Sigmund Freuds radikalster Schüler, Wilhelm Reich, wurde am 24. März 1897 in Dobrzanica, einem kleinen Ort im Osten von Galizien, in Spanien, geboren. Kurz nach seiner Geburt siedelten seine vermögende Eltern nach Bukowina in der heutigen Ukraine um, wo Wilhelm aufwuchs. Seine Eltern entstammten jüdischen Familien, lebten allerdings ihre Religion nicht aus, sodass weder Wilhelm noch sein jüngerer Bruder Robert eine religiöse Erziehung erhielten. Durch die Umgebung in seiner Kindheit waren ihm, wie er später in seinem Tagebuch schrieb, die natürlichen Lebensfunktionen, vor allem die sexuellen, von Anfang an selbstverständlich gewesen. So hatte er zum Beispiel sein erstes sexuelles Verlangen angeblich im Alter von vier Jahren, als er auf einer Hausangestellten lag und an ihrer Schambehaarung zupfte , und mit 11 Jahren seinen ersten Koitus mit einer Köchin. Seine Eltern verlor Wilhelm auf tragische Weise in seiner Jugend: seine Mutter verübte 1911 Selbstmord, nachdem ihre aktuelle Affäre mit Wilhelms Hauslehrer entdeckt wurde, sein Vater starb drei Jahre danach an Tuberkulose. Bei dem Selbstmord seiner Mutter spielte Wilhelm eine besondere Rolle, er verriet nämlich die Affären seiner Mutter dem Vater, unter welchen er seine ganze Jugend wegen dessen Narzissmus und Sadismus gelitten hatte. Sein Leben lang fühlte er sich wegen dieses Verrates schuldig.
Zum Studium der Medizin ging Wilhelm Reich nach Wien, wo er den Psychoanalytiker Sigmund Freud kennen lernte und sein Schüler sowie Anhänger wurde. 1919 praktizierte er bereits Psychoanalyse und wirkte intensiv in der Psychoanalytischen Gesellschaft mit. Im Jahr 1922 promovierte er dann zum Doktor der Medizin. Da er der sexuellen Unterdrückung in der Jugend wie auch der Zwangsehe entgegen wirken wollte, gründete er 1929 die ersten Sexualberatungsstellen in Wien und wurde 1931 Initiator der „Sexpol“-Bewegung, dem Deutschen Reichsverband proletarischer Sexualpolitik. Diese Bewegung hatte sich unter anderem zur Aufgabe gemacht, Jugendlichen Empfängnisverhütung und eine kostenlose Schwangerschaftsunterbrechung zu ermöglichen.
Als Arzt und Wissenschaftler erstrecken sich seine Werke von der Soziologie über die Biologie, Physikochemie, Physik und Biophysik. Allerdings war Reich immer äußerst umstritten. Seine ersten Schriften waren noch tief in der Psychoanalyse verwurzelt und an Freud orientiert.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Grundlagen der Vegetotherapie und Bioenergetik
- 1.1 Der Gründer der Vegetotherapie – Wilhelm Reich (1897-1957)
- 1.2 Fortführung der Lehre Freuds
- 1.3 Reichs Vorstellungen
- 1.4 Der Aufbau des Charakters
- 1.5 Der Körperpanzer
- 2 Therapeutische Körperarbeit – die Vegetotherapie
- 3 Von der Orgontherapie zur Bioenergetik
- 4 Kritische Würdigung Reichscher Ansätze
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Seminar befasst sich mit der Vegetotherapie und Bioenergetik als therapeutische Interventionen. Es soll ein Einblick in die Grundprinzipien, die Geschichte und die theoretischen Grundlagen dieser Ansätze gegeben werden, sowie deren Einfluss auf die Praxis der Psychotherapie.
- Die Entwicklung der Vegetotherapie und Bioenergetik aus der Psychoanalyse
- Reichs Konzept des Energiehaushaltes und der orgastischen Potenz
- Die Rolle des Körpers in der Therapie
- Kritische Würdigung der Reichschen Ansätze
Zusammenfassung der Kapitel
1 Grundlagen der Vegetotherapie und Bioenergetik
Dieses Kapitel behandelt den Gründer der Vegetotherapie, Wilhelm Reich, und seine bioenergetischen Ansätze. Es stellt Reichs Leben, seine Entwicklung als Schüler Freuds und seinen frühen Einfluss auf die Psychoanalyse dar. Die frühen Schriften Reichs werden als konsequente Weiterführung der Freudschen Werke betrachtet, und es wird auf Reichs Auseinandersetzung mit dem Libido-Begriff und die Bedeutung des Energiehaushaltes für die Entstehung und Aufrechterhaltung neurotischer Störungen eingegangen.
2 Therapeutische Körperarbeit – die Vegetotherapie
Dieses Kapitel befasst sich mit der therapeutischen Körperarbeit, die in der Vegetotherapie eine zentrale Rolle spielt. Es wird die Bedeutung der Körperwahrnehmung und des Körperausdrucks in der Therapie thematisiert.
3 Von der Orgontherapie zur Bioenergetik
Dieses Kapitel zeichnet die Entwicklung der Orgontherapie und die Entstehung der Bioenergetik nach. Es geht auf Reichs umstrittene Theorien zur Orgon-Energie ein und beschreibt den Einfluss seiner Arbeit auf die Entwicklung der Bioenergetik.
Schlüsselwörter
Vegetotherapie, Bioenergetik, Wilhelm Reich, Sigmund Freud, Libido, Energiehaushalt, Orgasmus, Körperarbeit, Körperpanzer, Orgon-Energie
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Psych. (Univ.) Cindy Bönhardt (Autor:in), 2005, Vegetotherapie und Bioenergetik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117546