Der Verleihung des Friedensnobelpreises an Willy Brandt im Jahre 1971, für seine auf
Entspannung und Ausgleich mit den Staaten Osteuropas ausgerichtete Ostpolitik, war ein fast
zehnjähriger Umdenkungsprozess in der deutschen Politik vorausgegangen. Hallsteindoktrin
sowie die enormen Einflussmöglichkeiten 13 Millionen Vertriebener und ihrer
Interessenverbände sorgten zu Beginn der 60er-Jahre für die Ausbildung eines
gesellschaftlichen und politischen Tabus bezüglich einen Annäherung gegenüber den östlichen
Nachbarn. Selbst auf dem Wirtschaftssektor wurden Zugeständnisse des Bundeskanzlers
Adenauer, welche eine Erhöhung des Handelsvolumens mit den Staaten Osteuropas zuließen,
nur sehr zögernd und aufgrund erheblichen Drucks von Seiten der parlamentarischen
Opposition und der westdeutschen Industrie, gemacht.
Durch Adenauers konsequente Westbindung, deren Priorität weit vor der einer möglichen
Wiedervereinigung mit dem Teil Deutschlands, der sich selbst den Namen „Deutsche
Demokratische Republik“ gegeben hatte, lag, und die Bindung an den Starken Partner USA,
kam es zu erheblicher Unruhe, als gerade dieser Partner, in Person seines jungen Präsidenten
John F. Kennedy, eine „Strategie des Friedens“ beschwor und das Aufeinanderzugehen beider
Blöcke forderte. Nur einen Monat später nahmen der Regierende Bürgermeister Berlins, Willy
Brandt und sein Sprecher Egon Bahr diese Anregung auf und forderten in ihren Reden vor der
Evangelischen Akademie Tutzing einen „Wandel durch Annäherung“. Damit sollte eine
Wandlung beginnen, „die von Außenminister Schröder unter Adenauer und Erhardt vorbereitet,
von Außenminister Willy Brandt in den Jahren der großen Koalition begonnen und von
Bundeskanzler Brandt und Außenminister Scheel [...] zum Durchbruch gebracht wurde“.
Im Folgenden sollen die Reden vor der American University und der Evangelischen Akademie
Tutzing näher beleuchtet werden, wobei der Einfluss Kennedys Strategie auf die Entwicklung
der deutschen Ostpolitik im Mittelpunkt stehen wird. Dazu werden beide Reden in den
historischen Kontext eingeordnet und explizit vorgestellt wodurch die anschließend gezeigten
deutschland- und weltpolitischen Auswirkungen verständlich werden. Im vierten Kapitel wird
dann die Entwicklung beider Strategien beschrieben, wobei der Schwerpunkt naturgemäß auf
dem in Deutschland weiter um sich greifenden Konzept des Wandels durch Annäherung liegen
wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 2. Kennedy: „Strategie des Friedens“
- 2.1 Der Redner - John F. Kennedy als Präsident der Vereinigten Staaten
- 2.2 Der weltpolitische Kontext
- 2.3 Vorstellung der „Strategie des Friedens“ an der American University
- 2.4 Weltpolitische Konsequenzen
- 3. Brandt und Bahr: „Wandel durch Annäherung“
- 3.1 Die Redner - Willy Brandt als Regierenden Bürgermeisters von Berlin und Egon Bahr als sein Senatssprecher
- 3.2 Der deutschlandpolitische Kontext
- 3.3 Vorstellung der Strategie „Wandel durch Annäherung“ vor der Evangelischen Akademie Tutzing
- 3.4 Der Bezug auf Kennedy
- 3.5 Deutschlandpolitische Konsequenzen
- 4. Die Entwicklung beider Strategien
- 4.1 Die Behinderung amerikanisch-sowjetischer Entspannung im Zuge des Vietnamkrieges
- 4.2 Der Aufstieg Willy Brandts über den Außenminister zum Bundeskanzler
- 4.3 Ausblick
- 5. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Entstehung und Entwicklung der deutschen Ostpolitik in den 1960er Jahren. Sie untersucht den Einfluss der „Strategie des Friedens“ von John F. Kennedy auf die deutsche „Wandel durch Annäherung“-Strategie von Willy Brandt und Egon Bahr.
- Die „Strategie des Friedens“ von John F. Kennedy und ihre weltpolitischen Konsequenzen
- Die „Wandel durch Annäherung“-Strategie von Willy Brandt und Egon Bahr und ihre deutschlandpolitischen Konsequenzen
- Die Rolle des Vietnamkrieges in der Entwicklung beider Strategien
- Die Bedeutung der Berlin-Krise und der Kuba-Krise für die Entspannungspolitik
- Der Einfluss der Hallsteindoktrin auf die deutsche Ostpolitik
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 analysiert die „Strategie des Friedens“ von John F. Kennedy, indem es den Redner John F. Kennedy, den weltpolitischen Kontext und die Vorstellung der Strategie an der American University beleuchtet. Kapitel 3 befasst sich mit der „Wandel durch Annäherung“-Strategie von Willy Brandt und Egon Bahr, wobei es die Redner, den deutschlandpolitischen Kontext, die Vorstellung der Strategie vor der Evangelischen Akademie Tutzing, den Bezug auf Kennedy und die deutschlandpolitischen Konsequenzen untersucht. Kapitel 4 beschreibt die Entwicklung beider Strategien, mit besonderem Fokus auf den Wandel durch Annäherung in Deutschland, und bietet einen Ausblick auf die Zeit bis zum Zusammenbruch des kommunistischen Imperiums.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Ostpolitik, Entspannung, „Strategie des Friedens“, „Wandel durch Annäherung“, John F. Kennedy, Willy Brandt, Egon Bahr, Vietnamkrieg, Berlin-Krise, Kuba-Krise, Hallsteindoktrin, Bundesrepublik Deutschland, Deutsche Demokratische Republik, USA, UdSSR.
- Citation du texte
- Stefan Saager (Auteur), 2008, „Strategie des Friedens“ und „Wandel durch Annäherung“ als Ursprünge der „Neuen Ostpolitik“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116863
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