Das Essay beschäftigt sich mit der Rolle der einflussreichen Familie Holconius in Pompei. Dabei werden durch Quellennutzung verschiedene wichtige Mitglieder der Familie vorgestellt. Vor allem Inschriften berichten uns, wie sie beispielsweise an großen Bauten oder mit bedeutsamen Ämtern die Geschichte der Stadt vor dem Vulkanausbruch von 79. n. Chr. beeinflussten.
Die Rolle der Holconii in Pompeii
Die Stadt Pompeii ist heutzutage vor allem in Verbindung mit dem Vulkanausbruch im Jahre 79. n. Chr. bekannt. Doch auch die Zeit davor und ihre Persönlichkeiten geben einen interessanten Einblick in die Geschichte der Stadt und des römischen Reiches. Bevor Pompeii 79 n. Chr. durch den Ausbruch des Vesuvs nahezu vollständig zerstört und unter Asche begraben wurde, war es eine römische Kolonie. Zu dieser war die Stadt nach dem Bundesgenossenkrieg um 80 v. Chr. auf Geheiß Sullas geworden. Innerhalb dieser Zeitspanne war in Pompeii, ebenso wie in vielen anderen römischen Städten, vor allem die Oberschicht mit großem politischem Einfluss ausgestattet, und bekleidete oft die Ämter in der Stadtverwaltung.1
Besonders die Errichtung und Instandhaltung öffentlicher Gebäude hing damals in den Städten stark von der Freigiebigkeit wohlhabender Stifter ab, welche oftmals identisch mit den Inhabern der politischen Ämter waren. Sie wurden dafür mit Inschriften oder Statuen geehrt, die das Prestige der Männer und ihrer Familie erhöhen sollten.2 Die Stifter demonstrierten damit ihre pietas und mores maiorum (Respekt vor alten Bräuchen und den Göttern) und besonders ihre publica magnificentia (Soziale Verantwortung und Fürsorge für das Gemeinwohl).3
Aus diesem Grund sind von vielen prominenten Pompeianern gestiftete Spiele oder Gebäude bekannt, so auch von M. Tullius, der zu augusteischer Zeit als Duumvir den Tempel der Fortuna Augusta finanzierte.4 Ein Duumvir ist ein Mitglied eines Zweimännerkollegiums, das als oberster Beamter der Stadt für Rechtsprechung und Verwaltung zuständig ist.5 Auch eine Zusammenarbeit zwischen Familienmitgliedern war nicht ungewöhnlich, da so noch besser die Familie an sich im Vordergrund stand, was für künftige Generationen hilfreicher war. Bei dem bekannten Euma- chia-Gebäude waren die Bauherren beispielsweise Mutter und Sohn, wodurch dem Kind bessere Voraussetzungen für eine eigene politische Karriere geliefert wur- den.6
Einen großen Beitrag zur Verschönerung der Stadt leisteten durch die Erneuerung des großen Theaters auch zwei Mitglieder der Familie Holconii: Marcus Holconius Rufus und Marcus Holconius Celer.7 Es wird vermutet, dass die Holconii ihr Vermögen durch den Weinbau erwirtschaftet hatten, so beschreibt Plinius der Ältere in seiner Naturgeschichte einen Wein namens Horconian, was möglicherweise eine Variante des Namens Holconian darstellt, und somit in Verbindung mit der Familie Holconii zu bringen sein könnte.8 Viele Autoren, wie Dickmann und Zanker gehen (vermutlich deshalb) davon aus, dass die Familie eben durch jenen Wein reich geworden ist. Während die meisten Familien der Oberschicht Pompeiis schnell erschienen, aber auch schnell wieder verschwanden, lassen sich nur sehr wenige Familien über mehrere Generationen verfolgen.9 Dazu zählen neben den Holconii beispielsweise die schon erwähnten Eumachii. Die Idee, durch die Stiftungen für die nächsten Generationen vorzusorgen, scheint also funktioniert zu haben.10
Neben Marcus Holconius Celer und vor allem Marcus Holconius Rufus, auf die später noch eingegangen werden soll, gab es einige Mitglieder der Familie, die in den Quellen überliefert sind. Eines dieser Mitglieder war Marcus Holconius Gellius. Er war Duumvir zu Zeiten Tiberius.11 Auch Marcus Holconius Macer hatte ein politisches Amt inne, so war er praefectus iure dicundo (er vertrat ein Mitglied des Kaiserhauses, als dieses ehrenhalber in die Position des duovir gewählt wurde)12 zu Zeiten Caligulas, nämlich 40 n. Chr., als er selbigen in Pompeii ver- trat.13 Auch Marcus Holconius Gellius war Inhaber eines politischen Amtes, so agierte er als Duumvir unter Tiberius.14
Ein weibliches Mitglied der Holoconii ist ebenfalls überliefert, so war A. Holconia vermutlich die Tochter Marcus Holconius Rufus oder Celers. Sie war eine Priesterin, die mit einer Statue geehrt wurde. Die Ehrenstatue wurde von einer Inschrift begleitet: „To Holconia, a daughter of Marcus, public priestess“15 und es wird angenommen, dass sie Teil eines Bogens war, der die ganze Familie ehren sollte. Dieser stand angeblich an den Stabianer Thermen, wo auch eine Statue Marcus Holco- nius Rufus gefunden worden ist.16 Der zeitlich letzte überlieferte Holconii, deren Mitglieder bis in die letzten Jahre der Stadt zur Prominenz Pompeiis gehörten, war Marcus Holconius Priscus, ein Kandidat für das Amt des Ädils und des Duumvirs in flavischer Zeit.17 Er wird in zahlreichen Quellen des vierten Bandes des CIL (Corpus Inscriptionum Latinarum) erwähnt, die Cooley in seinem Werk beachtet. So heißt es: „The fullers all ask for Holconius Priscus as duumvir with judicial power“18 oder „The spectators in the amphitheatre ask for Holconius Priscus as duumvir with judicial power“.19 In beiden Fällen handelt es sich also um Wahlaufrufe, ob er das Amt inne hatte, ist nicht überliefert. Trotzdem gehörte er als potentieller Kandidat wohl zur Oberschicht Pompeiis kurz bevor die Stadt durch den Vulkanausbruch zerstört wurde.
Bereits zuvor spielten jedoch Marcus Holconius Celer und Marcus Holconius Rufus, die wohl bekanntesten Mitglieder der Familie, eine große Rolle in der Oberschicht der Stadt. Ob Marcus Holconius Celer der jüngere Bruder oder der Sohn Marcus Holconius Rufus‘ war, lässt sich nicht mehr herausfinden. Gesichert ist aber, dass Celer länger gelebt hat als Rufus, da er in Inschriften als Priester des vergöttlichten Augustus und nicht wie Rufus als Priester des Augustus bezeichnet wurde. Vergöttlicht wurde Augustus erst nach seinem Tod im Jahre 14 n. Chr.20 Eine Inschrift in dem von ihnen umgebauten Theater aus dem Jahre 13/14 n. Chr. zeigt zudem, dass er keine so lange politische Karriere wie Marcus Holconius Rufus vorzuweisen hat und neben seiner Priestertätigkeit bis dahin nur, und zwar zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal, Duumvir war.21
Der größte Verdienst des Marcus Holconius Celers dürfte aber die bereits erwähnte Teilhabe an den Umbauten des großen Theaters gewesen sein. Das große Theater wurde um 200 v. Chr. von den Samniten im hellenistischen Stil gebaut und bot ungefähr 5000 Personen Platz. Erstmals umgebaut wurde es zu der Zeit als Pompeii zu einer römischen Kolonie wurde, also um 80 v. Chr. In diesem Zusammenhang wurde auch ein weiteres, heute als kleines Theater bekanntes Theater errichtet. Die nun zu betrachteten Umbaumaßnahmen der Holconii fanden in den letzten Jahren vor Christi Geburt statt. Dabei wurde zunächst einmal die Bühne tiefergelegt und die Anzahl der Sitzplätze erweitert.22 Eine gleich zwei Mal bei den Ausgrabungen am großen Theater entdeckte Inschrift teilt mit: „M(arcus et) M(arcus) Holconii Rufus et Celer cryptam tribunalia theatrum s(ua) p(ecunia)“.23
Diese beschreibt, dass die beiden Holconii auf eigene Kosten einen überdachten Gang, das Theaterrund und Logenplätze errichtet oder erneuert haben.24 Die Crypta beschreibt hierbei die räumliche Erweiterung in Form des erwähnten Ganges, der ebenfalls neue Sitzreihen trug, aber auch als Verteiler genutzt werden konnte. Mit theatrum ist offenbar die Auskleidung der cavea, also des alten Zuschauerraums, mit marmornen Sitzriehen und Stufen gemeint. Die tribunalia stellen zudem die erwähnten Logen dar, welche ebenfalls aus Marmor gebaut wurden und dem zuvor hellenistisch wirkenden Theater ein wichtiges römisches Element gaben. In den Logen waren vor allem die Spielgeber und Magistrate Pompeiis vorzufinden, die hier von jedem gesehen werden konnten.25 Des Weiteren wurden dank der Holconii die Besucher (eben durch die Crypta) besser getrennt, sodass das Theater der Bevölkerung nachhaltig ihre Unterschiede aufzeigte, was den Wünschen des Kaisers Augustus entsprach.26 Für ihre publica magnificencia wurden Marcus Holconius Rufus und Marcus Holconius Celer im Theater mehrfach geehrt, beispielweise mit mehreren Ehrenstatuen. Ersterer bekam zudem einen Ehrensitz (sella curulis), was mit Bronzebuchstaben auf eine Marmorstufe festgehalten wurde.27 Marcus Holco- nois Celer war also Duumvir, Priester des Augustuskultes und Stifter der der Umbaumaßnahmen des großen Theaters und somit eine wichtige Person Pompeiis in augusteischer Zeit. Nur ein Mitglied der Familie war noch bedeutsamer: Marcus Holconius Rufus.
So schreibt Jens Arne Dickmann in Bezug auf ihn von der beeindruckendsten Magistratskarriere Pompeiis28 und Paul Zanker meint, Marcus Holconius Rufus sei die „Überragende Persönlichkeit Pompeiis in mittel- und spätaugusteischer Zeit“.29 Womit diese Annahmen zu rechtfertigen sind, soll nun genauer betrachtet werden. Marcus Holconius Rufus politische Karriere begann bereits in den 20er Jahren vor Christus und ging bis ins frühe erste Jahrhundert nach Christus. Er gehörte also über 20 Jahre lang zur politischen Prominenz Pompeiis.30 Es ist niemand mit höheren Ehren in Pompeii bekannt, über den die Inschriften Auskunft geben.31 Während seine sämtlichen Erfolge und Ehrungen in den Inschriften vorzufinden sind, ist die Quellenlage bezüglich seiner tatsächlich vollbrachten Leistungen dürftig. So ist neben den Umbaumaßnahmen des großen Theaters vor allem die Bearbeitung der Mauern des Apollo-Tempels hervorzuheben.32
In der Nähe des Apollon-Tempels wurde eine Marmortafel gefunden, die heute im Nationalmuseum in Neapel aufbewahrt wird. Auf dieser steht eine Inschrift, die beschreibt wie Marcus Holconius Rufus gemeinsam mit seinem Duumviratskolle- gen Gaius Egnatius Postumus bei den Dekurionen (den Mitgliedern des Stadtrates, des ordo)33 für 3000 Sesterzen das Recht erwarb, die Außenmauer des Tempels zu schließen. Der Zeitpunkt der Schließung war ungefähr im Jahre 3/2 v. Chr. und Marcus Holconius Rufus war damals zum dritten Mal Duumvir.34 Die Bearbeitung der Mauer wurde deshalb veranlasst, da von benachbarten Gebäuden durch die Lücken offenbar Licht in den Tempel fiel.35
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1 Vgl. DESCOEUDRES, JEAN-PAUL : History and historical sources, in: John Joseph Dobbins / Pedar Foss (Hgg.), The world of Pompeji, London 2007, S. 9-28, hier: S. 16-18.
2 Vgl. DICKMANN, JENS-ARNE: Pompeji. Archäologie und Geschichte, München 20173, S. 72.
3 Vgl. DESCOEUDRES: History and historical sources, S. 17.
4 Vgl. ZANKER, PAUL: Pompeji : Stadtbilder als Spiegel von Gesellschaft und Herrschaftsform, Mainz 1988, S. 27.
5 Vgl. HÜTTEMANN, ARNO (Hg.): Pompejanische Inschriften : der heutige Bestand vor Ort im Stadtgebiet und in den Nekropolen; Lateinisch/Deutsch, Stuttgart 2001, S. 222.
6 Vgl. DICKMANN: Pompeji. Archäologie, S. 68.
7 Vgl. ZANKER: Pompeji: Stadtbilder, S. 35.
8 Vgl. COOLEY, ALISON ELIZABETH / COOLEY, MELVIN GEORGE LOWE: Pompeii and Herculaneum: a sourcebook, London 20142, H 5.
9 Vgl. FRANKLIN, JAMES: Epigraphy and society, in: John Joseph Dobbins / Pedar Foss (Hgg.), The world of Pompeji, London 2007, S. 518-526, hier: S. 521.
10 Vgl. BERNSTEIN, FRANCES: Pompeian women, in: John Joseph Dobbins / Pedar Foss (Hgg.), The world of Pompeji, London 2007, S. 526-538, hier: S. 532.
11 Vgl. HÜTTEMANN: Pompejanische Inschriften, S. 65.
12 Vgl. ebd. S. 224.
13 Vgl. COOLEY: Pompeii and Herculaneum, F 138.
14 Vgl. HÜTTEMANN: Pompejanische Inschriften, S. 65.
15 COOLEY: Pompeii and Herculaneum, E 67.
16 Vgl. ebd. E 53 und E 67.
17 Vgl. HÜTTEMANN, Pompeianische Inschriften, S. 65.
18 COOLEY, Pompeii and Herculaneum, F 20.
19 Ebd. F 28.
20 Vgl. HÜTTEMANN, Pompejanische Inschriften, S. 88.
21 Vgl. COOLEY, Pompeji and Herculaneum, D 58.
22 Vgl. ETIENNE, ROBERT: Pompeji : Das Leben in einer antiken Stadt, Stuttgart 19985, S. 358360.
23 HÜTTEMANN, Pompejanische Inschriften, S. 87.
24 Vgl. ebd. S. 88.
25 Vgl. DICKMANN, Pompeji. Archäologie, S. 67.
26 Vgl. ZANKER, Pompeji: Stadtbilder, S. 33-36.
27 Vgl. DICKMANN, Pompeji. Archäologie, S. 68.
28 Vgl. ebd. S. 73.
29 ZANKER, Pompeji: Stadtbilder, S. 35.
30 Vgl. COOLEY, Pompeji and Herculaneum, F 93.
31 Vgl. DICKMANN, Pompeji. Archäologie, S. 73.
32 Vgl. HÜTTEMANN, Pompejanische Inschriften, S. 65.
33 Vgl. ebd. S. 222.
34 Vgl. ebd. S. 26-27.
35 Vgl. LING, ROGER: Development of Pompeii's public landscape in the Roman period, in: John Joseph Dobbins / Pedar Foss (Hgg.), The world of Pompeji, London 2007, S. 119-129, hier: S. 122.`
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