"The solution is to globalize regionalism, not to regionalize globalization." (Renato Ruggiero, ehemaliger Generaldirektor der WTO in einer Rede anlässlich der Dritten Konferenz des Transatlantischen Wirtschaftsdialogs 1997.)
Ist in der Literatur unbestritten, dass Freihandel den Wohlstand der Nationen erhöht, so findet sich ein heftiger wissenschaftlicher Streit darüber, auf welchem Weg dies erreicht werden kann.
Ein Weg Freihandel zu erreichen ist der Regionalismus, der von einigen Ökonomen bevorzugt wird. Die Debatte über Regionalismus setzte umfassend mit der Verhandlung über das General Agreement on Tas and Trade (GATT) 1947 ein. Bereits während dieser Verhandlungen gab es Fürspreche für ein Bestehen des protektionistischen Ansatzes im Welthandel und andere Fürspreche für das Prinzip einer multilateralen Liberalisierung auf dem Grundsatz einer Meistbegünstigungsregel. Dieses Spannungsfeld besteht heute noch fort und wird durch eine steigende Zahl regionaler Handelsabkommen weiter verstärkt Das Spannungsfeld der aktuellen Diskussion ist durch die Frage gekennzeichnet, ob diese Regionalisierungstendenz mit dem allgmeinen Ziel der handelsliberalisierung vereinbar ist. Ihrem Ansatz nach sollen regionale Handelsabkommen die allokative E ffizienz in einer Region erhöhen und mehr handelsschaffende als handelsumlenkende Effekte generieren. Letztlich unterstellt man regionalen Integrationsräumen, dass sie die multilaterale Handelsliberalisierung fördern.
Dieser Ansatz ist in der Wissenschaft durchaus umstritten. Im GATT 1947 und später mit den Änderungen 1994 hat man versucht dieses Spannungsfeld zu lösen, indem man regionale Integrationsräume als Ausnahme zum Meistbegünstigungsprinzip
gestattet, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Inwiefern die Regelungen des GATT diesem Ziel gerecht werden, wird in der vorliegenden Arbeit erläutert. Hierbei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Betrachtung der Situation der EG als Mitglied der WTO und zugleich als regionaler Integrationsraum. Besonders interessant ist hier die mit den Mittelmeerstaaten
geplante Freihandelszone, die 2010 gebildet werden soll. Die Probleme der Umsetzung werden daher mit Blick auf diese Entwicklungen vorgestellt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Regelungen des GATT zur regionalen Integration
2.1 Grundsatz der Nichtdiskriminierung
2.2 Ausnahmen vom Grundsatz der Meistbegünstigung
2.2.1 Regionalausnahmen nach Art. XXIV GATT
2.2.2 Waiver nach Art. XXV:5 GATT
2.2.3 Ermächtigungsklausel nach Art. IX:3 und Art. IX:4 GATT
2.2.4 Spezielle Vorschriften im GATS
2.3 Zwischenergebnis
3 Umsetzung der Regelungen im europäischen Raum
3.1 EG als präferenzieller Integrationsraum
3.2 Regionale Handelsabkommen der EG
3.3 Blickpunkt: European Mediterranean Partnership
3.4 Probleme der Umsetzung am Beispiel des EMP
3.4.1 Probleme der Definition und Abgrenzung von nicht-tariffären Handelshemrn- nissen
3.4.2 Probleme der umfassenden Handelsliberalisierung entsprechend Art. XXIV:
GATT '.
3.4.3 Bewertungsprobleme bei der Ursprungslandregelung
3.4.4 Probleme bei der Gestaltung von Konipeiisationsuiaßnahmen
3.4.5 Ausgleich von Diskriminierung zwischen VERTRAGSPARTEIEN
3.5 Zwischenergebnis
4 Bewertung der Umsetzung der Regelungen zur regionalen Integration
4.1 Zusammenfassende Implikationen der wolilfahrtsökonomischen Analyse
4.1.1 Handelsblöcke
4.1.2 Wohlfahrtseffekte im bevorzugten Land
4.1.3 Wohlfahrtseffekte im „Geberland"
4.1.4 Wohlfahrtseffekte für Drittstaaten
4.1.5 Gesamtbewertung
4.2 Zusammenfassende Implikationen der polit-ökonomischen Analyse
4.3 Bewertung der Regelungen durch die EG
5 Fazit
Literatur i
Abbildungsverzeichnis
1 Entwicklung der regionalen Handelsabkommen; Quelle: Crawford/Fiorentino (2005).S. 2
2 Verteilung regionaler Handelsabkommen im Februar 2005; Quelle: Crawford/ Fiorentino (2005),S. 3
3 Netzwerk der regionalen Handelsabkommen der EU und der EFTA; Quelle: Crawford/ Fiorentino (2005), S. 9 . .
4 Überblick über die bestellenden präferentiellen Handelsabkommen der EG
5 Die Zukunft der regionalen Blöcke nach Crawford/Fiorentino (2005), S. 23
6 EM AAS und WT О-Mit gliedschaft; Quelle: http : / / europa. eu. int/comm/ external,relations/euromed/index .htm
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
The solution is to globalize regionalism, not to regionalize globalization.[1]
Ist in der Literatur unbestritten, dass Freihandel[2] den Wohlstand der Nationen erhöht, so findet sich ein heftiger wissenschaftlicher Streit darüber, auf welchem Weg dies erreicht werden kann[3]. Ein Weg Freihandel zu erreichen ist der Regionalismus, der von einigen Ökonomen bevorzugt wird. Unter Regionalismus versteht man dabei den Prozess, präferenzielle Handelsvereinbarung zwischen mehreren Nationen zu schließen[4]. Die Debatte über Regionalismus setzte umfassend mit der Verhandlung über das General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) 1947 ein. Bereits während dieser Verhandlungen gab es Fürsprecher, so z.B. UK, für ein Bestehen des protektionistischen Ansatzes im Welthandel und andere Fürsprecher, z.B. USA, für das Prinzip einer multilateralen Liberalisierung auf dem Grundsatz einer Meistbegünstigungsregel. Dieses Spannungsfeld besteht, wenn auch in anders formulierten Positionen, heute noch fort und wird durch eine steigende Zahl regionaler Handelsabkommen seit ca. zwei Jahrzehnten verstärkt. Diese Tendenz - auch „neuer Regionalismus“ genannt - zeigt sich in der aktuellen Struktur des Präferenzsystems im internationalen Wirtschaftshandel. Bemerkenswert ist dabei, dass zum einen die Zahl regionaler Handelsabkommen im Zeitvergleich rapide angestiegen ist - so Abbildung 1 - und zum anderen, dass die Freihandelszonen (FHZ) die häufigste Integrationsstufe sind - so Abbildung 2. Das Spannungsfeld der aktuellen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Verteilung regionaler Handelsabkommen im Februar 2005; Quelle: Crawford/Fiorentino (2005), S. 3. S. 2.
Diskussion ist durch die Frage gekennzeichnet, ob diese Regionalisierungstendenz mit dem allgmei- nen Ziel der Handelsliberalisierung vereinbar ist. Dieses Verhältnis zu regeln, hat man schon mit den Normen zur regionalen Integration des GATT 1947 versucht. Ihrem Ansatz nach sollen regionale Handelsabkommen die allokative Effizienz in einer Region erhöhen und mehr handelsschaffende als handelsumlenkende Effekte generieren[5]. Letztlich unterstellt man regionalen Integrationsräumen, dass sie die multilaterale Handelsliberalisierung fördern. Dieser Ansatz ist in der Wissenschaft durchaus umstritten[1]. Im GATT 1947 und später mit den Änderungen 1994 hat man versucht dieses Spannungsfeld zu lösen, indem man regionale Integrationsräume als Ausnahme zürn Meistbegünstigungsprinzip gestattet, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Inwiefern die Regelungen des GATT diesem Ziel gerecht werden, wird in der vorliegenden Arbeit erläutert.
Diese Arbeit wird diese Regelungen des GATT 1947/1994 zunächst erläutern. Im Anschluss daran werden die Umsetzung dieser Regelungen und dabei auffallende Probleme dargestellt. Hierbei liegt, ein besonderer Schwerpunkt auf der Betrachtung der Situation der EG als Mitglied der WTC) und zugleich als regionaler Integrationsrauin. Besonders interessant ist hier die mit den Mittelmeerstaaten geplante Freihandelszone, die 2010 gebildet werden soll. Die Probleme der Umsetzung werden daher mit Blick auf diese Entwicklungen vorgestellt. Weiterhin werden in Kapitel vier diese Regelungen und deren Umsetzung einer Bewertung unterzogen, einschließlich Bewertung der Umsetzung und deren Probleme durch die EG. In einem Fazit erfolgt eine abschließende Bewertung der Ergebnisse. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden Kenntnisse der europäischen Wirtschaftsintegration, insbesondere hinsichtlich der Konzepte der Handelsschaffung und Handelsumlenkung, vorausgesetzt.
2 Regelungen des GATT zur regionalen Integration
Trotz der Bemühungen um die Liberalisierung des Welthandels und der in diesem Zusammenhang heraiisragenden Bedeutung der G ATT-Regelungen 1947/1994 sind seit einigen Jahrzehnten zunehmende Regionalisierungstendenzen festzustellen. Mit dieser Zunahme an regionalen Präferenzabkommen steigt auch die Bedeutung der im GATT festgehaltenen Bestimmungen zur regionalen Integration. Genügen diese regionalen Abkommen nicht dem Meistbegünstigungsprinzip (MFN) - was in der Praxis der Regelfall ist, dann stellt sich die Frage, ob eine der im GATT verankerten Ausnahmen greift. Dabei wird zwischen funktionalen und länderbezogenen Ausnahmen unterschieden[2]. Die zentrale funktionale Ausnahme ist in Art. XXIV GATT geregelt, der unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme vom Grundsatz der Meistbegünstigung nach Art. I GATT vorsieht. Damit hängt die Bedeutung von dieser Regelung im Wesentlichen von der Dynamik der Regionalisierung ab. Diese Abhängigkeit betrifft dadurch auch die faktische Wirksamkeit der Meistbegünstigungsklausel als zentrales Instrument zur Liberalisierung des Welthandels.
Weiterhin sind die Möglichkeiten des zeitlich begrenzten Waivers nach Art. XXV:5 GATT und die Sonderregelungen des Art. V GATS als funktionale Ausnahmen zu nennen, sowie als länderbezogene Ausnahme für Entwicklungsländer die Ermächtigungsklausel nach Art. IX:3 und IX:4 GATT.
Allgemein fallen unter diese Regionalausnahmen bi- wie auch plurilaterale Abkommen innerhalb und zwischen Regionen sowie Zusammenschlüsse bestehender Integrationsgemeinschaft [3] en A 2.1 Grundsatz der Nichtdiskriminierung
Das der WTO zugrunde liegende Prinzip der N ioht d i s к ri m i nie rung wird in zwei Stufen umgesetzt: zürn einen durch das MFN des Art. I GATT, zum anderen durch den Grundsatz der Inländergleichbehandlung nach Art. III GATT. Nach Art. I des GATT müssen Begünstigungen, die ein Teilnahrnestaat einem anderen Staat gewährt, unverzüglich und bedingungslos auch allen anderen Staaten gewährt werden. Das MFN versucht so die Handelsliberalisierung im Außenverhältnis der Staaten zu fördern. Dabei wird maßgeblich auf die Herkunft der Ware abgestellt. Jede Art von Präferenzabkommen ist zunächst ein Verstoß gegen das MFN, sofern nicht eine Ausnahme von diesem Grundsatz nach dem GATT erfolgen kann. Nach Art. III:1 GATT ist eine Gleiehbehandlung von importierten und gleichen oder vergleichbaren inländischen Waren geboten. Somit ist eine Diskriminierung nach erfolgten Import ausgeschlossen, was die Handelsliberalisierung im Innenverhältnis fördern soll. Der letztere Schritt ist für die regionale Integration jedoch weniger bedeutend.
2.2 Ausnahmen vom Grundsatz der Meistbegünstigung
Wie oben angeführt, ermöglichen eine Reihe von Ausnalimeregelurigen die Abweichung vom Meistbegünstigungsprinzip.
2.2.1 Regionalausnahmen nach Art. XXIV GATT
Grundlegend für die Handhabung von regionalen Handelspräferenzen als bedeutsamste Ausname[8]vorn MFN ist Art. XXIV GATT. Diese Regelung gestattet die Bildung von regionalen Integrationsbündnissen nach Art. XXIV:5 GATT wie folgt:
Demgemäß schließt dieses Abkommen nicht aus, dass Gebiete von Vertragsparteien zu Zollunionen oder Freihandelszonen zusammengeschlossen oder vorläufige Vereinbarungen zur Bildung solcher Unionen, oder Zonen abgeschlossen werden;...
Dabei ermöglicht diese Regelung die Bildung von Freihandelszonen und Zollunionen nur unter bestimmten Bedingungen[2]:
1. In einer Zollunion dürfen die eingeführten Zölle und Handelsvorschriften nach Absatz 5 Buchst, a .An ihrer Gesamtheit nicht höher oder einschränkender“ sein, „als die allgemeinen Belastungen durch Zölle und Handelsvorschriften11 vor der Bildung der Zollunion.
In einer Freihandelszone dürfen die geltenden Zölle und Handelsvorschriften nach Absatz 5 Buchst, b „nicht höher oder einschränkender" sein als sie es vor Bildung der Freihandelszone waren.
Beide Regelungen gelten auch jeweils für die Vereinbarung über die Gründung einer Zollunion respektive einer Freihandelszone. Nach Art. XXIV:5c GATT muss diese Vereinbarung einen Plan bzw. ein Programm über die Bildung „innerhalb einer angemessenen Zeitspanne" beinhalten. Die Auslegung dieses Begriffes erfolgt wie bei der Regelung des Art. XXIV:7
GATT.
Nachdem lange Schwierigkeiten [1] in der Auslegung des Begriffes „nicht höher oder einschränkender“ hatte, konnte man in der Uruguay-Runde (1994) jedoch Klarheit erzielen. Man einigte sich darauf, dass dieses Kriterium erfüllt ist, wenn der gewichtete durchschnittliche Zollsatz nach der Bildung einer Präferenzzone nicht höher ist als vorher[2]. Dabei sind die tatsächlichen Zollsätze einzubeziehen und nicht die festgeschriebenen, wobei das WTO-Sekretariat selbst die Berechnung vornimmt und nicht die beteiligten Parteien.
2. Ebenso fordert Art. XXIV:7 GATT, dass die VERTRAGSPARTEIEN (VP) über Pläne zur Bildung einer Zollunion. Freihandelszone oder Vereinbarung über die zukünftige Bildung einer solchen informiert werden. Die Informationen müssen so umfassend sein, dass die VP eine Einschätzung vornehmen und ggf. Empfehlungen abgeben können. Weiterhin soll die die Zeitspanne, die von den zukünftigen Partnern der Präferenzzone zur Bildung des Integrationsraumes geplant ist. „angemessen" sein, das Ziel zu verwirklichen. Nach Punkt 7 der Vereinbarungen zur Auslegung des XXIV des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen 1994'[3] sollen die vorgelegten Pläne von einer Arbeitsgruppe auf ihre Vereinbarkeit mit den GATT- Bestimmungeii überprüft werden. Zu den Ergebnissen wird dem Rat für Warenverkehr ein Bericht vorgelegt, der wiederum notwendige Empfehlungen an die an der Gründung beteiligten Parteien weitergibt. Für den Fall, dass die Zeitspanne von der Arbeitsgruppe nicht als angemessen angesehen wird, muss die Bildung des Integrationsraumes verschoben werden. Diese kann erst erfolgen, wenn die Pläne zur Bildung des Integrationsraunies an die (zeitlichen) Empfehlungen der WTO angepasst wurden[4]. Als „angemessen“ kann i.d.R. entsprechend Punkt 3 der Vereinbarung zur Auslegung des XXIV eine Zeitspanne von maximal zehn Jahren angesehen werden. In begründeten Fällen, kann davon abgewichen werden.
3. Entsprechend Art. XXIV:8 GATT sollen „für annähernd, den gesamten Handel“ die Zölle und Handelsbeschränkungen gesenkt bzw. beseitigt werden. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist zentraler Angriffspunkt für die Kritik an den aktuellen Regelungen zur regionalen Integration[5]. Intersektorale Verzerrungen, die als Ergebnis einer Ungleichbehandlung von regionalen Wettbewerbern insbesondere allokativ wirken, sollen durch die Verwendung dieses Begriffes verhindert werden[6].
4. Weiterhin setzt Art. XXIV:4 GATT voraus, dass Parteien der zu schaffenden Präferenzzölle die Förderung des freien Handel anerkennen, - nämlich um eine „ größere Freiheit des Handels11 zu schaffen und nicht „ dem Handel ... Schranken zu setzen.“. Hierbei handelt es sich jedoch um einen, die zwingenden Regelungen des Art. XXIV unterstützenden, Vorschlag, nicht um eine eigene zwingende Vorschrift[7].
5. Als lex specialis zu Art. XXIV:5 GATT regelt Art. XXIV:6 GATT das Verfahren im Falle einer, bei Bildung einer Zollunion aufgrund einer einheitlicher Handelspolitik notwendigen, Zollerhebung. Dies ist insbesondere bei der Aufnahme neuer Mitgliedstaaten in die EU anzuwenden, die im Zuge des Beitritts ihre Außenzölle denen der EU anpassen müssen. Zugleich werden sie mit dem Beitritt Teil des extensiven Netzes von regionalen Integrationsbündnissen der EU mit anderen Staaten und Regionen. Dieser Umstand ändert nicht nur die Situation für die Beitrittsländer, sondern zugleich auch die der Vertragspartner der bestehenden Integrationsbündnisse mit der EU[1]. In diesem Fall kommt Art. XXIV:6 GATT zur Anwendung, der eine Regelung für eine einvernehmliche Kompensation der Vertragsstaaten der Integrationsbündnisse irn Falle gebundener Zölle vorsieht, wie es bei dem Beitritt zur EU klassisch der Fall ist. Voraussetzung ist hier also, dass sich die EU mit den betroffenen Staaten über einen Ausgleich einigt[2]. Bei den diesbezüglichen Verhandlungen müssen aber auch die Vorteile der EU-Erweiterung für die bisherigen Integrationsbündnisse beachtet werden, insbesondere die neuen Marktchancen in den Beitrittsländern[3]
2.2.2 Waiver nach Art. XXV:5 GATT
Eine weitere Möglichkeit, eine Anwendung der MFN zeitweise auszusetzen, besteht nach Art. XXIV: 10 i.V.m. Art. XXV:5 GATT durch die so genannten „Waiver“, die aufgrund .. außergewöhnlicher1 Umstände“ gewährt werden[4]. Diese sind Verzichtserklärungen, mit denen die Erklärenden für eine bestimmte Dauer auf ihre Rechte verzichten, hier insbesondere auf die Grundprinzipien des WTO- Rechts[5] Ist eine der geplanten Parteien eines Integrationsabkommens nicht Mitglied der WTO, dann muss gemäß Art. XXIV: 10 eine Zweidrittelmehrheit der WTO-Mitglieder dem Waiver zustimmen. Weiterhin muss das Abkommen, für den der Waiver gewährt wird, das Ziel der Bildung einer FHZ oder ZU haben.
2.2.3 Ermächtigungsklausel nach Art. IX:3 und Art. IX:4 GATT
Die mit der Tokyo-Runde 1979 in das GATT aufgenommenen Ermächtigungsklausel („ enabling clause“) gibt Entwicklungsländern die Möglichkeit, regionale Integrationsbündnisse unter folgenden erleichterten Bedingungen zu schließen:
1. Es muss nicht notwendigerweise eine umfassende Handelsliberalisierung stattfinden. Sektorale Präferenzabkommen sind hierbei zulässig.
2. Es müssen die Zölle nicht abgebaut werden.
3. Es gibt keinen zeitlichen Rahmen für die Umsetzung der Ziele des Präferenzabkornmens.
4. Es gibt keine Pflicht zur regelmäßigen Berichterstattung an die WTO.
Damit können Industriestaaten eine günstigere Zollbehandlung für Waren aus Entwicklungsländern gewähren und Entwicklungsländer können untereinander umfangreiche Präferenzen vereinbaren[6].
Grundsätzlich sind die Parteien jedoch verpflichtet den Abschluss eines solchen Präferenzabkommens oder die Änderung eines bestehenden Abkommens an das WTO Committee on Trade and Development zu melden. Dies umfasst die Verpflichtung Informationen über das Abkommen im angemessenen Umfang weiterzugeben und eine schnelle Konsultation der WTO mit den teilnehmenden Parteien bei etwaigen Problemen zu ermöglichen[1]. Grundsätzlich haben die Entwicklungländer keinen Anspruch auf präferenzielle Behandlung. Vielmehr bietet Art. IX:3 GATT die Möglichkeit einer präferenziellen Behandlung durch die Präferenz gewährenden Staaten. Entwickelte Regionen wie die USA und die EG haben ihr Verhältnis zu den Entwicklungsstaaten in der Tokyo-Runde durch weitere Maßnahmen, aufbauend auf der Ermächtigungsklausel, zugunsten der Entwicklungsländer ausgebaut[2], so z.B.:
- Mit dem sogenannten General System of Preference (GSP) gewährt man Entwicklungsstaaten eine präferenzielle Zollbehandlung.
- Die Entwicklungsstaaten können für ihre Zwecke besondere Behandlungen durch GATT- Sonderabkornrnen erreichen.
- Besondere Maßnahmen zugunsten der am wenigsten entwickelten Länder sollen erfolgen.
Diese Regelungen sind Grund für eine stete Diskussion um die Sinnhaftigkeit der Ermächtigungsklausel. Dabei steht insbesondere der Nutzen der Sonderbehandlung für die Industrialisierung der Entwicklungsländer im Kern der wissenschaftlichen Diskussion. So wird kritisiert, dass die Durchbrechung der Meistbegünstigungsklausel und die Ausnahme von der Reziprozität ökonomisch nicht gerechtfertigt sind[3], da den Entwicklungsstaaten durch den vereinfachten Marktzugang der Anreiz für technologisdien Fortschritt und damit zur Erhöhung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit fehlt. Aufgrund des begrenzten Anwendungsbereiches ist die Relevanz dieser Ausnahmen für regionale Integrationsräume insgesamt jedoch gering geblieben[4].
2.2.4 Spezielle Vorschriften im GATS
Ähnlich wie Art. XXIV GATT bietet der i.R.d. Urugay-Runde geschaffene Art. V GATS nun auch eine Regelung für regionale Integrationsbündnisse im Dienstleistungssektor. Dieser unterscheidet jedoch nicht nach Zollunion und Freihandelszone, obwohl er dem Ziel nach Art. XXIV GATT ähnelt[5]. Grundsätzlich regelt Art. V GATS die Bildung von Integrationsbündnissen weniger streng als Art. XXIV GATT. Er verlangt zum einen, dass „ wesentliche Sektoren“ von der Liberalisierung erfasst sein müssen und dass jedwede Diskriminierung abgeschafft wird. Dies ermöglicht im Dienst- leistungsbereich auch eine sektorale Integration, solange alle wesentlichen Sektoren vorn Bündnis erfasst sind[6].
[...]
[1] Renato Ruggiero, ehemaliger Generaldirektor der WTO in einer Rede anlässlich der Dritten Konferenz des Transatlantischen Wirtschaftsdialogs 1997.
[2] I.S.v. offenen Faktor- und Gütermärkten.
[3] Vgl. Berthold (1996), S. 62.
[4] Vgl. Baghwati (1993), S. 22.
[5] Vgl. Wang (2005), S. 571.
[1] Vgl. die umfassende Diskussion zu „stumbling blocks or stepping stones", z.B. bei Duijm (2004); Kaiser (2003) u.a.
[2] Vgl. BorrmannjGroßmann/Koopmann (2005), S. 4.
[3] Vgl. Borrmann/Großmann/Koopmann (2005), S. 7.
[1] Vgl. Kaiser (2003), S. 65.
[2] Vgl. Finger (1993), S. 131.
[1] Siehe dazu unter 2.2.1. Punkt 2.
[2] Vgl. Crawford/Laird (2000), S. 11.
[3] Vom 15. April 1994, ABI. 1994 L 336/16.
[4] Vgl. Wang (2005), S. 602.
[5] Vgl. Crawford/Laird (2000), S. 11.
[6] Vgl. Langhammer/ Wößmann (2002), S. 14.
[7] Vgl. Wang (2005), S. 591; so auch der WTO Appellate Body Report, Turkey Restrictions on Imports of Textiles and Clothing Products, in: WTO Dokument WT/DS34/AB/R.
[1] Vgl. Crenoma (2001), S. 179.
[2] Vgl. EUGH, C-352/96, Italy v. Council [19981, in: ECR 1-6937.
[3] Vgl. Matsushita/Schoenbaum/Mavroidis (2003), S. 354f.
[4] Vgl. Bunker (2002), S. 340.
[5] Vgl. Jo.wad (2004), S. 28.
[6] Vgl. Kaiser (2003), S. 67.
[1] Vgl. Crawford/Laird (2000), S. 15ff.
[2] Vgl· Dunker (2002), S. 336f.
[3] Vgl. Jawad (2004), S. 34.
[4] Vgl. Kaiser (2003), S. 67, Langhammer/ Wößmann (2002), S. 4.
[5] Vgl. Cottier/Genna,nn (2001), S. 187.
[6] Vgl. Matsushita,/Sehoenbaum,/ Mavroidis (2003), S. 365, insbesondere auch zur näheren Erläuterung des Begriffes der „ wesentlichen Sektoren“, bei deren Bestimmung sowohl die Anzahl der Sektoren, deren Handelsvolumen und die Art. der Erbringung berücksichtigt werden sollen; anders: Kaiser (2003), S. 68 FN 144.
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