Der Prähistoriker Jan Lichardus hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Kupferzeit als eine zusätzliche historische Epoche zu etablieren. Der vorliegende Aufsatz beschäftigt sich mit diesem Vorhaben und stellt sich die Frage, inwieweit Lichardus in seiner Argumentation zugestimmt werden kann.
Inhalt
1. Einleitung
2. Definition einer historischen Epoche
3. Datierung der Kupferzeit
4. Einfluss der Steppenvölker?
5. Kennzeichnende Merkmale
5.1 Metallurgie
5.2 Ackerbau
5.3 Domestizierung von Schaf und Pferd
6. Schluss
7. Literaturverzeichnis
a. Internet-Quellen
b. Schriftliche Literatur
8. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
„Eine historische Gliederung hat stets zwei Aufgaben: erstens, das Geschehen in einem begrenzten Raum zu ordnen und zweitens, dieses regionale Geschehen überregional in ein System der Weltgeschichte einzufügen. Diese beiden Aufgaben verbieten dem Historiker, sich leichtfertig über das Problem der Existenz oder Nichtexistenz einer historischen Epoche hinwegzusetzen.“1 Mit diesem Satz bezieht sich der deutsch-slowakische Prähistoriker Jan Lichardus auf den anhaltenden Versuch mehrerer wissenschaftlicher Disziplinen, die menschliche Geschichte in verschiedene Zeitabschnitte einzuteilen. Es sind vor allem die Geschichtswissenschaft und die Archäologie, die in diesem Zusammenhang zu nennen sind, liefern sie doch eine sich gegenseitig ergänzende Epocheneinteilung.2
Doch diese Einteilung ist in der Forschung keinesfalls unumstritten. So hat es sich Lichardus zur Aufgabe gemacht, die europäische Kupferzeit – die einen seiner Forschungsschwerpunkte darstellte – als zusätzliche historische Epoche zu etablieren. Dazu leitete er 1988 in Saarbrücken und in der Europäischen Akademie Otzenhausen ein Symposium, das sich dieser Thematik widmete. Die vorliegende Arbeit möchte sich auf Basis des Buches ‚Die Kupferzeit als historische Epoche‘ – das Saarbrückener Beiträge zur Altertumskunde beinhaltet – der Frage widmen, wie das Anliegen des Prähistorikers zu bewerten ist.
2. Definition einer historischen Epoche
Bevor darüber diskutiert werden kann, ob die Kupferzeit als historische Epoche zu bezeichnen ist, muss zunächst darauf eingegangen werden, was eine historische Epoche ist. In der Geschichtswissenschaft gibt es nicht nur unterschiedliche Definitionen des Begriffs, sondern auch unterschiedliche Meinungen darüber.
Historisch gesehen habe sich das moderne Verständnis der Bezeichnung – nach dem die ‚Epoche‘ synonym zur ‚Periode‘ für die qualitative Unterscheidung der historischen Entwicklungsstufen der Menschheit steht – im Zuge der Französischen Revolution durchgesetzt. Die Aufklärung und die Umwälzungen des 18. Jahrhunderts hätten den Term auf und in die Geschichte übertragen und „die Idee ihrer mit dem Zeitverlauf fortschreitenden und von ihm bedingten Differenzierung und Entwicklung [gebildet], in der ein Zustand der Dinge oder Ereignisse einem anderen folgt.“3,4
Das Lexikon der Geschichtswissenschaft nennt den Epochen-Begriff eine „Kategorie zur Periodisierung der Geschichte“5. Er bezeichne im allgemeinen Verständnis einen „Zeitabschnitt, dessen Anfang und Ende durch markante Zäsuren bzw. durch einen qualitativen Wandel der Verhältnisse gekennzeichnet werden.“6 Im Wörterbuch zur Geschichte ist ergänzend die Rede von einem „Zeitpunkt, bei dem etwas Neues beginnt, ein neues Moment bestimmend in die Entwicklung eintritt, ein Ereignis dem Lauf der Dinge eine neue Richtung gibt.“7
Im Historisch Kritischen Wörterbuch des Marxismus wird dem Wort Epoche eine Doppelbedeutung zugemessen. Einerseits wird es dort als eine in sich homogene Periode bezeichnet, da dies die gemeinhin akzeptierte Vorstellung sei. Eine Epoche könne aber auch einen Bruch bezeichnen: „Zeitlich ausgedehnt wird ein Zeitalter so als reines Übergangsstadium aufgefasst.“8 Begriffe wie ‚Revolution‘ bezögen sich auf den Punkt oder den Bruch, hinter dem eine grundlegend andersartige Epoche liege. Zeitabschnitte hingegen würden eingeteilt in vorrevolutionäre, nachrevolutionäre und solche, in denen das gleichförmige Tagesleben sich fortsetze, ohne dass besondere Veränderungen am Horizont aufscheinen.9
Der deutsche Historiker und Historiograph Franz Leopold Ranke (1795 – 1886) betonte vor allem das diskontinuierliche Element des Epochen-Begriffs. Alle Zeitabschnitte hätten ihre besondere Tendenz und ihr eigenes Ideal. „Jede Epoche ist unmittelbar zu Gott, und ihr Wert beruht gar nicht auf dem, was aus ihr hervorgeht, sondern in ihrer Existenz selbst, in ihrem Eigenen selbst.“10 Interpretiert wird Rankes Aussage im Historisch Kritischen Wörterbuch – auf die Weise, „dass nämlich jedes Zeitalter es wert sei, untersucht zu werden.“11,12
Allerdings erweist sich laut dem Wörterbuch zur Geschichte die verbindliche Begrenzung einer Epoche durch feste Daten wie Epochenjahre oder Epochenpunkte als unmöglich. „Auch die Periodisierung begrenzter Zeiten oder Räume weist Überschneidungen, Zufälligkeiten, Einseitigkeiten auf, z.B. in der verschiedenartigen Provenienz der Epochenbezeichnungen, in der nationalen Verengung bis zur mehrfachen Benennung derselben Einheit.“13 Laut dem Lexikon Geschichtswissenschaft hat insbesondere die Geschichtstheorie daher seit langem Vorbehalte gegen die Verwendung des Begriffs ‚Epoche‘. Er genüge nicht, um die vielfältigen Kulturen und geschichtlichen Teilentwicklungen einer Weltzivilisation zu erfassen.14
3. Datierung der Kupferzeit
Unabhängig davon, ob die Bezeichnung treffend ist oder nicht: Um zu überprüfen, ob die Kupferzeit als eine historische Epoche angesehen werden kann, muss sie zunächst zeitlich eingeordnet werden – zumindest, wenn es nach Jan Lichardus geht: „Voraussetzung für alle historischen Forschungen ist die Zeitbestimmung des Geschehens, weil man nur so die historischen Prozesse untersuchen, verstehen und vergleichen kann.“15 Für ihn stellt die Kupferzeit Alteuropas16 eine lang andauernde Entwicklung dar, die sich schätzungsweise über eine Spanne von 1.500 Jahren erstreckt haben soll. Sie habe um die Mitte des 4. Jahrtausends begonnen und um 1.900 v. Chr. mit der Entstehung der mitteleuropäischen frühen Bronzezeit geendet.17
Allerdings muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass es neben Lichardus noch andere Wissenschaftler gibt, die die Zeitspanne der Kupferzeit anders deuten. Laut aktuellem Forschungsstand ist diese – zumindest noch – nicht präzise bestimmbar. So beschreibt zum Beispiel Florian Neukirchen in seinem Buch ‚Von der Kupferzeit zu den seltenen Erden‘, dass Menschen unter anderem auf dem Balkan Kupferminerale und gediegen18 Kupfer schon im Neolithikum verwendet hätten. Spuren des Kupferbergbaus und erste gegossene Kupferobjekte gäbe es ab dem Ende des 6. Jahrtausends v. Chr.19
Neukirchen verweist zur zeitlichen Einordnung des Chalkolithikums auf einen Fund von Kupferschlacken in Belovode, einer Ausgrabung auf einem abgelegenen Bergplateau 140 Kilometer südlich von Belgrad. Bisherige Funde ordneten die Entwicklung der Kupferverhüttung auf dem Balkan durch die Vinča-Kultur in die Zeit kurz vor 5.000 v.Chr. ein. (siehe Abb. 1) „Irgendwann tauchten auch in Mitteleuropa exotische, vom Balkan importierte Objekte auf, und um 3.800 v.Chr., also nach mehr als 1.000 Jahren, hatte sich das Know-how über die Karpaten bis in die Alpen und ins Elbe-Saale-Gebiet verreitet.“20,21
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1 Lichardus, Jan, Die Kupferzeit als historische Epoche. Ein forschungsgeschichtlicher Überblick, in: Lichardus, Jan, Die Kupferzeit als historische Epoche. Teil 1, Bonn 1991, S. 13.
2 Die Einteilung beginnt mit der Mittelsteinzeit, gefolgt von der Jungsteinzeit, der Bronzezeit und der Eisenzeit, an die sich die Römische Kaiserzeit anschließt. (vgl. Epochen in: Archäologisches Landesmuseum Brandenburg, siehe: https://www.landesmuseum-brandenburg.de/das-museum/dauerausstellung/epochen/, letzter Aufruf: 11.03.2019.)
3 Riedel, M., Epoche. Epochenbewusstsein, in: Gabriel, Gottfried u.a., Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 2, 1972, S. 597.
4 Vgl. Bayer, Erich; Wende, Frank, Wörterbuch zur Geschichte, Stuttgart 1995, S. 135.
5 Jordan, Stefan, Lexikon der Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe, Stuttgart 2003, S. 70f.
6 Ebd.
7 Bayer, Erich; Wende, Frank, Wörterbuch zur Geschichte, Stuttgart 1995, S. 135.
8 Haug, Wolfgang Fritz, Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus, Berlin, 1997, S. 660.
9 Vgl. ebd., S. 673.
10 Bayer, Erich; Wende, Frank, Wörterbuch zur Geschichte, Stuttgart 1995, S. 135.
11 Haug, Wolfgang Fritz, Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus, Berlin, 1997, S. 675.
12 Vgl. ebd., S. 673.
13 Bayer, Erich; Wende, Frank, Wörterbuch zur Geschichte, Stuttgart 1995, S. 135f.
14 Vgl. Jordan, Stefan, Lexikon Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe, Stuttgart 2002, S. 70.
15 Lichardus, Jan, Die Kupferzeit als historische Epoche. Ein forschungsgeschichtlicher Überblick, in: Lichardus, Jan, Die Kupferzeit als historische Epoche. Teil 1, Bonn 1991, S. 13.
16 Bezeichnet in einer alternativen Gliederung der europäischen Geschichte das Zeitalter vor dem Beginn der Industrialisierung. (vgl. Schwerhoff, Gerd, Epochenschwelle oder Alteuropakontinuität? Der Übergang vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit in der neueren Forschung (2000), siehe: https://www.fernuni-hagen.de/EUROLIT/US/praes/m0510/kre5schwerhoff.html, letzter Aufruf: 11.03.2019.)
17 Vgl. Lichardus, Jan, Die Kupferzeit als historische Epoche. Ein forschungsgeschichtlicher Überblick, in: Lichardus, Jan, Die Kupferzeit als historische Epoche. Teil 1, Bonn 1991, S. 27.
18 Bezeichnung in der Mineralogie für das Vorkommen von reinen chemischen Elementen in der Natur. (vgl. Freiesleben, Johann Carl (Hrsg.), Abraham Gottlob Werners letztes Mineral-System, Craz und Gerlach, Freyberg und Wien 1817, S. 17.)
19 Vgl. Neukirchen, Florian, Von der Kupfersteinzeit zu den Seltenen Erden, Heidelberg 2016, S. 28.
20 Neukirchen, Florian, Von der Kupfersteinzeit zu den Seltenen Erden, Heidelberg 2016, S. 29.
21 Vgl. ebd., S. 27.
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