Das Kugelstoßen in seiner heutigen Form als leichtathletische Disziplin hat seine Vorläufer im Stein- und Baumstammstoßen, das unter anderem in der Antike und später von den Kelten und Schotten betrieben wurde und zum Teil noch immer wird. Wie bei zahlreichen anderen Sportarten und Disziplinen war auch die Ausübung in der Armee – Soldaten stießen zum Zeitvertreib mit Kanonenkugeln – seiner Popularität zuträglich. Normiert ist das leichtathletische Kugelstoßen bereits seit 1857. Die Aufnahme in das olympische Programm erfolgte 1896 (Männer) bzw. 1948 (Frauen) (Jonath/Haag/Krempel, 1989, 43; Lenz/Losch, 1991, 24). Ein fester Bestandteil, wenn auch nicht unumstritten, ist das Kugelstoßen ebenfalls im leichtathletischen Kanon des Sportunterrichts. Einwände beziehen sich nach Zeuner/Hofmann/Lehmann (1997) vor allem auf die technische Überforderung, die Benachteiligung schwächerer und kleiner Schüler, den mangelnden Bewegungsreichtum sowie die Unfallgefahr. Es gelte zu hinterfragen, ob der Einsatz der Disziplinen des Dreh- oder Schlagballwerfens im leichtathletischen Dreikampf nicht sinnvoller wäre (S. 97).
Das Anliegen dieser Arbeit ist es, die für den Schulsport relevanten Techniken des Kugelstoßens zu beschreiben, sowie ihre methodische Erarbeitung im Rahmen des Sportunterrichtes zu erörtern. Diesbezüglich werden neben der Leittechnik – der Rückenstoßtechnik – auch die Varianten des Standstoßes und des Stoßens mit Nachstellschritten thematisiert. Das Vorgehen für die Erarbeitung der Techniken orientiert sich im Wesentlichen an der von Garbrecht/Rode (1996) und Lenz/Losch (1991) vorgeschlagenen Methodik. Um einen bewegungswissenschaftlich ambitionierten, aber auch speziell für den Schulsport differenzierten Überblick bieten zu können, wird sowohl Literatur für den Leistungssport als auch für den Schulsport konsultiert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zur Technik des Kugelstoßens
2.1 Organisatorische und physikalische Rahmenbedingungen sowie ihre Konsequenzen für das Kugelstoßen
2.2 Die Rückenstoßtechnik
2.3 Varianten im Schulsport
3. Methodisches Vorgehen
3.1 Vorbereitende Übungen ohne Kugel
3.2 Kugelgewöhnungsübungen
3.3 Standstöße
3.4 Angleiten und Gesamtbewegung
4. Resümee
5. Literatur
1. Einleitung
Das Kugelstoßen in seiner heutigen Form als leichtathletische Disziplin hat seine Vorläufer im Stein- und Baumstammstoßen, das unter anderem in der Antike und später von den Kelten und Schotten betrieben wurde und zum Teil noch immer wird. Wie bei zahlreichen anderen Sportarten und Disziplinen war auch die Ausübung in der Armee – Soldaten stießen zum Zeitvertreib mit Kanonenkugeln – seiner Popularität zuträglich. Normiert ist das leichtathletische Kugelstoßen bereits seit 1857[1]. Die Aufnahme in das olympische Programm erfolgte 1896 (Männer) bzw. 1948 (Frauen) (Jonath/Haag/Krempel, 1989, 43; Lenz/Losch, 1991, 24).
Ein fester Bestandteil, wenn auch nicht unumstritten, ist das Kugelstoßen ebenfalls im leichtathletischen Kanon des Sportunterrichts. Einwände beziehen sich nach Zeuner/Hofmann/Lehmann (1997) vor allem auf die technische Überforderung, die Benachteiligung schwächerer und kleiner Schüler, den mangelnden Bewegungsreichtum sowie die Unfallgefahr. Es gelte zu hinterfragen, ob der Einsatz der Disziplinen des Dreh- oder Schlagballwerfens im leichtathletischen Dreikampf nicht sinnvoller wäre (S. 97).
Das Anliegen dieser Arbeit ist es, die für den Schulsport relevanten Techniken des Kugelstoßens zu beschreiben, sowie ihre methodische Erarbeitung im Rahmen des Sportunterrichtes zu erörtern. Diesbezüglich werden neben der Leittechnik – der Rückenstoßtechnik – auch die Varianten des Standstoßes und des Stoßens mit Nachstellschritten thematisiert. Das Vorgehen für die Erarbeitung der Techniken orientiert sich im Wesentlichen an der von Garbrecht/Rode (1996) und Lenz/Losch (1991) vorgeschlagenen Methodik. Um einen bewegungswissenschaftlich ambitionierten, aber auch speziell für den Schulsport differenzierten Überblick bieten zu können, wird sowohl Literatur für den Leistungssport als auch für den Schulsport konsultiert.
2. Zur Technik des Kugelstoßens
Für die Verwendung im Schulsport halten Zeuner/Hofmann/Lehmann (1997) die Drehstoß- und auch weitgehend die Rückenstoßtechnik für ungeeignet, da beide die Schüler sowohl konditionell als auch koordinativ-technisch überforderten (S. 97). In der Sekundarstufe II sei allerdings das Erproben und Erlernen der Rückenstoßtechnik mit Angleiten für leistungsstärkere Schüler vertretbar. Da sich meiner Meinung nach der Sportunterricht, auch und trotz angemessener Binnendifferenzierung, zumindest in technischer Hinsicht am Leistungssport orientieren sollte, halte ich es für sinnvoll, die Rückenstoßtechnik mit Angleiten als Ziel der schulischen Kugelstoßausbildung zu verfolgen. Gleichzeitig sollten jedoch in Leistungsüberprüfungen auch vereinfachte Stoßformen, etwa aus dem Stand oder mit Nachstellschritten akzeptiert werden, da diese bei vielen Schülern bessere Ergebnisse bewirken und sie gleichzeitig, durch ihre Bewegungsverwandtschaft zur Angleitvariante, sinnvolle Vorarbeit für deren spätere Beherrschung leisten können. Im Anschluss an eine für alle Techniken grundlegende Betrachtung organisatorischer und physikalischer Rahmenbedingungen sollen im Folgenden die hier erwähnten, für die Schule relevanten beschrieben werden.
2.1 Organisatorische und physikalische Rahmenbedingungen sowie ihre Konsequenzen
für das Kugelstoßen
Beim Kugelstoßen wird aus einem Ring von 2,13 Metern Durchmesser eine 7,26 kg (Männer) oder 4 kg (Frauen) schwere Kugel so weit wie möglich einarmig gestoßen. Die dabei verwendeten grundlegenden Techniken wurden bereits 1953 (O’ Brien- bzw. Rückenstoßtechnik) und 1972 (Baryschnikow- bzw. Drehstoßtechnik) entwickelt. An ihnen orientieren sich maßgeblich alle aktuell ausgeübten Stoßvarianten (Jonath/Haag/Krempel, 1989, 43, 48-49).
Die Weite eines Stoßes wird bestimmt durch den Abflugwinkel, die Abflughöhe und die Abfluggeschwindigkeit der Kugel, welche nach den Gesetzmäßigkeiten des schiefen Wurfes zueinander in Relation stehen. Die Abflughöhe sollte dabei möglichst groß sein – jeder Zentimeter an geringerer Höhe bewirkt eine Verringerung der Kugelflugweite um einen Zentimeter; der Abflugwinkel ist bei 41-43 Grad optimal (Ballreich/Kuhlow, 1986, 91; Bauersfeld/Schröter, 1986, 302, Tab. 76).
Die zur Lösung der Bewegungsaufgabe herangezogene Technik muss somit die Aufgabe erfüllen, die Kugel unter Berücksichtigung dieser beiden Faktoren bis zum Moment ihres Verlassens der Hand so stark wie möglich zu beschleunigen, denn die Abfluggeschwindigkeit stellt die primäre Einflussgröße für hohe Wurfweiten dar. Letztere ist durch einen zweckmäßig großen Weg, der in einer möglichst kurzen Zeit, unter permanenter aktiver Kraftübertragung auf das Gerät, zurückgelegt wird, zu maximieren (Bauersfeld/Schröter, 1986, S. 300-301). Der von der Kugel zurückgelegte Weg sollte dabei in der vertikalen Ebene weitgehend geradlinig verlaufen, um hinderliche Zentripetalkräfte zu vermeiden (Ballreich/Kuhlow, 1986, 92). Anders als beim Diskus- oder Speerwerfen üben Luftströmungswiderständen keinen nennenswerten Einfluss auf den Flug der Kugel aus, da diese vergleichsweise schwer und zudem nur kurz in der Luft ist.
2.2 Die Rückenstoßtechnik
Sowohl Bauersfeld/Schröter (1986) als auch Jonath/Haag/Krempel (1989) identifizieren fünf Phasen bei der Rückenstoßtechnik. Im Folgenden werde ich mich auf die Terminologie von Bauersfeld/Schröter beziehen, die zwischen Auftakt-, Start-, Angleit-, Übergangs- und Abstoßphase differenziert[2].
In der Auftaktphase wird die Ausgangsstellung am hinteren Rand des Stoßkreises, entgegen der Stoßrichtung eingenommen (im Folgenden nach Bauersfeld/Schröter, 1986, 306-310; Ballreich/Kuhlow, 1986, 96-107). Der Stoßer steht aufrecht, der linke Arm zeigt gestreckt nach oben und die Kugel liegt bei leicht abgespreiztem Daumen und kleinen Finger auf den Fingerwurzeln der rechten Hand (Stoßhand). Sie wird an der Schlüsselbeingrube, rechts des Kinns, am Hals gehalten[3]. Mit der Auftaktbewegung wird der Oberkörper nach vorn geneigt (Hüftwinkel 50-60 Grad) und gleichzeitig das rechte Bein (Standbein) gebeugt (Kniewinkel 100-110 Grad). Das linke Bein (Schwungbein) wird etwas in Stoßrichtung zurück geschwungen, dann aber wieder in Richtung des Standbeines herangeführt. Das Körpergewicht ist auf das rechte Bein verlagert, der linke Arm hängt zwecks Gleichgewichtsstabilisation nach unten.
Nach dem Absenken des Körperschwerpunktes und dem Heranführen des linken Beines unter den gebeugten Oberkörper, schließt sich unmittelbar die Startphase an, die vom vorherigen Abbremsen beider Körperteile profitiert und für die somit bereits eine Anfangskraft zur Verfügung steht. In der Startphase erfolgt die erste, für das Endergebnis relevante Beschleunigung der Kugel in Stoßrichtung. Dabei findet zeitgleich zur Streckung des rechten Standbeines, optimaler Weise nach Abdruck über die Ferse, eine aktive Streckung des linken Beines in Stoßrichtung statt, bei der allerdings der Fuß nicht über Kniehöhe geführt werden sollte. Die Position des Oberkörpers bleibt bestehen, der Körperschwerpunkt und auch die Kugel werden infolge der Standbeinstreckung etwas angehoben.
Die Angleitphase, während der der Stoßer keinen Bodenkontakt hat, erstreckt sich vom Abstoßzeitpunkt des rechten Beines bis zu seinem Aufsetzen im Bereich der Stoßkreismitte. Um Geschwindigkeitsverluste zu vermeiden, sollte die Angleitbewegung schnell und flach erfolgen. Zudem wird, bei gleich bleibender Schulterstellung, durch ein schnelles Einbeugen des rechten Beines in Verbindung mit einem Nach-Vorn-Drehen des linken Beines und der rechten Hüftseite eine Verwringung zwischen Hüft- und Schulterachse erzeugt. Diese baut Vorspannung im Körper auf, die in den späteren Bewegungsphasen leistungsfördernd eingesetzt werden kann. Zudem sollte der Oberkörper nur so weit wie nötig aufgerichtet und die Kugel möglichst fern der Stoßrichtung gehalten werden, um in der Übergangsphase einen langen Beschleunigungsweg zu gewährleisten.
Die Übergangsphase beginnt mit dem Aufsetzen des rechten Beines, das auf dem Fußballen und einem Kniewinkel von unter 120 Grad im Bereich der Stoßkreismitte platziert werden sollte. Die Fußspitze zeigt dabei ca. 110 Grad, entgegen der Stoßrichtung. Beendet wird die Übergangsphase mit dem sofortigen und aktiven Aufsetzten des linken Fußes in unmittelbarer Nähe des Stoßbalkens und einer Stellung von ca. 75 Grad. Die Schulterachse bleibt trotz eines zunehmenden Aufdrehens der Hüfte so weit wie möglich in der ursprünglichen Position. Die Kugel sollte sich noch weitgehend über dem rechten Bein befinden und der linke Arm die Schulterachse nicht in Wurfrichtung überholt haben, sodass weiterhin eine starke Verwringung und ein langer Beschleunigungsweg gewährleistet sind (siehe auch Jonath/Haag/Krempel, 1989, 46).
[...]
[1] Lenz/Losch (1991) führen diesbezüglich das Jahr 1868 an (S. 24).
[2] Jonath/Haag/Krempel (1989), die die selben Phasen unterscheiden, bezeichnen diese mit
Ausgangsstellung, Auftaktbewegung, Angleiten, Stoßauslage sowie Ausstoßbewegung.
[3] Die folgenden Beschreibungen beziehen sich auf Rechtsstoßer
- Arbeit zitieren
- Mathias Wick (Autor:in), 2008, Zum methodischen Vorgehen bei der Erarbeitung des Kugelstoßens im Schulsport , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117156
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