Spätestens seit Thomas Hobbes’ Leviathan (1651) herrscht in der Politischen
Philosophie die Vorstellung vor, Souveränität und Territorialität seien als zwei
Variablen unzertrennbar miteinander verknüpft. Die Souveränität eines Herrschenden
beschränkt sich stets auf die Einheit des Territoriums, eines Raums, der durch
Grenzen seine objektive Beschränkung findet. Für eine Untersuchung der
Raumordnungen der globalisierten Welt ist es wichtig, wie sich die Souveränität
insbesondere in Bezug auf die Territorialität verändert.
Souveränität ist noch immer unweigerlich mit Territorialität verknüpft. Doch
nehmen beide in Abhängigkeit voneinander neue Formen an. Das Prinzip der
Territorialität verändert sich. Im Rahmen einer vertikalen Globalisierung der
Wirtschaft schließen sich Staaten in wirtschaftlichen Zentren zusammen und
vereinbaren eine gemeinsame Politik, die eine wirtschaftliche Freizügigkeit garantiert.
Sie produzieren damit in verschiedenen Graden postnationale Räume, z.B. indem
Binnengrenzen wegfallen und gemeinsame Märkte entstehen. Im Falle Europas hat
die hohe Formalität dieser Politik eine supranationale Organisation, die Europäische
Union, hervorgerufen. Diese Prozesse provozieren notwendigerweise periphere
Strukturen an den Rändern solcher Wirtschaftszentren. Das lässt sich an der
Migration auf das Zentrum gut erkennen. Sie entsteht durch das Wohlstands- und
Wirtschaftsgefälle zwischen Zentrum und Peripherie als horizontale Globalisierung.
Das Zentrum, also z.B. die Europäische Union, sieht sich gezwungen diese
Strömungen zu regieren oder zumindest zu kontrollieren.
Das Problem staatlicher (oder supranationaler) Souveränität ist dabei die
zunehmende Transnationalisierung der Politik, die durch die Globalisierung
hervorgerufen wird. Nach Reinhard Meyers (1985) entsteht Transnationalität, wenn
(...) unter den Bedingungen politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich und
ökologisch vermittelnder weltpolitischer Interdependenz nichtstaatliche,
gesellschaftliche Gruppen- und Einzelakteure gegenüber staatlichen
Entscheidungsträgern ein mehr oder minder hohes Maß an Autonomie gewinnen.
Dies eröffnet ihnen im Hinblick auf die Beziehung zu Regierungen anderer
Staaten (...) eigenverantwortlich nutzbare, das staatliche (...) Vertretungsmonopol
gleichsam unterlaufende oder schlicht ignorierende Handlungsspielräume. (zitiert
in Behr 2004: 34)
Inhalt
1. Souveränität und Territorialität
2. Migration als kontrollpolitisches Problem
2.1 Die Grenze und der Migrant als Schauplatz der Kontrolle
2.2 Das Paradox des „Schengen-Raumes” – Postnationaler Raum und „Festung Europa“
2.3 Kontrolle der europäischen Außengrenze
2.4 Die europäische Außengrenze als Grenze zwischen Zentrum und Peripherie
3. Beyond Control: Neue Formen der Migrationspolitik
3.1 „People Flow“ als Migrationsmanagement
3.2. Migrationsmanagement als Reaktion auf die Autonomie der Migrationsströme
3.3 Suche nach einer nachhaltigen Migrationspolitik
4. Schlussfolgerung
Bibliographie
1. Souveränität und Territorialität
Spätestens seit Thomas Hobbes’Leviathan(1651) herrscht in der Politischen Philosophie die Vorstellung vor, Souveränität und Territorialität seien als zwei Variablen unzertrennbar miteinander verknüpft. Die Souveränität eines Herrschenden beschränkt sich stets auf die Einheit des Territoriums, eines Raums, der durch Grenzen seine objektive Beschränkung findet. Für eine Untersuchung der Raumordnungen der globalisierten Welt ist es wichtig, wie sich die Souveränität insbesondere in Bezug auf die Territorialität verändert.
Souveränität ist noch immer unweigerlich mit Territorialität verknüpft. Doch nehmen beide in Abhängigkeit voneinander neue Formen an. Das Prinzip der Territorialität verändert sich. Im Rahmen einer vertikalen Globalisierung der Wirtschaft schließen sich Staaten in wirtschaftlichen Zentren zusammen und vereinbaren eine gemeinsame Politik, die eine wirtschaftliche Freizügigkeit garantiert. Sie produzieren damit in verschiedenen Graden postnationale Räume, z.B. indem Binnengrenzen wegfallen und gemeinsame Märkte entstehen. Im Falle Europas hat die hohe Formalität dieser Politik eine supranationale Organisation, die Europäische Union, hervorgerufen. Diese Prozesse provozieren notwendigerweise periphere Strukturen an den Rändern solcher Wirtschaftszentren. Das lässt sich an der Migration auf das Zentrum gut erkennen. Sie entsteht durch das Wohlstands- und Wirtschaftsgefälle zwischen Zentrum und Peripherie als horizontale Globalisierung. Das Zentrum, also z.B. die Europäische Union, sieht sich gezwungen diese Strömungen zu regieren oder zumindest zu kontrollieren.
Das Problem staatlicher (oder supranationaler) Souveränität ist dabei die zunehmende Transnationalisierung der Politik, die durch die Globalisierung hervorgerufen wird. Nach Reinhard Meyers (1985) entsteht Transnationalität, wenn (...) unter den Bedingungen politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch vermittelnder weltpolitischer Interdependenz nichtstaatliche, gesellschaftliche Gruppen- und Einzelakteure gegenüber staatlichen Entscheidungsträgern ein mehr oder minder hohes Maß an Autonomie gewinnen. Dies eröffnet ihnen im Hinblick auf die Beziehung zu Regierungen anderer Staaten (...) eigenverantwortlich nutzbare, das staatliche (...) Vertretungsmonopol gleichsam unterlaufende oder schlicht ignorierende Handlungsspielräume. (zitiert in Behr 2004: 34)
Interdependenz produziert also nicht nur neue nichtstaatliche Akteure zur Steuerung und Durchsetzung von Wirtschaftspolitiken, wie etwa die World Trade Organisation oder internationale Großbanken. Vielmehr entsteht durch die wirtschaftliche und politische Verflechtung von Staaten der Zwang für gesellschaftliche Gruppierungen, sich selbst zu transnationalisieren. Die Migration ist dafür beispielhaft. Um den Restriktionen bei der Einwanderung zu umgehen, haben sich „transnationale Praktiken und Netzwerke“ von Migrierenden gebildet. Ebenso zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, welche die Interessen dieser vertreten (vgl. Hess/Tsianos 2006: 23). Diese nichtstaatlichen Akteure nehmen, im Sinne Meyers, „autonome Handlungsspielräume“ ein, indem sie „jenseits nationaler und internationaler Institutionen, Regelwerke und Regelkompetenzen“ (Behr 2004: 35/36) agieren. Sie handeln also „entgrenzt“ und damit im Spannungsfeld mit denen auf Territorien begrenzten staatlichen Akteuren.
Das eigentliche Ziel dieser Arbeit ist jedoch nicht, zu untersuchen, wie sich solche nichtstaatlichen Akteure jenseits nationaler Souveränität etablieren. Ich möchte vielmehr zeigen, wie sich die Souveränität der Staaten als Reaktion auf transnationale Praktiken selbst transformiert. Das Phänomen der Migration ist dafür beispielhaft.
2. Migration als kontrollpolitisches Problem
Die Grenze und der Migrant als Schauplatz der Kontrolle Aus Sicht staatlicher Einwanderungspolitik stellt illegale Migration vor allem ein Kontrollproblem dar. Illegale Einwanderung untergräbt die Souveränität eines Staates, da sich ein widerrechtlich aufhaltender Migrant der bürokratischen Kontrolle entzieht. Aus dieser Überlegung folgt, dass die Überwachung von Grenzen zu einem elementaren Bestandteil der Migrationskontrolle wird. Außerdem werde, wie es Sassen formuliert, Migration lediglich als dieAuswanderung von Einzelpersonen verstanden (‚individual action of emigrants’). Das Einwanderungsland wird, daraus folgend, nur als passiv und nicht am Auswanderungsprozess beteiligter Akteur verstanden (vgl. Sassen 1999: 7/8). Nach Sassen entstehen damit die Grenze und der Migrant als Einzelperson als die Schauplätze der Kontrolle: „Two fundamental traits of immigration policy are, then, that it singles out the border and the individual as the sites for regulatory enforcement.” (Sassen 1999: 7).
Infolge des Transnationalisierungsprozesses müssen Staaten immer mehr Einschränkungen in ihrer Gesetzgebungsfunktion hinnehmen. Außerdem vollzieht sich tendenziell ein Wandel von der Kontrolle der Migration hin zu einer Politik der Lenkung. Zunächst soll jedoch die Migration als kontrollpolitisches Phänomen untersucht werden.
Das Paradox des „Schengen-Raumes” – Postnationaler Raum und „Festung Europa“ Der freie Austausch von Waren, Informationen und Arbeitskräften ist Grundvoraussetzung eines globalen Wirtschaftsmarktes. Dieses Freihandelsregime überschneidet sich mit einer an Kontrolle orientierten Migrationspolitik. Während die Migrationspolitik darauf abzielt, illegale Migration und die damit identifizierten Gefahren abzuwenden, bietet der Freihandel gerade Anreize (auch) für illegale Immigration, da es nach billigen Arbeitskräften verlangt. Für Staaten stellt die „Nebeneinanderstellung zweier gegensätzlicher Regime in zunehmenden Maße ein Problem“ [juxtaposition of the divergent regimes (...) is rather difficult to handle] (Sassen 1999: 14) für die Gesetzgebung dar.
Ein gutes Beispiel für diese gegenläufigen Prozesse ist der Schengen-Raum, der sich hauptsächlich in der Europäischen Union erstreckt, aber auch die Nicht-EU- Länder Island, Norwegen und die Schweiz mit einbezieht. Der „Schengen-Raum“ geht auf eine Initiative der damaligen Staatschefs der Europäischen Gemeinschaft im Jahre 1985 zurück.
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