Seit dem Zweiten Weltkrieg wird zwischen symmetrischen und asymmetrischen Kriegen unterschieden. In den
symmetrischen Kriegen handelt es sich um staatliche Kriegsakteure. Die asymmetrischen Kriege werden dagegen von nichtstaatlichen Kriegsakteuren geführt, wie zum Beispiel von Warlords, Terrorgruppen und Milizen.
Mary Kaldor, Professorin und Wissenschaftlerin für Global Governance, beschrieb den asymmetrischen Krieg als eine neue Erscheinungsform der innerstaatlichen Konflikte. Sie bezeichnet diese Kriegsform als die Neuen Kriege
und grenzt sie stark von den zwischenstaatlichen Kriegen ab.
Doch was ist das Neue an den Neuen Kriegen und welche Herausforderungen bringen die Neuen Kriege für die Zivilbevölkerung mit sich? Wie lässt sich der Terrorismus von den Partisanenkrieg unterscheiden und können die
Gruppierungen ISIS, Boko Haram und Al-Quaida auch als Partisanenkrieger gesehen werden? Mit diesen Fragen werde ich mich in der folgenden Arbeit beschäftigen.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier Teile. Der erste Teil wird sich mit der Differenzierung zwischen symmetrischen und asymmetrischen Kriegen beschäftigen und untersuchen, was das Neue an den Neuen Kriegen ist. Anschließend wird mit dem Afghanistan-Krieg ein Fallbeispiel zum asymmetrischen Krieg näher beschrieben. Es werden die unterschiedlichen Perioden dieses Krieges analysiert, von der Saur-Revolution über den Sowjetisch-Afghanischen Krieg bis zum Bürgerkrieg.
Daran anschließend werden die Akteure der Neuen Kriege näher untersucht. Zuerst folgt eine Definition des Terrorismusbegriffes. Danach kommt es zu einer Untersuchung der verschiedenen Terrorismusformen. Es wird sich näher mit der Terrororganisation Al-Quaida in Afghanistan, der Gruppierung Islamischer Staat in Syrien und Irak sowie Boko Haram in Nigeria beschäftigt. Anschließend wird der Guerilla- und Partisanenkrieg näher erklärt, auch indem ich auf die einzelnen Faktoren dieses Krieges eingehe. Es kommt zu einer Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten und es wird analysiert, welche Bedeutung die Territorialität sowie die Temporalität für die Partisanenkrieger haben. Zum Schluss werde ich mich intensiv mit der Frage auseinandersetzen, ob die Kriterien zur Bestimmung von Al-Quaida, ISIS und Boko Haram hinreichend sind, um diese Organisationen als Terrorismus im Unterschied zum Partisanenkrieg zu bestimmen.
I Einleitung
Die zwischenstaatlichen Kriege gehören in der Tendenz der Vergangenheit an. Seit dem 17. Jahrhundert hat sich die Erscheinungsform des Krieges stark novelliert und verändert sich bis heute stetig. Bereits 1832 beschrieb der Militärwissenschaftler Carl von Clausewitz den Krieg als ein wahres Chamäleon, das sich stets den Umweltbedingungen anpasse. (Münkler 2015, zitiert nach Clausewitz 1980: 212) Seit dem Zweiten Weltkrieg wird zwischen symmetrischen und asymmetrischen Kriegen unterschieden. In den symmetrischen Kriegen handelt es sich um staatliche Kriegsakteure. Die asymmetrischen Kriege werden dagegen von nichtstaatlichen Kriegsakteuren geführt, wie zum Beispiel von Warlords, Terrorgruppen und Milizen. Die Akteure in den asymmetrischen Kriegen wenden größtenteils die Methoden eines Partisanenkrieges an oder sie gebrauchen auch andere unkonventionelle Vorgehensweisen wie etwa, die gezielten Anschläge auf die Zivilbevölkerung. Einen asymmetrischen Krieg führen zurzeit die Al-Quaida, der Boko Haram und der Islamische Staat gegen die westlichen Länder. Diese drei Gruppierungen werden zu den größten und mächtigsten Terrororganisationen weltweit gezählt. Die beiden Kriegsformen, der symmetrische und asymmetrische Krieg, unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Akteure, sondern auch in der Kriegsführung, in der Finanzierung des Krieges sowie in den temporalen und territorialen Aspekten.
Mary Kaldor, Professorin und Wissenschaftlerin für Global Governance, beschrieb den asymmetrischen Krieg als eine neue Erscheinungsform der innerstaatlichen Konflikte. Sie bezeichnet diese Kriegsform als die Neuen Kriege und grenzt sie stark von den zwischenstaatlichen Kriegen ab.
Doch was ist das Neue an den Neuen Kriegen und welche Herausforderungen bringen die Neuen Kriege für die Zivilbevölkerung mit sich? Wie lässt sich der Terrorismus von den Partisanenkrieg unterscheiden und können die Gruppierungen ISIS, Boko Haram und Al-Quaida auch als Partisanenkrieger gesehen werden? Mit diesen Fragen werde ich mich in der folgenden Arbeit beschäftigen.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier Teile. Der erste Teil wird sich mit der Differenzierung zwischen symmetrischen und asymmetrischen Kriegen beschäftigen und untersuchen, was das Neue an den Neuen Kriegen ist. Anschließend wird mit dem Afghanistan-Krieg ein Fallbeispiel zum asymmetrischen Krieg näher beschrieben. Es werden die unterschiedlichen Perioden dieses Krieges analysiert, von der Saur-Revolution über den Sowjetisch-Afghanischen Krieg bis zum Bürgerkrieg. Daran anschließend werden die Akteure der Neuen Kriege näher untersucht. Zuerst folgt eine Definition des Terrorismusbegriffes. Danach kommt es zu einer Untersuchung der verschiedenen Terrorismusformen. Es wird sich näher mit der Terrororganisation Al-Quaida in Afghanistan, der Gruppierung Islamischer Staat in Syrien und Irak sowie Boko Haram in Nigeria beschäftigt. Anschließend wird der Guerilla- und Partisanenkrieg näher erklärt, auch indem ich auf die einzelnen Faktoren dieses Krieges eingehe. Es kommt zu einer Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten und es wird analysiert, welche Bedeutung die Territorialität sowie die Temporalität für die Partisanenkrieger haben. Zum Schluss werde ich mich intensiv mit der Frage auseinandersetzen, ob die Kriterien zur Bestimmung von Al-Quaida, ISIS und Boko Haram hinreichend sind, um diese Organisationen als Terrorismus im Unterschied zum Partisanenkrieg zu bestimmen.
1.1. Symmetrischer Krieg und asymmetrischer Krieg
Bevor auf die Differenzierungen und Gemeinsamkeiten der beiden Termini symmetrischer und asymmetrischer Krieg eingegangen werden kann, sollte zuerst definiert werden, was unter dem symmetrischen, dem klassischen Staatenkrieg verstanden werden kann.
Der Kriegstheoretiker Carl von Clausewitz definiert den klassischen Krieg in seinem Buch „Vom Kriege“ als einen erweiterten Zweikampf. (vgl. Clausewitz 1991: 17) „Der Krieg ist also ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen“ (Ebd.). Clausewitz möchte mit seiner Definition erläutern, dass Kriege zumeist zwischen zwei Staaten geführt werden, um die eigenen politischen Interessen durchzusetzen oder auch den eigenen Willen dem Gegner aufzuzwingen. Um diese Ziele zu erreichen, ihre Feinde zu entmachten und ihre politischen sowie wirtschaftlichen Intentionen verwirklichen zu können, nutzen die Staaten Gewalt. Clausewitz erwähnt zudem in seinem Buch „Vom Kriege“, dass „der Krieg [.] eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ (Clausewitz 1991:34) sei. Darunter ist zu verstehen, dass der Krieg zum Einsatz kommt, sobald alle anderen Mitteln zur Verwirklichung der Pläne gescheitert sind. Daraus kann abgeleitet werden, dass nach Clausewitz erst von einem Krieg gesprochen werden kann, wenn mindestens zwei Staaten mit ihrem Militär in eine Auseinandersetzung involviert sind, die die Verwendung von Gewalt legitimiert.
Um den Begriff des symmetrischen Krieges zu definieren, sollte zuerst erwähnt werden, was unter dem Ausdruck ,Symmetrie‘ verstanden werden kann. Laut dem Duden bedeutet der Ausdruck ,Symmetrie‘ „die wechselseitige Entsprechung in Bezug auf die Form, Größe oder Anordnungen von Teilen“. (Dudenredaktion o. J.)
Demzufolge kann bei symmetrischen Kriegen davon gesprochen werden, dass die beiden Kriegsparteien in der Anzahl der Soldaten, der Ausrüstung, dem Ort (Land-, See-, Luft- und Weltraum) sowie in ihren Interessen übereinstimmen. Diese Art der Symmetrie kann und muss jedoch in den Kriegen nie hundertprozentig bestehen, da es immer Unterschiede zwischen den Konfliktakteuren geben wird, die nicht angeglichen werden können. Somit kann bei der Kriegsführung nur von annähernder Symmetrie gesprochen werden. (vgl. Münkler 2006: 60 ff.) Folglich bedeutet Symmetrie „[.] nicht Gleichheit, schon gar nicht gleiche Stärke, sondern viel mehr Gleichartigkeit der aufgebotenen Kräfte ist gemeint, wenn von symmetrischen Konflikten und Kriegen die Rede ist.“ (Münkler 2006: 161) Die Parteien verfügen über unterschiedliche Panzertypen, Kampfflieger und Kriegsschiffe in unterschiedlicher Anzahl. Aber beide verwenden sie in gleicher Art und Weise. Somit sind die Konfliktparteien gleichartig. Aufgrund dessen wird bei einer bewaffneten Auseinandersetzung von „eher symmetrisch“ oder „eher asymmetrisch“ gesprochen. (Ebd.: 162)
Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler unterteilt die Gleichartigkeit der aufgebotenen Kräfte in symmetrischen Kriegen noch einmal in drei Unterpunkte. Als ersten Punkt der Gleichartigkeit sieht er „die Form der Rekrutierung “ (Münkler 2006: 61). Hierbei geht es darum, wie das Heer der beiden Kriegsparteien ausgebildet wurde, also ob die Soldaten eine entsprechende Schulung im Kriegswesen erfahren haben oder ob die Armee aus Erwachsenen und Kindern besteht, die keine qualifizierte militärische Ausbildung besitzen. Der zweite Unterpunkt ähnelt dem ersten. Es handelt sich um die „ Dauer und Intensität der Ausbildung“. (Ebd.) Genauso wie im ersten Unterpunkt geht es darum, wie die Ausbildung der Kämpfer stattgefunden hat, hier aber speziell um das Ausmaß von Zeit und Qualität der Ausbildung. Als drittes Merkmal für die Gleichartigkeit steht die Mobilisierung. Hier geht es darum, ob die Konfliktakteure vom Staat finanziert werden oder ob sie sich eigenhändig Kriegsmaterial beschaffen und sich mit Waffen und Munition ausstatten. Nach Herfried Münkler kann nur von symmetrischen Kriegen gesprochen werden, „[.] wenn bei allen drei Kriterien eine zumindest tendenzielle Gleichartigkeit der gegeneinander aufgebotenen Streitkräfte gegeben ist.“ (Münkler 2006: 162) Zudem fügt er hinzu, dass die Konfliktakteure in symmetrischen Kriegen den gleichen Zugriff auf Räume und Sphären haben sollten, um einen Sieger und Verlierer des Krieges sicher bestimmen zu können. (vgl. Münkler 2006: 163) Mit den Räumen und Sphären ist der Land-, See-, Luft- und Weltraum gemeint. Es handelt sich erst um einen gerechten Krieg, wenn die Konfliktakteure den gleichen Zugriff auf diese Räume haben.
Sobald sich die Kriegsparteien dann gegenseitig als gleichrangige Kontrahenten akzeptiert haben, bilden sie zusammen eine „politische Rationalität“ (Münkler 2002: 48). Durch diese politische Rationalität werden Abmachungen getroffen, die die Ausrüstung betreffen sowie die Grenzen des Krieges beinhalten. Gegebenenfalls können weitere Abmachungen getroffen werden. Im Zuge der offiziellen Anerkennung der Kriegsparteien können sich die Gegner im Anschluss adäquat auf den Krieg vorbereiten. „Auf dieser Anerkennung beruhte zugleich das Kriegsvölkerrecht, wie es bis heute Gültigkeit besitzt.“ (Münkler 2002: 49) Nach dem Kriegsvölkerrecht muss ein symmetrischer Krieg und zugleich ein Staatenkrieg nach angebrachten Richtlinien erklärt und begonnen werden. Als beendet wird ein Krieg erst gesehen, wenn es zu einem Friedensschluss kommt. In diesem Friedensschluss sind dann die Voraussetzungen für einen Waffenstillstand enthalten. Der Verlierer des Krieges muss sich den Forderungen des Siegers beugen und die Kosten des Krieges tragen. (vgl. Münkler 2006: 303)
Die Konfliktparteien müssen sich auch während des Krieges konstant an die Richtlinien des Kriegsvölkerrechts halten. Kommt es jedoch während der Gefechte zu Kriegsverbrechen, z.B. gegen die Nichtkombattanten1, werden diese Straftaten von dem Internationalen Gerichtshof geahndet.
Nach dem Friedenschluss zwischen den beiden Staaten müssen die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen ihnen für mindestens ein Jahr pausieren, bevor von Frieden gesprochen werden kann. (vgl. BICC 2011)
Die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) und der Friedensforscher Istvan Kende arbeiteten drei hervorstechende Kennzeichen eines klassischen Staatenkrieges heraus. Die drei Charakteristika eines klassischen Krieges sind:
1. „An den Kämpfen sind zwei oder mehr bewaffnete Streitkräfte beteiligt, bei denen es sich mindestens auf einer Seite um reguläre Streitkräfte (Militär, paramilitärische Verbände, bewaffnete Polizeieinheiten) der Regierung handelt
2. auf beiden Seiten muss ein Mindestmaß an zentral gelenkter Organisation der Kriegführenden und des Kampfes gegeben sein, selbst wenn es nicht mehr bedeutet als organisierte bewaffnete Verteidigung oder planmäßige Überfälle (Guerillaoperationen, Partisanenkrieg usw.)
3. die bewaffneten Operationen ereignen sich mit einer gewissen Kontinuität und nicht nur als gelegentliche, spontane Zusammenstöße, d.h. beide Seiten operieren nach einer planmäßigen Strategie, gleichgültig ob die Kämpfe auf dem Gebiet einer oder mehrerer Gesellschaften stattfinden und wie lange sie dauern.“ (BICC 2011)
Dementsprechend kann erst von einem Staatenkrieg gesprochen werden, wenn zwei Staaten daran teilnehmen, die zueinander in Relation gesetzt werden können. Sobald exorbitante Unterschiede zwischen den Kriegsakteuren auftreten, wird von asymmetrischen Kriegen gesprochen. (vgl. Wassermann 2015: 43)
Bereits Carl von Clausewitz stellte fest, dass jede Zeit ihre eigene Art von Kriegen hat. (vgl. Clausewitz 1991: 973) Die symmetrischen Kriege gehören weitestgehend der Vergangenheit an. Es ist das Zeitalter der neuen, asymmetrischen Kriege.
Bevor auf die Neuen Kriege näher eingegangen werden kann, wird auch hier erst einmal der Begriff der Asymmetrie näher erläutert. Der Ausdruck ,Asymmetrie‘ findet in vielen Bereichen Verwendung und besitzt somit eine große Bandbreite an Definitionen.
„>Asymmetry< or >asymmetric< has many definitions and is used to describe many things, including weapon systems, tactics, strategy, and worldviews. It may also describe what is sanctioned by morality or international law. >Asymmetric threats<, for example, are commonly viewed as having the potential to produce widespread civilian casualties or considerable environmental damage.“ (von Wassermann 2015, zitiert nach Lambakis u.a. 2002: 241)
Unter , asymmetrischen Kriegsformen‘2 kann verstanden werden, dass keine gleichartigen Kriegsakteure miteinander im Kampf stehen. Es handelt sich um einen Kampf zwischen regulären und irregulären Kriegern.3 Die irregulären Krieger sind der regulären Armee militärisch unterlegen. Sie gleichen jedoch ihre militärische Unterlegenheit aus, indem sie die Schwachstellen der stärkeren Kriegsakteure ermitteln und diese ausnutzen. Die Asymmetrie in der Kriegführung mit der Kleinkrieg-Strategie bietet den schwächeren Kriegsakteure die Gelegenheit, politisch zu intervenieren und womöglich sogar den Krieg gegen die stärkeren Kriegsakteure zu gewinnen. (vgl. Wassermann 2015: 66) Dieses ist nur möglich, indem die Irregulären die reguläre Armee durch die Ausdehnung des Krieges demoralisieren und sie durch die Erschöpfung der Soldaten zum Rückzug zwingen. Als ein Beispiel dafür könnte der Sowjetisch-Afghanische Krieg stehen. Dieser Punkt wird im nächsten Kapitel näher dargestellt.
Der Autor Herfried Münkler segmentiert in seinem Buch „Der Wandel des Krieges“ die Asymmetrie in die „Asymmetrie aus Stärke“ und in die „Asymmetrie aus Schwäche“. (vgl. Münkler 2006: 65)
Die Asymmetrie aus Stärke ist daran festzumachen, „[.] dass eine Seite durch permanente militärorganisatorische und waffentechnische Innovationen gegenüber ihren Kontrahenten einen Vorsprung gewinnt, den diese [die Gegner] innerhalb eines politisch relevanten Zeitraums nicht mehr wettmachen können.“ (Ebd.) Die Asymmetrie aus Stärke ermöglicht zugleich, dass stets neue Gebiete für die Kriegsführung zugänglich gemacht werden. Durch die Erschließung des Luftraums mittels Kampfdrohnen wurde ein weiteres Gebiet für die Kriegsführung gewonnen, wodurch die Gegner angegriffen werden können, ohne selbst Schaden davonzutragen. (vgl. Münkler 2006: 66)
Die Kampfdrohnen sind autonome Flugobjekte, die von Computern gesteuert werden. Die Soldaten können aus einer weiten Entfernung Raketen abschießen, ohne in der Nähe des Einsatzortes oder in der Flugmaschine zu sein. Die Kampfdrohnen werden vor allem eingesetzt, um Personen zu liquidieren, die auf der Terror watch list4 stehen und als hochgefährliche islamistische Kämpfer eingestuft werden. Bei der Jagd auf Terroristen sterben unzählige und vor allem unschuldige Menschen, die durch Drohnen getroffen werden. (vgl. Biermann 2015)
Die Asymmetrie aus Schwäche ist dadurch zu identifizieren, dass die schwächeren Kriegsakteure sich nicht größeren militärischen Auseinandersetzungen stellen, da sie befürchten, dass die stärkeren Kriegsakteure ihre Superiorität ausspielen. (vgl. Münkler 2006: 66) Sie suchen „[.] stattdessen die militärischen Konfrontationen da [.], wo man [.] Schwächen und Verwundbarkeiten [seines Feindes] ausgemacht hat.“ (Ebd.) Zudem stellen sich die schwächeren Kriegsakteure den militärisch überlegeneren Gegner nicht offen zum Kampf. Es finden keine Frontalkriege mehr statt. Stattdessen herrscht ein Dauerkriegszustand mit vermehrten Ruhepausen. Die Kriege sind weder zeitlich noch räumlich begrenzt. Bei den Neuen Kriegen fehlt nicht nur die Kriegserklärung, sondern auch die Entscheidungsschlacht, weshalb es zu keinem Friedensprozess mehr kommen kann. Aus diesem Grund wird es zunehmend schwieriger zu definieren, ob wir uns im Frieden befinden oder mitten im Krieg sind. Für Clausewitz war die Entscheidungsschlacht der Kernpunkt in einem Krieg, der letztlich über Krieg oder Frieden entschied. (vgl.
Clausewitz 1991: 20)
Das Ziel der schwächeren Kriegsakteure ist, ihre militärische Unterlegenheit zu umgehen, indem sie die Entscheidungsschlacht vermeiden und gezielt die Zivilbevölkerung ihrer Feinde angreifen. Die Nichtkombattanten sind demnach zur neuen Zielscheibe in den Neuen Kriegen geworden.
„Selbstverständlich ist es auch im klassischen Krieg immer wieder dazu gekommen, dass die Zivilbevölkerung durch das Kriegsgeschehen schwer in die Mitleidenschaft gezogen wurde. Aber es handelte sich dabei um Versehen oder Vergehen, hinter denen keine prinzipielle und systematische Verletzung dieser Grenzziehung stand.“ (Münkler 2006: 67)
Bereits seit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg wurde die Trennung zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten immer wieder missachtet. Jedoch wurden diese Vorfälle von Münkler als ein „Versehen oder Vergehen“ bezeichnet. Seiner Meinung nach handelte es sich nicht um eine absichtliche Überschreitung der Grenzen, so wie es in den Neuen Kriegen häufig zu sehen ist. In den Neuen Kriegen kommt es zu regelmäßigen Verstößen sowohl gegen die Haager Landkriegsordnung als auch die Genfer Konventionen. Die Haager Landkriegsordnung sowie die Genfer Konventionen wurden entwickelt, damit sich die Staaten an gewisse Verhaltensregeln im Krieg halten. Da es sich aber nicht mehr um Staaten, sondern um Warlords, Terrorgruppen oder auch Milizen handelt, gegen die gekämpft wird, können die Verstöße nicht geahndet werden.
Nach Münkler können die asymmetrischen Kriege drei unterschiedliche Kriegsformen aufweisen. Die erste Kriegsform ist der Ressourcenkrieg. Beim Ressourcenkrieg wollen die Insurgenten die Ressourcen eines Landes mit Gewalt an sich reißen. Dabei kann es sich beispielsweise um Erdöl, Diamanten, Rauschgift und Edelmetall handeln. (vgl. Münkler 2006: 144) Dementsprechend wird ein Krieg umso länger andauern, je reicher ein Land an Bodenschätzen ist. Die Warlords finanzieren sich jedoch nicht nur durch die Ressourcen eines Landes, sondern auch durch die Kontrolle der internationalen Hilfsorganisationen, die in den Krisengebieten tätig sind. Die Hilfsorganisationen werden durch Spenden aus dem Norden finanziert, um den Flüchtlingen zu helfen, die vor dem Krieg fliehen oder aufgrund des Krieges ihren Besitz verloren haben. Die Flüchtlinge werden vor Ort mit Medikamenten und Nahrung versorgt. Jedoch kommen nicht alle Spenden bei den Notleidenden an. Die Warlords greifen die Transporter mit den Lebensmitteln ab und nehmen sich daraus, was sie zum Überleben benötigen, wogegen die Hilfsorganisationen nichts unternehmen können. Die internationalen Hilfsorganisationen benötigen zudem vor Ort Transporter sowie Schutz, damit sie nicht angegriffen und überfallen werden. Dieses ist nur möglich, indem die Hilfsorganisationen mit den Warlords ein Bündnis eingehen, das den Hilfsorganisationen Schutz bietet. Die Warlords bekommen dafür Güter wie zum Beispiel Medizin, Lebensmittel oder auch Geld ausgehändigt. (vgl. Münkler 2006: 145)
Die zweite Kriegsform ist der Pazifizierungskrieg. Bei dieser Kriegsform sollen unter „[.] militärischer Gewaltanwendung [.] die Grundsätze der in den Wohlstandszonen herrschenden sozio-politischen Ordnung an deren Peripherie durchgesetzt werden [.].“ (Münkler 2006: 146) Die Pazifizierungskriege werden häufig mit dem „Neoimperialismus oder Neokolonialismus“ (Ebd.: 147) gleichgesetzt.
Das Ziel der Pazifizierungskriege ist, so wenig Schaden wie möglich durch den Krieg davonzutragen und dem Gegner so viel Schaden wie nur denkbar zuzufügen. Aus diesem Grund sind Luftwaffen, Kampfdrohnen und Marschflugkörper im ständigen Einsatz. (vgl. Münkler 2006: 147)
Die dritte Kriegsart ist der Verwüstungskrieg. Die Verwüstungskriege richten ihre Gewalt gegen die Wirtschaft ihrer Feinde. Sie vermeiden Frontalkriege und attackieren stattdessen sowohl die Infrastruktur als auch die Nichtkombattanten ihrer Gegner. Ein Beispiel für die Verwüstungskriege ist der Terrorismus. Die terroristischen Anschläge zielen auf die Infrastruktur ihrer Feinde ab und wollen in dem jeweiligen Land Angst und Hass verbreiten, was zur Unordnung in dem Land führen soll. (vgl. Ebd.)
Resümierend können den asymmetrischen bzw. den sogenannten Neuen Kriegen sieben Eigenschaften zugeordnet werden:
- „die Anwendung »illoyaler« Methoden;
- Angriffe auf die Zivilbevölkerung;
- die Disproportionalität der eingesetzten Mittel;
- technologische Unterschiede zwischen den Gegnern;
- die Ausnutzung der Schwächen des Gegners;
- die Nutzung von information warfare und netwar
- sowie der Einsatz von Massenvernichtungswaffen.“ (von Wassermann 2015; zitiert nach Baud 2003: 19)
Die Kernmerkmale der Neuen Kriege werden noch einmal zusammengefasst.
1. Entstaatlichung bzw. Privatisierung kriegerischer Gewalt:
Die Kriegführung in den Neuen Kriegen ist relativ kostengünstig. Die Waffen sind überaus billig und jeder kann sich eine Waffe kaufen, ohne einen nötigen Waffenschein. Obendrein sind die Staaten nicht mehr die Monopolisten in den Kriegen. Dazu gehören nun auch parastaatliche sowie private Akteure.
„Damit verbunden ist eine um sich greifende Kommerzialisierung des Krieges. Bellum se ipse alet, der Krieg muss den Krieg ernähren, war die Kriegsdevise der Frühen Neuzeit. Träger dieser Privatisierung der Gewalt sind Kriegsherren, Bürgerkriegsgeneräle, Clanchefs und schließlich Söldnerfirmen, die durch den Kriegszustand rechtsfreie Zonen schaffen, in denen sie durch Raub, Plünderungen, illegale Waffen- und Drogengeschäfte, aber auch Schmuggel und Menschenhandel ein profitables Einkommen erzielen.“ (Münkler 2006: 203)
In den Neuen Kriegen kommt es zu einer zunehmend inhumanen Gewaltanwendung gegen die Nichtkombattanten. Die Frauen und Kinder werden vor den Augen ihrer Familienangehörigen vergewaltigt und verschleppt. Die Männer werden noch vor Ort umgebracht. Es kommt zur gezielten Vernichtung von Dörfern und Städten, zur willkürlichen Ermordung von Zivilisten, zu Massenvertreibungen sowie zur Anwendung von sexueller Gewalt. Diese Brutalisierung in den Neuen Kriegen führt zu starken Flüchtlingsströmen, die die internationalen Hilfsorganisationen direkt am Ort des Geschehens nicht tragen können.
2. Asymmetrisierung: Die Akteure in den asymmetrischen Kriegen sind nicht äquivalent. Sie tragen den Kampf nicht, wie ehemals, auf großen Gebieten aus. Es werden vielmehr Kleinkriege geführt. (vgl. Münkler 2002: 11) Zudem kämpfen parastaatliche Akteure gegeneinander, das heißt, es sind keine Armeen, die gegeneinander kämpfen, sondern Krieger, die keine militärische Ausbildung besitzen, sowie Kinder und Jugendliche, die als Kämpfer beteiligt sind. Dieses ist unter anderem ein Grund, der zur Verbilligung der Neuen Kriege führt.
3. Sukzessive Verselbstständigung oder Autonomisierung: Die Armee hat keine bzw. eine sehr geringe Macht, die Kriege zu kontrollieren oder sie zu beenden. Die Kraft „[.] ist zu erheblichen Teilen in die Hände von Gewaltakteuren geraten, denen der Krieg als Auseinandersetzung zwischen Gleichartigen fremd ist.“ (Münkler 2002: 11)
Die Gründe für die Neuen Kriege sind nicht mehr die Ungleichverteilung von Reichtum und Armut. Zwar ist sie immer noch ein Kriterium, aber nicht mehr der einzige Grund für einen Krieg. „Potenzieller Reichtum ist eine sehr viel wichtigere Ursache für Kriege als definitive Armut.“ (Münkler 2002: 17) Dessen ungeachtet wird inzwischen vermehrt die Religion als Kriegsauslöser angesehen. Die unterschiedlichen Ethnien, die verschiedenen Religionen, die Ausübung des Glaubens, das Streben nach Hegemonie sowie die divergenten politische Ansichten sind zurzeit die wichtigsten Gründe für die aktuellen Kriege. (vgl. Münkler 2002: 8 ff.) Ein weiterer Grund sind die vermehrt zerfallenden Staaten, in denen sich die Terrororganisationen besser zurückziehen und vergrößern können. Münkler erklärt in seinem Buch „Die neuen Kriege“, dass die Neuen Kriege gar nicht so neu sind. Vieles der alten Kriegsstruktur lässt sich auch in der neuen Kriegsführung wiederfinden. Die Neuen Kriege unterscheiden sich von den staatlichen Kriegen „[.] hinsichtlich ihrer Ziele, der Art der Kriegführung und in ihrer Finanzierung. Die neuen Kriege haben, im Gegensatz zu den geopolitischen oder ideologischen Motiven früherer bewaffneter Konflikte, eine Politik der Identität zum Ziel.“ (Mary Kaldor 2000: 15)
Zur Verdeutlichung der asymmetrischen Kriege wird im nächsten Punkt ein Fallbeispiel näher erläutert.
1.2.Fallbeispiel für den asymmetrischen Krieg: Afghanistan
Afghanistan ist ein Binnenstaat in Zentralasien. Das Land besitzt Bodenschätze, die einen Wert von über vier Billionen US-Dollar haben. Zu den Bodenschätzen gehören unter anderem Gold, Silber, Erdöl, Erdgas, Kupfer, Kobalt sowie Eisen. (vgl. Graw 2010) Anhand dieser Bodenschätze könnte Afghanistan zu einem der reichsten Länder der Welt und „[.] zu einem der weltweit führenden RohstoffExporteure werden.“ (Graw 2010)
Jedoch herrscht seit nunmehr 30 Jahren ein asymmetrischer Krieg in Afghanistan, der nicht zu enden scheint. Durch die jahrzehntelangen Kriege ist es nicht möglich gewesen, Afghanistan wieder aufzubauen und die Bodenschätze zu bergen.
Damit ein Überblick über die asymmetrischen Kriege in Afghanistan sowie die Gründe für die begonnenen Kriege gewonnen werden kann, wird in den folgenden Punkten die Chronologie der Afghanistan-Kriege näher dargestellt.
1.2.1. Die Saur-Revolution
Der ehemalige Ministerpräsident Afghanistans, Mohammad Daud Khan, erklärte am 17. Juli 1973 die Monarchie in Afghanistan für beendet. Durch einen erfolgreichen Putsch gelang es Daud Khan, der zugleich der Cousin des Königs Zahir Schah war, die absolute Macht an sich zu reißen und die Republik in Afghanistan auszurufen. Zahir Schah hielt sich zu dem Zeitpunkt des Staatsstreichs aufgrund einer Kur, die er tätigen musste, in Italien auf. Während dieser Zeit der Abwesenheit erklärte Daud Khan den König für entmachtet. Zahir Schah blieb daraufhin im Ausland und kehrte nicht mehr nach Afghanistan zurück. „Im August 1973 dankte Zahir Schah ab um einen möglichen Bürgerkrieg zu verhindern, falls er versuchen sollte die Macht in Afghanistan wiederzuerlangen.“ (Hammer 2016: 30) Dementsprechend verlief dieser politische Umsturz ohne Blutvergießen.
Daud Khan gelang es mit der Hilfe der kommunistisch geprägten Partei in Afghanistan (DVPA) an die Macht zu kommen. Kurz danach ernannte er sich eigenhändig zum ersten Präsidenten der »Republik Afghanistan« und gründete eine neue Partei unter dem Namen ,Nationale Revolutionäre Partei‘. (vgl. Ebd.)
Er nahm nicht nur die Aufgaben eines Präsidenten war, sondern war „[.] zugleich sein eigener Premier, Außen- und Verteidigungsminister.“ (Adam 1989: 66) Obendrein löste er das Parlament und den Obersten Gerichtshof auf. Dementsprechend besaß Daud eine unbeschränkte Macht. (vgl. Ebd.) „Die Loja Dschirga billigte Dauds neue Verfassung, welches im Januar 1977 ein präsidentielles Einparteiensystem etablierte.“ (Hammer 2016: 30)
Bei der Loja Dschirga (dt. „große Versammlung“) handelt es sich um die Zusammenkunft von Stammesfürsten aus allen Volksstämmen. Diese diskutierten tage- oder sogar wochenlang über politisch relevante Entscheidungen. Sobald sich die Stammesfürsten auf ein Ergebnis geeinigt hatten, wurde die Quintessenz der Diskussion publik gemacht.
Daud Khans politischer Kurs intendierte, blockfrei zu bleiben und keine Militärbündnisse einzugehen. Des Weiteren setzte er Reformen in Kraft, die in den sozialen- und landwirtschaftlichen Bereich fielen. Die neue Regierungsform »Republik Afghanistan« wurde nur einen Tag später von der Sowjetunion offiziell anerkannt. (vgl. Adam 1989: 67 ff.)
Der neue Präsident besetzte sein Kabinett zu einem überwiegenden Teil aus der Parcam -Fraktion der DVPA. „So gehörten 7 von 13 Ministern zu den Sozialisten oder standen ihnen ideologisch nahe.“ (Hammer 2016: 30)
Die nationaldemokratische Partei DVPA (Demokratische Volkspartei Afghanistans) wurde im Januar 1965 gegründet. Der amtliche Generalsekretär wurde Nur Muhammad Taraki und zu seinem Vertreter wurde Babrak Karmal gewählt. Mit der Zeit bildeten sich Unstimmigkeiten in der Partei, wodurch es zu einer Segmentierung der Partei kam. Die DVPA bestand nun aus zwei Fraktionen: zum einen aus der Khalq -Fraktion (dt. Volksfraktion), die unter der Führung Nur Muhammad Tarakis stand, zum anderen aus der Parcham- Fraktion (dt. Bannerfraktion), die von Babrak Karmal geführt wurde. (vgl. Hammer 2016: 32)
„Die Zusammensetzung der Khaliqsten und Parchamisten war bestimmt durch ethnische, regionale und soziale Faktoren. Die Parcham-Fraktion unterschied sich von der Khalq-Fraktion in ihrer Zusammensetzung, dem sozialen Hintergrund der Mitglieder und deren Sichtweise, bezogen auf die nationale und internationale Politik Afghanistans sowie der Interpretation von ,moralischem‘ Verhalten, bezogen auf religiöse und traditionelle Gegebenheiten. Die Mitglieder der Parcham-Fraktion waren größtenteils aus den Städten Afghanistans und selten vom Lande. Die Mitglieder der Khalq-Fraktion stammten größtenteils aus ländlichen Gebieten, was auch eine Unterscheidung in wohlhabend und arm zulässt.“ (Hammer 2016: 32)
Daud Khan war nicht an einer Kooperation mit den Parchamisten interessiert. Er strebte an, die Parchamisten schrittweise aus der Regierung zu entfernen. (vgl. Narwan 2006: 152) „Unabhängig davon hatte die sozialistische afghanische Regierung sofort nach der Machtergreifung mit der Umformung des Staates begonnen hin zu einer sozialistischen Staatsstruktur.“ (Hammer 2016: 33) Die DVPA verbot zudem immer häufiger die Ausübung der Religion in der Öffentlichkeit. Die Moscheen wurden von der DVPA zweckentfremdet, zusätzlich dazu durfte islamische Literatur nicht mehr verkauft bzw. gelesen werden. (vgl. Pohly 1992: 86) „Die Religion verlor ihren Stellenwert in der Politik, Atheismus wurde popagiert sowie der islamische Glaube unterdrückt.“ (Hammer 2016: 33)
Währenddessen kam es zu großen Aufständen in der Bevölkerung. Sie lehnte sich gegen die verordneten Reformen und Direktiven, die von Daud Khan verabschiedet wurden, auf. Zudem herrschte in der Bevölkerung eine große Hungersnot, durch die immer größere Gefechte zwischen dem Militär und der Bevölkerung entstanden. „Die Ursachen für den landesweiten Widerstand gegen das Kabuler Regime lagen in den ökonomischen, politischen und sozialen Verhältnissen begründet [.].“ (Pohly 1992: 86) Daud Khan ließ aufgrund der Geschehnisse im Land alle Opponenten verhaften oder hinrichten. Er wandte sich immer mehr der Sowjetunion zu und richtete seine Politik nach dieser aus. Dadurch stiegen die Unruhen in den einzelnen Provinzen noch weiter an. „Die Regierung kannte nur ein Gegenmittel: sie schlug hart zurück. Die Luftwaffe zerstörte wahllos Dörfer; die Verfolgung religiöser Führer nahm zu; es kam zu zahlreichen Exekutionen.“ (Wiegandt 1980: 71) In der Bevölkerung bildeten sich, als Reaktion auf den Terror der Regierung, zahlreiche Gruppen, die zusammen gegen die Regierung ankämpften. Sie riefen zum Heiligen Krieg (Jihad) gegen sie auf.
Der Jihad (dt. Anstrengung, Bemühung) bedeutet laut der Bundeszentrale für politische Bildung „[...] die Bemühung, ein bestimmtes Objekt zu erreichen. Auch wird darunter eine individuelle Bemühung um den Glauben (großer J.) oder zum moral. Handeln und Mission verstanden. Im Islamischen Recht bezeichnet er, oft ,kleiner J. ‘ genannt, eine der zulässigen Formen des Krieges zur Erinnerung des islam. Herrschaftsbereichs oder zu dessen Verteidigung.“ (Elger/Stolleis 2008)
Der Jihad wird also in zwei verschiedene Variationen unterteilt. Der große Jihad ist charakterisiert durch die fünf Säulen des Islams, nach denen jeder Muslim streben sollte und die er befolgen sollte. Der kleine Jihad apostrophiert die Verteidigung des islamischen Glaubens gegenüber „Ungläubigen“ oder gegen Invasoren.
Zeitgleich schlossen sich immer mehr Soldaten und Polizisten den Widerständlern an und versorgten sie mit den nötigen Waffen, die sie von der Regierung nahmen. (vgl. Wiegandt 1980: 71) Aufgrund der Aufstände, die im ganzen Land herrschten, näherten sich die Parchamisten den Khaliqsten wieder. Gemeinsam begannen sie den Sturz des Daud-Regimes zu planen. Nach einigen Fehlversuchen gelang es ihnen im April 1978 Daud zu stürzen und die Macht zu erlangen. (vgl. Narwan 2006: 154)
Mohammad Daud Khan und seine Familie wurden nach der Machtergreifung tot aufgefunden. Dieser Putsch gegen die Daud-Regierung wird auch Saur- Revolution (dt. April-Revolution) genannt.
Die Sozialisten Nur Mohammad Taraki und Hafizullah Amin riefen sogleich die demokratische Republik in Afghanistan aus. (vgl. Adam 1989: 86) Taraki wurde der Staatspräsident und Amin wurde zum Außenminister ernannt. Die neue Regierung wurde umgehend von der Sowjetunion anerkannt. Nur Mohammad Taraki und Hafizullah Amin ließen unmittelbar die Verwaltung „von antidemokratischen, antirevolutionären und volksfeindlichen Elementen“ (Ebd. 87) säubern. Zudem entfernte der Außenminister Hafizullah Amin alle Parchamisten aus der Regierung. Die Posten in der Verwaltung wurden nur noch durch gute Beziehungen vergeben, nicht mehr nach vorhandenen Qualifikationen für das entsprechende Amt. (vgl. Pohly 1992: 87) Die Regierung wurde folglich zunehmend korrupter.
Die enormen Veränderungen in der kurzen Zeit und die zusätzlichen Reformen, die verabschiedet wurden, wie beispielsweise die „[...] Agrarreform oder Versuche [...], durch Gesetze traditionelle Sitten und Gebräuche, welche den afghanischen Sozialisten als veraltet und rückständig vorkamen (Heiratsbräuche, Geschlechtertrennung etc.), zu eliminieren oder unter eine bürokratische Kontrolle zu bringen“ (Hammer 2016: 38), führten dazu, dass die Unruhen im Land wieder anstiegen. Der erste große Aufstand erreichte dann die Hauptstadt Kabul im Juli 1979. (vgl. Schetter 2003:373) Daraus resultierte, dass es während der Regierungszeit von Taraki zu vermehrten „[.] nächtlichen Verhaftungen, überfüllten Gefängnisse, Exekutionen ohne Prozesse [.] kam.“ (Wiegandt 1980:82)
„Nach dieser Zeit wurden systematisch die Häuser zunächst in der Stadt, danach auch in den umliegenden Tälern und Dörfern nach Widerständlern durchkämmt. Verhaftete wurden häufig an Ort und Stelle getötet oder, wie z.B. in Saqas Randor, ins Gefängnis verbracht und dort hingerichtet. Folter war an der Tagesordnung. Es gab einen speziellen Trakt im Gefängnis, in dem die schwer verletzten Opfer der Folter gesammelt wurden. Hatte sich eine ,genügend große Anzahl‘ von ihnen angesammelt, so wurden von Bulldozern Gruben ausgehoben, in denen die Verwundeten begraben wurden [.].“ (Pohly 1992: 91)
Aufgrund der steigenden Insurrektion in Afghanistan ersuchte Nur Mohammad Taraki Hilfe bei der Sowjetunion. Diese lehnte jedoch eine aktive Beteiligung im Kampf gegen die Aufstände ab. (vgl. Hammer 2016: 39)
Währenddessen nahmen die Spannungen in der Regierung zu. Bei einer Besprechung kam es zwischen Hafizullah Amin und seinen Männern auf der einen sowie Nur Muhammad Taraki und seinen Anhängern auf der anderen Seite zu einer Schießerei. Kurz danach riss Amin die vollständige Macht an sich und hielt Taraki gefangen, bis er drei Wochen später für tot erklärt wurde. „Amin vereinigte nun die Ämter des Staatspräsidenten, des Vorsitzenden des Revolutionsrates, des DVPA-Generalsekretärs, des Oberbefehlshabers der Streitkräfte [.] und des Ministerpräsidenten in einer Person.“ (Pohly 1992: 94) Unmittelbar nach der Machtübernahme erkannte die Sowjetunion auch die neue Regierung wieder an und gratulierte Hafizullah Amin dazu.
[...]
1 Als Kombattanten werden Kriegsteilnehmer bezeichnet, die von dem Völkerrecht dazu berechtig sind, an kriegerischen Auseinandersetzungen teilzunehmen, z.B. Soldaten. (vgl. Dudenredaktion o. J.) Die Nichtkombattanten, damit sind die Zivilisten gemeint, haben hingegen nicht die Berechtigung, an Kampfhandlungen teilzunehmen. (vgl. Dudenredaktion o.J.)
2 Die Begriffe asymmetrischer Krieg und der low intensity war sind Synonyme für den Neuen Krieg.
3 Bei irregulären Kriegern handelt es sich um gesetzeswidrige Krieger. Die regulären Kämpfer sind hingegen nach dem „Wehrgesetz eines Staates aufgestellte Truppen.“ (Dudenredaktion o.J.)
4 Die Terror watch list ist eine Zusammenstellung von Personen und Organisationen, die Verbindungen zu Terrororganisationen haben.
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- Mira Paktiawal (Autor), 2017, Die Herausforderungen der Neuen Kriege, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1167334
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