Der Anteil älterer Menschen wächst kontinuierlich. Damit wächst auch ein Bewusstsein für Lebensqualität im Alter. Alter und Alterserscheinungen werden nicht mehr einfach hingenommen, sondern zunehmend als veränderbar, gestaltbar erlebt. Der Leidensdruck wird höher, die Leidensbereitschaft wird geringer, glücklicherweise. Um erfolgreich zu altern, braucht es offenbar vor allem vier Qualitäten:
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Gliederung
1. Einleitung
2. Epidemiologie
3. Besondere Probleme
4. Diagnostik
5. Definition
6. Die Altersdepression
7. GDS – Geriatrische Depressions-Skala
8. Ursachen
9. Therapie
10. Die Verhaltenstherapie nach Hautzinger
11. Fazit
12. Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Der Anteil älterer Menschen wächst kontinuierlich. Damit wächst auch ein Bewusstsein für Lebensqualität im Alter. Alter und Alterserscheinungen werden nicht mehr einfach hingenommen, sondern zunehmend als veränderbar, gestaltbar erlebt. Der Leidensdruck wird höher, die Leidensbereitschaft wird geringer, glücklicherweise.
Um erfolgreich zu altern, braucht es offenbar vor allem vier Qualitäten:
- einen Tätigkeits- und Aktivitätsspielraum.
- einen Entscheidungs- und Kontrollspielraum,
- einen Interaktions- und Kontaktspielraum und
- einen Anerkennungs- und Funktionsspielraum.
(s.a. Hautzinger, 2000, 32)
Aber erfolgreiches Altern ist wirklich nicht selbstverständlich:
2. Epidemiologie
Zuerst ein paar Zahlen zur Depression:
- 17% aller Deutschen leiden im Verlauf ihres Lebens mindestens einmal an einer Depression. Depressionen sind folglich eine Volkskrankheit.
- Bei Frauen treten Depressionen doppelt so häufig auf wie bei Männern.
Depression und Demenzen zählen nach der der WHO-Studie „Global Burden of Disease“ (MURRAY & LOPEZ 1997) zu den wichtigsten Krankheiten in den entwickelten Ländern. In der folgenden Grafik wurde als zentraler Indikator für die medizinische und gesundheitspolitische Bedeutung die Erkrankungsjahre pro Bevölkerung gewichtet mit der Beeinträchtigung berücksichtigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1
(nach Hegerl, 2003)
Im höheren Alter treten Depressionen an sich nicht häufiger auf, als im Erwachsenenalter. Dennoch existieren einige Faktoren, die Depressionen im Alter auslösen können und die im Alter wahrscheinlicher auftreten – dazu komme ich noch bei der Schilderung der Altersdepression (s.a. careLounge, 2003).
Die Berliner Altersstudie (BASE) brachte bei einer repräsentativen Stichprobe von n = 516 unter Berücksichtigung von Probanden vom mittleren Alter bis 85 Jahre das Ergebnis, dass 26,9% unter Depressionen bzw. depressiven Störungen leiden (s.a. Btonline, 2004). Andere Studien nennen offenbarähnliche, teilweise allerdings niedrigere Zahlen (s.a. Btonline, 2004).
Grundlegend scheinen sich Depressionen sich bei älteren Menschen in zunehmendem Alter zu häufen, sinken ab 95 aber wieder ab. Leider steigen weiter Demenzen. Referenzquelle ist auch hier die Berliner Altersstudie (s.a. Wernicke, Reischies und Linden in Hegerl, Möller und Zaudig, 2001, 9).
Nach Btonline leiden ca. 11-18% der über 60jährigen an schweren Depressionen, 15% an einer leichten Form der Krankheit. Bei Altenheimbewohnern wird die Zahl der Betroffenen auf bis zu 50% geschätzt (s.a. Btonline, 2004).
Grundsätzlich zeigt sich, dass Depressionen mit einer Häufigkeit von 25% die weitaus häufigste psychische Erkrankung im Alter ist s.a. Hautzinger, 2000, 14).
Gleichzeitig ist den Zahlen nur bedingt zu trauen: Die Zahl der an Depressionen Leidenden kann höher liegen aufgrund dessen, dass
- alte Menschen ihre Beschwerden bagatellieren
diese fehldiagnostiziert werden als Zeichen „normaler“ Alterungsprozesse
- diese als Begleiterscheinung einer Krankheit angenommen und nicht behandelt werden
- besonders das Nachlassen von Konzentration und Merkfähigkeit als normale Alterserscheinungangenommen wird (s.a. Btonline, 2004).
Offenbar liegt die Nichterkennungsrate in der Allgemeinarztpraxis tatsächlich bei ca. 45 % (s.a. Btonline, 2004).
3. Besondere Probleme
Grundsätzlich gilt: Im Alter zeigen sich Depressionen nicht anders als in jungen Jahren (s.a. Hautzinger, 2000, 3). Allerdings erschweren einige Begleiterscheinungen sowohl Problembewusstsein, wie Diagnostik und Therapie:
Psychosoziale Systeme, die Depressionen vermutlich früher eher verhinderten, Gemeinden, Familien, Vereine, existieren heute nur noch bedingt.
Es gibt kein ausreichendes Bewusstsein bei den Betroffenen und Angehörigen, kurz gesagt: In der Bevölkerung, was eine Depression ist.
Psychische Beschwerden gelten als anrüchig und werden eher verschwiegen. Gerade bei älteren Menschen finden wir eine tiefverwurzelte Scheu, psychotherapeutische Hilfe anzunehmen. Etwas klarer formuliert: Viele Ältere wollen nicht zur Last fallen, halten ihre Traurigkeit und ihre Einsamkeit für unabwendbar und tun nichts dagegen, weil sie denken, dass man nichts dagegen tun kann.
Es gibt in der Bevölkerung kaum Wissen darüber, wie man psychotherapeutische Hilfe akquirieren kann.
Auch professionelle Kontaktpersonen wie Ärzte oder Pfarrer, von denen ja durchaus einige adäquate seelsorgerische Ausbildungen haben, erkennen Betroffene kaum und sind selbst überfordert, entsprechende psychotherapeutische Hilfe zu vermitteln. Hegerl schreibt dazu: „Dies ist besonders fatal für depressive Erkrankungen, da den meisten Patienten durch eine konsequente Behandlung deutlich geholfen werden könnte. Schätzungen gehen davon aus, dass nur ca. 10 Prozent aller depressiven Patienten eine lege artis durchgeführte antidepressive Behandlung erhalten. Diese Zahl dürfte insbesondere bei älteren depressiven Patienten noch niedriger liegen, da hier die Diagnose und Therapie durch Faktoren wie Komorbidität und Multimedikation schwieriger als im jüngeren Erwachsenenalter ist.“ (Hegerl, 2003)
Erschwerend kommt hinzu: Die Gerontopsychotherapie ist noch ein recht junges Gebiet, es fehlt an adäquat ausgebildeten Kräften.
Der Häufigkeit und Schwere von Depressionen wird nicht immer ausreichend Rechnung getragen (s.a. Hegerl, 2003). Doch Depressionen sind lebensgefährlich: „Gerade im höheren Alter sind Depressionen lebensgefährliche Erkrankungen durch das mit dem Alter zunehmende Suizidrisiko und die negativen Einflüsse von Depressionen auf andere somatische Erkrankungen wie kardiovaskuläre Erkrankungen oder Diabetes mellitus. Die Fehleinschätzung einer depressiven Erkrankung bei einem älteren, vielleicht multimorbiden Patienten als nachvollziehbare Reaktion auf die betrüblichen Lebensumstände und eine nicht konsequent durchgeführte Behandlung sind ein schwerer Fehler mit oft gravierenden Folgen für den Patienten.“ (Hegerl, 2003)
4. Diagnostik
Es erschwert die Diagnostik, dass Demenzen und Depressionen bei älteren Menschen aus offenbar noch nicht bekannten Gründen oft gemeinsam auftreten (s.a. Hegerl, 2003). In diesem Fall ist es besonders schwer, eine Depression klar zu diagnostizieren.
Einen Versuch einer Abgrenzung wagt Hegerl:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Klinische Hinweise zur Unterscheidung von Demenz und Depression im Alter (Hegerl 2003)
Apparative Untersuchungen spielen vor allem für den Ausschluss von Erkrankungen wie Alzheimer eine Rolle. So können mit diagnostisch-apparativen Mitteln wie dem kranialen Computertomogramm oder der Magnetresonanztomographie andere Erkrankungen des Gehirns oder der Gefäße ausgeschlossen werden (s.a. Hegerl, 2003).
5. Definition
Was ist eine Depression? Eine Depression ist, ganz generell, eine affektive Störung. Der Begriff der Depression wird sowohl umgangssprachlich aber auch innerhalb der Psychiatrie, Psychoanalyse und Psychotherapie uneinheitlich verwendet. Es besteht insbesondere keine Einigkeit über die Ätiologie, Psychodynamik und die Formen dieser psychischen Störungen.
Depression ist keine Trauer. „Die normale traurige Verstimmtheit gehört zum Rhythmus des Lebens wie die freudige Gestimmtheit.“ (Btonline, 2002) Massive Trauerreaktionen sollten bei der „gesunden Trauer“ nach etwa einem halben Jahr abgeklungen sein (s.a. Hautzinger, 2000, 13). Bei der „gesunden Trauer“ kommt es auch kaum zu autoaggressiven Stimmungslagen, zu massierten Selbstvorwürfen – etc. Statt Traurigkeit erlebt der klinisch Depressive eher ein „leeres Gefühl“. „Die normale Trauerreaktion ist als eine universelle und durchaus sinnvolle Form der Reaktion auf Enttäuschung, Kränkung oder einen Verlust anzusehen. Die neurotische Depression dagegen ist eine inadäquate oder sogar schädlich gewordene Reaktion, denn sie taucht dort auf, wo sie eigentlich nicht mehr nötig ist: Sie nimmt überdimensionale Ausmaße an und trägt zur Bildung sinnloser, leidvoller Teufelskreise bei.“ (Btonline, 2002)
Von Depressionen spricht man auf drei Ebenen auf (s.a. Hautzinger, 2000, 4ff): der...
- Symptomatologischen Ebene, in der es um Einzelsymptome wie Traurigkeit oder Antriebslosigkeit geht, der
- Syndromalen Ebene, in der Depressionen als Merkmalskomplex deutlich werden,
- als Oberbegriff, in der möglicherweise verschiedene Erkrankungen zusammengefasst werden, auch wenn sie nicht unbedingt gleiche Ursachen oder z.B. gleiche Therapieindikationen haben.
Damit ist das Feld an sich unüberschaubar und unscharf. Dies bezieht sich neben den Krankheitszeichen auch auf die Dauer und den Verlauf:
Depressionen können Stunden, Tage, Wochen, Monate oder Jahre andauern, schwächer oder stärker ausgeprägt sein und durch zusätzliche Symptome wie Manien, Wahn oder starker Suizidalität eine besondere Färbung bekommen (s.a. Btonline, 2002).
Als „klassische Depression“ gilt die Neurotischen Depression", bei der der Realitätsbezug, „d. h. der Bezug zu Zeit, Ort, Situation und Person im Gegensatz zu den affektiven Störungen oder organisch bedingten depressiven Psychosen erhalten bleibt.“ (Btonline, 2002) Andere psychogen bedingte Depressionen sind reaktive Depression und Erschöpfungsdepression (s.a. Btonline, 2002).
Die neurotische Depression scheint eine Störung der psychischen Erlebnisverarbeitung, die als Folge unbewußter Konflikte mit einer zeitweise oder andauernden vorwiegend depressiven Symptomatik einhergeht. „Die neurotische Depression wird durch einen aktuellen Konflikt ausgelöst, der dem verdrängten (unbewussten), lange zurückliegenden (nie verarbeiteten) Konflikt vergleichbar ist. Derartige auslösende Situationen sind häufig mit einem Selbstwertverlust verbunden. Zentraler Konflikt ist der Gegensatz von Anklammerungswünschen und Ablösungstendenzen.“ (Btonline, 2002) Die Erkrankungsrate beläuft sich auf 5 bis 7 % der Bevölkerung (s.a. Btonline, 2002)
Bei Beginn im höheren Lebensalter tritt die Störung häufig nach einer abgrenzbaren depressiven Episode, nach einem Trauerfall oder einer anderen offensichtlichen Belastung auf (s.a. Btonline, 2002).
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- Arbeit zitieren
- Dr. Phil. Kathrin Kiss-Elder (Autor:in), 2003, Depression im Alter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117186
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