Die vorliegende Arbeit steht unter der allgemeinen Frage nach der Bedeutung von Religiosität im Selbstverständnis der Romantik, speziell in der Malerei. Hierbei gilt das Interesse jedoch nicht dem christlichen Glauben und der „kirchlichen Frömmigkeit“ jener Zeit, sondern vielmehr dem Wunsch nach etwas Sinnstiftenden und Bedeutung verleihenden hinter der bildenden Kunst, dem Quell des Göttlichen im Menschen selbst und in dem was er mit der Malerei auszudrücken vermag. Schwerpunktmäßig konzentriere ich mich hierbei auf die „Kunst- und Religionskonzeption“ Friedrich Schlegels innerhalb seiner Zeitschrift Europa, in Hinblick auf seine Einteilung der verschiedenen Gattungen der Malerei, sowie der Forderung nach religiösem Hintersinn, den er alten Meistern und auch seinen Zeitgenossen abverlangt.
Schlegel beschwert sich, dass es – seiner Meinung nach – keine Maler seiner Zeit gibt, „welche den großen Meistern der Vorzeit völlig gleichgestellt werden könnten“ . Eine vollständige Wiederlegung oder Untermauerung dieser These wäre zu umfangreich für diese Arbeit, und so beschränke ich mich auf eine Gegenüberstellung der schlegelschen Forderungen mit dem Werk Caspar David Friedrichs und der Frage, ob dieses eine mögliche Antwort darauf stellen kann.
Obwohl sich Schlegel zu einem für die Rezeption der Romantik wichtigen Kunstkritiker aufgeschwungen hat und er und Caspar David Friedrich, dessen Gemälde wohl nicht nur in meinen alten Schulbüchern den „Inbegriff der Romantik“ verkörpern, direkte Zeitgenossen sind (1772 – 1829 und 1774 – 1840), muss vorab gesagt werden, dass sie in keiner persönlichen Beziehung zu einander stehen: Im Juli des Jahres 1798 treffen sich die Frühromantiker des späteren Jenaer Kreises in Dresden, eine Begegnung, bei der „Die Gemälde. Ein Gespräch“ stattfindet, das später im Athenäum II, 1, 1799 veröffentlicht wird – doch sie haben die Stadt bereits verlassen, als sich Friedrich im Oktober des selben Jahres in Dresden niederlässt. „Direkte Kontakte zum Jenaer Kreis sind nicht nachweisbar“, ebenso wenig, „ob Friedrich mit dem frühromantischen Programm durch die Lektüre des Athenäum in Kontakt kam.
Inhaltsverzeichnis
1 Fragestellung „Eine Hieroglyphe, ein göttliches Sinnbild soll jedes wahrhaft
2 Friedrich Schlegel und seine Theorie zur Religion
2.1 Streben nach dem Unendlichen
2.2 Hinwendung zum Katholizismus
3 Friedrich Schlegel und die bildende Kunst
3.1 Grundsätze und Einteilung der Malerei
3.2 Aufforderung an die Maler der jetzigen Zeit
4 Synthese: Antwort auf Schlegel im Werk Caspar David Friedrichs?
4.1 „Schwäne im Schilf“ (1819-20)
4.2 „Winterlandschaft mit Kirche“ (1811)
5 Literaturverzeichnis
5.1 Primärliteratur:
5.2 Sekundärliteratur:
1 Fragestellung „Eine Hieroglyphe, ein göttliches Sinnbild soll jedes wahrhaft
so zu nennende Gemälde sein.“[1]
Die vorliegende Arbeit steht unter der allgemeinen Frage nach der Bedeutung von Religiosität im Selbstverständnis der Romantik, speziell in der Malerei. Hierbei gilt das Interesse jedoch nicht dem christlichen Glauben und der „kirchlichen Frömmigkeit“ jener Zeit, sondern vielmehr dem Wunsch nach etwas Sinnstiftenden und Bedeutung verleihenden hinter der bildenden Kunst, dem Quell des Göttlichen im Menschen selbst und in dem was er mit der Malerei auszudrücken vermag.
Schwerpunktmäßig konzentriere ich mich hierbei auf die „Kunst- und Religionskonzeption“ Friedrich Schlegels innerhalb seiner Zeitschrift Europa, in Hinblick auf seine Einteilung der verschiedenen Gattungen der Malerei, sowie der Forderung nach religiösem Hintersinn, den er alten Meistern und auch seinen Zeitgenossen abverlangt.
Schlegel beschwert sich, dass es – seiner Meinung nach – keine Maler seiner Zeit gibt, „welche den großen Meistern der Vorzeit völlig gleichgestellt werden könnten“[2]. Eine vollständige Wiederlegung oder Untermauerung dieser These wäre zu umfangreich für diese Arbeit, und so beschränke ich mich auf eine Gegenüberstellung der schlegelschen Forderungen mit dem Werk Caspar David Friedrichs und der Frage, ob dieses eine mögliche Antwort darauf stellen kann.
Obwohl sich Schlegel zu einem für die Rezeption der Romantik wichtigen Kunstkritiker aufgeschwungen hat und er und Caspar David Friedrich, dessen Gemälde wohl nicht nur in meinen alten Schulbüchern den „Inbegriff der Romantik“ verkörpern, direkte Zeitgenossen sind (1772 – 1829 und 1774 – 1840), muss vorab gesagt werden, dass sie in keiner persönlichen Beziehung zu einander stehen: Im Juli des Jahres 1798 treffen sich die Frühromantiker des späteren Jenaer Kreises in Dresden, eine Begegnung, bei der „Die Gemälde. Ein Gespräch“ stattfindet, das später im Athenäum II, 1, 1799 veröffentlicht wird – doch sie haben die Stadt bereits verlassen, als sich Friedrich im Oktober des selben Jahres in Dresden niederlässt.[3] „Direkte Kontakte zum Jenaer Kreis sind nicht nachweisbar“, ebenso wenig, „ob Friedrich mit dem frühromantischen Programm durch die Lektüre des Athenäum in Kontakt kam.“[4]
Da auch im späteren Wirken kein persönlicher Kontakt Schlegels und Friedrichs zu finden ist, kann ich mich als verbindenden Zusammenhang nur auf die „geistige Ideenverwandtschaft“ der romantischen Vertreter berufen, die für uns heute den zwar vielschichtigen jedoch auch verbindenden Geist der Romantik ausmachen.
2 Friedrich Schlegel und seine Theorie zur Religion
Bevor ich zum eigentlichen Gegenstand der Arbeit, der Kunst, komme, werde ich zunächst Friedrich Schlegels religiöse Theorie darlegen, die sich vom frühen Schöpfungsgeist, eine neue, revolutionäre Religion zu schaffen bereits vor den späteren „Pariser-Jahren“ zugunsten einer Eingliederung in den Katholizismus grundlegend wandelt.
2.1 Streben nach dem Unendlichen
Friedrich Schlegels philosophische und ästhetische Ansichten entwickeln sich an seiner Auseinandersetzung mit dem „Vernunft-Prinzip“ der Aufklärung. Bereits in seiner frühen Rezension zu Friedrich Heinrich Jacobis „Woldemar“ von 1796 eröffnet er einen Diskurs über das Verhältnis von Vernunft und Religion unter der Kritik, dass Vernunft, wenn sie zu einem rein auf das Empirische reduzierten und abstrakten Kalkulieren wird, sie „die Dimension des Göttlichen eliminiert“.[5]
Durch diese Blickverengung, die unmittelbar zweckfixierte Vernunft absolut setzt, wird die geistig-sinnliche Ganzheit des Menschen verschüttet „unter dem Aschenhaufen der Mode, der kameralistischen Politik und der diesen nachgebildeten Aufklärung und Erziehung.“[6] Es besteht kein verbindender religiöser Horizont mehr, in dem sich der einzelne Mensch wiederfinden kann, sondern es entsteht eine „Kultur der Isolation“.[7]
Dennoch propagiert Schlegel nicht eine Abwendung von der Realität im Sinne einer übersteigerten Empfindsamkeit: man solle nicht „seine Vernunft betäuben, um nur glauben zu dürfen“, wie es Jacobs „Woldemar“ seiner Ansicht nach tut, er zielt vielmehr auf eine „Synthese von menschlicher Vernunft und gottbezogener Spekulation“[8], die das stete Streben nach dem Unendlichen bedeutet. „Gerade indem Vernunft und Religion aufeinander bezogen sind, bildet sich das menschliche Bewusstsein als ungebrochene Individualität“[9], welches durch oben beschriebenen „Missbrauch“ der Vernunft zerstört zu werden droht. Schlegels Entwurf besteht darin, „in der poetischen Imagination die unerklärbare Dimension einer versöhnenden Totalität für die empirische Realität wieder aufzudecken“[10], mit anderen Worten: der Mensch soll kreatives Individuum sein, jedoch nicht im Zustand der Isolation, in den zweckorientierte Vernunft ihn drängen würde, sondern er soll durch die „ästhetische Art, die Gegenwart des Unendlichen zu erfahren“[11] die verlorene Einheit mit dem „Allzusammenhang“ wiederherstellen und die bloße Vernunft überschreiten. Die endliche Erfahrung wir erweitert durch eine sie übersteigende Harmonie im Unendlichen.
„Wenn jedes unendliche Individuum Gott ist, so gibt’s so viele Götter wie Ideale. Auch ist das Verhältnis des wahren Künstlers und des wahren Menschen zu seinen Idealen durchaus Religion. Wem dieser innere Gottesdienst Ziel und Geschäft des ganze Lebens ist, der ist Priester, und so kann und soll es jeder werden.“[12]
[...]
[1] Schlegel, Friedrich: Aufforderung an die Maler der jetzigen Zeit, in: Friedrich Schlegel. Kritische Schriften, [Hrsg.] Wolfdietrich Rasch, München, 1956, S. 410.
[2] Ebenda, S. 406.
[3] Grütter, Tina: Melancholie und Abgrund. Die Bedeutung des Gesteins bei Caspar David Friedrich. Ein Beitrag zum Symboldenken der Frühromantik, Berlin: Dietrich Reimer Verlag, 1986, S. 32.
[4] Ebenda, S. 32.
[5] Brauers, Claudia: Perspektiven des Unendlichen. Friedrich Schlegels ästhetische Vermittlungstheorie, in: Philologische Studien und Quellen (Heft 139), [Hrsg.] H. Steger, H. Steinecke, H. Wenzel, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1996, S. 50.
[6] Ebenda, S. 51.
[7] Brauers, Perspektiven, S. 51-52.
[8] Brauers, Perspektiven, S. 54.
[9] Ebenda, S. 54.
[10] Ebenda, S. 54.
[11] Ebenda, S.54.
[12] Schlegel, Friedrich: „Athenäums“-Fragmente und andere Schriften, [Hrsg.] Andreas Huyssen (Auswahl u. Nachwort), Stuttgart: Reclam, 2005, S.130.
[12] Brauers, Perspektiven, S. 203.
- Citation du texte
- Student Angela Kunze (Auteur), 2006, Friedrich Schlegels Anforderungen an die Malerei seiner Zeit und das Werk Caspar David Friedrichs als mögliche Erfüllung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117144
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