Zu den klassischen Merkmalen eines Staates gehört das Monopol der Gewaltanwendung in Form des Militärs. Während andere Staatsbereiche zunehmend privatisiert werden, scheint die legitime Gewaltanwendung in den Ländern der westlichen Industriestaaten weiterhin ausschließlich in den Bereich des Staates zu fallen. Dies ist jedoch nicht das gesamte Bild. Zum einen haben sich die Funktionsbereiche des Militärs verändert. Zum anderen ist eine Internationalisierung der Krisen zu beobachten. Dies führt dazu, dass ein komplexes Zusammenwirken von internationalen Institutionen und Organisationen entstanden ist. Je nach Art der Krise und des internationalen Problems haben sich so unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit im Bereich internationale Sicherheit gebildet. Neue Entwicklungen in der Rüstungspolitik der USA führen zu einem verstärkten Einsatz von privaten Sicherheitsfirmen im internationalen Kriegsgeschehen und untergraben den Monopolanspruch des Militärs auf Gewaltausübung.
In der Arbeit wird analysiert, in welchen Situationen und in welchen Formen der Staat bereit ist, Aufgaben der Gewaltanwendung an private Firmen abzutreten. Konkret wird neben den Ursachen für diese Entwicklung untersucht, welchen Einfluss private Sicherheitsfirmen im Irak haben. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der Einsatz privater Sicherheitsfirmen und somit die Verlagerung der staatlichen Gewaltanwendung zu einer Veränderung der staatlichen Selbstdefinition führt. Hierbei knüpft sich abschließend die Frage an, ob diese Entwicklung eine dauerhafte Veränderung darstellt oder temporärer Natur ist.
Gliederung
1. Einleitung
2. Entstehung und Stellung der privaten Sicherheitsfirmen
2.1 Ende des Ost-West Konfliktes
2.2 Freisetzung von Soldaten
2.3 Motive der nichtstaatlichen Sicherheitsfirmen
2.4 Die Entwicklung des Irakkrieges als Arbeitsfeld privater Sicherheitsfirmen
2.5 Bedeutung der privaten Sicherheitsfirmen: Refunktionalität des Militärs
2.6 Bedeutung der privaten Sicherheitsfirmen: Legitimation des Krieges
3. Theoretische Erklärungen und Rahmenbedingungen
3.1 Rüstung und Kapitalismus
3.2 Militärisch- industrieller Verflechtungen
3.3 Rüstungs- und Militärkosten und amerikanische Präsidentschaftswahlen
3.4 Kontroversen der theoretischen Erklärungen
4. Theoretische Erklärungsansätze zur Entstehung der privaten Sicherheitsfirmen
4.1 Follow-on-Theorem
4.2 Bürokratie Theorem
5. Struktur der Beziehung
6. Fazit
Literatur
1. Einleitung
Zu den klassischen Merkmalen eines Staates gehört das Monopol der Gewaltanwendung in Form des Militärs. Während andere Staatsbereiche zunehmend privatisiert werden, scheint die legitime Gewaltanwendung in den Ländern der westlichen Industriestaaten weiterhin ausschließlich in den Bereich des Staates zu fallen. Dies ist jedoch nicht das gesamte Bild. Zum einen haben sich die Funktionsbereiche des Militärs verändert. Zum anderen ist eine Internationalisierung der Krisen zu beobachten. Dies führt dazu, dass ein komplexes Zusammenwirken von internationalen Institutionen und Organisationen entstanden ist. Je nach Art der Krise und des internationalen Problems haben sich so unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit im Bereich internationale Sicherheit gebildet. Neue Entwicklungen in der Rüstungspolitik der USA führen zu einem verstärkten Einsatz von privaten Sicherheitsfirmen im internationalen Kriegsgeschehen und untergraben den Monopolanspruch des Militärs auf Gewaltausübung.
In der Arbeit wird analysiert, in welchen Situationen und in welchen Formen der Staat bereit ist, Aufgaben der Gewaltanwendung an private Firmen abzutreten. Konkret wird neben den Ursachen für diese Entwicklung untersucht, welchen Einfluss private Sicherheitsfirmen im Irak haben. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der Einsatz privater Sicherheitsfirmen und somit die Verlagerung der staatlichen Gewaltanwendung zu einer Veränderung der staatlichen Selbstdefinition führt. Hierbei knüpft sich abschließend die Frage an, ob diese Entwicklung eine dauerhafte Veränderung darstellt oder temporärer Natur ist.
2. Entstehung und Stellung der privaten Sicherheitsfirmen
2.1 Ende des Ost-West Konfliktes
Nach Ende des Ost-West Konflikts war die USA zunächst eine Weltmacht ohne eine erkennbare Gefahr. Was auch dazu führte, dass die Begründung in Verbindung mit einem Bedrohungspotential zur Erhaltung des USA als Weltmacht zunächst wegfielen: „Nach Ende des Ost-West Konflikts kam es zu einem verstärkten Tauziehen zwischen Präsident und Kongress. Die USA waren eine Weltmacht ohne Gegner, was auch bedeutete, dass jener Bedrohungszusammenhang entfallen war, der von US amerikanischen Präsidenten jahrzehntelang dazu benutzt worden war, um ihren ausschließlichen Führungsanspruch in der Formulierung der amerikanischen Weltpolitik zu begründen.“ (Wilzewski, 2004: 27). Dies änderte sich jedoch mit dem 11. September schlagartig. Nun war die USA eine Weltmacht mit einer neuen Bedrohung und das Interesse der amerikanischen Bevölkerung an außenpolitischen Themen wuchs rasant. Im Rahmen der nationalen Sicherheit beanspruchte das Weise Haus einen umfassenden Führungsanspruch mit maximaler Handlungsfreiheit. An die Stelle der Abschreckung, die die Militärstrategie aus Zeiten des kalten Krieges darstellte, rückte nun die Strategie der Präemption. Hierfür fehlten Einsatzkräfte, die auf Terrorangriffe spezialisiert waren: „Das Ende des kalten Krieges ließ im Markt für militärische Sicherheit ein Vakuum entstehen, das sich auf vielfache Weise manifestierte und das Wirkungen sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite zeigte. Die globale Bedrohung wurde immer vielfältiger, komplexer und gefährlicher, während zugleich die traditionellen Maßnahmen gegen Unsicherheit und Konflikte immer wirkungsloser wurden.“ (Singer, 2006: 92).
Zwei Entwicklungen führten also dazu, dass sich die privaten Sicherheitsfirmen auf dem Markt für Sicherheit etablieren konnten: Nach Ende des Ost- West Konfliktes hatte sich vor allem die Funktion des Militärs verändert Es wurde vermehrt zu Friedenszwecken eingesetzt. Ein wesentlicher Einflussfaktor war zudem die Erkenntnis der westlichen Industrieländer, dass die gewaltsame Durchsetzung von politischen Interessen relativ aussichtslos ist und zudem das hohe Risiko der eigenen Vernichtung mit sich bringt. „Kriegsverhütung durch Abschreckung, das determinierende Verhaltensmuster der Sicherheitspolitik im Ost-West-Verhältnis für mehr als vier Jahrzehnte, ist außer Funktion gestellt. Das neue sicherheitspolitische Paradigma, das sich im strategischen Denken der einflussreichen westlichen Staaten konsolidiert hat, verbindet drei konzeptionelle Elemente: die Refunktionalisierung militärischer Macht als außenpolitisches Gestaltungsmittel, die Relegitimierung des Gewaltbrauchs am Kriterium nationalen Interesses und die Restauration der Militärallianz als bevorzugter Rahmen internationaler Koordination und Interaktion.“ (Neuneck, 2000: 94).
2.2 Freisetzung von Soldaten
Eine weitere Folge des Endes des kalten Krieges war die weltweite Abrüstung und damit die Freisetzung von Soldaten, die nun arbeitslos wurden: „Diese massive Demobilisierung produzierte ein Überangebot an ungebundenen militärischen Fachkräften. Ganze Truppeneinheiten wurden eingespart, wobei einige der besten Eliteeinheiten informell weiter bestanden und sich als Privatfirmen neu konstituierten. Das Schrumpfen staatlicher Streitkräfte ging einher mit einer Verschlechterung der Aufstiegs- und Beförderungschancen innerhalb von Armeen.“ (Singer, 2006: 97). Diese privaten Sicherheitsunternehmen haben für die Regierung den Vorteil, dass sie kostengünstiger sind, es keiner langen Vereinbarungen bedarf und dass das internationale Aufsehen geringer ist als beim Einsatz der Staatsarmee. Zudem werden die Verluste, die sich bei den Kampfeinsätzen ergeben, in der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen wie Verluste aus dem Militär.
2.3 Motive der nichtstaatlichen Sicherheitsfirmen
Über die Motive der privaten Sicherheitsfirmen existieren vergleichsweise wenige Theorien. Zumeist werden die Motive des Staates (geringe Kosten, keine Notwendigkeit der öffentlichen Legitimation von Gewaltanwendung) diskutiert. Um sich über die Motive dieser Akteure ein genaues Bild zu machen, ist es zunächst wichtig, die Konflikte, in die sie involviert sind (substaatlich, innerstaatlich) zu unterscheiden. Die Sicherheitsfirmen, die im Irak Konflikt eingesetzt werden, stellen nicht Gruppen dar, die den eigentlichen Krieg, d. h. die Abschaffung des irakischen Systems zur Aufgabe haben, sondern Gruppen, die im Übergang vom Ende des bewaffneten Konflikts bis hin zum Staatsaufbau des Nachkriegsiraks eingesetzt werden. Sie sind also im Übergang vom bewaffneten Konflikt bis zum Frieden eingesetzt.
Ein wichtiges Motiv der privaten Sicherheitsfirmen ist natürlich die Gewinnmaximierung, dieses Motiv deckt sich dabei keinesfalls mit dem Motiv des Gemeinwohls: „Eines der vom normativen Standpunkt aus fundamentalsten Probleme besteht darin, dass sich das, was für die Firma gut ist, nicht immer mit dem Gemeinwohl deckt. Treibendes Motiv eines Privatunternehmens ist es, Gewinn zu machen, während der Staat und seine Werkzeuge breiter gefächerte Missionen haben.“ (Singer, 2006: 348).
Die Soldaten in privaten Sicherheitsfirmen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Motivation entscheidend von den Soldaten im Militär, da sie die Wahl zwischen verschiedenen Sicherheitsfirmen haben und ihre Motivation, bei einer zu arbeiten, nicht aus Landessolidarität entsteht, sondern sie entscheiden sich zumeist aus finanziellen Gründen für eine bestimmte Firma: „Während ein regulärer Soldat vom Augenblick seiner Vereidigung an keinen individuellen Entscheidungsspielraum mehr hat, kann ein PMF Mitarbeiter selbst entscheiden, für wen er arbeiten möchte, an welchen Einsatzort, zu welcher Zeit und zu welchen Preis. Auch während eines laufenden Einsatz können PMF Mitarbeiter noch jederzeit die Wahl treffen, zu bleiben oder sich zu verabschieden (sei es dass sie einen besser bezahlten job bei einer Konkurrenzfirma angeboten bekommen haben, sei es dass sie einfach genug haben und ihre Familie wieder sehen möchten.).“ (Singer, 2006: 391). Private Sicherheitsfirmen weisen keine demokratischen Strukturen auf, d. h. es gibt keine Ämter, die durch Abstimmungen vergeben werden und es gibt keine Wehr- oder Armeeverfassung, in der zentrale Leitprinzipien und verbindliche Gesetze festgehalten sind. Es gibt lediglich Arbeitsverträge, die Beziehung der Soldaten untereinander in den privaten Sicherheitsfirmen ist dabei jedoch nicht genauer geregelt. Im Militär ist die Armee die zentrale Sozialisationsinstanz, die die Soldaten für den Krieg ausgebildet hat.
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- Birgit Schröer (Author), 2007, Militärisches Outsourcing? - Einsatz und Einfluss militärischer Sicherheitsfirmen im Irak, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116741
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