Als Franklin Delano Roosevelt am 3. März 1933 als 32. Präsident der Vereinigten Staaten das Amt antrat, befand sich das Land in einer der schwersten Wirtschaftskrisen seiner Geschichte. Nach seinem Tod am 12. April 1945 hatte sich die Wirtschaft weitgehend erholt. Die Frage aber ist: Konnte Roosevelt diesen Erfolg auf sein Konto verbuchen? Oder hat er sogar den weltweiten Wirtschaftsaufschwung durch seine Maßnahmen verhindert und für die USA abgeschwächt? Anhand der ersten 100 Tage seines New Deal-Programms, in denen nicht weniger als 15 teilweise recht kontroverse Gesetze durch den Kongress gebracht wurden, kann man schon deutlich Roosevelts politisches Profil erkennen . Diese ersten 15 Gesetze waren entweder Reaktionen auf kurzfristig aufgetretene Probleme oder es waren Realisationen von Ideen, die Roosevelt schon länger beschäftigt hatten. Die vorliegende Arbeit soll die Kontroverse um Roosevelts Sozial- und Wirtschaftspolitik beleuchten.
INHALT
0. Einleitung
1. Die große Depression
2. Maßnahmen der ersten 100 Tage
2.1 Fiskal- und Geldpolitik: Die kontrollierte Inflation
2.2 Haushaltssanierung: Das Ende der Prohibition
2.3 Keynesianismus: Die Theorie der öffentlichen Investition
2.4 Armenfürsorge: Die soziale Revolution
2.5 Agrarpolitik: Die ländliche Rehabilitation
2.6 Informationspolitik: Der politische Wert der Kommunikation
3. Kritik
4. Fazit
Quellen und Literatur
0. Einleitung
Als Franklin Delano Roosevelt am 3. März 1933 als 32. Präsident der Vereinigten Staaten das Amt antrat, befand sich das Land in einer der schwersten Wirtschaftskrisen seiner Geschichte. Nach seinem Tod am 12. April 1945 hatte sich die Wirtschaft weitgehend erholt. Die Frage aber ist: Konnte Roosevelt diesen Erfolg auf sein Konto verbuchen? Oder hat er sogar den weltweiten Wirtschaftsaufschwung durch seine Maßnahmen verhindert und für die USA abgeschwächt? Anhand der ersten 100 Tage seines New Deal-Programms, in denen nicht weniger als 15 teilweise recht kontroverse Gesetze durch den Kongress gebracht wurden, kann man schon deutlich Roosevelts politisches Profil erkennen[1]. Diese ersten 15 Gesetze waren entweder Reaktionen auf kurzfristig aufgetretene Probleme oder es waren Realisationen von Ideen, die Roosevelt schon länger beschäftigt hatten. Die vorliegende Arbeit soll die Kontroverse um Roosevelts Sozial- und Wirtschaftspolitik beleuchten.
1. Die große Depression
Schon in seiner Rede vor der Demokratischen Nationalversammlung am 2. Juli 1932 ging Roosevelt auf die ideologische Spaltung der amerikanischen Wirtschaftspolitik ein. Zum einen gibt es den u.a. von Theodor Roosevelt vertretenen „New Nationalism“, der auf einen starken Staat setzte, welcher aktiv in den Markt eingreifen und Gerechtigkeit wahren sollte; und als Gegenpol dazu die „New Freedom“ des Woodrow Wilson, der auf die Selbstheilungskräfte des Marktes setzte und jeden Eingriff des Staates als Behinderung der Marktentfaltung definierte, in der Hoffnung, dass „…some of their prosperity will leak through[2] “, wie Roosevelt süffisant anmerkte. Damit ließ er klar erkennen, für welche diese Theorien er selbst nach seiner Wahl eintreten würde. Roosevelts Amtsvorgänger Herbert Hoover nämlich war ein Vertreter der letztgenannten Theorie, und damit kündigte Roosevelt einen Paradigmenwechsel an. Der Staat fand unter Hoover nicht statt, zumindest nicht sichtbar für die Bürger. Das Wohlfahrtswesen wurde den Bundesstaaten, sowie privaten und kirchlichen Organisationen überlassen[3]. Diese jedoch konnten insbesondere nach dem Börsencrash von 1929 immer schlechter mit der rasant wachsenden Armut umgehen. Vereinzelt wurden die ersten Hungertoten registriert[4].
Auslöser des Börsencrashs, und somit der darauf folgenden schweren Wirtschaftskrise war ein vorangegangener Wirtschaftsboom, der zu einer Überhitzung der Wirtschaft geführt hat. Edward E. Hunt zufolge produziert diese Überhitzung „…wastes, extravagance, speculation, inflation, over-expansion and inefficiency in production[5] “. Roosevelts Berater und Brain Trust-Mitglied Rexford Tugwell beklagte: „We allowed ourselves to be projected into an era of mass production and large-scale management without giving serious thought to the changed relationship of the individual to the system[6] “. An dieser Stelle wird zum ersten Mal eine Verantwortung für die Menschen angesprochen. Tugwell spricht programmatisch von der „social mission of the New Deal“[7].
2. Maßnahmen der ersten 100 Tage
Von Anfang an machte Roosevelt deutlich, dass er für eine Abkehr von Hoovers Laissez-faire-Politik eintrat, und dies so schnell wie möglich. Dies bedeutete in erster Linie eine massive Intervention des Staates in dessen Wirtschaftsleben, wozu auch gehörte, soziale Verantwortung zu übernehmen und die massive Armut zu beseitigen[8]. Die Rooseveltsche Politik wird am Ende zu einer Stärkung der Regierungsgewalt führen, sowie zu einer Verlagerung von Regierungsgewalt zur Bundesregierung, weg von den Bundesstaaten[9]. Die große Experimentierfreudigkeit, die ihm Kritiker später als Kopflosigkeit auslegten, gepaart mit großer Energie, Projekte voranzutreiben, kennzeichnet sich in diesem Zitat: „The only thing we have to fear, is fear itself[10] “.
In kurzfristiger Sicht musste zunächst einmal der bestehende Notstand behoben werden. Die dringlichste Aufgabe war eine schnelle Sanierung des Banken- und Kreditwesens. Denn das Hauptproblem lag im „…declining faith in the business community and the market economy[11] “.
Mittelfristig jedoch hatte sich Roosevelt darauf festgelegt, die Krise mittels Kaufkrafterhöhung abschwächen zu können: „Roosevelt embraced the ideas of advisers who believed that the fundamental problem of the Great Depression was underconsumption“[12]. Die Kaufkrafterhöhung stellt daher eine Art roten Faden dar, der sich trotz des unterschiedlichen Charakters der einzelnen Maßnahmen in nahezu allen Rooseveltschen Entscheidungen wiederfinden lässt.
Langfristig – und von vielen Kritikern nicht oder nur unzureichend beachtet – strebte Roosevelt aber auch eine Konsolidierung des gesellschaftlichen Systems der Vereinigten Staaten an. Dabei legte er die Grundlagen für die industrielle Entwicklung ganzer Regionen, wie z.B. mit der Tennessee Valley Authority oder versuchte gezielt mit dem College Student Aid Program den Bildungsstand zu heben.
2.1 Fiskal- und Geldpolitik: Die kontrollierte Inflation
Nach den Vertrauensverlusten der Bevölkerung in die amerikanische Markt- und Kreditwirtschaft galt es zunächst, dieses Vertrauen wieder zurückzugewinnen: „Business as we know it cannot be conducted without credit, and credit cannot function without confidence[13] “. Der „Emergency Banking Act“ (EBA) vom 9. März sah als erstes einen landesweiten viertägigen „bank holiday“ vor, indes fieberhaft an einer Lösung des Bankenproblems gearbeitet wurde.
Dem ehemaligen Finanzminister Ogden Mills zufolge galt es folgenden Kreislauf zu durchbrechen: „Every additional decline in credit and prices and securities brings with it further bank failures, and bank failures in their turn lead to further contraction in credit and prices.[14] “
Mittels Abwertung des Dollars durch Papiergeld-Emission sollte das Thomas Amendment des Farm Relief Acts (FRA) vom 12. Mai Roosevelt zunächst größeren Spielraum geben, um gezielt Preiserhöhungen durchführen zu können[15]. Gleichzeitig wurde die Goldbindung des Dollars am 19. April beendet. Die daraus folgende Geldentwertung hatte Roosevelt explizit beabsichtigt[16]. David M. Kennedy ist sogar der Ansicht, dass „…Inflation was necessary to virtually all parts of the president’s early New Deal agenda[17] “. Unter anderem nahm Roosevelt an, dass eine kontrollierte Inflation die Wirtschaft ankurbeln würde[18].
Die mittelfristige Lösung der Bankenkrise erfolgte durch die Wiederherstellung von Transparenz, denn „Publicity is the enemy of crookedness[19] “, wie Roosevelt in einer Rede feststellte. Unter diesem Hintergrund ist der „Glass-Steagall-Akt“ vom 16. Juni zu sehen, der eine Trennung des Investmentbankings vom übrigen Bankwesen vorsah[20]. Der Glass-Steagall-Act schützte die Banken vor Illiquidität, indem er bestimmte Kreditsicherheiten vorschrieb, die nun erfüllt werden mussten[21]. Das Kreditwesen wurde mit strikten Auflagen belegt. Der Banking Act „…penalized banks for providing credit for the speculative carrying of or trading in securities, real estate, or commodities, or for any other purposes inconsistent with the maintainance of sound credit conditions“[22].
Damit hatte Roosevelt die von Hunt und Mills geschilderten ursächlichen Probleme der Depression im Kern beseitigt.
2.2 Haushaltssanierung: Das Ende der Prohibition
Um Handlungsfähigkeit wiederherzustellen, war neben der Beendigung der Vertrauenskrise auch Haushaltsdisziplin gefragt. Roosevelt benötigte für seine teilweise kostspieligen Programme einen ausgeglichenen Haushalt. Dafür musste er Einnahmen erhöhen oder Ausgaben senken – Roosevelt tat beides. Am 10. März setzte er mit Hilfe des Kongresses eine 500 Millionen Dollar schwere Sparmaßnahme durch, der die Gehälter von zivilen und militärischen Staatsangestellten zum Opfer fielen. Außerdem kürzte er Veteranenpensionen um 50 Prozent.[23]
Am 13. März bereitete er mit dem Beer-Wine-Act der langjährigen Prohibition ein Ende und ermöglichte dem Haushalt somit reiche Steuereinnahmen[24].
Beide Maßnahmen setzte Roosevelt gegen den Protest starker Lobbyverbände durch.
[...]
[1] Vgl. McCartin, Joseph: The New Deal Era (The Oxford Companion to United States History, Oxford Refernce Online), Oxford 2001, S. 1
[2] Roosevelt, Franklin Delano: New Deal Speech before the Democratic National Convention, 2. Juli 1932, (Nothing to Fear. The Selected Addresses of Franklin Delano Roosevelt, 1932 – 1945), Boston MA 1946, S. 3
[3] Vgl. o.V., in: Fortune: „No one has starved“, September 1932, in: „The people shall judge: Readings in the formation of American Policy, vol 2, Chicago IL 1949, S. 443
[4] Vgl. ebda, S. 444
[5] Hunt, Edward E., zitiert in: Green, George D.: The Ideological Origins of the Revolution in American Financial Policies (The great depression revisited, Rochester studies in economics and policy issues, Vol 2) Rochester NY 1981, S. 233
[6] Tugwell, Rexford: Relief and Reconstruction, Address, National Conference of Social Work, 21.05. 1934, in: The Battle for Democracy, New York NY 1935, S. 304
[7] ders., ebda., S. 319
[8] Vgl. McCartin, Joseph A.: The New Deal Era, (The Oxford Companion to United States History, Oxford Refernce Online), Oxford 2001, S. 1
[9] Vgl. Green, George D.: The ideological origins of the revolution in american financial policies (The great depression revisited, Rochester studies in economics and policy issues, Vol 2), Rochester NY 1981, S. 222
[10] Roosevelt, Franklin Delano, zitiert in: Kennedy, David M.: Freedom From Fear: The American People in Depression and War, 1929 – 1945, New York NY 1999, S. 134
[11] ders., ebda., S. 223
[12] McCartin, Joseph A.: The New Deal Era (The Oxford Companion to United States History, Oxford Refernce Online), Oxford 2001, S. 2
[13] Mills, Ogden, zitiert in: Green, George D.: The ideological origins of the revolution in american financial policies (The great depression revisited, Rochester studies in economics and policy issues, Vol 2), Rochester NY 1981, S. 236
[14] ders., ebda., S. 235f.
[15] Vgl. Wicker, Elmus: Roosevelt’s 1933 Monetary Experiment (The Journal of American History, vol. 57, No 4 (March)), S. 864
[16] Vgl. ders., ebda. S. 865
[17] Kennedy, David M.: Freedom From Fear: The American People in Depression and War, 1929 – 1945, New York NY 1999, S. 157
[18] Vgl. Wicker, Elmus: Roosevelt’s 1933 Monetary Experiment (The Journal of American History, vol. 57, No 4, (March)), S. 866
[19] Roosevelt, Franklin Delano: New Deal Speech before the Democratic National Convention, 2. Juli 1932, (Nothing to Fear. The Sselected Addresses of Franklin Delano Roosevelt, 1932 – 1945), Boston MA 1946, S. 7
[20] Vgl. McCartin, Joseph A.: The New Deal Era, (The Oxford Companion to United States History, Oxford Refernce Online), Oxford 2001, S. 1
[21] Vgl. Green, George D.: The ideological origins of the revolution in american financial policies (The great depression revisited, Rochester studies in economics and policy issues, Vol 2), Rochester NY 1981, S. 227
[22] ders., ebda., S. 238
[23] Vgl. Kennedy, David M.: Freedom From Fear: The American People in Depression and War, 1929 – 1945, New York NY 1999, S. 138
[24] Vgl., ders., ebda., S. 138
- Citation du texte
- Matthias Wühle (Auteur), 2008, Experiment „New Deal“ - Wirtschafts- und Sozialpolitik der USA unter Franklin D. Roosevelt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116838
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