Am Übergang zum dritten Jahrtausend stehen Dienstleistungen in den Diskussionen um Wachstum und Beschäftigung zunehmend im Mittelpunkt." "Der Dienstleistungssektor war und ist Motor des wirtschaftlichen Wachstums, der Beschäftigungszunahme und der Innovation." Dies belegen nicht zuletzt auch die Zahlen der amtlichen Statistik. In der Zeit von 1993 bis 2000 wuchs der Anteil der Bruttowertschöpfung durch die Dienstleistungsbereiche um 28 %, während die Bruttowertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche lediglich um 22 % anstieg. Der Anteil der Dienstleistungsbereiche an der Bruttowertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche betrug im Jahr 2001 fast 69 % und lag damit deutlich höher als der Anteil des produzierenden Gewerbes mit etwa 30 %. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich bei der Zahl der Beschäftigten.
Neben dieser gesamtwirtschaftlichen Sicht gibt es weitere Gründe, die zur Zunahme der Innovationsdynamik im Dienstleistungssektor geführt haben. "Als wesentliche Auslöser hierfür gelten vor allem die Liberalisierung und Deregulierung vieler Dienstleistungsbereiche – exemplarisch seien an dieser Stelle Telekommunikation, [Energiewirtschaft], Versicherungswirtschaft und Gesundheitswesen genannt - sowie verstärkte Globalisierungs- und Internationalisierungsbestrebungen vieler Dienstleistungsunternehmen." Weiterhin kann ebenso wie für Produkte auch für Dienstleistungen unterstellt werden, dass sie einem Lebenszyklus unterliegen, der ggf. die Ablösung einer Leistung durch eine innovativere Lösung erforderlich macht.
Vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und den aufgezeigten Auslösern für die zunehmende Innovationsdynamik ist es erforderlich, solche Dienstleistungen zu entwickeln und im Markt zu positionieren, mit deren Hilfe ein Unternehmen sowohl der aufgezeigten Tendenz - also steigende Beschäftigungszahlen und zunehmender Bedarf - sowie den fortlaufenden Veränderungen gerecht werden und gleichzeitig seine Position im Markt verbessern oder festigen kann.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung: Problemstellung und Aufbau der Arbeit
1.1 Dienstleistungen als Motor für Wachstum und Beschäftigung
1.2 Der Aufbau der Arbeit
2 Begriffsabgrenzungen
2.1 Dienstleistungen als Entwicklungsobjekte
2.2 Entwicklung
3 Determinanten erfolgreicher Dienstleistungen
3.1 Marktbezogene Determinanten
3.1.1 Produktüberlegenheit
3.1.2 Vermarktungsfähigkeit
3.1.3 Kundenintegration
3.1.4 Marktgröße und –potenzial
3.2 Unternehmensbezogene Determinanten
3.2.1 Effektive Service-Engineering Kultur
3.2.2 Sach- und Fachkenntnis des Anbieters
4 Ansätze zur Entwicklung von Dienstleistungen
4.1 Marktorientierte Ansätze
4.2 Potenzialorientierte Ansätze
4.3 Prozessorientierte Ansätze
4.4 Ergebnisorientierte Ansätze
5 Methoden zur Entwicklung von Dienstleistungen
5.1 Betriebswirtschaftliche Methoden
5.1.1 Target Costing
5.1.2 Kosten-Nutzen-Analysen
5.2 Ingenieurwissenschaftliche Methoden
5.2.1 Quality Function Deployment
5.2.2 Fehlermöglichkeits- und einflussanalyse
5.3 Dienstleistungsspezifische Methoden
5.3.1 Service Blueprinting
5.3.2 Gap-Analyse
6 Problemfelder bei der Entwicklung von Dienstleistungen
6.1 Mangel an geeigneten Vorgehensweisen, Methoden und Werkzeugen
6.2 Hohe Komplexität
6.3 Fehlende organisatorische Strukturen
6.4 Mangelnde Verfügbarkeit der notwendigen Qualifikationen
6.5 Fehlendes Innovationsmanagement
7 Zusammenfassung und Fazit
8 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Operrationalisierung der Dienstleistungsentwicklung
Abb. 2: Innovationsrichtungen aus Sicht des Dienstleisters
Abb. 3: Service-Design-Prozess
Abb. 4: Schema der House of Quality Matrix
Abb. 5: Hierarchie der QFD-Matrizen
Abb. 6: HOQ-Matrix am Beispiel Autotür
Abb. 7: Kopfzeile eines FMEA-Formblattes
Abb. 8: Blueprint eines DL-Prozesses
Abb. 9: Das Gap-Modell
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung: Problemstellung und Aufbau der Arbeit
1.1 Dienstleistungen als Motor für Wachstum und Beschäftigung
"Am Übergang zum dritten Jahrtausend stehen Dienstleistungen in den Diskussionen um Wachstum und Beschäftigung zunehmend im Mittelpunkt."[1] "Der Dienstleistungssektor war und ist Motor des wirtschaftlichen Wachstums, der Beschäftigungszunahme und der Innovation."[2] Dies belegen nicht zuletzt auch die Zahlen der amtlichen Statistik. In der Zeit von 1993 bis 2000 wuchs der Anteil der Bruttowertschöpfung durch die Dienstleistungsbereiche um 28 %, während die Bruttowertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche lediglich um 22 % anstieg.[3] Der Anteil der Dienstleistungsbereiche an der Bruttowertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche betrug im Jahr 2001 fast 69 % und lag damit deutlich höher als der Anteil des produzierenden Gewerbes mit etwa 30%.[4] Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich bei der Zahl der Beschäftigten.[5]
Neben dieser gesamtwirtschaftlichen Sicht gibt es weitere Gründe, die zur Zunahme der Innovationsdynamik im Dienstleistungssektor geführt haben. "Als wesentliche Auslöser hierfür gelten vor allem die Liberalisierung und Deregulierung vieler Dienstleistungsbereiche – exemplarisch seien an dieser Stelle Telekommunikation, [Energiewirtschaft], Versicherungswirtschaft und Gesundheitswesen genannt - sowie verstärkte Globalisierungs- und Internationalisierungsbestrebungen vieler Dienstleistungsunternehmen."[6] Weiterhin kann ebenso wie für Produkte auch für Dienstleistungen unterstellt werden, dass sie einem Lebenszyklus unterliegen, der ggf. die Ablösung einer Leistung durch eine innovativere Lösung erforderlich macht.[7]
Vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und den aufgezeigten Auslösern für die zunehmende Innovationsdynamik ist es erforderlich, solche Dienstleistungen zu entwickeln und im Markt zu positionieren, mit deren Hilfe ein Unternehmen sowohl der aufgezeigten Tendenz - also steigende Beschäftigungszahlen und zunehmender Bedarf - sowie den fortlaufenden Veränderungen gerecht werden und gleichzeitig seine Position im Markt verbessern oder festigen kann.
Bisher gilt jedoch, dass "Dienstleitungen ... nach wie vor größtenteils aus dem Bauch heraus entwickelt und im Trial-and-Error-Verfahren am Markt erprobt [werden]. Dieses Verfahren erscheint in Anbetracht ihrer zunehmenden Bedeutung und der verschärften Wettbewerbsbedingungen längst nicht mehr adäquat."[8] Hollins/Hollins führen weiterhin an: "The most common cause of service product failure is the same as for any other product – poor market research. Organizations do not find out what their customers want and, therefore, do not fulfil their potential customers´s needs better than their competition."[9] "Other reasons, however, are more specific to the service sector, includeing profesional services, and entail problems such as service proliferation, offering too broad a service portfolio, and using a haphazard new service development process."[10]
Diese Herangehensweisen stehen im Widerspruch zu den eingangs aufgezeigten Erfordernissen. Aus Sicht der Forschung stellen sich deshalb die folgenden Fragen:
- Welche Determinanten sind signifikant für den Erfolg einer Dienstleistung und schon im Rahmen der Dienstleistungsentwicklung zu beachten?
- Welche Ansätze können zur gezielten (Weiter-) Entwicklung entsprechender Dienstleistungen herangezogen werden?
- Welche Methoden stehen zur Verfügung, um innovative und marktfähige Dienstleistungen zu entwickeln?
- Welche Probleme treten im Rahmen der (Weiter-) Entwicklung von Dienstleistungen auf?
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen diese Fragen näher beleuchtet bzw. beantwortet werden. Die Vorgehensweise hierzu wird nachfolgend anhand des Aufbaus dieser Arbeit erläutert.
1.2 Der Aufbau der Arbeit
"In den vergangenen Jahren stand sowohl bei der wissenschaftlichen als auch bei der praxisorientierten Beschäftigung mit dem Thema Dienstleistungen vor allem die Erbringung von Dienstleistungen im Vordergrund. "Durch die ... Veränderungen der Rahmenbedingungen gewinnt jedoch zunehmend das Engineering von Dienstleistungen an Bedeutung."[11] Anfang der 70er- und 80er-Jahre tauchten in der angloamerikanischen Literatur erste wissenschaftliche Arbeiten zum Thema New Service Development (NSD) auf.[12] In Deutschland prägte Bullinger (1995) in Analogie zum angloamerikanischen New Service Development den Ausdruck "Service Engineering". "Service Engineering ist dabei als eine Fachdisziplin zu verstehen, die sich mit der systematischen Entwicklung und Gestaltung von Dienstleistungen unter Verwendung geeigneter Vorgehensweisen, Methoden und Werkzeuge befasst."[13]
Um die Ansätze, Methoden und Probleme des Service Engineering zu erfassen, ist zunächst ein grundlegendes Verständnis über Dienstleistungen unerlässlich. Auf Grund der divergierenden Meinungen, was unter einer Dienstleistung letztendlich zu verstehen ist, erfolgt zunächst im zweiten Kapitel - bezogen auf das vorliegende Thema - eine definitorische Erfassung der Begriffe Dienstleistung und Entwicklung. Das dritte Kapitel rückt solche Faktoren in den Mittelpunkt der Untersuchung, die im Rahmen der Erfolgsfaktorenforschung als signifikante Determinanten für Dienstleistungsinnovationen ermittelt wurden und schon im Zuge der Entwicklung von Dienstleistungen beachtet werden sollten. Im vierten Kapitel wird versucht, auf Basis der definitorischen Abgrenzung des Dienstleistungsbegriffs sowie der zuvor betrachteten Determinanten, mögliche Ansatzpunkte zur Dienstleistungsentwicklung herzuleiten.
Im fünften Kapitel werden dann Methoden zur Entwicklung von Dienstleistungen betrachtet. In einer empirischen Studie zum Stand der Dienstleistungsentwicklung in Deutschland wurde festgestellt, dass bei der Entwicklung von Dienstleistungen bislang vorrangig Methoden aus den Bereichen der Betriebswirtschaft und der Ingenieurwissenschaften zur Anwendung kommen. Dienstleistungsspezifische Methoden spielen bislang in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle. Im fünften Kapitel werden deshalb mögliche, interdisziplinäre Methoden zur Entwicklung von Dienstleistungen vorgestellt und kurz bewertet. Die Kapitel zwei bis fünf dienen als Basis zu Darstellung möglicher Probleme der Entwicklung im sechsten Kapitel. Eine Zusammenfassung mit Fazit schließt die Arbeit ab.
2 Begriffsabgrenzungen
2.1 Dienstleistungen als Entwicklungsobjekte
Was lässt sich an Dienstleistungen überhaupt entwickeln? Und wie kann dies geschehen? Um diese Kernfragen des Service Engineering zu beantworten, muss zunächst einmal dargestellt werden, wie sich das Entwicklungsobjekt Dienstleistung greifen und strukturieren lässt. Diese Frage ist in der Literatur bisher weitgehend unbeantwortet geblieben.[14] So finden sich in der wirtschaftwissenschaftlichen Literatur viele, teilweise überschneidende, teilweise aber auch widersprüchliche Abgrenzungen des Dienstleistungsbegriffs. Ziel dieser Abgrenzungen ist es, zu einer eindeutigen Definition des Dienstleistungsbegriffs, unter Beachtung bestimmter konstitutiver Merkmale, zu gelangen.[15]
Bruhn (1996) nennt spezifische Charakteristika, um Dienstleistungen von Konsumgütern zu unterscheiden. Dabei bezieht er sich auf die Immaterialität, die Intangibilität, die Unteilbarkeit, die Vergänglichkeit, die Standortgebundenheit, die Individualität und auf die Einbeziehung externer Faktoren bei der Dienstleistungserstellung.[16]
Aus dieser vereinfachten Abgrenzung ergeben sich jedoch kaum greifbare Anhaltspunkte für den Entwicklungsprozess.
Andere Autoren gehen bei der Abgrenzung von Dienstleistungen durch konstitutive Merkmale von einer Leistungssicht aus und betrachten verschiedene Perspektiven.[17] Bieger (1998, S. 6f.) und Corsten (1993, S. 765) nennen hier eine potenzial-, prozess- und eine ergebnisorientierte Perspektive. Diese Sichtweise schließt einige der von Bruhn (1996) genannten Charakteristika ein.
Aus der potenzialorientierten Perspektive stellt eine Dienstleistung das Potenzial eines Leistungserbringers (Mensch oder Maschine) dar, eine Leistung für den Endnachfrager zu erbringen.[18] Durch das Potenzial soll eine gewollte Änderung bzw. ein gewollter Zustand erreicht bzw. erhalten werden.
Die prozessorientierte Perspektive versteht eine Dienstleistung als einen Prozess am Kunden bzw. an einem seiner Verfügungsobjekte, bei dem Produktion und Konsum simultan (lat. uno actu) stattfinden.[19] Aus dem Uno Actu-Prinzip resultiert eine gewisse Standortgebundenheit einer Dienstleistung, die allerdings nach Bieger (1998, S. 9) bei know-how-intensiven Dienstleistungen mittels der Telekommunikations- und Informationstechnologie aufgeweicht wird. Heutzutage bietet z.B. das Internet die Möglichkeit, Beratungs-, Finanz- oder Unterrichtsleistungen über weite Entfernungen und sogar zeitlich versetzt als abstrakte Dienstleistungen zu erbringen.
"In der Literatur zur Dienstleistungsproduktion herrscht cum grano salis Konsens, dass als konstituierende Merkmale einer Dienstleistung die Immaterialität und das Erfordernis der Integration eines externen Faktors anzusehen sind."[20] Dies deckt sich insoweit mit der Sicht von Bieger, als dass bei seiner Sichtweise die Dienstleistung am Kunden stattfindet. Hier stellt also der Kunde selbst den externen Faktor dar. Kleinaltenkamp (1998, S. 38) nennt als weitere externe Faktoren u.a. Rechte, Informationen und Mitarbeiter von nachfragenden Unternehmen.
Schließlich wird aus der ergebnisorientierten Perspektive noch der Endzustand betrachtet, der nach einer Leistungserbringung erreicht wird (bspw. ein Kenntnisstand nach einer Ausbildung oder der Erholungszustand nach einem Urlaub).[21] In diesem Zusammenhang wird Dienstleistung als immaterielles Ergebnis einer dienstleistenden Tätigkeit verstanden.[22] Auch hier ergibt sich noch keine trennscharfe Abgrenzung des Begriffes, da das Leistungsergebnis häufig materielle Bestandteile (z. B. Ersatzteile für Reparaturen, plombierter Zahn usw.)[23] aufweist, oder aber "die Ergebnisse eines Dienstleistungsprozesses häufig auf Trägermedien, wie z.B. Papier, Disketten, sonstige Datenträger u.ä., gespeichert [werden ]."[24]
Fähnrich/Meiren et al. (1999, S. 15) erweitern dieses Drei-Dimensionen-Modell und führen noch eine Markt-Perspektive ein, da es sich nach Ihrer Meinung bei Dienstleistungen um marktfähige bzw. vermarktbare Leistungen handeln muss.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass sämtliche Versuche zur Definition von Dienstleistungen noch zu keinem generell akzeptierten Ergebnis geführt haben.[25] Jedoch lassen sich aus den genannten Perspektiven 4 Dimensionen ableiten, für die als Ergebnis des Entwicklungsprozesses entsprechende Modelle und Konzepte bereit gestellt werden.[26] Abbildung 1 verdeutlicht den Zusammenhang.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Operrationalisierung der Dienstleistungsentwicklung
Quelle: in Anlehnung an Fähnrich; Meiren et al. (1999), S. 15.
Die Gestaltung der drei genannten Dimensionen Potenzial, Prozess und Ergebnis beziehen sich nach Treis/Oppermann (1998, S. 787) auf die jeweilige Kernleistung, die dem Kunden i.d.R. den Grundnutzen vermittelt. "Hierbei handelt es sich um Dienstleistungsgestaltung im engsten Sinne."[27] Es erscheint daher sinnvoll, die vorgenannte Art der Abgrenzung in Bezug auf das zu bearbeitende Thema als Basis einer Definition heranzuziehen.
Im Weiteren soll unter dem Begriff "Dienstleistung" eine selbstständige, marktfähige Leistung (Marktorientierung) verstanden werden, die mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeit (Potenzialorientierung) verbunden ist. Interne und externe Faktoren werden prozessartig (Prozessorientierung) kombiniert, um an den externen Faktoren (Menschen oder Objekten) nutzenstiftende Wirkungen zu erzielen (Ergebnisorientierung).[28]
2.2 Entwicklung
Um den Begriff "Entwicklung" zunächst allgemein zu charakterisieren, wird auf die Definition aus dem Gabler Wirtschaftslexikon (1997, S. 1372 - 1375) zurückgegriffen. "Entwicklung" wird hier als die erstmalige konkretisierte Anwendung und praktische Umsetzung von neuen, in der Forschung erworbenen Kenntnissen verstanden.
Diese Abgrenzung ist für das vorliegende Thema jedoch zu eng gefasst, da neue Dienstleistungen nicht ausschließlich auf neuen Erkenntnissen der Forschung beruhen. Vielmehr entstehen neue Dienstleistungen oft noch aus dem Bauch heraus.[29] Die Anstoßeffekte hierfür liegen nicht nur in neuen Erkenntnissen der Dienstleistungsforschung sondern bspw. auch in veränderten Kundenerwartungen und/oder Potenzialstrukturen.[30]
Im Rahmen der Entwicklung von Dienstleistungen sollen die beiden Felder Neu- und Weiterentwicklung betrachtet werden. Aus der Gegenüberstellung diese Ansatzpunkte für Dienstleistungsinnovationen lassen sich die in Abbildung 2 gezeigten Innovationsrichtungen ableiten. Im Rahmen der Neuentwicklung muss also unterschieden werden, ob eine Dienstleistung nur für den Anbieter neu ist, also erstmalig im betreffenden Unternehmen eingeführt wird, oder ob es sich um eine Dienstleistung handelt, die für den gesamten Markt neu ist.
Der Begriff Service Engineering im Rahmen der Entwicklung beinhaltet die Schaffung einer Dienstleistung von der ersten Ideenfindung/-bewertung bis zur Markteinführung der Dienstleistung.[31] Der gesamte Entwicklungsprozess umfasst die Handlungsfelder:[32]
- Aufnahme der Anforderungen
- Ideenfindung und –bewertung
- Service Design/Redesign
- Einführung und Ergebnisbewertung
- Erbringung und Ablösung einer Dienstleistung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Innovationsrichtungen aus Sicht des Dienstleisters
Quelle: in Anlehnung an Staudt; Kriegesmann et al. (1996), S. 15; Ponkratz (1991), S. 287.
Die Entwicklung soll dabei nicht wie von Haller (2000, S. 109) beschrieben "aus dem Bauch" heraus erfolgen, sondern mittels strukturierter Vorgehensweisen. "Es kann [jedoch] zunächst ein Mangel an Methoden und standardisierten Vorgehensweisen konstatiert werden, der überwiegend aus dem immateriellen, abstrakten Charakter der Services resultiert."[33] Eine der wenigen Ausnahmen stellt das in Abbildung 3 gezeigte Spiralmodell von Shostack/Kingman-Brundage dar.[34]
Abb. 3: Vorgehensmodell
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Shostack/Kingman-Brundage (1991), S.249.
Außer auf der Verwendung geeigneter Methoden, beruht der Erfolg innovativer Dienstleistungen auch auf Schlüsselfaktoren, die im Zuge der Erfolgsfaktorenforschung ermittelt wurden. Das nun folgende Kapitel 3 geht deshalb auf solche Schlüsselfaktoren ein.
3 Determinanten erfolgreicher Dienstleistungen
Angesichts der Bedeutung von Dienstleistungsinnovationen steht das Kapitel drei unter der Leitfrage: Welches sind die Schlüsselfaktoren für den Erfolg neuer Dienstleistungen? Wichtige Antworten hierzu liefern die Ergebnisse der Erfolgsfaktorenforschung.[35] In der Literatur finden sich zu diesem Thema verschiedene Beiträge (vgl. u.a. Brentani (1991), Brentani; Cooper (1991), Martin; Horne (1993), Cooper; Easingwood et al. (1994), Martin; Horne (1995), Brentani; Ragot (1996), Fähnrich; Meiren et al. (1999), Song; Benedetto; Song (2000)). Nachfolgend werden solche Determinanten vorgestellt, die nach Auswertung der vorgenannten Literatur die größte Bedeutung für den Erfolg neuer Dienstleistungen haben. Die Gliederung des Kapitels drei folgt dabei der Sichtweise von Brentani; Ragot (1996), sie unterscheiden in externe (marktbezogene) und interne (unternehmensbezogene) Determinanten.
3.1 Marktbezogene Determinanten
3.1.1 Produktüberlegenheit
"Superior and differentiated products – those that deliver unique benefits and superior value to the customer - are the key to success and new product profitability."[36] Diese Aussage bezieht sich in erster Linie auf neue Produkte, kann aber ohne weiteres auch auf Dienstleistungen übertragen werden.[37] "Services that are designed to be unique, higher quality and more reliable are considerably more successfull."[38] Was ist nun aber unter dem Begriff "Qualität" im Zusammenhang mit einer Dienstleistung zu verstehen? Die Erörterung dieser Frage würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Es wird deshalb auf die einschlägige Literatur zu diesem Thema verwiesen. Hoeth/Schwarz (2002, S. 19) bezeichnen die Dienstleistungsqualität als vom Kunden subjektiv empfunden. "Dienstleistungsqualität ist das, was der Kunde dafür hält."[39] Worauf gründet sich daher aus Sicht des Kunden der Erfolg überlegener Dienstleistungen?
Überlegene Dienstleistungen:[40]
- liefern dem Kunden einen einzigartigen und überlegenen Nutzen
- bieten einen höheren Wert als vorhergehende Produkte
- bringen einen besseren Output als Wettbewerber
- sind qualitativ höherwertig, schneller und/oder effizienter
- sind zuverlässiger
Neue Dienstleistungen sichern dem Anbieter neue Marktanteile, lösen Probleme die ein Kunde evtl. mit anderen Anbietern hat und bieten neue Leistungen die beim Wettbewerb noch nicht vorhanden sind.[41]
3.1.2 Vermarktungsfähigkeit
Gemäß der getroffenen Definition in Kapitel 2.1 soll es sich bei Dienstleistungen um selbstständige, marktfähige Leistungen handeln. Darunter soll verstanden werden, dass eine Leistung nicht als Zusatzdienstleistung zu einem Produkt vermarktet wird, ohne dessen Erwerb oder Besitz die Dienstleistung nutzlos ist.[42] Trotz der Beachtung dieses Erfolgsfaktors erweisen sich viele der angebotenen Dienstleistungen als nicht vermarktungsfähig. Es mangelt oft an einer strengen Marktorientierung. Marktstudien, Testmärkte, Tests mit Kunden oder die Einbindung von Kundenideen sind bei der Entwicklung dieser Dienstleistungen nicht bzw. kaum beachtet worden.[43] Die Vermarktungsfähigkeit wird um so größer, je besser ein Prozess unter Beachtung der Kundeninteressen und Marktforschungsdaten (vgl. auch Kap. 3.1.3) geplant und ausgeführt wird.[44] Neben diesen Aspekten wird unter der Vermarktungsfähigkeit auch verstanden, in welchem Maße die internen Marketingressourcen zur Vermarktung einer neuen Dienstleistung geeignet sind.[45] Auch hier treten wegen der speziellen Eigenschaften einer Dienstleistung individuelle Probleme auf. "Because .. services are intangibles, the customer cannot experience the product – see, touch, or try it a priori."[46] Die Folge ist, dass ein Anbieter bei seinen Akquisitionsbemühungen Leistungsmerkmale herausstellen muss, die sich nicht auf das Leistungsergebnis beziehen, da dieses zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung eines Kunden noch gar nicht existiert.[47] Der Anbieter muss bei der Planung seines Marketingmix beachten, dass das Kaufverhalten der Kunden bei immateriellen Leistungen durch Vertrauenseigenschaften bestimmt wird.[48]
3.1.3 Kundenintegration
Die Integration eines externen Faktors[49] gilt in der Literatur als eines der konstituierenden Merkmale einer Dienstleistung.[50] Eine starke Integration des Kunden in den Entwicklungsprozess ist ebenso signifikant für den Erfolg einer Dienstleistung.[51] Es gilt, dass ein Service-Engineering-Prozess, der unter Einbindung von Kunden erfolgt, den Entwicklern die Möglichkeit gibt, nah am Markt zu sein und somit die Kundenanforderungen bei der Entwicklung zu berücksichtigen.[52] "A customer-involved new service development process can help and is one that structures significant and specific customer involvement into the process."[53] Die Einbindung des Kunden kann direkt z.B. durch Aufnahme des Kunden in das Entwicklungsteam, Projekten mit Key-Accounts oder Kundenworkshops erfolgen, oder indirekt durch die Verwendung von Marktforschungsergebnissen in Form von Bedarfsanalysen oder Auswertungen von Kundenreklamationen und Marktanalysen.[54] Werden letztgenannte Methoden zur Einbindung des Kunden eingesetzt, tritt das Problem auf, dass sich ein Kunde zu einer fiktiven Dienstleistung äußern muss, die er im Vorhinein noch nicht erlebt hat. In der Sachgüterindustrie kann dieses Problem durch die Verwendung von Prototypen umgangen werden, jedoch ist dies im Bereich der Dienstleistung oft nicht möglich.[55] Um den hohen Aufwand des Prototyping zu vermeiden, wurde für Dienstleistungen die Methode der Vignetten-Technik entwickelt. Sie versetzt einen Kunden in die Lage, sich über nicht persönlich erlebte bzw. noch nicht existente Zusammenhänge ein Qualitätsurteil zu bilden.[56] "Somit eignet sie sich hauptsächlich zur Planung neuer Serviceleistungen.. ."[57]
3.1.4 Marktgröße und –potenzial
Cooper; Brentani (1991, S. 86) kamen 1991 im Rahmen einer Studie zum Thema Finanzdienstleistungen zu dem Ergebnis, dass Dienstleistungen, die gezielt für große und wachstumsstarke Märkte entwickelt wurden, dreimal so erfolgreich waren, wie solche, die für kleinere Märkte bestimmt waren. Dieses Ergebnis bestätigte sich in ähnlicher Weise 1996 in einer weiteren Studie.[58]
Attraktive Märkte zeichnen sich nach Cooper (1996, S. 14f.) durch die folgenden Merkmale aus:
- der Markt ist groß und es gibt eine starke Nachfrage für die angebotene Leistung.
- der Markt hat ein schnelles Wachstum.
- der Markt besitzt ein positives ökonomisches Klima für neue Produkte.
- die Marktnachfrage für die angebotene Leistung ist im Zeitverlauf stabil.
- die potenziellen Kunden sind Innovatoren und offen für neue Produkte.
- die potenziellen Kunden sind nicht preissensibel.
3.2 Unternehmensbezogene Determinanten
3.2.1 Effektive Service-Engineering Kultur
Jede Dienstleistungsorganisation hat eine Kultur, die deren Erfolg beeinflusst.[59] Laut einer Untersuchung zum Einfluss bestimmter Faktoren auf den Erfolg einer Dienstleistung, steht die Art des Innovationsumfeldes bzw. die Kultur eines Unternehmens, die durch das Management geschaffen wurde, bei den internen Faktoren an erster Stelle.[60] "A service firm´s culture defines the policies, procedures, processes, personal hiring and training, scripts, control procedures and complaint handling techniques that define the service offering´s essential elements."[61] Eine optimale Kundenorientierung kann nur in solchen Unternehmen entstehen, die sich mit ihrer Dienstleistungskultur auseinandergesetzt haben.[62] Im Mittelpunkt einer solchen Unternehmenskultur steht ein Entwicklungsumfeld, in dem Senior-Manager, Kundenkontaktpersonal und die Kunden selbst Teil eines Teams sind, welches neue Dienstleistungen entwickelt und im Markt einführt. Gerade die Einbindung erfahrener Senior-Manager hat eine positive, signifikante Wirkung auf den Erfolg einer Dienstleistung.[63] Es ist jedoch festzustellen, das entsprechende organisatorische Strukturen (z.B. das Festlegen von Verantwortlichkeiten) und qualifizierte Mitarbeiter zur Entwicklung bisher in vielen Unternehmen fehlen.[64]
3.2.2 Sach- und Fachkenntnis des Anbieters
Die Sach- und Fachkenntnisse eines Dienstleistungsanbieters sind ebenso signifikante Faktoren für den Erfolg einer Dienstleistung.[65] Dies resultiert daraus, dass Kunden häufig die Wahl haben, eine Leistung selbst zu erbringen oder bei einem kompetenten Anbieter einzukaufen (make or buy).[66] Die Tendenz zum Outsourcen steigt dabei mit der wachsenden Komplexität der geforderten Leistung. Folglich werden solche Dienstleistungsanbieter erfolgreich sein, die ein hohes Maß an Sach- und Fachkenntnis aufweisen.[67]
Die Sach- und Fachkenntnisse eines Anbieters und seiner Mitarbeiter wird jedoch ohne die entsprechende Motivation und dem entsprechenden Spaß an der Arbeit nur eine geringe erfolgsbeeinflussende Größe sein.[68] Es ist deshalb schon im Zuge der Entwicklung wichtig, auf den entsprechenden Schulungsbedarf und ein erforderliches Rollenverständnis der Mitarbeiter zu achten.[69]
[...]
[1] Bullinger (1999), S. V.
[2] Deutsches Institut für Normung e.V. (1998), S. 5.
[3] Vgl. Statistisches Bundesamt (2001), S. 661.
[4] Vgl. Statistisches Bundesamt (2001), S. 660f.. In diese Betrachtung nicht eingebunden sind Dienstleistungen, die von Unternehmen des primären oder sekundären Sektors erbracht werden und somit in der amtlichen Statistik nicht dem tertiären Sektor zugeordnet sind.
[5] Eine Erklärung für diese Entwicklungen könnte die Sektorentheorie liefern, vgl. hierzu . u.a. Clark (1957); Fisher (1952); Wolfe (1955).
[6] Bullinger; Meiren (2001), S. 151.
[7] Vgl. Haller (2000), S. 111.
[8] Haller (2000), S. 109.
[9] Hollins; Hollins (1991), S. 4.
[10] Brentani; Ragot (1996), S. 518.
[11] Deutsches Institut für Normung e.V. (1998), S. 31. [Fettdruck im Original in Anführungszeichen].
[12] Vgl. Bullinger; Meiren (2001), S. 151.
[13] Bullinger; Meiren (2001), S. 152.
[14] Vgl. Fähnrich; Meiren et al. (1999), S. 14.
[15] Vgl. Corsten (1990), S. 17.
[16] Vgl. Bruhn (1996), S. 11.
[17] Vgl. Bieger (1998), S. 6; Kleinaltenkamp (1998), S. 34ff.
[18] Vgl. Bieger (1998), S. 7; Corsten (1990), S. 18.
[19] Vgl. Bieger (1998), S. 7; Cooper; Brentani (1991), S. 77.
[20] Corsten; Stuhlmann (2000), S. 2.
[21] Vgl. Bieger (1998), S. 7.
[22] Vgl. Corsten (1993), S. 765.
[23] Vgl. Kleinaltenkamp (1998), S. 35.
[24] Kleinaltenkamp (1998), S. 35.
[25] Vgl. Brentani; Ragot (1996), S. 519.
[26] Vgl. Fähnrich; Meiren et al. (1999), S. 15.
[27] Treis; Oppermann (1998), S. 787.
[28] Vgl. Bruhn (1996), S. 13; Fähnrich; Meiren et al. (1999), S. 15.
[29] Haller (2000), S. 109.
[30] Vgl. Meyer; Blümelhuber (1998), S. 809.
[31] Vgl. Haller (2000), S. 111.
[32] Vgl. Deutsches Institut für Normung e.V. (1998), S. 31.
[33] Haller (2000), S. 109.
[34] Vgl. Bullinger; Meiren (2001), S. 162.
[35] Vgl. Fähnrich; Meiren et al. (1999), S. 71.
[36] Cooper (1996), S. 4, vgl. Cooper; Brentani (1991), S. 83.
[37] Vgl. Brentani; Ragot (1996), S. 523.
[38] Vgl. Cooper; Brentani (1991), S. 83.
[39] Hoeth, Schwarz (2002), S. 20.
[40] Vgl. Cooper; Brentani (1991), S. 84.
[41] Vgl. Cooper (1996), S. 4.
[42] Trotzdem ist zu beachten, dass zur Dienstleistungserbringung immer ein externer Faktor notwendig ist.
[43] Vgl. Martin; Horne (1993), S. 54, Cooper; Brentani (1991), S. 89.
[44] Vgl. Copper; Eastingwoodet al. (1994), S. 292.
[45] Vgl. Brentani; Ragot (1996), S. 523.
[46] Cooper; Easingwoodet al. (1994), S. 297.
[47] Vgl. Kleinaltenkamp (1997), S. 352.
[48] Vgl. Fließ (2000), S. 269.
[49] in diesem Fall der Kunde selbst
[50] Vgl. Corsten; Stuhmann (2000), S. 2, Bruhn (1996), S. 11.
[51] Vgl. Martin; Horne (1995), S. 45, Brentani; Ragot (1996), S. 524, Fähnrich; Meiren et al. (1999), S. 71
[52] Vgl. Terill; Middlebrooks (1996), S. 318.
[53] Terill; Middlebrooks (1996), S. 318. (Fettdruck im Original in Anführungszeichen)
[54] Vgl. Fähnrich; Meiren et al. (1999), S 57ff.
[55] Vgl. Hoeth; Schwarz (2002), S. 32.
[56] Vgl. Hoeth; Schwarz (2002), S. 32f.
[57] Haller (1995), S. 114.
[58] Vgl. Brentani; Ragot (1996), S. 524.
[59] Vgl. Congram; Friedman (1991), S. 12.
[60] Vgl. Brentani; Ragot (1996), S. 524.
[61] Stuart (1998), S. 473.
[62] Vgl. Deutsches Institut für Normung e.V. (1998), S. 64.
[63] Vgl. Martin; Horne (1995), S. 47; Brentani; Ragot (1996), S. 525; Hollins; Hollins (1991), S. 140f., Cooper; Brentani (1991), S. 76.
[64] Haller (2000), S. 109, Fähnrich; Meiren et al. (1999), S. 64ff.
[65] Vgl. Cooper; Brentani (1991), S. 86; Brentani; Ragot (1996), S. 525.
[66] Vgl. Brentani; Ragot (1996), S. 525.
[67] Vgl. Brentani; Ragot (1996), S. 525.
[68] Vgl. Edvardsson; Olsson (1996), S. 151.
[69] Vgl. Shostack (1984), S. 96; Shostack; Kingman-Brundage (1991), S. 250f.
- Citation du texte
- Michael Paffenholz (Auteur), 2002, Die Entwicklung von Dienstleistungen – Probleme, Ansätze und Methoden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116871
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