In dieser wissenschaftlichen Arbeit soll mittels Literaturanalyse und empirischer Forschung geprüft werden, welche Rolle Business Process Management innerhalb einer digitalen Business- bzw. Corporate Governance-Transformation spielt und auch in Zukunft in Anbindung neuer Technologien spielen kann. Hierzu werden die Methoden und Ansätze von GRC, Kollaboration und BPM betrachtet, um Kombinationsmöglichkeiten für Transformationsinitiativen kristallisieren zu können. Dies wird mit einem praktischen Beispiel einer Business Transformation Suite (Signavio) untermauert und via skizziertem BPM-GRC-Konzept via SWOT analysiert. Zusätzlich werden weiterführende digitale Technologien (für GRC) der Industrie 4.0 beleuchtet und deren Voraussetzungen für die Implementierung in Unternehmen erforscht. Mit diesen Erkenntnissen und dem dargestellten BPM-GRC-Konzept soll folgende Frage am Ende der Arbeit beantwortet werden: Dient BPM als eine wesentliche Voraussetzung, um die digitale Transformation von Unternehmen und deren Corporate Governance effizient umzusetzen?
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Anlageverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Methodik
3 Abgrenzungen und terminologische Bestimmungen
3.1 Abgrenzung Digitalisierung und digitale Transformation
3.2 Industrie 4.0
3.3 Transformationsstrategien der deutschen Wirtschaft
3.4 Controlling
3.4.1 Strategisches Controlling
3.4.2 Operatives Controlling
3.4.3 Corporate Governance (Kodex)
3.4.4 GRC-Managementsysteme
3.5 Business Process Management
3.5.1 Geschäftsprozessmodellierung
3.5.2 Process Mining
3.5.3 Collaboration Engineering
Kollaboration
Digitale Zusammenarbeit
Kollaborations-Tools
4 Untersuchung einer kollaborativen BPM- und GRC-Methodik
4.1 Ansätze und Methoden von digitalem Business Process Management
4.1.1 Prozessdokumentation
4.1.2 Prozessanalyse
4.1.3 Prozesstransformation
4.1.4 Prozesscontrolling
4.1.5 Prozessautomatisierung
4.2 Arten von digitaler Kollaboration
4.2.1 Team-Kollaboration
4.2.2 Community-Kollaboration
4.2.3 Netzwerk-Kollaboration
4.2.4 Cloud-Kollaboration
4.2.5 Video-Kollaboration
4.2.6 Interne Zusammenarbeit
4.2.7 Externe Zusammenarbeit
4.2.8 Strategische Allianz
4.3 Untersuchung des kollaborativen Prozessmanagement
4.3.1 Anwendungsszenarien für kollaboratives Prozessmanagement
4.3.2 Vor- und Nachteile des kollaborativen Prozessmanagements
4.3.3 Notwendigkeit hinsichtlich digitaler Transformation
4.4 Nutzengenerierung und strategische Ausrichtung von BPM-Digitalisierung
4.4.1 IT-Transformation und Innovationsmigration
4.4.2 Operational & Customer Excellence
4.4.3 Risk & Compliance
4.4.4 Nutzen der digitalen BPM-Transformation für deutsche Unternehmen
4.5 Ansätze und Methoden von digitaler Governance, Risk und Compliance
4.5.1 Risikomanagement
4.5.2 Interne Kontrolle und Revision
4.5.3 Compliance
4.6 Kombination von kollaborativen BPM mit GRC
5 Digitale 4.0-Technologien für Corporate Governance
5.1 Business Transformation Suites
5.2 Machine Learning und Künstliche Intelligenz
5.3 Big Data
5.4 Blockchain
5.5 Digitale Transformation von Corporate Governance
5.5.1 GRC Transformation
5.5.2 Chancen und Herausforderungen der Corporate Governance 4.0
5.6 Voraussetzungen für die Implementierung neuer Technologien
6 Konzeptionierung eines BPM-GRC-Modells als Vorbereitung auf Transformationsinitiativen und Technologie-Implementierung
6.1 BPM-GRC-Konzept anhand einer Business Transformation Suite (Signavio)
6.1.1 Process Manager
6.1.2 Collaboration Hub
6.1.3 Workflow Accelerator
6.1.4 Process Intelligence
6.2 GRC-Themen innerhalb der Business Transformation Suite
6.2.1 Process Manager
6.2.2 Workflow Accelerator
6.2.3 Collaboration Hub
6.2.4 Process Intelligence
6.3 SWOT-Analyse des BPM-GRC Konzeptes
6.3.1 Stärken und Schwächen
6.3.2 Chancen und Gefahren
6.3.3 Strategische SWOT-Matrix
6.4 Process Mining im GRC-Management - SWOT-Analyse
6.4.1 Stärken und Schwächen
6.4.2 Chancen und Gefahren
6.4.3 Strategische SWOT-Matrix
6.5 BPM als eine wesentliche Voraussetzung für die Implementierung neuer GRC-Technologien
6.5.1 BPM-Eignung für Transformationsvoraussetzungen
6.6 Handlungsempfehlungen für Unternehmen im digitalen Wandel
7 Fazit
8 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: SWOT-Matrix – BPM-GRC-Konzept
Abbildung 2: SWOT-Matrix – Process Mining.
Abbildung 3: Auflistung Transformationsvoraussetzungen nach Anwendbarkeitseignung in BPM
Anlageverzeichnis
Anlage 1: Experteninterview: Quo vadis Corporate Governance?
Anlage 2: Auswertung Fragebögen „BPM-GRC“.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
In unserer schnelllebigen Geschäftswelt gibt es eine Konstante: Jedes Unternehmen benötigt ein zuverlässiges, unternehmensweites Governance-, Risk- und Compliance-Management (GRC). Durch scheinbar endlose wirtschaftskriminelle Skandale und Organisationen, die nicht kalkulierte und ruinöse Risiken eingehen, sind die eng zusammenhängenden GRC-Themen bzw. die Corporate Governance zu unausweichlichen Themen in der Wirtschaftswelt geworden. GRC wurde früher häufig nur als zusätzlicher Kostenfaktor betrachtet. Heute ist es eine unverzichtbare Investition, denn in Zeiten des digitalen Wandels und von wandelnden Regulationen, dynamischer Märkte und veränderter Kundenanforderungen, kann ein professionelles Risk- und Compliance-Management über den Erfolg eines Unternehmens entscheiden. Hinzu kommt der Druck der Digitalisierung und die damit verbundene Revolution „Industrie 4.0“, welche ein Risiko darstellt, sofern man sich den Herausforderungen der digitalen Transformation nicht stellt und so seine Wettbewerbsfähigkeit sicherstellt. Die Herausforderungen digitaler Disruption und neuer Technologien werden somit eine starke Auswirkung auf Unternehmen inklusive deren Corporate Governance haben, da es innerhalb der Organisationen immer wieder zu Änderungen und Anpassungen kommen wird und im selben Zuge auch neue Spielregeln sowie Risiken gehandhabt werden müssen. Da jedes Digitalisierungsprojekt zugleich auch ein Projekt zur Gestaltung und Implementierung von Geschäfts-prozessen ist und GRC-Management auf prozessorientierten Regeln und Risiken basiert, liegt es nahe, Methoden und Ansätze aus dem digitalen Geschäftsprozess-management mit der Corporate Governance zu vereinen. Dies setzt voraus, dass beispielsweise die aktuellen Regulationen mit den einzelnen Arbeitsschritten aller Mitarbeitenden harmonisiert werden und hieraus Risiken und Kontrollen abgeleitet und verwaltet werden. Unternehmen müssen aus diesem Grund die Voraussetzungen schaffen, verteiltes Wissen effektiv zusammenzuführen, bestenfalls als Prozess zu formen und auf Basis dessen zu analysieren und optimieren zu können. Dieser Aspekt ist ebenfalls für den Wettlauf der Organisationen für die Nutzung digitaler Technologien relevant, da die neuartigen Technologien der Industrie 4.0, wie künstliche Intelligenz, Robotic Process Automation, Machine Learning, Blockchain und weitere auf einer solchen Grundlage aufbauen könnten. Dementsprechend könnten auch robuste Prozesse kontinuierlich verbessert gesteuert werden, fraglich ist nur, welche Technologien und die damit verbundenen Voraussetzungen es hier weitergehend für die Transformation der Corporate Governance und dessen GRC-Management gibt.
Vor diesem Hintergrund soll in dieser wissenschaftlichen Arbeit mittels Literaturanalyse und empirischer Forschung geprüft werden, welche Rolle Business Process Management innerhalb einer digitalen Business- bzw. Corporate Governance-Transformation spielt und auch in Zukunft in Anbindung neuer Technologien spielen kann. Hierzu werden die Methoden und Ansätze von GRC, Kollaboration und BPM betrachtet, um Kombinationsmöglichkeiten für Transformationsinitiativen kristallisieren zu können. Dies wird mit einem praktischen Beispiel einer Business Transformation Suite (Signavio) untermauert und via skizziertem BPM-GRC-Konzept via SWOT analysiert. Zusätzlich werden weiterführende digitale Technologien (für GRC) der Industrie 4.0 beleuchtet und deren Voraussetzungen für die Implementierung in Unternehmen erforscht. Mit diesen Erkenntnissen und dem dargestellten BPM-GRC-Konzept soll folgende Frage am Ende der Arbeit beantwortet werden: Dient BPM als eine wesentliche Voraussetzung, um die digitale Transformation von Unternehmen und deren Corporate Governance effizient umzusetzen?
2 Methodik
Um das Konzept aus einer internen und externen Sicht zu betrachten, wird in dieser wissenschaftlichen Arbeit auf die SWOT-Analyse als methodisches Vorgehen zurückgegriffen. Die SWOT-Analyse ist ein Instrument im Rahmen des strategischen Managements. Der Begriff SWOT steht hierbei für Stärken (Strengths), Schwächen (Weaknesses), Chancen (Opportunities) und Gefahren (Threats). Prinzipiell gewährt die SWOT-Analyse einen vollständigen Überblick über die auf internen Ressourcen und Strukturen basierenden Stärken und Schwächen eines Unternehmens und gleichzeitig die Möglichkeiten und Gefahren, mit denen das Unternehmen auf den Märkten konfrontiert wird (Behnam et al., 2018, S. 259ff.). Da in dieser wissenschaftlichen Arbeit ein skizziertes Konzept betrachtet wird, entsteht durch die (abgeleitete) Anwendung der SWOT-Analyse, ein klares und übersichtliches Bild des BPM-GRC-Konzeptes mit seinen Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren in seiner strategischen Anwendung. Diese kritische Auseinandersetzung hilft dabei, die Komplexität des Modells zu reduzieren, konkrete Erkenntnisse zu analysieren und daraus Handlungsempfehlungen für Unternehmen im digitalen Wandel darzustellen. Hierzu werden zusätzlich weiterführende Technologien der Industrie 4.0 via Literatur analysiert und durch Befragungen in Form von Experteninterviews und deren Auswertungen untermauert. Damit werden relevante Technologien und deren Voraussetzungen für die Transformation von Unternehmen und deren Corporate Governance 4.0 kristallisiert und in Verbindung mit dem skizzierten BPM-GRC-Modell über die SWOT-Analyse in Verbindung gebracht.
3 Abgrenzungen und terminologische Bestimmungen
Die Begriffe „Digitalisierung“ oder „digitale Transformation“, welche häufig als Synonym verwendet werden, sind der breiten Öffentlichkeit bekannt und auch Top-Gesprächsthema in Zeiten der COVID-19-Pandemie, da viele Unternehmen und öffentliche Einrichtungen auf digitale Lösungen ausweichen mussten, um ihren operativen Arbeitsalltag weiterhin gestalten zu können. Oftmals werden die beiden Begriffe trotzdem verwechselt. Deshalb wird nun im folgenden Abschnitt eine klare Abgrenzung dieser Begriffe charakterisiert. Daraus ableitend wird im Anschluss auf den Begriff „Industrie 4.0“ eingegangen und dieser definitorisch beschrieben. Nachfolgend wird auf den Governance-Kodex sowie die daraus abgeleiteten GRC-Managementsysteme eingegangen, welche anhand ihrer strategischen und unternehmerischen Nutzung beschrieben werden. Nach der Definition von BPM und Kollaboration wird in dessen Ansätze eingeleitet.
3.1 Abgrenzung Digitalisierung und digitale Transformation
Der Begriff der digitalen Transformation findet sich heutzutage in aller Munde. Damit gemeint ist im Wesentlichen die Neuausrichtung von Produkten, Dienstleistungen, Prozessen und Geschäftsmodellen etablierter Unternehmen, anhand der Bedingungen einer zunehmend digitaler werdenden Welt (Kreutzer et al., 2016, S. 1.). Die digitale Transformation beschreibt demzufolge, wie Unternehmen Technologien einsetzen, um Kunden- oder Partnererfahrungen um eine digitale Dimension zu erweitern. Dadurch verändert sich die Arbeitsweise von Mitarbeitern oder neue digitale als auch datenbasierte Geschäftsbereiche machen sich auf.
Der Begriff der Digitalisierung wird im gängigen Sprachgebrauch häufig mit dem sogenannten „papierlosen Büro“ verbunden. Hinter der Digitalisierung verbirgt sich jedoch weit mehr als diese Äußerung (Deloitte, 2013). Grundsätzlich gesprochen bezeichnet der Begriff der Digitalisierung den Wandel von neuartigen, häufig disruptiven Geschäftsmodellen mittels Informations- und Kommunikationstechnik. Analoge Daten werden in digitale umgewandelt, Geschäftsprozesse flexibilisiert und automatisiert sowie Technik, Informationen, Dinge und Menschen vernetzt. Der Kunde und dessen Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt und durch Effizienz muss Freiraum für Innovation geschaffen werden (Hanschke, 2018, S. 3.). Beispiele für die Digitalisierung sind das digitale Erfassen und Speichern von Daten und Informationen. Was einst mittels Papier (analog) verarbeitet wurde, kann in gleicher Form auch digitalisiert werden. Wenn man über Digitalisierung von mittelständischen Unternehmen redet, dann heißt dies meistens ein Abbilden der jetzigen Organisation in Unterstützung von digitalen Mitteln. Dabei nimmt man beispielsweise die bestehenden Abläufe inklusive Dokumente, Ressourcen, Verantwortlichkeiten, Kommunikationswege, Notizen als auch weitere Informationen und versucht mit Hilfe von digitalen Mitteln diese als Prozess abzubilden (Talin, 2021).
3.2 Industrie 4.0
Die Digitalisierung der Industrie ändert sich dramatisch. Durch neue Innovationen und Technologien verändert sich die Art und Weise, wie wir Güter produzieren. Dies passiert zum einen stetig, manchmal aber auch sehr sprunghaft, was als Revolution bezeichnet wird. Heute stehen wir an der Schwelle zur nächsten, der vierten industriellen Revolution (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, o. D.).
Wenn Bauteile eigenständig mit der Produktionsanlage kommunizieren und bei Bedarf selbst eine Reparatur veranlassen oder Material nachbestellen, wenn sich Menschen, Maschinen und industrielle Prozesse intelligent vernetzen, dann sprechen wir von Industrie 4.0. Dies ist eine gedankliche Definition des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (o.D.), da der Begriff „Industrie 4.0“ aufgrund einer Strategie der Bundesregierung ins Leben gerufen wurde. Dieser bedeutet im Grunde die Nutzung intelligenter Fabriken (Smart Factories) durch digital vernetzte, intelligente Systeme, um eine effiziente und flexible Produktion zu ermöglichen, wie auch die damit verbundenen Produkte maßgeschneidert an den Kunden zu bringen (Sachs, 2020, S. 1f.). Industrie 4.0 betrifft bei Weitem nicht nur klassische Industriebereiche wie den Maschinenbau oder die Elektroindustrie. Überall dort, wo industrielle Prozesse durch digitale Technologien "smarter" gemacht werden können, wirkt sich Industrie 4.0 aus. Software-Kompetenz und Wissen über digitale Technologien entscheiden in den heutigen Zeiten mehr über den Unternehmenserfolg als in früheren. Die intelligente Erfassung und Auswertung von Daten bieten Unternehmen neue Möglichkeiten, auf individuelle Kundenwünsche zugeschnittene Produkte anzubieten - dem Start-up ebenso wie kleinen und mittleren Unternehmen oder großen Konzernen. Möglich werden aber auch intelligente Anwendungen, wie etwa neue Produktentwicklungen, die auf Informationen beruhen, die ein smartes Produkt im Laufe seines Lebens sammelt. Mit der zunehmenden Vernetzung und dem Austausch großer Datenmengen in der Industrie 4.0 steigen auch die Sicherheitsanforderungen. IT-Sicherheit muss von Anfang an mitbedacht werden. Anlagen und Produkte, aber auch Daten und Know-how müssen verlässlich vor unbefugtem Zugriff und Missbrauch geschützt werden. Einheitliche Normen und Standards sind daher entscheidend für Industrie 4.0., um bspw. Datenschutz, IT-Sicherheit oder Veränderungen der Arbeitsorganisation ordnungsgemäß zu managen (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, o. D.).
3.3 Transformationsstrategien der deutschen Wirtschaft
Der Mittelstand gilt gemäß dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (o.D.) als Erfolgsfaktor der deutschen Wirtschaft. Dementsprechend soll der Mittelstand insbesondere die Digitalisierung für sich nutzen und damit auch Innovationen bzw. Methoden der digitalen Transformation nutzen. Für Unternehmen gibt es daher prinzipiell drei Marschrichtungen der digitalen Transformationsstrategien. Hierbei kommt es auf das Ausmaß der Veränderung an (Kugler & Anrich, 2018, S. 3ff.).
- Disruptive Veränderungen des Geschäftsmodells
Während sich bei einer Innovation Organisationen weiterentwickeln und der Markt sich nicht grundlegend verändert, bezeichnet die disruptive Innovation eine komplette Umstrukturierung oder Zerschlagung des Marktes und des aktuellen Geschäftsmodells eines mittelständischen Unternehmens. Daraus ergibt sich die Strategie, Aktivitäten einer Organisation neu auszurichten, um sich von den Wettbewerbern zu differenzieren oder zumindest günstigere Preise anzubieten.
- Veränderung Markterschließung
Die Strategie der Veränderung der Markterschließung konzentriert sich vor allem darauf, wie mit wem Geld gemacht wird und dementsprechend auf Themen entlang der Absatz- und Kundenseite, wie Marketing und Sales bei der Gewinnung neuer (digitalen) Kundengruppen.
- Veränderung Geschäftsprozesse
Hierbei ist die Verbesserung bzw. Optimierung von beispielsweise operativen Prozessen der Ablauforganisation, Supply Chain oder IT-Infrastrukturen gemeint, welche durch neue digitale Innovationen verändert werden (Kugler & Anrich, 2018, S. 3ff.).
3.4 Controlling
Der Begriff „Controlling“ wird heutzutage für unterschiedlichste Dinge verwendet und wird oft mit dem Begriff „Controller“ zusammengeworfen. Eine aussagekräftige Abgrenzung ist daher notwendig: Zunächst ist unter dem Begriff „Controller“ ein Stelleninhaber bzw. eine Position innerhalb einer Organisation zu verstehen, der für Manager ein bestimmtes Set an Aufgaben wahrnimmt, u.a. die Bereitstellung von Informationen zu Kosten, Erstellung von Budgetplänen, Prozess- und Schwachstellenanalyse und vieles andere mehr. Controlling ist daher im Allgemeinen eher eine spezielle Führungs- oder Managementfunktion, die von unterschiedlichen Aufgabenträgern, unter anderem Controllern, vollzogen wird (Weber et al., 2014, S. 1ff.). Die ersten Controller fanden sich in England und den USA im staatlichen Bereich, um das Gleichgewicht zwischen dem Staatsbudget und der Verwendung der Staatsausgaben zu überwachen (Weber et al., 2014, S. 1ff.). Das allgemeine Ziel des Controllings wird heute eher als eine verhaltensorientierte Rationalitätssicherung von unternehmerischen Entscheidungen verstanden (Haufe, 2017).
Aus der Funktionssicht übernimmt das Controlling die Rolle einer Hilfsfunktion des Managements und ist somit auch Teil der Managementsysteme einer Organisation. Dementsprechend wird versucht, Aufgaben wie Versorgung der Unternehmensleitung mit entscheidungsrelevanten Informationen und die Unterstützung von Management-entscheidungen durch Planung und Kontrolle zu verwirklichen (Baum et al., 2013, S. 1ff.). Erst viel später und insbesondere in Deutschland wurden dem Controlling klassische Aufgaben im Bereich der strategischen Planung und Kontrolle übertragen. Getragen war diese Entwicklung von dem Gedanken, die ohne Zweifel fruchtbare Implementierung des operativen Controllings auf die strategische Ebene zu übertragen (Brühl, 2016, S. 38).
Zusammenfassend lässt sich das funktionsorientierte Verständnis des Controllings als ein System der vom Rechnungswesen gestützten Informationsgenerierung und -verarbeitung sehen, welches zur Unterstützung der Geschäftsleitung durch Planung, Kontrolle und Überwachung dient. Controlling geht hier jedoch über das monetär orientierte Rechnungswesen hinaus, da auch andere quantitative, aber nicht-monetäre sowie qualitative Informationen Entscheidungsrelevanz besitzen können hinsichtlich Gewinnung, Verarbeitung und Aufbereitung (Baum et al., 2013, S. 1ff.).
3.4.1 Strategisches Controlling
Nachdem nun eine klare Sicht auf das Controlling und seine Funktion gegeben wurde, wird nun das Controlling-System aus strategischer Perspektive betrachtet. Strategisches Controlling ist ein System der Informationsverarbeitung und -generierung zur Unterstützung der Unternehmensleitung. Planung- und Kontrollfunktionen, um Strategien umsetzen und koordinieren zu können, spielen hier die Hauptrolle. Strategisches Controlling verfolgt also die Planung strategischer Maßnahmen und kontrolliert die geplante Umsetzung bis hin zur Zielerreichung der gesetzten Prämissen oder Leitbilder. Das Hauptziel des strategischen Controllings ist die Nachhaltigkeit. Es orientiert sich daher auch an den strategischen Problemen, die mit wichtigen Informationen aus der Umwelt des Unternehmens stammen (Brühl, 2016, S. 1ff.).
Aufgaben des strategischen Controllings:
Strategisches Controlling hilft die Erfolgsbasis zu sichern und auszubauen. Die Aufgaben des strategischen Controllings richten sich nach dem bekannten Hauptziel Nachhaltigkeit. Allerdings sind neben diesem Ziel auch weitere Ziele zu erreichen wie Existenzsicherung und ggf. zukünftiger Gewinn und Liquiditätssicherung. Daher sind die Aufgaben und deren Zeitbezug eher in die nahe und ferne Zukunft gerichtet sowie auch primär unternehmensextern (umweltbezogen) ausgerichtet. Durch hohe Komplexität, Dynamik und Diskontinuität des Umfelds als Rahmenbedingung arbeitet das strategische Controlling mit Konzepten und Instrumenten der mehrperiodischen Planungs- und Kontrollrechnung. So werden meist innovative Aufgaben verfolgt wie die Sicherung und Weiterentwicklung von Erfolgspotenzialen auf Basis der Risikopolitik und damit die Sicherstellung der ergebnis- bzw. wertzielorientierten Rationalität (Alter, 2013, S. 42 ff.). Das strategische Controlling widmet sich hier den Unternehmensstrategien und deren Leitbildern und hat damit zur weiteren Aufgabe, das Unternehmen nach Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken zu bewerten sowie die Wettbewerbssituation zu analysieren, als auch die einzelnen Produktlebenszyklen. Hierbei handelt es sich auch um ein strategisches Kosten- und Performancemanagement (Controlling.net, 2020).
3.4.2 Operatives Controlling
Operatives Controlling hingegen konzentriert sich auf die Planungs- und Kontrollprobleme der operativen und taktischen Ebene. Dies wirkt sich insbesondere auf den Einsatz der Controlling-Instrumente aus, da diese mit finanziellen Zieldimensionen arbeiten, wie Budget- oder Kennzahlensysteme bzw. generell mit dem Rechnungswesen. Das operative Controlling verfolgt daher die Hauptziele „Gewinn“ und „Liquidität“. Der Gewinn ist Zielgröße der Bilanz- und Erfolgsrechnung des externen Rechnungswesens (Gewinn errechnet anhand des Jahresüberschuss) und der Kosten- und Leistungsrechnung als Teil des internen Rechnungswesens (Gewinn aus operativem Betriebsergebnis). Die Finanzrechnung mit der Zielgröße Einzahlungsüberschuss und die Finanzierungs-rechnung mit der Zielgröße Einnahmenüberschuss (häufig gemessen als Cashflow) konkretisieren das Hauptziel Liquidität (Baum et al., 2013, S. 1 ff.).
Aufgaben des operativen Controllings:
Die Aufgaben des operativen Controllings richten sich nach den Zielen der Gewinn- und Liquiditätssicherung „heute“. Daher ist der Zeitbezug eher auf die Gegenwart und die nahe Zukunft gerichtet sowie auch primär unternehmensintern ausgerichtet. Durch ein relativ stabiles Umfeld als Rahmenbedingung arbeitet das operative Controlling mit Konzepten und Instrumenten der periodischen und mehrperiodischen Planungs- und Kontrollrechnung (Alter, 2013, S. 42 ff.).
So werden meist routinierte Aufgaben verfolgt wie:
- Beratung und Berichterstattung der Unternehmensleitungen über aktuelle Planungen und Entscheidungshilfen
- Informationsbeschaffung anhand von praxisorientierten Systemen der Unternehmensplanung sowie der Planung und Umsetzung von operativen Teilzielen
- das Zusammenstellen von internen und externen Daten für Analysen, Simulation und Prognosen
- Überprüfung von Zielen und Maßnahmen anhand rechnerischer Prüfungen entlang der Ergebnisdarstellung, Soll-Ist-Vergleichen und auf Basis von Kennzahlen
- das Durchführen von Revisionen und Analysen für den positiven Einfluss auf Effizienzsteigerungen, Erlösverbesserungen, Kostensenkungen und Investitionen, darunter auch Budgetierung und Budgetkontrolle sowie
- die Darstellung von finanziellen Ergebnissen (Wermter, 2014, S. 24 f.).
3.4.3 Corporate Governance (Kodex)
Der Deutsche Corporate Governance Kodex stellt wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften (Unternehmensführung) dar und enthält international und national anerkannte Regeln und Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung. Der Kodex soll das deutsche Corporate Governance System transparent und nachvollziehbar machen. Er versucht das Vertrauen der internationalen und nationalen Anleger, der Kunden, der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung deutscher börsen-notierter Aktiengesellschaften fördern. Außerdem verdeutlicht er die Rechte der Aktionäre, die der Gesellschaft das erforderliche Eigenkapital zur Verfügung stellen und das unternehmerische Risiko tragen. Der Kodex richtet sich in erster Linie an börsennotierte Unternehmen, aber auch nicht börsennotierte Gesellschaften wird die Beachtung des Kodex empfohlen. In der Regel wird dieser einmal jährlich vor dem Hintergrund nationaler und internationaler Entwicklungen überprüft und bei Bedarf angepasst (Präambel - Deutsche Corporate Governance Kodex - deutsch, 2021).
Corporate Governance beschreibt also den Ordnungsrahmen für eine zielorientierte, verantwortungsvolle und ethische Verwaltung und eine geregelte Kontrolle von Organisationen in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht. Corporate Governance umfasst daher auch die Beziehungen mit Stakeholdern und das Management der Unternehmens- und Führungsziele. Viel interessanter ist es jedoch, wie ein Unternehmen die Corporate Governance konkret anhand des GRC-Managements bzw. Controllings ausübt (Hahn & Taylor, 2006, S. 511 f.).
3.4.4 GRC-Managementsysteme
Nach Definition und Abgrenzung des Controllings und der Betrachtung des Corporate Governance Kodexes ist nun zu verstehen, dass Unternehmen heutzutage expliziten und impliziten normativen Vorgaben unterliegen, welche die Aufgaben, Rollen und Verantwortlichkeiten von Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionärsversammlung präzisieren und Informations-, Offenlegungs-, und Kontrollmöglichkeiten konkretisieren sowie stabilitätsfördernde Mechanismen einfordern. Hierunter wird das effektive und effiziente Zusammenwirken von Controlling, also interner Revision, Risikomanagement und Compliance Management in Form eines integrierten Governance, Risk & Compliance (GRC-Konzepts) verstanden (vgl. Otremba, 2016, S. 1–3).
Governance, Risk & Compliance (GRC) bezeichnet demzufolge im Allgemeinen die kontinuierliche gesamthafte Betrachtung aller Funktionen einer Organisation, um rechtliche, finanzielle und Reputationsrisiken effektiv und effizient zu steuern. Durch die funktions-übergreifende Betrachtung von Risikomanagement, Compliance sowie interner Revision und das gezielte Einbeziehen weiterer relevanter Unternehmensfunktionen (IKS, Controlling, Rechtsbereich u. ä.) werden Synergiepotenziale genutzt (horizontale Integration) und die Einbindung von GRC in bestehende Geschäftsprozesse sichergestellt (vertikale Integration). Die Corporate Governance des Unternehmens ist daher das Fundament und der Bezugspunkt des GRC-Managements. Es ist Bestandteil des strategischen und operativen Managements und dient der Verwirklichung des Unternehmensinteresses (Otremba, 2016, S. 1–3). Um diese Funktionen optimal zu handhaben, werden meist Wirtschaftsprüfer und -berater von Unternehmen hinzugezogen, um die internen Controlling- und Revisionsfunktionen ohne Interessenkonflikt ausführen zu können.
3.5 Business Process Management
Um das Thema Business Process Management (BPM) bzw. Geschäftsprozessmanagement oder einfach Prozessmanagement verstehen zu können, sollte vorerst eine klare Definition verdeutlichen, was ein Prozess ist und daraus das Prozessmanagement abgeleitet werden. BPM wird von zahlreichen Autoren und Experten unterschiedlich definiert. Eine Gemeinsamkeit einiger Definitionen beinhaltet die Definition der European Association of BPM (EABPM), die in der deutschen Fassung ihres Referenzwerkes ”BPM Common Body of Knowledge“ schreibt: Als Prozess wird eine Reihe von festgelegten Tätigkeiten (Aktivitäten, Aufgaben) definiert, die von Menschen oder Maschinen ausgeführt werden, um ein oder mehrere Ziele zu erreichen (Freund & Rücker, 2014, S. 1 ff.).
Business Process Management (BPM) ist demnach ein systematischer Ansatz, um sowohl automatisierte als auch nicht-automatisierte Prozesse zu erfassen, zu gestalten, auszuführen, zu dokumentieren, zu messen, zu überwachen und zu steuern und damit die mit der Unternehmensstrategie abgestimmten Ziele nachhaltig zu erreichen. BPM umfasst die bewusste und zunehmend IT-unterstützte Bestimmung, Verbesserung, Innovation und Erhaltung von End-to-end-Prozessen (Freund & Rücker, 2014, S. 1 ff.). Dementsprechend beschäftigt sich das BPM mit der Modellierung, der Ausführung und der Überwachung dieser Geschäftsprozesse. BPM ermöglicht Organisationen die kontinuierliche Verbesserung (KVP) und Kontrolle über wertschöpfende Prozesse und deren Weiterentwicklung sowie einen Hebel zur Steuerung und Optimierung von Unternehmen (Prilla, 2010, S. 88.).
3.5.1 Geschäftsprozessmodellierung
Ein Geschäftsprozess ist ein spezieller Prozess, der der Erfüllung der obersten Ziele des Unternehmens dient und das zentrale Geschäftsfeld beschreibt. Wesentliche Merkmale eines Geschäftsprozesses sind die Schnittstellen des Prozesses zu den Marktpartnern des Unternehmens. Geschäftsprozessmodelle sind Informationsmodelle, die zur Darstellung von Geschäftsprozessen dienen. Die Geschäftsprozessmodellierung umfasst alle Aktivitäten der Erstellung, Anwendung und Pflege von Geschäftsprozessmodellen im Rahmen des Prozessmanagements. Sie hat Berührungspunkte mit der Daten-, Funktions- und Organisationsmodellierung. In Geschäftsprozessmodellen ist es notwendig zu spezifizieren, welche Daten für welche Aufgaben benötigt oder manipuliert werden. Außerdem muss festgelegt werden, welcher organisatorische Akteur für welche Aktivität verantwortlich ist. Geschäftsfunktionen werden durch Geschäftsprozessmodelle in eine zeitliche und sachlogische Reihenfolge gebracht. Methoden zur Geschäftsprozessmodellierung propagieren eine solche sichtorientierte Modellierung (Becker, 2012).
3.5.2 Process Mining
Process Mining ermöglicht es, die automatisch gesammelten Daten aus Unternehmen und deren IT-Systemen im Prozessmanagement in Form von Visualisierung und Darstellung zu nutzen (Peters & Nauroth, 2018, S. 3). Dabei ist Process Mining als ein interdisziplinärer Ansatz aus Data Mining, Business Intelligence und Process Science ausgerichtet.
Unter Data Mining versteht man die systematische Anwendung computergestützter Methoden, um in vorhandenen Datenbeständen Muster, Trends oder Zusammenhänge zu finden. Zur Wissensentdeckung eingesetzte Algorithmen basieren unter anderem auf statistischen Methoden (Luber, 2019).
Business Intelligence (BI) ist ein technologiegetriebener Prozess zur Analyse von Daten und zur Präsentation bzw. Visualisierung verwertbarer Informationen. Basierend darauf ist es möglich, fundierte Geschäftsentscheidungen zu treffen (Tableau, o. D.).
Process Science beinhaltet nicht nur Business Process Management, sondern auch Organisation, Change- und Lean Management.
Process Mining verbindet dabei das Geschäftsprozessmanagement und die Modellierung von Prozessen aus Daten (Data-Mining). Dessen Methoden werden genutzt, um die vorhandenen Datenbestände an Transaktions- und Vorgangsdaten des Unternehmens auszuwerten. Process Mining gewinnt das Datenwissen grundsätzlich aus Event-Logs, um auf Basis tatsächlicher Vorgänge und Transaktionen aus der elektronischen Aufzeichnung in IT-Systemen, Prozesse zu automatisiert zu erkennen, zu prüfen und schlussendlich auch zu verbessern. Damit können Unternehmen durch diese tiefgehende Transparenz eigene Prozesse besser verstehen, da Plan und Realität verglichen werden und Prozesse optimiert werden können (vgl. Peters & Nauroth, 2018, S. 3).
3.5.3 Collaboration Engineering
Collaboration Engineering ist ein systematischer Ansatz zur Entwicklung und Umsetzung von Zusammenarbeitsprozessen. Ziel ist insbesondere die Effizienz und Effektivität der Zusammenarbeit im Hinblick auf ein gemeinsames Ziel hin. Collaboration Engineering ist daher ein Ansatz zur Entwicklung und zur Umsetzung von Kollaborationsprozessen, die von Practitioners ausgeführt werden können, um hochwertige, wiederkehrende Aufgaben zu erfüllen (Leimeister, 2014, S.V f.). Kollaborative Methoden werden auch in der Prozessmodellierung sowie im generellen Prozessmanagement verwendet. Um Kollaboration näher verstehen zu können, wird nun im Folgenden genauer abgegrenzt.
Kollaboration
Kollaboration ist die Arbeit von zwei oder mehreren Individuen, die bewusst geplant wurde, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Um dieses Gruppenziel zu erreichen, sind Kommunikation, Koordination und Kooperation zwischen den beteiligten Akteuren notwendig (Leimeister, 2014, S.8). Kollaboration ist also eine Arbeitspraxis, bei der Individuen für einen gemeinsamen Zweck zusammenarbeiten, um einen geschäftlichen Nutzen zu erzielen. Shared Workspaces gehören zu den sichtbarsten Beiträgen im Bereich der Kollaboration. Sie zielen darauf ab, die gemeinsame Nutzung von Docs und Apps um Chat- und vielleicht Versionierungs- und andere Auditing-Funktionen zu erweitern. Sie können mehr oder weniger Funktionen haben und entweder als Lizenz oder auf syndizierter Basis "in der Cloud" verfügbar sein. Google Docs ist ein gutes Beispiel dafür, denn in Google Docs (inkl. Sheets, Slides, Forms und Google Sites) kann man in Echtzeit an einem Dokument zusammenarbeiten. Durch das Kommentieren einer Datei wird eine Konversation in den Kontext gestellt, sodass ein zeitraubender E-Mail-Verkehr vermieden werden kann. Kollaboration ist daher auch das synchrone Arbeiten an einem Thema. Auf diese Weise können komplexe Themen, die ein "Nacheinander" oder "Nebeneinander" nicht zulassen, in hoher Geschwindigkeit gelöst werden. Es konstituiert sich ad hoc, interessengetrieben, temporär, selbstorganisiert, selbstverantwortlich, quer zur Hierarchie oder zu Prozessen. Diese mehrdimensionale Form (interdisziplinär, hierarchie- und abteilungsübergreifend, bedarfsorientiert, in der jeweils passenden Zusammensetzung und Arbeitsform) ermöglicht ein hohes Maß an inhaltlicher, zeitlicher und personeller Flexibilität sowie keine langwierige Projektplanung mit zeitraubenden Genehmigungsverfahren, sondern einen nahezu sofortigen Start der inhaltlichen Arbeit (Ehmer, 2019).
Digitale Zusammenarbeit
Digitale Zusammenarbeit bedeutet, mithilfe digitaler Lösungen gemeinsam an Projekten mit einem gemeinsamen Ziel zu arbeiten. Sie ermöglicht Teams unterschiedlicher Größe das Besprechen von Themen, den Austausch von Ideen und die Verteilung von Aufgaben, ohne dass man sich am selben Ort befindet. Die Hardware gibt allen Team-mitgliedern Zugriff auf Kollaborationswerkzeuge, über die alle Prozesse organisiert werden (Lendis GmbH, o.J.). Digitale Kollaboration oder virtuelle Kollaboration bezieht sich auf alle kollaborativen Aktivitäten zwischen Mitarbeitern oder Teams. Die gemeinsame Arbeit an Aufgaben oder Projekten wird durch Online-Kollaborationssoftware stark erleichtert und kann somit remote, d. h. ohne die Anwesenheit oder das physische Zusammentreffen einzelner Personen, durchgeführt werden (Hasenfratz, 2020). Digitale Kollaborationstechniken (Collaboration Tools) sind heute schnell einsetzbar und viel unkomplizierter in der Anwendung als die primitiven Werkzeuge der Zusammenarbeit, E-Mail und Chat. Die meisten von ihnen sind webbasierte Software-as-a-Service (SaaS)- Lösungen und Smartphone-Apps (Kappes, 2021).
Kollaborations-Tools
Kollaboration Tools sind digitale Werkzeuge, die die Zusammenarbeit zwischen Einzelpersonen und Teams fördern. Die an einem Projekt beteiligten Personen arbeiten nicht mehr isoliert in Silos, sondern gemeinsam und in Echtzeit. Werkzeuge für die Online- Zusammenarbeit, sogenannte „Groupware“, sind entweder monofunktional oder bieten mehrere Möglichkeiten durch verschiedene Softwaremodule, die miteinander kommunizieren können. Zu den Collaboration Tools gehören Office-Suiten, gemeinsame Kundendatenbanken, Messenger und Webkonferenzen, Aufgaben- und Projektmanager, File-Sharing- und Transfer-Plattformen, soziale Unternehmensnetzwerke, Kollaborationsplattformen oder Wissensmanagement-Plattformen (Hasenfratz, 2020). Moderne Beispiele sind Trello, Asana und Wunderlist (Aufgabenmanagement), Doodle (Terminplanung), Confluence (Wiki), Messaging-Programme wie WhatsApp oder integrierte Lösungen wie Slack, Yammer und der neue Workplace von Facebook. Digitale Kollaborationswerkzeuge können helfen, Datensilos zu vermeiden, Informationen über Organisationseinheiten hinweg zu teilen und Prozesse transparenter zu machen. Sie ermöglichen es, in größeren Gruppen Orientierung zu finden: Wer arbeitet an was, was machen die anderen? So stärken z. B. "Spuren" und sichtbare Vielfalt die informelle Organisation und die Selbstorganisation ohne disziplinarische Hierarchie (Kappes, 2021).
4 Untersuchung einer kollaborativen BPM- und GRC-Methodik
Bietet das Thema „Digitales Prozessmanagement“ die Chance Governance, Risk & Compliance in einem ganz neuen Licht zu betrachten? Gemeinsamkeiten und moderne Ansätze zwischen Corporate Governance und kollaborativem Prozessmanagement werden im folgenden Abschnitt näher beleuchtet.
4.1 Ansätze und Methoden von digitalem Business Process Management
Prozessmanagement bietet Organisationen aller Größen und Branchen eine prozessorientierte Managementperspektive auf die eigenen End-to-End-Prozesse. Dabei handelt es sich um verschiedenste Abläufe, wie Order-to-Cash- oder Procure-to-Pay. Gleichzeitig steht der Begriff „Prozessmanagement“ bzw. „Business Process Management (BPM)“ für verschiedene Technologien und Softwaresysteme, die zur technischen Umsetzung von Geschäftsprozessen eingesetzt werden (Signavio GmbH, 2019). Gestützt auf solchen Technologien kann das Prozessmanagement verschiedenste Ansätze verfolgen, welche in den folgenden Abschnitten dargelegt werden.
4.1.1 Prozessdokumentation
Ein entscheidender Schritt im Rahmen der Prozessdokumentation ist die formale Modellierung der betrachteten betrieblichen Abläufe. Sie bildet die Basis für die anschließende Prozessanalyse und -verbesserung. Dabei werden bestimmte Modellierungsmethoden zugrunde gelegt und mittels geeigneter IT-Werkzeuge umgesetzt (Hippner et al., 2011, S. 1 ff.). Bereits einfache Unternehmensprozesse umfassen eine Vielzahl von Aufgaben bzw. Aktivitäten, Humanressourcen, Sachmittel, Informationen und Beziehungen zwischen diesen Objekten. Da diese Komplexität in der Regel das menschliche Erfassungs-vermögen übersteigt, bietet es sich an, die Prozesse eines Unternehmens grafisch abzubilden, um so die Komplexität durch Verknüpfungen zu reduzieren, die Verständ-lichkeit zu erleichtern und die Vergleichbarkeit verschiedener Prozesse zu gewährleisten (vgl. Hippner et al., 2011, S. 1 ff.). Modellierungswerkzeuge sind demnach Prozesssprachen bzw. Notationen. Die meistgenutzte Notation für Geschäftsprozesse ist die „Business Process Modelling Notation 2.0“, kurz BPMN 2.0. Dieser Standard wird nicht nur zur Prozessdokumentation genutzt, sondern für die Analyse und Verbesserung von Prozessen sowie für die Prozessautomatisierung.
4.1.2 Prozessanalyse
Bei der Prozessanalyse werden die Geschäftsprozesse mittels einer BPM-Software untersucht und in der Form von Prozessmodellen nach bspw. BPMN abgebildet. Am Anfang einer jeden Prozessanalyse steht die Dokumentation des Ist-Zustandes. Mit Hilfe von dokumentierten Kennzahlen werden z.B. Durchlaufzeiten, Ressourcen und Kosten simuliert und minimiert sowie Qualitätsstandards eingehalten und die Wettbewerbsfähigkeit kann so durch Effizienz gesteigert werden. Daher sollte ein professionelles Business Process Analysis Tool (BPA) einen Schritt über die reine Modellierung hinausgehen, etwa durch Analyse- oder Simulationsfunktionen für Prozesse und einen visuellen Modellvergleich für verschiedene Modellversionen sowie Reporting-Funktionen (Signavio GmbH, 2019).
Ein aktuelles Trendthema der Prozessanalyse ist das Process Mining. Dabei werden Datenspuren aus verschiedenen IT-Systemen zusammengeführt, um den Verlauf von Geschäftsprozessen auszuwerten. Das Ergebnis der Prozessanalyse gibt dementsprechend die Prozessmodelle in verschiedenen Detailgraden aus, welche Statistiken oder genau analysierte KPIs und Widgets darstellen. So können Soll-Prozesse mit den Ist-Prozessen gegenübergelegt und durch das Business Process Management abgestimmt werden. Die verantwortlichen Führungskräfte im Unternehmen können sich dadurch zu der Veränderung bekennen und anhand der Prozesse und deren Dokumentation Maßnahmen umsetzen (Signavio GmbH, 2019).
4.1.3 Prozesstransformation
Nun folgt der Ansatz der Prozesstransformation. Hierbei handelt es von der Umsetzung der erkannten Prozessverbesserungspotenzialen und den definierten Prozessveränderungen (aus Soll-Ist-Abgleich. Dies kann auf rein fachlich organisatorischer Ebene oder durch eine geeignete IT-Unterstützung erfolgen. Auf der fachlichen Ebene werden Verantwortlichkeiten angepasst, Einträge und Profile überarbeitet oder Arbeitsanweisungen für einzelne Prozessschritte verändert. Changemanagement bedeutet in diesem Zusammenhang vor allem, die Mitarbeiter auf eine „Reise der Veränderung” vorzubereiten und dabei die Sorgen und Bedürfnisse der Prozessbeteiligten aufzugreifen. Dies wird häufig auch als “Prozesstransformation” bezeichnet (Signavio GmbH, 2019). Auf der technischen Seite steht, neben dem sogenannten Customizing der Softwaretools wie ERP, CRM, ECM, eine Reihe von prozessorientierten Plattformen zur Verfügung. Solche “Process Engines” werden durch technische Prozessmodelle (Technical Workflow) angesteuert. Unter Human Workflow versteht man dabei einen Prozess, der durch eine Vielzahl von Formularen charakterisiert ist. System Workflows dagegen haben einen eher integrativen Charakter: Hier werden verschiedene Systeme, sogenannte „Enterprise Application Integration“, angebunden (Signavio GmbH, 2019).
4.1.4 Prozesscontrolling
Nachdem Prozesse mit einem digitalen Tool dokumentiert und fachlich sowie technisch umgesetzt wurden, steht die Überwachung des Prozesses an nächster Stelle. Dabei wird geprüft, ob die bei der Prozessoptimierung angestrebten Ziele auch tatsächlich erreicht werden. Dafür bietet BPM-Software spezielle Berichterstattungsfunktionen, die alle relevanten Prozesskennzahlen in einer zentralen Übersicht zusammenfässt. Dabei werden entweder Trends in abgeschlossenen Prozessinstanzen oder der aktuelle Status laufender Instanzen untersucht. Letzteres wird meist als Business Activity Monitoring bezeichnet (Signavio GmbH, 2019).
Ebenfalls kann das Prozesscontrolling für Themengebiete der Corporate Governance nützlich sein, da in Prozessen Risiken, Kontrollen, Compliance-Anforderungen und ähnliches dokumentiert werden können. So hat man schnell ein transparentes internes Kontrollsystem aufgestellt in Verbindung zu Compliance- und Risiko-Managementsystemen nach bspw. dem Institut der deutschen Wirtschaftsprüfer und deren Prüfer-standards 980 ff.. Prozess-Governance, welche aber auch mit anderen Systemen einer BPM-Suite verknüpft werden kann wie Workflow-Management-Systemen oder Process-Mining-Lösungen, ist hierbei sehr nützlich. Aus GRC-Aspekt werden Workflows meist genutzt, um den Prozess auf neue Risiken und Kontrollen zu prüfen oder zumindest zu evaluieren. Damit kann auch nach den Prüferstandards sichergestellt werden, dass regelmäßig Risiken und Kontrollen prozessorientiert auf Design, Aktualität und Effektivität geprüft werden. Diese Methoden sind Vorgehensweisen von Audits, SOX-Testings (Sarbanes–Oxley Act 2002, 404) oder Risk & Control-Self-Assessments (Haufe & Heinzelmann, 2020). Die Technologie Process- und Task-Mining wird meist für Audits und Compliance-Aspekte verwendet, da man hier anhand von Live-Daten prüfen kann, ob der Prozess „compliant“ (gemäß der Anforderungen) abgelaufen ist, ob es Ausreißer gab und wenn ja, warum. Somit können die Mining-Lösungen Aufgaben und Performances von Prozessverantwortlichen überwachen und bei Compliance-Verstößen schnell einschreiten und der Ursache auf den Grund gehen. Durch die Darstellungen der Mining-Analysen anhand von Widgets kann das Controlling einer Organisation KPIs, Risiken und Funktionalitäten von Kontrollen im Auge behalten und direkt dem Vorstand bzw. Aufsichtsrat und externen Prüfern Bericht erstatten (vgl. Jones, 2017).
4.1.5 Prozessautomatisierung
Sofern Prozesse modelliert, analysiert und von der Organisation verstanden wurden, können sie automatisiert werden. Dabei helfen auch automatisierbare Process-Discovery-Tools oder Workflow-Engines. Der aktuellste Trend der Prozessautomatisierung besteht allerdings durch die Möglichkeit, Prozesse via programmierter Roboter oder sogar in Verbindung mit Machine Learning und Künstlicher Intelligenz so zu automatisieren, dass sie repetitive Aufgaben bewältigen können, die beispielsweise aufgrund ihrer großen Datenmengen bisher nur von Menschen ausgeführt werden konnten. Im Deutschen spricht man auch von robotergesteuerter Prozessautomatisierung (RPA). RPA umschreibt die automatisierte Bearbeitung von Prozessen durch digitale Roboter. Hierbei handelt es sich nicht um physisch existente Maschinen, wie beispielsweise aus der Fertigungsindustrie, sondern um Software-Anwendungen (Signavio GmbH, 2019). RPA-Software-Roboter arbeiten auf der Ebene der grafischen Benutzeroberfläche (Asatiani et al., 2020, S. 1–3). Daher sind für ihren Einsatz keine spezialisierten Schnittstellen oder Prozessänderungen notwendig. RPA arbeitet mit den modellierten Prozessen und den dahinter hängenden Daten. Eine weitere Methode, die unter RPA fällt, ist die Robotic Desktop Automation, welche dazu verwendet wird, Benutzeraufgaben am Desktop als Prozess aufzuzeichnen und deren Interaktion als Automatisierung wiederzugeben (Signavio GmbH, 2019). Eine solche Nachahmung des Roboters funktioniert ähnlich zur Makro-Aufzeichnung in Excel (Langmann & Turi, 2020, S. 5).
Alle vorgestellten BPM-Ansätze lassen sich auch als Lebenszyklus für Prozesse verstehen. Im Rahmen einer Kontinuierlichen Prozessverbesserung (KVP) wird angestrebt, Ansätze des Prozessmanagements regelmäßig zu durchlaufen. Zusätzlich gibt es kollaborative Ansätze des Business Process Managements, um Prozesswissen zu kommunizieren, besser mit Kollegen, Modellierern, Prozess-Experten oder Analysten kooperieren und um Maßnahmen wie Prozessoptimierungen oder Analysen zu koordinieren. Für einen besseren Einblick in die Materie und um die Zusammenhänge zum BPM und GRC besser verstehen zu können, werden nachfolgend die Arten von Kollaboration betrachtet.
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