Den Kern der vorliegenden historischen Studien bilden einerseits die früh- und hochmittelalterliche Besiedlung des Odenwaldes und andererseits die Herausbildung und Entwicklung von Herrschaftsstrukturen bis zum Untergang des alten Reiches 1806. In 18 einzelnen Untersuchungen schlägt der Autor einen Bogen von den Bauern der Jungsteinzeit bis zum Ende der Grafschaft Erbach.
Das Fachbuch umfasst 225 Seiten mit 31 Abbildungen.
Der prägnanten geographischen Individualität des Odenwaldes entsprechen einige historische Besonderheiten, die weniger im Bewusstsein sind.
Zum Beispiel ist der Odenwald trotz der römischen Besatzung erst von den Franken flächendeckend besiedelt worden; vier Benediktinerklöster, die Klöster Lorsch, Amorbach, Fulda und Mosbach nahmen die früh- und hochmittelalterlichen Rodungsarbeiten im Waldgebirge vor; Einhard, der Biograf Karls des Großen, war der erste Besitzer der alten Stadt Michelstadt; die Schenken von Erbach waren Vögte des Klosters Lorsch und standen im Dienst der Kurpfalz in Heidelberg; die heute vergessene Zentverwaltung war eine frühe Gerichts- und Verwaltungsstruktur; im Bauernkrieg 1525 nahm der Erbacher Schenk eine milde, vermittelnde Rolle ein; die kurz danach entstandene Grafschaft Erbach wurde Teil des Fränkischen Reichskreises; beim Wiener Kongress 1814 versuchte der Erbacher Graf, seine durch die napoleonischen Wirren verlorene Grafschaft in der Mitte des Odenwaldes wiederherzustellen.
Entgegen der Fortdauer der fürstlichen Aufteilungen im Odenwald, die den Odenwald nur als Randgebiete dreier Bundesländer existieren lassen, plädiert der Autor für eine geschichtsbewusstere Haltung. Sein Fazit: „Der Odenwald hat seit 1806 keinen historischen Mittelpunkt mehr; bis dahin waren es die Grafschaft Erbach, die Herrschaft Breuberg (=Graf von Wertheim) und die Benediktinerabtei Amorbach.“ (S. 199)
Die historischen Untersuchungen werden durch geographische Forschungsmethoden ergänzt; zu nennen sind Siedlungsgeographie, Ortsnamenforschung, Agrargeographie, Karteninterpretation und die praktische Exkursion.
Das vorliegende Buch fasst alle historischen Arbeiten des Autors zum Odenwald in einer erweiterten Neuauflage zusammen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Zur Einführung
1 Erste Besiedlungsspuren im Rhein-Main-Gebiet
1.1 Bandkeramische Bauern der Jungsteinzeit
1.2 Kelten und Wanderung der Kimbern
1.3 Römer und Alemannen
2 Landnahme der Franken im Odenwaldraum
2.1 Fränkische Besiedlung ab 496 n. Chr.
2.2 Fränkische Gaue und Gaugrafen
2.3 Fränkische Königshöfe und Martinskirchen
3 Waldmarken des Odenwaldes
3.1 Einrichtung der Waldmarken
3.2 Waldmark Heppenheim und Mark Michelstadt
4 Organisation der Odenwald-Besiedlung
4.1 Siedlungsträger und Rodungsperioden
4.2 Benediktinischer Geist und Siedler
4.3 Villikationen und Waldhufendörfer
5 Kolonisation des Benediktinerklosters Lorsch
5.1 Kloster Lorsch im Vorderen Odenwald
5.2 Gang in den Buntsandstein-Odenwald
6 Kolonisation des Benediktinerklosters Amorbach
6.1 Kloster Amorbach im Hinteren Odenwald
6.2 Zugewinn der oberen Zent Mudau
7 Siedlungsträger im nördlichen Odenwald
7.1 Gründungen des Benediktinerklosters Fulda
7.2 Andere Herren im nördlichen Odenwald
8 Siedlungsträger im südlichen Odenwald
8.1 Eine Gründung des Bistums Worms
8.2 Weltliche Träger im Neckartal–Odenwald
8.3 Gründungen des Benediktinerklosters Mosbach
9 Beispiel einer Villikation: Beerfelden
9.1 Geographische Lage und Namensdeutung
9.2 Wo war der Fronhof Beerfeldens?
9.3 Martinskirche und Pastorei
9.4 Blockgewannflur, Huben, Allmende
9.5 Leibeigenschaft, Zehnter und Fronakkord
9.6 Tuchmacherei und Sozialstruktur
10 Beispiele angelegter Waldhufendörfer
10.1 Ältestes Waldhufendorf: Zotzenbach
10.2 Waldhufendorf im Buntsandstein: Airlenbach
10.3 Plansiedlung im Amorbacher Raum: Boxbrunn
11 Herrschaftsanfänge im Odenwald
11.1 Fränkischer Königshof, Sankt Michael
11.2 Einhard erhält die Mark Michelstadt
12 Die Schenken von Erbach
12.1 Ihre Herkunft; Klostervögte von Lorsch
12.2 Burg Erbach und Burgmannen–Siedlung
13 Die Zentverwaltung im Odenwald
13.1 Die Zent: Begriff und Forschungsgegenstand
13.2 Zentgraf und Gerichtsmänner
13.3 Aufgabe Wehrverfassung
13.4 Aufgabe Zentgericht
13.5 Vier weitere Aufgaben der Zent
13.6 Spuren alter Zenten in Odenwald und Ostfranken
14 Der Bauernkrieg im Odenwald
14.1 Schenk Eberhard XIII. im Bauernkrieg
14.2 Ein Gerichtstag im Schlosshof zu Erbach
14.3 Eberhards Bedeutung und Andenken
15 Die Entstehung der Grafschaft Erbach
15.1 Der Erwerb des Grafentitels
15.2 Die Reformation in der Grafschaft
16 Der Odenwald im Fränkischen Reichskreis
16.1 Die Gründung des Fränkischen Reichskreises
16.2 Das Fränkische Reichsgrafenkollegium
16.3 Sonderstellung des Ritterkantons Odenwald
16.4 Herrschaften um 1550; weitere Entwicklung
16.5 Der Odenwald vor der Französischen Revolution
17 Napoleon gestaltet den Odenwald um
17.1 Reichsdeputationshauptschluss
17.2 Rheinbundakte und Auflösung des Reiches
17.3 Besitzergreifung der Grafschaft durch Hessen
18 Reaktion der Odenwälder auf die neuen Herren
18.1 Widerstand der Bevölkerung
18.2 Beschwerde der Erbacher Grafen wider Hessen
18.3 Versuch die Grafschaft Erbach wiederherzustellen
18.4 Warum der Odenwald ein Teil Frankens bleibt
Endnoten
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Fränkische Gaue ab 496 n. Chr
Abb. 2: Die Odenwälder Marken
Abb. 3: Reste des Reichsklosters Lorsch
Abb. 4: Der Siedlungsraum des Klosters Lorsch
Abb. 5: Das Reichskloster Amorbach
Abb. 6: Der Siedlungsraum des Klosters Amorbach
Abb. 7: Beerfelden 1823 und 1893
Abb. 8: Gewannkarte von Beerfelden 19. Jhdt
Abb. 9: Skizze der Villikation Beerfelden um 1511
Abb. 10: Beerfelden: Martinskirche und Bürgerhaus
Abb. 11: Berufliche Gliederung Beerfeldens
Abb. 12: Waldhufendorf Zotzenbach im Vorderen Odw
Abb. 13: Waldhufendorf Airlenbach, Gemarkung
Abb. 14: Waldhufendorf Airlenbach, Bild von Süden
Abb. 15: Streudorf Boxbrunn im Hinteren Odenwald
Abb. 16: Hl. Michael auf dem Marktplatz Michelstadt
Abb. 17: Erhöhter Platz für Michelstädter Stadtkirche
Abb. 18: Siedlungsphasen in der Mark Michelstadt
Abb. 19: Fläche der Mark Michelstadt im Jahr 819
Abb. 20: Das Gebiet der Zent Beerfelden
Abb. 21: Zentgrafenhäuser in Erbach und Michelstadt
Abb. 22: Zentlinde und Galgen
Abb. 23: Zentgerichte in Erbach und Michelstadt
Abb. 24: Schloss der Grafen zu Erbach, beflaggt
Abb. 25: Der Fränkische Reichskreis
Abb. 26: Die vier Bänke des Fränkischen Reichskreises
Abb. 27: Der Odenwald bis zum Jahr 1789
Abb. 28: Das Fürstentum Leiningen
Abb. 29: Der Odenwald unter Napoleons Herrschaft
Abb. 30: Der Odenwald ist geteilt
Zur Einführung
Der Odenwald ist ein süddeutsches Mittelgebirge, das geologisch und morphologisch ähnlich wie sein größerer Bruder Schwarzwald aufgebaut ist und sich ebenso am östlichen Rand des Oberrheingrabens erhebt. Das Gebirge stellt eine landschaftliche Individualität dar, die sich deutlich von den umliegenden Ebenen an Rhein und Main und den Gäuen (Kraichgau und Bauland) unterscheidet. Der Raum ist durch 14 größere Talsysteme geprägt, deren Flussläufe dreimal zum Rhein, viermal zum Main und siebenmal zum Neckar streben. Diese Zusammenhänge wurden bereits detailliert in der Schrift zur Geographie des Odenwaldes dargelegt.1
Der geographischen Individualität des Odenwaldes entspre-chen einige historische Besonderheiten, die teilweise weniger im Bewusstsein sind und in dieser Arbeit thematisiert werden sollen:
- So ist zum Beispiel der Odenwald nicht von der römischen Besatzung, sondern erst von den Franken flächendeckend besiedelt worden;
- vier Benediktinerklöster nahmen die früh- und hochmittelalterlichen Rodungsarbeiten im Waldgebirge vor;
- Einhard, der Biograf Karls des Großen, war der erste Besitzer der alten Stadt und Mark Michelstadt;
- die Schenken und Grafen von Erbach waren zunächst Vögte des Klosters Lorsch und standen später im Dienste der Kurpfalz in Heidelberg;
- die heute vergessene Zentverwaltung im Gebirge war eine genossenschaftliche Selbstverwaltungs- und Gerichts-struktur des Mittelalters;
- im fränkischen Bauernkrieg des Jahres 1525 nahm der Erbacher Graf eine wenig bekannte Rolle ein: entscheidend, dabei aber überraschend milde und vermittelnd;
- die Grafschaft Erbach war Teil eines größeren Verbundes, des Fränkischen Reichskreises, der sich vom Odenwald bis an die böhmische Grenze erstreckte;
- beim Wiener Kongress 1814 unternahmen die drei Linien des Erbacher Grafenhauses den energischen Versuch, ihre durch die napoleonische Willkürherrschaft verlorene Grafschaft in der Mitte des Odenwaldes wiederher-zustellen.
Den Kern der vorliegenden historischen Studien bilden einerseits die früh- und hochmittelalterliche Besiedlung des Odenwaldes und andererseits die Herausbildung und Entwicklung von Herrschaftsstrukturen bis zum Ende des Alten Deutschen Reiches im Jahre 1806. In 18 einzelnen Untersuchungen schlägt der Autor einen Bogen von den Bauern der Jungsteinzeit über die Rodungsarbeit der Benediktinerklöster bis zum Untergang der Grafschaft Erbach.
Erste Besiedlungsspuren im Rhein-Main-Gebiet hinterlassen bandkeramische Bauern, später die Kelten. Die germanischen Kimbern ziehen am Odenwald vorbei; erst die Römer gehen in den Wald und bauen einen Grenzwall entlang alter Höhenwege mitten durch das Gebirge. Alemannen stürmen den Limes und siedeln vereinzelt am Rand, meiden aber noch das Odenwaldgebirge.
Aber erst nach der fränkischen Landnahme entstehen Gaue und Grafschaften. Der Odenwald gehört, wie alle deutschen Mittelgebirge, nicht zum Altsiedelland. Erst ab dem Jahr 773 wird er nach der Einrichtung von Waldmarken durch eine planmäßige Binnenkolonisation erschlossen.
Die Zunahme der Bevölkerung im Altsiedelland der Rheinebene und die Gründung großer Benediktinerklöster schaffen die Voraussetzungen für eine Kolonisation des Mittelgebirges. Die Klöster Lorsch, Amorbach und Fulda werden unter königlichen Schutz gestellt, hervorragend mit Waldbesitz im Odenwald ausgestattet und können so das Kolonisationsprojekt in Angriff nehmen.
Von frühen Villikationen aus entstehen im Odenwald mindestens 132 Waldhufensiedlungen, eine damals neuartige Siedlungsform, die zum Vorbild für die Erschließungen im Schwarzwald und anderen deutschen Mittelgebirgen geworden ist.
Exemplarisch wird die Struktur der Villikation Beerfelden untersucht, die bisher nicht erforscht ist. Ihre geographische Lage, ihr Siedlungsraum und ihre konstituierenden Bestandteile werden erarbeitet: Fronhof, Kirchengut, Feldflur, Allmende und Feudallasten. Ein Ausblick auf die weitere Entwicklung dieses zentralen Ortes im südlichen Odenwald schließt sich an, indem die Besitz- und Sozialstruktur Beerfeldens im Jahr 1691 dargelegt wird.
Es folgt die exemplarische Untersuchung dreier Waldhufen-dörfer: die überhaupt erste Gründung Zotzenbach im Vorderen Odenwald, Airlenbach im Buntsandstein-Odenwald und Boxbrunn im Amorbacher Raum des Hinteren Odenwalds.
Im Zusammenhang mit der Besiedlung bildeten sich selbstständige Herrschaften im zentralen Odenwald aus: untersucht werden das erste, frühmittelalterliche Wirken Einhards in der Mark Michelstadt und die sich anschließenden hoch- und spätmittelalterlichen Aktivitäten der Schenken von Erbach.
Als nächstes wird eine Odenwälder Besonderheit, die Verwaltung in Zenten betrachtet. Noch im 17. Jahrhundert war manch ein Tuchmacher in Beerfelden z. B. zugleich Zentgraf und damit für die Oberzent im Süden der Grafschaft Erbach zuständig. Im gesamten Odenwald und auch in Ostfranken finden sich bis heute Spuren dieser untergegangenen Zenten.
Dann wendet sich die Aufmerksamkeit dem Schenken Eberhard XIII. zu, der sich im Bauernkrieg 1525 durch ein bemerkenswert mutiges und zugleich mildes Auftreten auszeichnete. Sein kluges Steuern durch den Bürgerkrieg trug zur Rettung des Adels und des Reiches, aber auch zur Schonung der Bauern bei. Dies war gewiss auch eine Ursache für seine sieben Jahre später erfolgte Standeserhöhung in den Grafenstand.
Weniger bekannt ist, dass der Odenwald auch Teil des Fränkischen Reichskreises war, der am 2. Juli 1500 gegründet wurde und seinen Mittelpunkt in der Reichsstadt Nürnberg hatte. Im sogenannten Fränkischen Grafenkollegium waren die Grafen von Erbach und Wertheim vertreten.
Die letzten Studien beschäftigen sich mit dem Untergang des Alten Reiches in der Zeit der Französischen Revolution und der napoleonischen Kriege. Hier werden die Entstehung des Fürstentums Leiningen und besonders das Schicksal der Grafschaft Erbach betrachtet, die 1806 ihre Souveränität verloren. Die Odenwälder Bevölkerung und das Grafenhaus Erbach fanden sich mit den neuen Herren in Hessen-Darmstadt nicht so leicht ab, konnten jedoch die territorialen Folgen von Napoleons Herrschaft nicht revidieren.
Entgegen der fürstlichen dreifachen Teilung des Odenwaldes, deren Struktur sich bis heute erhalten hat, plädiert der Autor für eine geschichtsbewusstere Haltung, die den Kernraum des Gebirges stärken und zugleich auch seiner geographischen Geschlossenheit gerechter werden würde.
Die historischen Untersuchungen werden durch geographische Forschungsmethoden ergänzt; zu nennen sind Siedlungs-geographie, Ortsnamenforschung, Agrargeographie, Karten-interpretation und die praktische Exkursion. Die Geographie soll als Hilfswissenschaft Lücken in der historischen Quellenlage schließen und zu einer Verifizierung der vorgetragenen Thesen beitragen.
Dieses Buch ist eine Neustrukturierung, Aktualisierung und Erweiterung zweier bereits im Jahr 2021 veröffentlichter Werke; in „Der Odenwald wird besiedelt“ wurden die Studien 1 bis 10, in „Der Odenwald mit Zenten und Grafen“ die Studien 11 bis 18 behandelt.
Schließlich möge nicht unerwähnt bleiben, dass der Autor mit dieser Arbeit auch seiner Vorfahren gedenkt, die seit 1507 in Beerfelden als Tuchmacher gewirkt hatten. Besonders sei hier der Vorfahre Peter Kumpf junior (*1640, †26. August 1691) erwähnt, der Tuchmacher und Schultheiß von Beerfelden gewesen war und als Zentschultheiß der Oberzent in gräflich-erbachischen Diensten gestanden hatte.
Igersheim, am 19. Januar 2022 Gert Heinz Kumpf
1 Erste Besiedlungsspuren im Rhein-Main-Gebiet
Der Odenwald ist, wie die anderen deutschen Mittelgebirge auch, erst im Frühmittelalter besiedelt worden. Die umliegenden, leichter zugänglichen Landschaften des Rhein-Main-Gebietes tragen Spuren einer deutlich früheren Besiedlung.
Das Gebirge liegt ungefähr in einem annähernd ovalen Raum, dessen Rand im Nordosten der Main ab dem Mainknie bei Miltenberg, im Westen die Bergstraße und im Süden der Neckar vor und nach dem Neckarknie bei Eberbach bilden. Im Norden sind ihm die ausgedehnte Mainebene und im Westen die breite Rheinebene vorgelagert.
1.1 Bandkeramische Bauern der Jungsteinzeit
In der späteren Jungsteinzeit muss man sich die Landschaft bis auf die Höhen noch bewaldet vorstellen. Die großen Flüsse, sofern sie sich durch Ebenen bewegen, mäandrierten stark und überfluteten das Gelände, weshalb sie keine guten Siedlungsplätze darstellten. Deshalb finden sich direkt am Main und Rhein keine oder fast keine steinzeitlichen Spuren. Anders ist es am Neckar, der in einem engen Bett durch den Odenwald fließt und dann in einem großen Schwemmfächer aus dem Gebirge austritt. Hier sind überall überschwemmungs-sichere Siedlungsplätze, weshalb der Neckar ab Neckargemünd bis über Ladenburg hinaus ein bevorzugter, jungsteinzeitlicher Siedlungsraum der Bandkeramischen Kultur (etwa 5500–4500 v. Chr.) war. Das Gebirge wurde bis auf Höhenwege und einzelne Berge am Rande gemieden, da die Durchstreifung der versumpften Täler und dichten Wälder doch mit unnötigen Mühen verbunden gewesen wäre. Vorteilhaft sind aber die vielen kleineren Gewässer, die aus dem Gebirge austreten; siedelt man hier auf dem Gebirgsfuß, so hat man beides: das frische, fließende Wasser und den überschwemmungssicheren Platz. Außerdem eine leicht erhöhte Lage, was günstig ist, um sich vor herannahenden Gefahren besser schützen zu können. Deshalb wurde von den Bandkeramikern auch der flach ausklingende nördliche Odenwaldrand um Modau, Gersprenz, Richer Bach und Welzbach zur Siedlung genutzt. Auch am Fuß der Bergstraße finden sich wenige bandkeramische Plätze: auf dem Schwemmkegel der Lauter und im Heidelberger Raum. Hier am Rand des Gebirges liegen auch die wenigen, von den Bandkeramikern besiedelten Berge: die Juhöhe bei Heppen-heim und der Heiligenberg bei Heidelberg, beide am Rand zur Rheinebene hin gelegen. Der Heiligenberg ist schon seit 7000 Jahren besiedelt 2. Das eigentliche Odenwaldgebirge aber wurde gemieden.3
Erst am Ende des Neolithikums im 3. Jahrtausend v. Chr. finden sich die ersten archäologischen Funde im Odenwald. Auf dem Wannenberg 463 m bei Bürgstadt ist eine um 3000 v. Chr. angelegte Wallanlage.4 – „Zu den ältesten Funden zählt ein Hockergrab, das unter der Hofmauer der späteren römischen Villa Haselburg bei Hummetroth gefunden wurde.“ Das nächste Gewässer dürfte die von links zur Mümling fließende Kinzig sein, vielleicht auch noch Annelsbach und Forsteler Bach. Von der Höhenlage auf 310 m ü. d. M.5 ist vom Siedlungsplatz aus eine schöne Fernsicht und trotzdem die Nähe dreier Fließgewässer gegeben. Die Bestattung in Hockerstellung oder Embryo-Lage lässt auf die frühe matrilineare Kulturstufe schließen, mit dem Glauben an Wiedergeburt unter dem Schutz einer Großen Mutter. Zum friedlichen Charakter der Bandkeramiker gehört auch der Becherfund6 im selben Grab. Arbeitsmaterial war der Ton, von Metall und Waffen finden sich noch keine Spuren.
1.2 Kelten und Wanderung der Kimbern
Das ändert sich mit der Bronzezeit, als durch die Metallgewinnung außer der Schmuck- auch die effektive Waffenherstellung erfunden wurde. Kennzeichen sind die Hügelgräber, die auf den Anhöhen oberhalb des mittleren Mümlingtals, auch oberhalb der Gersprenz liegen sowie wieder im Raum Heidelberg. Es sind nur wenige Stellen im Odenwald, Siedlungen wurden bislang keine gefunden.7 Diese Hügelgräberbronzezeit dauerte in unserem Raum etwa von 1600 bis 1300 v. Chr.
Nach der Bronzezeit beginnt um 800 v. Chr. in Mitteleuropa die Eisenzeit, was zu einer deutlichen „Verbesserung“ der Waffentechnik, z.B. durch die Herstellung von Schwertern führte. Diese ältere, noch vorrömische Eisenzeit wird auch als Hallstattzeit, nach dem Fundort am Hallstätter See im österreichischen Salzkammergut, bezeichnet. Die Volks-gruppen der europäischen Eisenzeit sind die Kelten. Sie siedelten außer im Gebiet der Hallstattkultur im südlichen Mitteleuropa und in einem breiten Siedlungsband im Westen bis Frankreich, Spanien und den britischen Inseln, im Südosten wurden sie über Rumänien zu Nachbarn der Griechen und gelangten bis Galatien, dem alten Kerngebiet Anatoliens auf der Hochfläche der Türkei.
Unter der Villa Haselburg wurden in einer Nachbestattung des bronzezeitlichen Grabhügels ein Tongefäß und Schmuck aus der frühkeltischen Zeit gefunden. In diese Zeit gehört auch der Fund des Raibacher Bildes, eine 1919 gefundene Sandstein-Stele. Sie besteht aus rotem Buntsandstein und stellt nach Auffassung des Autors eine weibliche Gestalt dar, die ihre Arme schützend um ihren schwangeren Bauch legt. Daher dürfte es sich um eine Fruchtbarkeitsgöttin handeln. Auf der Burg Breuberg ist sie in Kopie zu sehen.
Die Kelten errichteten Höhenburgen mit Ringwällen, und zwar auf dem Greinberg 452 m bei Miltenberg am Main und auf dem Heiligenberg 439 m bei Heidelberg am Neckar. Beide Berge stehen, wie auch der bereits genannte Wannenberg, am Rand des Odenwaldgebirges an großen, schiffbaren Flüssen und an der Nahtstelle zu anderen Landschaften. Um 200 v. Chr. verlagerten die Kelten ihre Siedlung vom Heiligenberg nach Lokudunom („Seeburg“, das heutige Ladenburg), wo sie bis 50 v. Chr. blieben. „Eine Viereckschanze zeugt von der Größe der Siedlung. Lanzenspitze und Schildbuckel, Mühlstein und Töpferware … sind interessante Hinterlassenschaften“.8 Eine weitere keltische Siedlung war Ober-Abtsteinach auf 480 m Höhe im sogenannten Überwald, der zum Vorderen Odenwald rechnet. Ortsnamen auf -ach dürften allgemein auf keltische Siedlungen hinweisen.
Das erste Auftauchen der Germanen war vermutlich der abenteuerliche Zug der Kimbern gewesen. Aus dem nördlichen Jütland zogen sie gemeinsam mit den Teutonen und Ambronen um 120 v. Chr. nach Süden. Als Grund für die Wanderung sehen römische Quellen „Umweltveränderungen und daraus resultierende Missernten im Nord-Ostsee-Gebiet“.9 Geschätzt 300.000 Menschen setzten sich in Bewegung. Ihr Zug nach Süden führte sie nach Böhmen, Schlesien und Mähren, später über Gallien und Spanien nach Italien. Nach großen Schlachten mit den Römern von 113 bis 101 v. Chr. kam es zu ihrem Untergang.
Es wird vermutet, dass die Kimbern auf ihrem Zug nach Süden den Odenwald bei Miltenberg und bei Heidelberg berührten und dass sich „in der Gegend des Odenwaldes Reste der von ihrem Zug zurückkehrenden Kimbern niedergelassen haben“.10 Kimbrische Reste befinden sich auch in den Sieben zimbrischen Gemeinden Südtirols11. Caesar bezeichnet den Stamm der Aduatuker (im heutigen Belgien bei Tongern) als „Nachkommen der Kimbern und Teutonen“.12 Die Römer waren auf jeden Fall mit den Kimbern vertraut und haben deren germanischen Gott in ihrer „Interpretatio Romana“ als „Mercurius Cimbrianus“ oder auch „Cimbrius“ bezeichnet. Hinter diesem wird „üblicherweise der germanische Gott Wodan/Odin gesehen und als Wodan der Kimbern identifiziert“.13 Auf römischen Weiheinschriften wird er genannt. Auf dem Heiligenberg bei Heidelberg wurden drei Inschriften gefunden, zwei Funde auf dem Greinberg bei Miltenberg und zwei Inschriften bei Mainz. Alle diese Orte lagen in der römischen Provinz Obergermanien, in deren Hauptstadt Mainz und auf zwei Odenwaldbergen. Die Inschriften stammen aus dem 2. bis 3. Jahrhundert n. Chr.
1.3 Römer und Alemannen
Damit sind wir in der Römerzeit angelangt. Caesar hatte in seinem Gallischen Krieg 51 v. Chr. die Grenze des Imperiums bis an den Rhein geschoben. Das Gebiet jenseits mit dem Odenwald wurde 72. n. Chr. unter Kaiser Vespasian mit Truppen besetzt und tributpflichtig gemacht (Name Dekumatland = Zehntland). Kaiser Domitian schuf im Jahr 85 n. Chr. die Provinz Germania superior (Obergermanien), zu der auch das nach Tacitus von Kelten und Sueben bewohnte Dekumatland14 mit dem Odenwald gehörte. Unter Kaiser Trajan (98–117) wurde der Vordere und Mittlere Odenwald römisch und mit Grenzanlagen abgesichert.15
Welche Siedlungsspuren aus der Zeit der Römer finden sich im Odenwald? Da sind zuerst einmal die 10 Kastelle und 5 Kleinkastelle des Odenwald-Limes, von denen einige mit britannischen Truppen belegt waren. Mancher mag nach dem Fall des Limes im benachbarten römischen Dorf (vicus bei Neckarburken) geblieben sein. Im Dekumatland übernahmen die Römer das keltische Lokudunom (Ladenburg) und änderten den Namen in Lopodunum. Im flacheren nördlichen Odenwald und der angrenzenden Untermainebene errichteten sie Gutshöfe (villae rusticae). Eine solche villa rustica in Haselburg wurde bereits genannt. Sie wurde erst 1979 ausgegraben und ist „die bislang größte bekannte und am weitesten durch Grabungen erforschte Anlage dieser Art“16. Der Autor hat auf einer einschlägigen Karte 28 solcher römischen Gutshöfe hinter dem Odenwald-Limes, 20 am Nordrand des Odenwaldes in Mümling- und Gersprenznähe (Groß-Umstadt) und 15 an der (römischen) Bergstraße gezählt (Schriesheim, Dossenheim, Neuenheim).17 Sie dienten der Versorgung der römischen Besatzungstruppen am Limes, des Hinterlandes und der römischen Bevölkerung von Lopodunum und liegen schwerpunktmäßig am Odenwaldrand oder direkt hinter den Kastellen der Grenzanlagen.
Um 160 n. Chr. wurde der Limes nach vorne verschoben, auf die Linie Miltenberg – Walldürn – Osterburken, und 260 n. Chr. nach dem Sturm der Alemannen von den Römern aufgegeben.
Die Sueben (oder Sweben, spätere Form Schwaben) waren ein germanischer Stamm, der von Oder und Elbe nach Gallien wanderte und 58 v. Chr. von Caesar besiegt wurde. Reste wurden vertrieben und von den Römern als „Neckarsueben“ (Suebi Nicrenses) im Raum um Ladenburg und am unteren Neckar angesiedelt. „Nach ihnen wurde die <Civitas Ulpia Sueborum Nicretum> in der Gegend von Ladenburg benannt.“18 Sie lebten im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. friedlich unter römischer Herrschaft.
Weniger friedlich war das Verhalten der Alemannen, die in mehreren Anläufen schließlich um 260 n. Chr. den Limes der Römer zu Fall brachten und diese über den Rhein zurückdrängten. „289 n. Chr. wird erstmals der Stamm der [Alemannen]…in zeitgenössischen Quellen erwähnt. … Der Name scheint auf eine Gemeinschaftsbildung hinzuweisen … Bis um 500 wurden Alemannen und Sueben stets unterschieden, vom 6. Jahrhundert an wurden beide als identisch betrachtet.“19 In der Endphase des Römischen Reiches (476 wurde der letzte weströmische Kaiser durch Odoaker abgesetzt) expandierten die Alemannen in alle Richtungen. Ihre Ausdehnung über das Rhein-Main-Gebiet hinaus nach Norden wurde im Jahr 496 von den Franken gebremst.
Zum Siedlungsgebiet der Alemannen liefern Namenkunde (Toponymie) und Dialektforschung (Dialektologie) schlüssige Hinweise. Bei den frühen Ortsnamen im Südwesten Deutschlands stehen die alemannischen -ingen-Namen den fränkischen -heim-Namen gegenüber. Einzelne Namen müssen noch kein Hinweis auf Volkstum sein; treten sie dagegen gehäuft auf, so sind sie ein deutliches Indiz.20
Die wichtigsten Ergebnisse der beiden Forschungsrichtungen werden hier kurz dargelegt:
1. Grenzorte des alemannischen Dialektraums21: Die Dialektgrenze Alemannisch-Fränkisch verläuft: nördlich von Hagenau – südlich von Rastatt – Baden-Baden – Hornisgrinde 1164 m – Calw – Hohenasperg 356 m bei Ludwigsburg – Lemberg 365 m – Backnang – südlich von Crailsheim – Hesselberg 689 m. Sie liegt weit südlich des Odenwaldes.
2. Bis zu dieser Linie finden sich -ingen-Orte, und im Grenzraum als Zeichen der Zurückdrängung durch die Franken eine Überlagerungsform durch -heim, nämlich -igheim-Orte. Besonders im Württembergischen nördlich von Ludwigsburg an Enz und Neckar: Bietigheim, Hessigheim, Gemmrigheim, Bönnigheim. Auch in der Rheinebene nördlich von Rastatt: Ötigheim, Bietigheim.
3. In dem nördlich anschließenden Raum bis zum Kraichgau und Bauland finden sich vereinzelt -ingen-Orte, an deren Grenze wieder die charakteristischen -igheim-Orte als Zeichen der Zurückdrängung auftreten: Rettigheim (Malsch) – Obrigheim (bei Mosbach) – Billigheim – Roigheim – Bödigheim (südlich von Buchen) – Eubigheim – Gissigheim und Dittigheim (bei Tauberbischofsheim) – Uissigheim und Böttigheim (nördlich von Werbach/ Tauber). Dieser Raum ist aber bis zur Dialektgrenze überwiegend von -heim-Orten durchsetzt.
4. Auf dem Neckarschwemmkegel zwischen Heidelberg und Ladenburg findet sich eine Gruppe von -ingen-Orten im -heim-Gebiet: Wieblingen, Neu-Edingen und Schwetzin-gen.
5. Am Rhein reichen die -heim-Orte bis an den Nordrand des Kaiserstuhls 557 m, erst dort beginnen die -ingen-Orte.
Deutung der Befunde: Zu 1.) Die seit 496 n. Chr. stabile fränkisch-alemannische Dialektgrenze zeigt das Ergebnis der Zurückdrängung der Alemannen durch die Franken. Zu 2.) Die Zurückdrängung zeigt sich in der Überlagerungsform der Ortsnamen. Zu 3.) Vor 496 siedelten die Alemannen vereinzelt bis in den Kraichgau und bis an den Rand des Baulandes, nicht aber im Odenwald. Scheringen im Elztal bei Limbach ist der einzige -ingen-Ort im Odenwald.22 Zu 4.) Die von den Römern angesiedelten Neckarsueben haben ihre Spuren auf dem Neckarschwemmkegel hinterlassen, also vor dem Odenwald. Zu 5.) Die Franken durchdrangen mit ihren -heim-Siedlungen das Rheintal bis weit nach Süden. Die Gründe liegen auf der Hand: Einmal kamen die Franken vom Niederrhein und kannten ihren Fluss, zum anderen ist der Rhein die große Verkehrsachse zwischen Norden und Süden und zugleich der Weg zum westlichen Teil des Franken-reiches (heutiges Frankreich).
2 Landnahme der Franken im Odenwaldraum
Es blieb eine Mischbevölkerung aus Kelten, Kimbern, Sueben, siedelnden römischen Veteranen und Alemannen im Land, bis 496 n. Chr. als neuer Stamm die Franken hinzukamen.
Um 200 n. Chr. verlief auf dem Niederrhein der Nieder-germanische Limes der Römer, und im Vorfeld siedelten verschiedene germanische Stämme bzw. drängten dort heran: die Chamaven, Salier, Amsivarier, Sugambrer, Chattuarier, Cugerner, Amsivarier, Brukterer, Tenkterer, Ubier und Usipeter.23 Durch Bündnisse mehrerer Kleinstämme formierten sich dort im 3. Jahrhundert die Franken (sinngemäß „die Mutigen, Kühnen“). „Die Franken (lateinisch Franci) wurden in zeitgenössischen Quellen erstmals im Jahre 291 … erwähnt.“24 Römische Historiker berichten, dass sie bereits Ende der 250er Jahre Gallien verwüstet hätten.25 Damit sind die Franken (nach den Kimbern) der erste geschichtlich wirksame Stamm der Germanen. Sie operierten von zwei Zentren aus: die Salischen Franken (aus dem Salland in den Niederlanden) und die Rheinfranken (aus dem Raum Köln-Mosel).
Die Salfranken stellten mit den Merowingern das älteste Königsgeschlecht. König Chlodwig I. (*466, †511) wird als Begründer des Frankenreiches angesehen, da er 486 den letzten römischen Herrscher in Gallien, Syagrius, bezwang. Er vereinigte die Rheinfranken mit den Salfranken und trat 496 in Zülpich26 den angreifenden Alemannen gegenüber. Durch die Vereinigung gelang ihm der Sieg. Chlodwig ließ sich taufen, trat zum katholischen Christentum über und begründete damit die beiden Machtsäulen des Fränkischen Reiches: Adel und Kirche. Durch seinen Sieg wurden die Alemannen entscheidend geschwächt und im Verlauf weiterer Schlachten bis 506 hinter die heutige Dialektlinie vom Nordrand des Schwarzwaldes über Ludwigsburg und östlich bis zum Hesselberg zurückgeworfen (genauer Verlauf der Linie siehe oben unter 1.3).
2.1 Fränkische Besiedlung ab 496 n. Chr.
Durch die Schlacht von Zülpich (zwischen Aachen und Bonn) 496 n. Chr. gelangte das Rhein-Main-Gebiet und damit auch der Odenwald unter fränkische Herrschaft. Bereits im selben Jahr 496 gründeten die Merowinger im uralten, keltisch-römischen Ladenburg einen Königshof. Wahrscheinlich begann sofort für die vom Mittelrhein aus nachrückenden Bauernfamilien die Freigabe des Landes zur Besiedlung. Die Rheinebene bis zur Bergstraße und der Raum nördlich, östlich und südlich vom Odenwald wurde mit fränkischen -heim-Siedlungen aufgesiedelt. Dass die Gründung der fränkischen Orte schon so früh begann, zeigt der Fund eines Schädels einer um 520 in Dossenheim bestatteten Frau.27 Diese merowingische Frau kann durchaus 20 oder 24 Jahre in Dossenheim gelebt haben, bevor sie verstarb. Belege für die sehr frühe fränkische Besiedlung können nur auf archäologischen Zeugnissen beruhen, da über die Siedlungsvorgänge oder gar den Siedlungsbeginn keine Urkunden existieren. Erst nach der Gründung des Klosters Lorsch im Jahr 764 n. Chr. häufen sich die urkundlichen Ersterwähnungen für die -heim-Orte. Schon vorher genannt sind die -heim-Orte an der Bergstraße: Heppenheim und Weinheim 755, Schriesheim 764, Neuenheim, Handschuhsheim und Bensheim 765. „Nach 780 n. Chr. ist keine Neugründung mit dieser Endung mehr nachzuweisen.“28
Im 6. Jahrhundert sind alle landwirtschaftlich bevorzugten Räume, das sind alle Räume ohne Gebirge, Moore, ungesicherte Küsten an der Nordsee und an mäandrierenden breiten Flüssen in Deutschland besiedelt. Im Südwesten ist das Altsiedelland um den Odenwald herum fränkisch mit -heim-Orten aufgesiedelt, erst weiter südlich häufen sich die alemannischen -ingen-Orte.
Im Odenwald selbst scheint Michelstadt die älteste fränkische Siedlung zu sein, da es schon 741 n. Chr. in einer Urkunde genannt ist. Der fränkische Hausmeier Karlmann, Onkel Karls des Großen, „schenkte es damals dem Bonfatiusschüler Burkhard, dem ersten Bischof von Würzburg“29. Der Name „villa Michilstat“ lässt keinen Ortsnamen erkennen, sondern nur einen Platz, eine Stätte, althochdeutsch „stat“. Es gab dort einen fränkischen Königshof, der den Umständen entsprechend frühestens 496 n. Chr. – wie der Ladenburger Königshof – gegründet worden sein kann. Warum dieser Platz nach dem stärksten Engel, dem Erzengel Michael (althochdeutsch und französisch Michel) benannt wurde, lässt nur eine schlüssige Erklärung zu. Die frisch christianisierten Franken verdrängten mit St. Michael eine heidnische Namensstätte, ein früheres Wodans-Heiligtum. Das gleiche passierte auf dem Heiligenberg bei Heidelberg, wovon an anderer Stelle noch zu sprechen sein wird.30
Die auch zu hörende Deutung von Michelstadt als „große Stadt“, beruhend auf Mittelhochdeutsch michel = groß, ist nicht zutreffend. Zum ersten liegt keine „Stadt“ vor, denn Stadtgründungen in Mitteleuropa beginnen zur Zeit der Staufer im 12. Jahrhundert. Römische Stadtgründungen, die weiter besiedelt wurden, sind nur die großen Städte wie Köln und Mainz. Zum zweiten ist das mittelhochdeutsche Wort „michel“ vom großen, genauer größten Erzengel Sankt Michael, der mit dem schützenden Schwert das Paradies bewacht, abgeleitet. Sankt Michael ist auch der Schutzpatron Deutschlands. Die alte Sprachform ist noch im heutigen französischen Vornamen Michel erhalten, auch im humorvollen Ausdruck „deutscher Michel“ des 19. Jahrhunderts für den treuherzig-naiven Biedermeierdeutschen mit der bezipfelten Schlafmütze. Die Bauinschrift der Michelstädter Stadtkirche aus dem Jahr 1507 nennt die beiden Patrozinien: den Erzengel Michael und Sankt Kilian, den Schutzpatron der Mainfranken.31 Der Erzengel St. Michael befindet sich auch auf dem Brunnen des Michelstädter Marktplatzes. Es ist sonderbar, dass diese Zusammenhänge nach der Reformation vergessen werden konnten.
Damit war die fränkische Landnahme abgeschlossen. Nach Bevölkerungszunahme eine bis zwei Generationen später kam es vom 6. bis 8. Jahrhundert zu einer ersten Ausbauphase. Darunter versteht man Ortsgründungen, die auf -hausen, -hofen, -weiler (-weier) und -dorf enden. Dieser sogenannte Merowingische Ausbau fand eher um den Odenwald herum statt. Im Odenwald selbst finden sich nur wenige Beispiele für den merowingischen Ausbau, die überwiegend auf den Siedlungsraum östlich von Amorbach beschränkt sind: z. B. Reichartshausen, Glashofen und Gottersdorf. Südöstlich von Weinheim finden sich auf einer Hochfläche Ritsch-, Ritten- und Rippenweier. Am Neckar hinter Heidelberg ist Ziegelhausen ein Beispiel.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Mittelgebirgsraum des Odenwaldes bis 780 n. Chr. noch sehr wenig oder gar nicht besiedelt ist.
2.2 Fränkische Gaue und Gaugrafen
Bei oder gleich nach der Landnahme teilten die Franken das neu gewonnene Land in Gaue ein.
Das Wort „Gau“ (lateinisch pagus) ist die Bezeichnung einer Landschaft und reicht mit den Belegen in die merowingische Zeit zurück. Da es in der Völkerwanderungszeit des 3. bis 5. Jahrhunderts für die Germanen keine festen Wohnplätze gab, sind aus dieser Zeit auch keine Gaue anzunehmen. Gau ist also kein germanischer Verwaltungsbegriff. „Hierbei dürfte es sich um eine Fehldeutung der historischen Forschung des 18. und 19. Jahrhunderts handeln.“32
Die Herkunft (Etymologie) des Wortes zu klären ist schwierig. „Gau“ ist mittelhochdeutsch gou, göu, geu, althochdeutsch gewi, gouwi überliefert. Das mittelhochdeutsche Adjektiv göuwisch ‚bäuerisch‘ verweist ebenso wie die heute üblichen Landschaftsnamen Gau, z.B. Ochsenfurter Gau im Fränkischen oder umgelautet Gäu, z.B. Strohgäu im Schwäbischen auf die intensiv landwirtschaftlich genutzten Muschelkalkböden Südwestdeutschlands.
Aber der alte Gau-Name der Merowinger bezieht sich auf alle Landschaften und bedarf daher einer genaueren Herkunftsanalyse. Die indogermanische Wurzel des außerdem auch im Gotischen, Altfriesischen und Altenglischen bezeugten Wortes lautet *g(h)eu-. Daraus ergeben sich drei Möglichkeiten im Urgermanischen: *gaw-ja ‚Landschaft‘, *ga-au-ja ‚Gesamtheit der Dörfer‘ oder *ga-agwja ‚das am Wasser Gelegene‘.33 Sowohl Kluge34 als auch die Wikipedia lehnen, da „weder lautlich noch semantisch wahrscheinlich“35, die Deutung ‚Wasser‘ ab und favorisieren ‚Dorf‘. Dies scheinen mir denn doch Spiegelfechtereien zu sein, wenn man bedenkt, dass mittelhochdeutsch ouwe, oue ‚Wasser, Strom‘ und althoch-deutsch inouwa ‚Wohnung, Wohnsitz‘ bedeuten.36 Die Dinge sind nahe beisammen! Wo Wasser ist, sind auch Wohnsitze möglich. Dörfer werden an fließenden Gewässern gegründet, nicht auf Bergspitzen! (Die Ritter hatten sich mit der Lage ihrer Burgen hoch oben ja genug Wasserprobleme eingehandelt.) Zum Verständnis eines Sachverhaltes sollte man das Ganze nicht aus dem Blick verlieren. – Wesentlich ist wieder die Beobachtung, dass das anlautende g- in „Gau“ als Kollektivum ge- aufzufassen ist.37
Kommen wir zur Auswertung der etymologischen Betrachtung: Das Wort „Gau“ ist als „Ge-au(e), Ge-äu(e)“ zu lesen und bedeutet analog zu „Berg“ und „Gebirge“ (= eine Vielzahl an Bergen) eine Vielzahl an Auen. Auen sind Wiesenlandschaften um Bäche oder Flüsse herum, meist Niederungen, die von wechselndem Hoch- und Niedrigwasser geprägt sind (heutige Definition38 ). Im geographischen Sinne sind Auen die flacheren, gut besiedelbaren Wiesenlandschaften am Fluss oder in Flussnähe, im Unterschied zu steileren Hanglagen. Sie werden durch Wasserscheiden untereinander abgegrenzt.
Definition des Autors: Ein Gau ist eine von einem Bach durchzogene, besiedelbare Wiesenlandschaft, mitsamt seinen linken und rechten Zuflüssen bis zum Quellhorizont bzw. bis zur Wasserscheide. Mehrere solcher zusammenhängender Flusseinzugsgebiete bilden die größere Einheit eines Gaues. So etwa dürfte die merowingische Bedeutung gewesen sein. Man sieht übrigens, dass es eher um Bäche als um große Ströme geht. Zwar gibt es auch z.B. einen Rheingau, er bezieht sich aber nicht auf den gesamten Rhein, sondern nur auf einen durch Zufluss-Einzugsgebiete und deren Wasserscheiden definierbaren Teilraum. Wenn man einen handlungs-orientierten Ansatz wählt und sich in die Psychologie der frühen fränkischen Siedler versetzt, so ist es ganz naheliegend, die Landschaften nach Gewässersystemen abzugrenzen: am Bach und seinen Zuflüssen geht man auf der Suche nach Siedlungsplätzen stets flussaufwärts; geht man mit dem fließenden Wasser wieder abwärts, so findet man seine übrigen Leute wieder. Der Gewässerlauf ist also eine ganz einfache Orientierungs- und zugleich Siedlungslinie in einem unbewohnten und noch wegelosen Landstrich.
Der Odenwald hat Anteil an vier Gauen: dem Lobdengau mit dem Hauptort Ladenburg im Südwesten, dem Oberrheingau mit dem wahrscheinlichen Hauptort Heppenheim39 im Nord-
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Fränkische Gaue ab 496 n. Chr.
Qu.: Ernst Göbel (Hg): Was uns der Odenwald erzählt, S. 29
westen, dem Maingau, vielleicht mit dem Hauptort Seligenstadt40, im Nordosten und der Wingarteiba mit dem Hauptort Buchen41 oder Haßmersheim42 im Südosten. Die Gaueinteilung im Odenwald hat Ernst Göbel in seinem Buch „Was uns der Odenwald erzählt“ in einer Karte dargestellt.43 Auch eine alte Karte Deutschlands aus dem Jahr 1000 bildet die Gaugrenzen ab, wobei damals ‚Lobodungowe‘, ‚Rinahgowe‘ und ‚Moinachgowe‘ zum Herzogtum Westfranken und die ‚Wingarteiba‘ zum Herzogtum Ostfranken zählten.44
Nach der Grafschaftsverfassung Karls des Großen wurden die Gaue von Grafen verwaltet, wobei ein Graf auch mehrere Gaue oder Teile eines Gaues regieren konnte. Der schon in der Merowingerzeit auftauchende Grafentitel war ein vom König verliehenes Amt. Im Folgenden möchte ich kurz die vier Odenwaldgaue vorstellen, und zwar mit folgenden Informa-tionen: Name, erster bekannter Gaugraf, Odenwaldanteil. (Siehe dazu die Abbildung 1; die Abgrenzungen sind nach Studien des Autors aber modifiziert.)
Der Lobdengau erhielt seinen Namen nach der lateinischen Form Lopodunum des Hauptortes Ladenburg und wurde später auch Ladengau genannt. Der Gau war vorher ein römischer Verwaltungsbezirk, später ab 1011 im Besitz des Bischofs von Worms. Der erste überlieferte Graf im Lobdengau war Konrad Kurzbold († 948). Der folgende Odenwaldteil dürfte etwa dazurechnen: der Neckar von Heidelberg bis Eberbach, nördlich der Raum von Weinheim entlang der Rhein/Neckar-Wasserscheide bis zum Südrand von Beerfelden, südlich der Kleine Odenwald.
Der Oberrheingau ging vermutlich im 8. Jahrhundert aus einer Dreiteilung des alemannischen Rheingaus hervor. Der Gau stand unter dem Einfluss der Robertiner, die den ersten Gaugrafen stellen: Rupert I. (722 bezeugt, † vor 754). Sein Odenwaldanteil umfasst etwa die Flusseinzugsgebiete der zum Rhein entwässernden Odenwaldflüsse Weschnitz, Lauter und Modau.
Der Maingau umfasste Teile der römischen Provinz Obergermanien: die Civitas Auderiensium (mit dem heutigen Odenwaldkreis). Eine Unterteilung ist der Plumgau (auch Pflaumgau). Dieser Pflaumgau wird in der älteren Literatur mit dem Mümlingtal gleichgesetzt (Simon 185845, Göbel 195346 ), nach Wikipedia-Darstellung aber mit dem südlichen Spessart47. Im Lorscher Codex findet sich die Erklärung: „…die Mark Michelstadt, die zur Gaugrafschaft Plumgau gehörte“.48 Auch die Karte „Die Gaue vor 900“ des „Geschichtlichen Atlasses von Hessen“49 hat den Plumgau an der mittleren Mümling. Dies spricht doch eher für die alte Unterteilung des Maingaus in die kleineren Landschaften Pflaumgau (Mümlingtal), Bachgau (Gersprenztal) und Rodgau (Rodautal), wie es Göbel hat. Der erste belegte Maingaugraf ist Drogo (zwischen 753 und 762 bezeugt). Der Maingau umfasst die Flusseinzugsgebiete der zum Main fließenden Gersprenz und Mümling mit ihren Zuflüssen und hat damit den größten Anteil am Odenwald.
Die Wingarteiba, später auch Wingartau genannt (wohl Wingart-Gau zu lesen), trägt den süddeutschen Namen ‚Wingert‘ für ‚Weingarten‘, eine „für den Weinbau landwirtschaftlich genutzte Fläche in Flachlage“50. Der Gau umfasst etwa den heutigen Neckar-Odenwald-Kreis und grenzt an Jagst- und Taubergau. Bevor der Neckar in den Odenwald eintritt (hinter Mosbach), sind seine Ufer heute weinbaulich genutzt. Vielleicht gab es im Mittelalter auch im Bauland noch „Weinbau in Flachlage“? Graf Boppo I., der Graf von Lauffen (1011/1012 erwähnt), war Gaugraf der Wingarteiba und des Lobdengaus.51 Der östliche Rand des Odenwaldes rechnete zu diesem Gau, nämlich die Flusseinzugsgebiete von Itter, Elz (zum Neckar) und Mud (zum Main).52
2.3 Fränkische Königshöfe und Martinskirchen
Der Odenwald wurde von den Franken bei der Landnahme ab dem 6. Jahrhundert nur von wenigen kleinen Siedlungen, Einzelhöfen, Hofgruppen, auch königlichen Villen besiedelt. Diese wurden in den drei besonders siedlungsgünstigen Senken des Weschnitz-, Gersprenz- und Mümlingtals angelegt. Die um 800 im Waldgebirge urkundlich nachweisbaren Siedlungen wurden von Nitz53 nach der Reihenfolge der Erstnennung im Lorscher Codex (CL)54 aufgeführt. Sie sollen hier in Kürze genannt werden, allerdings ohne die Wüstungen, nach Tälern gruppiert und durch eigene Beobachtungen ergänzt:
An der Weschnitz: cella Birkenowa (Zelle Birkenau), Morlenbach (Mörlenbach), villa Rintbach (Rimbach) und Furte (Fürth), alle 795 (in CL 6a); am Lörzenbach, rechter Zufluss der Weschnitz: Mitdelecdrun (Mitlechtern) und parvum Ludenwiscoz (Lautenweschnitz), beide 805 (Aufzeichnungen der Grenzen des Heppenheimer Kirchspiels).
An der Gersprenz: Richelsheim (Reichelsheim), rechnet Nitz auch zu den alten Orten um 80055. Aus Sicht des Autors sprechen die Ortsnamenendung -heim und das St. Michaels-Patrozinium der Ortskirche dafür.
An der Mümling: villa Michilstat (fränkischer Gutshof Michelstadt), 741 (Urkunde von Karlmann, Sohn Karl Martells); Cunticha (König), 806–815 (Cod. Dipl. Fuld. 164 Nr. 341); Burrifelden (Beerfelden), rechnet Nitz auch zu den alten Orten um 800: „Beerfelden…, das man mit seinem Typen-ON auf -buri … als ehemaligen fränkisch-karolingischen Rastort ansprechen möchte. Gestützt wird diese Annahme durch die Martinskirche von Beerfelden, denn das Martinspatrozinium findet sich sehr häufig bei den Kirchen königlicher Besit-zungen“56.
Außerdem am Ulfenbach: Frankonodal (Fränkel), „wahrscheinlich eine königliche Lachsfangstation“57. Der Ulfenbach (im CL hintere Ulvina genannt, im Unterschied zum Kanzelbach, der vorderen Ulvina, vgl. die Untersuchung des Autors58 ) heißt ja bis heute auch Lax- oder Lachsbach.
Zu den königlichen Martinskirchen: Martin von Tours (316 – 397) war der Reichsheilige der Franken und der Patron der ersten fränkischen Kirchen. „Martinskirchen sind überwiegend sehr alte Kirchen…, die…Stationen an Handelswegen waren.“59 Besonders im Bistum Mainz ist das Martinspatrozinium verbreitet. Im deutschen Sprachraum gibt oder gab es Hunderte von Martinskirchen, davon im Odenwald in Beerfelden, Rothenberg, Neckarelz, Fürth, Mömlingen, Großostheim, am Odenwaldrand des Mains in Großwallstadt, Wörth, Kleinheubach, Miltenberg und Bürgstadt60.
Es ist in den meisten Fällen nicht zu eruieren, wie die fränkische Anwesenheit an diesen Plätzen ausgesehen hat: war es ein Gutshof (Einzelhof) oder schon ein Weiler, war es ein Rastort an einer Handelssstraße oder am Schifffahrtsweg des Mains, oder war es gar ein ausgebauter Königshof? Sicher ist aber, dass dort Franken Fuß gefasst hatten und den Platz unter den religiösen Schutz ihres Heiligen Martin gestellt hatten.
3 Waldmarken des Odenwaldes
3.1 Einrichtung der Waldmarken
Die noch zur Merowingerzeit entstandenen Gaue wurden im 8. Jahrhundert in Marken eingeteilt. Marken sind abgegrenzte, „markierte“ Gebiete, der Name lebt heute noch fort in der Bezeichnung „Gemarkung“ für ein Gemeindegebiet, oder vor dem Euro die „Deutsche Mark“ als Währung innerhalb der deutschen Grenzen. Grenzmarken richtete Karl der Große an den Grenzen des Fränkischen Reiches ein, z. B. Dänische, Thüringische und Awaren-Mark (in Niederösterreich). Die Waldmarken wiederum sind abgegrenzte Gebiete im noch weitgehend unbesiedelten Odenwald, die zunächst Grafen zugewiesen, dann häufig Klöstern zur Besiedlung vom König geschenkt wurden.
Die Einteilung des Odenwaldes in Waldmarken: Im Süden die Ladenburger Mark, im Westen die Heppenheimer und die Pfungstädter Mark (Pfungstadt bei Darmstadt), in der Mitte die Reichelsheimer und die Michelstädter Mark, im Norden die Umstädter Mark (Groß-Umstadt) und im Osten die Ostheimer Mark (Großostheim) (s. Abb. 2).
3.2 Waldmark Heppenheim und Mark Michelstadt
Den zentralen und größten Teil des Odenwaldes nehmen die Mark Heppenheim mit der Michelstädter Mark ein, weshalb sie etwas genauer betrachtet werden sollen: Heppenheim an der Bergstraße ist mit seiner Peterskirche eine Gründung der fränkischen Landnahmezeit und 755 n. Chr. das erste Mal urkundlich erwähnt: in einer Schenkungsurkunde wurde der
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Die Odenwälder Marken
Qu.: Ernst Göbel (Hg): Was uns der Odenwald erzählt, S. 38
Peterskirche Landbesitz vermacht. „Das Dorf Heppenheim gehörte mit dem umliegenden Gebiet, der Waldmark, im 8. Jahrhundert als königliches Lehen dem fränkischen Grafen Wegelenzo, von dem es an seinen Sohn Warin (Werner) und dann an den Grafen Bougolf überging. Karl der Große entzog letzterem das Lehen und schenkte es 773, anlässlich seines Besuchs im Kloster Lorsch, dem dortigen Abt Gundeland.“61 Die Schenkungsurkunde vom 20. Januar 773 ist im Lorscher Codex vorhanden. Sie beinhaltet „ein Dorf, welches Heppenheim genannt wird und im Oberrheingau gelegen ist, mit … allem, was zu diesem Dorf … gehört, nämlich Ländereien, Wälder … mit allen Grenzzäunen und Marksteinen“ (Urkunde 6). Im lateinischen Originaltext ist von der „villa Heppenheim cum silva“ (mit dazugehöriger Waldmark) die Rede. In der folgenden Urkunde (6a) „Über die Mark Heppenheim“ wird sie genauer beschrieben: „Dies ist die Beschreibung der Mark beziehungsweise der Waldmark Heppenheim, so wie sie immer seit alter Zeit unter den Herzögen und Königen zu diesem Dorf gehörte, bis sie dann der Kaiser Karl zu seinem Seelenheil dem Hl. Nazarius übergab.“ (Der Leib des Märtyrers Nazarius war im Kloster Lorsch beigesetzt.) In der Urkunde folgt eine genaue Beschreibung der Grenzen der Waldmark.
Interessant für die Besiedlung des Odenwaldes ist die im Lorscher Codex gleich folgende Niederschrift von Mitte August 795. Da Streitigkeiten um die Neckargrenze zwischen Lorsch und Worms nicht zur Ruhe kamen, trafen sich auf dem Kahlberg 520 m (dem Welinehouc = Wahlenhügel, einer alten Versammlungs- und Gerichtsstätte) bei der Walburgiskapelle drei Gaugrafen zur gemeinsamen Gerichtsverhandlung. Die Leitung im Dienste des Königs hatte Graf Warin (Werner) von Heppenheim, und die Zeugen dieser Grenzbereinigung waren: vom Ladengau Dietbrecht mit 11 weiteren Männern, von der Wingarteiba Adelbodo mit 7 weiteren Männern, von Maingau und Oberrheingau Graf Rupert (III.) mit 16 weiteren Männern. Zur Erinnerung an dieses Treffen der 38 Vertreter der vier Odenwaldgaue hat der Verein Naturpark Bergstraße–Odenwald auf dem Kahlberg auf einem markanten Sandsteinfelsen im Jahr 1981 eine Tafel angebracht, auf der zu lesen ist:
Vom Kahlberg aus ließ Karl d. Gr. im Jahre 795 die Grenze der Mark Heppenheim festlegen, die im Kreis Bergstraße noch heute besteht.62
Dass exakt auf dem Kahlberg bei der Walburgiskapelle die drei Talsysteme des Odenwaldes zusammenlaufen und damit „der Kahlberg der zentrale Wasserscheidepunkt im Odenwald“63 ist, dürfte für die Wahl dieses Ortes als Treffpunkt aller Odenwald-Gaugrafen ausschlaggebend gewesen sein. Hier laufen nicht nur die Quellen der Zuflüsse zu Rhein, Main und Neckar zusammen, sondern auch die Grenzen von dreien der vier Odenwaldgaue.
Zu den Grenzen der Mark Heppenheim: Die Grenzen der Mark Heppenheim waren im Jahr 773 beschrieben worden und reichten im Süden dem Ulfenbach entlang bis Hirschhorn. Von dort zogen sie sich bis Eberbach am Neckar entlang und gingen dann die Itter aufwärts bis zum Maurersberg. Diese Südgrenze wurde 795 gerichtlich zurückgenommen auf eine Linie von nördlich Heddesbach am Ulfenbach über südlich Gammelsbach direkt zum Maurersberg. Die Grenzen von 773 und 795 sind von Thomas Steinmetz auf einer Karte eingetragen worden.64 Dass sie im Kreis Bergstraße noch heute bestünden, wie die Inschrift behauptet, kann so nicht hingenommen werden. Der Kreis Bergstraße beginnt nämlich im Westen am Rhein und endet im Osten schon mit den Gemarkungen von Grasellenbach und Wald-Michelbach, also ohne die Oberzent um Beerfelden, die heute zum Odenwaldkreis gehört. Außerdem rechnet der Neckarraum zwischen Neckarsteinach und Hirschhorn zum Kreis Bergstraße, der niemals zur Waldmark Heppenheim gehörte. Nur an wenigen Stellen mag die Grenzziehung noch stimmen.
Die Mark Michelstadt lag in der Mitte des Odenwaldes und umfasste ungefähr die Fläche der heutigen Städte Michelstadt und Erbach mitsamt ihren Ortsteilen (s. Abb. 19). Im Jahr 741 schenkte sie der fränkische König an den Bischof Burkhard von Würzburg. Nachdem sie an die Krone zurückgefallen war, erhielt im Jahr 815 der Gelehrte Einhard von Karls Sohn Ludwig dem Frommen die Mark Michelstadt zum Geschenk. Dies war wohl als Dank dafür anzusehen, dass Einhard der Verfasser der Schrift über ‚Das Leben Karls des Großen‘ (Vita Karoli Magni) war. „Entsprechend der Schenkungsurkunde lebten zu dieser Zeit 14 hörige Knechte sowie 40 männliche und weibliche Leibeigene in der Mark, die Kernsiedlung Michlinstat besaß zudem schon eine hölzerne Basilika.“65 Einhard wiederum „vermachte sie [die Mark] 819 für den Todesfall dem Kloster Lorsch, das [dann] mit den Waldmarken Heppenheim und Michelstadt einen Großteil des Odenwaldes in der Hand hielt“66.
[...]
1 Gert Heinz Kumpf: Der Odenwald ungeteilt und einzigartig. Geographische Analysen zu Abgrenzung, Entstehung, Großlandschaften, Limes, Talsystemen und Gewässernamen des Gebirges. München: Grin Verlag 2021.
2 Siehe dazu das Buch des Autors „Des Odenwaldes heilige Berge“, das auch noch 2022 erscheinen soll.
3 Die Darlegung bezieht sich auf die Karte „Jungsteinzeit – Bandkeramische Siedlungen“ in: Geschichtlicher Atlas von Hessen, wiederum in: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS, https://www.lagis- hessen.de
4 Ringwall Bürgstadter Berg. 6.3.2019. de.wikipedia.org (Zugriff am 24.5.2021).
5 Höhenangaben beziehen sich auf Meter über dem Meeresspiegel (ü.d.M.), bis 1992 als Normalnull (NN) bezeichnet, nach Beitritt der DDR seit 1993 durch Normalhöhennull (NHN) ersetzt. Der Autor wird sich diese Abkürzungen ersparen und die bloßen Höhenangaben verwenden.
6 Abbildung im Abschnitt Urgeschichte des Artikels „Odenwald“, 23.5.2021.de.wikipedia.org (Zugriff am 24.5.2021).
7 Siehe Karte „Hügelgräberbronzezeit“, in LAGIS a.a.O.
8 Lobdengau Museum Ladenburg. www.lobdengau-museum.de (Zugriff am 24.5.2021).
9 Kimbernkriege. 7.5.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 24.5.2021)
10 Mercurius Cimbrianus. 12.12.2018. de.wikipedia.org (Zugriff am 24.5.2021).
11 Die deutschen Sprachinseln. Die cimbrischen Gemeinschaften in Italien . www.cimbern-kuratorium-bayern.de (Zugriff am 2.7.2021)
12 Caesar: De bello Gallico. 50/51 v. Chr., II 29.
13 Mercurius Cimbrianus, a.a.O.
14 Tacitus: Germania. 98 n. Chr., 29,3.
15 Details hierzu hat der Autor in seinem Werk „Der Odenwald ungeteilt und einzigartig“, S. 74–82 dargelegt.
16 Römische Villa Haselburg. 3.4.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 24.5.2021).
17 Karte „Römische Zeit, 1.-3. Jahrhundert n. Chr.“. Quelle Anmerkung 1.
18 Neckarsueben. In: Sueben. 28.2.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 24.5.2021).
19 Alemannen. Historisches Lexikon der Schweiz (HLS). https://hls-dhs-dss.ch(Zugriff am 20.5.2021). – Wie in der Dialektologie wird für beide Gruppen der Name Alemannen verwendet.
20 Vgl. Armin Hüttermann: Karteninterpretation in Stichworten. Geographische Interpretation topographischer Karten. Kiel 1975, S. 84. Außerdem: Studienunterlagen Professor Wolfgang Weischet, Universität Freiburg i. Br.
21 Vgl. „Grenzorte des alemannischen Dialektraums“. 24.5.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 25.5.2021).
22 Beleg bei: Raimund Ditter: Die wirtschaftliche Entwicklung des Odenwaldes. Aufgezeigt anhand ausgewählter Städte. Hamburg 2006, S. 24.
23 Vgl. Karte „Lage an der Grenze zum Niedergermanischen Limes“. In: Franken (Volk). 17.5.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 25.5.2021).
24 Franken (Volk). Siehe Anmerkung 19.
25 Aurelius Victor: Kaiserviten. In: Franken (Volk), a.a.O.
26 Die alte Römerstadt Zülpich liegt zwischen Aachen und Bonn.
27 Fränkische Siedlungsgründung der Merowingerzeit. In: Dossenheim. 12.4.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 25.5.2021).
28 Fränkische Landnahme. 16.1.2019. de.wikipedia.org (Zugriff am 25.5.2021).
29 Michelstadt. 11.4.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 25.5.2021).
30 Der Autor möchte auf ein weiteres, geplantes Buch zum Odenwald zum Thema „Heilige Berge“ verweisen.
31 Siehe dazu auch: Wolfram Becher: Michelstadt und Erbach. Amorbach 1980. S. 19.
32 Gaue im Mittelalter. In: Gau. 6.4.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 26.5.2021).
33 So wird es unter „Etymologie“ im Artikel „Gau“ referiert. Vgl. Anmerkung 28.
34 Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25. Auflage. Berlin 2011.
35 Kluge, a.a.O., S. 335.
36 Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. Stuttgart 1972; und Braune/Ebinghaus: Althochdeutsches Lesebuch mit Wörterbuch. Tübingen 1969.
37 Das vermutet auch Kluge, a.a.O.
38 Flussaue. 15.4.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 26.5.2021).
39 Historisch=topographisch=statistische Beschreibung des Fürstenthums Lorsch…von Konrad Dahl. Darmstadt 1812, S. 3.
40 Im Besitz des ältesten überlieferten Maingaugrafen Drogo 753. Nach: Maingau. 12.12.2020. de.wikipedia.org (Zugriff am 27.5.2021).
41 „Im Mittelalter war Buchheim, wie das Städtchen damals hieß, Hauptort im Gau Wingarteiba und Versammlungsort der fränkisch-odenwälder Ritterschaft des Baulandes.“ In: Gerlinde Adler: Buchen im Odenwald. Zur Geschichte einer kleinen Stadt, S. 212. In: frankenland.franconia.uni- wuerzburg.de.
42 Haßmersheim am Neckar, bei Mosbach gelegen, könnte der Grafensitz für die Wingarteiba gewesen sein. In: Grafen von Lauffen. 11.2.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 27.5.2021).
43 Ernst Göbel (Hg): Was uns der Odenwald erzählt. Darmstadt 1953, S. 25.
44 Karte in: Ostfranken und Westfranken. 3.4.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 27.5.2021).
45 Gustav Simon: Die Geschichte der Dynasten und Grafen zu Erbach und ihres Landes. Frankfurt 1858, S. 41–48.
46 Ernst Göbel, a.a.O., S. 29.
47 Plumgau. 14.1.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 27.5.2021).
48 Michelstädter Gemarkungsgrenzen 819, Im Lorscher Codex Urkunde 21 (Reg. 3151).
49 In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (Lagis). www.lagis- hessen.de (Zugriff am 1.6.2021).
50 Wingert. 25.12.2018. de.wikipedia.org (Zugriff am 27.5.2021).
51 Grafen von Lauffen, siehe Anmerkung 38.
52 Der Autor hat die 14 großen Talsysteme des Odenwaldes (die Drei zum Rhein, die Vier zum Main und die Sieben zum Neckar) ausführlich dargestellt im Fachbuch: „Der Odenwald ungeteilt und einzigartig. Geographische Analysen zu Abgrenzung, Entstehung, Großlandschaften, Limes, Talsystemen und Gewässernamen des Gebirges.“ München: Grin Verlag 2021, S. 83–180.
53 Hans-Jürgen Nitz: Die ländlichen Siedlungsformen des Odenwaldes. (= Heidelberger Geographische Arbeiten, Heft 7) Heidelberg 1962, S. 24f.
54 Karl Josef Minst [Übers.]: Lorscher Codex: deutsch; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 – 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 – 1175 und Mit Nachträgen bis 1181 berichten. Lorsch 1966. Digitalisiert unter: https://digi.ub.uni-heidelberg.de (Zugriff am 14.5.2021).
55 Nitz (s. Anmerkung 49) beruft sich auf S. 25 auf Kleberger: Territorialgeschichte des hinteren Odenwaldes. Marburg 1953.
56 Nitz (s. Anmerkung 49), S. 25. Nitz bezieht sich auf 2 Schriften von Helmut Weigel 1950 und 1955.
57 Nitz, a.a.O., S. 24.
58 Gert Heinz Kumpf: Der Odenwald ungeteilt und einzigartig, S. 170–180.
59 Martinskirche. 28.5.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 29.5.2021).
60 Wolfgang Hartmann: Alte Martinskirchen am Untermain. www.geschichte- untermain.de (Zugriff am 29.5.2021).
61 Geschichte Heppenheims. In: https://thomas-juelch.de (Zugriff am 14.5.2021).
62 Das Bild ist zu sehen unter: http://grenzsteine.de/images/ kahlberg_stein01.jpg oder unter http://grenzsteine.de (Zugriff am 14.5.2021).
63 Gert Heinz Kumpf, a.a.O., S. 88. Siehe Anmerkung 47.
64 Thomas Steinmetz: Mörlenbach als Vorort im Mittelalter. Ein Beitrag zur Entwicklung von Villikation, Kirchspiel und Zent im südwestlichen Odenwald. (Sonderheft der Zeitschrift „Der Odenwald“, Hg. Winfried Wackerfuß) Breuberg-Neustadt 2020, S. 24.
65 Mark Michelstadt. 5.2.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 29.5.2021).
66 Hans-Jürgen Nitz, a.a.O., S. 21.
- Citar trabajo
- M.A. Gert Heinz Kumpf (Autor), Historische Studien im Odenwald, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1169772
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