Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Beurteilung der Rehabilitationsmaßnahmen von PTBS erkrankten Soldat*innen der Bundeswehr nach Auslandseinsätzen in Form einer Onlinebefragung. Da bei Soldat*innen zur oben genannten Erkrankung ein sehr großes Interesse an einer Verbesserung der Therapiemaßnahmen besteht, lautet die leitende Forschungsfrage: "Sind die bestehenden Rehabilitationsmaßnahmen bei Sol-dat*innen mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS), hervorgerufen durch einen Einsatz, nach aktueller wissenschaftlicher Erkenntnislage zielführend und wird das durch die Erfahrung betroffener Soldat*innen bestätigt?"
Um die Forschungsfrage zu beantworten, wurde in der vorliegenden Arbeit eine quantitative Studie in Form eines Onlinefragebogens zum subjektiven Empfinden der Rehabilitationsmaßnahmen der Bundeswehr bei erkrankten Soldat*innen durchgeführt. Es wurde erörtert, an welcher Rehabilitationsmaßnahmen die Teilnehmer*innen teilgenommen haben und über welchen Zeitraum diese ging. Des Weiteren wurde mit Hilfe der Hospital Anxiety and Depression Scale das subjektive Empfinden zur Depression und dem Angststatus nach der Rehabilitationsmaßnahme gefragt.
Inhaltverzeichnis
Abstract
Inhaltverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Teil 1. Einleitung
1.1 Hintergrund
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Vorgehensweise
Teil 2. Grundlagen der PTBS Erkrankung
2.1 Posttraumatische Belastungsstörung
2.2 Neuronale Entstehung von PTBS
2.3 Symptome
2.4 Diagnostik
2.4.1 ICD-10
2.4.2 DSM-5
2.5 Grundlagen der Behandlung
2.6 Präventivmaßnahmen der Bundeswehr
2.6.1 Vor den Einsatz
2.6.2 Während des Einsatzes
2.6.3 Nach dem Einsatz
2.7 Vorhandene Studienlage
Teil. 3 Methodik
3.1 Hypothese
3.2 Rahmenbedingungen
3.2.1 Fragebogen
3.3. Verwendete Messinstrumente
3.3.1 Gütekriterien
3.4 Durchführung und Auswertung
3.4.1 Pretest
3.4.2 Durchführung der Befragung
3.4.3 Auswertung der Befragung
3.5 Statistische Verfahren und Datenanalyse
Teil 4. Ergebnisse
4.1 Darstellung der Stichprobe
4.1.1 Laufbahn
4.1.2 Einsätze
4.2 Ergebnisdarstellung deskriptive Statistik
4.2.1 Ergebnisse zu den einzelnen Items
4.2.2 Angaben zur Rehabilitationsmaßnahme
4.2.3 Ergebnisse nach Auswertung
4.3 Ergebnisdarstellung explorative Statistik
4.3.1 Kategorisierung
4.3.2 Cronbach's Alpha
4.3.3 Korrelation
4.4 Hypothesen Test
Teil 5. Diskussion
5.1 Limitierungen der Methode
5.2 Diskussion der Rahmenbedingungen und der Statistik
5.3 Implikationen der Ergebnisse
5.4 Weiterer Forschungsbedarf
Teil. 6. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Tabellenverzeichnis
Tabelle 3.1: Häufigkeit und Anteile des Geschlechts.
Tabelle 3.2: Altersverteilung in der Stichprobe
Tabelle 3.3: Wertebereiche für Cut-off-Wert
Tabelle 4.1: Laufbahn Verteilung aller Teilnehmer*innen
Tabelle 4.2: Laufbahn Verteilung aller männlichen Teilnehmer
Tabelle 4.3: Laufbahn Verteilung aller weiblichen Teilnehmer*innen
Tabelle 4.4: Laufbahn Verteilung aller diversen Teilnehmer*innen
Tabelle 4.5: Anzahl der Einsätze aller Teilnehmer*innen
Tabelle 4. 6: Anzahl der Einsätze männlicher Teilnehmer
Tabelle 4.7: Anzahl der Einsätze aller weiblicher Teilnehmerinnen
Tabelle 4.9: Ergebnisse der einzelnen 13 Items
Tabelle 4.10: Ergebnisse der einzelnen 13 HADS-Items
Tabelle 4.11: Ergebnisse der einzelnen 13 HADS-Items
Tabelle 4.12: Ergebnisse der einzelnen 13 HADS-Items
Tabelle 4.13: Angaben zur Dauer der Rehabilitationsmaßnahme.
Tabelle 4.14: HADS/Angst-Skala gesamt
Tabelle 4.15: HADS/Angst-Skala weiblich
Tabelle 4.16: HADS/Angst-Skala männlich
Tabelle 4.17: HADS/Angst-Skala divers
Tabelle 4.18: HADS/ Depressions-Skala
Tabelle 4.19: HADS/ Depressions-Skala weiblich
Tabelle 4.20: HADS/ Depressions-Skala männlich
Tabelle 4.21: HADS/ Depressions-Skala divers
Tabelle 4.22: Korrelationen der unabhängigen Variablen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Einsatzländer der Bundeswehr
Abbildung 2: Vergleich eines Gehirns mit einem PTBS erkrankten Gehirn
Abbildung 3: Darstellung des Ablaufs der Therapie Möglichkeiten
Abbildung 4: Anzahl der gewählten Rehabilitationsmaßnahmen
Abbildung 5: Boxplots zur der Kategorisierung je Geschlecht zur Angstskala
Abbildung 6: Boxplots zur der Kategorisierung je Geschlecht zur Depressionsskala...
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Teil 1. Einleitung
Ein normaler Tag in der Kaserne, plötzlich ertönt ein Knall, die Sirenen der örtlichen Feuerwehr erschallen und die Welt verschwimmt für den Soldaten, der eben noch einen Witz über einen Kameraden gemacht hat. Schweiß glänzt auf seiner Stirn, er zittert und wird blass. Diese und ähnliche Situationen erlebt der Verfasser häufig bei seinen Kameraden der Bundeswehr. So gab es im Jahr 2017 1900 an PTBS erkrankte Soldaten und Soldatinnen und die Anzahl ist steigend (vgl. Bundeswehr, 2021a, o. S.). Trotz der hohen Zahl der Erkrankten wird eine noch höhere Dunkelziffer angenommen (vgl. Tegtmeier, 2013, S. 20). Laut einer Studie der Universität Dresden wird geschätzt, dass jeder zweite Fall von PTBS bei Soldat*innen, die Symptome der Erkrankung aufweisen, nicht erkannt und behandelt wird. Trotz der hohen Zahlen der an mit posttraumatischen Belastungsstörungen Erkrankten, ist in vielen Einheiten der Bundeswehr das Thema noch ein rotes Tuch.
1.1 Hintergrund
Es befinden sich zurzeit ca. 2500 Soldat*innen auf 3 Kontinenten im Auslandseinsatz. Durch die globale Entwicklung und dem steigenden Interesse der Politik und der Mitglieder der North Atlantic Treaty Organization (NATO) daran, dass die Bundeswehr mehr Verantwortung für Problemgebiete übernehmen soll, ist die Tendenz der Einsätze für die Bundeswehr steigend (vgl. Bundeswehr, 2021b, o. S.). Das Risiko, dem die Soldat*innen in ihren Einsätzen ausgesetzt sind, wird regelmäßig bestätigt. So wurde eine deutsche Patrouille in Mali Ende Juni durch einen Selbstmordanschlag mit einer Autobombe angegriffen, bei der 12 Soldat*innen teilweise schwer verletzt wurden (vgl. Sanitätsdienst der Bundeswehr, 2021, o. S.). Diese und ähnliche Situationen aus der Vergangenheit, lassen das Thema PTBS für Soldaten relevant werden. Im nächsten Abschnitt wird die Fragestellung der Arbeit definiert.
Abbildung 1: Einsatzländer der Bundeswehr (Eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Die Thesis soll der Frage nachgehen, welche Maßnahmen, für die PTBS-Behandlung von Soldat*innen, die diese Erkrankung im Laufe eines Einsatzes bei der Bundeswehr erlitten haben, geeignet sind. Es werden bisherige Maßnahmen zur Behandlung von PTBS erkrankten Soldat*innen vorgestellt und einer kritischen Wertung unterzogen. Des Weiteren erfolgt eine Befragung der Soldat*innen in den Bundeswehrkrankenhäusern und Facharztzentren, die über eine Fachabteilung Psychiatrie/Psychotherapie verfügen, mithilfe eines quantitativen Online-Fragebogens, um folgende Frage konkret zu beantworten:
Sind die bestehenden Rehabilitationsmaßnahmen bei Soldat*innen mit posttraumati-
scher Belastungsstörung (PTBS), hervorgerufen durch einen Einsatz, nach aktueller
wissenschaftlicher Erkenntnislage zielführend und wird das durch die Erfahrung be-
troffener Soldat*innen bestätigt?
Es werden Handlungsempfehlungen der PTBS-Behandlung begutachtet und abgeleitet, welche Möglichkeiten zur Verbesserung der Behandlung der Soldat*innen bestehen. Angesichts der aktuell bestehenden Einsatzlage der Soldat*innen kommt dem eine wichtige Rolle zu. Es besteht dringender Handlungsbedarf, die Umsetzung der bereits vorhandenen wissenschaftlichen Literatur anzustreben.
1.3 Vorgehensweise
Die vorliegende Arbeit wird zu Beginn, in Form eines Theorieteils, die Erkrankung PTBS genauer betrachten. Nach der Definition der PTBS-Erkrankung folgt ein Einblick in die neuronale Entstehung sowie die Symptome und Klassifikationsprinzipien der Erkrankung. Anschließend werden die Behandlungsmöglichkeiten und die Besonderheiten der Rehabilitationsmaßnahmen in der Bundeswehr hervorgehoben.
Im nachfolgenden zweiten Theorieteil steht die Behandlung der Bundeswehr-Soldat*innen im Vordergrund. Es werden die Behandlungsmaßnahmen der Bundeswehr vorgestellt, zudem folgen Erläuterungen zu Präventionsmaßnahmen derselben gegen PTBS. Im Anschluss werden die Maßnahmen vor, während und nach dem Einsatz betrachtet. Abschließend wird die vorhandene Studienlage, die mit in die Arbeit einfließt, kurz vorgestellt. Der dritte Teil befasst sich mit der Methodik des Werks, dabei werden die Fragestellung und die Hypothese beschrieben, eine Übersicht über die Datenerhebung, das statistische Vorgehen und die verwendeten Messinstrumente gegeben. Die Darstellung der Ergebnisse wird zuerst durch die deskriptive Statistik zu den einzelnen Variablen beschrieben. Im Anschluss folgen die explorative Statistik mit dem Boxplot und die Prüfung der Hypothese. Der vierte Teil der Arbeit befasst sich mit dem Diskussionsteil, dort wird die Arbeit zusammengefasst, die grundlegende Fragestellung wird beantwortet und die Ergebnisse zu den Hypothesen werden kritisch interpretiert. Am Ende des Textes erfolgt das Fazit und der daraus resultierende Ausblick.
Teil 2. Grundlagen der PTBS Erkrankung
In diesem Kapitel erfolgt die Auseinandersetzung mit den allgemeinen Grundlagen der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Zu Beginn findet die Erörterung bezüglich des Themas der Entstehung, der Diagnostik und der Epidemiologie der posttraumatischen Belastungsstörung statt. Im Anschluss wird über die momentan angewandte Behandlung von PTBS berichtet, wobei ein besonderes Augenmerk auf erkrankte Soldat*innen gelegt wird.
2.1 Posttraumatische Belastungsstörung
Die Definition eines posttraumatischen Ereignisses lautet wie folgt:
PTBS entsteht durch ein Ereignis oder eine Situation, welches durch eine Bedrohung/Kata- strophe ausgelöst wird, was bei den Beteiligten eine tiefe Verzweiflung erzeugen kann. Diese Bedrohungen/Katastrophen sind Ereignisse, die meist durch den Menschen verursacht werden. Es kann sich dabei um Kampfhandlungen, körperliche Schädigung durch Folter, schwere Unfälle und durch Zeugnis von Todesfällen oder andere Verbrechen handeln. Des Weiteren kann ein Trauma durch Naturereignisse (z. B. eine Flutkatastrophe) ausgelöst werden.
Die traumatische Situation lässt meist keine Flucht zu. Die Begebenheit löst unter anderem eine intensive Angst aus. In einer solchen Stresssituation reichen die normalen psychischen Verarbeitungsmechanismen nicht mehr aus. Ausgelöst durch diese Überforderung kommt es zum Vertrauensverlust gegenüber sich/ der Umwelt und einer Veränderung der Weltansicht. Das Trauma lässt sich in verschiede Arten einteilen. Die Einteilung erfolgt je nachdem, ob es sich um eine Naturkatastrophe oder eine von Menschen verursachte Gewalt handelt, sowie, ob das Ereignis einmalig ist oder wiederholte Traumen auftreten (vgl. ICD-10,2021, o. S.).
In Anbetracht der Definition des Begriffes Trauma ist festzustellen, dass Soldat*innen bei den meisten ihrer Einsätze solchen Faktoren ausgesetzt sind. So sind nicht nur Anschläge oder Gefechte für Soldat*innen im Einsatz ein Risiko, sondern auch Naturkatastrophen, da die Bundeswehr auch dort regelmäßig Soldat*innen einsetzt. So waren seit Mitte Juli 2021 zeitweise bis zu 2000 Soldat*innen zum Einsatz nach Ahrweiler verlegt worden, um so Menschen zu retten, zu bergen und die Infrastruktur vor Ort wieder herzustellen (vgl. Bundeswehr, 2021, o. S.). Im Anschluss dazu erfolgt im nächsten Abschnitt der Arbeit die Erörterung der neuronalen Entstehung von PTBS.
2.2 Neuronale Entstehung von PTBS
Nicht jedes Trauma erzeugt eine PTBS. Welche neuronalen Faktoren dafür zuständig sind, wird im folgenden Punkt behandelt.
Die aktuelle Studienlagelässt vermuten,dass die Wahrscheinlichkeit,anPTBS zu erkranken, durch einen anlagebedingten verkleinerten Hippocampus gefördert wird. Aufgrund des genetisch verkleinerten Hippocampus kann eine traumatische Situation (zum Beispiel Gefechte, verletzte Personen oder die Gefahr von IED) ggfs. nicht mehr richtig verarbeitet werden und es kann so zu einem manifesten Trauma kommen (vgl. Grawe, 2004, S. 160).Diese Theorie der Entstehung von PTBS wird durch die gute Speicherung von traumatischen Situationenin das implizite Gedächtnis und dieschlechte Speicherung ins explizite Gedächtnisuntermauert. Des Weiteren wurde in Studien herausgefunden, dass sich durch ein traumatisches Ereignis der Cortisolspiegel dauerhaft verändern kann und so eine PTBS-Entstehung mit begünstigt. So zeigtenUntersuchungenan PTBS-erkranktenSoldat*innen der amerikanischen Armee einen Hypocortisolismus. In einer anderen Studie aus dem Jahr 2013 wurde der Haarcortisolwert als Biomarker bei Patient*innen mit einer PTBS-Erkrankung untersucht. In dieser Studie konnte festgestellt werden, dass bei 59% der PTBS-Patient*innen eine niedrigere Haarcortisolkonzentrationvorhanden war, als in der gesunden Kontrollgruppe (vgl. Wehrmedizin und Wehrpharmazie, 201 4, o.S.)
Ein weiterer Faktor für die PTBS-Erkrankung ist,dass bei Erkrankten eine sogenannte Hyperreagibilität der Amygdala vorliegt, diedurch eine Modulation mit dem Hippocampus und dem ventromedialen präfrontalen Kortex einhergeht. Die Hyperreagibilität der überaktiven Amygdala, die im Gehirn dafür zuständig ist, die Emotionen zu steuern fördert dies. Diese Überreagibilität führt vermutlich zu einem dauerhaft erhöhten Empfinden emotionaler Gedächtnisinhalte des traumatischen Ereignisses (vgl. Shin et al., 2006, o.S.).Bei der Betrachtung der Abbildung 2.1 wird die Hyperreagibilität durch ein MRT-Bild verdeutlicht.
Abbildung 2: Vergleich eines normalen Gehirns mit einem PTB- erkrankten Gehirns (vgl. Orthopaedie-Inns- bruck,2021, o.S.)
Anmerkung der Redaktion: Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.
Die neuronale Entstehung der PTBS stellt sich als schwierig dar, da laufend neue Forschungsergebnisse zu dieser Thematik veröffentlicht werden und die Sichtweise verändern. Im nächsten Abschnitt folgen die auftretenden Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung bei Soldat*innen der Bundeswehr.
2.3 Symptome
Die Symptome der PTBS-Erkrankung decken ein breites Spektrum ab. Die Leitsymptome der PTBS-Erkrankung werden durch ICD-10 und DSM-IV definiert. Dies stützt sich auf die Empfehlung und deren S3-Leitlinie der Fachzeitschrift „Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie“ die 2019 erschienen ist (vgl. Schäfer et al., 2019, S. 54). Bei Soldat*innen die aus dem Einsatz zurückkehren muss hinsichtlich der Symptomatik berücksichtigt werden, dass auftretende Veränderungen und Symptome bei Soldat*innen bis zu 12 Wochen nach dem Einsatz als sogenannte Umstellungsreaktionen zu betrachten sind, da sich die Soldat*in- nen erst wieder an die Gegebenheiten, wie familiäre Vertrautheit etc., gewöhnen müssen. Erst nach 12 Wochen bestehender Symptomatik und keiner Verbesserung dieser kommen psychische Erkrankungen, die durch den Einsatz entstanden sind, wie PTBS in Frage (vgl. Bartenbach et al., 2014, S. 13).
Kernsymptome der PTBS bei Soldaten*innen sind:
- Flashbacks
- Entfremdung
- Reizbarkeit
- Schuldgefühle
- Avoidance
- Intrusionen
- Übererregbarkeit
- Veränderung im Wesen
(vgl. Tegtmeier, 2013, S. 82 ff).
Bei den Kernsymptomen werden die Symptome nochmals in zwei Untergruppen unterteilt:
1. Stabile Zeichen: Dies sind Entfremdung und Schuldgefühle. Sie lassen eine dauerhafte Symptomatik zu.
2. Die Zweite Untergruppe sind Symptome, die meist in einem episodenhaften Verlauf auftreten wie Flashbacks, Reizbarkeit, Avoidance und Intrusionen.
Beide Untergruppen der Symptome können gleichzeitig oder im Wechsel auftreten (vgl. Tegtmeier, 2013, S. 87 f). Im Anschluss wird sich mit der Diagnostik der PTBS-Erkrankung befasst.
2.4 Diagnostik
Zur Diagnostik und Klassifizierung der PTBS werden zwei Klassifikationssysteme genutzt. So besteht einerseits die Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) und andererseits die sogenannte International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems. Beide Klassifikationssysteme variieren in den Diagnosekriterien der PTBS. Die Bundeswehr nutzt das sogenannte International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems System.
In den nachfolgenden zwei Unterkapiteln werden die beiden Klassifikationssysteme genauer beschrieben.
2.4.1 ICD-10
Das ICD-10 Klassifikationssystem ist in Deutschland das bekannteste Klassifikationssystem. Für die Diagnose PTBS müssen die folgenden fünf Punkte erfüllt sein (vgl. ICD-10, 2021, o.
S.):
1. Die Person war über einen gewissen Zeitraum einer traumatischen Situation/ Ereignis von außergewöhnlichem Ausmaß ausgesetzt, was in diesem Ausmaß im Allgemeinen bei Personen eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.
2. Die betroffene Person muss anhaltende Erinnerungen an das Trauma, welches ihr widerfahren ist, haben, in Form von Nachhallerinnerungen, Flashbacks, Träumen oder Albträumen. Oder aber auch, wenn die Person eine innere Bedrängnis in Situationen, die der Belastung ähneln oder damit in Zusammenhang stehen, empfindet.
3. Die Person nimmt eine Vermeidungshaltung gegenüber den Umständen ein, die der Belastung ähnlich sind.
4. Die Person erfüllt mindestens eine der folgenden zwei Kriterien:
- „eine teilweise oder vollständige Unfähigkeit, sich an einige wichtige Aspekte des belastenden Erlebnisses zu erinnern“ (vgl. ICD-10,2021, o. S.).
- „anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensitivität und Erregung, wobei mindestens zwei der folgenden Merkmale erfüllt sein müssen: (vgl. ICD-10, 2021, o. S.)“:
- Schlafstörungen
- erhöhte Schreckhaftigkeit
- erhöhte Wachsamkeit
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Reizbarkeit und Wutausbrüche
5. Die Symptome der betroffenen Person müssen in den ersten sechs Monaten nach dem traumatischen Ereignis auftreten, ansonsten ist ggfs. von einer sogenannten PTBS mit verzögertem Beginn auszugehen. Diese Erkrankung kann auch erst nach einigen Jahren auftreten (vgl. ICD-10,2021, o. S.).
Im Anschluss wird das zweite Klassifikationssystem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) beschrieben.
2.4.2 DSM-5
Die DSM-5 Kriterien für die Diagnose PTBS wurden 1996 festgelegt und müssen die folgenden acht Kriterien erfüllen, um die Erkrankung zu diagnostizieren:
A. ) Traumatisches Ereignis: Die betroffene Person muss mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert worden sein. Wie bereits oben im Text beschrieben, sind dies unter anderem tödliche Bedrohung, Tod und schwere Verletzung. Diese möglichen traumatischen Ereignisse muss die Person mit mindestens einem der aufgezählten Faktoren erlebt haben:
- Augenzeuge
- selbst erlebt
- indirekt
- Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis zum Beispiel durch Medien, als Ersthelfer
B. ) Wiedererleben: Bei diesem Kriterium geht es darum, dass die Person, das Ereignis durch mindestens einen der aufgezählten Punkte wiederkehrend durchlebt:
- Flashbacks
- Nicht steuerbare belastende Erinnerungen
- markante physiologische Reaktion
- traumatische Albträume
C. ) Vermeidung: Bei der betroffenen Person muss eine dauerhafte große Vermeidungshaltung von traumaassoziierten Reizen nach dem traumatischen Erlebnis bestehen. Dabei muss wieder mindestens eine der aufgezählten Vermeidungsverhaltensweisen erfüllt werden:
- traumaassoziierte Gedanken oder Gefühle
- traumaassoziierte externe Reize
D. ) Negative Veränderung der Gefühle und Gedankenlage: Dieses Kriterium erfragt, ob sich bei der betroffenen Person die Gefühls- und Gedankenlage nach dem traumatischen Erlebnis verändert hat. Bei diesem Kriterium müssen mindestens zwei Punkte zutreffen:
- Dissoziative Amnesie die nicht durch Substanzen oder einer Kopfverletzung ausgelöst wurden
- negative Annahmen über eine längere Zeit von sich selbst oder der Welt
- andauernde Schuldzuweisung gegen andere oder sich an dem Erlebnis
- negative traumaassoziierte Emotionen über einen durchgehend langen Zeitraum
- stark reduziertes Interesse an wichtigen/alltäglichen Tätigkeiten
- das Gefühl, anderen fremd zu sein
- eingeschränkter Affekt
E. ) Erregung und Reaktionsfähigkeit: Dieser Punkt soll erörtern, ob bei der Person Veränderungen in der Reaktion und Erregungsfähigkeit nach dem traumatischen Ereignis stattgefunden hat. Für die Diagnose PTBS müssen bei dem Kriterium mindestens zwei der nachstehend aufgeführten Punkte zutreffen:
- gereiztes/aggressives Verhalten
- gesteigerte Vigilanz
- erhöhte Schreckreaktion
- Insomnie
- Konzentrationsstörungen
- selbstverletzendes oder leichtfertiges Verhalten
F. ) Dauer: Die Dauer der obengenannten Kriterien/Symptome besteht länger als 4 Wochen.
G. ) Funktionelle Bedeutsamkeit: Dieses Kriterium wird durch das Störungsbild und die dadurch verursachte Beeinträchtigung in beruflichen, sozialen und anderen Bereichen erfüllt.
H. ) Ausschluss anderen Faktoren: PTBS ist eine vielschichtige Erkrankung. In diesen Punkt soll deshalb geklärt werden, ob bei der betroffenen Person die Symptome nicht durch Medikamente, Substanzeinnahme oder anderen Krankheiten ausgelöst wird (vgl. American Psychiatric Association, 2013, o. S.).
Der nächste Punkt der Arbeit befasst sich mit den Grundlagen der PTBS-Behandlung.
2.5 Grundlagen der Behandlung
Durch eine frühzeitige und personenangepasste psychotherapeutische Behandlung von PTBS, lässt sich eine adäquate Heilung oder eine signifikante Linderung erzeugen. Eine der wichtigsten Grundlagen für eine erfolgreiche PTBS-Behandlung ist die soziale Unterstützung durch Familie und Freundeskreis (vgl. Maercker, 2013, S. 159).
Ein weiterer wichtiger Punkt in der Behandlung ist, dass die Traumatisierung beendet ist. Beispielsweise, dass die betroffene Person nicht mehr auf dem Fahrzeug eingesetzt wird, in dem sie angesprengt wurde. Es ist nicht möglich, eine psychotherapeutische Therapie mit dem Ziel das Trauma zu überwinden in der Zeit zu beginnen, in der sich die Person noch in der traumatisierenden Situation befindet. In Einzelfällen jedoch, um ein traumatisierendes Ereignis auf Dauer überwinden zu können, kann es sinnvoll sein akut eine Traumatherapie durchzuführen, um zum Beispiel dadurch eine Stabilisierung der Person innerhalb einer Situation zu erzeugen (vgl. Heedt, 2017, S. 158).
Eine geeignete Therapie beginnt durch die Auswahl des passenden psychotherapeutischen Verfahrens, wie zum Beispiel die prolongierte Expositionstherapie, Verhaltenstherapie oder das Eye Movement Desensitization and Reprocessing durch Fachpersonal, sowie einer beginnenden Unterstützung mit geeigneten Medikamenten, um so eine Symptomlinderung zu erzeugen. Die meisten PTBS-Behandlungen erfolgen durch eine ambulante Therapie, können aber auch bei schwerem Verlauf teil- oder vollstationär erfolgen (vgl. Schäfer et al, 2019, S. 28 ff). Bei der individuellen Zusammenstellung der Therapie kann es als sinnvoll betrachtet werden, dass man Therapieformen kombiniert. Beispielsweise ist die Kombination aus Verhaltenstherapie mit dem Ziel Veränderungen der Bedeutung des Traumas und seiner Konsequenzen zu erreichen, gepaart mit medikamentöser Unterstützung, um die starken Beschwerden wie zum Beispiel Schlafstörungen oder depressive Verstimmungen, die bei einer PTBS- Erkrankung häufig vorkommen zu behandeln, bis eine Verbesserung durch die Verhaltenstherapie erzeugt wird, eine gängige Behandlungsform bei PTBS-Erkrankten (vgl. Koch, 2015, o. S.).
2.5.1 Behandlung von Soldat*innen
Für die Behandlungen von Soldaten*innen mit Symptomen von PTBS steht der Bundeswehr eine breite Auswahl an Ressourcen zur Verfügung. So verfügt die Bundeswehr über Sanitätsorganisationen sowie Sanitätszentren und Facharztzentren. Des Weiteren stehen fünf Bundeswehrkrankenhäuser der Maximalversorgung in ganz Deutschland bereit, die über Abteilungen für Psychiatrie und ggfs. eine Psychotraumatologie/ Psychotraumazentrum verfügen. Für die hochkomplexe Behandlung und Eingliederung der Soldat*innen mit PTBS- Symptomen benutzt die Bundeswehr ein komplexes System aus ambulanten Einzel- und Gruppentherapien, arbeitet aber auch mit stationären Ansätzen. So hält jedes Sanitätsunterstützungszentrum der Bundeswehr ein psychosoziales Netzwerk und gut geschulte Truppenärzte und Truppenärztinnen vor, die so möglichst frühzeitig mit der Behandlung der Soldat*in- nen beginnen können (vgl. Zimmermann, 2021, S. 2).
So sollen zur Behandlung von Soldat*innen mit PTBS-Symptomen spezielle Teams gebildet werden, um alle Aspekte der Rehabilitation wieder zu spiegeln. Ein Team der Bundeswehr soll, wenn möglich aus:
- einem Teamleiter, der über die Qualifikation Facharzt für Allgemeinmedizin oder Psychiatrie verfügt (der Teamleiter sollte zusätzlich möglichst über eine Weiterbildung in der Traumafachberatung oder Spezielle Psychotraumatherapie verfügen)
- einem Psycholog/in Psychotherapeut/in mit möglichst der Weiterbildung in kommunikativer oder konzentrativer Bewegungstherapie bestehen (vgl. Zimmermann, 2021, S. 3).
Abbildung 3: Darstellung des Ablaufs der Therapiemöglichkeiten (eigene Darstellung).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Behandlung der an PTBS erkrankten Soldat*innen wird anhand der Vorgaben der Fachgesellschaften durchgeführt, zum Beispiel anhand der S3 Leitline der DeGPT oder der Medizinischen Fachgesellschaft e.V. Die Bundeswehr bietet, wie oben in der Arbeit beschrieben, für die Betroffenen verschiedene Therapiemodelle an (Einzel- und Gruppentherapien). Die Bundeswehr richtet dabei ihre Versorgungsangebote und Empfehlungen an den Internationalen Leitlinien des Department of Veterans Affair and Department of Defense von 2017 aus. Dort wird als Ideal-Therapie das traumafokussierte Arbeiten empfohlen, dies kann ggfs. in der Akut-Therapie im Zusammenspiel mit Antidepressiva angewandt werden (vgl. Alliger- Horn,2020 a, S. 7).
Der anschließende Abschnitt thematisiert die Präventivmaßnahmen der Bundeswehr.
2.6 Präventivmaßnahmen der Bundeswehr
Die Präventionsmaßnahmen und auch das Interesse der Bundeswehr im Hinblick auf PTBS für ihre Soldat*innen etwas zu verändern, ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Dies liegt unter anderem daran, dass der psychologische Dienst einen deutlich hören Stellenwert in der Bundeswehr gewonnen hat. Des Weiteren wurde in Studien des psychologischen Dienstes der Bundeswehr festgestellt, dass durch eine gute Präventivarbeit die Krankheitssymptome von PTBS abschwächt oder verhindert werden können (vgl. Willmund et al., 2021, S. 22).
So wurde das bisherige Konzept aus dem Jahre 2004 überarbeitet und durch das neue „medizinisch-psychologische Stresskonzept der Bundeswehr“ ersetzt. Diese regelt die Grundlagen der Betreuung von Angehörigen und Betroffenen im Einsatz- und Katastrophenfall (vgl. Alliger-Horn, C. et al., 2014 b, S. 5). Die Grundstruktur des psychologischen Stresskonzepts der Bundeswehr für Präventivmaßnahmen baut auf drei Punkten auf, die sich auf Maßnahmen vor, während und nach Falleintritt beziehen. Diese Punkte werden in den nächsten Abschnitten erläutert.
2.6.1 Vor den Einsatz
Die Präventivmaßnahmen der Bundeswehr beginnen schon bei der Personalauswahl für die Stellen des Auslandseinsatzes. So muss jeder Soldat oder Soldatin vor dem Einsatz im Ausland eine ärztliche Untersuchung absolvieren, bei der unter anderem auf psychische Vorerkrankungen oder traumatische Vorbelastungen geachtet wird. Des Weiteren wendet die Bundeswehr, wenn möglich, die sogenannte 12- bis 20-Monats-Regenerationszeit an, wonach die Soldat*innen nach einem Auslandseinsatz für diese Zeit bei keinem weiteren Einsatz eingeplant werden sollten. Die ist aber nicht in allen Truppenteilen praktikabel, da teilweise ein großer Personalmangel vorherrscht. So können Spezialkräfte, wie Sprengmeister oder medizinisches Personal, kaum diese Friste einhalten (vgl. Drucksache 17/12050, 2013, S. 20).
Durch eine Vorausbildung der Soldat*innen soll schon vor dem Einsatz eine einsatzorientierte und realitätsnahe Schulung erfolgen, um so eine psychologische Prävention zu erzeugen. Diese wird geprobt durch realistische Gefechtsübungen, Übungsszenarien und theoretische Ausbildungsanteile wie Stressmanagement und Krisenintervention. Der medizinische Abschnitt der Vorausbildung beinhaltet unter anderem die Unterrichtung von Grundkenntnissen der Psychotraumatologie, Behandlung und den Umgang mit dem Tod sowie Verletzten/ Verwundeten (vgl. Wings, 2014, S. 26 ff).
2.6.2 Während des Einsatzes
Für die im Einsatz befindlichen Soldat*innen wendet die Bundeswehr auch Präventivmaßnahmen an, um erlebte Traumen oder starke psychisch Belastungen, die sich unbehandelt zu einer PTBS entwickeln können, zu vermeiden. Dafür stehen für die Betroffenen verschiedene Methoden zur Verfügung. Die zentrale Versorgungsstruktur bildet im Einsatz das Feldlazarett, welches einer deutschen Klinik sehr ähnelt.
[...]
- Citar trabajo
- Maik Baloditis (Autor), 2021, PTBS erkrankte Soldaten der Bundeswehr. Beurteilung der Rehabilitationsmaßnahmen nach Auslandseinsätzen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1170971
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