Diese Arbeit unternimmt den Versuch, die liberale Demokratie in Kombination mit einem unkonventionellen Lobbyismusbegriff (öffentlicher Lobbyismus) kritisch-problematisierend und unkonventionell zu betrachten und die Arenaverschiebung des Politischen vom parlamentarischen hin zum außerparlamentarischen Raum genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei verliert der Drang, die eigenen Interessen per parlamentarisch-legislativen Weg seine Interessen durchzusetzen, immer mehr an Bedeutung.
Denn wir leben aktuell in einer pluralen und individualistischen Gesellschaft, in der vielfältige Akteure eine Vielzahl von Meinungen, Interessen und Vorstellungen über die „richtige“ Art des Lebens und Auslebens führen. Anhand des rasanten Anwachsens von unterschiedlichen Koalitionsmodellen auf föderaler Ebene, bei gleichzeitigem Anstieg der Parteien im Bundestag, und Verzwergung der ehemaligen „Volksparteien“, ist dieser Trend der Ausdifferenzierung unübersehbar, insbesondere für Gesellschafts- bzw. Politikwissenschaftler. Doch was die Auswirkungen auf die Organisation der Gesellschaft sind, bleibt bisher oft ungeklärt, und muss noch von der Forschung erschlossen und kartographiert werden.
Der Fokus dieser Arbeit liegt dabei auf den Folgen der Ausdifferenzierung und Pluralisierung der Gesellschaft, insbesondere im Kontext einer liberalen Demokratie.
Daher stellte sich mir die Forschungsfrage: Wie wirkt sich Pluralisierung im Rahmen einer liberalen Gesellschaft auf politische Einflussmöglichkeiten aus?
Meine These ist dabei, dass aufgrund der Vervielfältigung der Interessen, die politische Hauptarena, das Parlament, und damit die Regelung der Gesellschaft durch Gesetze, unbedeutender wird. Stattdessen entsteht ein öffentlicher (Lobbying-)Wettstreit um die Durchsetzung der eigenen Interessen und Vorstellungen per Methoden wie Dramatisierung, Skandalisierung, Naming and Shaming etc., anstatt allgemeinverbindlicher Gesetze, wogegen sich der liberale Staat in Form von einschränkenden Gesetzen aufgrund dessen Prioritäten nicht stellen wird.
Damit steht meine These entgegen dem Zeitgeist eines lobbykritischen Mainstreams (siehe bspw. Colin Crouchs Postdemokratie), in dessen Folge einer angenommenen Mehrheitsmeinung eigentlich eine Erschwerung von Lobbyismus folgen müsste, eben nicht stattfindet. Dabei wird in dieser Arbeit die Frage, ob ein bestimmter Lobbyismus gebraucht wird oder nicht, ausgelassen, sondern eine allgemeine distanzierte Beobachtungshaltung eingenommen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Pluralisierung der Gesellschaft & Liberale Demokratietheorie
- 2.1. Individualisierung und Pluralisierung der Gesellschaft
- 2.2. Liberale Demokratietheorie
- 3. Lobbyismus - Definition, Entwicklung und Begriffseingrenzung
- 3.1. Definition und Verständnis heute
- 3.2. Entwicklung im Rahmen der Politik und darüber hinaus
- 3.3. Begriffseingrenzung
- 4. Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
- 5. Zwischenbetrachtung
- 6. Lobbyismusrahmen und -hürden
- 7. Lobbying im öffentlichen Raum als Arena
- 7.1. Das neue Lobbyregistergesetz - Institutionalisierung?
- 7.2. Entparlamentarisierung
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert kritisch die liberale Demokratie im Zusammenhang mit einem umfassenden Lobbyismusbegriff und untersucht die von der Autorin beobachtete Verschiebung des Politischen in eine neue Arena. Die Arbeit geht von der Prämisse aus, dass in einer pluralen und individualisierten Gesellschaft vielfältige Akteure unterschiedliche Meinungen, Interessen und Vorstellungen über die „richtige“ Lebensweise vertreten.
- Pluralisierung der Gesellschaft und ihre Auswirkungen auf den politischen Einfluss
- Liberale Demokratietheorie und ihre Grenzen in Bezug auf die Interessenvertretung
- Entwicklung und Bedeutung des Lobbyismus in der modernen Gesellschaft
- Verschiebung des politischen Einflussbereichs vom Parlament hin zum öffentlichen Raum
- Der Einfluss des Lobbyismus auf die Spielregeln des politischen Systems
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und These der Arbeit vor, die sich mit der Frage beschäftigt, wie sich Pluralisierung im Rahmen einer liberalen Gesellschaft auf politische Einflussmöglichkeiten auswirkt. Die These der Arbeit ist, dass das Parlament als Hauptarena der Politik durch die Vervielfältigung von Interessen an Bedeutung verliert, während ein öffentlicher (Lobbying-)Kampf um die Durchsetzung eigener Interessen entsteht.
- Kapitel 2: Pluralisierung der Gesellschaft & Liberale Demokratietheorie
Dieses Kapitel beleuchtet die Individualisierung und Pluralisierung der Gesellschaft und ihre Auswirkungen auf die liberale Demokratietheorie. Es werden die Konzepte der Individualisierung und Pluralisierung sowie deren Bedeutung für die Entstehung neuer gesellschaftlicher Strukturen und Interessenvertretungen analysiert.
- Kapitel 3: Lobbyismus - Definition, Entwicklung und Begriffseingrenzung
In diesem Kapitel wird der Lobbyismus definiert, seine historische Entwicklung beleuchtet und der Begriffseingrenzung für die Arbeit vorgenommen.
- Kapitel 4: Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
Dieses Kapitel widmet sich dem Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre und dessen Rolle im Kontext des Lobbyismus.
- Kapitel 5: Zwischenbetrachtung
Das Kapitel bietet eine Zwischenbetrachtung und fasst die bisher erarbeiteten Erkenntnisse zusammen.
- Kapitel 6: Lobbyismusrahmen und -hürden
Dieses Kapitel untersucht den rechtlichen Rahmen und die Hürden, die für Lobbyismus bestehen.
- Kapitel 7: Lobbying im öffentlichen Raum als Arena
In diesem Kapitel wird das Lobbying im öffentlichen Raum als neue Arena des politischen Einflusses betrachtet. Es analysiert die Auswirkungen des neuen Lobbyregistergesetzes und die Entparlamentarisierung im Zusammenhang mit dem Lobbyismus.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie liberale Demokratie, Pluralisierung der Gesellschaft, Lobbyismus, politische Arenaverschiebung, Entparlamentarisierung und dem neuen Lobbyregistergesetz. Die Arbeit untersucht die Auswirkungen der Pluralisierung auf politische Einflussmöglichkeiten und die Rolle des Lobbyismus im modernen politischen System.
- Citar trabajo
- Maximilian Fiedler (Autor), 2021, Unkonventioneller Lobbyismus. Politische Arenaverschiebung in der liberalen Demokratie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1176106