Seneca ist in erster Linie als popularphilosophischer Schriftsteller bekannt, der sich vor allem bei den jungen Leuten seiner Zeit großer Beliebtheit erfreute. In seinem Gesamtwerk ist das ständige Bemühen um eine moralische Festigung seiner Leser erkennbar. Gerade eine moralische Absicht vorfolgt der Autor der Apocolocyntosis, der Satire auf den verstorbenen Claudius, nicht. Berechtigt ist daher die oft gestellte Frage, ob Seneca, der auch die würdevolle offizielle Leichenrede auf Claudius komponiert hat, wirklich der Autor der anonym veröffentlichten Spottschrift ist. Literarisches Können beweist der Verfasser dieses Pamphlet – und man kann wohl davon ausgehen, dass es tatsächlich Seneca ist – jedenfalls, indem er in seiner Apocolocyntosis verschiedene Textgattungen parodiert, wie etwa die Panegyrik in den laudes
Neronis (Kap. 4), die rhetorisch ausgefeilte Rede (Kap. 10–11) und die Nänie, das Klagelied auf einen Verstorbenen (Kap. 12), die im Folgenden genauer untersucht werden soll. In all der umfangreichen Forschungsliteratur, die in den vergangenen Jahrzehnten zu Seneca und besonders zur Apocolocyntosis entstanden ist,3 scheint gerade dieses Kapitel beinahe vollkommen übersehen worden zu sein: Die in Anapäste gefasste Klage der Trauergemeinde um den verstorbenen Kaiser. Der letzte, der sich ausführlicher diesem Thema zuwandte, war offenbar der berühmte Altphilologe Otto WEINREICH im Jahre 1923.
Im Folgenden soll nach der Anführung allgemeiner Merkmale der Gattung der Nänie im Wesentlichen eine Einzelinterpretation der Klage um Claudius versucht werden. Dabei werden natürlich Senecas Verse, deren Spott und Ironie unverkennbar ist und herausgearbeitet werden soll, im Mittelpunkt der Untersuchung stehen. Daran schließt sich ein Vergleich der Nänie mit der ebenfalls von Seneca verfassten und durch Tacitus überlieferten Leichenrede an.
Inhaltsverzeichnis
1 Allgemeiner Teil
1.1 Zielsetzung und Vorgehen der Arbeit
1.2 Allgemeines zur Nänie
1.3 Inhaltliche Eingliederung der Nänie auf Claudius in den Kontext
1.4 Darstellung der Leichenfeier bei anderen antiken Autoren
2 Einzelinterpretation der Klage um Claudius
2.1 Die Nänie auf Claudius
2.1.1 Formale und inhaltliche Gliederung der Nänie
2.1.2 Versmaß: Anapäste
2.1.3 Detailinterpretation des Textes
2.1.3.1 Aufforderung zur Klage
2.1.3.2 Lob der körperlichen und geistigen Eigenschaften
2.1.3.3 Lob der Kriegstaten des Claudius
2.1.3.4 Lob der Rechtssprechung des Claudius
2.1.3.5 Die Freunde des Claudius
2.1.4 Allgemeine Tendenzen und Komisches in der Nänie
2.1.5 Elemente der Umgestaltung in der Nänie
2.2 Vergleich mit der laudatio funebris auf Claudius bei Tacitus
3 Schlussbemerkung
4 Anhang
4.1 Die Nänie auf Claudius (Sen. apocol. 12,3)
4.2 Die laudatio funebris auf Claudius (Tac. ann. 13,3)
5 Literaturverzeichnis
5.1 Editionen
5.2 Kommentare zu Senecas Apocolocyntosis (Kap. 12)
5.3 Forschungsberichte / Bibliographien
5.4 Sekundärliteratur / wissenschaftliche Beiträge zum Thema
5.5 Nachschlagewerke, Lexika, Allgemeines
1 Allgemeiner Teil
1.1 Zielsetzung und Vorgehen der Arbeit
Seneca ist in erster Linie als popularphilosophischer Schriftsteller bekannt, der sich vor allem bei den jungen Leuten seiner Zeit großer Beliebtheit erfreute. In seinem Gesamtwerk ist das ständige Bemühen um eine moralische Festigung seiner Leser erkennbar. Gerade eine moralische Absicht vorfolgt der Autor der Apocolocyntosis, der Satire auf den verstorbenen Claudius, nicht. Berechtigt ist daher die oft gestellte Frage, ob Seneca, der auch die würdevolle offizielle Leichenrede auf Claudius komponiert hat, wirklich der Autor der anonym veröffentlichten Spottschrift ist.1 Literarisches Können beweist der Verfasser dieses Pamphlet – und man kann wohl davon ausgehen, dass es tatsächlich Seneca ist – jedenfalls, indem er in seiner Apocolocyntosis verschiedene Textgattungen parodiert, wie etwa die Panegyrik in den laudes Neronis (Kap. 4), die rhetorisch ausgefeilte Rede (Kap. 10–11) und die Nänie, das Klagelied auf einen Verstorbenen (Kap. 12), die im Folgenden genauer untersucht werden soll.
In all der umfangreichen Forschungsliteratur, die in den vergangenen Jahrzehnten zu Seneca2 und besonders zur Apocolocyntosis entstanden ist,3 scheint gerade dieses Kapitel beinahe vollkommen übersehen worden zu sein: Die in Anapäste gefasste Klage der Trauergemeinde um den verstorbenen Kaiser. Der letzte, der sich ausführlicher diesem Thema zuwandte, war offenbar der berühmte Altphilologe Otto WEINREICH im Jahre 1923.4
Im Folgenden soll nach der Anführung allgemeiner Merkmale der Gattung der Nänie im Wesentlichen eine Einzelinterpretation der Klage um Claudius versucht werden. Dabei werden natürlich Senecas Verse, deren Spott und Ironie unverkennbar ist und herausgearbeitet werden soll, im Mittelpunkt der Untersuchung stehen. Daran schließt sich ein Vergleich der Nänie mit der ebenfalls von Seneca verfassten und durch Tacitus überlieferten Leichenrede an.
1.2 Allgemeines zur Nänie
Wie sich die Nänie in ihrer äußeren und inhaltlichen Form genau gestaltete, lässt sich nur schlecht rekonstruieren, da keiner dieser antiken Leichengesänge vollständig überliefert ist. Die einzigen uns erhaltenen Leichenreden in Versen stammen aus gallo-romanischer Zeit und wurden von Ausonius (geb. um 310 in Burdigala, gest. 393/94)5 und Sidonius Apollinaris (geb. um 430 in Lugdunum, gest. 486)6 verfasst, die mit dem Begriff Nänie Panegyrici auf Verstorbene sowie Grabinschriften betitelten.7 Als antiker Vertreter hat allein die Parodie der Nänie in Senecas Apocolocyntosis die Zeiten überdauert.8
Cicero gibt uns im zweiten Buch De legibus , in dem er sich eingehend mit Begräbnisriten beschäftigt, eine knappe Beschreibung: Honoratorum virorum laudes in contione memorentur, easque etiam <et> cantus ad tibicinem prosequatur, cui nomen neniae, quo vocabulo etiam <apud> Graecos cantus lugubres nominantur. (Cic. leg. II,24,62)
Eine kurze Definition der literarischen Gattung der Nänie bietet auch WILPERT in seinem Sachwörterbuch der Literatur , in dem er die Nänie als ein „in der Frühzeit des antiken Rom [gesungenes] Trauer-, Preisund Klagelied auf Verstorbene“ erklärt, das von weiblichen Verwandten des Verstorbenen oder „gemieteten Klageweibern unter Anführung einer praefica “9 während der Leichenprozession zu Flötenklängen vorgetragen wurde. Sehr bald bereits trat die laudatio funebris an die Stelle der Nänie, die sich allerdings vermutlich nicht aus dieser entwickelt hat.10
Der Versuch, die Nänie in der augusteischen Zeit als „Stück alter Volksfrömmigkeit beim Tode großer Persönlichkeiten“ wiederzubeleben, scheiterte.11 Ein Antrag des Senats nach dem Tod des Augustus, die Söhne und Töchter der römischen Nobilität bei den Trauerfeierlichkeiten eine Nänie singen zu lassen, sei abgelehnt worden, da diese Form der Trauerbekundung in Rom schon seit dem dritten vorchristlichen Jahrhundert als überkommen und nicht mehr zeitgemäß empfunden wurde.12 Anhaltspunkte hierfür finden sich bereits bei Naevius, Plautus und Lucilius.
1.3 Inhaltliche Eingliederung der Nänie auf Claudius in den Kontext
Nach Ablehnung seiner Vergöttlichung durch den Göttersenat muss Claudius den Himmel verlassen und wird von Merkur bei seinem Gang in die Unterwelt begleitet (11,6)13. Der Weg der beiden führt über die Erde, wo Claudius seinem Leichenzug begegnet und einen Chor den Klagegesang, naenia (12,3), singen hört. Das zwölfte Kapitel der Apocolocyntosis , das formal betrachtet genau in der Mitte der inhaltlich ringförmig gebauten Satire steht,14 bildet damit einen
Übergang, eine letzte aufschiebende Station zwischen Claudius’ Aufenthalt im Himmel, wo er bis zuletzt vergeblich auf seine Aufnahme in den Kreis der Götter gehofft hat und seiner endgültigen und unabwendbaren Bestrafung in der Unterwelt.
WEINREICH sieht in der Nänie auf Claudius (12,3) nach dem Nero-Enkomion (4,1) und der Augustus-Rede (10,1–11,5) den dritten formalen Höhepunkt in der Satire.15 Auffällig ist dabei, dass der Lobgesang auf Nero, der in Hexameter gefasst ist und den zukünftigen Herrscher preist, damit beginnt, dass Clotho16 den Lebensfaden des Claudius abreist und damit sein Leben beendet. Es spannt sich ein Bogen über die Rede des göttlichen Augustus, die gewissermaßen den Scheitelpunkt der Handlung darstellt, da sie das hoffnungsvolle Emporstreben des Claudius endgültig beendet und den Abstieg in die Unterwelt notwendig macht, bis hin zum Klagegesang auf den verstorbenen Claudius, in dem in die Vergangenheit zurückgeblickt und Claudius’ Verdienste gelobt werden.
1.4 Darstellung der Leichenfeier bei anderen antiken Autoren
In großer Ausführlichkeit wird die Leichenfeier für Claudius nur in Senecas Apocolocyntosis dargestellt. Die antiken Historiker schreiben zwar viel über seine Herrschaft und erwähnen die kuriosen Umstände seines Todes, über die Stimmung Volk nach dem Ableben des Kaisers wird jedoch nur wenig gesagt.
P. Cornelius Tacitus (geb. 55 n. Chr., Todesjahr unbekannt)17 lässt das zwölfte Buch seiner
Annalen mit dem Tod des Claudius enden, zu dessen Ehren ein aufwendiges Leichenbegängnis stattgefunden habe,18 und berichtet zu Beginn des dreizehnten Buches von der von Seneca verfassten und von Nero vorgetragenen Leichenrede für Claudius.19
Auch bei C. Suetonius Tranquillus (geb. ca. 70 n. Chr., Todesjahr unbekannt)20, der bekanntlich offen ist für Anekdoten und Klatsch, wird in den Kaiserviten Claudius’ Sterben in aller Anschaulichkeit ausgemalt. Dass man für ihn eine prachtvolle Leichenfeier veranstaltete, wird nur beiläufig knapp erwähnt.21 Seneca findet bei ihm jedoch einiges Material an Geschichten über Claudius’ Leben, deren Wahrheitsgehalt oft zweifelhaft ist, die er aber in seiner Apocolocyntosis und besonders auch in der Nänie verarbeitet.
Im Geschichtswerk des griechischen Schriftstellers Cassius Dio Cocceianus (ca. 155–235 n. Chr.), den Émµaï¬á, wird der Tod des Claudius am Ende des 60. Buches (ursprünglich umfasste das Werk 80 Bücher) geschildert.22 Auch hier wird im Bezug auf die Leichenfeierlichkeiten nur gesagt, dass Claudius einem verstorbenen Kaiser gebührende Ehren zu Teil wurden.23
Bei keinem der genannten Autoren wird allerdings – und diese Feststellung ist deshalb so wichtig, weil sie Senecas Nänie in ein Licht der Verfälschung der Tatsachen rückt – von der ausgelassenen Freude im Volk, wie Seneca sie schildert, berichtet.24 Auch die von einem großen Chor, µsyáhs ço9t¬ (12,3), gesungene Nänie scheint reine Erfindung Senecas zu sein. Diese Form der Trauerbekundung wäre in jener Zeit äußerst unüblich gewesen.25 Man kann somit davon ausgehen, dass, wenn es beim Leichenzug des Claudius wirklich eine Nänie gegeben hätte, dies so außergewöhnlich gewesen wäre, dass es auch bei den anderen Historikern als erwähnenswerte Besonderheit genannt worden wäre.
2 Einzelinterpretation der Klage um Claudius
2.1 Die Nänie auf Claudius
2.1.1 Formale und inhaltliche Gliederung der Nänie
Inhaltlich ist die Nänie in drei Abschnitte geteilt, von denen jeder mit einer Aufforderung zur Klage eingeleitet wird: (1) fundite fletus, edite planctus... (V. 1f.), (2) deflete virum (V. 19), (3) caedite maestis pectora palmis (V. 27). Im ersten Teil (V. 1–18) werden zunächst Claudius’ ausgezeichnete körperliche und geistige Eigenschaften gepriesen (V. 3–7a),26 anschließend wird Claudius als heldenhafter Feldherr gefeiert (V. 7b–18), dessen Kriegstaten und Erfolge im Osten gegen die Parther ( rebelles | fundere Parthos , V. 7bf.), Perser ( sequi | Persida , V. 8bf.) und Meder ( figeret hostes | pictaque Medi terga fugacis , V. 11bf.) und im Nordwesten gegen die Britannier ( ille Britannos ..., V. 13ff.) und Briganten ( et caeruleos scuta Brigantas ..., V. 15) gerühmt werden. Im zweiten Abschnitt wird Claudius’ Geschick als Richter hervorgehoben (V. 19b–23) und eine mythische Parallele zu König Minos gezogen (V. 24–26). Im letzten Teil werden die Freunde des Verstorbenen, die causidici (V. 28), die poetae novi (V. 29) und seine Genossen im Würfelspiel (vgl. V. 30f.), direkt angesprochen und zu besonderer Trauer aufge- fordert (V. 27–31).27 Es liegt damit ein für solche Klagelieder typischer Aufbau vor, indem zunächst allgemein zur Trauerbekundung aufgerufen wird, dann die Eigenschaften und Taten des Toten gelobt und zum Schluss einzelne Gruppen herausgegriffen und zur Trauer aufgefordert werden.28
2.1.2 Versmaß: Anapäste
Seneca weist in der Apocolocyntosis ausdrücklich darauf hin, dass er seine Nänie in Anapäste fasst ( nenia cantabatur anapaestis , 12,2),29 ein Versmaß, das im Wesentlichen in den gesungenen Teilen des antiken Dramas zu finden ist.30 Bei Seneca wird der Anapäst vor allem in den Chorpartien seiner Tragödien – eine solche spielt sich in gewisser Weise auch in der Apocolocyntosis ab: Claudius wird als gefallener Held am Ende zum Sklavendienst in der Unterwelt verdammt – und dort besonders für Klagelieder verwendet,31 die der Autor in der Nänie „im Aufbau und in der Sprache parodistisch nach[bildet]“32.33
Ilona OPELT unterscheidet bei der Verwendung des anapästischen Versmaßes in Senecas Tragödien, das „griechischem Geist nachempfunden“ sei, drei Funktionen: Zum einen zeichne der Anapäst ein bestimmtes Stimmungsbild, indem er Trauer und (An-)Klage zum Ausdruck bringe, darüber hinaus sei er thematisch mit dem „Schicksalsmotiv“ verknüpft, wobei der Chor das Schicksal einzelner Personen emotional miterlebe. Als dritte und eher seltene Funktion des Anapästs wird der „Ausdruck der Beschwörung in Gebet und Zauber“ genannt.34
Überträgt man diese Thesen auf die Anapäste in Senecas Apocolocyntosis , so lässt sich feststellen, dass hier vordergründig die erstgenannte Funktion, die Verwendung der Anapäste zur Klage, parodiert wird: Im Rahmen der Leichenprozession wird das Volk dazu aufgefordert, einen Mann zu beweinen,35 dessen Taten (wohlgemerkt) in ironischer Weise als glorreich dargestellt werden.
Die letztgenannte Funktion des anapästischen Metrums steht mit der Nänie wohl in keinem Zusammenhang, da weder ein Gebet noch ein Zauberspruch vorliegt. Man könnte sich allerdings überlegen, ob Seneca nicht vielleicht versteckt auch an das Schicksalsmotiv anknüpft, mit dem das Versmaß des Anapästs an einigen Stellen in seinen Tragödien thematisch verbunden ist (s.o.). OPELT nennt die „Gefährdung der Mächtigen durch Fortuna“36 als ein typisches Motiv, das die Verwendung des Anapästs als Versmaß bevorzugt. Auch wenn in der Nänie nicht explizit auf Schicksal und Tod des Claudius Bezug genommen wird, muss man sich vor Augen halten, wie sein Ableben in der Apocolocyntosis motiviert wird: Eine der drei Schicksalsgöttinnen, Clotho, beschließt mehr oder weniger willkürlich, den Lebensfaden des Kaisers, des mächtigsten Mannes in Rom, abzureißen.37 Dieses Ereignis wiederum zieht die Leichenfeier für Claudius und damit die Nänie nach sich. Auch dass der tote Claudius auf seinem Weg in die Unterwelt gerade seinem Leichenzug begegnet, ist in gewisser Weise schicksalhaft.
Formal sind die Verse der Nänie in den neueren Ausgaben in akatalektische anapästische Quaternare eingeteilt, dazwischen finden sich zwei anapästische Dipodien ( fortior orbe , V. 5 und litora ponti , V. 14). Im Archetypus der Überlieferung der Apocolocyntosis hingegen präsentierte sich der Text in 30 untereinander stehenden Quaternaren;38 an der Stelle also, an der man in den modernen Fassungen die erste Dipodie liest, wurde einfach weitergeschrieben, wodurch sich einerseits von diesem Vers bis zur zweiten Dipodie ( litora ponti , V. 13 bzw. 14) eine andere Verteilung der Halbverse ergibt (um eine Dipodie nach oben versetzt)39 und gerade das von der antiken Verskunst in der Regel vermiedene Phänomen des Hiat auftaucht ( fortior orb e . i lle citato , V. 5). Durch Elision würde das Versmaß zerstört, da eine Silbe fehlen würde. Diese Einteilung könnte nur dadurch gerechtfertigt werden, dass zwischen den beiden Teilversen des Quaternars eine starke Zäsur besteht, die gerade an dieser Stelle auch vom Inhalt gefordert wird und die eine merkliche Sprechpause verursacht, durch die der Hiat nicht mehr als solcher wahrgenommen wird.40
Auf die Wirkung und Ausgestaltung der Verse im Einzelnen wird bei der eigentlichen Einzelinterpretation der Nänie (Kap. 2.1.3) an verschiedenen Punkten Bezug genommen werden.
[...]
1 Vgl. dazu KNOCHE (1971), S. 63ff.
2 Eine detaillierte Bibliographie der Forschungsliteratur zu Seneca bieten BALBO, A. / MALASPINA, E.: Bibliografia senecana del XX secolo , Bologna 2005.
3 Ausführliche Forschungsberichte hierzu liefern COFFEY, M.: Seneca, Apocolocyntosis 1922–1958 , Lustrum 6 (1961 [1962]) 239–271 und BRINGMANN, K.: Senecas ’Apocolocyntosis’: Ein Forschungsbericht 1959–1982 , in: ANRW II, 32, 2, S. 885–914.
4 Siehe WEINREICH (1923). Dort vor allem das Kapitel II, C: „Intermezzo: Zwischenstation auf Erden nebst Nänie (c.12)“, S. 106–119.
5 Vgl. Kl. Pauly s. v. Ausonius [2], Bd. 1, Sp.774–776.
6 Vgl. Kl. Pauly s.v. Sidonius Apollinaris , Bd. 5, Sp. 174.
7 Vgl. MIRMONT (1903), S. 368ff.
8 Ausführlich behandelt MIRMONT (1903) im Kapitel „La nenia“ (S. 359ff.) Ursprung und Verwendung der Nänie.
9 WILPERT (1989), S. 604 [Nänie].
10 Vgl. KIERDORF (1980), S. 99.
11 Siehe WILPERT (1989), S. 604 [Nänie].
12 Vgl. MIRMONT (1903), S. 361. Wie sehr sich die Nänie um die Zeitenwende von ihrer ursprünglichen Form und Funktion entfernt hatte und in Verruf geraten war, beschreibt MIRMONT mit folgenden Worten: „[À] l’époque d’Auguste, la nénie désignait soit un chant funèbre tombé en désuétude, soit des litanies magiques, des complaintes populaires, des chansons d’enfants, ou, en général, toute sorte de rengaines et de sornettes.“ (S. 365)
13 Soweit nicht anders vermerkt sind im Folgenden die direkten und indirekte Zitate der Apocolocyntosis in der Ausgabe von ROSSBACH entnommen, der auch die Verszählung folgt.
14 WEINREICH (1923) teilt die Apocolocyntosis ein in „Ouvertüre“ (Kap. 1–4), „Erstes Hauptstück: Claudii Himmelfahrt“ (Kap. 5–11), „Intermezzo: Zwischenstation auf Erden nebst Nänie“ (Kap. 12) , „Zweites Hauptstück: Claudii Höllenfahrt“ (Kap. 13–15) und „Exodium“ (Kap. 15,2) (vgl. S. IX–XI).
15 Vgl. ebd., S. 106.
16 Eigentlich ist es Atropos, die Unabwendbare, die den Lebensfaden abschneidet. Bei Seneca vollzieht allerdings Clotho, die der Mythentradition zufolge den Lebensfaden spinnt, diese Handlung (vgl. GRANT/HAZEL (2004), S. 153 [Fatae]).
17 Vgl. Kl. Pauly s. v. Tacitus [1], Bd. 5, Sp. 486–493.
18 Dazu Tac. ann. 12,69: caelestesque honores Claudio decernuntur et funeris sollemne perinde ac divo Augusto celebratur.
19 Zum Tod des Claudius in Tac. ann. 12, 65–69, Leichenbegängnis und Leichenrede für Claudius in Tac. Ann. 13, 2–3.
20 Vgl. Kl. Pauly s. v. Suetonius [2], Bd. 5, Sp. 411–414.
21 Die Umstände von Claudius’ Tod in Suet. Claud. 43–46, Erwähnung der Trauerfeier in Suet. Claud. 45: Excessit III. Id. Octob. Asinio Marcello Acilio Auiola coss. sexagesimo quarto aetatis, imperii quarto decimo anno, funeratusque est sollemni principum pompa et in numerum deorum relatus und Suet. Nero 9: Orsus hinc a pietatis ostentatione Claudium apparatissimo funere elatum laudavit et consecravit.
22 Vgl. Kl. Pauly s. v. Cassius , III. Literarische Persönlichkeiten [4], Bd. 1, Sp. 1076–1077.
23 Zum Tod des Claudius in Cass. Dio 34–35, Erwähnung der Trauerfeier in Cass. Dio 35, 2: uırçs 6s ¬aì ıýç ıa$ýç ¬aì ıúv ahhmv oomv ó Aiyoroıoç.
24 Omnes laeti, hilares: populus Romanus ambulabat tanquam liber (12,2) .
25 Vgl. dazu auch Kap. 1.2, S. 4.
26 Wie die Interpretation der Stelle zeigen wird (siehe dazu Kap. 2.1.3.2, S. 10) kann die Inhaltsgliederung hier auch so verteilt werden, dass bereits ab Vers 6 der Abschnitt über das Lob der Kriegstaten beginnt (so z.B. BINDER (1999), S. 160).
27 Zur inhaltlichen Gliederung der Nänie siehe auch WEINREICH (1923), S. 111 sowie die Übersicht bei BINDER (1999), S. 160.
28 Vgl. PABST (1994), S. 55.
29 BRUUN (1986) schließt sich hingegen der These an, dass der Begriff anapaestis erst nachträglich durch eine Marginalnote ( anapaesti ) in den Text geraten ist, da bereits der Hinweis, die Nänie sei von einem Chor (µsyáhs ço9t¬ , 12,3) gesungen worden, das allen bekannte Versmaß der anapästischen Dipodie annehmen lasse (vgl. S. 28f).
30 Vgl. BOLDRINI (1999), S. 118.
31 Vgl. PABST (1994), S. 55 und OPELT (1986), S. 134.
32 Ebd., S. 55.
33 Sprachliche Berührungen mit Formulierungen in Senecas Tragödien können bei WEINREICH (1923), S. 113ff. nachgelesen werden.
34 Alle direkten und indirekten Zitate aus OPELT (1986), S. 137–140. Dort werden für die Behauptungen zahlreiche Beispiele aus Senecas Tragödien als Belege angeführt.
35 Dreimal erfolgt die Aufforderung zur Trauer (vgl. 12,3, Verse 1, 19 und 27).
36 OPELT (1986), S. 139.
37 Vgl. 4,1: abrupit stolidae regalia tempora vitae .
38 Vgl. FITCH (1987), S. 97.
39 Archetypus: Moderne Editionen, z. B. ROSSBACH: fortior orbe. ille citato fortior orbe. V. 5 vincere cursu poterat celeres ille citato vincere cursu ille rebelles fundere Parthos… poterat celeris, ille rebelles…
40 FITCH (1987) schlägt sogar vor, in der Nänie zwölf Dipodien zu verteilen, die er durch das Kriterium der Metrik begründet, und zwar nach: quo (V. 4), poterat (V. 6), figeret (V. 11), ille (V. 12), iussit (V. 16), tremere (V. 17), deflete (V. 18), quo (V. 18), saepe (V. 20), quis (V. 20), vosque (V. 29), lucra (V. 30) (vgl. S. 99).
- Citar trabajo
- Stefanie Wind (Autor), 2008, Seneca, "Apocolocyntosis" - Einzelinterpretation der Nänie auf Claudius (Kapitel 12), Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116833
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