Thesenpapier zum Text "Die Idee der Gerechtigkeit – Dritter Teil – Abschnitt 11: Leben, Freiheiten und Befähigungen" von Amartya Sen (2010) aus dem Modul "Soziale Gerechtigkeit: eine multidisziplinäre Einführung".
Diese Arbeit umfasst zunächst Begriffsdefinitionen zu Ressourcen, Gerechtigkeit, Fairness, Armut, Prävention sowie Chancengerechtigkeit. Anschließend werden zentrale Thesen behandelt. Daraufhin wird ein Blick in die Praxis zu Gerechtigkeit, Chancen und Befähigung in der Sozialen Arbeit unternommen. Abschließend erfolgt ein Autorenverzeichnis zu John Rawls sowie Ronald Dworkin.
Inhaltsverzeichnis
1. Begriffsdefinitionen
1.1 Ressourcen
1.2 Gerechtigkeit
1.3 Fairness
1.4 Armut
1.5 Prävention
1.6 Chancengerechtigkeit
2. zentrale Thesen
2.1 Einkommen ist keine Sicherheit für ein „erfülltes Leben“
2.2 Prävention als elementarer Bestandteil zur Effektminderung des Umwandlungshandikaps
2.3 Ressourcengleichheit ist eine Unterstützung auf dem Weg zur Gleichheit von Chancen
2.4 Befähigung und Umwandlung führen zu sozialer Gleichberechtigung
3. Gerechtigkeit, Chancen und Befähigung in der Sozialen Arbeit–ein Blick in die Praxis
3.1 ambulante Jugendhilfe – Hilfe zur Selbsthilfe
3.2 stationäre Jugendhilfe
4.Autorenverzeichnis
4.1 John Rawls
4.2 Ronald Dworkin
Literaturverzeichnis
1. Begriffsdefinitionen
1.1 Ressourcen
Die Nutzung von Ressourcen wird im modernen Sprachgebrauch immer öfter verwendet und genießt eine positive Zuschreibung. Aber was sind Ressourcen eigentlich und wie werden sie definiert? Bendel sieht Ressourcen als Mittel bzw. Möglichkeiten, die dazu dienen, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Hierbei wird zwischen verschiedenen Differenzierungen unterschieden. Dies sind z.B. personelle Ressourcen wie z.B. Personal, auf das man zurückgreifen kann und aufgrund vertraglicher Verpflichtungen zur Verfügung stehen oder natürliche Ressourcen, welche aus der Natur gewonnen werden, z.B. Rohstoffe. Das Haushalten sowie den bestmöglichen Einsatz von Ressourcen benennt Bendel als Ressourcenmanagement. Allerdings merkt er auch an, dass kritisch auf den Umgang von Ressourcen geblickt werden muss. Ressourcen als Mittel zum Zweck zu sehen bringt die Gefahr mit sich, dass diese immer weiter ausgeschöpft werden und ggf. in verschiedenen Bereichen dann auch zu einem gewissen Maß nicht oder nur bedingt zur Verfügung stehen. Daher mahnt Bendel einen bedachten Blick auf den Umgang mit Ressourcen an (vgl. Bendel 2020: Gabler Wirtschaftslexikon – Revision von Ressourcen).
Am Beispiel der Resilienzentwicklung beschreibt Walter-Enderlin Ressourcen als Faktoren, die dazu dienen, bei der Entwicklung von Fähigkeiten zur Bewältigung von Krisensituationen und Stressoren beizutragen, indem auf persönliche, materielle und/oder sozial vermittelte Unterstützungsmöglichkeiten zurückgegriffen werden kann (vgl. Welter-Enderlin 2012, S. 13).
Auch Urs König benennt die Vielfältigkeit des Begriffes Ressourcen und sieht ihren Schwerpunkt in der modernen Zeit besonders in den Bereichen der Soziologie bzw. Sozialwissenschaften, Ökonomie sowie Psychologie – also überall, wo Menschen miteinander interagieren. Dennoch verweist er auch auf die bereits oben beschriebenen materiellen Ressourcen wie Erdöl oder Lagerkapazitäten.
Hierbei spielt der Begriff des Sozialkaptials eine große Rolle. Dieses Kapital beschreibt die Mittel und Möglichkeiten, die der einzelne als Bestandteil verschiedener Systeme mitbringt, um diese für die Erfüllung von Vorstellungen bzw. Erwartungen einzusetzen. Somit stellt das Sozialkapital laut König ein Mittel dar, welches aus sozialen Beziehungen zueinander besteht. Diese Ressourcen stützen sich auf einem Verpflichtungs- bzw. Verbundenheitsgefühl innerhalb eines Systems von Akteuren, die ein ähnliches Ziel verfolgen, für welches der Akteur seine Möglichkeiten und Mittel (Ressourcen) zur Verfügung stellt (vgl. König 2011:320f.).
1.2 Gerechtigkeit
Die Bedeutung von Gerechtigkeit hat seit jeher eine enorme Bedeutung im gesellschaftlichen Miteinander und durch ihre große Gewichtung wird Gerechtigkeit auch aus diversen Blickwinkeln betrachtet und wahrgenommen. So wird sie z.B. als Kernaufgabe von sozial handelnden Institutionen und Personen angesehen (vgl. Rawls 1999b:3).
Betrachtet man die Entwicklung des Gerechtigkeitsbegriffs, so wird deutlich, dass hier deutliche Unterschiede zu erkennen sind. Im Zeitalter des Mittelalter bezog sich der Begriff der Gerechtigkeit noch auf den einzelnen, während in der neumodernen Zeitepoche der Fokus viel mehr auf die Institutionen gelegt wird, die dazu beitragen können, dass Gerechtigkeit umgesetzt werden kann. Des Weiteren wird Gerechtigkeit nicht nur als ein Zustand angesehen, der wünschenswert ist, sondern als ein Fakt, der gegeben sein muss. Verdeutlich kann dies am Prinzip der Gleichwertigkeit werden, dass sich gegen Ungleichheiten zwischen Menschen ausspricht und für eine Gleichberechtigung plädiert. Hierfür werden besonders die politischen Einflüsse mit einbezogen. Gerechtigkeit wird, wie bereits beschrieben, von verschiedenen Institutionen und Professionen unterschiedlich interpretiert, was auch unterschiedliche Fokussierungen mit sich bringt. So kann Gerechtigkeit z.B. in Hinblick auf Handlungen, auf politische Diskussionen, auf Gesetze oder auf Charaktere angewandt werden.(vgl. Perancic 2020:42f.).
Perancic benennt zudem, dass einem Abbau von Ungerechtigkeit, also einer negativen Definition von Handlungen und Situationen, eine Festlegung von positiven Minimalkriterien erfolgen muss, an denen man (Un)Gerechtigkeit messen kann.
Eng mit den Definitionen des Gerechtigkeitssinn sind vier Faktoren verbunden. Zum einen die Tatsache der Ansprüche, die jeder einzelne an den Umgang mit Gerechtigkeit hat. Hierzu können u.a. der Anspruch und die Definition von Freiheit oder Chancen genannt werden. Dies kann zu Differenzen führen, wenn die eigenen Ansprüche mit denen anderer nicht deckungsgleich sind. Hier entwickelt sich nun die Aufgabe, einen Interessenskonflikt so zu lösen, dass er für beide Parteien akzeptabel ist und nicht unter egoistischen Gesichtspunkten einseitig beschlossen wird. Dies führt zu dem Schluss, dass Gerechtigkeit dann ins Spiel kommt, wenn Konflikte auftreten (vgl. ebd.).
Ansprüche stehen in engem Zusammenhang mit Pflichten, denn ein Anspruch kann nur dann gestellt werden, wenn es auch jemanden gibt der die Pflicht hat, diesen wohlmöglich zu erfüllen. Somit werden für eine Gerechtigkeitsdiskussion mindestens zwei Parteien benötigt. Scanlon beschreibt diesen Prozess als die Frage nach dem, was Personen einander schulden (Scanlon 1998).
Des Weiteren geht Gerechtigkeit immer mit dem Begriff der Unparteilichkeit einher. Hierbei ist jede Person gleich zu behandeln. Wenn eine Beurteilung in moralischer Sicht willkürlich ist, so kann hier nicht vom Aspekt der Gerechtigkeit gesprochen werden.
Als vierter Punkt wird von Peranic die Kontingenz angesprochen, die (Un)Gerechtigkeit nur dann als möglich ansieht, wenn sie von einem Akteur verursacht wurde. Somit muss ein Mensch an der Entwicklung einer Situation beteiligt sein, damit von Ungerechtigkeit gesprochen wird (vgl. Perancic 2020:44).
Diese Aspekte zeigen auf, dass der Gerechtigkeitsbegriff keiner klaren Definition unterliegt, aber verschiedene Faktoren und Sichtweisen Einfluss auf die Darstellung haben. Klar ist hingegen, dass es mindestens zwei Menschen benötigt, die in einem Konflikt zueinanderstehen.
1.3 Fairness
Wer sich mit dem Begriff der Gerechtigkeit befasst, der kommt nicht umher, sich auch der Begrifflichkeit und der Bedeutung von Fairness zu widmen. Wie bereits im vorherigen Abschnitt zu erkennen ist, bildet Gerechtigkeit und Fairness einen zentralen Aspekt in sozialen Interaktionen. Ein kooperatives Verhalten in diesen sozialen Beziehungen ist meist dann zu erkennen, wenn die Akteure das Gefühl haben, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse gesehen und akzeptiert werden. Im Umkehrschluss entstehen Konflikte dann, wenn die Teilnehmer das Gefühl haben, dass eben diese Bedürfnisse verletzt oder unfair behandelt werden (vgl. Jonas 2015:23).
Im Alltag wird häufig die Frage gestellt, ob ein Verhalten oder eine Handlung fair oder unfair ist. Besonders bei Kindern und Jugendlich ist dies der Fall, wenn Vergleiche gezogen werden. Gut zu erkennen ist dies, wenn Kinder sich mit anderen Kindern vergleichen (Ausgehzeiten Jugendliche(r) A. darf länger in die Diskothek als Jugendliche(r) B, obwohl beide gleich alt sind). Hier entwickelt sich dann schnell ein Empfinden von Ungerechtigkeit und Unfairness. Oftmals werden Gerechtigkeit und Fairness synonym zueinander benutzt. In den Sozialwissenschaften wird etwas dann als gerecht angesehen, wenn ein Großteil der Personen diese Situation als gerecht auffassen und wahrnehmen (vgl. Jonas 2015:24f.).
Wie an dem Beispiel der beiden Jugendlichen zu erkennen ist, obliegt Fairness einer subjektiven Wahrnehmung des/der Beteiligten, welche ihr Verhalten beeinflusst. Eine Differenzierung von Fairness und Gerechtigkeit zeigt sich in der Akzeptanz von Entscheidungen. Oftmals erfolgt in dieser Frage eine Rechtsprechung bzw. Beurteilung der Situation so, dass einer Partei recht zugesprochen wird und einer anderen eben nicht. Der reine Akt dieser Rechtsprechung kann als Gerechtigkeit angesehen werden, da er an Kriterien festgemacht wird. Wenn man diesen Sachverhalt nun auf die Tatsache der Fairness bezieht, erschließt sich hier wieder die Frage nach dem Empfinden. Wenn Akteur B nun zwar nicht die gewünschte Lohnerhöhung erhält, aber die Begründung hierfür nachvollziehen kann, so wird er diese Entscheidung als fair empfinden und dem entsprechend sein Verhalten anpassen.
So lässt sich ein Dreieck der Gerechtigkeit und Fairness erkennen, welches auf das Verhalten Auswirkung hat. Unter Gerechtigkeit können die Rahmenbedingungen gefasst werden, unter denen der Akteur sich bewegt. Fairness wird als subjektive Wahrnehmung angesehen, die sich auf die individuellen Vorstellungen von Gerechtigkeit und Fairness beziehen. Aus diesen beiden Faktoren entsteht ein Verhalten des einzelnen, welches Einfluss auf die Aktivität und die Leistung hat, die der Akteur zu leisten vermag (Unverständnis, Akzeptanz, Zufriedenheit usw.) (vgl. ebd.)
Nöcke untermauert dies nochmals, indem sie darstellt, dass Fairness nicht durch eine außenstehende Person eingeordnet wird, wie dies bei Gerechtigkeit z.B. durch einen Richter erfolgt, sondern die betroffene Person selbst darüber entscheidet, inwieweit Fairness empfunden wird oder nicht. Sie sieht somit Gerechtigkeit im Kontext auf Regeln und Bedingungen, während Fairness die Frage darstellt, ob Regeln, Verhalten oder Bedingungen als angemessen angesehen werden (vgl. Nöcke 2016:59).
Unabhängig der Definitionsversuche beider Begriffe zeigt sich, dass eine Differenzierung nur bedingt möglich und immer wieder von Subjektivität geprägt ist.
1.4 Armut
Trotz der Tatsache, dass gesellschaftliches Leben Armut produziert und somit alle Kulturen davon betroffen sind, liegt keine einheitliche und gesamt gültige Definition vor. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die Definition von Armut politische Entscheidungen beeinflusst und norme innerhalb der Gesellschaft festlegt. Legt der Begriff Armut die Grenzen von Unterversorgung in Bezug auf Ressourcen und ökonomische Voraussetzungen fest und die damit verbundene Einschränkung von Chancen so bleibt ein wichtiger Aspekt zu klären. So stellt sich die Frage ab welchem Punkt spricht man von Armut und wann führt der Mangel an Versorgung dazu, dass die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben negativ beeinflusst wird. Dies führt dazu, dass eine Armutsgrenze festgesetzt wird, die beschreibt an wann ein Mensch als arm gilt oder eben nicht. Diese Grenze beeinflusst nicht nur die Messbarkeit von Armut maßgeblich, sie zeigt zudem Wirkung auf soziale, politische und ökonomische Entscheidungsprozesse, die sich zum Ziel setzen Armut zu verhindern (vgl. Rietzke 2015: 27).
In der Neueren Debatte um Armut im wissenschaftlichen und politischen Kontext fällt immer wieder der Begriff der materiellen Armut, der den Fokus bildet. Hier wird der Maßstab angesetzt und zwischen absoluter und relativer Armut unterschieden. Der Begriff der absoluten Armut bezieht sich hier auf Länder, die die Versorgung der Bevölkerung nicht gewährleisten können.
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- Citar trabajo
- Jan Berrens (Autor), Pascal Witte (Autor), 2021, Thesenpapier zu "Die Idee der Gerechtigkeit – Dritter Teil – Abschnitt 11: Leben, Freiheiten und Befähigungen" von Amartya Sen (2010), Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1170073
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