„Was wird warum gelesen?“ – Eine Frage, die die Leserforschung den Zeitungsmachern beantworten kann. Durch immer differenziertere Messungen des „Was“ und einer Analyse der so als beachtet identifizierten Beiträge will sie mit dem resultierenden „Warum“ Rezepte liefern, die die Qualität eines Mediums erhöhen können. Dies gilt sowohl für die redaktionellen Inhalte als auch für deren Gestaltung.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden ausgewählte Fragestellungen und Methoden der Leserforschung vorgestellt und die gewonnenen makrotypografischen Erkenntnisse zur Zeitungsgestaltung zusammengestellt. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Wirkung der Makrotypografie, die sowohl auf der Seite als auch im einzelnen Artikel wesentlich zur Orientierung des Lesers beträgt.
Wie bereits erwähnt, beschäftigt sich die Leserforschung auch mit Qualität. Dabei geht es im Rahmen dieser Arbeit ausdrücklich nicht um die inhaltlichen Qualitäts-Dimensionen von Journalismus wie Aktualität, Relevanz, Richtigkeit und Vermittlung. Soweit anwendbar werden jedoch Ergebnisse von Studien aus diesem Forschungsgebiet herangezogen. Vielmehr steht die andere Betrachtungsebene, die gestalterische Qualität kompletter Seiten, im Mittelpunkt des Interesses.
Gute, qualitätvolle Gestaltung ist in diesem Sinne gleichbedeutend mit erfolgreicher Gestaltung. Ziel aller Bemühungen in dieser Richtung ist es, eine hinreichende Verweildauer bei einem Artikel oder auf einer Seite zu erreichen. Dies ist sowohl für das Zustandekommen einer journalistisch gewünschten Wirkung auf den Leser im Sinne der Vermittlung als auch für den kommerziellen Erfolg eines auch durch bezahlte Anzeigen finanzierten Produktes unerlässlich.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Leserforschung zur Gestaltung
2.1 Ausgewählte Methoden der Leserforschung
2.2 Ausgewählte Studienergebnisse
3 Resultierende Anforderungen an die Gestaltung
4 Zusammenfassung
Literatur
1 Einleitung
„Was wird warum gelesen?“ – Eine Frage, die die Leserforschung den Zeitungsmachern beantworten kann. Durch immer differenziertere Messungen des „Was“ und einer Analyse der so als beachtet identifizierten Beiträge will sie mit dem resultierenden „Warum“ Rezepte liefern, die die Qualität eines Mediums erhöhen können. Dies gilt sowohl für die redaktionellen Inhalte als auch für deren Gestaltung (Rager, Graf-Szczuka et al. 2006: 8).
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden ausgewählte Fragestellungen und Methoden der Leserforschung vorgestellt und die gewonnenen makrotypografischen Erkenntnisse zur Zeitungsgestaltung zusammengestellt. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Wirkung der Makrotypografie, die sowohl auf der Seite als auch im einzelnen Artikel wesentlich zur Orientierung des Lesers beträgt.
Wie bereits erwähnt, beschäftigt sich die Leserforschung auch mit Qualität. Dabei geht es im Rahmen dieser Arbeit ausdrücklich nicht um die inhaltlichen Qualitäts-Dimensionen von Journalismus wie Aktualität, Relevanz, Richtigkeit und Vermittlung. Soweit anwendbar werden jedoch Ergebnisse von Studien aus diesem Forschungsgebiet herangezogen. Vielmehr steht die andere Betrachtungsebene, die gestalterische Qualität kompletter Seiten, im Mittelpunkt des Interesses.
Gute, qualitätvolle Gestaltung ist in diesem Sinne gleichbedeutend mit erfolgreicher Gestaltung. Ziel aller Bemühungen in dieser Richtung ist es, eine hinreichende Verweildauer bei einem Artikel oder auf einer Seite zu erreichen. Dies ist sowohl für das Zustandekommen einer journalistisch gewünschten Wirkung auf den Leser im Sinne der Vermittlung als auch für den kommerziellen Erfolg eines auch durch bezahlte Anzeigen finanzierten Produktes unerlässlich.
2 Leserforschung zur Gestaltung
Zur weiteren Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes soll nun die Mehrdimensionalität des Begriffes Zeitungsgestaltung dargelegt werden. Der Begriff umfasst zuallererst die Funktion von Gestaltung auf einer Zeitungsseite; die Organisation von Wahrnehmung und Vermittlung von Wirkung. Für eine fruchtbare Einteilung hat der Schweizer Jost Hochuli Anfang der achtziger Jahre die Begriffe Mikro- und Makrotypografie (siehe Abb. 1) geprägt (Hochuli, 1989: 7). Danach bezeichnet die Mikrotypografie die Parameter der Zeichen (Schriftart, -stil, -größe und Zeichenabstand) und der Zeile (Wortabstand, Zeilenabstand, Zeilenbreite und Spaltenzwischenraum). Die Makrotypografie hingegen bezeichnet die „Verteilung der einzelnen Elemente eine Zeitungsseite und deren Zusammenspiel“ (Hingst, 1992: 97). Sie umfasst die Struktur und Gliederung von Textabschnitten sowie das Zusammenspiel und die Anordnung von Schrift, Bild, Illustration, Farbe und Fläche.
Abbildung 1: Die Dimensionen des Begriffs Zeitungsgestaltung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung nach Hochuli (1987) und Hingst (1992, 2006)
Die Makrotypografie ist insofern besonders relevant, da sie den Bereich der Gestaltung betrifft, auf den die Seitengestalter und Redakteure in ihrer täglichen Arbeit den meisten Einfluss haben. Alle anderen Parameter sind in der Regel bereits in Stilbüchern oder vergleichbaren Dokumenten für das jeweilige Medium festgelegt und in den genutzten Satzprogrammen als Vorlagen unveränderbar vorgegeben.
Bringt man den bereits eingeführten Funktionsbegriff der Zeitungsgestaltung, die Organisation von Wahrnehmung und die Vermittlung von Wirkung, in Verbindung mit den Elementen der Makrotypografie, so kann man von „kleinsten Bedeutungseinheiten“ und deren Anordnung sprechen (Hingst 2006: 104).
Im folgenden Abschnitt soll gezeigt werden, welcher Methoden sich die Leserforschung bedienen kann und welche Aussagen aktuelle Studien über die Art und die wünschenswerte Beschaffenheit dieser Bedeutungseinheiten und ihre Anordnung im Beitrag und auf einer Zeitungsseite machen können.
2.1 Ausgewählte Methoden der Leserforschung
2.1.1 Leserforschung mit Copytests
Die Hauptinstrumente der Leserforschung sind die Befragung und die Beobachtung sowie Kombinationen der beiden Instrumente (Hingst, 2006: 106). Von herausragender Bedeutung unter den Befragungsinstrumenten sind die Copytests. Sie entsprechen methodisch einem von dem amerikanischen Medienforscher Daniel Starch seit 1931 verwendeten Starch-Test. Er ist das klassische Wiedererkennungsverfahren (Recognition-Test) der Leserschaftsforschung, das auch heute noch in dieser Form durchgeführt wird. Auf ihm beruhen die in Deutschland bedeutenden Anzeigen-Copytests (ACT) der Zeitungs-Marketing Gesellschaft (ZMG), die dabei Standardmäßig 250 Leser der Testzeitung befragt. Mit Hilfe des Anzeigen-Copytests lassen sich der Werbeerfolg von Anzeigen und die Medialeistung der Zeitung sehr anschaulich und überzeugend dokumentieren (Donnerstag).
Koschnick (2003) definiert den Copytest als ein Verfahren der Originalheftmethode, bei dem den Befragten ein tatsächlich erschienenes Exemplar des Mediums präsentiert wird. Ziel ist die Messung der Werbewirkung. Es werden drei Größen der Wirkung ermittelt. Der Noted Score gibt den Anteil (Prozentsatz) der Befragten an, die angeben, dass sie eine den Untersuchungsgegenstand darstellende Anzeige oder auch einen redaktionellen Beitrag bemerkt haben (Beachtungswert). Der Seen/Associated Score bestimmt den Anteil der Leser, die angegeben haben, die Anzeige bemerkt zu haben (ad noters) und auch das beworbene Produkt, den Werbenden oder den Markennamen richtig erinnern. Der Read most Score steht für den Anteil der Leser, die eine bestimmte Seite oder Anzeige gesehen und wenigstens die Hälfte ihres Textes gelesen haben.
Der Starch-Test ist praktisch identisch mit dem normalen Copytest. Gegen das Verfahren wird aus methodologischer Sicht vor allem eingewandt, dass es eher spontane Bewertungen der in die Erhebung einbezogenen Testanzeigen und weniger eine verlässliche Wiedererkennung erfasst, weil die Angaben der Befragten dabei ungeprüft übernommen und akzeptiert werden. Weiterhin werden so bestenfalls Einschätzungen über gestalterische Maßnahmen erhoben, nicht jedoch ihre Wirkung auf das Leseverhalten (Hingst 2006: 106).
Weitere in der Leserforschung genutzte Befragungsinstrumente sind Interviews, Gruppengespräche, Lautes Denken und Benchmarking. Der Vorteil mündlicher wie auch schriftlicher Befragungen ist der mögliche hohe Grad der Standardisierung. Die im Vergleich zu anderen Methoden geringen Kosten ermöglichen hohe Fallzahlen. Somit können auch repräsentative Leserdaten erhoben werden (Hingst ebd.). Trotz dieser Vorteile bleiben die Reaktivität der Befragung, die Verzerrung durch die soziale Erwünschtheit und die ausschließliche Abfrage von retrospektiven Einschätzungen als Nachteile zu nennen.
2.1.2 Leserforschung durch Benchmarking
Mit der Methode des Benchmarking wird die tatsächlichen Leistung eines Produktes oder Dienstes nach Maßgabe einer definierten Anforderung mit Hilfe eines Messsystems und einer Bezugsgröße ermittelt. Der Benchmark (Bezugspunkt, Markierung) ist dabei der Referenzpunkt einer gemessenen Bestleistung (Haller 2004: 2f).
Für den Bereich der Massenmedien ist der Medienmarkt als Bezugsraum anzusehen. Herausforderung dieser Methode im journalistischen Umfeld ist die Ermittlung quantifizierbarer Merkmale, die für journalistische Leistungen aussagekräftig sind. Dazu müssen zuverlässige Messinstrumente und Bezugsgrößen für jedes Merkmal gefunden werden. Anhand dieser Skalen werden dann die Leistungsmerkmale in einem Vergleichstest ermittelt und anhand der Bezugsgrößen bewertet (Haller 2004: 3).
2.1.3 Leserforschung durch Beobachtung und Blickregistrierung
Die Ursprünge der Beobachtung des Leserverhaltens liegen in den Studien zur Lesbarkeit und Lesegeschwindigkeit von Miles Tinker (Hingst 1992: 97f, auch Tinker 1965, Zachrissson 1965, Rehe 1981). Mit den modernen Methoden der Blickverfolgung hatten diese Untersuchungen, die sich ausschließlich auf der Ebene der Mikrotypografie bewegten, jedoch noch nichts zu tun. Ihre Blickregistrierung beruhte noch auf der Beobachtung der Leser.
Heute wird die Blickregistrierung (eye tracking) mit einer Blickverlaufskamera realisiert. Die Augenbewegungen des Lesers werden dazu beim Betrachten einer realen Zeitungsseite von einer Helm-Kamera mit einem halbdurchlässigen Augenspiegel berührungslos aufgezeichnet. Die Augenbewegungen überlagern in der Video-Aufzeichnung das Bild der betrachteten Zeitungsseite. Ein Punkt markiert dabei im Videobild den Punkt des schärfsten Sehens (Fovea). Eine Computerauswertung dieser Daten kann nun Punkte auf der Seite identifizieren, die besonders häufig und besonders lange fixiert wurden.
Aus der Dauer der Fixationen eines Punktes soll geschlossen werden, ob Objekte lediglich wahrgenommen wurden oder ob sich der Proband mit den Inhalten des Objekts beschäftigt hat. Dieser Rückschluss von der Dauer der Fixation auf eine stattgefundene Auseinandersetzung ist nicht unumstritten. Es wird sowohl die Wahrnehmung als auch die Informationsverarbeitung gemessen. Ergebnis sind sogenannte Heatmaps der Seite, die einer tatsächlichen Wärmebildaufnahme ähneln. Intensiver betrachtete Bereiche werden rot als „heiß“ markiert, mit weniger Aufmerksamkeit bedachte blau als „kalt“. Ankerpunkte beim Scannen der Seite mit den Augen werden mit dieser Methode ebenso sichtbar gemacht wie der Leserverlauf auf der Seite. Die Nachteile dieser Methode liegen im hohen technischen und zeitlichen Aufwand für die Erhebung und Auswertung des Leseverhaltens und den damit verbundenen Kosten. Auch wird Untersuchungen mit Hilfe der Blickregistrierung mangelnde Repräsentativität für die ganze Leserschaft vorgeworfen, weil die Stichproben zu klein seien, um die gesamte Leserschaft abzubilden. Weitere mögliche Verzerrungen können durch die Laborsituation, in der sich der Leser befindet, bedingt sein. Dennoch ist die Blickregistrierung auf Grund der relativ natürlichen Lesesituation und der Möglichkeit reale Zeitungen und Zeitschriften zu testen nicht zu unterschätzen.
Eine Weiterentwicklung der Methode der Blickregistrierung, deren Vorteil vor allem in den geringeren Kosten und höheren Fallzahlen liegt, ist die Aufmerksamkeitsverfolgung mit der Computermaus. Gelesen wird dabei am Bildschirm. Die Lesebewegung wird durch Zeigen und Klicken mit der Computermaus am Bildschirm verfolgt. Eine Technik, die die Probanden nach Angaben der Anbieter schnell erlernen können und die zu Ergebnissen führt, die mit der klassischen Blickregistrierung vergleichbar sind (Egner 2006). Eine Anwendung ist sowohl im Labor als auch im Haushalt des Befragten über das Internet möglich.
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- Citation du texte
- Georg Drabner (Auteur), 2008, Methoden und Ergebnisse der Leserforschung und ihre Anwendung auf die Zeitungsgestaltung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117274
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