Politik
2.1 Der politische Kampf um Wörter
Mit Hilfe von Wörtern und vor allem auch Schlagwörtern versuchen Politiker, die Öffentlichkeit zu beeinflussen und von ihren eigenen Ansichten und Standpunkten zu überzeugen. Wörter sind daher in der Politik oft umkämpft, und politische Diskussionen sind nicht nur Kampf mit Wörtern, sondern auch Kampf um Wörter (vgl. Klein 1989: 11).
Fritz Hermanns beschreibt die Taktiken im Streit um Wörter wie folgt:
„Im politischen Streit um Worte geht es in der Tat für jede Partei darum, daß die Begriffe, mit denen eine Gesellschaft ihre Ordnung, Rechte, Pflichten und Institutionen beschreibt, semantisch so besetzt sind, wie es den Zielen und Interessen dieser Partei entspricht. Dies kann bedeuten, daß sie dafür sorgen muß, daß diese Begriffe in der Tat neu so besetzt werden; ebenso aber auch, daß sie im Streit um Worte dafür sorgen muß, daß sie semantisch so besetzt bleiben wie bisher“ (Hermanns 1989: 73).
2.2 Typen des politischen Kampfs um Schlagwörter
Klein (1991: 50ff.) hat eine Typologie entwickelt, die die verschiedenen Typen des Kampfes um Wörter in der Politik erfasst:
1. Begriffsprägung
2. Bezeichnungskonkurrenz
3. deskriptive Bedeutungskonkurrenz
4. deontische Bedeutungskonkurrenz
5. Konkurrenz um konnotativen Glanz
Auf die einzelnen Strategien werde ich im Folgenden näher eingehen.
2.2.1 Begriffsprägung
Eine Partei, die einen neuen sprachlichen Ausdruck in ihren Sprachgebrauch einführt, prägt diesen Begriff. Meist handelt es sich dabei nicht um einen Neologismus, ein „neugebildetes Wort“ (Der kleine DUDEN Fremdwörterbuch 1991: 281) sondern um die Kombination bereits vorhandener Wörter und Morpheme, die „kleinste bedeutungstragende Gestalteinheit in der Sprache“ (Der kleine DUDEN Fremdwörterbuch 1991: 273). Die Begriffs prägende Partei bestimmt die Verwendungsregeln des neuen Begriffs (vgl. Ballnuß 1996: 34 f.).
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2.2.2 Bezeichnungskonkurrenz
Politisch umstrittene Sachverhalte werden von verschiedenen politischen Gruppierungen häufig mit verschiedenen Schlagwörtern bezeichnet. Diese beziehen sich in einem solchen Fall auf dasselbe politische Thema, werden also referenzidentisch verwendet (vgl. Klein 1989: 17).
Dabei werden die Bezeichnungen so gewählt, dass die Aspekte des politischen Sachverhalts hervorgehoben werden, die die jeweilige Partei betonen möchte. Bei der Wahl der Bezeichnungen wird darauf geachtet, dass sie bei den Zielgruppen Assoziationen wecken, die Zustimmung oder Ablehnung provozieren (vgl. klein 1991: 57). Die konkurrierenden Parteien vermeiden und kritisieren typischerweise den Ausdruck der gegnerischen Partei (vgl. Ballnuß 1996: 34).
2.2.3. Bedeutungskonkurrenz
2.2.3.1 Deskriptive Bedeutungskonkurrenz
Hiermit ist ein Phänomen gemeint, bei dem eine Partei versucht, die deskriptive Bedeutung eines Schlagworts im eigenen politischen Sinn zu verändern, wobei der Ausdruck selbst und die deontische Bedeutung meist unverändert bleiben. Diese Vorgehensweise wir auch als „Besetzen von Begriffen“ bezeichnet (vgl. Klein 1989: 21).
Diese Strategie wird vor allem bei Begriffen verwendet, die Partei übergreifend mit positiver deontischer Bedeutung verwendet werden, wie z.B. Demokratie (vgl. Ballnuß 1996: 33). Die positiven Konnotationen sollen im Bewusstsein der Öffentlichkeit mit der eigenen Partei und der eigenen Politik assoziiert werden (vgl. Klein 1991: 57).
2.2.3.2 Deontische Bedeutungskonkurrenz
Deontische Bedeutungskonkurrenz tritt vor allem in Zusammenhang mit sog. „Fahnen- und Stigmawörtern“, wie Hermanns (1989: 79) sie bezeichnet, auf. Fahnenwörter sind, nach Hermanns, Erkennungswörter einer Partei mit positiver deontischer Bedeutung, mit denen die Partei sich selbst und ihre Ziele charakterisiert (vgl. Hermanns 1989: 79).
Das Pendant zu den Fahnenwörtern bilden die Stigmawörter, die die gegnerische Partei, ihre Ziele und Positionen negativ bewerten und dazu dienen, den Gegner zu diskriminieren (vgl. Frank 1996: 187).
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- Citar trabajo
- Julia Schwenner (Autor), 2005, Analyse des Schlagworts „Embryonale Stammzellenforschung“ am Beispiel ausgewählter Belege, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117777
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