Die vorliegende Masterthesis beschäftigt sich mit dem Themengebiet der gesellschaftlichen Verantwortung beziehungsweise "Corporate Social Responsibility" (kurz CSR) von deutschen Fußballbundesligisten. Dieser Bereich hat vor allem im letzten Jahrzehnt an Bedeutung gewonnen.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Unterschiede verschiedener Bundesligisten hinsichtlich der Aktivität sowie Effektivität der CSR-Maßnahmen aufzuzeigen. Hierfür werden zunächst sowohl Fortschrittsberichte als auch aktuelle Studien herangezogen. Im zweiten Schritt werden Experten einzelner Bundesligisten im Rahmen eines qualitativen Interviews zu aktuellen Fallbeispielen bezüglich des Nachhaltigkeitskonzeptes befragt. Daraus werden Handlungsempfehlungen für die jeweiligen Vereine erarbeitet. Darüber hinaus beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit dem Thema Wirkungsmessung. In diesem Kontext werden Herausforderungen der Wirkungsmessung sowie Potenziale aufgezeigt.
Inhalt
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
1.1 Problemstellung und Forschungsfrage
1.2 Vorgehensweise
2 BEGRIFFSABGRENZUNGEN
2.1 Corporate Social Responsibility (CSR)
2.1.1 Definition Corporate Social Responsibility nach Carroll (1991)
2.1.2 CSR-Verständnis dieserArbeit
2.2 Corporates Citizenship (CC)
2.3 Corporate Governance (CG)
3 FORSCHUNGSSTAND
4 METHODIK
4.1 Qualitative Forschungsmethode-Experteninterviews
4.2 Auswahlder Experten
4.3 Ablauf der Experteninterviews
5 AUSWERTUNG - CORPORATE SOCIAL RESPONSIBILITY - ERSTE FUßBALLBUNDESLIGA
5.1 VFLWolfsburg
5.1.1 Allgemeine Hintergrundinformationen
5.1.2 Interviewergebnisse - Niko Briskorn
5.2 TSG Hoffenheim
5.2.1 Allgemeine Hintergrundinformationen
5.2.2 Interviewergebnisse - Stefan Wagner
5.3 SV Werder Bremen
5.3.1 Allgemeine Hintergrundinformationen
5.3.2 Interviewergebnisse - Michael Arends
6 AUSWERTUNG - CORPORATE SOCIAL RESPONSIBILITY - ZWEITE FUßBALLBUNDESLIGA
6.1 VFL Bochum
6.1.1 Allgemeine Hintergrundinformationen
6.1.2 Interviewergebnisse - Matthias Mühlen
6.2 1. FC Heidenheim
6.2.1 Allgemeine Hintergrundinformationen
6.2.2 Interviewergebnisse - Anna-Lena Fortiadis
7 AUSWERTUNG - CORPORATE SOCIAL RESPONSIBILITY - DEUTSCHE FUßBALL LIGA
7.1 Allgemeine Hintergrundinformationen
7.2 Interviewergebnisse -Arne Stratmann
8 WIRKUNGSMESSUNG
8.1 Wirkungsmessung: Theoretische Modelle
8.2 Herausforderungen der Wirkungsmessung in der Bundesliga
8.3 Handlungsempfehlungen im Kontext Wirkungsmessung von Bundesligavereinen
9 DISKUSSION
9.1 HandlungsempfehlungenVFLWolfsburg
9.2 Handlungsempfehlungen TSG Hoffenheim
9.3 Handlungsempfehlungen SV Werder Bremen
9.4 Handlungsempfehlungen VFL Bochum
9.5 Handlungsempfehlungen 1. FC Heidenheim
9.6 Handlungsempfehlungen DFL
9.7 Kritische Reflexion
10 FAZIT UND AUSBLICK
10.1 Resümeeder Ergebnisse
10.2 Ausblick
LITERATURVERZEICHNIS
Abstract
Die vorliegende Masterthesis beschäftigt sich mit dem Themengebiet der gesellschaftlichen Verantwortung beziehungsweise „Corporate Social Responsibility“ (kurz CSR) von deutschen Fußballbundesligisten. Dieser Bereich hat vor allem im letzten Jahrzehnt an Bedeutung gewonnen. Ziel dieser Arbeit ist es, die Unterschiede verschiedener Bundesligisten hinsichtlich der Aktivität sowie Effektivität der CSR-Maßnahmen aufzuzeigen. Hierfür werden zunächst sowohl Fortschrittsberichte als auch aktuelle Studien herangezogen. Im zweiten Schritt werden Experten einzelner Bundesligisten im Rahmen eines qualitativen Interviews zu aktuellen Fallbeispielen bezüglich des Nachhaltigkeitskonzeptes befragt. Daraus werden Handlungsempfehlungen für die jeweiligen Vereine erarbeitet. Darüber hinaus beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit dem Thema Wirkungsmessung. In diesem Kontext werden Herausforderungen der Wirkungsmessung sowie Potenziale aufgezeigt.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Verantwortungspyramide nach Carroll (1991)
Abb. 2 CSR-Verständnis der vorliegenden Arbeit (eigene Darstellung in Anlehnung an GRI Standards)
Abb. 3 CSR Veröffentlichung in Fachzeitschriften mit Fußballbezug 2016-2020 (eigene Darstellung)
Abb. 4 CSR-Erscheinungsformen (Kochs, 2017)
Abb. 5 CSR-Maßnahmen (Kochs, 2017)
Abb. 6 CSR-Kommunikation intern (Kochs, 2017)
Abb. 7 CSR-Kommunikation extern (Kochs, 2017)
Abb. 8 CSR-Erfolgskontrolle (Kochs, 2017)
Abb. 9 Wertschöpfungskette am Beispiel Integrationsprojekt (eigene Darstellung)
Abb. 10 SROI-Analyse (Schober & Rauscher, 2014)
Abb. 11 Die vier Entwicklungsstufen des Nachhaltigkeitsmanagements (PWC, 2011)
Tabellenverzeichnis
Tab. 1 Bundesligatabelle Nachhaltigkeit (imug, 2016)
Tab. 2 Studien zu Corporate Social Responsibility im Fußball
Tab. 3 Zusammenfassung der Ergebnisse (eigene Darstellung)
1 Einleitung
1953 veröffentlichte Howard Bowen das Buch Social Responsibility of the Businessman., welches als der erste Versuch gehalten wird, das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Unternehmen konzeptionell zu beschreiben (Bowen, 1953; Jonker et al., 2011). Damit präsentierte Bowen erstmalig ein systematisches Konzept gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen, welches zum damaligen Zeitpunkt noch nicht unter das Branding Corporate Social Responsibility (CSR) fiel. Bowen war fester Überzeugung, dass Unternehmen eine gesellschaftliche Verantwortung mit sich tragen. Dieses Konzept fand in der amerikanischen Wirtschaft viele Befürworter, wodurch die Aufmerksamkeit für dieses Thema stieg. Jedoch wurde erst in den 1970er Jahren der ökonomische Mehrwert von Bowens Konzept erkannt. Die damals stagnierende Wirtschaft der USA war Auslöser für den Wandel zum Corporate Citizen (CC). Es etablierte sich das Verständnis, Unternehmen als Bürger zu betrachten und neben rechtlichen auch gesellschaftliche Pflichten zu tragen (Carroll, 1979; Jonker et al., 2011).
Auf politischer Ebene kann ebenfalls ein Wandel des Verständnisses gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme beobachtet werden. Als entscheidender Meilenstein und Beginn der internationalen Umweltpolitik wird die 1972 erstmalig stattfmdende United Nations Conference on the Human Environment in Stockholm betrachtet (Jonker et al., 2011). Ein stetig wachsender Handlungsbedarf aufgrund des Klimawandels, führte über zahlreiche Umweltkonferenzen und diverse Abkommen der vereinten Nationen, zu einem bedeutenden Meilenstein. 2015 wurden im Rahmen der Agenda 2030 die Sustainable Development Goals (SDGs) definiert, welche insgesamt 17 Ziele beinhalten, die sich mit globalen Problemstellungen wie Armut, Rassismus, Klimawandel, Bildung, Innovation und Infrastruktur auseinandersetzen. Grundsätzlich sollen diese u.a. als Richtlinien für Unternehmen verstanden und die genannten Ziele in den nächsten 10 Jahre erreicht werden (United Nations, o. J.).
Auch im Fußball steigerte sich die Relevanz gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme und wurde zuletzt auf internationaler Verbandsebene manifestiert. Die Vision 2020-23 der FIFA beinhaltet 11 Schwerpunkte, auf die sich der Fußball in Zukunft fokussieren sollte. Die Ziele Soziales Engagement mit Hilfe des Fußballs und Schutz der Werte des Fußballs verdeutlichen, dass der Fußball eine elementare Rolle im Kontext der gesellschaftlichen Verantwortung einnimmt. Maßgeblich sollen Themenschwerpunkte wie Rassismus, Kinderschutz, Fairness und Schutz der Menschenrechte verfolgt werden (FIFA, 2020).
Der Fußball hat in den vergangenen 20 Jahren einen enormen Wandel durchlaufen. In den letzten 15 Jahren konnte die Bundesliga ihren Gesamtumsatz in jeder Saison übertreffen. Der Wirtschaftsreport 2020 der DFL verzeichnet einen kumulierten Umsatz der 18 Bundesligisten von erstmalig 4,02 Milliarden Euro. Längst sind die Clubs mit mittelständischen Unternehmen zu vergleichen. Vereine wie Borussia Dortmund und der FC Bayern München erfüllen bereits die Bedingungen eines Großunternehmens und sind mittlerweile verpflichtet eine nicht-finanzielle Erklärung zu veröffentlichen (DFL, 2020). Folglich setzen sich in einer wachsenden Industrie, immer mehr Vereine mit dem Thema gesellschaftliche Verantwortung auseinander. Bedingt durch die Kommerzialisierung des Fußballs, das verstärkte mediale Interesse, der stetig wachsenden Umsätze der Vereine und resultierenden Entwicklung zu mittelständischen Unternehmensstrukturen, wächst auch die Erwartungshaltung der Stakeholder an die unternehmerische Verantwortung (Walzel, 2018) Rauball (2014) beschreibt den Fußball als von Grund auf nachhaltig und beobachtet eine stetig zunehmende Verantwortungsübernahme der Vereine. Weiter vermittelt der Sport unverzichtbare, gesellschaftliche Werte wie Fairness, Solidarität und Leistungsorientierung, wodurch er als integrationsfördernd und unabhängig vom sozialen Stand oder religiösem Hintergrund Menschen verbindet. Aufgrund dieser Faktoren entsteht für den Fußball auch die Verantwortung, mit seiner Stahlkraft gesellschaftlichen Problemstellungen entgegenzuwirken.
1.1 Problemstellung und Forschungsfrage
Der Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) ist nicht nur im politischen und wirtschaftlichen Kontext in den letzten Jahren in den Vordergrund gerückt. Auch im Kontext des Fußballs hat sich der Begriff etabliert. Breitbarth und Harris (2008) konstatieren, dass CSR in den letzten Jahrzehnten wachsende Aufmerksamkeit im Bereich des Sportmanangements erlangte, insbesondere der Fußballindustrie. Daraus resultiert die Notwendigkeit für Verantwortliche von Sportvereinen der steigenden Erwartungshaltung aller Stakeholder nachzukommen. In dieser Arbeit stellen Breitbarth und Harris (2008) eine der untersuchten Studien zu gesellschaftlicher Verantwortung in professionellen Fußballvereinen dar. Diese Entwicklung attestiert Schmidtpeter (2014) und verdeutlicht einen notwendigen Paradigmenwechsel in der Vereinsführung sowie soziale, ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen vor denen Unternehmen bzw. Vereine stehen. Diese resultieren u.a aus Entwicklungen wie dem demographischen Wandel, Ressourcenknappheit und Finanzkrisen.
Ziel dieser Arbeit ist es die Unterschiede verschiedener Bundesligisten hinsichtlich der Aktivität und Effektivität der CSR Maßnahmen aufzuzeigen. Daraus ergibt sich die folgende Forschungsfrage: Wie äußern sich die Unterschiede hinsichtlich der Aktivität von CSR- Maßnahmen innerhalb ersten und zweiten Fußballbundesliga?
1.2 Vorgehensweise
Um sich der Forschungsfrage zu nähern, ist es zunächst notwendig, den Begriff CSR theoretisch einzuordnen. Hierzu wird das Pyramidenmodell von Carroll (1991) um die Definition der Europäischen Kommission und dem Drei-Säulen-Modell nach Elkington (1998) erweitert. In Kapitel 3 wird der aktuelle Forschungsstand im Kontext CSR aufgegriffen. Hierzu werden wissenschaftlich relevante Studien zusammengetragen, welche entweder nationalen oder internationalen Fußballbezug aufweisen. Die Methodik dieser Masterarbeit, die Auswahlkriterien der Experten sowie der Ablauf der Experteninterviews werden in Kapitel 4 erläutert. In Kapitel 5 und 6 werden zunächst Fortschrittsberichte und relevante Inhalte auf der Website der jeweiligen Vereine untersucht. Im zweiten Schritt werden zu aktuellen Fallbeispielen Experten1 der ersten und zweiten Bundesliga im Rahmen eines qualitativen Interviews bezüglich der CSR-Strategie befragt. Die Ergebnisse werden anhand der verschiedenen Untersuchungscluster zu jedem Verein aufgeführt. Da CSR ein Thema ist, mit dem sich nicht nur Bundesligavereine, sondern auch deren verantwortlicher Verband beschäftigt, werden in Kapitel 7 die Interviewergebnisse mit einem Experten der Deutschen Fußball Liga ergänzt.
Eines der Subziele der Thesis ist es, Handlungsempfehlungen für CSR-Strategien von Sportvereinen zu entwickeln und zusätzlich einen wissenschaftlichen Mehrwert zu generieren. Kapitel 8 beschäftigt sich mit dem Thema Wirkungsmessung von CSR- Maßnahmen. Vertiefend wird an dieser Stelle auf Herausforderungen der Wirkungsmessung und die limitierenden Faktoren eingegangen, die sich im Rahmen der Experteninterviews herausgestellt haben. Anschließend werden potenzielle Methoden herausgestellt, die auch für wirtschaftlich schwächere Vereine umsetzbar wären, welche ebenfalls als Subziel dieser Arbeit betrachtet werden können. Im Kapitel 9 werden die Ergebnisse gegenübergestellt und miteinander verglichen. Die Arbeit schließt mit einem Fazit und einem Ausblick über mögliche zukünftige Studien ab.
2 Begriffsabgrenzungen
Aufgrund der in den letzten Jahren steigenden, inflationären Nutzung des Begriffs CSR ist es notwendig, diesen von den Termini Corporate Citizenship und Corporate Governance abzugrenzen. Bevor das CSR-Verständnis dieser Arbeit erläutert wird, werden verschiedene Definitionen des Begriffs sowie das der Arbeit zugrunde liegende Modell von Carroll (1991) zusammengetragen.
2.1 Corporate Social Responsibility (CSR)
Aufgrund der häufigen Nutzung des Begriffs CSR existieren verschiedene Auffassungen, welche anhand einiger Konzepte und Definitionen eingeordnet werden sollen. Bevor über bestehende CSR-Konzepte gesprochen wird, ist es erforderlich, den Begriff CSR zu definieren. In diesem Unterkapitel soll CSR auf normativer Ebene eingeordnet werden, bevor der Begriff im Kontext der Fußball-Bundesligisten in der Praxis auf ökonomischer Ebene betrachtet wird.
Der Begriff CSR wird häufig mit dem Attribut sozial verbunden, welches aber nur einen Teil des Konzeptes darstellt. In dieser Arbeit wird der Terminus CSR mit gesellschaftlicher Verantwortung übersetzt.
Während Habisch et al. (2004) die vier Kernbereiche: Kapital, Mitarbeiter, Gesellschaft und Umwelt für den Terminus CSR definiert haben, konnten Helmold et al. (2020) Überschneidungen des CSR-Verständnisses bei deutschen Unternehmen untersuchen. Demnach fokussieren sich Konzerne wie Volkswagen, Deutsche Bahn und SAP in ihrer CSR-Strategie auf die drei Dimensionen: Ökonomie, Soziales und Ökologie.
Die Europäische Kommission veröffentlichte im Rahmen der EU-Strategie 2011-2014 eine Definition für CSR, in der es heißt:
„Damit die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung in vollem Umfang gerecht werden, sollten sie auf ein Verfahren zurückgreifen können, mit dem soziale, ökologische, ethische, Menschenrechts- und Verbraucherbelange in enger Zusammenarbeit mit den Stakeholdem in die Betriebsführung und in ihre Kemstrategie integriert werden.“ (Europäische Kommission, 2011, S.7)
Ergänzend zeigt das folgende Zitat, welches ebenfalls von der Europäischen Kommission stammt, dass es sich bei CSR um freiwilliges Engagement handelt, das einen positiven Beitrag des Unternehmens für die Gesellschaft sowie Umwelt leistet. Konkret richten sich diese Maßnahmen an alle Stakeholder, die durch das unternehmerische Handeln beeinflusst werden. Gleichzeitig kann dieses Engagement einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung des Unternehmens haben (Europäische Kommission, 2001).
„Corporate social responsibility is essentially a concept whereby companies decide voluntarily to contribute to a better society and a cleaner environment (...) an increasing number of European companies recognize their social responsibility more and more clearly and consider it as part of their identity. This responsibility is expressed towards employees and more generally towards all the stakeholders affected by business and which in turn can influence in success.” (Europäische Kommission, 2001, S. 4)
Die in beiden Zitaten genannten Interessensträger bzw. Stakeholder spielen für den unternehmerischen Erfolg und die Umsetzung der Projekte eine maßgebliche Rolle. Helmold et al. (2020) beschreiben CSR als nicht eindeutig definierbar, welches je nach Interessenslage variiert. Sowohl die Einbindung aller Stakeholder in unternehmensstrategische Fragestellungen als auch in sogenannte Stakeholder-Dialoge sind bei der Ausrichtung der CSR-Strategie unabdingbar (Eimes, J. & Luthe, A., 2017). Die Relevanz der Stakeholder wird zu späterem Zeitpunkt in der Arbeit wieder aufgegriffen und in Bezug zu dem Handlungsfeld Fußball und Vereinsarbeit gesetzt.
2.1.1 Definition Corporate Social Responsibility nach Carroll (1991)
Eines der wissenschaftlich bekanntesten und häufigsten zitierte Definition stellt die Verantwortungspyramide von Carroll (1991) dar, welche die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen auf vier Ebenen unterscheidet. So beschreibt die erste Ebene die ökonomische Verantwortung und beinhaltet die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens als Aufgabe zur Profitabilität. Die zweite Ebene beinhaltet die gesetzliche Verantwortung, nach der Unternehmen verpflichtet sind, rechtlich korrekt zu handeln. Die dritte Ebene geht über gesetzliche Richtlinien und die Profitabilität hinaus und befasst sich mit ethisch verantwortungsvollem Handeln, welche gesellschaftlich erwartet werden. Dies meint beispielsweise die Schaffung fairer Arbeitsbedingungen und das Handeln nach gewissen Werten und Normen. An der Spitze der Pyramide steht die philanthropische Verantwortung, welche innehat, der Gesellschaft einen Nutzen zu leisten, und das Tagesgeschäft zu übersteigen. Konkret impliziert dies Maßnahmen, die vom Unternehmen geleistet werden und nicht gesellschaftlich erwartet werden, wie beispielsweise Projekte in sozial schwachen Ländern zu initiieren, den Bürgern in unmittelbarer Nähe Ressourcen zur Verfügung zu stellen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern, ohne dazu aufgefordert zu werden (Carroll, 1991). Die Ebenen sind in Abbildung 1 graphisch aufgeführt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Verantwortungspyramide nach Carroll (1991, S. 42)
Carroll beschreibt das Modell als ganzheitliches Konzept, das idealerweise alle vier Unternehmensebenen beinhalten sollte, wobei nur die erste und zweite Ebene, d. h. die ökonomische und rechtliche Ebene, verpflichtend sind. Nach Carroll verpflichten sich Unternehmen, innerhalb der dritten Ebene ethisch vertretbar zu wirtschaften und dabei ihre Stakeholder (Mitarbeiter, Sponsoren, Fans) zu berücksichtigen. Diese Stufe wird von der Gesellschaft erwartet. Die vierte Stufe (philanthropische Verantwortung) ist ein freiwilliger Beitrag, der vom Unternehmen geleistet werden kann, keinen wirtschaftlichen Profit beabsichtigt, jedoch gesellschaftlich erwünscht ist. Hierunter fallen Projekte, die einen gesellschaftlichen Mehrwert leisten. Dieses ganzheitliche CSR-Konzept kann als Orientierung für Unternehmen dienen, um langfristig nachhaltig, transparent und gesellschaftlich verantwortungsvoll zu wirtschaften.
Kritiker dagegen bemängeln die fehlende Berücksichtigung sozialer, ökologischer und kultureller Faktoren innerhalb Carrolls 4-Stufenmodell. So würde die dominante ökonomische Grundstufe des Modells zunächst entstandene Missstände implizieren, die erst auf freiwilliger Basis im Rahmen der rechtlichen, ethischen und philanthropischen Betrachtungsweisen betrachtet werden. Folglich könnte ein Unternehmen ihre Produktion ohne Berücksichtigung von umweltschonenden Verfahren durchführen oder zur Zerstörung von Artenvielfalt beitragen, aber anschließend einige Bäume pflanzen und damit im Rahmen des Modells handeln (Schneider & Steiner, 2005).
Somit implementiert Carrolls Modell nicht die in der Untemehmensstrategie verankerten ethischen, sozialen und ökologischen Aspekte, die injedem Prozess berücksichtigt werden, und lässt Interpretationsspielraum offen.
2.1.2 CSR-Verständnis dieser Arbeit
Das CSR-Verständnis dieser Arbeit stützt sich u.a. auf der Verantwortungspyramide nach Carroll (1991). Insbesondere bei Betrachtung der philanthropischen Ebene „improve quality of life“ und „contribute resources to the community“, erscheint die Beinhaltung sozialer und ökologischer Aspekte als schlüssig.
Aufgrund der in Kapitel 2.2 genannten offenen Gestaltungsspielräume der philanthropischen Ebene, dient das Drei-Säulen-Modell von Elkington (1998) als Orientierung für die vorliegende Arbeit. Elkington schreibt der ausgewogenen Balance zwischen sozialen, ökonomischen und ökologischen Zielen der CSR-Strategie eines Unternehmens hohe Bedeutung zu. Darüber hinaus zeigte sich im Rahmen der Internetrecherche (Websites der Vereine), dass eine Vielzahl der Vereine diese drei Dimensionen in ihrer CSR-Strategie berücksichtigen. Daher erscheint die Betrachtung der sozialen, ökologischen und ökonomischen Dimensionen im Kontext CSR im Fußball sinnvoll. Ebenso attestiert Schmidtpeter (2018) die zentrale Bedeutung der drei genannten Dimensionen im Zusammenhang mit gesellschaftlicher Verantwortung, vor allem in Bezug auf Sportvereine.
Das Modell von Carroll dient als Grundlage für das CSR-Verständnis dieser Thesis und wird um wissenschaftliche und für das Forschungsinteresse relevante Aspekte ergänzt. Die folgende Abbildung stellt das CSR-Verständnis in Anlehnung an die empfohlenen Nachhaltigkeitsstandards für Unternehmen der Europäischen Kommission dar (EU- Kommission, 2011).
In Anlehnung an die aufgeführten Definitionen in Kapitel 2.1, veranschaulicht Abbildung 2 das CSR-Verständnis dieser Arbeit. Die definierten Themenfelder der EU finden sich im Drei-Säulen-Modell wieder, da ethische und menschenrechtliche Fragestellungen in der sozialen Dimension zu verzeichnen sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: CSR-Verständnis der vorliegenden Arbeit (eigene Darstellung in Anlehnung an Elkington, 1998)
2.2 Corporate Citizenship (CC)
Gleichermaßen findet der Terminus „Corporate Citizenship“ (CC) sowohl in Wissenschaft wie auch Wirtschaft verstärkten Gebrauch. In Bezug aufUntemehmen meint dieser Begriff die Intention, als „verantwortungsvoller Bürger der Gesellschaft wahrgenommen zu werden“. Auch hier existieren unterschiedliche Meinungen über die Beziehung zum CSR. Dieser Sachverhalt lässt sich grundsätzlich in zwei Strömungsrichtungen unterteilen. Vertreter der ersten Gruppe beschreiben CC als diverse Formen wohltätiger Handlungen des Unternehmens. Dieses kann beispielsweise die Unterstützung von gemeinnützigen Organisationen, Eröffnen von Stiftungen oder Aktivitäten in Form von Spenden meinen. Diese Definition von CC wird häufig auch als „Corporate Giving“ bezeichnet (Weber, 2008, S.44). Dubielzig und Schaltegger (2005, S. 235 ff.) sprechen von einer Rückgabe an die Gesellschaft, die erst durch wirtschaftlichen Erfolg ermöglicht wird. Grundsätzlich wird der Begriff CC positiver wahrgenommen, da dieser impliziert, dass sich Unternehmen als Teil der Gesellschaft verstehen.
Vertreter der zweiten Gruppe bewerten CC und CSR als austauschbare Bezeichnungen. Carroll ordnet den Begriff ähnlich ein, wie es in der obersten Ebene der Verantwortung Pyramide nach Carroll (1991) heißt ,,be a good corporate citizen“ ist der Begriff CC mit der philanthropischen Verantwortung gleichzusetzen. Nach Carroll ist CC als Teil des CSR- Konzeptes anzusehen und bildet die freiwillige Bereitschaft des Unternehmens, einen positiven Beitrag für die Gesellschaft zu generieren.
Ebenfalls hohe Akzeptanz in der Wissenschaft findet die Definition von Weber (2008, S. 41), welche dem CC zusätzlich eine stärkere politische Rolle einräumt. Dieser betrachtet CSR als einen Teil des Oberbegriffs CC und definiert CC als die unternehmerische Pflicht, aktiv als Bürger an der Gestaltung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen mitzuwirken.
2.3 Corporate Governance (CG)
Da dieser Begriff in dieser Arbeit nicht von entscheidender Bedeutung ist, wird dieser nur von CSR abgegrenzt und kurz erläutert. Corporate Governance (CG) meint nach Schwalbach und Schwerk (2008, S. 71) die „unabhängige, wert- und erfolgsorientierte Unternehmensführung und die Steigerung des Unternehmenswertes“. Entscheidend sind dafür die Definition klarer Entscheidungsmaßstäbe innerhalb der einzelnen Unternehmensorgane sowie die transparente Kommunikation dieser gegenüber dem Stakeholder.
Auch in Bezug auf Sportvereine ist CG ein präsenter Begriff. Verschiedene Stakeholder bringen unterschiedliche Interessen mit. Diese können bei beispielsweise unvollständigen Verträgen oder unklaren Absprachen zu opportunistischen Verhaltensweisen führen und eine Zusammenarbeit sowie eine erfolgreiche Unternehmensführung erschweren. Konkrete Beispiele stellen monopolistische Institutionen, wie die FIFA, die aufgrund ihrer Stellung keiner eindeutigen Kontrollinstanz unterliegen. Weitere Themenfelder von Corporate Governance stellen Antikorruption, Compliance und Managementvergütung dar (Schmidtpeter, 2014). Regelungen zur CG können rechtliche und konkrete Arrangements festlegen, die wiederum Möglichkeiten und Motivationen für opportunistisches Verhalten einschränken (Schwalbach & Schwerk, 2008).
Somit bezieht sich CG im Gegensatz zu CSR auf die wert- und erfolgsorientierte Unternehmensführung mit dem Schwerpunkt auf einen transparenten Austausch mit einzelnen Stakeholder^ während CSR auf die gesellschaftliche Verantwortung abzielt und ökonomische, ökologische sowie soziale Dimension beinhaltet. Dennoch haben die beiden Begrifflichkeiten den Stakeholder-Dialog bzw. -Bezug gemeinsam. Dabei fokussiert sich CG auf das regulatorische und kontrollierende Umfeld und legt die Mindestverpflichtung gegenüber dem Stakeholder fest (Schwalbach & Schwenk, 2008)
3 Forschungsstand
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit bestehenden Studien, die CSR-Aktivitäten innerhalb der deutschen Fußballbundesliga zu thematisieren. Zur besseren Übersicht werden diese in Tabelle 2 aufgelistet. Ergänzend zu den genannten Begriffsabgrenzungen und Definitionen wird im Folgenden der Forschungsstand zu CSR mit dem Fokus auf die Fußballbundesliga erläutert.
Im Zusammenhang mit dem Fußball existiert eine Reihe von Studien, die sich mit der Entwicklung, den Motiven und der Wirkung von CSR beschäftigt. Zahlreiche Studien betrachten das gesellschaftliche Engagement in der Premier League (Hovemann et al., 2011; Breitbarth & Harris, 2008). Eine aktuelle Studie von Walzel (2018) untersuchte u. a. CSR- Artikel auf ihre geografischen Forschungsschwerpunkte. Dabei kristallisierte sich heraus, dass 16 von 30 ermittelten Beiträgen zu CSR im Fußball (Sportmanagement, Sportwissenschaft und Management Zeitschriften) sich auf Clubs in Großbritannien fokussierten. An zweiter Stelle befindet sich Deutschland mit sieben Artikeln. Zusätzlich konnte ein starker Fokus mit 77 % der Beiträge auf den europäischen Raum festgestellt werden. Keine der empirischen Forschungsarbeiten bezieht sich auf Südamerika oder Afrika. Da die vorliegenden Studien nur Artikel bis zum Jahr 2016 berücksichtigten, ergänzt Abbildung 2 zum einen die in der Studie berücksichtigten Fachzeitschriften um den Zeitraum 2017 bis 2020. Zum anderen wurde die Abbildung um das deutsche Pendant „Sponsors“ für den genannten Zeitraum erweitert. Während zwischen 2007 und 2016 nur eine jährliche Veröffentlichung in Sportmanagement Fachzeitschriften identifiziert wurde (Walzel, 2018), stieg diese Zahl auf mehr als zwei Beiträge pro Jahr im Zeitraum 2017 bis 2020 (vgl. Abb. 3). Gleichzeitig verdeutlicht die Grafik, dass zum einen deutsche Fachzeitschriften viel über CSR berichten, zum anderen das Thema stetig an Bedeutung gewinnt. Somit lässt sich eine hohe Relevanz des Themas CSR in der deutschen Fußballbundesliga identifizieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: CSR-Veröffentlichungen in Fachzeitschriften mit Fußballbezug (2016 bis 2020; eigene Darstellung)
Eine weitere Studie dagegen beschäftigte sich mit den Motiven für CSR der 18 Fußballbundesligisten. Im Rahmen der geführten Interviews mit CSR-Managem (Hannover 96, VFL Wolfsburg, SV Werder Bremen und Hamburger SV) konnten Unterschiede hinsichtlich der Organisationstruktur in den zuständigen Abteilungen, der geografischen Fokussierung der Projekte und unterschiedlichen Themenschwerpunkte festgestellt werden. Als Motivation des Engagements konnten wirtschaftliche Interessen der Vereine, Kundenbindung sowie die Erwartungshaltung der Sponsoren herausgestellt werden. In der Studie, welche die Saison 2011/12 untersuchte, resümierte der Autor, dass Handlungsbedarf seitens der Dachverbände DFL und DFB bestünde und empfiehlt aufbauend darauf die Orientierung am Stiftungsmodell der Premier League. Als Gründe für das fortschrittliche Engagement im Bereich der ökologischen Dimension konnte das green goal programme ausgemacht werden, das im Rahmen der WM 2006 sowie Frauen WM 2011 zur Verbesserung der Klimabilanz der Bundesligisten staatlich gefördert wurde (Reiche, 2013).
Hovemann, Breitbarth und Harris (2011) untersuchten im Rahmen einer qualitativen Studie internationale Unterschiede hinsichtlich der CSR-Arbeit von professionellen Fußballvereinen in Deutschland, England und der Schweiz. Untersucht wurden die Vereine in den Bereichen Zielsetzung, Motivation und Erfolgsevaluation im Kontext CSR. Zusätzlich wurden im Rahmen dieser Arbeit die Themenschwerpunkte der 48 Vereine in die jeweiligen Bereiche Bildung, Gesundheit, Soziale Arbeit, Fans, Sport und Bewegung, Kinder und Jugendliche, Familie, ehemalige Spieler, Menschen mit Behinderungen, Drogen, Gewaltprävention, Ethik, Rassismus und Umwelt geclustert. Während Hovemann, Breitbarth und Harris (2011) die Saison 2008/2009 betrachtet, fokussiert sich Kochs (2017) auf den Stand den Zeitraum Mai bis Juli 2017. Weiterhin werden die Erkenntnisse der Experteninterviews der vorliegenden Masterthesis ergänzt, welche sich vom Zeitraum März bis September 2020 erstrecken. Im Ergebniskapitel werden die Erkenntnisse aus der Literaturrecherche sowie den Experteninterviews wieder aufgegriffen. Im Rahmen dessen wird der Ansatz verfolgt, Aussagen über die Entwicklung der CSR-Aktivitäten und die Veränderung der Themenschwerpunkte der Vereine zu treffen und diese auszuwerten.
Hovemann, Breitbarth und Harris (2011) konstatierten, dass sich Vereine in der Saison 2008/2009 besonders in sozialen Themenfeldern engagierten. Aus der Befragung konnten Schwerpunkte im Bereich Bildung, sozialer Arbeit und Gesundheit identifiziert werden. Dagegen wurden keine Projekte im Bereich Umwelt und Menschen mit Behinderungen umgesetzt. Aktuelle Studien weisen eine deutliche Veränderung in den Themenschwerpunkten auf. Besonders die ökologische Dimension stieg in ihrer Relevanz. So wurden 2017 bis zu 15 Projekte pro Verein mit dem Schwerpunkt Ökologie umgesetzt. Ferner konnte innerhalb der Studie eine steigende Gewichtung des ökologischen Bewusstseins festgestellt werden. 60 % der befragten Bundesligisten gaben an, zukünftig das ökonomische Engagement zu intensivieren.
Als Grundlage wird die umfassend angelegte Studie von Kochs (2017) sowie eine Studie der Deloitte Consulting (2019) herangezogen. Diese wurde von der DFL in Auftrag gegeben, um einerseits einen repräsentativen Vergleich des gesellschaftlichen Engagements der Bundesligavereine aufzuzeigen und andererseits einen Ausblick auf zukünftige Themenschwerpunkte zu geben sowie Handlungsbedarfe zu veranschaulichen.
Das explorativ angelegte Forschungsdesign untersuchte im Zeitraum Mai bis Juli 2017, 19 der 36 Erst- und Zweitligisten der Fußballbundesliga. Die Teilnehmer, die alle in den zuständigen CSR-Abteilungen der Vereine tätig waren, erhielten einen Fragebogen, welcher online und anonym die Themenfelder CSR-Erscheinungsformen, Anzahl der Mitarbeiter, Maßnahmen und deren Länge, Investitionshöhe, interne und externe CSR-Kommunikation sowie CSR Erfolgskontrolle abdeckte (Kochs, 2017).
Abbildungen 4 und 5 verdeutlichen, wie CSR in den Vereinen umgesetzt wurde und welche externen Stakeholder angesprochen wurden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: CSR-Erscheinungsformen (Kochs, 2017, S. 42) Abb. 5: CSR-Maßnahmen (Kochs, 2017, S. 43)
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass viele Vereine eine eigene CSR-Abteilung im Verein implementiert haben, eine eigene Stiftung gegründet haben oder CSR relevante Themen einer anderen Abteilung des Vereins übergeben haben (Kochs, 2017). Ebenso sind Vereine wie der SV Werder Bremen zu verzeichnen, die Mischformen, also sowohl eine eigene Stiftung als auch eine eigene Stabstelle bzgl. CSR haben, die der Vereinsführung untergeordnet ist (SV Werder Bremen, 2015).
Abbildung 4 illustriert die Themenschwerpunkte der Vereine und stellt im Vergleich zu früheren Studien einen Wandel in bestimmten Bereichen dar. Während Projekte für Menschen mit Behinderungen und Flüchtlingshilfe in der Saison 2008/2009 keine Relevanz fanden, sind sie mitjeweils 100 % fürjeden der befragten Vereine von enormer Wichtigkeit. Weitere CSR-Maßnahmen richten sich an soziale Einrichtungen, Schulen, Sportvereine, Kinder und Jugendliche sowie Projekte gegen Rassismus (Kochs, 2017; Hovemann et al., 2011).
Abbildungen 6 und 7 veranschaulichen, auf welche Weise die Vereine Ihre CSR Aktivitäten kommunizieren. Dabei wird zwischen interner Kommunikation (innerhalb des Vereins und mit Stakeholdern) und externer Kommunikation (aus dem Verein in die Öffentlichkeit) unterschieden. Auf beiden Wegen ist die Kommunikation über den Newsletter für den Großteil der Vereine ein wichtiges Medium.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6: CSR-Kommunikationintem(Kochs, 2017,S.44) Abb. 7: CSR-Kommunikation extern (Kochs,
Grundsätzlich wird deutlich, dass die externe Kommunikation überwiegt und insbesondere in Form von Pressemitteilungen, Websites und Social-Media-Kanälen dominiert. Die Kommunikation über einen CSR-Bericht ist nur für 21 % der Vereine zutreffend (Kochs, 2017, S. 44 f.). Im Rahmen der Deloitte-Studie (2019) gaben 47 % der Bundesligavereine an, einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen, wobei nur zwei der Vereine einen Bericht nach GRI (Global Reporting Initiative)-Standards anfertigen. Eine solche einheitliche Rahmung der GRI wäre für die eindeutige Interpretation der Antworten notwendig. Lediglich Borussia Dortmund ist 2017 aufgrund der Einordnung als Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern ihrer Pflicht nachgekommen, einen CSR-Report zu publizieren. Der VFL Wolfsburg ist der zweite Verein, der allerdings auf freiwilliger Basis im Turnus von zwei Jahren einen Bericht veröffentlicht. Festzuhalten ist, dass mindestens 53 % bisher keine Kommunikation über einen Nachhaltigkeitsbericht erarbeitet haben, wovon aber die Hälfte dies in Zukunft in Betracht ziehen. Als Erkenntnis der Studie wurde prognostiziert, dass in naher Zukunft keine standardisierte Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erwarten sei, doch einige Vereine ihre Kommunikation in Bezug auf ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung strukturierter und zielgerichteter aufbauen werden (Deloitte, 2019).
Kochs (2017) nutzte dagegen das Reifegradmodell nach Schneider (2015), in dem die bereits erwähnten Themenfelder mit 25 Fragen einem Punktesystem zugeordnet wurden. Das Modell beinhaltet vier Kategorien: CSR 0.0, CSR, 1.0, CSR 2.0 und CSR 3.0. Alle 19 befragten Vereine wurden in die Kategorien CSR 1.0 (10 Vereine) und 2.0 (9 Vereine) zugeordnet, wobei eine deutliche Tendenz zur nächsten Stufe festgestellt wurde. CSR 1.0 steht demnach für ein philanthropisches CSR-Verständnis mit CSR-Bausteinen ohne Systematik. Dagegen steht CSR 2.0 für einen ganzheitlichen Ansatz, der im Management integriert wurde. Die Verteilung der Ergebnisse wurde mit dem noch weitestgehend nicht systematischen und strategischen CSR-Verständnis begründet, in dem tendenziell noch aktionistisch gehandelt wird. Damit von einem ganzheitlichen CSR-Verständnis gesprochen werden kann, sind eine Implementierung in die „generelle Vereinsstrategie“, ein stärkeres Einbinden der inneren Stakeholder sowie die Verstärkung der CSR-Abteilungen mit mehr qualifizierten Mitarbeitern, die den wachsenden Anforderungen der externen Stakeholder nachkommen können und das Engagement des Vereins professionalisieren, notwendig. Nach der Befragung befinden sich die Bundesligisten noch nicht auf dem Niveau von mittelständischen Unternehmen hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung. Allerdings ist eine positive Entwicklung sowie ein wachsendes Verständnis für den Bedarf einer ganzheitlichen CSR-Ausrichtung und Implementierung in die Vereinsstrategie festzustellen (Kochs, 2017).
Ein zentrales Thema dieser Thesis ist die Wirkung von CSR-Maßnahmen und die damit verbundene Messung. Permanent finden sich Ansätze in der Literatur, in Studien und CSR- Berichten wieder. Das Thema Wirkungsmessung bzw. CSR-Erfolgskontrolle wird derzeit bei lediglich 16 % der Vereine verfolgt (vgl. Abb. 8). 53 % beantworteten die Frage mit teils/teils und bei 26 % findet bisher keine Form der Wirkungsmessung statt (Kochs, 2017).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 8: CSR-Erfolgskontrolle (Kochs, 2017, S. 45)
Im Rahmen der Deloitte-Studie wurde die Wirkungsmessung auf die drei Dimensionen Ökonomie, Soziales und Ökologie untersucht. Hinsichtlich der ökonomischen Wirkungsmessung verfolgen nur 8 % der Vereine die Effektivität. Bei sozialen Projekten werden von 24 % der Vereine Ergebnisse erhoben, bei ökologischen Projekten wiederum 21 %. Die konkreten Messinstrumente wurden in den Studien nicht erhoben, sind aber Untersuchungsgegenstand in der vorliegenden Masterthesis und werden im Ergebniskapitel im Detail untersucht. Auch hier scheint sich eine Tendenz in Richtung stärkerer Wirkungsmessung abzuzeichnen. In Zukunft planen 33 % auf ökonomischer, 46 % auf sozialer und 50 % auf ökologischer Ebene, Fortschritte messbar zu machen und Messinstrumente hinzuzuziehen (Deloitte, 2019). Inwiefern Bundesligisten diese Ziele umsetzen können und welche Messinstrumente reliable Ergebnisse liefern, könnten zukünftige Studien aufzeigen.
Folgend wird eine Studie der imug Beratungsgesellschaft mbH (2016) untersucht. Die imug führte 2016 eine umfassende Studie zur Aktivität in gesellschaftlicher Verantwortung durch. Es sollte die Transparenz der Nachhaltigkeitsberichterstattung deutscher Bundesligaclubs analysiert werden, welche mithilfe von 15 Kriterien bzgl. sozialer, ökonomischer sowie ökologischer Aspekte bewertet wurden. Strukturiert wurden die Kriterien in drei Cluster: Klub, Spieltag und Umfeld. Erste Kategorie Klub beinhaltete den Aufbau und Organisation (verantwortungsvoller Umgang mit Mitarbeitern, Transparenz, Nachhaltigkeit der genutzten Produkte) und das Supply Chain Management (Nachhaltigkeit in der Lieferkette und Gastronomie). Der Spieltag wurde primär in ökologische Aspekte gegliedert, wie Ressourcenverbrauch sowie An- und Abreise. Die dritte Kategorie Umfeld des Vereins umfasst die Einflussnahme, d. h. Fans zu nachhaltigem Handeln zu ermutigen und Engagement innerhalb wie auch außerhalb des Vereins zu fördern. Injedem der 15 Kriterien konnte der Verein bis zu vier Punkte erreichen, welche auf Grundlage der Fortschrittsberichte oder Veröffentlichung von Projektberichten und Artikeln bewertet wurden. Insgesamt konnten maximal 60 Punkte erreicht werden, 50 % davon in der ersten Kategorie, 30 % in der zweiten und 20 % in der dritten. Zur besseren Darstellung wurden die Ergebnisse auf einen Nachhaltigkeitsindex von null bis 100 normiert.
Die Abschlusstabelle ist in Tabelle 1 sichtbar und sollte zur Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsaktivtäten innerhalb der Bundesliga dienen. Besonders auffällig scheint der deutliche Vorsprung des VFL Wolfsburg, welcher vor allem im Cluster „Spieltag“ injeder Unterkategorie volle Punktzahl erreicht hat, daher wäre es von besonderem Interesse diesen Verein im Rahmen der qualitativen Studie zu integrieren.
Tab. 1: Bundesligatabelle Nachhaltigkeit (imug, 2016)
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Wie eingangs festgehalten, bezieht sich der Bereich „Spieltag“ verstärkt auf ökologische Aspekte von Ressourcenverbrauch wie Wasser-, Energieverbrauch und Abfallmanagement bis hin zu Barrierefreiheit im Stadion. Betrachtet man den Durchschnittswert von 41,17 Punkten, scheint der VFL mit 93,5 Punkten ein positives Beispiel für nachhaltiges Engagement am Spieltag zu sein. Parallel dazu bedeutet dies für die Bundesliga einen entsprechenden Handlungsbedarf. Im Rahmen der Experteninterviews wird versucht, den aktuellen Stand in Bezug auf die ökologischen, sozialen und ökonomischen Dimensionen zu untersuchen. Tabelle 2 fasst die aktuellen Studien zu CSR zusammen.
Tab. 2: Studien zu Corporate Social Responsibility (CSR) im Fußball (eigene Darstellung)
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4 Methodik
4.1 Qualitative Forschungsmethode - Experteninterviews
Für die vorliegende Masterarbeit wird eine der am häufigsten genutzten Verfahren der empirischen Sozialforschung angewandt. Die gewählte Methodik orientiert sich an den Ausführungen von Meuser und Nagel (2002). Die Auswertung der Interviews setzt eine Transkription der Audiodatei voraus. Da es sich um Betriebswissen handelt und die Experteninterviews als gelungen eingeordnet werden, kann auf konversationsanalytische Auswertungen (Pausen) verzichtet werden. Im Anschluss wird die Transkription paraphrasiert und mit Überschriften versehen, um die Ergebnisse im Umfang zu verdichten. Dabei ist es besonders wichtig, dass inhaltliches Material nicht verloren geht, so dass bei Gegenüberstellung des Transkripts sowie der Paraphrase nichts unterschlagen oder verzerrt erscheint. Anschließend wird das Interviewmaterial sowie die erarbeiteten Überschriften, in die fünf genannten Untersuchungscluster kategorisiert, um eine bessere Übersicht über die gewonnenen Erkenntnisse zu erhalten (Meuser & Nagel, 2002).
Das leitfadengestützte Experteninterview ist eine Methode, welche weder inhaltlich noch methodologisch definiert ist und ausschließlich auf eine bestimmte Gruppe von „Experten“ beschränkt ist. Als Experte können Personen gesehen werden, die sich beispielsweise aufgrund ihres akademischen Bildungsgrades in einem bestimmten Themengebiet oder langjährigen Berufserfahrung „Prozesswissen“ und „Deutungswissen“ (Bogner & Menz, 2005, S. 43) oder „Betriebswissen“ und „Kontextwissen“ (Meuser & Nagel, 2002, S. 46) angeeignet haben, die das Allgemeinwissen deutlich übersteigen.
Häufig zitiert wird für die Bestimmung eines Experten auch die Definition von Alfred Schütz (1972). Schütz beruft sich auf die Annahme der gesellschaftlich anerkannten Differenz zwischen Experten und Laien. Der Experte wird innerhalb seiner Profession als kompetenter und durchsetzungsstärker wahrgenommen. Es handelt sich also um eine gesellschaftliche Konstruktion, wodurch die Kompetenz einer Person auf Grundlage seiner Profession und Erfahrung festgemacht wird.
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1 In dieser Arbeit erfolgt aus Gründen der besseren Lesbarkeit die Verwendung des generischen Maskulinums. Sofern nicht extra hervorgehoben, ist die männliche Form als geschlechtsunspezifisch zu verstehen.
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- Stephan Kaul (Author), 2021, Corporate Social Responsibility innerhalb der deutschen Fußballbundesliga. Qualitative Untersuchung und Vergleich anhand einzelner Fallbeispiele, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1168342
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