„Chi son’io tu non saprai – Wer ich bin, erfährst du nicht.“
Dieser Ausspruch des Don Juan aus Mozarts Werk „Der bestrafte Verführer oder Don Giovanni“ steht symbolisch für die grundlegende Frage, mit der ich mich in der folgenden Arbeit beschäftigen werde. Wer ist die Figur des Don Juan wirklich?
Der Don Juan-Mythos beschäftigt die literarische Welt seit fast vier Jahrhunderten. Über dreitausend Werke in der Literatur, der Musik und im Film behandeln den Stoff des unersättlichen Verführers der Frauenwelt. Was macht den Reiz des Mythos Don Juan aus? Wieso beschäftigen sich Schriftsteller aus aller Welt immer wieder mit dieser Figur? Die Don Juan-Darstellungen beginnen im 17. Jahrhundert und reichen bis in die Gegenwart. Die Figur des Don Juan macht im Laufe der Jahrhunderte eine bemerkenswerte Entwicklung mit. Diese soll im Verlauf meiner Arbeit verdeutlicht werden.
Der Mythos Don Juan fasziniert bis heute Autoren weltweit. Daher steht im Zentrum dieser Arbeit Peter Handkes 2004 veröffentlichte Erzählung „Don Juan (erzählt von ihm selbst)“. Hierbei sind für mich neben der Interpretation des Werkes folgende Fragen vorrangig: Passt der von Handke dargestellte Don Juan des 21. Jahrhunderts überhaupt noch in die Tradition des Don Juan-Stoffes? Inwieweit entfernt sich Handke von seinen Vorgängern? Schafft er einen ganz neuen Don Juan? Oder bestehen bezeichnende Merkmale, die sich durch die gesamte Tradition hindurchziehen? Welchen Wandel durchlebt der Mythos des Don Juan vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart?
Um diese Fragen eingehend zu beantworten, werde ich die Tradition des Don Juan-Stoffes genauer betrachten. Da die Tradition des Don Juan Stoffes jedoch überaus weitreichend ist, beschränke ich mich auf vier ausgewählte Beispiele: Tirso de Molinas „Don Juan – Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast“, Molières „Don Juan oder Der steinerne Gast“, Mozarts „Der bestrafte Verführer oder Don Giovanni“ sowie Grabbes „Don Juan und Faust“.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Tradition des Don Juan-Stoffes
2.1 Tirso de Molina „Don Juan – Der Verführer von Sevilla und der steinerne
Gast“
2.1.1 Aufbau und Deutung des Stückes
2.1.2 Don Juan
2.1.3 Catalinón und die Frauenfiguren
2.2 Molière: „Don Juan oder Der steinerne Gast“
2.2.1 Aufbau und Deutung des Stückes
2.2.2 Don Juan
2.2.3 Sganarelle und die Frauenfiguren
2.3 Wolfgang Amadeus Mozart „Der bestrafte Verführer oder Don Giovanni“
2.3.1 Aufbau des Stückes
2.3.2 Don Giovanni
2.3.3 Leporello
2.3.4 Donna Elvira
2.3.5 Donna Anna
2.4 Christian Dietrich Grabbe: „Don Juan und Faust“
2.4.1 Aufbau und Sprache
2.4.2 Don Juan
2.4.3 Faust
2.4.4 Don Juan und Faust
3. Peter Handkes „Don Juan (erzählt von ihm selbst)“
3.1 Zeit und Ort
3.2 Symbole, Motive, Naturbeschreibungen und literarische Anspielungen
3.2.1 Symbole
3.2.2 Motive
3.2.3 Naturbeschreibungen
3.2.4 Literarische Anspielungen
3.3 Stil und Sprache
3.4 Der Untertitel „(erzählt von ihm selbst)“
3.5 Charakteristiken der Hauptakteure
3.5.1 Don Juan
3.5.2 Der Koch
3.5.3 Der Diener
3.5.4 Die Frauen
3.6 Don Juans Schauen und Hören
3.7 Don Juans Trauer
3.8 Deutungsansatz
3.9 Fazit zu Handkes Erzählung
4. Inwiefern passt Peter Handkes „Don Juan (erzählt von ihm selbst)“ in die
Tradition des Don Juan-Stoffes?
5. Schlussbetrachtung
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Chi son’io tu non saprai – Wer ich bin, erfährst du nicht.“[1]
Dieser Ausspruch des Don Juan aus Mozarts Werk „Der bestrafte Verführer oder Don Giovanni“ steht symbolisch für die grundlegende Frage, mit der ich mich in der folgenden Arbeit beschäftigen werde. Wer ist die Figur des Don Juan wirklich?
Der Don Juan-Mythos beschäftigt die literarische Welt seit fast vier Jahrhunderten. Über dreitausend Werke in der Literatur, der Musik und im Film behandeln den Stoff des unersättlichen Verführers der Frauenwelt. Was macht den Reiz des Mythos Don Juan aus? Wieso beschäftigen sich Schriftsteller aus aller Welt immer wieder mit dieser Figur? Die Don Juan-Darstellungen beginnen im 17. Jahrhundert und reichen bis in die Gegenwart. Die Figur des Don Juan macht im Laufe der Jahrhunderte eine bemerkenswerte Entwicklung mit. Diese soll im Verlauf meiner Arbeit verdeutlicht werden.
Der Mythos Don Juan fasziniert bis heute Autoren weltweit. Daher steht im Zentrum dieser Arbeit Peter Handkes 2004 veröffentlichte Erzählung „Don Juan (erzählt von ihm selbst)“. Hierbei sind für mich neben der Interpretation des Werkes folgende Fragen vorrangig: Passt der von Handke dargestellte Don Juan des 21. Jahrhunderts überhaupt noch in die Tradition des Don Juan-Stoffes? Inwieweit entfernt sich Handke von seinen Vorgängern? Schafft er einen ganz neuen Don Juan? Oder bestehen bezeichnende Merkmale, die sich durch die gesamte Tradition hindurchziehen? Welchen Wandel durchlebt der Mythos des Don Juan vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart?
Um diese Fragen eingehend zu beantworten, werde ich die Tradition des Don Juan-Stoffes genauer betrachten. Da die Tradition des Don Juan Stoffes jedoch überaus weitreichend ist, beschränke ich mich auf vier ausgewählte Beispiele: Tirso de Molinas „Don Juan – Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast“, Molières „Don Juan oder Der steinerne Gast“, Mozarts „Der bestrafte Verführer oder Don Giovanni“ sowie Grabbes „Don Juan und Faust“.
An diesen Werken lassen sich die Entwicklungen und Veränderungen des Don Juan-Mythos besonders gut darstellen. Ein weiterer Grund, diese vier Werke auszuwählen, liegt zudem darin, dass sie für Handke und seine Erzählung selbst wichtig sind.
Anhand dieser vier Werke der Stofftradition möchte ich einen Überblick über die unterschiedlichen Don Juan-Darstellungen geben. Dabei beschränke ich mich darauf, einige wichtige Züge der einzelnen Werke herauszustellen und leiste keine ausführliche Analyse. Vor allem sollen jedoch anhand dieser vier Bearbeitungen die Charakteristiken der verschiedenen Don Juan-Figuren verdeutlicht werden.
Die Urfassung des Don Juan findet man bei Tirso de Molina. Im Jahre 1624 wurde das Stück des Spaniers „Don Juan – Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast“ in Madrid uraufgeführt; 1630 erschien es erstmalig.[2] Das Stück eignet sich vor allem deshalb für diese Arbeit, da in ihm der Urtypus Don Juan dargestellt wird. An ihm lassen sich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Vergleich zu späteren Don Juan-Darstellungen verdeutlichen.
Tirso de Molinas Stück verbreitete sich im Laufe der Zeit in Italien und Frankreich. Hier erregte es sehr großes Interesse. Sogar Molière beschäftigte sich mit dem Stück und bearbeitete es. Sein „Don Juan oder Der steinerne Gast“ wurde 1665 uraufgeführt. Das Werk gilt als die zweite klassische Bearbeitung des Don Juan-Stoffes. Molières Bearbeitung beinhaltet grundlegende Veränderungen im Vergleich zu Tirso de Molinas Vorlage. Molière versuchte beispielsweise, das Stück in die Sphäre der eigentlichen Komödie zu erheben. Weitere markante Veränderungen werden im Folgenden ausführlich behandelt.
Das deutschsprachige Publikum lernte Don Juan durch das internationale Repertoire ausländischer Wanderschauspieler kennen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich das Thema zu einem der beliebtesten Stoffe der Wander- und Puppenbühne. Zur meistgepriesenen Don Juan-Fassung im deutschsprachigen Raum wurde die Darstellung eines Italieners[3]: Lorenzo Da Ponte.
Nach vielen dramatischen Bearbeitungen gab es Versuche, den Don Juan-Stoff als Oper zu behandeln. So schuf Wolfgang Amadeus Mozart 1787 sein Werk „Der bestrafte Verführer oder Don Giovanni“, welches er nach dem Textbuch von Lorenzo Da Ponte komponierte. Mozart erfasste den Stoff in seiner tiefen poetischen Bedeutung und gab ihm eine klassische Gestaltung. Mozarts „Der bestrafte Verführer oder Don Giovanni“ zählt zu den bekanntesten Darstellungen in der Don Juan-Tradition. Dadurch ist das Werk für diese Arbeit obligatorisch.
Im 19. Jahrhundert bestand das große Interesse an Bearbeitungen des Stoffes weiterhin fort. Hinzu kam die Beliebtheit der Vermengung des Faust-Stoffes mit dem des Don Juan. Bereits im 18. Jahrhundert zählten der deutsche Doktor Faustus sowie der spanische Don Juan zum festen Figureninventar der Wander- und Puppenspielbühne.[4] So verband Christian Dietrich Grabbe in seiner Tragödie „Don Juan und Faust“ die alte südliche Volkssage mit der Faustsage des Nordens.[5] Trotz der ungewöhnlichen Kombination der beiden Figuren der Weltliteratur eignet sich Grabbes Werk „Don Juan und Faust“ durchaus für den Vergleich mit Handkes Erzählung. Denn Handkes Don Juan beinhaltet einige wichtige Aspekte, die bei Grabbe ebenfalls bedeutsam sind. So lassen sich vor allem in der charakterlichen Konzeption der Figur des Don Juan bei Grabbe und Handke wesentliche Gemeinsamkeiten feststellen. Daher eröffnet Grabbes Werk einen weiteren interessanten Ansatzpunkt für die Analyse.
Insgesamt lässt sich anhand der vier ausgewählten Werken der Don Juan-Tradition die außergewöhnliche Entwicklung der Figur Don Juan und des Don Juan-Mythos besonders gut erörtern.
2. Die Tradition des Don Juan-Stoffes
2.1 Tirso de Molina „Don Juan – Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast“
Ursprünglich stammt der Don Juan-Stoff aus Spanien. „Don Juan – Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast“ ist die erste dramatische Gestaltung des Don Juan-Stoffes. Das Werk ist eine Erfindung des Mercedarier-Mönchs Gabriel Téllez, der unter dem Pseudonym Tirso de Molina arbeitete.[6] Es wurde erstmals 1624 in Madrid aufgeführt und 1630 gedruckt (vgl. DV 84). Restlos geklärt ist bis heute jedoch nicht, ob sich das Stück auf historische Figuren oder Ereignisse bezieht (vgl. SB 123).
Tirso de Molina verbindet zwei ursprünglich nicht zusammengehörige Stoffkomplexe: den des jugendlichen Verführers mit dem der Bestrafung eines Verbrechers durch die Statue eines Toten. Das Motiv des rastlosen sinnlichen Verführers wird mit dem der metaphysischen Rache zum Don Juan-Stoff verbunden.[7]
Die dramatische Geschichte beschreibt die Lebensweise des Verführers und Spötters, der die Rache der Gesellschaft sowie des christlichen Gottes herausfordert.
Das Werk entstammt der spanischen Gegenreformation. Die Gesellschaft des 17. Jahrhunderts tabuisierte Sexualität und betrachtete den erotischen Genuss als Sünde (vgl. MN 11). Der auf den Augenblick bezogene Don Juan wird hier der rigiden Moral des Christentums gegenübergestellt.
Im Stück geht es zudem um den Begriff der Ehre. Die Ehre der Frau ist vor der Heirat auf ihre Unschuld reduziert. Die verlorene Ehre kann nur durch Heirat oder den Tod des Verführers wiederhergestellt werden. Der Mann kann seine Ehre durch eigenes Verschulden sowie durch die Untreue seiner Frau oder Braut verlieren.[8]
Bereits der Titel enthält die „Grundkonfiguration, vom Persönlichen abgehoben auf die funktionale Besonderheit der sie repräsentierenden Figur bezogen“[9]: „Der Verführer von Sevilla“ und „der steinerne Gast“; diese Konfrontation der entgegen gesetzten Mächte umklammert das Stück.
In Tirso de Molinas klarer und schlichter Fabel sowie in der individualisierten und doch allgemeingültigen Gestalt seines Helden liegen alle künftigen Varianten des Stoffes.[10] Das Stück fungiert als lehrreiches und abschreckendes Beispiel für die Bestrafung eines Menschen, der außerhalb der göttlichen Ordnung lebt (vgl. DV 85).
In der literarischen Urform des Don Juan-Stoffes bildet das göttliche Strafgericht die Quintessenz der Geschichte. Dadurch wird vor einem Verhalten gewarnt, das gegen den rigiden katholischen Moralkodex verstößt.[11]
Sowohl in der damaligen Realität als auch in den früheren Mantel- und Degenstücken kamen immer wieder Verführungen, Fluchten sowie Abenteuer mit verheirateten Frauen vor. Doch der Ausgang der Geschichte Don Juans ließ sie zu einem abschreckenden Exempel für die Zeitgenossen werden.
2.1.1 Aufbau und Deutung des Stückes
Tirso de Molinas Stück besteht aus einer Folge aneinander gereihter Szenen, die sich nur durch das wiederholte Begehren Don Juans aufeinander beziehen.
Das Stück konzentriert sich ausschließlich auf Don Juan und seine Taten. Es werden vier Frauen zu seinen Opfern. Er verführt die Herzogin Isabella in der Maske ihres Verlobten. Das Fischermädchen Tisbea sowie das Bauernmädchen Aminta werden von Don Juan durch Heiratsversprechungen gelockt. Donna Anna wird von Don Juan ebenfalls in der Maske ihres Verlobten getäuscht (vgl. DV 44).
Die Handlung beginnt in Italien. Doch Don Juans Flucht führt ihn zurück nach Spanien. Den Hauptteil des Stücks bilden die vier Verführungsszenen; jede wird in einem anderen Gattungsstil sowie in einem anderen sozialen Milieu lokalisiert.
Der Zuschauer wird zu Beginn unvermittelt mit Don Juan konfrontiert. Das Stück beginnt mit einer Szene, die Don Juan in Kürze vorstellt. Seine Lust am Verführen, am Abenteuer sowie am erotischen Spiel wird bereits hier dargestellt. Weder Don Juan noch sein Diener Catalinón informieren den Zuschauer über den Ausgangspunkt der Handlung; es fehlt jegliche Exposition (vgl. MN 17).
Es herrscht Nacht und es werden Treueschwüre sowie Liebeserklärungen ausgetauscht. Don Juan hat sich in der Maske des Herzogs Octavio bei Herzogin Isabella eingeschlichen. Bereits die erste Szene stellt Don Juan als Hochstapler und namenlosen Verführer dar (vgl. MN 18).
Die vier nachfolgenden Szenen deuten weder die erste Szene, noch knüpfen sie Fäden für die nächste Episode. Der Ortswechsel sowie die Flucht bieten die Möglichkeit zu einem neuen Abenteuer. Der Zuschauer erkennt im Verlauf der einzelnen Episoden das Modellhafte dieses Szenenkomplexes, in dem sich Don Juan als der darstellt, der er ist und der er bleibt (vgl. MN 18).
Don Juans zweite Episode erlebt er mit der Fischerin Tisbea. Das Ganze ist in einer Fischer-Idylle inszeniert, in der das keusche Mädchen aus dem Volk mit dem adeligen Verführer konfrontiert wird. Tisbea stellt sich in einem langen Eingangsmonolog über ihre getrübte Seelenruhe vor (vgl. DV 14ff.).
Dieser malerische Einstieg steht im Kontrast zu den turbulenten Ereignissen der ersten Szene. Hierdurch wird der Eindruck einer friedlichen Idylle verstärkt. Die unschuldige Fischerin stellt ein ideales Opfer für Don Juan dar (vgl. MN 20).
Don Juan wird von Catalinón vor dem Ertrinken gerettet und liegt ohnmächtig in Tisbeas Armen. Anschließend umschmeichelt er sie. Don Juan verbietet Catalinón seinen Namen zu verraten. Die Fischerin verfällt widerstandslos dem Werben des Verführers. Ihr kurzes, anfängliches Zögern überwindet Don Juan mit seinem schnell vorgebrachten Eheschwur (vgl. DV 27). Am Ende der Fischerinnen-Szene klingt bereits das metaphysische Motiv des Stückes an, welches erst am Ende eingelöst wird: „Es gebe Gott, daß Ihr nicht lügt!“ (DV 21)
Das Motiv der gesattelten Pferde, die zur Flucht bereitstehen, passt ebenso zu Don Juan wie das Motiv der Nacht (vgl. DV 55). Das nächtliche Dunkel dient ihm zur raschen Eroberung und ist prädestiniert für Täuschungen (vgl. MN 24).
Don Juans Flucht wird hier dramaturgisch ausgespart. Dafür wird in Tisbeas Monolog die Klage über ihre verlorene Ehre deutlich. So wiederholt sich im Verlauf der Handlung durchgängig die Reihenfolge aus Verführung, Flucht und Klage der Entehrten.[12]
Die dritte Episode um Donna Anna steht im Zeichen der Mantel- und Degenkomödie.
Die immer wiederkehrenden Elemente wie Verwechslung, Musikeinlagen (vgl. DV 42), Maskierung und Rollentausch bestimmen ebenfalls diese Szene. Hier betrügt Don Juan nicht nur die Frauen, sondern macht sich zusätzlich über die Männer lustig. Voller Übermut begegnet er Octavio mit geschliffenen Komplimenten (vgl. DV 34). Sogar mit seinem Freund de la Mota treibt er ein falsches Spiel. De la Mota ist in Donna Anna verliebt und beide wollen ihre Flucht planen. Doch Don Juan gibt ihm einen falschen Zeitpunkt an und trifft sich an seiner Stelle mit Donna Anna (vgl. DV 40ff.).
Als diese den Betrug erkennt, kommt der Komtur herbei, um die Ehre seiner Tochter zu rächen. Nach einem kurzen Kampf stirbt der Komtur und de la Mota wird unschuldig als Mörder verhaftet (vgl. DV 45f.).
Eine Szene, die in allen hier behandelten Don Juan-Bearbeitungen vorkommt, ist die Hochzeitsszene. Die bäuerliche Aminta wird in Tirso de Molinas Stück vor ihrem Bräutigam auf der eigenen Hochzeit von Don Juan umschwärmt. Er verführt sie durch seinen fast schon obligatorischen Eheschwur (vgl. DV 57). Der Vater der Braut freut sich sogar über den neuen adligen Bräutigam (vgl. DV 54).
Tirso de Molina führt am Ende des Stückes die verschiedenen Handlungsstränge zusammen. Die Hochzeit Don Juans ist für den gleichen Abend geplant wie die Einladung des steinernen Gastes. Das Ende des Stückes besteht aus einer zwischen Groteske und Moralistik schwankenden Szene. In dieser eilt der tote Komtur in der Gestalt des steinernen Gastes seiner Tochter zu Hilfe. In der Kapelle des Don Gonzalo begegnen sich Diesseits und Jenseits. Dieses soll den warnenden Charakter des Stückes verdeutlichen (vgl. DV 91). Der steinerne Gast steht für die himmlische Rache, die den Verführer letztlich unerwartet trifft. Das Denkmal des getöteten Komturs verteidigt die Ehre seiner Tochter, seiner Familie und damit das moralische Fundament der feudalen Gesellschaft im 17. Jahrhundert.[13] Der steinerne Gast wird zum himmlischen Boten, der Don Juans Sünden mit der Glut der Hölle bestraft. Das himmlische Strafgericht erscheint als Kehrseite der erotischen Abenteuer (vgl. MN 35).
Statt seine Hochzeit zu erleben, fährt Don Juan zur Hölle (vgl. DV 77). Dieser große Kontrast hat eine besonders abschreckende Wirkung. Doch Don Juan entgeht damit weltlichen Racheansprüchen. Weder die Frauen noch die Männer oder der König können Don Juan für seine Vergehen bestrafen. Don Juan stirbt nicht im Duell, sondern der Komtur tritt als Werkzeug der Gerechtigkeit auf. Don Juan reicht dem Standbild die Hand und höllisches Feuer verbrennt ihn. Er bittet zwar im letzten Augenblick um Absolution, seine Reue kommt jedoch zu spät (vgl. DV 77).
Die Schlussszene in der königlichen Residenz enthält den für die Komödie obligatorischen glücklichen Ausgang. Der König stellt als „deus ex machina“[14] durch Heiratspolitik die Ordnung wieder her: Herzogin Isabella heiratet Herzog Octavio und Donna Anna wird de la Motas Frau.[15]
Tirso de Molinas Stück stellt in seiner Bearbeitung des Don Juan-Stoffes die Handlungs- und Personenkonstellationen sowie alle wichtigen Motive auf, die spätere Bearbeitungen vereinfachen, variieren oder anders interpretieren.[16] Das Besondere des Stückes ist, dass Don Juan nicht vom Teufel, sondern von der Statue eines braven Mannes zur jenseitigen Strafe geholt wird.[17]
Der Wechsel von Tag und Nacht, höfischer Kulisse und freier Nacht hebt die einzelnen Szenen deutlich voneinander ab. Die Überlagerung der Szenen dient zur Kennzeichnung des skrupellosen Verführers, der sich nimmt, was er will.
Um die Frauen verführen zu können, muss Don Juan jedoch auch die Männer überlisten. Dabei spielt es für ihn keine Rolle, ob es sich um seinen eigenen Onkel Don Pedro (vgl. DV 6ff.), seinen Freund de la Mota (vgl. DV 40) oder um den Bräutigam Batricio (vgl. DV 51ff.) handelt.
Es wiederholt sich in allen Episoden ein Kreislauf von Begehren, Verführung und Flucht. Diese Elemente demonstrieren Don Juans auf den Augenblick bezogene Sinnlichkeit, die sich nicht auf die Individualität der Frau, sondern auf die Weiblichkeit an sich richtet (vgl. MN 34). Der Schlusspunkt zeichnet sich immer wieder durch Verwirrung, Aufruhr und Klage aus.[18]
Die vier dramatischen Handlungsmodelle variieren daher nur die Abfolge von sinnlichem Begehren, Verführung, Entdeckung und Flucht. Die Maskenspiele, die Anonymität, die Verwirrungen und Verwechslungen im Stück stehen für ein Begehren, das letztlich immer auf sich selbst gerichtet ist.[19] „Tirso de Molina jedoch hat eine Dramaturgie der variierenden Wiederholung entworfen, die durch ihr Raffinement den Zuschauer immer wieder zu fesseln versteht.“ (MN 19); denn jede Episode folgt einem anderen dramatischen Genre.
In Tirso de Molinas Werk ist es besonders die religiöse Thematik, die das Schicksal des dargestellten Don Juan ausmacht. Der Autor versteht das Stück als religiöses Lehrstück. Es entstand vor dem Hintergrund des so genannten Gnadenstreits zwischen Jesuiten und Dominikanern, der von 1597 bis 1607 anhielt.[20] Dabei ging es um die Problematik des freien Willens des Menschen sowie um die göttliche Prädestination. Der Hauptvertreter der Jesuiten, Luis de Molina, vertrat den Standpunkt, dass der Mensch von Natur aus über Willensfreiheit in seinem Handeln verfügt; doch nur durch gottgefälliges Verhalten kann er Gottes Gnade erlangen (vgl. BR Bd. 7, 424).
Tirso de Molinas Schluss verdeutlicht, dass die Gerechtigkeit siegt, und hat somit eine warnende Funktion. Das Stück ist auf Grund seiner Doppelthematik ein ethisch-soziales sowie ein katholisch-theologisches Lehrstück. Während die Gesellschaft den Frauenverführer zwar verurteilt, aber dennoch duldet, verurteilt und bestraft ihn der Himmel.[21]
2.1.2 Don Juan
Don Juan wird bei Tirso de Molina zunächst als Mann ohne Namen vorgestellt (vgl. DV 5) und enthüllt seine „Verführerexistenz“ (MN 45) erst im Verlauf des Geschehens. Er wird letztlich als skrupelloser Verführer der Frauen sowie als Wüstling mit adligem Blut dargestellt (vgl. DV 71). Er macht sich keinerlei Gedanken über die möglichen Konsequenzen seines Handelns für seine eigene Person oder für seine Mitmenschen. Er wird zudem als brutaler erotischer Abenteurer gezeichnet, der rastlos und jetztbezogen ist.
Don Juan bekennt sich im Verlauf stolz zu seinem Namen und charakterisiert sich selbst durch die Aussage:
Sevilla ruft mich mit dem Namen »Burlador«,
es ist für mich der allergrößte Spaß,
die Fraun zu hintergehn und zu entehren. (DV 38)
Ihn treibt das ehrgeizige Streben zu verführen an. Gefühle wie Mitleid kennt er nicht.[22] Seine augenblicksbezogene Sinnlichkeit kennt keine Dauer.[23] Er schätzt nicht die individuelle Frau, sondern das weibliche Geschlecht an sich. Don Juan demonstriert die Austauschbarkeit eines Menschen; Liebe spielt für ihn keine Rolle.
Don Juan tritt hier als sinnlich-erotischer Verführer auf. Er ist unbedingter Sünder, Spötter sowie Frevler gegen den Himmel. Kennzeichnend ist zudem seine Auflehnung gegen kirchliche und gesellschaftliche Normen.
Er wird als raffinierter und mutiger Lebemann dargestellt. In erster Linie gehen Don Juans Untaten gegen das gesamte öffentliche Leben, die Gesellschaft; erst danach zu Lasten der Frauen. Don Juan bezeichnet sich stets als „Ehrenmann“ (DV 68), der sich den Grundsätzen der Ehre unterworfen weiß; er betont, dass er „einer der Tenorios“ (DV 68) ist und unterstreicht dadurch, dass er sein Wort hält. Don Juan denkt nicht über seine Taten nach und bereut auch nichts; er reflektiert nicht und besitzt die große Neigung, Streiche zu spielen. In Tirso de Molinas Werk ist Don Juan der große Täuscher und Betrüger.
Don Juan wird hier als Rebell dargestellt, der „durch seinen Existenzentwurf selbst die gesellschaftlichen Normen und Anschauungen infragestellt“ (MN 11). Er setzt sich voller Lebenslust über die herrschende Sexualmoral hinweg (vgl. MN 17). Don Juan bemüht sich besonders um verlobte Frauen oder Bräute. Er raubt damit nicht nur der Frau ihre Ehre, sondern verletzt zusätzlich die Ehre des Verlobten, des Bräutigams sowie der Familie (vgl. MN 16).
Don Juan bezeichnet sich selbst als einen „Mann, der keinen Namen hat“ (DV 5). Er macht im Verlauf des Stückes keine innere Entwicklung mit.[24] Seine sinnlich-erotische Existenz ist im Lustprinzip begründet (vgl. MN 19). Seine verführerische Kraft liegt weniger im galanten Spiel der Worte als vielmehr in der Kraft seines Begehrens (vgl. MN 22). Don Juans Lust am Verführen ist begleitet von der Lust an der List und am Betrug. Er verführt nicht im stimmungsvollen, erotischen Spiel der sich steigernden Gefühle, sondern erobert im fordernden Ansturm seiner Begierde, die auf unmittelbare Erfüllung drängt (vgl. MN 25).
Tirso de Molinas Don Juan verführt nicht durch seine raffinierte Rhetorik. Er überlegt sich keine kalkulierte Strategie der Verführung. Don Juan verführt „durch die unmittelbare Wirkung seiner erotischen Ausstrahlung, durch die Macht seines Begehrens“ (MN 23).
Don Juan wird als Verkörperung des Lustprinzips dargestellt, welches die Ordnung der spanischen Gesellschaft von sich ausschließt. Don Juan, der immer wieder auf seine Ehre verweist, geht es zusätzlich um den öffentlichen Applaus für seine List und Tapferkeit (vgl. DV 87). Er löst sich durch sein Geltungsbedürfnis, seine Ruhmsucht und sein Vertrauen auf das eigene Glück aus den Bindungen des Christentums. Daher überhört er alle Warnungen und verdrängt den Gedanken an einen strafenden Gott. Don Juan lebt im Augenblick und in einem selbstverständlichen Wechsel von Begierde und Genuss (vgl. DV 87).
Der von Tirso de Molina dargestellte Don Juan wehrt sich zuerst gegen seine Furcht vor der Statue des Komturs, doch kurz darauf kann er sein Unbehagen nicht mehr verleugnen und gesteht seine Angst (vgl. DV 69). Er ist die Verkörperung des Lebenstriebes in seiner höchsten, sich selbst bejahenden Steigerung, der Liebeslust.
Die Frau ist für Don Juan kein menschlicher Partner, sondern dient ihm nur zur immer wiederholten Bestätigung seiner männlichen Natur.[25] Das Verlassen der Frau geschieht auf Grund der Wirkung seiner unerschöpflichen Lebenskraft, die stets nach neuer Erfüllung drängt. Don Juan ist unermüdlich und bleibt in seiner radikalen, erobernden Männlichkeit letztlich einsam.[26]
Tirso de Molina stellt nicht die Frage, was einen Don Juan zu diesem rastlosen Wechsel von einer Frau zur anderen motiviert. Sein Don Juan reflektiert seine Existenzweise nicht (vgl. MN 23).
Don Juan wird nicht als Gegenspieler einer Person dargestellt, sondern Tirso de Molina macht ihn zum Antipoden eines Prinzips. Für Don Juan gelten nur seine eigenen Gesetze und durch seine augenblickliche Verwirklichung seines Selbst setzt er sich dem Ewigen entgegen; dadurch erreicht er eine über sich selbst hinausgehende repräsentative Funktion.[27]
2.1.3 Catalinón und die Frauenfiguren
Tirso de Molina verwendet die im zeitgenössischen spanischen Theater traditionelle Gestalt des komischen Dieners eines adligen Herrn.
Der Diener ist im Guten wie im Schlechten das genaue Gegenteil Don Juans. Catalinón fungiert als Vertreter moralischer und religiöser Normen des Volkes. Er wird als frech, lasterhaft, feige, ängstlich (vgl. DV 65) sowie geschwätzig dargestellt (vgl. DV 90). Der unzertrennliche Begleiter und Komplize seines Herrn zeigt zeitweise komische Züge.[28] Diese werden beispielsweise im Dialog mit Tisbea hervorgehoben (vgl. DV 18).
Mit der Furcht des Dieners vor dem steinernen Gast kontrastiert der Mut seines Herrn.[29] Er hat die Funktion, durch seine eigene Feigheit den Mut seines Herrn zu unterstreichen (vgl. DV 26). Zusätzlich betont Catalinón durch moralische Kritik das Verwerfliche und Sündhafte des Don Juan.[30] Doch Don Juan duldet von seinem Diener weder Kritik (vgl. DV 55) noch Widerworte (vgl. DV 39). Catalinón vertritt die Rolle des Gewissens, gibt seinen Dienst jedoch nicht auf, sondern hilft sogar noch bei der Umsetzung der Taten seines Herrn (vgl. DV 39). Er empfindet zwar Mitleid mit den Opfern Don Juans, ist aber nicht mutig genug, die Frauen vor seinem Herrn zu warnen.
Die vier Frauenfiguren sind kontrastierend angelegt. Der Herzogin Isabella geht es mehr um ihren gesellschaftlichen Status als um tiefere menschliche Bindungen. Ihre Rolle wird bei Molière sowie Mozart von Elvira abgelöst. Tisbea und Aminta stehen im Kontrast zur höfischen Welt der Isabella. Donna Anna ist die Einzige, die Don Juan nicht zum Opfer fällt (vgl. DV 80). Sie tritt jedoch gegenüber ihrem Vater völlig in den Hintergrund (vgl. DV 89f.).
2.2 Molière: „Don Juan oder Der steinerne Gast“
„Don Juan oder Der steinerne Gast“ gehört zu den bedeutendsten Werken des französischen Komödiendichters.[31] Es wurde 1665 erstmalig aufgeführt (vgl. SB 123) und gilt als die zweite klassische Bearbeitung des Don Juan-Stoffes.[32] In Molières Darstellung der spanischen Legende vollzieht sich eine erhebliche Veränderung der Stoffbearbeitung.
Molière bringt 35 Jahre später als Tirso de Molina seine Bearbeitung der spanischen Legende heraus. Ein direkter Einfluss von Tirso de Molinas Don Juan ist nicht nachzuweisen (vgl. TG 72). In seiner kurzen Geschichte von Tirso de Molina bis Molière hat der Stoff schon wesentliche Umformungen erhalten. In diesen Umformungen zeigt sich der besondere Komödientyp Molières, der Typ der satirisch-kritischen Gesellschaftskomödie (vgl. MN 38). Die Komödie stellt im Vergleich zu Tirso de Molinas Bearbeitungen einen grundsätzlich anderen Don Juan dar. Während Tirso de Molina ein barockes moralisches Lehrstück erzählt, in dem Don Juan als Sünder vor das Strafgericht Gottes tritt, steht bei Molière der komödiantische und theatralische Aspekt im Vordergrund.
2.2.1 Aufbau und Deutung des Stückes
Molière verlegt den Schauplatz der Handlung anfänglich nach Sizilien und versucht das Stück in die Sphäre der eigentlichen Komödie zu erheben; dadurch verwischt er jegliche Spur vom ursprünglichen, national-historischen Charakter des spanischen Dramas.[33]
Formal und inhaltlich komprimiert Molière das Stück. Hinzu kommt der weitgehende Verzicht auf religiöse Implikationen sowie die Verstärkung der gesellschaftlichen Komponente; dadurch wird die Grundpolarität zum metaphysischen Ewigen abgeschwächt und der Konflikt mehr auf die soziale Ebene verschoben.[34]
Im Stück liegen drei Motivstränge vor: zum einen die Rache des toten Komturs, der in seiner Ehre verletzt wurde, zum anderen die Bestrafung des nicht zu bekehrenden Sünders Don Juan sowie die Verführerthematik.
Molière verlegt die Verführung Elviras sowie den Tod des Komturs vor den Beginn der Handlung. Er reduziert die Handlung auf zwei Tage und streicht die Verführungs- und Kampfszenen auf ein Minimum zusammen.
Die Komödie beginnt damit, dass Don Juans Diener Sganarelle Elviras Diener Guzman ausführlich über das ausschweifende Leben seines Herrn informiert.[35] Dadurch erfährt der Zuschauer, wie Don Juan Elvira umworben, aus dem Kloster entführt, geheiratet und schließlich verlassen hat. In Sganarelles Darstellungen schwingt zusätzlich Faszination für die Person des Don Juan mit (vgl. MN 39).
Sganarelle wird gleichzeitig durch die Art seiner Ausführungen als komische Figur entlarvt. Dadurch relativiert die Form der Aussagen Sganarelles ihren Inhalt. So bleibt Don Juans Charakter trotz des Monologes im Unklaren (vgl. MN 39).
Im ersten Akt werden die Auswirkungen von Elviras Verführung beschrieben. Don Juan weckte nicht nur die Leidenschaft in ihr, sondern sorgte in der Vorgeschichte zusätzlich dafür, dass sie ihr religiöses Gelübde brach und das Kloster verließ (vgl. SG 9). Die in ihren Gefühlen und in ihrer Ehre verletzte Elvira wird so dem kühlen, gewissenlosen Don Juan gegenübergestellt (vgl. MN 47).
Den zweiten Akt gestaltet Molière, wie bereits Tirso de Molina, im Genre der bäuerlichen Farce. Don Juan entflammt hier die Leidenschaft zweier Bauernmädchen, denen er sogar beiden ein Eheversprechen gibt (vgl. SG 59). Als die beiden ihn zur Rechenschaft ziehen wollen, spielt er sie gegeneinander aus (vgl. SG 59). Don Juan wird immer wieder zum Subjekt der Komik und erzeugt beim Zuschauer Lacher (vgl. MN 48).
Die folgenden Szenen zeigen Don Juans Lebenseinstellung, beispielsweise gegenüber Ärzten, und verdeutlichen seinen Atheismus (vgl. SG 69ff.). Er glaubt nicht an einen persönlichen Gott und zeigt dadurch seine Skepsis gegenüber einer christlichen geprägten Gesellschaft (vgl. MN 49).
Don Juan hilft schließlich unwissend Elviras Bruder Don Carlos im Kampf (vgl. SG 79). Der anschließend folgende Dialog wird in der gehobenen Sprache des adligen Konversationsstils geführt. Die beiden diskutieren über den gesellschaftlich fixierten Ehrbegriff, der an den Adelsstand gebunden ist (vgl. SG 81ff.). Die beiden Brüder Elviras möchten durch ein Duell die Ehre ihrer Schwester und die der ganzen Familie wiederherstellen (vgl. MN 50).
Die erste Begegnung zwischen Don Juan und dem steinernen Gast ereignet sich völlig unerwartet. Molière folgt dennoch der Stofftradition und lässt Sganarelle in Don Juans Namen den steinernen Gast zum Essen einladen (vgl. SG 95).
In den nachfolgenden Szenen muss Don Juan immer wieder seine Souveränität unter Beweis stellen. Diese Szenen enthalten alle komische Strukturen. Die Szene um Elvira wird ganz aus ihrer Perspektive geschildert. Elvira kommt zu Don Juan nicht als Rächerin, sondern als Liebende (vgl. SG 117). Sie möchte auf Grund der Gnade, die sie erfahren hat, Don Juan vor der ewigen Verdammnis retten (vgl. MN 52) und warnt ihn vor dem Zorn des Himmels (vgl. SG 117). Ihr Versuch, den Libertin zur Umkehr zum Glauben zu bekehren, lässt sie zur Gegenfigur Don Juans werden (vgl. MN 52).
Doch Elviras Warnung bleibt wirkungslos. Don Juan geht unbeeindruckt von ihrem Appell zu Banalem über und erläutert ihr sachlich: „Gnädige Frau, es ist zu spät, bleibt hier: man wird Euch so gut wie möglich beherbergen.“ (SG 119)
Das Gastmahl spielt anfänglich in einer Atmosphäre von Sorglosigkeit und Leichtigkeit. Daher wirkt das Erscheinen der Statue des Komturs unerwartet. Sganarelle verhält sich erneut sehr ängstlich und Don Juan macht sich deshalb über ihn lustig (vgl. SG 125). Er selbst zeigt sich unberührt und demonstriert so dem Gast gegenüber eine gewisse Respektlosigkeit. Es folgt die obligatorische Gegeneinladung (vgl. SG 125).
Don Juan offenbart noch einmal seine Scheinheiligkeit, indem er sich seinem Vater gegenüber als reuiger Sohn zeigt (vgl. SG 127). Sogar Don Carlos gegenüber gibt sich Don Juan schuldbewusst und lehnt das Duell, mit einem Verweis auf den Himmel, zwischen den beiden ab (vgl. SG 139).
Der Komtur hat im Stück die Funktion eines „deus ex machina“, dessen Auftritt mehr überrascht und befremdet als erschüttert und überzeugt. Ebenso wie in Tirsos Stück bereitet letztlich der vom Himmel gesandte steinerne Gast dem Wirken des Libertins ein Ende. Das auftretende Gespenst verwandelt sich in eine Allegorie der Zeit (vgl. SG 143) und Don Juan versucht daraufhin, mit dem Degen dagegen anzukämpfen. Trotz dieser Erscheinung beharrt Don Juan auf seiner Reuelosigkeit. Der Komtur fordert Don Juans Hand und die himmlische Rache bricht über Don Juan herein. Dieses Ende stimmt alle zufrieden; nur Sganarelle bedauert seinen verlorenen Lohn (vgl. SG 145). Der Schluss des Stückes hat eine aufklärende Funktion.
Molière setzt Don Juans innere Dynamik und Widersprüchlichkeit in langen Dialogen um (vgl. SG 221). Er übernimmt die Gestalt des aristokratischen Opponenten, legt aber seinen Schwerpunkt auf eine philosophische Infragestellung der Religion. Don Juan wird zwar wegen seines Handelns kritisch dargestellt, jedoch weniger wegen seiner religionskritischen Überlegungen (vgl. SG 222). Während bei Tirso de Molina die unbekümmerte Missachtung moralischer Schranken im Vordergrund steht, verschiebt Molière die Gewichtung auf einen konsequenten, skeptischen Rationalismus (vgl. SG 224). Hierin zeigt sich jedoch die Gefahr, die von Don Juan ausgeht. Don Juan wird zum Heuchler. Er spielt seinem Vater Don Louis nur Reue und Einsicht vor. Don Juan bringt seinem Vater lediglich kalten Sarkasmus entgegen und Elvira begegnet er mit zynischer Überheblichkeit. Zusätzlich treibt er mit Monsieur Dimanche ein falsches Spiel. Don Juan kann sich, wenn es seinem Interesse dient, vollkommen anpassen; aus dem Spötter und Gottesleugner kann ein Schmeichler und gläubiger Mensch werden (vgl. SG 227).
2.2.2 Don Juan
Molière verleiht Don Juan alle Züge eines französischen Edelmannes.[36] Don Juan wird zwar als Edelmann dargestellt, der von seiner Arroganz und dem Ehrgefühl seines Standes erfüllt ist; dieses hindert ihn jedoch nicht daran zum Betrüger zu werden.[37] In Molières Stück denkt Don Juan über sich selbst nach und kommentiert sein eigenes Handeln.[38]
Don Juan agiert in Täuschungsmanövern. Nur zum Schein unterwirft er sich religiösen und sittlichen Vorschriften, um insgeheim umso ungestörter handeln zu können. Auffällig sind die zahlreichen Dialoge zwischen Don Juan und Sganarelle (vgl. SG 13ff.). In ihnen gibt Don Juan dem Publikum seine wahren Absichten preis. Bei Molière tritt der Aspekt des wirtschaftlichen Bankrotts hinzu; Don Juan wird als Hochstapler vorgeführt. Seine Person löst zwar Komik aus, er ist als Protagonist jedoch nicht selbst komisch (vgl. MN 44).
Don Juan zeichnet sich vor allem durch seine eindrucksvolle Rhetorik sowie durch seine intellektuell-verbale Verführung aus (vgl. SB 124). Er ist ein „Zyniker des Gedankens“[39]. Don Juan kann mit Worten genauso geschickt umgehen wie mit seinem Degen. Im Sprachgefecht mit seinem Diener ist dieser ihm bei weitem unterlegen. Don Juan argumentiert zwar überzeugend, doch seine Argumente stammen nicht aus einer Selbstreflexion. Don Juan ist hier Freigeist und Genussmensch. Er zieht jedoch seinen erotischen Genuss nicht aus der Intensität einer Liebesbeziehung, sondern aus der erwachenden Leidenschaft und dem anfänglichen Widerstand seiner Auserwählten (vgl. MN 43). Molières Don Juan reizt nicht nur die Neuheit und der Wechsel der Frau, sondern das Gefühl, Skrupel überwinden und die Leidenschaft der Frau erst entfachen zu müssen (vgl. MN 43).
Eine Frau, die Don Juan nicht erobern muss, verliert für ihn jeglichen Reiz. Don Juan wird als Draufgänger dargestellt, der so schnell wie möglich ans Ziel seiner sexuellen Wünsche kommen möchte. Er gibt selbst ein Bekenntnis zur freien, ungebundenen Liebe ab: „Beständigkeit taugt nur für Narren; alle Schönen haben das Recht, uns zu bezaubern, und der Vorteil, daß die eine uns als erste begegnet ist, darf doch nicht die anderen der gerechten Ansprüche berauben, die sie alle auf unser Herz haben“ (SG 15). Des Weiteren gibt er preis, dass sein Herz allen Schönen gehört (vgl. SG 91).
Molières Don Juan ist Rationalist, Materialist sowie überzeugter Atheist. Der Aspekt des Gottesleugners wird erstmalig bei Molière erwähnt.[40] Er glaubt weder an Gott noch an den Teufel. Seinem Vater heuchelt er Reue und Frömmigkeit vor.[41] Don Juan fungiert „als Sprachrohr Molièrescher Gesellschaftskritik“ (MN 55).
Don Juan glückt in der Stückrealität kein einziges erotisches Abenteuer. Dennoch wird er keinesfalls als gescheiterter Verführer angesehen (vgl. MN 46). Er geht nicht wie Tirsos Don Juan stürmisch vor, sondern hat Spaß an der schrittweisen Eroberung. Er handelt bewusst und dadurch ist er wirklich böse. Don Juan leugnet die Moral, bereut nicht, sondern heuchelt Reue, um an sein Ziel zu kommen.[42]
Er bleibt sich selbst sogar im Angesicht des Todes treu. Molières Don Juan zeigt sich von der Statue unbeeindruckt (vgl. SG 125). Das Standbild sowie der erscheinende Geist dienen zur Verdeutlichung des Verhältnisses Don Juans zum Metaphysischen. Durch seinen Angriff mit dem Degen auf den Geist möchte er ihn als menschlich entlarven (vgl. SG 143). So soll von ihm bewiesen werden, dass es nichts Überirdisches gibt. Die Erscheinung des Standbildes verliert bei Don Juan ihre Funktion. Molière benutzt sie nur als Theatereffekt, der lediglich auf den naiven Diener Eindruck macht.[43]
Der französische Don Juan ist Rationalist und Kind seiner Zeit, einer Zeit, die durch eine von Konventionen geprägte Gesellschaft bestimmt ist. Don Juan lebt in einer realen Welt, in welcher der rächende Bote des Himmels einen sonderbaren Eindruck macht. Aus dem religiösen Drama des Tirso de Molina wird eine Gesellschaftskomödie.[44]
Während Tirsos Don Juan im katholischen Spanien des 17. Jahrhunderts ein Sünder gegen göttliches Gebot und sittliche Ordnung ist, verliert er bei Molière an Leidenschaft und gewinnt an Intellekt. Bei Molière wird Don Juan in Ansätzen bereits zu einem reflektierten Zyniker, der sich über seine Person sowie über seine Taten im Klaren ist.[45]
2.2.3 Sganarelle und die Frauenfiguren
Der Diener Sganarelle ist im Stück präsenter als Catalinón in Tirsos Werk. Molière betont die Rolle des Dieners stärker und individualisiert sie. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass Molière diese Rolle selber spielte und ihr damit vor allem gegenüber Don Juan mehr Gewichtung geben wollte. Seine Tollpatschigkeit und unfreiwillige Komik relativiert die Kompetenz Sganarelles, auch wenn er zeitweise in seinem Verhalten an Sancho Pansa erinnert.[46]
Durch den Diener Sganarelle wird die sprachliche Brillanz des Don Juan hervorgehoben; er wird durch seine komischen Sprachverstrickungen zur Kontrastfigur seines Herrn. Der komische Kontrast liegt in der scheinbaren Freiheit Sganarelles, seine Anklage gegen Don Juan anzubringen, und der eindrucksvollen Rhetorik Don Juans, der sein Diener vollkommen unterlegen ist (vgl. MN 40). In den Dialogen zwischen Don Juan und Sganarelle wird immer wieder der Kontrast zwischen Don Juans überlegener Unbekümmertheit und der ängstlichen Keckheit des Dieners verdeutlicht (vgl. MN 39). Don Juan kann sein ganzes philosophisches Wissen im Kontrast zu Sganarelles naivem Aberglauben ausspielen (vgl. SG 226).
Er macht seinem Herrn wegen seines Lebenswandels Vorwürfe. Zusätzlich beklagt er den Unglauben Don Juans. Doch die Bekehrungsversuche werden durch die überlegene Art seines Herrn ins Lächerliche gezogen. Sganarelle wird als feige (vgl. SG 123) und selbstsüchtig dargestellt.[47] Über seinen Herrn redet er heimlich schlecht (vgl. SG 31). Molière baut die Beziehung zwischen Don Juan und seinem Diener so weit aus, dass dadurch Sganarelle im Stück fast zur Hauptperson wird.[48]
Der Diener wird als intellektueller Gauner und Schwätzer dargestellt. Er kann nur durch angedrohte und angewandte Gewalt zum Schweigen gebracht werden.[49] Der ängstliche und freche (vgl. SG 91) Diener übt Kritik am Adel (vgl. SG 9f.) sowie an seinem Herrn (vgl. SG 141). Sganarelles moralische Angriffe gegen seinen Herrn geben Don Juan die Möglichkeit, sich in den dialogischen Gefechten rhetorisch glanzvoll zu inszenieren (vgl. TG 86). Der Diener empfindet Mitleid mit den Opfern seines Herrn und warnt sie sogar (vgl. SG 63). Sganarelle darf und soll zu Don Juans Äußerungen Stellung beziehen (vgl. SG15ff.). Am Ende beklagt er lediglich seinen verlorenen Lohn (vgl. SG 145).
Molière verkleinert und verändert die Gruppe der Frauen im Vergleich zu Tirso de Molinas Werk. Die Figur der Donna Anna fällt bei Molière weg. Dadurch schwächt er die Stellung des toten Komturs und damit die Bedeutung des Transzendenten.[50] Zudem ist die Einführung der neuen Frauengestalt Elvira besonders hervorzuheben. Sie ist die Ehefrau des Don Juan und liebt ihn. Sie wird als edel und heldenhaft dargestellt. Elvira betont Don Juans Verachtung zu lieben und geliebt zu werden. Molière stellt hier erstmalig Don Juan eine stolze Frau gegenüber. Elvira überlässt die Rache an Don Juan dem Himmel und wird dadurch über die anderen verletzten Frauen gestellt.
2.3 Wolfgang Amadeus Mozart „Der bestrafte Verführer oder Don Giovanni“
Mozarts und Da Pontes Oper „Der bestrafte Verführer oder Don Giovanni“ gilt als die dritte klassische sowie als die bekannteste Bearbeitung des Don Juan-Stoffes. Das 1787 in Prag uraufgeführte Werk ist die meistgepriesene Don Juan-Fassung (vgl. SB 122). Das Lob und die Anerkennung für dieses Werk beschränkte sich jedoch meist auf die musikalische Komposition (vgl. SB 124). Die Musikkritik begann daher, Wort und Ton getrennt zu betrachten. Sie verwarfen den Text und glorifizierten die Musik, so dass die Oper zur „Oper aller Opern“ (SB 124) wurde. „Don Giovanni“ stellt die ideale Version des durch seine Sinnlichkeit verführenden Verführers dar (vgl. MN 66).
Mozart stellt Donna Anna in den Mittelpunkt des Geschehens. Die verschiedenen Rivalen werden in Don Ottavio vereint. Mozart legt auf den allmählich verblassten Grundzug der Fabel wieder mehr Gewichtung, verstärkt die Motivierung der Einladung des Standbildes und verleiht der Erscheinung mehr Würde.[51] Im Werk „Don Giovanni“ verbinden sich volkstümliches „Spektakel, christlich-moralisches Lehrstück und gleichnisartiges Welttheater“ (DG 176) mit Elementen der spanischen Mantel- und Degenkomödie.
2.3.1 Aufbau des Stückes
Das Stück besteht aus zwei Akten. Das Werk steht von Anfang an im Zeichen des Todes und der tödlichen Verstrickung (vgl. DG 163). Die Handlung ist auf wenige dramatische Szenen reduziert. Die meisten Szenen spielen in der Nacht. Da Ponte lässt die Szenen bis zur Verführung Donna Annas vollständig weg. Er wollte nur die wichtigsten Szenen in sein Libretto einbauen und somit seine Fassung möglichst kompakt gestalten. Die Verführungen der Herzogin Isabella und des Fischermädchens Tisbea in Tirso de Molinas Bearbeitung verdeutlichen zwar den Charakter Don Juans, haben für die Handlung keine Notwendigkeit; daher streicht da Ponte diese Episoden vollständig. Dafür fügt er jedoch zu Beginn des zweiten Aktes die Verkleidungsszene hinzu (vgl. DG 93).
Die erste Szene führt ohne Exposition mitten in die Handlung hinein. Am Anfang beginnt Leporello sich über das leidige Warten auf seinen Herrn auszulassen. Zusätzlich beschreibt er das Gefühl von Neid, das er empfindet, wenn er an das ausschweifende Leben seines Herrn denkt (vgl. DG 19).
Darauf folgt die dramatische Szene zwischen Donna Anna und Don Giovanni, in der Don Giovanni sein Gesicht verbergen, Donna Anna ihn jedoch stellen möchte. Als der Komtur auftritt, flieht Donna Anna und es entbrennt ein Kampf zwischen Don Giovanni und dem Komtur, der die Ehre seiner Tochter rächen möchte. Doch er wird durch Don Giovannis Waffe getötet (vgl. DG 21). Während Donna Anna und Don Ottavio den Tod des Komturs betrauern, denkt Don Giovanni schon wieder an sein nächstes Abenteuer. Er begegnet Elvira, die er jedoch schon verführt hat. Dadurch wird sie für Don Giovanni reizlos (vgl. DG 31ff.).
Im Finale des ersten Aktes wollen sich Donna Anna, Don Ottavio und Donna Elvira auf einem Ball in Don Giovannis Schloss an ihm rächen. Doch Don Giovanni verkündet seine Furchtlosigkeit und flieht (vgl. DG 85).
Seine nächste Eroberung soll Elviras Kammerzofe werden (vgl. DG 91). Don Giovanni lässt schließlich übermutig durch Leporello den steinernen Gast zum Essen in sein Schloss einladen (vgl. DG 139). Am Ende des zweiten Aktes erscheint der Gast. Leporello schlottert vor Angst und Don Giovanni öffnet an seiner Stelle die Tür (vgl. DG 151). Er zeigt gegenüber der Statue des getöteten Komturs keinerlei Furcht. Um seine Ehre zu behaupten, schlägt er in die Hand des Komturs ein. Dem fast schon drohend wirkenden Befehl des Gastes, endlich Reue zu zeigen, erwidert Don Giovanni nur: „Nein, nein, ich bereue nichts, geh fort von mir!“ (DG 153)
Durch sein Widerstreben wird Don Giovanni zu einem ebenbürtigen Antipoden des Komturs. Auch wenn der steinerne Gast Don Giovanni vernichtet, stellt er seine Existenzweise nicht in Frage. Don Giovanni bereut nicht (vgl. MN 78). Am Ende bittet Donna Anna Ottavio um ein Jahr des Aufschubs, Elvira möchte dagegen in Einsamkeit weiterleben; nur Zerlina und Massetto gehen gemeinsam nach Hause (vgl. DG 157f.).
Nach dem Untergang Don Giovannis erheben sich alle Figuren über ihr individuelles Schicksal und nehmen einen distanzierten Standpunkt zum Geschehenen ein. Don Giovannis Taten und sein Ende erscheinen in der Perspektive der dramatischen Parabel, des Lehrstücks (vgl. DG 175).
Während Tirsos Don Juan dem steinernen Gast am Ende gesteht, dass er Donna Anna nichts angetan habe, bleibt dieses bei Mozart eine offene Frage. Die gesellschaftliche Bandbreite der Eroberungen Don Juans wird bei Tirso durch die Standesunterschiede der Herzogin sowie der Bäuerin dargestellt. In Mozarts Werk erwähnt Leporello die 1003 von ihm gezählten Frauen, die Don Juan allein in Spanien verführt hat (vgl. DG 35). Diese beiden Aspekte kann man durchaus gemeinsam sehen. Auch wenn die Anzahl der 1003 Frauen nur als symbolische Zahl zu deuten ist, stehen beide angeführten Aspekte für das Moment der Quantität und der fortzusetzenden Reihung (vgl. MN 34).
[...]
[1] Mozart, Don Giovanni, S. 19. Im Folgenden werden Zitate unter Verwendung der Sigle „DG“ im Text nachgewiesen.
[2] Vgl. Tirso de Molina, S. 84. Im Folgenden werden Zitate unter Verwendung der Sigle „DV“ im Text nachgewiesen.
[3] Vgl. Müller-Kampel, Mythos Don Juan, S. 13f.
[4] Vgl. Müller-Kampel, Schal und banal, S. 125. Im Folgenden werden Zitate unter Verwendung der Sigle „SB“ im Text nachgewiesen.
[5] Vgl. Müller-Kampel, Mythos Don Juan, S. 17.
[6] Vgl. Kühnel, Faust und Don Juan, S. 36.
[7] Vgl. Gnüg, Mythos der Neuzeit, S. 11. Im Folgenden werden Zitate unter Verwendung der Sigle „MN“ im Text nachgewiesen.
[8] Vgl. Gnüg, Das Debüt Don Juans, S. 12.
[9] Jacobs, Don Juan – Heute, S. 31.
[10] Vgl. Frenzel, Stoffe der Weltliteratur, S. 154.
[11] Vgl. Kühnel, Faust und Don Juan, S. 36.
[12] Vgl. Gnüg, Das Debüt Don Juans, S. 14.
[13] Vgl. Schmidt-Bergmann, Nikolaus Lenau, S. 70.
[14] Rauhut, 1003 Variationen, S. 19.
[15] Vgl. ebd., S. 19.
[16] Vgl. Oehlmann, Don Juan, S. 10.
[17] Vgl. Rauhut, 1003 Variationen, S. 20.
[18] Vgl. Gnüg, Das Debüt Don Juans, S. 15.
[19] Vgl. ebd., S. 69.
[20] Vgl. Brockhaus, Bd. 7, S. 424. Im Folgenden werden Zitate unter Verwendung der Sigle „BR“ im Text nachgewiesen.
[21] Vgl. Rauhut, 1003 Variationen, S. 23.
[22] Vgl. Heckel, Das Don Juan-Problem, S. 9.
[23] Vgl. Schmidt-Bergmann, Nikolaus Lenau, S. 69.
[24] Vgl. Schmidt-Bergmann, Nikolaus Lenau, S. 70.
[25] Vgl. Oehlmann, Don Juan, S. 6.
[26] Vgl. ebd., S. 6.
[27] Vgl. Jacobs, Don Juan – Heute, S. 32.
[28] Vgl. Oehlmann, Don Juan, S. 11.
[29] Vgl. Rauhut, 1003 Variationen, S. 19.
[30] Vgl. ebd., S. 20.
[31] Vgl. Lexikon der Weltliteratur, S. 1040.
[32] Vgl. Frenzel, Stoffe der Weltliteratur, S. 157.
[33] Vgl. Heckel, Das Don Juan-Problem, S. 17.
[34] Vgl. Jacobs, Don Juan – Heute, S. 35.
[35] Vgl. Molière, Don Juan, S. 11. Im Folgenden werden Zitate unter Verwendung der Sigle „SG“ im Text nachgewiesen.
[36] Vgl. Heckel, Das Don Juan-Problem, S. 13.
[37] Vgl. Oehlmann, Don Juan, S. 16.
[38] Vgl. Frenzel, Stoffe der Weltliteratur, S. 157.
[39] Oehlmann, Don Juan, S. 16.
[40] Vgl. Heckel, Das Don Juan-Problem, S. 9.
[41] Vgl. ebd., S. 14.
[42] Vgl. Jacobs, Don Juan – Heute, S. 37.
[43] Vgl. Frenzel, Stoffe der Weltliteratur, S. 157.
[44] Vgl. Oehlmann, Don Juan, S. 15.
[45] Vgl. Schmidt-Bergmann, Nikolaus Lenau, S. 71.
[46] Vgl. Jacobs, Don Juan – Heute, S. 37.
[47] Vgl. Heckel, Das Don Juan-Problem, S. 15.
[48] Vgl. Oehlmann, Don Juan, S. 9.
[49] Vgl. ebd., S. 16.
[50] Vgl. Rousset, Don Juan, S. 277.
[51] Vgl. Frenzel, Stoffe der Weltliteratur, S. 159.
- Citar trabajo
- Esther Tomberg (Autor), 2008, Peter Handkes "Don Juan (erzählt von ihm selbst)" in der Tradition des Don Juan-Stoffes, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116738
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