Die Autorin befasste sich mit einem zentralen Teil menschlichen Lebens – der Erwerbstätigkeit – und sucht eine Antwort auf die Frage, wie diese in einer sich wandelnden Arbeitswelt künftig vergütet werden könnte. Auch der Begründer der New-Work-Bewegung Frithjof Bergmann, greift das Gedankengut Brandts auf und stellt fest: Die Arbeit gehört zum Menschen und seiner Sinnstiftung. Doch erfüllt sie (auch in einer neuen Arbeitswelt) einen weiteren Zweck: Die Sicherstellung des Lebensunterhalts in Form von Vergütung.
Die vorliegende Thesis setzt sich die Beantwortung dieser Forschungsfrage zum Ziel: "Welche Gestaltungsmöglichkeiten können Unternehmen gegeben werden, die ihre Vergütungsmodelle zukunftsgewandt ausrichten möchten?"
Die Autorin möchte zudem die Grenzen dieser wissenschaftlichen Arbeit abstecken. Sie nimmt auf die Arbeitswelt im deutschen Raum Bezug. Dementsprechend werden Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmen in Deutschland gegeben. Die deutsche Rechtsprechung ist Grundlage aller Betrachtungen – diese fordert vor allem Transparenz und Konsistenz bei der Festlegung der Vergütung. Die hier entworfene, progressive Vergütung bezieht sich logischerweise auf New-Work-fähige Tätigkeiten. In dieser Bachelorthesis wird vorrangig ein komplexeres, nicht repetitives Aufgabenumfeld betrachtet – darunter fallen geistige, administrative, interaktive oder kreative Tätigkeiten.
Inhalt
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Notwendigkeit und Problemstellung
1.2. Zielsetzung und Grenzen der Thesis
1.3. Vorgehensweise
2. Theoretischer Teil: Anreizsysteme
2.1. Klassische Anreizsysteme
2.2. Agile Anreizsysteme
2.3. Anforderungen an Anreizsysteme in der Arbeitswelt
2.4. Hypothesen
3. Methodischer Teil: Quantitative Untersuchung
3.1. Erhebungsinstrument: Standardisierter Fragenbogen
3.2. Das Forschungsdesign
3.2.1. Fragenbogenentwicklung
3.2.2. Fragebogenerstellung und Pretest
3.2.3. Beschreibung der Datenerhebung
3.3. Datenauswertung
4. Ergebnisse der Datenauswertung
4.1. Hypothesenprüfungen
4.1.1. Überprüfung der ersten Hypothese
4.1.2. Überprüfung der zweiten Hypothese
4.1.3. Überprüfung der dritten Hypothese
4.2. Ergebnisse im Rahmen deskriptiver Statistik
5. Diskussion und Handlungsempfehlungen
5.1. Beantwortung der Forschungsfrage
5.2. Konkretes Lösungskonzept: Baukastensystem
6. Fazit
6.1. Kritische Würdigung
6.2. Chancen und Risiken für die Arbeitswelt
Literaturverzeichnis
Literaturquellen
Internetquellen
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Meilensteine der Arbeitswelt in der Zeitgeschichte
Abbildung 2: Komponenten eines Anreizsystems
Abbildung 3: Dimensionen New Pay
Abbildung 4: Forschungsdesign der quantitativen Methode
Abbildung 5: Balkendiagramm zum Datensatz Item
Abbildung 6: Balkendiagramm zum Datensatz Item
Abbildung 7: Streudiagramm zur Korrelation bei H
Abbildung 8: Balkendiagramm zum Datensatz Item 17b
Abbildung 9: Kreisdiagramm zum Datensatz Item 19d
Abbildung 10: Streudiagramm zur Korrelation bei H
Abbildung 11: Balkendiagramm zum Datensatz Item 12e
Abbildung 12: Zusammenhang Familienstand und Flexibilität im Beruf
Abbildung 13: Zusammenhang Vergütung als Motivation und Flexibilität im Beruf
Abbildung 14: Ergebnisse zur Relevanz der Präsenzarbeitszeit aus Item 19a
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Übersicht klassischer Lohnformen
Tabelle 2: Formen materieller Mitarbeiterbeteiligung
Tabelle 3: Auszug des Codierungsplanes aus Anhang 20
Abkürzungsverzeichnis
Objectives and Key Results. OKR
Management by Objectives.. MBO
Deutscher Gewerkschaftsbund…. DGB
Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft… EVG
Keine Angabe. k. A.
1. Einleitung
„Menschliche Arbeit hat nicht nur einen Ertrag, sie hat einen Sinn. Für die Mehrzahl der Bürger ist sie Gewähr eines gelingenden Lebensprozesses: Sie ermöglicht soziale Identität, Kontakte zu anderen Menschen über den Kreis der Familie hinaus und zwingt zu einem strukturierten Tagesablauf.“ Willy Brandt1
Das vorangegangene Zitat des ehemaligen, deutschen Bundeskanzlers Willy Brandt liefert eine hervorragende Eröffnung der vorliegenden Bachelorthesis. Die Autorin wird sich mit einem zentralen Teil menschlichen Lebens – der Erwerbstätigkeit – befassen und eine Antwort auf die Frage suchen, wie diese in einer sich wandelnden Arbeitswelt künftig vergütet werden könnte. Auch der Begründer der New-Work-Bewegung Frithjof Bergmann greift das Gedankengut Brandts auf und stellt fest: Die Arbeit gehört zum Menschen und seiner Sinnstiftung. Doch erfüllt sie (auch in einer neuen Arbeitswelt 4.0) einen weiteren Zweck: Die Sicherstellung des Lebensunterhalts in Form von Vergütung.2
Die Arbeitswelt 4.0 bringt eine Vielzahl von Entwicklungen mit sich. Diese teilweise neuen und weiterentwickelten Aspekte unserer Arbeit werden heute gerne mit dem Begriff New Work betitelt. Da der Begriff in dieser wissenschaftlichen Arbeit fortlaufend verwendet wird, soll gleich zu Beginn ein einheitliches Begriffsverständnis geschaffen werden, denn der Begriff New Work lässt sich nicht klar definieren. Er folgt keinem starren Konstrukt, sondern setzt vor allem auf eines: Flexibilität. Der Ursprungsgedanke war die Umkehr vom Zweck-Mittel-Verhältnis der Arbeit hin zu einer Tätigkeit, die der Mensch als sinnstiftend empfindet.3 Wer ihn verwendet, spricht oft von agilen Arbeitsmethoden, wie zum Beispiel Jobsharing, Design Thinking oder Scrum. Es können aber auch kulturelle Aspekte damit aufgegriffen werden, wie die zunehmende Diversität oder die Gleichstellung der Geschlechter. Ebenso betrachtet werden Organisationsmodelle – im Vordergrund steht hier die Partizipation und Digitalisierung.4 New Work ist der Grundstein für Arbeiten 4.0 – unsere Arbeit im Zeitalter der vierten, industriellen Revolution, auch genannt Industrie 4.0. Auf die Meilensteine von Arbeit und Vergütung wird im Kapitel 1.1. näher eingegangen. Die Grundidee von New Work ist, starre Strukturen mit Hilfe verschiedener Aspekte zu durchbrechen.5 Durch Fairness soll eine Diversität mit gleichen Arbeitsbedingungen für alle, sowie nachvollziehbare und angemessene Prozesse entstehen. Mit Hilfe von Transparenz etabliert sich der gleiche Informationsgehalt für alle Beteiligten. Die gesteigerte Selbstverantwortung fördert Selbstautonomie. Sie entsteht durch Hierarchieabbau, Führung auf Augenhöhe und bringt mehr Freiheit beim Treffen von Entscheidungen mit sich. Das führt folglich zu einer Art selbstverständlichen Partizipation. Die Arbeitnehmer*innen haben mehr Selbstbestimmung bei der Gestaltung der eigenen Arbeitsumwelt. Ihre Flexibilität, also die Hoheit über die eigene Zeit und Verfügbarkeit, rückt als eine Forderung mehr in den Vordergrund. Sie wird in einer Arbeitsumgebung von New Work nahezu unabdingbar. Das Wir-Denken wird fokussiert– man will weg vom individuellen Leistungsdruck hin zur echten Kollaboration. Zuletzt kennzeichnet eine solche Arbeitsumwelt, dass Scheitern als Option möglich ist. Eine offene Fehlerkultur und Lernerlebnisse sind erwünscht. Wer sich demnach mit Arbeiten 4.0 befasst, wird sich vermutlich irgendwann mit der Frage beschäftigen: Passt unsere Vergütung noch zu der Art, wie wir in Zukunft arbeiten wollen?
Viele der Ansätze und Gedanken, die bis dato zu dieser Fragestellung in der wissenschaftlichen und journalistischen Welt aufgegriffen wurden, erhielten in der logischen Schlussfolgerung die passende Überschrift zur Ausgangslage: New Pay. Diesen Begriff hat die Autorin bereits für den Titel der Thesis verwendet. Um ebenfalls ein einheitliches Verständnis des Begriffs zu schaffen, werden folgende Leitplanken gesetzt: New Pay ist kein vorgegebenes Vergütungsmodell nach einem bestimmten Schema, sondern in seiner Gestaltung vollkommen offen. Es geht vor allem um eine individuellere und flexiblere Gestaltung der Vergütung. Außerdem bedeutet es nicht, alles Bekannte über Bord zu werfen, weil das englische Wort für ‚neu‘ im Begriff enthalten ist – sondern vielmehr, das Vorhandene neu zu denken und an die sich veränderten Gegebenheiten anzupassen. Diese Dynamisierung der Vergütung macht sich bestenfalls nicht nur auf dem Gehaltskonto, sondern auch in den Werten und der Kultur einer Organisation bemerkbar. Drei Attributen wird bei New Work eine besondere Bedeutung zugeschrieben: Transparenz, Partizipation und Fairness.6 In einer Hinsicht trifft die Neuartigkeit von New Pay allerdings zu: Eine wissenschaftliche Definition des Begriffes ist bis dato nicht vorhanden, da die Entstehung dieser Thematik gerade erst begonnen hat. Im nun folgenden Unterkapitel wird näher auf die Problemstellung, sowie die Relevanz des Themas eingegangen.
1.1. Notwendigkeit und Problemstellung
Das Zusammenspiel von Arbeit und Vergütung wurde in der Menschheitsgeschichte maßgeblich durch einen Faktor beeinflusst: Gesellschaftliche Veränderungen. Die Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Meilensteine der Arbeitswelt mit seinen Wendepunkten und Ereignissen.7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenQuelle: Eigene Darstellung.
Abbildung 1: Meilensteine der Arbeitswelt in der Zeitgeschichte
In der Antike (8. Jahrhundert v. Chr. bis 5. Jahrhundert n. Chr.) entstand das Konzept der Lohnarbeit – in Mesopotamien vor allem in der Landwirtschaft und anfangs noch gegen Vergütung mit Naturalien. Im antiken Rom und Griechenland wurde die Lohnarbeit bereits mit Geld vergütet. Der Mangel an Produktionsmittel und Grund im eigenen Besitz zwang die Lohnarbeiter*innen zum Verkauf ihrer Arbeitskraft. Anders als die damaligen Sklav*innen waren sie „[…] juristisch frei.“8 Die negative Belegung des Begriffes Arbeit wurde geschaffen, da die Lohnarbeiter*innen meist schweren Tätigkeiten nachgingen. Diese fremdbestimmten, handwerklichen Tätigkeiten standen in der Rangfolge deutlich unter der selbstbestimmten Geistesarbeit, was sich bis heute in unserer Arbeitswelt bemerkbar macht.9
Diese Denkweise lebte im Mittelalter (5. bis 15. Jahrhundert) durch die Auffassung von Arbeit im Christentum weiter. Geistliche Tätigkeiten galten höherwertiger als mühselige Arbeit. Die Einteilung in drei Stände kennzeichnen diese Zeit. Den ersten und untersten Stand bildeten die Bauern, den zweiten Stand der Adel und den Obersten der Klerus. Bereits im frühen Mittelalter wurde durch die Ordensregel ora et labora der Grundstein für die spätere Abkehr von der Unvereinbarkeit geistlicher und manueller Arbeit gelegt. Die Gesellschaft veränderte sich: Städte wurden neu gegründet und es entstanden neue Schichten, wie die einfachen Stadtbürger oder die freien Handwerker.10 „Letztere schlossen sich zu städtischen Zünften zusammen, um ihre gemeinsamen Interessen zu wahren.“11 In der frühen Neuzeit (15. bis 18. Jahrhundert) wurde das Verhältnis der Gesellschaft zur Arbeit maßgeblich durch die beiden Reformatoren Martin Luther und Johannes Calvin geprägt. Die Arbeit wurde von ihnen erstmals als Teil menschlichen Lebens und seiner Sinnstiftung hervorgehoben und erhielt mehr und mehr eine positive Besetzung. Bescheidenheit, aber vor allem Fleiß bei der Arbeit sind eng mit dem Calvinismus verknüpft. Der zuvor dem Adelsstand vorbehaltene Müßiggang erhielt eine negativere Anschauung und wurde sogar den Versuchungen des Teufels zugeschrieben.12
Zum Beginn der Neuzeit (18. bis 20. Jahrhundert) war abermals eine gesellschaftliche Entwicklung der Startschuss für eine Veränderung in der Arbeitswelt: Die Industrialisierung. Die Bevölkerungszahlen erhöhten sich drastisch und Menschen begannen Städte dichter zu besiedeln. Plötzlich hatten die dort entstandenen Fabriken eine große Anzahl von Arbeitskräften zur Verfügung. Durch Eisenbahn und Dampfmaschine wurde außerdem die Produktivität der Fabriken gesteigert.13 Dieser Umschwung führte zu einer Gegenüberstellung von lohnabhängigem Proletariat und kapitalistischen Unternehmer*innen. Auf der einen Seite wollten die Arbeiter*innen nach Auszahlung des Lohns nicht mehr arbeiten als nötig und auf der anderen Seite kürzten die Unternehmer*innen daraufhin die Löhne. Die Antwort auf diesen sich festigenden Kapitalismus war die Arbeiterbewegung.14 Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen begann mit der Erlassung der ersten Fabrikgesetze 1833 in England. Außerdem wurden erste Gewerkschaften gegründet. Dem Beispiel Englands folgten viele europäische Staaten. Die Gewerkschaften hatten ein Thema besonders im Fokus: Die Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich. So entstand 1834 in England der Achtstundentag, welcher seit 1918 in Deutschland gesetzlich festgeschrieben ist.15
In unserer neuesten Geschichte (ab 20. Jahrhundert) prägte die Auseinandersetzung mit der menschlichen Seite der Arbeitskraft die Arbeitswelt. Erste Managementkonzepte wurden ins Leben gerufen – so zum Beispiel Anfang des 20. Jahrhunderts der Taylorismus. Bei diesem Konzept nach Frederick Winslow Taylor wurde versucht durch eine absolut wissenschaftliche Vorgehensweise die Betriebsführung zu optimieren. Die als Scientific Management beschriebenen Lehren fokussierten, was bereits in der Antike und dem Mittelalter aufgetreten war: Die Trennung von geistigen, dem Management zugeschriebenen und manuellen, den Arbeiter*innen zugeschriebenen, Tätigkeiten.16 Das Thema Führung wurde später durch Peter F. Drucker revolutioniert: Management by Objectives (MBO) zielte darauf ab die Mitarbeiter*innen durch das Erreichen von Zielen zu motivieren und zufrieden zu machen. Doch MBO hat noch eine Erweiterung im Titel, die häufig unterschlagen oder falsch übersetzt wird. Ursprünglich heißt das Konzept MBO and Self Control. Die Arbeiter*innen sollten nicht einer stetigen Kontrolle, wie das Wort ‚Control‘ vermuten lässt, ihrer Zielerreichung unterliegen. Vielmehr war der Ansatz, sie ihre Ziele eigenverantwortlich steuern zu lassen.17 Diese Selbststeuerung rückte um 1974 stärker in den Vordergrund. MBO wurde weiterentwickelt zu Objectives and Key Results (OKR). Die zu erreichenden Ziele, jetzt zweigeteilt in Ziele (Objectives) und Kernergebnisse (Key Results), wurden nicht mehr allein vom Management vorgegeben. Die Führungsebene teilt ihre Unternehmensvision mit den Mitarbeiter*innen, welche davon gemeinsam mit dem Management ableiten, wie sie zum Erfolg des Unternehmens beitragen können und wie sie auf diese Vision einzahlen. Ihren Ursprung hat diese Zielsetzungs- und Managementmethode in der IT-Branche18 und schaffte dort ein viertel Jahrhundert später ihren Durchbruch: Google setzt OKR seit 1999 erfolgreich ein.19 Die zu Anfang dieses Absatzes aufgeführte Humanisierung der Arbeit, findet in den Erkenntnissen von Douglas McGregor seinen damaligen Höhepunkt. Die von ihm postulierten Menschtheorien X und Y beschreiben das gegensätzliche Verhältnis vom Menschen zu seiner Arbeit. Seine Ergebnisse zeigen, dass der Mensch grundsätzlich der Theorie Y entspricht, denn selbstbestimmte Arbeit und die Erreichung von sinnvollen Zielen führen zu seiner Zufriedenheit und Selbstverwirklichung.20 All diese Meilensteine sind mehr oder weniger ausgeprägt in unserer heutigen Arbeitswelt zu spüren. Die derzeit neusten Konzepte umfassen beispielsweise das agile Manifest und New Work – auf letzteres wurde bereits im Beginn der Einleitung näher eingegangen. Ersteres hat seinen Ursprung abermals in der IT-Branche, die durch die Notwendigkeit die entwicklungsbedingte, zunehmende Komplexität zu beherrschen, immer wieder dazu gezwungen ist ihre Arbeitsweisen neu zu denken.21
Der Blick auf die Geschichte der Arbeit hat gezeigt, dass externe Einflüsse oft ein Anstoß zum Umdenken waren. Die jüngsten, geschichtlichen Ereignisse – die weltweite Corona-Pandemie – haben großen Einfluss auf unsere Gesellschaft und veränderten die Arbeitswelt quasi über Nacht. Wo es möglich war, arbeiteten die Menschen plötzlich ausschließlich von Zuhause. Dieser Umstand unterstreicht die Notwendigkeit sich mit dem Thema New Pay zu befassen, denn der derzeitige Wandel in Organisationen wird zudem von anderen Faktoren beschleunigt. Weitere, gegenwärtige Einflussgrößen auf unsere momentane Arbeitsumwelt sind die Globalisierung, die Technologisierung, die Digitalisierung und die alternde Gesellschaft. Die beiden zuletzt genannten Faktoren stellen die zwei maßgeblichen Megatrends dar. Hinzu kommt die zunehmende Augenhöhe, auf der sich Beschäftigte und Führungskräfte durch die Art und Weise, wie gearbeitet wird, begegnen. „Diese Entwicklungen formen eine Situation, zu der die bestehenden Gehaltssysteme nicht mehr passen.“22 Eine progressive Vergütung versucht diese Lücken zu schließen. Welche Anforderungen es an Vergütungsmodelle in der Arbeit 4.0 gibt, wird in Kapitel 2.3. beleuchtet.
Das Zukunftsbild unserer Arbeit wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales wie folgt beschrieben:
„Arbeiten 4.0 wird vernetzter, digitaler und flexibler sein. Wie die zukünftige Arbeitswelt im Einzelnen aussehen wird, ist noch offen. Seit Beginn des 21. Jahrhundert stehen wir vor einem erneuten grundlegenden Wandel der Produktionsweise. Die wachsende Vernetzung und zunehmende Kooperation von Mensch und Maschine ändert nicht nur die Art, wie wir produzieren, sondern schafft auch ganz neue Produkte und Dienstleistungen. Durch den kulturellen und gesellschaftlichen Wandel entstehen neue Ansprüche an Arbeit, auch die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen verändert sich.“23
Die Notwendigkeit auf Veränderungen in der Arbeitswelt und Gesellschaft einzugehen, wurde nun erläutert. In den folgenden Absätzen werden die Problemstellungen, auf die sich diese Abschlussarbeit unter anderem konzentriert, beschrieben. Es werden vier, im weiteren Verlauf als Painpoints betitelte, Auslöser benannt, die besonders stark auf die Veränderung der Vergütung einzahlen:
Veränderte Wertedimensionen
Bei der Betrachtung der Entwicklung von Vermögen, ergibt sich diese Feststellung: Geld vermehrt sich mal, dann reduziert es sich wieder. Die Zeit allerdings wird in unserem menschlichen Leben linear betrachtet immer weniger. So ist es nicht verwunderlich, dass diese nicht allzu neue Erkenntnis sich in den Wertvorstellungen von Arbeitnehmer*innen niederschlägt. Zeit ist Geld, oder eben sogar mehr wert als Geld. Diese Wertvorstellungen unterstreichen Geschehnisse und Auswertungen aus der jüngsten Zeit am deutschen Arbeitsmarkt. Ein repräsentativer Auswertungsbericht des DGB-Index ‚ Gute Arbeit‘ 2020 24 zeigt die Bedeutung des Faktors Arbeitszeitlage als zweitplatzierten Indexwert für eine gut empfundene Arbeitsqualität auf (siehe Anhang 1). Den ersten Platz belegt der Sinngehalt der Arbeit.25 Die gestiegene Wertigkeit von Zeit müssen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), so wie auch die Unternehmen im Tarifverbund der IG Metall in Tarifverhandlungen seit 2016 feststellen. Mitarbeiter*innen entschieden sich bei der Wahl zwischen mehr Urlaub oder mehr Entgelt zur Überraschung der Unternehmen deutlich häufiger für mehr Urlaub, demzufolge Zeit.26 Vor allem die Selbstbestimmung bei Verfügbarkeit und Zeit spielt eine große Rolle. Gerade auf diesen Aspekt sollte New Pay einzahlen, denn eine zukunftsgewandte Vergütung macht sich nicht nur auf dem eigenen Konto bemerkbar, sondern eben auch bei dem Thema Zeit. Diese Anforderung könnte so zusagen als nicht-monetäre Zusatzleistung der Vergütung eingestuft werden. Oft wird davon ausgegangen, der Faktor Zeit sei für die jüngeren Generationen am Arbeitsmarkt besonders relevant. Doch die Unterschiede in den Wertvorstellungen eines guten Arbeitsplatzes sind viel geringer, als es die eigentlich den Generationen zugeschriebenen Merkmale vermuten lassen.27 Die Auseinandersetzung zeigt: Eine Generation speist sich aus den Erfahrungen ihrer vorhergehenden Generationen. Dementsprechend wird die nachfolgende Generation von Arbeitnehmer*innen das Ergebnis dessen sein, was Vorgängergenerationen von Arbeitnehmer*innen erlebt haben. Je nachdem, welche positiven oder negativen Rückschlüsse in Bezug auf den Umgang mit Arbeits- und Privatleben gezogen werden, entwickeln sich die Wertvorstellungen.28 Ein praxisbezogenes Beispiel ist die Betrachtung von Vollzeitbeschäftigung. Sind die Eltern angehender Arbeitnehmer*innen trotz einer solchen Beschäftigung ständig zu Überstunden verpflichtet und hatten wenig Zeit für die Familie, kann sich daraus eine negative Einstellung zur dieser Beschäftigungsform entwickeln. Wozu all seine Zeit in einen Job investieren, wenn am Ende die Familie auf der Strecke bleibt? Das könnte den geringen Unterschied in dieser Wertvorstellung erklären. In Bezug auf die Arbeitszeit kursieren Begriffe wie Nine to five und Work-Life Balance. Es ist fraglich, ob diese Konzepte in Zeiten von Digitalisierung und Flexibilisierung unserer Arbeit zeitgemäß bleiben. Ein neuer Begriff ist im Kommen: Das Work-Life-Blending. Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatem werden sozusagen vermischt, woraus sich ein besseres Gleichgewicht dieser beiden Pole erhofft wird. In der Praxis gestaltet sich dieses Konzept flexibel: Lassen die Aufgaben es zu, so können Besprechungen oder Telefonate von überall geführt werden und nicht mehr innerhalb eines starren Arbeitszeitrahmens oder Arbeitsortes. Denkbar ist die Erledigung dieser Tätigkeiten am Badesee mit den Kindern oder beim Frisörbesuch. Durch festgelegte Ruhe- und Abschaltzeiten wird dennoch im Rahmen gesetzlicher Arbeitszeitbedingungen agiert.
Agile versus veraltete Zielsetzungssysteme 29
Zielsetzungssysteme wie MBO und OKR haben sich in Unternehmen durchgesetzt. Die Umsetzung erfolgt oft eindimensional und stärkt vor allem eines: Jeder hat den Fokus auf sich und die eigenen Ziele. Der Blick über den eigenen Tellerrand für beispielsweise Qualität und Strukturverbesserungen wird nicht gefördert. Hinzu kommt, dass die Incentivierung individueller Leistung nicht ausreichend ist. Wichtig wäre es auch Bausteine, wie zum Beispiel die Kollaboration zu fördern, da vor allem Teamarbeit auf die Wertschöpfung des Unternehmens positiv einzahlt.30 Die veralteten Prozesse zur Leistungsmessung fördern das Konkurrenzdenken eher, als dass sie Teamwork honorieren. Doch der größte Schwachpunkt veralteter Anreizsysteme ist, dass Geld noch immer als Motivator angesehen wird. Dabei wurden längst Erkenntnisse darüber gewonnen, dass Geld nur bis zu einem gewissen Maße als extrinsischer Motivator dienen kann.31 Bestenfalls sollte es, wie von Frederick Herzberg im Zwei-Faktoren-Modell beschrieben, lediglich einen Hygienefaktor darstellen.32 Beleuchtet man zudem den Aufwand mit dem versucht wird geistige Leistung messbar zu machen, stellt man fest, dass in puncto Zielsetzungssysteme definitiv eine Veränderung raus aus der „[…] Denkschule des Industriezeitalters […]“33 stattfinden sollte. Die Messung von Leistung ist ein Relikt aus der Akkordarbeit, denn hier wurde schlichtweg die Anzahl der gefertigten Teile herangezogen, um die erbrachte, körperliche Leistung zu bewerten.
Megatrend Digitalisierung
Ein Treiber von Veränderungen in der Arbeitswelt ist die voranschreitende Digitalisierung. Sie führt dazu, dass nach und nach stark standardisierte Tätigkeiten aus der klassischen Arbeitsteilung von Maschinen, Robotern oder Computern übernommen werden.34 Dem Menschen bleibt somit mehr Raum für hochkomplexe Aufgaben. Es ist die Rede von Wissensarbeit. Doch sich sieben bis acht Stunden am Stück auf komplexe Aufgabenstellungen konzentrieren zu müssen, das erscheint nicht mehr zeitgemäß. Der Anteil an kreativen Tätigkeiten steigt zudem, aber Kreativität entsteht eher weniger an festgelegten Orten oder zu starren Zeiten. Außerdem sind die Beherrschung von Komplexität, aber auch kreative Arbeit nicht wahllos reproduzierbar.35 Die Neugestaltung dieser durch die Digitalisierung getriebenen Arbeit hat mit der Grundidee von New Work bereits begonnen. New Work benötigt jedoch auch eine passendere, progressive Entlohnung.
Megatrend Demographie
Eine weitere, verstärkende Einflussgröße stellt die alternde Gesellschaft dar. Die ehemals geburtenstarke Generation der Babyboomer erreicht zunehmend das Rentenalter. Ihr folgten Generationen, bei denen ein deutlicher Geburtenrückgang eingesetzt hat und bis heute anhält.36 Die Demographie wirkt sich deshalb verstärkend auf die Arbeit 4.0 aus, weil eine Verschiebung der Machtverhältnisse eingesetzt hat. Die Verlagerung vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt wird anhand der Zahlen deutlich: Derzeit im Jahr 2021 zählt Deutschland 44,5 Millionen Erwerbstätige.37 Die sich abzeichnende Entwicklung prognostiziert im Jahr 2037 einen Rückgang auf 33 Millionen Erwerbstätige.38 Wenn infolgedessen die Arbeitnehmer*innen den Arbeitsmarkt bestimmen, rücken deren Bedürfnisse in den Vordergrund. Studien zeigen, dass die bald in der Arbeitswelt dominierenden Generationen nach Folgendem streben: Partizipation, Augenhöhe, Sinngehalt der Arbeit, Individualität, Selbstbestimmung und das Streben nach Transparenz, als auch Kooperation.39 Mit diesen Schlüsselfaktoren müssen Unternehmen und Institutionen künftig ihre Organisation gestalten. Dies gilt ebenso für ihre Vergütung.
In diesem Kapitel wurde anhand der geschichtlichen Entwicklung des Einflusses von gesellschaftlichen Veränderungen auf unsere Arbeit, sowie durch das Aufzeigen von vier aktuellen Auslösern, die Notwendigkeit von New Pay erläutert. Im sich anschließenden Kapitel 1.2. wird die daraus entstandene Zielsetzung der Thesis vorgestellt. Außerdem werden die Grenzen dieser Abschlussarbeit aufgezeigt.
1.2. Zielsetzung und Grenzen der Thesis
Aus den Beweggründen im Kapitel 1.1. setzt sich die vorliegende Thesis die Beantwortung dieser Forschungsfrage zum Ziel:
Welche Gestaltungsmöglichkeiten können Unternehmen gegeben werden, die ihre Vergütungsmodelle zukunftsgewandt ausrichten möchten?
Die Autorin möchte zudem die Grenzen dieser wissenschaftlichen Arbeit abstecken. Sie nimmt auf die Arbeitswelt im deutschen Raum Bezug. Dementsprechend werden Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmen in Deutschland gegeben. Die deutsche Rechtsprechung ist Grundlage aller Betrachtungen – diese fordert vor allem Transparenz und Konsistenz bei der Festlegung der Vergütung.40 Die hier entworfene, progressive Vergütung bezieht sich logischerweise auf New-Work-fähige Tätigkeiten. In dieser Bachelorthesis wird vorrangig ein komplexeres, nicht repetitives Aufgabenumfeld betrachtet – darunter fallen geistige, administrative, interaktive oder kreative Tätigkeiten. Dies ergibt sich aus dem im vorherigen Unterkapitel beschriebenen Megatrend Digitalisierung41 und dem damit verbundenen Wandel zur Arbeitswelt 4.0. Abschließend soll noch eine letzte Abgrenzung betont werden: Diese Arbeit möchte kein utopisches Modell skizzieren, sondern den Versuch unternehmen, konkrete Handlungsempfehlungen zu geben. Wie dafür vorgegangen wird, beschreibt das letzte Kapitel der Einleitung.
1.3. Vorgehensweise
Im zweiten Kapitel wird der Hauptteil eröffnet – es zeigt die theoretischen Grundlagen rund um Vergütung und Zielsetzung, sprich Anreizsystemen, auf. Hierfür werden zunächst bei der Vergütung und den Zielsetzungsmodellen die klassischen Modelle betrachtet und kritisch bewertet. Das Kapitel 2.2. gibt einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen bei der Umgestaltung von Anreizsystemen. Anschließend behandelt das nächste Unterkapitel die Anforderungen an künftige Anreizsysteme. Im letzten Unterkapitel des 2. Abschnitts werden drei Forschungshypothesen gebildet. Das Kapitel 3. stellt den methodischen Teil der Thesis dar. Hier wird die Erhebungsmethode beschrieben und die Auswahl begründet. Das Forschungsdesign wird ebenso erläutert: Es wird auf die Stichprobe, Zeitpunkt und die Erhebungssituation eingegangen. Die Entwicklung, Erstellung und Auswertung der gewählten Methode werden im Detail beschrieben. In Kapitel 4. werden die Ergebnisse aus der empirischen Methode vorgestellt. Die in Abschnitt 2.4. aufgestellten Hypothesen werden statistischen Tests unterzogen – die Ergebnisse befinden sich in den Kapiteln 4.1.1. bis einschließlich 4.1.3. Weitere Ergebnisse im Rahmen der Deskriptivstatistik aus der Erhebung werden in Kapitel 4.2. aufbereitet. Diese münden im letzten Kapitel des Hauptteils (Kapitel 5) final in die Beantwortung der Forschungsfrage. Es werden Handlungsempfehlungen vorgestellt. Das letzte Kapitel in Form einer Schlussbetrachtung schließt die Thesis mit einem Fazit ab. Es findet eine kritische Würdigung der methodischen Anteile statt und ein Ausblick auf die Chancen und Risiken von New Pay in der Arbeitswelt 4.0 wird gegeben.
2. Theoretischer Teil: Anreizsysteme
Im Theorieteil werden klassische und neu gedachte Anreizsysteme beleuchtet. Ein Anreizsystem ist die „Summe aller bewusst gestalteten Arbeitsbedingungen, um direkt oder indirekt auf die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter einzuwirken (Arbeitsleistung) bzw. gewünschte Verhaltensweisen zu verstärken.“42 Die Abbildung 2 zeigt, welche Bestandteile ein betriebliches Anreizsystem aufweist:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Becker (1993), S. 319.
Abbildung 2: Komponenten eines Anreizsystems
Eine Komponente stellt die Vergütung, beziehungsweise das Entgelt, dar. Darunter fällt die direkte Vergütung, welche verschiedene Formen haben kann – einen Überblick dazu gibt die Tabelle 1 im Kapitel 2.1. Einen weiteren Bestandteil bilden die Sozialleistungen. Darunter fallen gesetzliche Sozialleistungen, wie Renten-, Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung. Ebenfalls denkbar sind zum einen tarifliche und zum anderen auch freiwillige Sozialleistungen – zum Beispiel eine betriebliche Altersversorgung, Kantinen oder Personalrabatte. Materielle Mitarbeiterbeteiligungen können sowohl als Vergütung, als auch als Beteiligung betrachtet werden. Erfolgs- oder Kapitalbeteiligungen können materielle bzw. monetäre Beteiligungsanreize darstellen. Eine nicht-monetäre Beteiligung wird auch immaterielle Mitarbeiterbeteiligung genannt. Darunter fällt unter anderem das gesetzliche Mitbestimmungsrecht für Beschäftigte bei sie betreffenden Entscheidungen, laut dem Betriebsverfassungsgesetz.43 Im Allgemeinen versteht sich diese Art von Beteiligung generell als Partizipation. Sonstige Anreize können vielfältig ausfallen. So ist eine Auswahl an Bausteinen im sogenannten Cafeteria-System44 eine Möglichkeit von sonstigen Anreizen. Aber auch ein einzelner dieser Bausteine als Angebot, zum Beispiel Gleitzeit, ist möglich.45 Die Handlungsempfehlungen für eine zukunftsgewandte Vergütung als Ziel dieser Thesis beziehen sich jedoch nicht rein auf die in Abbildung 2 dargestellten Dimensionen von Vergütung, sondern ebenso auf Formen der Beteiligung und sonstiger Beteiligungsanreize. In den nun folgenden Unterkapiteln werden Vergütung und Zielsetzung in ihrem allgemeinen Ist-Zustand und ihrem progressiven Soll-Zustand betrachtet. Eine Vergütung ist die Bezahlung einer Ableistung von Zielen. Die Modelle, in denen diese Ziele aufgesetzt werden, sollten so gestaltet sein, dass sie bestenfalls als Motivator dienen, die zu vergütenden Ziele zu erreichen. Die Notwendigkeit diese Zielsetzungsmodelle zu betrachten, ergibt sich aus dem Painpoint ‚Agile versus veraltete Zielsetzungssysteme‘ in Kapitel 1.1. Im Umkehrschluss bedeutet das für das Ziel dieser Thesis, dass eine zukunftsgewandte Vergütung, die in Kapitel 2.3. beschriebenen Anforderungen berücksichtigt und ihre Zielsetzungsmodelle dementsprechend anpasst.
2.1. Klassische Anreizsysteme
Zu Beginn dieses Abschnitts wird auf die Vergütung geblickt. Derzeit gültige Vergütungsmodelle orientieren sich noch immer an Kriterien aus dem Industriezeitalter. Es zeigt sich, dass diese Einflussgrößen vorherrschen:
- Die Qualifikation der Arbeitnehmer*in
- Die Erfahrung der Arbeitnehmer*in
- Die Funktion/Verantwortung der zugeschriebenen Rolle im Unternehmen
- Optional auch die Betriebszugehörigkeit oder
- Gültige Tarifverträge.
Die Tabelle 1 gibt eine erste Übersicht zu den verbreitetsten Lohn-/Gehaltsformen der Direktvergütung und beschreibt sie kurz. Zudem werden Vor- und Nachteile des Zeitlohns, Akkordlohns, Prämien- und Mindestlohns, sowie dem Einheitsgehalt dargestellt.46
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung.
Tabelle 1: Übersicht klassischer Lohnformen
Eine weitere Form eines Anreizes ist die Beteiligung. Die Möglichkeiten monetärer Mitarbeiterbeteiligung, welche nach Abbildung 2 nicht der Vergütung zugeordnet werden können, werden in der Tabelle 2 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung.
Tabelle 2: Formen materieller Mitarbeiterbeteiligung
Nach Betrachtung der Formen von Erfolgs- und Kapitalbeteiligungen als materielle Beteiligungsmöglichkeiten, nun ein Blick auf die Sozialleistungen als Beteiligungsanreiz. Zu Beginn des zweiten Kapitels wurden die Arten von Sozialleistungen genannt. Da sie hauptsächlich gesetzlich oder tariflich verankert sind, nehmen die Sozialleistungen für diese Arbeit eher einen niedrigen Stellenwert ein. Die Einflussnahme auf Gesetze oder Tarifverträge werden nicht Gegenstand der späteren Handlungsempfehlungen in Kapitel 5 sein. Ebenfalls zu Beginn des zweiten Kapitels wurden die immaterielle Beteiligung der Arbeitnehmer*innen und sonstige Beteiligungsanreize erläutert. Um die Gegenleistung für all diese Anreize messen zu können, liegen in Unternehmen häufig Systeme zur Zielerreichung oder auch Zielsteuerung vor. Folgende Zielsetzungsmodelle können den in Tabelle 1 und 2 vorgestellten Anreizen zu Grunde liegen:
- Management by Direction and Control
- Management by Objectives (and Self Control)
- Key Performance Indicator (KPI)
- Jährliche Mitarbeitergespräche (Annual Reviews)
Diese Auflistung gibt eine kurze, nicht auf Vollständigkeit ausgelegte, Übersicht zu Zielsetzungsmethoden, die oft versuchen die Leistung geistiger Arbeit messbar zu machen. Neben diesen Aspekten wird auch eine Bezahlung nach Zeit oder schlichtweg dem Output der Arbeit in der Praxis angewandt. Bei produzierenden Tätigkeiten kann der Output anhand eingesetzter Produktionsfaktoren bewertet werden. Das können beispielsweise Betriebsmittel, Rohstoffe oder Werkstoffe sein. Einfach gesagt wird hier das Ergebnis des Outputs mit dem Input verglichen und bewertet. Diese Vorgehensweise ist bei der Art von Tätigkeiten, um die es sich anhand der vorgenommenen Eingrenzungen dieser Thesis in Kapitel 1.2. handelt, nicht mehr zukunftsfähig.
Kritik
In diesem Absatz findet eine kritische Betrachtung der vorherrschenden Vergütungssysteme und ihrer Zielsetzungsmethoden statt. Die Systematiken zur Vergütung und Messung von Leistung können als zu tayloristisch eingestuft werden und fußen auf dem in Kapitel 1.1.47 beschriebenen Meilenstein der Arbeitsgeschichte: Dem Taylorismus. Die Einteilung in geistige und körperliche Arbeit wirkt sich bis heute in deutschen Firmen auf die Machtgefüge aus. Doch das ist nicht mehr zeitgemäß, denn selbst was als ‚Arbeitertätigkeit‘ bezeichnet werden konnte, ist jetzt erheblich umfangreicher und nicht mehr einfach in geistige und körperliche Arbeit trennbar. Außerdem begünstigt die bereits aufgegriffene Digitalisierung unserer Arbeitswelt, dass produzierende Tätigkeiten immer mehr aus dem Aufgabenbild menschlicher Arbeit verschwinden. Als Schlussfolgerung daraus, scheint es nahezu unumgänglich die derzeitige Vergütung von Angestellten, welche Denk- und Verhaltensmuster aus der Arbeitswelt 1.0 aufweist, einer Anpassung zu unterziehen. Dieser Logik folgend, sollten Unternehmen bei der Vorgabe von Zielen, denen eine nur schwer messbare Leistung zu Grunde liegt, umdenken. Die aktuelle, leistungsorientierte Vergütung arbeitet mit falsch gedachten Zielsetzungsmodellen. Die Märkte auf denen Unternehmen agieren, entwickeln sich mittlerweile so schnell weiter48, dass einmal im Jahr festgelegte Ziele nicht mehr als sinnvoll erachtet werden (Annual Reviews). Hinzu kommt, dass unter anderem die oben aufgelisteten Zielsetzungsmethoden vor allem eines fördern: Sie bestärken Arbeitnehmer*innen darin, die eigenen Ziele zu verfolgen, anstatt die Kollaboration zur forcieren. Individuelle Zielvereinbarungen fördern Konkurrenzdenken und hemmen Teamwork. Im Kapitel 2.2. zeigen sich erste Schritte zu einem Lösungsansatz für die erwähnten Herausforderungen. Es werden theoretische Erkenntnisse zu zukunftsgewandten Anreizsystemen vorgestellt.
2.2. Agile Anreizsysteme
Um auf die Veränderungen in unserer Arbeitswelt reagieren zu können, werden die eben vorgestellten, klassischen Anreizsysteme durch innovative Ansätze ergänzt.49 Bereits vorhandene, theoretische Ansätze modifizieren folglich bestehende Methoden und entwickeln sie weiter.50 Für New Pay ergeben sich zunächst acht Leitplanken innerhalb derer sich diese Modifikation bewegt. Anhand dieser Rahmenbedingungen lassen sich agile Anreizsysteme erkennen:
1. Fairness: Vergütungsprozesse sollten angemessen, gerecht, verlässlich und nachvollziehbar sein.
2. Transparenz: Offenlegung der Prozesse zur Gehaltsfindung und die Höhe der Gehälter.
3. Selbstbestimmtheit über das eigene Gehalt unter Berücksichtigung, wie sich Führung verteilt.
4. Partizipation: Arbeitnehmer*innen gestalten die Vergütungsprozesse mit.
5. Flexibilität: Die flexible Gestaltung der eigenen Lebenszeit, sowie die Wahlfreiheit bei der Entgeltsgestaltung, sind Teil des Vergütungssystems.
6. Sinnhaftigkeit: Anreize tragen zum Unternehmenszweck bei und sinnhafte Tätigkeiten sind im Anreizsystem verankert.
7. Kollaboration: Wir-Denken wird gestärkt, nicht förderliches Konkurrenzdenken abgebaut.
8. Keine Invarianz: Das Anreizsystem ist immer im Beta-Status, das heißt Anpassungen sind jederzeit möglich.51
Franke/ Hornung/ Nobile bezeichnen den Weg hin zu einer progressiven Vergütung als eine Reise. Einige Unternehmen werden im Fachbuch der Autor*innen auf diesem Weg begleitet.52 Daraus entstanden erste, theoretische Erkenntnisse, welche für dieses Kapitel die Grundlage bilden. Empirische belegbare Zusammenhänge oder Erkenntnisse zu New Pay liegen zum Zeitpunkt dieser Thesis noch nicht vor.53 In den folgenden Absätzen werden Lohn- und Gehaltsformen portraitiert, welchen ein gesteigertes Maß an Agilität zugesprochen werden kann. Sie greifen die definierten Leitplanken von New Pay auf und eignen sich für die zukunftsgewandte Ausrichtung eines Vergütungssystems. Die jeweilige Form der Direktvergütung wird beschrieben und ihre positiven Effekte, sowie die Stolperfallen, aufgezeigt.
Wunschgehalt
Die Arbeitnehmer*innen legen fest, wie hoch ihr Verdienst sein sollte und das Unternehmen arbeitet gemeinsam daran, jedem diese Gehaltshöhe zu ermöglichen. Als positiver Effekt resultiert zum einen ein hohes Maß an Zukunftsausrichtung. Zum anderen übernehmen die Beteiligten viel Eigenverantwortung und Verantwortung für das Unternehmen. Mögliche Stolperfallen ergeben sich durch die Notwendigkeit eines hohen Maßes an Solidarität und Selbstreflexion, aber auch der Umgang mit den verschiedenen Wertesystemen, die zum Vorschein kommen.54
Vergütung nach Rollen und Kompetenzen
Die Vergütung erfolgt nicht nach (vertraglich) festgelegter Position, sondern nach dem tatsächlichen Aufgabenumfang und der Entwicklung der Arbeitnehmer*in. Bei dieser Art der Vergütung ist ein positiver Effekt, dass sie sehr agil ist, weil sich das Gehalt ständig anpasst. Außerdem wirkt dieses Vorgehen unerwünschter, sogenannter Besitzstandswahrung entgegen. Doch sie birgt auch Herausforderungen: Die Gewichtung und Bewertung von Rollen und Führung kann sich schwierig gestalten. Hinzu kommt ein möglicher, erhöhter Zeitaufwand, wenn Rollen sich verändern oder neu entstehen.55
Gehaltsformeln oder Gehaltsrechner
Anhand festgelegter Kriterien können Arbeitnehmer*innen oder sogar Bewerber*innen ihr Gehalt selbst errechnen. Der Entfall von Gehaltsverhandlungen/-gesprächen und die klare Botschaft, was belohnt wird, wirken sich positiv aus. Zu den Stolperfallen zählt die Tatsache, dass die Steuerungswirkung des Gehalts erst im Verlauf sichtbar wird. Außerdem besteht die Gefahr von Fehlanreizen oder zu hohen Gehaltsprüngen bei der Umstellung auf diese Vergütungsform in einem Unternehmen. Werden hier außerdem zu viele Faktoren zusammengesetzt, ist ihre jeweilige Motivationswirkung nicht mehr nachzuvollziehen.56
Gewählte Gehaltsvertreter
Ein fixes Budget für Gehaltserhöhungen wird vom Unternehmen vorgegeben und Arbeitnehmer*innen legen fest, welche Vertreter über die Verteilung entscheiden dürfen. Positiv ist, dass die Gehälter aus der Organisation heraus festlegt werden und nicht von vermeintlich Außenstehenden, welche die erbrachte Wertschöpfung weniger gut beurteilen können. Das bedeutet folglich eine gesteigerte Eigenverantwortung der Beschäftigten. Doch dazu erfordert es Eigeninitiative. Wer nicht gern über Geld spricht und sich nicht durchzusetzen weiß, fällt hier schnell durchs Raster.57
Entlohnung durch Freizeit
Diese Vergütungsvariante bedeutet einen vollen Lohnausgleich bei einer reduzierten Wochenarbeitszeit auf bis zu 25 Stunden pro Woche. Historisch betrachtet ist diese Form keine neu gedachte Vergütungsvariante. Den Startschuss hatte sie im europäischen Raum bereits Mitte des 19. Jahrhunderts mit den Fabrikgesetzen (siehe Kapitel 1.1., Seite 5) und dem später resultierenden Achtstundentag. Da diese Möglichkeit zur Entlohnung von Arbeitnehmer*innen aber durch Forderungen wie der Viertagewoche wieder mehr an Bedeutung gewinnt, findet sie sich in diesem Teil der Bachelorthesis wieder. Die Entlohnung mit Freizeit birgt vor allem bei komplexen oder kreativen Tätigkeiten positive Effekte. Die Produktivität erhöht sich, sowie auch die Arbeitgeberattraktivität. Ineffizienzen kommen aufgrund der Zeitreduktion ans Licht. Eine Stolperfalle ist das erhöhte Kostenrisiko, da die Leistungsfähigkeit durch die Zeitreduktion eventuell nachlässt. Die Produktivität könnte sogar sinken, da sich diese Option bei manchen Tätigkeiten negativ auswirkt.58
Entlohnung mit Flexibilität
Bei dieser Form erhalten die Arbeitnehmer*innen die Wahlmöglichkeit sich zwischen Zeit und Geld zu entscheiden. Dies kann bis hin zu völliger Zeitsouveränität oder einer Urlaubsflatrate variieren. Ein guter Effekt ist auch hier die gesteigerte Arbeitgeberattraktivität, da die Vereinbarkeit von Privatleben und beruflicher Tätigkeit unterstützt wird. Außerdem ist positiv hervorzuheben, dass nicht die reine Anwesenheit im Fokus steht, sondern die tatsächliche Wertschöpfung. Herausfordernd ist das Risiko erhöhter Personalkosten, falls die Entscheidung für mehr Freizeit von einem größeren Teil der Belegschaft getroffen wird. Arbeitgeber*innen müssten dann Personal aufstocken. Gerade bei der Zeitsouveränität kann es passieren, dass eine Art Selbstausbeutung auftritt, weil sich Beschäftigte durch das entgegengebrachte Vertrauen selbst unter Druck setzen. Sie leisten überdurchschnittlich viel, woraus Burnouts resultieren können.59
Gehaltsspanne durch gedeckeltes Chefgehalt
Das bedeutet, dass das Maximalgehalt im Unternehmen höchstens x-mal höher sein darf als das Minimalgehalt. Es wird eine Steuerungsgröße festgelegt: Der maximale Multiplikator. Diese Größe wird gern im Englischen verwendet und betitelt als Manager to Worker Pay Ratio. Die Leistungserwartung an die Führungskräfte wird auf ein realistisches Maß heruntergebrochen, was einen positiven Effekt kennzeichnet. Außerdem erhöht wird die Motivation der Arbeitnehmer*innen zu mehr Kollaboration und Selbstverantwortung. Schwierigkeiten treten auf, weil die Konsensfindung kompliziert ist: Die Frage, was angemessen ist, müssen von Unternehmen beantwortet werden. Außerdem kann die Arbeitgeberattraktivität hier sogar sinken – für Top-Führungskräfte beispielsweise.60
Transparentes Gehalt
Die Gehaltshöhe und der Gehaltsprozess sind intern und extern komplett transparent. Positive Effekte dieser Vergütungsform sind: Ein hohes Maß an Klarheit, wenig Möglichkeiten für Spekulationen und eine höhere, empfundene Gerechtigkeit. Doch wenn die Nachvollziehbarkeit nicht gewährleistet ist, kann sich das auf die Transparenz als Stolperfalle auswirken. Denkbare Inkonsistenzen müssen bereinigt sein. Weil der Umgang mit einer solchen Offenlegung von Gehältern in Deutschland kulturell nicht verankert ist, kann diese Vergütungsform zunächst auf Ablehnung stoßen.61
Peer-Vergütung
Die Mitarbeiter*innen erhalten ein fixes Budget, um sogenannte Spot-Boni nach eigenem Ermessen an Kolleg*innen verteilen zu können. Diese Art von Bonuszahlungen werden nicht für zuvor festgesetzte Ziele vergeben, sondern spontan bei herausragenden Leistungen oder beim Abschluss eines vielversprechenden Projektes.62 Diese Form eines Anreizes zeichnet sich vor allem positiv dadurch aus, dass die Honorierung direkt und unmittelbar durch das nähere Umfeld erfolgt. Die Motivation mehr von der überdurchschnittlichen, honorierten Leistung zu erzielen, wird gesteigert. Eine markante Stolperfalle ist, dass das Umfeld möglicherweise die Boni nicht nach Leistung, sondern nach persönlichen Tendenzen vergibt. Der Druck dem Spot-Boni-Geber einen Bonus zurückzugeben, kann sich weiter negativ auf die Objektivität auswirken.63
Vergütung nach Unternehmenszweck
Bei dieser Form bildet einen Gehaltsbestandteil die Übereinstimmung der erreichten Ziele mit den Unternehmensinteressen. Positiv daran ist die Abkehr von persönlichen Interessen hin zum Unternehmenszweck, was die Zukunftsfähigkeit stärken kann. Schwierig ist dabei oft die Unternehmensziele für alle Organisationsmitglieder klar zu formulieren. Außerdem ist die Messung dieser Leistungsart eine Herausforderung ebenso wie der zeitliche Horizont, da sich Effekte auf das Unternehmen möglicherweise nicht unmittelbar zeigen.
Nach der Vorstellung agiler Direktvergütungsformen, werden die neu gedachte Zielesysteme in Augenschein genommen. Für eine agilere, monetäre Beteiligung im Sinne von Vergütung gibt es wenige Entwürfe. So kann zum Beispiel die Selbstbestimmtheit gestärkt werden, in dem anstatt eines Dienstwagens ein Mobilitätsbudget vorgegeben wird. Geht es um monetäre Beteiligungsstrategien, so können neuartige Gewinnbeteiligungen in Form von Wir-Prämien einen Kritikpunkt an derzeit praktizierten Gewinnbeteiligungen aufgreifen. Mit transparenten und gut nachvollziehbar gestalteten Parametern, die vor allem Teamleistung belohnen, wird die Kollaboration gestärkt.64 Wenn es darum geht, der in Kapitel 2.1. und 1.1. kritisierten Eindimensionalität, sowie auch der Starrheit vorherrschender Zielsetzungssysteme entgegenzuwirken, sind bereits agilere Versionen dieser Methoden in Erscheinung getreten. Zwei dieser Methoden werden an dieser Stelle vorgestellt:
Holocracy
Bei dieser Managementmethode steht die Autonomie der Arbeitnehmer*innen und der Teams, in denen sie arbeiten, im Vordergrund. Die jeweiligen Teams verstehen sich nicht mehr als hierarchischen Aufbau im Sinne einer Management-zu-Teammitglied(er)-Konstellation. Vielmehr ist es ein selbstorganisierter Kreis aus verschiedenen Rollen, die gemeinsam einem Ziel folgen, aber sich in der Zielerreichung komplett selbst organisieren. Diese Organisationstheorie wird als Hierarchie der Kreise betitelt.65 Die Methode bietet angelehnt an die auf Seite 18 f. definierten Leitplanken von New Pay ein hohes Maß an Kollaboration, Selbstbestimmtheit und Partizipation. Doch sie ist nicht ohne weiteres anwendbar, da ein großer Sprung hinsichtlich Kultur- und Wertverständnis hierfür erforderlich ist.
OKR 66
OKR bietet den Vorteil, dass die Ziele bei diesem Zielsetzungssystem eher einen kurzfristigen Zeithorizont haben. Sie sollen transparent formuliert werden und sich an den Unternehmenszielen orientieren. Ein hervorzuhebender Faktor ist, dass sich das Erreichen oder auch Nicht-Erreichen der Ziele nicht auf die Vergütung niederschlägt. Sie dienen als Motivationsfaktor und können dadurch auch sehr ambitioniert angesetzt werden.67 Somit zahlt auch diese Zielsetzungsmethode auf einige der acht Leitplanken ein.
Kritik/ Ausbaufähigkeit
Maßgebliche, theoretische Erkenntnisse für die späteren Handlungsempfehlungen im fünften Kapitel wurden in den 1960er Jahren durch das sogenannte ‚Kerzenexperiment‘ gewonnen. Glucksberg zeigte, dass bei komplexeren Tätigkeiten monetäre Anreize zu schlechteren Ergebnissen führen.68 Das spricht dafür, dass bei New Pay die monetären Anreize zwar definitiv einer Anpassung unterzogen werden müssen, um bestenfalls als Hygienefaktor dienen zu können, doch die immateriellen Anreize, wie beispielsweise Freizeit oder Sinnstiftung, müssen einen verstärkten Fokus erhalten. Wie beschrieben, gibt es zum Thema New Pay bis dato keine belegbaren Zusammenhänge oder fertige Vergütungssysteme aus dem Regal und somit auch keine Konzepte, die gezielt einer kritischen Betrachtung unterzogen werden könnten. Die Fokussierung auf immaterielle Anreize ist deshalb an dieser Stelle der Abschlussarbeit verortet, da sie auf einen Kritikpunkt der derzeit aufkommenden Anstrengungen von Unternehmen eingeht. Es zeichnet sich ab, dass Unternehmen zwar eine solche Vergütung anstreben, aber denken, es wäre ausreichend der metaphorisch vorgehaltenen Karotte ein neues Layout und neue Nomenklatur zu verpassen. Der Blick in die Zukunft mit der steigenden Anzahl komplexer Tätigkeiten in unserem Arbeitsumfeld und der Blick in die Vergangenheit zum ‚Kerzenexperiment‘ zeigen: Es erfordert einen größeren Kraftaufwand, um unsere Vergütung den Veränderungen anzupassen. Welche Anforderungen an diese Assimilation außerdem gestellt werden, soll das nächste Kapitel zeigen.
2.3. Anforderungen an Anreizsysteme in der Arbeitswelt 4.0
New Pay strebt die Beantwortung der Fragen, wofür Arbeitnehmer*innen bezahlt werden sollen, was in diesem zukunftsgewandten Vergütungssystem verteilt werden soll und vor allem wie es verteilt wird, an. Ein übergeordnetes Thema, auf welches sich zukünftige Vergütung außerdem konzentrieren sollte, ist die Frage nach der Gerechtigkeit. Zwei Formen von Gerechtigkeit spielen hier die maßgebliche Rolle: Die Verteilungsgerechtigkeit, sowie die Verfahrensgerechtigkeit.69 Auf den Vergütungsprozess wirkt sich die Verteilungsgerechtigkeit wie folgt aus: Sie nimmt Einfluss auf die als gerecht empfundene Höhe des eignen Gehalts in Relation zum Gesamttopf, der im Unternehmen vorhanden ist. Unterschiede in den Gehaltshöhen werden dabei nicht pauschal als ungerecht empfunden, solange die Verteilung transparent und nachvollziehbar gestaltet wird.70 Eine als gerecht empfundene Verteilung wird erreicht, indem alle Organisationsmitglieder festgelegen, nach welchen Kriterien eben diese Verteilung erfolgt. Dieses Vorgehen kennzeichnet die Verfahrensgerechtigkeit.71 Ein gerechtes Verteilungsverfahren wird durch fünf Kriterien erreicht:
[...]
1 Brandt (1983), S. 8.
2 Siehe Bergmann (2008); siehe Bergmann (1977).
3 Siehe ebenda.
4 Vgl. Haufe Group (k. A.): https://www.haufe.de (Stand 22.06.2021).
5 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 81.
6 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 82; vgl. Franke (24. April 2021), www.youtube.com.
7 Vgl. ebenda, S. 29 ff.; vgl. ebenda, S. 37 ff.
8 Ebenda.
9 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 29 ff.
10 Vgl. ebenda.
11 Ebenda.
12 Vgl. ebenda.
13 Vgl. ebenda.
14 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 31.
15 Siehe Arbeitszeitgesetz (ArbZG) § 3.
16 Siehe Taylor (2006).
17 Vgl. ebenda, S. 33 f.
18 Anmerkung: Intel-Mitgründer Andrew Grove hat OKR entwickelt.
19 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 35.
20 Vgl. ebenda.
21 Vgl. ebenda, S. 36.
22 Ebenda, S. 262.
23 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2015): https://www.bmas.de (Stand 25.06.2021).
24 Anmerkung: Seit 2007 ist der DGB-Index ‚Gute Arbeit‘ eine jährliche Befragung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), welche die Arbeitsqualität und Arbeitsbedingungen von Beschäftigten auf Basis von Arbeitsdimensionen misst.
25 Vgl. DGB (2021): https://index-gute-arbeit.dgb.de (Stand 27.06.2021).
26 Vgl. EVG (2016): https://www.evg-online.org (Stand 27.06.2021); vgl. IG Metall (2018): https://www.igmetall.de (Stand 27.06.2021).
27 Vgl. Eichhorst/ Linckh (2019): http://hdl.handle.net (Stand 04.07.2021).
28 Vgl. Steiner/ Landes (2017), S. 354 f.
29 Anmerkung: Anreiz-/Zielsetzungssysteme haben ein hohes Maß an Agilität, insofern sie so konzipiert sind, dass ein schnelles Reagieren auf äußere Einflüsse möglich ist.
30 Vgl. Workpath GmbH (2018): https://www.workpath.com (Stand 04.07.2021).
31 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 67 ff.
32 Siehe ebenda (2020): https://www.manager-magazin.de (Stand 02.11.2021).
33 Ebenda, S. 63.
34 Vgl. Weißenrieder (2019), S. 14.
35 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 53; vgl. DGB (2017): https://index-gute-arbeit.dgb.de (Stand 27.06.2021).
36 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2017): https://www.bmas.de (Stand 13.07.2021).
37 Vgl. Statistisches Bundesamt (2021): https://www.destatis.de (Stand 13.07.2021).
38 Vgl. Wolf (2018), S. 256 f.
39 Vgl. Wolf (2018), S. 261 ff.
40 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), zitiert nach Preedy/ Faust (2019), S. 233.
41 Siehe S. 9 f.
42 Gabler Wirtschaftslexikon (2021): https://wirtschaftslexikon.gabler.de (Stand 14.07.2021).
43 Siehe BetrVG §§ 81–84.
44 Anmerkung: Ein Cafeteria-System bietet den Arbeitnehmer*innen ein Angebot an Sozialleistungen und übertariflichen Leistungen, welche für eine flexible Vergütungsgestaltung selbst zusammengestellt werden können.
45 Vgl. Beyer (2003): http://www.online-lehrbuch-bwl.de (Stand 18.07.2021).
46 Anmerkung: Die klassische Unterscheidung von Lohn und Gehalt verliert zunehmend an Bedeutung, weswegen beide Formen in dieser Thesis gleichwertig verwendet werden.
47 Siehe S. 5.
48 Anmerkung: Stichwort VUKA
49 Vgl. Steiner/ Landes (2017), S. 337.
50 Vgl. ebenda.
51 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 82.
52 Siehe ebenda.
53 Vgl. ebenda, S. 17.
54 Vgl. ebenda, S. 247.
55 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 247.
56 Vgl. ebenda, S. 248.
57 Vgl. ebenda.
58 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 250.
59 Vgl. ebenda, S. 251; vgl. Glucksberg (1962), S. 37 ff.
60 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 251 f.
61 Vgl. ebenda.
62 Vgl. ebenda, S. 230.
63 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 253.
64 Vgl. ebenda, S. 246.
65 Vgl. Brinsa (2015): https://www.zukunftsinstitut.de (Stand 11.10.2021).
66 Anmerkung: Hintergründe zur Herkunft von OKR sind in Kapitel 1.1 nachzulesen, S. 5 f.
67 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 254.
68 Vgl. Glucksberg (1962), S. 37 ff.
69 Vgl. Franke/ Hornung/ Nobile (2019), S. 15 f.
70 Vgl. ebenda.
71 Vgl. ebenda, S. 238.
- Citar trabajo
- Natalie Reiss (Autor), 2021, New Pay. Die zukunftsgewandte Vergütung im Wandel der Arbeitswelt 4.0, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1167830
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