In dieser Arbeit wird neben der Sphäre des Denkens und Erkennens, zu der die Auseinandersetzung mit Sprache gehört, auch auf die Kritik an metaphysischen Subjektvorstellungen eingegangen. Nietzsches Kritik am Subjektbegriff wird nicht als Gesamtheit, sondern partiell beleuchtet, um eine differenzierte Einordnung vornehmen zu können. Zudem wird ein zweiter Schwerpunkt auf Nietzsches Forderung nach der Umwertung des Subjektbegriffs liegen. In einem zweischrittigen Verfahren werden also erstens die Grundlinien seiner Kritik nachgezeichnet und zweitens die Nietzsch´schen Umwertungen des Subjektbegriffs herausgearbeitet.
Da Nietzsches Philosophie keine systematische ist und somit keine geschlossene Theorie proklamiert, sind seine Überlegungen zum Selbst in seinen Schriften verteilt und gehören verschiedenen Schaffensphasen an, sodass sich teils widersprüchliche Aussagen finden lassen. Solche Ambiguitäten werden in der Arbeit berücksichtigt, zielen aber nicht darauf ab, Nietzsches Subjektbegriff als teleologisches Konzept zu interpretieren.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Nietzsches genealogische Kritik am Subjektbegriff
2.1 Der Seelenbegriff als Projektion christlicher Metaphysik & Moral
2.1.1 Umriss von Nietzsches Kritik am Christentum
2.1.2 Perspektiven Nietzsches auf den Begriff der Seele
2.2 Sprachmetaphysik und Denken in sprachlichen Zeichen
2.3 Sprachkorrelat Bewusstsein
3. Umwertung des Subjekts
3.1 Wille zur Macht als Seinsgrund
3.2) Unbewusstsein & Triebegeschehen
3.3) Bewusstsein als Phänomen physischer Vorgänge
3.3.1) Zum Verhältnis von Selbstbewusstsein und Gedächtnis
3.4) Leibvernunft statt Leibverachtung
4. Fazit
Abkürzungen
Literatur
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und in Anlehnung an die Werksprache Nietzsches wird das generische Maskulinum verwendet, wo sich geschlechtsneutrale Formulierungen schwierig gestalten. Weibliche und diverse Geschlechteridentitäten sollen dadurch nicht exkludiert werden und sind ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
1) Einleitung
Überlegungen zur Frage was ist der Mensch lassen sich bis zur antiken Philosophie zurückverfolgen, etwa in Form dualistischer Konzepte, die von einer Gegensätzlichkeit von Körper und Geist (respektive Seele) ausgehen - eine These, die in ihrem Wesenskern, nämlich Körper ungleich Geist, in verschiedenen philosophischen, religiösen, anthropologischen Diskursen lange vertreten war (und es teilweise immer noch ist). In der Frühaufklärung setzte sich Descartes mit dem Verhältnis von Leib und Seele auseinander und prägte mit seiner rationalistischen These cogito ergo sum die westliche Philosophie. Ich denke, also bin ich führt unweigerlich zur Frage nach dem Subjekt oder Selbst - gibt es überhaupt so etwas wie ein Ich, und wenn ja, wie konstituiert es sich, wenn nein, was spricht dagegen? In meiner Arbeit soll diesen Fragen mit Nietzsche nachgegangen werden.1 2 3 Bevor näher auf Nietzsches Auseinandersetzung mit dem Subjektbegriff eingegangen wird, folgt zunächst eine knappe, allgemeine Begriffsbestimmung.
Der Begriff Subjekt ist dem lateinsichen subiectum (= das Daruntergeworfene) bzw. dem griechischen hypokeimenon (= das Zugrundeliegende) (u.a. Szczepanski, 2015, S. 57) entlehnt. Ursprünglich fand er Verwendung, um einen Handlungsgegenstand oder einen Sachverhalt zu markieren. Diese Bedeutungszuschreibung änderte sich mit dem rationalistischen Denken der Frühen Neuzeit, dem Cartesianismus, jedoch. Der repräsentationstheoretisch geprägte Subjektbegriff, der auf einer Unterscheidung zwischen dem Menschen als erkennendem Subjekt und erkenntnisgegenständlichem Objekt beruht, ist innerhalb der Philosophiegeschichte also noch vergleichsweise jung.2,3 Mit der Fokussierung auf das selbstreferenzielle, reflexive Erkennen wurde die Bezeichnung Subjekt synonym zu einem erkennenden Ich bzw. zum menschlichen Geist gebraucht. Der religiöse Anstrich des Begriffs Seele scheint damit umwunden, nicht jedoch die dualistische Idee einer geistigen, inneren Sphäre, die von einer materiellen, körperlichen umgeben wird. Zudem ergab sich mit der Setzung eines Subjektes, und einer sich daraus ergebenden Subjektivität in Abgrenzung zum Objektiven, ein epistemisches Problem: die Frage nach Erkenntnisvermögen und Wahrheit in Anbetracht einer subjektiven Weltwahrnehmung. In seiner Eigenschaft als Träger intentionaler Akte, ist es vom Objekt verschieden, welches die intentionalen (Erkenntnis-)Gegenstände, die im Denken repräsentiert werden, bezeichnet. Diese Subjekt-Objekt-Schematisierung stieß in der Philosophie immer wieder auf Kritik. Neben der Erkenntnistheorie fand der Subjektbegriff auch in der Handlungstheorie Anwendung: hier bezeichnet das Subjekt eine Größe, die qua freiem Willen Entscheidungsfähig ist. Im sprach- und rechtswissenschaftlichen Kontext ist der Begriff ebenfalls bekannt, das Subjekt wird hier als Einheit moralischer Zuschreibungen, Rechte und Pflichten bestimmt. Auch die Psychologie und die Sozialwissenschaften machen von diesem Term Gebrauch; mit Subjekt bezeichnen sie in Gänze eine Person samt ihrer unbewussten und bewussten Handlungen. In der Philosophie hingegen bezieht sich der Subjektbegriff auf ein bewusstes Ich, das zumeist als vom Physischen (Objekt) separiert begriffen wird. Er ist kennzeichnend für eine sich selbst bewusst seiende Einheit, die räumlich durch die Anbindung an einen Körper und zeitlich z.B. durch dessen Lebensdauer4 bestimmt ist. Verzichtet man auf eine Jenseitsannahme oder einen metaphysischen Geistbegriff, konstituiert sich das Subjekt als Ich erst und ausschließlich durch selbstreflexives Denken sowie das Vermögen eines Selbstbewusstseins, und endet gleichsam mit diesem. Damit ist das Subjekt- vom Individuumsein zu unterscheiden. Während in Zuständen der Bewusstlosigkeit kein selbstreferenzielles Ich-Denken oder -Empfinden stattfindet, bleibt die Auffassung eines Individuums bestehen, unabhängig von dessen Fähigkeit zum Selbstbewusstsein. Dass der Subjektbegriff also nicht das bloß Körperliche meint, unterstreichen etwa auch Tugendhats Indikatoren zur Bestimmung des Subjekts5. Neben der grammatischen Subjektsetzung durch Personalpronomina fällt unter die Terminologie ein kognitives
Subjekt (d.h. ein selbstreferenzielles Ich, Selbstbewusstsein bzw. ein individuelles erkennendes Bewusstsein) oder ein selbstbestimmtes, autonomes Handlungsagens, das in der intersubjektiven Kommunikation zur Unterscheidung des Eigenen (Ich) vom anderen fähig ist (Tugendhat, 1979, S. 30f). Im philosophischen Subjektdiskurs ist also die Frage nach dem Wesen des Menschseins zentral. Hierbei lassen sich erkenntnistheoretische von ontologischen Betrachtungen des Subjekts unterscheiden. Die Erkenntnistheorie fragt nach einem tätigen Subjekt als letzter Begründung von Erkenntnis6, während die Ontologie das Subjekt in Relation zum allgemeinen Sein7 untersucht.
Friedrich Nietzsche zählt zu den Kritikern des Logozentrismus und des neuzeitlich-aufklärerischen Konzepts des Selbst. Seine Kritik gilt auch dem vermeintlichen Gegebensein von Termini wie Wahrheit oder Seele, was ihn zu der Auseinandersetzung mit dem Subjektbegriff führt. In Nietzsches Werken tauchen immer wieder Überlegungen zu Subjekt, Seele, Geist, Bewusstsein, Ich und Selbst auf. Er verneint eine objektive Realität und plädiert dafür, dass alles Sein - und damit auch das Subjekt-Sein - Interpretation ist. Nietzsche entwickelt seine Kritik am Subjektbegriff genealogisch und untersucht die Bedingungen seiner Möglichkeiten in Bezug auf Sprache, Denken, Metaphysik und Moral. Sie führt ihn zu der Annahme, dass das Subjekt faktisch eine Illusion ist, ein bloßes Konstrukt, eine notwendige (grammatische) Hypothese, die auf der Interdependenz von Bewusstsein und Sprache beruht, und eine metaphysische, vom Bewusstsein geschaffene Metapher darstellt. Ausgehend von seiner Subjektkritik fordert er eine Umwertung und Neupositionierung des Begriffs. Interessant an Nietzsches Opposition gegen ein Verständnis des Menschen als Subjekt ist, dass er gerade dadurch bestrebt ist, das Individuelle stark zu machen. Denn er zielt nicht darauf, dass der Mensch qua Subjekt verschwindet; sein Fokus liegt auf dessen Überwindung. Hierfür gilt es zunächst ideologischem Ballast zu entsagen, um mittels Prozessen des Neu- und Umwertens „endlich wahrhaft Mensch, ein individueller Mensch zu werden“ (Pieper, 2021, S. 59). Initial bedarf es für Nietzsche dafür zunächst der konsequenten Anerkennung, dass das menschliche Erkenntnisvermögen und von ihm hervorgebrachten Kategorien „durch und durch anthropomorphisch (ist) und (...) keinen einzigen Punkt (enthält), der ,wahr an sich‘, wirklich und allgemeingültig, abgesehen von dem Menschen, wäre“ (WL, 1, S. 883).
Nietzsches Einwände gegen den Subjektbegriff sind nach wie vor aktuell und werden aus verschiedenen Perspektiven untersucht. Gewichtige Beiträge gibt es etwa zu Nietzsches Auseinandersetzungen mit Bewusstsein (u.a. Schlimgen, 1999), die diese als systematische Bewusstseinsphilosophie oder -theorie deuten, obwohl Nietzsche selbst vermutlich weniger einen Systementwurf beabsichtigte8, sondern vielmehr eine freigeistige Diskursdebatte, die an allen tradierten Wertbegriffen zu rütteln bereit ist, anstoßen wollte. Zudem gibt es Arbeiten, die sich mit Nietzsches Subjektkritik aus sprachphilosophischer Perspektive auseinandersetzen oder sie philosophiegeschichtlich einordnen. Goedert gibt zudem in seinem Aufsatz von 1994 einen Überblick über Nietzsches Kritik am Subjektbegriff und legt einen Schwerpunkt auf die Aspekte des Denkens und Erkennens. Er liest Nietzsches Kritik „gegen eine ganze Formation unseres Denkens und Erkennens“ als Angriff auf „die Tradition in ihrer Gesamtheit“ (Goedert, 1994, S. 301). Nietzsche zersetzt mit genealogischer Methode den Subjektbegriff im Sinne einer „substanziellen geistigen Einheit, ein einziger und einheitlicher Träger - ein Substrat - unseres gesamten Denkens und Handelns, eine aus dem Werden herausgelöste, gleichbleibende die Identität der menschlichen Person gewährleistende geistige Substanz“ (Goedert, 2011, S. 367). Synonym destruiert er die Begriffe Seele, Geist, Bewusstsein, Ich. Nietzsches Kritik löst damit alle vermeintlichen Attribute eines Selbst auf. Allerdings gilt es bei der Auseinandersetzung mit den Begriffen jeweils einen Bezugsrahmen - Metaphysik, Moral, Sprache, Denken - zu beachten. Zwar gibt es hier Interferenzen, aber von der Subjektkritik Nietzsches zu sprechen, scheint weniger angebracht, als seine Kritik im Plural zu denken.
In meiner Arbeit möchte ich neben der Sphäre des Denkens und Erkennens, zu der die Auseinandersetzung mit Sprache gehört, auch auf die Kritik an metaphysischen Subjektvorstellungen eingehen. Nietzsches Kritik am Subjektbegriff soll nicht als Gesamtheit, sondern partiell beleuchtet werden, um eine differenzierte Einordnung vornehmen zu können. Zudem wird ein zweiter Schwerpunkt auf Nietzsches Forderung nach der Umwertung des Subjektbegriffs liegen. In einem zweischrittigen Verfahren sollen also 1) die Grundlinien seiner Kritik nachgezeichnet und 2) die Nietzsch'schen Umwertungen des Subjektbegriffs herausgearbeitet werden. Da Nietzsches Philosophie keine systematische ist und somit keine geschlossene Theorie proklamiert, sind seine Überlegungen zum Selbst in seinen Schriften verteilt und gehören verschiedenen Schaffensphasen an, sodass sich teils widersprüchliche Aussagen finden lassen. Solche Ambiguitäten werden in der Arbeit berücksichtigt, zielen aber nicht darauf ab Nietzsches Subjektbegriff9 als teleologisches Konzept zu interpretieren. Es gäbe nun die Möglichkeit, einzelne Begrifflichkeiten, die einen Bezug zum Subjektbegriff haben, oder synonym zu diesem verwendet werden (wie etwa Selbst, Ich, Selbstbewusstsein oder eben Subjekt) in ihren Entwicklungslinien innerhalb von Nietzsches Gesamtwerk zu untersuchen, oder sie komparativ gegenüberzustellen. Alternativ ließe sich auch eine Textauswahl treffen, um die Subjektthematik dann ausschließlich anhand einer konkreten Passage zu diskutieren. Eine dritte Möglichkeit ist die, das Gesamtwerk nach den o.g. Subjektbezeichnungen zu durchleuchten und sie nicht chronologisch, sondern thematisch zusammenzufassen und sie dann kontextgebunden hermeneutisch zu erschließen - so wird in dieser Arbeit verfahren. Dafür werden - ohne Anspruch auf Vollständigkeit und den Möglichkeiten des Umfangs dieser Arbeit angepasst - die Begriffe Selbst, Ich, Seele, (Selbst-)Bewusstsein und Subjekt aus dem Gesamtwerk samt Nachlass zusammengetragen. Dabei werden verschiedene Themenkomplexe offenbar, nämlich Nietzsches kritische Auseinandersetzung mit der Frage nach „mit einem Sollenskoeffizienten versehenen vernünftigen Subjekts“ (Pieper, 2021, S. 61), also einem moralischen Subjekt im Kontext christlicher sowie Kantischer Ethik einerseits, und einem kognitiv sich als sich selbst empfindenden Subjektes andererseits. Diese beiden größeren Referenzrahmen lassen sich wiederum in von Nietzsche diskutierten Themenkomplexen wiederfinden, die in den einzelnen Kapiteln herausgearbeitet werden sollen; und zwar in Bezug auf Metaphysik und Moral (Kapitel 2.1) sowie Sprache und Denken (Kapitel 2.2-2.3). Mit dem Ziel, Nietzsches umwertende Positionen zum Subjekt deutlich zu machen, wird es, anschließend an einen Exkurs zu seiner Idee des Willens zur Macht (Kapitel 3.1) um die Untersuchung seines Verständnisses vom Unbewussten und der Bedeutung von Trieben, Affekten und Wille (Kapitel 3.2) gehen. Es folgt ein Blick auf sein Bewusstseinsverständnis (Kapitel 3.3) und die Auseinandersetzung mit seiner Idee der Leibvernunft (Kapitel 3.4), bevor die Ergebnisse in einem Fazit (Kapitel 4.) zusammengefasst werden.
2. Nietzsches genealogische Kritik am Subjektbegriff
Der Subjektbegriff in den Traditionen von der Antike bis zum Mittelalter lässt sich durch zwei wesentliche Bedeutungsinhalte bestimmen. 1) Ontologisch wird das Subjekt als Substanzeinheit verstanden, der konkrete Eigenschaften, Handlungen und/ oder ein bestimmter Habitus zugesprochen werden. 2) Aus der Logik wurde der Subjektbegriff im späten Mittelalter in die Grammatik übernommen und bezeichnet, gebunden an ein Prädikat, den Satzgegenstand, d.h. mit Nietzsche: dem Tun wird ein/e TäterIn zugesprochen. Im Deutschen Idealismus wird das Subjekt dann als erkennendes Ich spezifiziert (Kibel, 1998; Rehn, 1998). Mit diesen Merkmalen des Subjektbegriffs sind bereits Nietzsches Kritikpunkte inkludiert. Er bestimmt den Begriff wie folgt:
Subjekt: das ist die Terminologie unsres Glaubens an eine Einheit unter all den verschiedenen
Momenten höchsten Realitätsgefühls: wir verstehn diesen Glauben als Wirkung Einer Ursache, — wir glauben an unseren Glauben so weit, daß wir um seinetwillen die 'Wahrheit', 'Wirklichkeit', 'Substanzialität' überhaupt imaginiren. 'Subjekt' ist die Fiktion, als ob viele gleiche Zustände an uns die Wirkung Eines Substrats wären: aber wir haben erst die „Gleichheit“ dieser Zustände geschaffen; das Gleichsetzen und Zurechtmachen derselben ist der Thatbestand, nicht die Gleichheit (— diese ist vielmehr zu leugnen —) (NF, 1887, 10(19), S. 465).
Nietzsches kritischer Auseinandersetzung mit dem Subjektbegriff geht zunächst seine grundsätzliche Kritik am Fürwahrhalten von vermeintlich ,gegebenen‘ Begriffen und damit verbundenen Wertzuschreibungen voraus. Der Begriff des „Werthurtheils“ fällt erstmals in einer Nachlassnotiz von 1880 und verweist bereits auf den für Nietzsche elementaren Zusammenhang von Wertzuschreibungen und Denk- bzw. Erkenntnisprozessen: „Zuerst lernt man nicht Einsichten in die Dinge und Menschen, sondern Werthurtheile über die Dinge und Menschen; diese verhindern den Zugang zur wirklichen Erkenntniß. Man müßte durch eine radikale Skepsis des Werthes erst einmal alle Werthurtheile umwerfen, um freie Bahn zu haben.“ (NF, 1880, 3(54), S.62). Der Zweifel an Wertigkeiten ist zunächst ein Zweifeln an Begriffen sowie ihrem Wahrheitsgehalt einerseits, ihrem Wahrheitsvermögen andererseits. Kritisch wertet Nietzsche hier das gewordene, menschengemachte Wesen von Sprache: im Grund willkürlich wird ,etwas‘ mit Begriff xy bezeichnet und mit den Eigenschaften a,b,c at- tribuiert. Dabei lässt der Begriff weder einen Schluss über dieses ,etwas an sich‘ zu, noch lassen sich die ihm zugewiesenen Wertigkeiten validieren. Sprache kann, so Nietzsche, kaum als „adäquate(r) Ausdruck aller Realitäten“ (WL 1, S. 878) gelten. Aus dieser Skepsis folgt auch ein kritischer Blick auf Erkenntnisprozesse, da gegenständliches Denken zwingend begriffsbasiert ist. Wenn Begriffe nun nur als metaphorisches Kommunikativ dienen und darüber hinaus keinen Wirklichkeitsgehalt haben, kann auch das Bewusstsein das Erkennen von Wahrheit nicht leisten „und folglich giebt es vielerlei 'Wahrheiten' (NF, 1885, 34(230), S. 498), und folglich giebt es keine Wahrheit“, sondern nur eine Pluralität von Perspektiven. Diese Perspektiven, seien sie nun auf den Wertdiskurs von Sprache, Moral oder Bewusstsein gerichtet, sind ihrerseits keine Absolutismen, sondern aus „historischen Prozesse(n) und Deutungskämpfe(n)“ (Saar, 2007, S. 98 ) hervorgegangen. Ebendiese stellt Nietzsche mit seiner Kritik heraus, um bestehende alte Wertekategorien genealogisch zu prüfen, und mögliche Neupositionierungen ihrer Inhalte zur Debatte zu stellen. Gemein ist den genannten drei Begriffskategorien die Zugrundelegung einer Subjekteinheit. Nietzsches versucht diese ,umzuwerfen‘ und „die mit dem Subjektbegriff verbundenen Einheitsvorstellungen zu unterminieren“ (ebd.).
Schlimgen unterstreicht in seiner Auseinandersetzung mit Nietzsches Bewusstseinsbegriff (von dem sich der Subjektbegriff, ungeachtet dessen, wie man ihn interpretieren oder sich zu ihm positionieren mag, nie in Gänze trennen lässt) drei wesentliche Traditionslinien, gegen die sich Nietzsche wendet: Descartes, Leibniz und Kant. Ersterer gilt, und Nietzsche geht damit d'accord, als wesentlicher Impulsgeber für den Rationalismus, dessen wesentlicher Tenor es ist, einen Gott als Erkenntnisziel und -quelle abzulösen und stattdessen einzig die Vernunft als evident gelten zu lassen. Seinen Überlegungen hierzu verleiht Descartes in seiner Formel ego cogito, ergo sum Ausdruck. Nietzsche überzeugt diese „verwegen(e) Behauptun(g), deren Begründung schwer, vielleicht unmöglich ist“ (JGB, 16, S. 30), nicht. Denn die Descart'schen Implikationen, etwa, „dass ich es bin, der denkt, dass überhaupt ein Etwas es sein muss, das denkt, dass Denken eine Thätigkeit und Wirkung seitens eines Wesens ist, welches als Ursache gedacht wird, dass es ein 'Ich' giebt, endlich, dass es bereits fest steht, was mit Denken zu bezeichnen ist, — dass ich weiss , was Denken ist“, sind für Nietzsche nicht bewiesen. Hieran lassen sich bereits seine grundsätzlichen Zweifel an den Begriffen (und damit verbundenen (Wert-)Setzungen, die Nietzsche in Ermangelung unmittelbarer Wahr- und Gewissheiten (Wert-)Schätzungen heißt) Bewusstsein, Substanz, Kausalität, Subjekt, Referenz, Sprache und Erkenntnis ablesen (Schlimgen, 1999, S. 26). Um Nietzsches Umwertungsbestreben später besser einordnen zu können, soll zunächst ein kurzer Überblick über seine Kritikpunkte an den genannten drei Traditionslinien - Descartes, Leibniz, Kant - gegeben werden; denn diese finden sich in seinen Ambitionen der Umwertung wieder und bilden gleichsam deren Bezugnahmen und ideellen Ausgangs- bzw. Abgrenzungspunkt.
Nietzsche betrachtet Descartes als den „Vater des Rationalismus“ (JGB, 191, S. 113). Mit seiner Formulierung ego cogito ergo sum konstatiert Descartes eine Evidenz, die einen Wahrheitsanspruch formuliert, der keine weiteren Zweifel zulässt. Nietzsche bestreitet, dass in dem „Cogito“ sich eine „unmittelbare Gewissheit“ mitteilt, die auf keinerlei Voraussetzungen beruht (JGB, 16, S. 29). Die behauptete unmittelbare Evidenz und Reinheit des Cogito ist für Nietzsche auch deshalb bestreitbar, da sie ohne die Vermittlung durch Grammatikstrukturen und Zeichen nicht denkbar ist. Die Entstehung solcher sprachlichen Strukturen ist jedoch von Elementen der Kontingenz und Willkür durchsetzt, die auf der bloßen Notwendigkeit menschlicher Existenzsicherung beruht. Für Nietzsche folgt das Ego bei Descartes dem grammatischen Schema des Subjekt-Prädikat-Zusammenhangs, wobei das Ich als Bedingung fungiert, dass ,Denke‘ das Prädikat bildet und damit bedingt ist (Nietzsche, JGB, 1886, 54, S. 73). Aus dem sprachlichen Schema entsteht laut Nietzsche sodann die Einheit einer Substanz, die denkt. Dieser Substanz wird sodann das „Denken“ als Form der Akzidenz hinzugefügt (NF, 1885, 40(22), S. 639). Die Besetzung der Subjektposition mit dem Ego ist laut Nietzsche ein Faktum grammatischer Konvention, die als Voraussetzung oder Bedingung der Analyse entgehen muss, wenn absolute Wahrheiten zum Ausdruck gebracht werden sollen. Für Nietzsche ersetzt Descartes zwar den Begriff der Seele durch den des Bewusstseins, sieht jedoch nicht die Bedeutung der sprachlichen Vermittlung der Ego-Cogito-Formel (AC, 14, S. 181). Nietzsche meldet im weiteren Zusammenhang auch Zweifel am Gewissheitsbegriff von Descartes an. Nietzsche betrachtet die Wendung „clare et distincte percipio“ nicht als ein Kriterium objektiver Wahrheit, sondern als ein Bewusstseinsphänomen, das auf Subjektivität beruht, und daher eine objektive Aussage über die Realität nicht ermöglicht (NF, 1885, 40(10), S. 632). In Descartes' Formulierung „ego cogito ergo sum“ deutet sich der Anspruch an, dass das Subjekt (ego) eine Reflektion auf sich selbst anstellen könne (cogito). Nietzsche bezweifelt, dass das Subjekt (ego) für seine eigenen Bedingungen durchschaubar ist. Er spricht von einem „Bewusstseinszimmer“, in das das Subjekt eingeschlossen ist, sodass die Möglichkeit, dass es sich von außen betrachtet, ausgeschlossen bleibt (WL, 1, S. 877). Auch das Bewusstsein ist laut Nietzsche semiotisch vermittelt, sodass keine apriorisch reinen Einsichten in seine Bedingungen möglich sind. Die Elemente des methodischen Zweifels unterliegen laut Nietzsche ebenfalls der syntaktischen Prästrukturierung, sodass ihr Ergebnis, also das cogito ergo sum, nicht als voraussetzungslos betrachtet werden kann. Ein voraussetzungsloser Denkanfang liegt für Nietzsche bei Descartes also nicht vor. Mit der Unbeweisbarkeit des Subjekts aus der Subjektperspektive ergibt sich eine nicht überschreitbare Bewusstseinsgrenze, aus der das Bewusstsein selbst nicht heraustreten kann. Nietzsche beantwortet diese Problematik mit der Feststellung einer Leibvernunft (Za I, S. 39). Das Ego des Descartes ersetzt Nietzsche durch den Begriff des Selbst, das für das Bewusstsein transzendent ist (ebd.).
An Leibniz kritisiert Nietzsche, dass er die der platonischen Ideenwelt entstammenden Begriffe, die einen Bestand ewiger Wahrheiten implizieren, fortführe. Das Dogma des Christentums, die reale Welt sei nicht die wahre, sei mit diesen Begriffen bei Leibniz perpetuiert worden (NF, 1885, 38(14), S. 613ff). Die mit der Renaissance beginnende Tendenz, das Leben selbst in den Vordergrund der Analyse zu rücken, habe damit einen Rückschlag erlitten (AC, 61, S. 251). Andererseits erkennt Nietzsche an, dass Leibniz' Erweiterung der Bewusstseinsproblematik um die Ebene des Unbewussten der philosophischen Analyse neue Möglichkeiten erschloss. In Leibniz' Monadologie kann die Perzeption mancher Substanzen unbewusst vor sich gehen und dennoch in den Monaden eine Wirkung entfalten (Leibniz, Monadologie, §14). Nietzsche greift diesen Leibnizschen Ansatz auf, indem er ihn erweitert und konstatiert, dass sämtliche Erkenntnisakte des Subjekts ohne Bewusstsein, also unbewusst vor sich gehen können (FW, 354, S. 590). Nietzsche rückt in seiner Konzeption den Begriff des Bewusstseins in den Zusammenhang mit der „Physiologie und Thiergeschichte .“ (FW, 357, S. 599). Nietzsches genealogischer Aufweis des Bewusstseins besteht in der Erkenntnis, dass sich das Bewusstsein lediglich als „Verbindungsnetz zwischen Mensch und Mensch“ entwickelt hat und dass der Mensch als bloßes Naturwesen ein Bewusstsein nicht nötig gehabt hätte (FW, 354, S. 591). Leibniz weitet in seiner Monadologie die Thematik des Bewusstseins aus, indem er das Organische als ein quasi autonom funktionierendes System beschreibt, das mit vorbewussten Elementen ausgestattet und von der Bewusstheit bis zu gewissen Graden unabhängig ist. Bei Leibniz gelangt der Mensch durch das Erkennen notwendiger Wahrheiten zu den ewigen Wahrheiten, mit denen das menschliche Ich am göttlichen Denken teilhat (Leibniz, Monadologie, §46). Nietzsche lehnt zwar Leibniz' Konzeption ewiger Wahrheiten ab, interpretiert aber den Bewusstseinsbegriff des Philosophen im Sinne seiner Auffassung dahingehend, „dass die Bewusstheit nur ein Accidenz der Vorstellung ist, nicht deren notwendiges wesentliches Attribut“ (FW, 357, S. 598). Für Nietzsche ist das Selbstbewusstsein /reflexives Bewusstsein) nicht wie bei Leibniz ein wesentliches Vernunftmerkmal, sondern lediglich ein kontingentes Element, das einen einzelnen Zustand der seelischen und geistigen Welt des Menschen bildet (FW, 357, S. 598). Nietzsche interpretiert Bewusstsein als eine perspektivische Dimension, zu deren Irrtümern es gehört, sich als wesentlich und fundamental zu betrachten (FW, 357, S. 598). Nietzsche folgt in seiner Konzeption menschlicher Gemeinwesen und politischer Systeme bis zu gewissen Graden der monadologischen Struktur, wie sie Leibniz in seinem System einer vernetzten Einheit entwirft, in dem alles mit allem verbunden ist. Auch Nietzsche betrachtet das Subjekt als mit einem Staatswesen analogisierbar, das an seiner Spitze einen Regenten hat, der seinen Untertanen in Fühlen, Wollen und Denken gleichartig verbunden ist (NF, 40(21), S. 638). Da Nietzsche den Prozess des Werdens im Sinne eines Geschehens des Willens zur Macht in den Vordergrund seiner Reflexion stellt, existiert bei ihm nicht wie bei Leibniz eine oberste Monade als Gott und das Ganze folgt bei Nietzsche auch nicht einer prästabilierten Einheit, die auf einer metaphysischen Grundlage sich entwickelt.Entwirft Leibniz in seiner Monadologie eine prästabilierte Harmonie (beste aller Welten), die eine Art geschlossenes System bildet, so liegt in Nietzsches Denkkonzeption die grundlegende Offenheit des Prinzips des Willens zur Macht vor, die von der Unschuld des Werdens geprägt ist.
Die Schwerpunkte der Kritik Nietzsches an Kant bilden die Begriffe des Ding an sich, Kants Raum- / Zeitbegriffe, der Kausalitätsbegriff und der Begriff des Subjekts. In Bezug auf den Kantschen Begriff des Ding an sich konstatiert Nietzsche, dass der Begriff ,Ding‘ eine psychologische Ableitung des Begriffes ,Subjekt‘ darstellt (NF, 1887, 12, 9(91), S. 384). Das „Ding an sich“ lässt sich laut Nietzsche als die Einheit eines „Subjekts an sich“ beschreiben (ebd.). Da Nietzsche schon den Begriff Subjekt nicht als etwas Objektives, sondern als fiktional betrachtet, so ist der Begriff Subjekt an sich auf einer doppelten Ebene fiktional. Im Gegensatz zu Kant stellt Nietzsche fest, dass das reine Transzendentalsubjekt keine Konstanz in der Zeitdimension besitzt. Das kantsche Ich, das alle Vorstellungen des Individuums begleiten muss, hat für Nietzsche keine Geltung. Für Nietzsche besteht die Bewusstseinsperspektive Kants aus einem Glauben an eine beharrende Subjekteinheit, die einem Substanzschema entspricht, das das gesamte menschliche Denken strukturiert. Nietzsche betrachtet zugleich die Unerkennbarkeit des kantschen Transzendentalsubjekts nicht als Problemfall. Das Transzendentalsubjekt wird bei Nietzsche zu einer dynamischen Prozessualität, deren vielfältige Elemente sich in den Prozess eines am Werden orientierten Willens zur Macht einordnen lassen. Ein weiterer Kritikpunkt, den Nietzsche gegen Kant ins Feld führt, ist der an Kants Begriff des Vermögens (JGB, 11, S. 26). Nietzsche betrachtet den Begriff des Vermögens bei Kant als eine Setzung, die die Theorie gegen weiteres Fragen gewissermaßen immunisiert. Fragen nach dem Ursprung des Vermögens werden mit dem Hinweis auf das Vermögen beantwortet (ebd., S. 24). In Nietzsches Nachlass findet sich unter der Überschrift „Anti-Kant“ der Hinweis, dass Begriffe wie Instinkt, Gewohnheit und Vermögen keine hinreichenden Erklärungen für die behaupteten Zusammenhänge leisteten (NF, 34(82) S. 445). Nietzsche merkt gegen Kant weiter an, dass die Kategorien, die bei Kant als objektive Urteilsformen begriffen werden, so abstrakt und leer sind, dass ihre Intensionalität kaum noch fassbar ist (GD, 4, S. 76). Die in Kants Transzendentalismus als das wirklich Reale verstandene Begriffsinstrumentarium als das „Letzte, Dünnste, Leerste“, das nun irrtümlich mit dem „ens realissimum“ in Eins gesetzt wird und damit einer Verwechselung unterliegt (GD, 4, S. 76).
Die aufgeführten Bezugspunkte tauchen in Nietzsches Kritiken zu Seelen- und Subjektvorstellunegn, die im Folgenden herausgearbeitet werden sollen, immer wieder auf. Es gilt zunächst sie auf ihre Begründungen und Argumentationen hin diskursiv zu prüfen. Hierfür soll Nietzsches Genealogien des Selbst nachgegangen werden, und zwar 1) im Kontext von Metaphysik und Moral, 2) bezogen auf die Spähren von Sprache und Denken, 3) mit Blick auf das Bewusstsein.
2.1 Der Seelenbegriff als Projektion christlicher Metaphysik & Moral
Die Vorstellung einer überdauernden immateriellen Seele zählt wohl zu den ältesten, in diversen Kulturen anzutreffenden Ideen bezüglich der Frage nach dem menschlichen Selbst. Auch Nietzsche verwendet den Seelenbegriff „inflationär“ (Klauck, 2011, S. 321), in diversen Zusammenhängen, häufig als Metapher, in Verbindung mit zahlreichen Beschreibungen durch Adjektive. Gleichzeitig ist Nietzsche scharfer Kritiker des Seelenglaubens. Der religionskritische9 Nietzsche, lehnt die Vorstellung einer tatsächlich existenten Seele, die materiell ist und die Endlichkeit des Körpers überdauern kann, also unsterblich ist, ab. Als religiöses Dogma ist sie Voraussetzung für ein Glaubenssystem, das ein Jenseits mit ewiger Erlösung (oder Strafe) annimmt. Vor diesem moralisch-religiösen Hintergrund betrachtet er das
Selbst als metaphysisches, menschengemachtes Konstrukt und verneint die Existenz einer Seele. Nietzsches Verwendung des Begriffs Seele ist deshalb vom religiös, respektive christlich, konnotierten Seelenverständnis zu unterscheiden. Seine Kritik des Seelenbegriffs ist eng mit seiner Ablehnung des Christentums verbunden, wie im Folgenden gezeigt werden soll, bevor Nietzsches Nutzung des Begriffs beleuchtet wird.
2.1.1 Umriss von Nietzsches Kritik am Christentum
Nietzsches Opposition zum Seelenglauben und christlich geprägten Moralvorstellungen sowie seine erkenntniskritische Haltung stehen in Zusammenhang mit seiner Religionskritik, die vereinzelt schon in Briefen der 1860er Jahre anklingt. Im Folgenden soll sie deshalb umrissen werden, bevor wir auf den Begriff der Seele zurückkommen. Während Nietzsche im Erlösungsstreben Jesu eine vollkommen individuelle Haltung sah, die nur über das unmittelbare Tun vermittelt wurde, kritisiert er die kanonisierte, christliche Lehre scharf. Aus dem Evangelium, das den Weg zur Seligkeits-Empfindung vorlebte, sei ein „Dysangelium“10 (AC, 39, S. 211) geworden. Den ursprünglichen, von Jesus verkörperten Symbolismus, sah Nietzsche vulgarisiert, barbarisiert und zu einem vollkommen neuen Zweck umgeformt. Dies geschieht seiner Auffassung nach bereits in der Urgemeinde und vor allem durch Paulus, der für Nietzsche den zentralen Antagonisten zu Jesus darstellt. Während Jesus' Leben und Handeln in Nietzsches Augen noch von einer vollkommenen Diesseitigkeit geprägt waren, warf er der paulinischen Theologie vor, alle Aufmerksamkeit vom konkreten Wirken Jesu abzulenken (Benz, 1956, S. 53) und vor allem seine Geburt, seinen Tod und seine Auferstehung in den Mittelpunkt zu rücken (AC, 40-42, S. 213ff). Der Fokus der paulinischen Bewegung sei nun die Fixierung auf die Jenseitigkeit, die von einem tiefen “Instinkt-Haß gegen jede Wirklichkeit” (AC, 39, S. 212) angetrieben ist. Zwar sind die beiden Christentümer, die Nietzsche kennt, Ausdruck der Décadence11, aber nur das Paulinische gilt ihm als Ressentiment-geladen, während er Jesus noch eine durchgehende Redlichkeit attestierte (Salaquarda, 1973, S. 99). Hierin sieht Nietzsche die entscheidende Wendung: Die Formierung, der sich auf Jesus berufenden christlichen Religion durch das Ressentiment (Salaquarda, 2000, S. 209), das NeinSagen, das dem Erlöser unmöglich war (AC, 40, S. 213f), die Verneinung aller Realitäten im Gegensatz zur Fixierung auf eine zutiefst reale Innerlichkeit. Letztlich sieht Nietzsche im institutionalisierten Christentum eine vollkommene Umkehrung dessen, was er im Erlöser-Christentum als bedeutend annimmt.
Nietzsches Kritik beschreibt eine Bewegung der Ressentiments, die den Realitätshass der „Sklavenmasse(n)“ (NF, 1881, 11(246), S. 535) kanalisiert. Ihre Ausrichtung liegt in der Jenseitigkeit, in der Erniedrigung der gegebenen Welt durch das Vorhalten einer - imaginierten - transzendenten und somit vermeintlich besseren Welt. Doch auch in der christlichen Bewegung existiert eine Hierarchie, nämlich die zwischen Priester und Laien. Das Mittel seiner Machtausübung ist das „asketische Ideal” (GM III, 1, S. 339), das den „horror vacui” des Menschen widerspiegelt, denn „eher will (dieser) noch das Nichts wollen, als nicht wollen” (ebd.). Das asketische Ideal wertet Nietzsche als Erscheinung der Leid schaffenden Décadence, es befriedigt ein durch das Leiden entstandenes Bedürfnis nach Metaphysik und verspricht, kommuniziert durch die Priester, den Gläubigen Linderung des Leids. Mit besonderer Skepsis hebt Nietzsche diese Konnektivität in Bezug auf religiöse Glaubensdogmen hervor, denn das Christentum habe mit seinen Postulaten einer „wahren Welt“ und einer „Moral als Essenz der Welt“ die „zwei bösartigsten Irrthümer, die es giebt“, geschaffen (AC, 10, S. 176). Er kritisiert insbesondere den „Theologen-Instinkt“ (AC, 9, S. 175), der darauf zielt, metaphysisch konstruierte Begriffe wie Gott, Ewigkeit oder Sünde in eine universal gültige Sphäre zu transferieren und damit alle anderen Formen des Glaubens und Denkens auszulöschen (ebd.). Diese imaginären Setzungen verkörpern für Nietzsche sämtlich nihilistische Werte, d.h. sie repräsentieren den Drang zum Nichts, drohen die ganze Menschheit in Selbst- und Weltverneinung zu stürzen und befinden sich so in einem aktiven Kampf gegen das Leben. Christliche Werte würden so eine fatale „Sklaven-“ und „Herden Moral“ proklamieren, die darauf zielen, die Masse zu dominieren und darin den Einzelnen klein zu machen (Gerhardt, 1992, S. 299). Damit ist der Sinn der Kultur für Nietzsche völlig verfehlt; dieser könne nicht das Kleinmachen, die Zähmung des Menschen sein (ebd., S. 307).
Nietzsches Religionskritik zielt gleichermaßen auf die theologische Metaphysik und ihr Postulat eines transzendentalen Jenseits. Die Frage nach der Erkenntnis einer Welt, die hinter oder jenseits unserer erfahrbaren Realität sein könnte, verneint Nietzsche auf dreifache Weise und führt erkenntnistheoretische, historische Gründe sowie psychologische Gründe an, die gegen jegliche metaphysische Spekulation sprechen (Weischedel, 1975, S. 433ff). Der Mensch ist bei seinen Erkenntnismöglichkeiten auf menschenmögliches Erkennen und damit auf das Diesseits reduziert. Eine andere als die epistemisch zugängliche Welt ist nach Nietzsche spekulativ, denn die Fähigkeiten des Menschen, seien sie körperlicher oder geistiger Natur, wurzeln für ihn im Organischen, d.h. es kann nichts erkannt werden, wozu der menschliche Organismus nicht durch physiologische Anlagen befähigt ist. Alle Schlüsse, die darüber hinausgehen, etwa von der Scheinbarkeit, von der Bedingtheit der Welt auf eine andere, wahre und unbedingte Welt, sind für ihn nicht zulässig. Eben solche Schlussfolgerungen bilden für Nietzsche die Basis metaphysischen Denkens, welches eine transzendente Welt mit Göttern entworfen hat, und in der Entwicklung der Menschheitsgeschichte von prägender Bedeutung ist; doch der christliche Gott ist „Menschen-Werk und -Wahnsinn, gleich allen Göttern“ (Za I, S. 35) und damit sind selbstredend auch moralische Wertsetzungen des Christentums in die Sphäre des Menschengemachten, und nicht in die absoluten, universalen oder gar überirdischen Wahrheiten einzuordnen.
Weder die Moral noch die Religion berührt sich im Christenthume mit irgend einem Punkte der Wirklichkeit. Lauter imaginäre Ursachen ('Gott', 'Seele', 'Ich' 'Geist', 'der freie Wille' — oder auch 'der unfreie'); lauter imaginäre Wirkungen ('Sünde', 'Erlösung', 'Gnade', 'Strafe', 'Vergebung der Sünde'). Ein Verkehr zwischen imaginären Wesen ('Gott', 'Geister', 'Seelen') (.). (AC, 15, S. 181).
Aus diesem Grunde ist für Nietzsche dem Ende der Metaphysik am schärfsten in der Formel Gott ist tot! Deutlichkeit verliehen. Auch in Bezug auf Gott argumentiert Nietzsche psychologisch und historisch. Wer sich mit dem religiösen Wesen des Menschen auseinandersetzen will, der müsse wie ein Psychologe in der Seele des Menschen auf Jagd gehen (JGB, 45, S. 65).
In der Fröhlichen Wissenschaft macht Nietzsche deutlich, dass der Mensch als Schöpfer von Gott nur selbst fähig ist, die Idee ,Gott' wieder negieren, um sich von ihr zu emanzipieren. Die Aussagen des Philosophen über Gott geschehen im Schnittpunkt von persönlichen, existenziellen Erfahrungen und den geistigen Strömungen seiner Zeit. Bereits vor der Verkündigung des Todes Gottes in der Fröhlichen Wissenschaft ist dieses zentrale Motiv der Philosophie Nietzsches oft in seinen Werken anzutreffen (Figl, 2000, S. 92f). Nietzsche sieht sich am „Sterbebette des Christenthums“ (M, 92, S. 85) oder stellt mit Blick auf die wissenschaftliche Leugnung Gottes fest, dass man - wie es bisweilen im alten Indien geschehen ist - auch in Europa bereit sein muss, die alten Götter beiseite zu werfen (ebd., S. 93). Die zentrale Botschaft vom Tode Gottes wird verkörpert vom tollen Menschen im 125. Aphorismus der Fröhlichen Wissenschaft. Nietzsche lässt ihn mit einer Lampe am helllichten Tag auf den Markt treten und Gott suchen. Er trifft bereits auf eine atheistisch beeinflusste Gegenwart „(d)a dort gerade viele von denen zusammenstanden, welche nicht an Gott glaubten (.)” (FW, 3(125), S. 480). Mit seinen Fragen sorgt der tolle Mensch zunächst für Heiterkeit, schließlich gibt er dann die Antwort auf die Frage wo Gott sei: „ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet - ihr und ich!” (ebd., S. 481). Diese Antwort hebt den Charakter der Geschichte über eine bloß theoretisch-philosophische Fragestellung hinaus. Nietzsche beschreibt die verschiedenen Gefühle, die die Rede vom Tod Gottes zu seiner Zeit hervorruft. Es ist nicht nur „Licht, Glück, Erleichterung, Erheiterung, Ermutigung, Morgenröte.“ (FW, 5(343), S. 574). Mit dem Tod Gottes verschwinden auch Sinngebung und Sicherheit, die über Jahrhunderte selbstverständlich waren. Nietzsche illustriert diesen Vorgang mit Bildern von Sonne, Meer und Horizont. Die Sonne, ein Bild der platonischen Philosophie für das Gute, wird entkoppelt von der
Erde. Die Menschen müssen in Zukunft ohne religiöse Sinngebung - ohne Erleuchtung - auskommen, der göttliche Grund für Sinn und Wahrheit entfällt. Der Horizont steht für Grenzen, die mit dem Tode Gottes entrückt werden. Was den Menschen in Grenzen einschloss, das gibt es nun nicht mehr. Die Freiheit innerhalb dieses leeren Raumes ruft Ängste hervor: „Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts?” (FW, 3(125), S. 481). Die unendliche Weite des Meeres steht als Bild für die ewige Existenz Gottes - der Mensch schickt sich an die Wassermassen zu dezimieren: „Wie vermochten wir das Meer auszutrinken?”(ebd.). Die Orientierungslosigkeit, die folgt, die Reinigung nach der Tat - all dies kann nach Nietzsche nur bewältigt werden, wenn die Menschen selbst den Platz Gottes einnehmen.
Die mit der Leerstelle Gott wegfallenden, sinnstiftenden Orientierungspunkte müssen neu gesetzt werden. Der Mensch würde unter dieser vermeintlichen Sinnlosigkeit des Lebens und seiner selbst leiden. Schlimm ist jedoch „nicht das Leiden an sich, sondern das Sinnlose des Leidens“ (GM, 2(7), S. 304). In diesem Sinnbedürfnis sieht Nietzsche die Religiosität der Menschen begründet, und gewissermaßen das ,Einfallstor‘ für christliche Postulate. Den Priestern spricht Nietzsche dabei eine zentrale Rolle zu. Sie stiften den Menschen einen leidmildernden Sinn, indem sie einen heilsversprechenden Gott kreieren, der als Schöpfer und Ursprung des Lebens und der Welt etabliert wird. Aus dem christlichen Erlösungsmythos ergibt sich jedoch ein Gläubiger-Schuldner-Verhältnis zwischen Gott und dem Menschen: „Der Schuldner (...) verpfändet (...) dem Gläubiger (...) zum Beispiel seinen Leib oder sein Weib oder seine Freiheit oder auch sein Leben“ (GM, 2(5), S. 299). Der glaubende Mensch kann seine Schuld in diesem Verhältnis nur begleichen, sofern er sich an eine diesem Gott gefällige Lebensweise hält, er „ergreift in ,Gott‘ die letzten Gegensätze, die er zu seinen eigentlichen und unablöslichen Thier-Instinkten zu finden vermag, er deutet diese letzten Thier-Instinkte selbst als Schuld gegen Gott (.) er spannt sich in den Widerspruch ,Gott‘ und ,Teufel‘“ (GM, 2(22), S. 332). Auf diese christliche Proklamationen führt Nietzsche moralische gut-böse-Kategorisierungen zurück. Die Verklärung von Ge- und Verboten zu einer gottgegebenen (und damit ,wahren‘) Moral hält Nietzsche nicht nur wegen ihres Wahrhaftigkeitsanspruchs für falsch. Er kritisiert auch die Widernatürlichkeit, die den Menschen in Gewissenskonflikte zwingt, etwa indem natürliche Triebe und Instinkte zur Sünde erklärt werden (GM, 3(20), S. 388ff) - eine für Nietzsche pathologische Entwicklung: „das schlechte Gewissen als die tiefe Erkrankung, welcher der Mensch unter dem Druck jener gründlichsten aller Veränderungen verfallen musste, die er überhaupt erlebt hat“ (GM, 2(16), S. 321). Vorangetrieben wird diese Entwicklung für Nietzsche maßgeblich vom Priestertum. Die Priester versprechen Heilung von dem Gefühl des schlechten Gewissens, dass durch die im Innern unterdrückten, als ,böse‘ oder ,sündhaft‘ deklarierten Triebe überhaupt erst ausgelöst wird; d.h. es wird zunächst ein Sündenfall geschaffen, von dessen Schuld sich der Mensch dann befreien muss, es aber, ob seiner natürlich Anlagen und trotz aller Sühne, nie in Gänze kann, womit er in Gefühlen des schlechten Gewissens verbleibt. Doch die Priester erklären den Menschen, dass das schlechte Gewissen allein ihr eigenes Verschulden sei. Hieran entzündet sich nun ein weiterer Kritikpunkt Nietzsches, denn das oben Genannte resultiert nicht in der versprochenen Heilung der Menschen, sondern in der Herrschaft des Christentums. Möglich wird dieses Machtgefälle auch wegen dem Glauben an eine das irdische Leben überdauernde Seele. Aus dem Streben nach Erlösung und Seelenheil resultiert ein Abhängigkeitsverhältnis, das von Angst und Selbstentsagung geprägt ist. „Der Mensch des Glaubens, der ,Gläubige‘ jeder Art, ist nothwendig ein abhängiger Mensch“ (AC, 54, S. 236). Er entsagt nicht nur der eigenen Natur, die er, für Sünde haltend, unterdrückt und bekämpft; er entbehrt auch die Bestimmung des eigenen Lebens, welches er sklavisch der christlichen Moraldoktrin, einer „Moral der Entselbstung“ (ebd.), unterwirft. Die von Nietzsche beschriebene „Entselb stung, (...) Selbst-Entfremdung“ (ebd.) sei hier nicht verstanden als eine Art Auflösung des im religiösen Kontext gemeinten seelischgeistgen Ich, sondern als Absonderung des eigenen Naturells, der individuellen Instinkt- und Triebnatur sowie der eignen Leiblichkeit. Gerade diese Aspekte des Physiologisch-Eigenen ist Nietzsche als Opposition zu einem metaphysischen Seelenbegriff bestrebt, stark zu machen; er proklamiert eine Art Leib-Selbst organischer Natur.
[...]
1 Als Textgrundlage wird dabei die Kritische Studienausgabe (KSA) seiner Werke dienen.
2 „Wenn man eine ziemlich kurze Zeitspanne und einen begrenzten geographischen Ausschnitt herausnimmt - die europäische Kultur seit dem sechzehnten Jahrhundert -, kann man sicher sein, daß der Mensch eine junge Erfindung ist (...)“ (Foucault, 1974, S. 462).
3 Daneben findet sich der Term 'Subjekt' aber in anderen Wissenschaften, etwa Psychologie, Anthropologie, Soziologie, Rechts-, Literatur- und Geschichtswissenschaften. Aufgrund dieser breiten Fassung, der unterschiedlichen Handhabungen und Diskurse des Begriffs, lässt er sich nicht auf eine einzige, allgemeine Definition beschränken (Zima, 2010, S. X).
4 Je nach zugrunde liegender metaphysischer oder religiöser Überzeugung wird die zeitliche Bestimmung des Subjekts auch als ewig, das materielle Diesseits überdauernd postuliert.
5 Tugendhats Subjektbegriff ist wesentlich von Nietzsches verschieden; er benennt jedoch ausschlaggebende Parameter zur Bestimmung dessen, was der Subjektbegriff bezeichnet, weshalb hier auf seine Beschreibungen zurückgegriffen wird.
6 D.h. die Orientierung erfolgt hier am „Zugrundeliegenden“ (s.o.).
7 D.h. hier wird das Subjekt als „Daruntergeworfenes“ bzw. als Seinsumständen Unterworfenes betrachtet (s.o.).
8 „Ich misstraue allen Systematikern und gehe ihnen aus dem Weg. Der Wille zum System ist ein Mangel an Rechtschaffenheit.“ (Nietzsche, Friedrich. Götzen-Dämmerung: Sprüche und Pfeile, § 26. Erste Veröff. 24/11/1888.)
9 D.m. bei Nietzsche jüdisch-christliche Glaubenssätze und Moralvorstellungen.
10 Als Analogie zu Evangelium (griechisch euaggélion = gute Botschaft, bzw. euâggelos = gute Botschaft bringend) bedeutetet der ebenfalls aus dem Griechischen stammende Begriff Dysangelium (dysâggelos) Unglücksbotschaft bringend.
11 Der Begriff Décadence bezeichnete bis zu seiner positiven Umwertung in Frankreich durch Baudelaire und Gautier ursprünglich kulturellen Verfall (Borchmeier, 2011, S. 73). Nietzsche bezeichnet jegliche Philosophie, Religion oder Kunst als dekadent, die in seinen Augen der Schwäche erwachsen ist (De Huszar, 1945, S. 259), d.h. bei Nietzsche, „wenn der Wille zum Nichts (.) die Oberhand über den Willen zum Leben“ gewinnt (NF, 1888, 14(123), S. 304).
- Arbeit zitieren
- Marlen Reinschke (Autor:in), 2021, Situierung des Subjektbegriffs bei Friedrich Nietzsche. Kritik und Umwertung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1171502
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