Nachhaltigkeit ist ein Thema, dem in den letzten Jahrzehnten immer mehr Bedeutung von der Gesellschaft zugesprochen wurde. Zurecht, denn um unseren Planeten langfristig zu bewahren ist es erforderlich das Denken und Handeln anzupassen. So wurde die Agenda 2030 auferlegt, welche wiederum die Sustainable Development Goals hervorbrachte. Diese Ziele sollen die Wirtschaft stärken und die nachhaltige Entwicklung vorantreiben. Es gilt Nachhaltigkeitsstrategien in den Regierungs- und Unternehmensstrategien zu implementieren. Diese Bachelorarbeit hat das Ziel, zu zeigen wie mit Hilfe einer Sustainability Balanced-Score-Card ein nachhaltiges Messinstrument entworfen werden kann und welchen Nutzen Unternehmen daraus ziehen können. Um einen realen Bezug zu der Praxis aufzubauen und die theoretischen Grundlagen anwenden zu können, wird ein Fallbeispiel anhand des Energiekonzern RWE Group AG durchgeführt. Ausgehend von der Theorie zur Erstellung einer Balanced Score-Card nach Kaplan und Norton wird unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsstrategien und -aspekten zuerst ein Leitfaden für die Erstellung einer Sustainability Balanced-Score-Card entwickelt, um diese im Anschluss anhand des Fallbeispiels zur Anwendung zu bringen. Für die Zielebenen der Sustainability Balanced-Score-Card werden die 17 Sustainable Development Goals und die zehn Prinzipien des United Nations Global Compacts näher betrachtet. Damit es möglich wird einen ganzheitlichen Rahmen im Bereich der Nachhaltigkeit abdecken zu können.
Aufgrund dessen, dass der Beispielkonzern aus der Energiebranche stammt, muss beachtet werden, dass die Ergebnisse nicht auf andere Branchen übertragen werden können. Je nach Anwendungsbranche müssen nicht nur die Strategien und Visionen entsprechend ausgerichtet werden, sondern die Auswahl der Kennzahlen muss ebenfalls neu adjustiert werden. Somit fällt der individuelle Nutzen des Messinstrumentes bei jedem Unternehmen anders aus. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass die Sustainability Balanced-Score-Card für die RWE Group AG ein zusätzliches, geeignetes Controlling-Instrument darstellt, mit dem Nachhaltigkeitsziele erfolgreich erreicht und kontrolliert werden können.
Inhaltsverzeichnis
Abstract/Zusammenfassung
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretisches Fundament
2.1 Green Finance Begriffsdefinition
2.2 Nachhaltigkeit Begriffsdefinition
2.3 Besonderer Stellenwert von CSR
3 Balanced Scorecard
3.1 Theoretische Grundlagen
3.2 Sustainable Balanced-Score-Card
3.3 Leitfaden für die Erstellung einer SBSC
3.4 Wichtige Kennzahlen
4 Kritische Zusammenfassung
4.1 Wichtigsten Theorieaspekte der beiden Themen
4.2 Auswahl der Kennzahlen für die SBSC
5 Anwendung auf das Fallbeispiel
5.1 Kurzvorstellung RWE
5.2 Aktueller Nachhaltigkeitsstatus von RWE
5.3 Sustainability-Balanced Score-Card anwenden
5.3.1 Finanzperspektive
5.3.2 Kundenperspektive
5.3.3 Interne Geschäftsprozessperspektive
5.3.4 Lern- und Entwicklungsperspektive
5.4 Bewertung der Fallstudienergebnisse
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhang 1: Strategiekarte der Fallstudie
Anhang 2: Daten des RWE-Kennzahlen-Tools
Ergebnis je Aktie
Nettoergebnis
Free Cashflow
Umsatzanteil in Ländern mit hohem bis sehr hohem Korruptionsrisiko
Investitionen in erneuerbare Energien
Außenabsatz
Umweltschutzausgaben
Anteil erneuerbarer Energien an Gesamtstromerzeugung
Schadstoffemissionen
Fluktuationsrate
Anhang 3:
Die fünf Kernbotschaften der Agenda 2030
Ehrenwörtliche Erklärung
Abstract/Zusammenfassung
Nachhaltigkeit ist ein Thema, dem in den letzten Jahrzehnten immer mehr Bedeutung von der Gesellschaft zugesprochen wurde. Zurecht, denn um unseren Planeten langfristig zu bewahren ist es erforderlich das Denken und Handeln anzupassen. So wurde die Agenda 2030 auferlegt, welche wiederum die Sustainable Development Goals hervorbrachte. Diese Ziele sollen die Wirtschaft stärken und die nachhaltige Entwicklung vorantreiben. Es gilt Nachhaltigkeitsstrategien in den Regierungs- und Unternehmensstrategien zu implementieren. Diese Bachelorarbeit hat das Ziel, zu zeigen wie mit Hilfe einer Sustainability Balanced-Score-Card ein nachhaltiges Messinstrument entworfen werden kann und welchen Nutzen Unternehmen daraus ziehen können. Um einen realen Bezug zu der Praxis aufzubauen und die theoretischen Grundlagen anwenden zu können, wird ein Fallbeispiel anhand des Energiekonzern RWE Group AG durchgeführt. Ausgehend von der Theorie zur Erstellung einer Balanced Score-Card nach Kaplan und Norton wird unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsstrategien und -aspekten zuerst ein Leitfaden für die Erstellung einer Sustainability Balanced-Score-Card entwickelt, um diese im Anschluss anhand des Fallbeispiels zur Anwendung zu bringen. Für die Zielebenen der Sustainability Balanced-Score-Card werden die 17 Sustainable Development Goals und die zehn Prinzipien des United Nations Global Compacts näher betrachtet. Damit es möglich wird einen ganzheitlichen Rahmen im Bereich der Nachhaltigkeit abdecken zu können.
Aufgrund dessen, dass der Beispielkonzern aus der Energiebranche stammt, muss beachtet werden, dass die Ergebnisse nicht auf andere Branchen übertragen werden können. Je nach Anwendungsbranche müssen nicht nur die Strategien und Visionen entsprechend ausgerichtet werden, sondern die Auswahl der Kennzahlen muss ebenfalls neu adjustiert werden. Somit fällt der individuelle Nutzen des Messinstrumentes bei jedem Unternehmen anders aus. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass die Sustainability Balanced-Score-Card für die RWE Group AG ein zusätzliches, geeignetes Controlling-Instrument darstellt, mit dem Nachhaltigkeitsziele erfolgreich erreicht und kontrolliert werden können.
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Inhalte einer Balanced-Score-Card
Abb. 2: Darstellung einer integrierten SBSC
Abb. 3: Außenabsatz von Strom und Gas in Mrd. kWh
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Finanzperspektive der SBSC des Fallbeispiels
Tabelle 2: Kundenperspektive der SBSC des Fallbeispiels
Tabelle 3: Interne Geschäftsprozessperspektive der SBSC des Fallbeispiels
Tabelle 4: Lern- und Entwicklungsperspektive der SBSC des Fallbeispiels
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Henry Ford sagte einst: “Die Natur braucht keine Menschen – Menschen brauchen die Natur. Die Natur würde das Aussterben des Menschen problemlos überleben. Menschen können dagegen nicht ohne die Natur überleben.“1 Durch diese Aussage suggerierte er zu seinen Lebzeiten wie wichtig es ist, sich um die Erde und ihr natürliches Befinden zu sorgen. Dieser Leitgedanke findet sich heutzutage in einem Großteil der Gesellschaft wieder. Nicht nur im Alltag, sondern ebenfalls in den Wirtschaftsbereichen finden vermehrt Diskussionen über eine nachhaltigere Wirtschaftsweise statt. Durch z. B. das Pariser Klimaabkommen, aus dem Jahr 2015, wurden die Klimarisiken weltweit mehr thematisiert. Es geht nicht mehr ausschließlich darum eine nachhaltige Veränderung auf der individuellen Ebene zu erreichen.2 Weitere wichtige Schlüsselrollen aus dem gleichen Jahr bei den Veränderungen hinsichtlich einer Nachhaltigen Entwicklung und effizienteren Wirtschaftsweisen, spielen die 17 „Strategic Development Goals“ (SDGs) die von den Vereinten Nationen beschlossen wurden. Mit Hilfe dieser Ziele sollen Verbesserungen nicht nur auf klimatischer und ökologischer Ebene erreicht werden, sondern es werden gleichzeitig ethnische Themen wie Armut, Hunger und Menschenrechte mitberücksichtigt.3 Insbesondere diese beiden Trends sorgen dafür, dass die Nachhaltigkeit einen immer höheren Stellenwert erlangt. Demzufolge müssen Wirtschaftssubjekte ihre Strategien umpositionieren und adjustieren, um den Anforderungen gerecht zu werden. Darüber hinaus gibt es weitere Gesetzmäßigkeiten und Normen, die im Verlaufe der Arbeit angesprochen und behandelt werden.
Durch diese Trendentwicklungen besteht für Energieversorgungsunternehmen die Notwendigkeit, in ihrer Handlungsweise die Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. Insbesondere, wenn sie sich z. B. durch einen Kredit oder die Emission von Anleihen finanzieren wollen, da in dem Bereich der Finanzdienstleistungen der Stellenwert von Nachhaltigkeit angestiegen ist und bspw. anhand von Kriterien aus den Bereichen Environment, Social und Governance (ESG) geprüft wird.4 Aufgrund dessen soll die hier vorliegende Arbeit, anhand eines Fallbeispiels für den Energiekonzern RWE Group AG, eine Sustainable Balanced-Score-Card (SBSC) entwickeln. Das AG in der Firma steht für Aktiengesellschaft. Dieses Messinstrument aus dem Controlling wird volkswirtschaftliche, betriebswirtschaftliche und nachhaltige Themen in einer Matrix vereinen. Mithilfe dieser SBSC wird avisiert, einen tieferen Einblick in die Handlungsweisen und Strategien des Energiekonzerns zu gewinnen und Handlungsempfehlungen beziehungsweise Optimierungsansätze zu entwickeln. Um einen theoretischen Grundstein zu legen, werden zuerst die Begriffe Green Finance, Nachhaltigkeit und die besondere Bedeutung von Corporate Responsibility (CR) definiert und abgegrenzt. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Theorie der Balanced Score-Card (BSC), der Erweiterung um den Aspekt der Nachhaltigkeit, sowie die damit verbundene Aufstellung der SBSC. Im Anschluss darauf werden die wichtigsten Aspekte kritisch gewürdigt und eine Auswahl derjenigen Kriterien getroffen, die im 5. Kapitel auf das Fallbeispiel angewendet werden sollen. Anschließend wird eine Bewertung der Fallstudie vorgenommen, um die daraus resultierenden Ergebnisse unter den vorher festgelegten Rahmenbedingungen zu beleuchten. Schlussendlich soll beurteilt werden, inwieweit die RWE Group AG nachhaltig agiert und welchen Nutzen sie durch die SBSC hat.
2 Theoretisches Fundament
2.1 Green Finance Begriffsdefinition
Im Allgemeinen wird unter der Bezeichnung „Green Finance“ eine Finanzierung verstanden, die langfristig positive Auswirkungen auf die ökologische Umwelt hat. Die Erlöse und Erträge der Investitionen und Projekten stehen meistens in Verbindung mit einem nachhaltigen Nutzen.5 Von der reinen „grünen“ Finanzierung gilt es das „social Finance“ abzugrenzen, welches sich primär auf soziale Projekte fokussiert. Es stellt sich folglich die Frage, was im Wirtschaftssektor als „grün“ bezeichnet werden kann. Bisher existiert noch keine einheitliche Definition für den Fachterminus. Grundsätzlich gilt, je größer sich die Strukturen und Prozesse mit Hilfe der Nutzung der finanziellen Mittel zu einer klimafreundlicheren und umweltschonenden Ökonomie hin anpassen, umso grüner können die Finanzierungen und Vorhaben eingestuft werden. Hierrunter fallen vor allem Projekte die in dem Bereich erneuerbare Energie angesiedelt sind und für einen ressourcenschonenden Einsatz sorgen. Weitere Projekte, die sich mit Hilfe von Green Finance umsetzen lassen, sind z. B. energieeffizientes Bauen, Umweltmanagementsysteme oder die Schaffung sauberer Transportmöglichkeiten.6
Es wird innerhalb des Green-Finance-Marktes in zwei Produktsparten unterschieden: einerseits Finanzinstrumente mit denen gezielt nachhaltige Projekte finanziell umgesetzt werden sollen und anderseits Finanzierungsmöglichkeiten, die an den festen Nachhaltigkeitsstrategien der jeweiligen Unternehmung geknüpft sind. Die erste Gruppe setzt sich aus Green Bonds, Green Schuldscheinen und Green Loans zusammen. Die zweite Gruppe ist spezifizierter und wird durch bspw. ESG-linked Loans, ESG-linked Schuldscheinen und ESG-Bonds repräsentiert. Bei diesen stehen die ESG-Kriterien im Fokus. Hierbei können die Finanzierungsmittel frei verwendet werden, aber die Konditionen und die Zusage sind fest an die Nachhaltigkeitsperformance der Unternehmung gekoppelt.7
Bei Projekten und Investitionen, die sich im Millionen Bereich befinden gibt es die Möglichkeit Green Bonds, sogenannte grüne Anleihen, zu emittieren. Diese besondere Art von Anleihen sind nach dem Prinzip von klassischen Anleihen konstruiert. Ihr Hauptmerkmal ist, dass die Rendite dem Ausfallrisiko entgegenwirken soll, damit sie für Anleger im Vergleich zu den herkömmlichen Anleihen eine attraktive Alternative darstellen. Es handelt sich um festverzinsliche Wertpapiere, die sich durch die nachhaltige Verwendung der zur Verfügung gestellten Mittel von den klassischen Wertpapieren abgrenzen. Aufgrund dessen, dass die Bedeutung von Nachhaltigkeit für die Anleger wichtiger wird, steigt zeitgleich signifikant die Nachfrage nach Green Bonds, da so die Bedürfnisse der Kapitalgeber gerechter berücksichtigt werden können.8 Zurzeit sind diese Wertpapiere überwiegend in den Beständen von größeren Institutionen zu finden, da aufgrund der hohen Volumina, die allgemeinen Sparmöglichkeiten für private Anleger übertroffen werden. Jedoch können private Anleger bspw. über Publikumsfonds, sog. Exchange Traded Funds (ETFS), an den Anleihen partizipieren. Der Vorteil von diesen grünen Wertpapieren ist, dass sich ein Unternehmen oder eine Gemeinde für z. B. ein grünes Restrukturierungsprojekt günstiger verschulden kann als über einen „normalen“ Kredit.9
Die Green Bonds werden dank ihrer starken Verbindung zu den sozialen und nachhaltigen Aspekten auch „Social und Sustainability Bonds“ genannt. Insbesondere durch die Auswirkungen der Coronapandemie haben sie einen höheren Stellenwert erreicht, da der Gesellschaft vor Augen geführt wurde, wie wichtig es ist sich in den Bereichen Soziales, Umwelt- und Klimaschutz zu engagieren. Durch die Infektionsschutzmaßnahmen wurde bspw. verstärkt auf Homeoffice umgestellt, was zur Folge hatte, dass soziale Kontakte noch mehr eingeschränkt wurden und kleinere Unternehmen finanzielle Unterstützung benötigen. Jedoch wurde eine positive Wirkung auf das Klima bemerkt, da die Arbeitswege weggefallen sind und somit Emissionen eingespart wurden. Es lässt sich annehmen, dass die Gesellschaft zukünftig ihre Nachfrage nach Green Bonds erhöht und dann auf ein erweitertes Angebot der Wirtschaft treffen wird.10
Eine weitere Möglichkeit sich zu finanzieren, ist der grüne Bankkredit. Zu ihnen zählen die klassischen bilateralen Bankkredite und Konsortialkredite, die in Zusammenarbeit mit mehreren Kreditinstituten gewährt werden, unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten. Im Gegensatz zu den Green Bonds wird kein fester Zinskupon berechnet, sondern eine entsprechende Kreditmarge, welche u. a. von der Bonität des Unternehmens bzw. des Kreditnehmers abhängig ist. Bei der Ratingermittlung werden im Bereich der Green Finance zusätzlich zu den traditionellen Kennzahlen wie dem „Earnings before Interets, Texes, Depreciation and Amortisation“ (EBITDA) oder einem externen Rating noch weitere Nachhaltigkeitsfaktoren überprüft und bewertet.11 Es ist möglich, dass das klassische Rating eines Unternehmens AAA+ ist, aber unter Betrachtung von Nachhaltigkeitskriterien sich lediglich ein B+ ergibt. Das ist bspw. der Fall, wenn eine Unternehmung negativ dazu beiträgt, dass sich die ökologischen Umwelt- und Umfeldbedingungen verschlechtern.12
In einigen Situationen wird „Green Finance“ mit der „Sustainable Finance“ gleichgesetzt. Letzteres thematisiert eine nachhaltige Finanzwirtschaft, welche sich nicht nur mit ökonomischen Aspekten auseinandersetzt, sondern synchron mit den drei Hauptnachhaltigkeitskriterien, den ESG. Green Finance stellt somit eine von vielen Unterkategorien der Sustainable Finance dar. Eine spezifischere wäre z. B. die “Carbon Finance“, welche sich der Verringerung des Kohlenstoffausstoßes widmet und ebensolche Projekte fördert. Es gilt, dass die neusten Entwicklungen am (Finanz-) Markt dafür sorgen, dass sich das Potential in diesen spezifischen Finanzierungsbereichen weiter entwickeln wird und sich zunehmend mehr Möglichkeiten eröffnen werden, wie sich ein Unternehmen grün finanzieren kann.13
Die Trendentwicklungen in dem Segment grüne Finanzierungen wurden durch die Wirtschaftskrise 2020 indirekt gefördert. Denn im Rahmen der Nachhaltigen Entwicklungspolitik wurden Maßnahmen beschlossen und Investitionen getätigt, die als „Green Recovery“ betitelt werden. Im deutschen wird von der „grünen Erholung“ oder dem „grünen Aufschwung“ gesprochen.14 Dieses informelle Bündnis soll dazu beitragen, dass die notwendigen Konjunkturprogramme während und nach der Krise so ausgerichtet werden, dass sie mit den Verpflichtungen, die gegenüber der Gesellschaft und den klimapolitischen Zielen bestehen, im Einklang stehen.15 Die Pandemie hat nicht dafür gesorgt, dass der Klimawandel aufgehalten wird, es trifft lediglich eine Verschiebung der Emissionen ein. Ester Asin, die Direktorin des World Wide Fund For Nature (WWF) für Europapolitik, sagte zurecht man müsse die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft und Wirtschaft weiter stärken, um nachhaltiger agieren zu können.16
2.2 Nachhaltigkeit Begriffsdefinition
Was wird aus verschiedenen Perspektiven unter „Nachhaltigkeit“ verstanden? Aktuell wird Nachhaltigkeit, insbesondere in der Finanzbranche, stark mit den ESG-Kriterien verbunden. Nachhaltigkeit befasst sich mit viel mehr als lediglich dem Klima, der Umwelt und den sozialen Belangen. Für Kreditinstitute, Banken und andere Finanzierungspartner sind diese Aspekte jedoch die primären Faktoren, die auf allen Ebenen zu berücksichtigen sind. Das beruht u. a. darauf, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Jahr 2019 die Nachhaltigkeitsrisiken mit Hilfe der ESG-Risiken beschrieben hat und in Verbindung damit die entsprechenden Anforderungen gestellt hat.17 Den ursprünglichen Begriff der Nachhaltigkeit gibt es schon seit einigen Jahrhunderten. In dem Jahr 1713 veröffentlichte Hans Carl von Carlowitz eines seiner bekanntesten Werke und definierte, überwiegend bezogen auf die Forstwirtschaft, die Nachhaltigkeit. Ihm nach ist es die größte Kunst und das höchste Bestreben, dass bei dem Holzanbau und bei der allgemeinen Nutzung von Ressourcen darauf geachtet wird, dass mit den Naturerzeugnissen respektvoll und schonend umgegangen wird. Ohne bei seiner Beschreibung den Fachterminus zu verwenden, hat er mit seinen Worten verdeutlicht, von welcher Bedeutung ein verantwortungsbewusster Umgang mit Naturressourcen ist.18
Im Bereich der Ethik stellt Nachhaltigkeit eine Bewegung der modernen Gesellschaft dar. Immer mehr gewinnen Themen von gesellschaftlichen Problemen, wie bspw. Armut bis hin zum Klimawandel, an Aufmerksamkeit. Somit deckt die Ethik zwei Aspekte der „triple bottom line“ ab, das Soziale und das Ökologische. Der dritte Aspekt ist die Ökonomie. Die Ökonomie, bzw. die Wirtschaftlichkeit, zielt insbesondere darauf ab, ein Gleichgewicht der natürlichen Ressourcen zu erreichen und die Verwendung dahingehend auszurichten, dass künftige Generationen Zugang zu diesen Rohstoffen haben.19
Eine weitere elementare Bedeutung kam für die Bewegung im Jahr 1987 hinzu, als der damalige norwegische Ministerpräsidentin Gro Harmlem Brundlandt mit verantwortlich für eine Definition der „Nachhaltigen Entwicklung“ war. Ihr nach besitzt die Menschheit das nötige Potenzial, um die Bedürfnisbefriedigung der heutigen und zukünftigen Generation zu gewährleisten, in dem aktiv Einfluss auf die Entwicklung genommen wird und versucht wird diese nachhaltig und langfristig zu fördern.20 Durch diese Konkretisierung kam es im dem Jahr 2015 zu der UN-Vollversammlung, welche die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ mit den 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) veröffentlichte.21 Im Englischen wird der Zusammenhang der Ziele durch die Betitelung der fünf Kernbotschaften sehr deutlich: People, Planet, Prosperity, Peace, Partnership – „die fünf P’s“. Im deutschen meint dies: Mensch, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft gehen Hand in Hand einher.22 Die 17 Ziele befassen sich bspw. mit Themen wie Bildung, Zugang zu Ressourcen, Gerechtigkeit und die Knüpfung von Partnerschaften, um die Ziele effizienter erreichen zu können. Diese Unterziele sollen dazu dienen weltweit dafür zu sorgen, dass die natürlichen Daseinsgrundlagen und Ressourcen dauerhaft zur Verfügung stehen und dass ein humanitäres Leben ermöglicht wird.23
Die Nachhaltigkeitsziele werden im Englischen Sustainable Development Goals genannt. Hiermit lässt sich eine Verbindung ziehen zu „Sustainability Consulting“. Darunter werden Beratungsleistungen verstanden, die Marktteilnehmer und insbesondere Unternehmen, mit Instrumenten und Fachkunde versorgen. Hierbei werden die Umwelt- und Umfeldbedingungen aus dem Prüfpunkt des Nachhaltigkeitsfaktor beleuchtet, Unterstützungsleistungen bei den Strategien und bspw. der Kommunikationspolitik geliefert, sowie geeignete Controllingsysteme entwickelt und integriert. Ein Beispiel als Messinstrument für solche Indikatoren stellt die Balance Score-Card dar. Das Sustainability Consulting bezieht sich nicht nur auf Kontrollmaßnahmen, sondern kann darüber hinaus dazu beitragen das ein zielführendes Corporate-Social-Responsibility-Programm auferlegt wird.24 Ein solches Konzept dient dazu die unternehmerische gesellschaftliche und soziale Verantwortung langfristig in der Unternehmenskultur zu implementieren und zeichnet sich insbesondere durch den freiwilligen Einsatz aus, der über die gesetzlichen Anforderungen hinaus geht. Durch diese rechtliche Ungebundenheit ist es nicht verpflichtend für alle Unternehmen. Es rückt aber gleichzeitig diejenigen, die sich für ein solches Programm verpflichten, in ein besseres Licht und stärkt die Unternehmensreputation.25
Durch den europäischen „Green Deal“ von 2019 setzt sich Europa als Kontinent das Ziel mit einem gemeinsamen Konzept bis 2050 die Netto-Treibhausgas-Emissionen auf null zu senken und damit klimaneutral zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, soll das Wachstum der Wirtschaft von der natürlichen Ressourcennutzung weitestgehend getrennt werden und es soll wert daraufgelegt werden, niemanden im Stich zu lassen, keinen Menschen und keine Region. Dieses Leitbild steht im engen Zusammenhang mit dem 17. Ziel der SDGs, der Partnerschaft. Dieser weitere Aktionsplan der europäischen Gemeinschaft unterstreicht, wie dringend es ist einen modernen und effizienten Weg einzuschlagen, um den Klimawandel und damit die Umweltzerstörungen aufzuhalten.26 In dem Bewusstsein für Nachhaltigkeit der Menschen sind die vier wichtigsten Themen die Verpackungseffizienz, das Tierwohl, die Energieeffizienz und der Klimaschutz/ der CO2-Fußabdruck. Deswegen ist es relevant u. a. im Energiesektor ein Nachhaltigkeitsbewusstsein zu leben und nach außen hin zu vertreten.27
Der Rat für nachhaltige Entwicklung hat in Zusammenarbeit mit dem Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) darüber hinaus sechs weitere Handlungsfelder abgegrenzt, die die Nachhaltigkeit in der (kommunalen) Energiewirtschaft thematisieren. An erster Stelle stehen hierbei die Versorgungssicherheit und der Beitrag zum Gemeinwohl. Es gilt für die Energieversorger, dass sie nicht nur grüne Energie bereitstellen, sondern dass sie sich über ihre wirtschaftlichen Aktivitäten hinweg gesellschaftlich engagieren. Dem gegenüber steht der reine wirtschaftliche Erfolg und die Innovationsleistung, denn durch eine effiziente Leistungsfähigkeit können Strom und Wärme zukünftig zu günstigeren Preisen angeboten werden. Als drittes Handlungsfeld werden die Energieversorger als Gestalter der Energiewende angesehen. Bei ihnen geht es vor allem darum, dass die Kohlenstoffdioxid (CO-2) - Emissionen bis zu dem Jahr 2050, im Vergleich zu dem Jahr 1990, um etwa 80 bis 95 Prozent reduziert werden sollen. Es wird angestrebt den benötigten Strom aus erneuerbaren Ressourcen zu gewinnen. Hiermit verbunden ist das Feld für den Klima- und Umweltschutz, der insbesondere die Kreislaufwirtschaft betrifft und ein effizientes Umweltmanagementsystem fordert.28
Die Organisationen haben sich darüber hinaus Anforderungen auferlegt, die sich in dem Bereich der Mitarbeiterorientierung befinden, da die Beschäftigten nicht nur fachlich geeignet sein müssen, sondern die Fähigkeiten mitbringen sollen sich flexible an sich ändernde Rahmenbedingungen anzupassen. Mit diesem Aspekt sind Unterthemen wie die Work-Life-Balance, der Arbeits- und Gesundheitsschutz, sowie Weiterbildungsmaßnahmen zu verbinden. Als letzten Themenbereich haben sie die Unternehmensführung, Transparenz und Partizipation benannt, da sämtliche Wirtschaftssubjekte an einer offenen und fairen Kommunikation interessiert sind. In dem Bereich der sozialen und ökologischen Auswirkungen, die durch den Energieversorger entstehen, besteht ein erheblicher Informationsbedarf.29
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird unter Nachhaltigkeit die Gesamtheit aller Maßnahmen und Handlungen verstanden, die dafür sorgen, dass die heute nutzbaren Ressourcen schonend eingesetzt werden, damit zukünftige Generationen diese nutzen können. Die Entwicklung innovativer Lösungskonzepte und die Bewahrung der Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen müssen mehr in den Mittelpunkt gestellt werden. Denn diese dauerhaften Chancen der Bedürfnisbefriedigung über Jahrhunderte hinweg, in Verbindung mit effektiven Handlungsweisen, beschreiben Möglichkeiten wie nachhaltig gewirtschaftet werden kann.
2.3 Besonderer Stellenwert von CSR
Wenn über Nachhaltigkeit gesprochen wird, fällt oft das Wort Verantwortung. Die Verantwortung eines Unternehmens für die Wirkungsweisen seiner Handlungen auf die Gesellschaft als Gesamtheit, sowie auf die einzelnen sozialen betroffenen Gruppen, wird Corporate Social Responsibility (CSR) genannt. Durch diese Konkretisierung wird das allgemeine Nachhaltigkeitsverständnis weiter verfeinert und individualisiert. Die soziale Ebene setzt in der Unternehmenskultur an, da die Mitarbeiter eine Verantwortung tragen und selbst als soziale Wesen zeitgleich von z. B. Handlungsentscheidungen des Unternehmens betroffen sind.30 Mit dieser Verantwortung geht die Verpflichtung einher sämtliche negative Auswirkungen zu minimieren, zu eliminieren und durch gezielte Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die positiven Effekte auf die Gesellschaft maximiert werden. Jede Unternehmung sollte sich einen Überblick verschaffen, inwieweit die primären Handlungsentscheidungen des Unternehmens direkt und indirekt auf die Gesellschaft wirken und gezielt für die negativen Auswirkungen Problemlösungen finden.31
Die Thematik der CSR hat in den letzten Jahren einen wichtigen Charakter bekommen, was damit zusammenhängt das der CR-Bericht – auch Nachhaltigkeitsbericht genannt -, neben dem klassischen Geschäftsbericht einen elementaren Bestandteil der externen Unternehmenskommunikation darstellt, insbesondere bei Kapitalgesellschaften. In einem solchen Bericht wird Stellung dazu genommen, inwieweit die Unternehmung in den Rubriken Ökonomie, Ökologie und Soziales aktiv ist und welche Maßnahmen bzw. Zielsetzungen sie für die Zukunft hat. Es geht nicht nur darum das Vertrauen der Share- und Stakeholder zu gewinnen oder das Image zu stärken, sondern auch um eine transparente Informationsveröffentlichung, welche bislang noch freiwillig ist.32 Die Anforderungen an die Transparenz und Zugänglichkeit der CSR/CR-Berichte sind im Zuge der Digitalisierung rasant gestiegen, dennoch gibt es mehrere Unternehmen, die eine solide CSR-Benchmark repräsentieren und damit in Deutschland zeitgleich zu den Besten gehören. Bekannte Vorreiter und Vorzeigebeispiele sind hierbei die Deutsche Telekom AG, die SAP SE und die RWE AG.33
In dem Themengebiet der Unternehmensverantwortung gibt es noch weitere Spezifikationen. Oft wird von der Social Responsibility (SR) oder von der Corporate Responsibility (CR) gesprochen. Bei der SR liegt der Fokus auf der sozialen Ebene und rückt den Menschen bzw. die Gesellschaft stark in den Fokus. Hingegen bei der CR wird die Bedeutung der Verantwortung des Unternehmens in den Mittelpunkt gestellt. Dadurch kommt der Betrachtung der Geschäftstätigkeit und ihrer Auswirkungen auf die Gesellschaft als Gesamtheit, der Mitarbeiterebene, das wirtschaftliche Umfeld, sowie die tangierende Umwelt eine höhere Bedeutung zu. Diese zusätzliche Abgrenzung von CSR zu CR, dient u.a. dazu der Unternehmensvision und dem Leitbild einen höheren Stellenwert zu verschaffen. Es wird ermöglicht, dass bspw. dem Risikomanagement oder den Compliance-Systemen mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Ausprägungen unterscheiden sich kaum von der eigentlichen CSR und damit kann CR synonymhaft zu CSR verwendet werden.34
2011 hat die Europäische Union (EU) eine engere Definition für CSR vorgenommen. Diese ist überwiegend deckungsgleich mit der hier genannten, jedoch erwähnt sie zusätzlich eine enge Zusammenarbeit mit den Stakeholdern und das diese aktiv in der Betriebsführung und Ausrichtung der Unternehmensstrategie mitwirken können und berücksichtigt werden sollen. Eine solche Möglichkeit bieten bei Kapitalgesellschaften z. B. Hauptversammlungen oder Stakeholder-Dialoge. Dieser Aspekt verdeutlicht, dass eine nachhaltige Unternehmung ihr soziales Umfeld mindestens genauso gut kennen und fördern muss, wie die internen sozialen Bedingungen. Denn somit kann ein ganzheitlicher Beitrag zu der nachhaltigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung beigetragen werden.35
3 Balanced Scorecard
3.1 Theoretische Grundlagen
Die BSC stellt ein Controllinginstrument für die strategische Unternehmensführung dar, bei welchem mehrere Betrachtungswinkel zusammengeführt werden, damit eine Planung durch gezielte und operative Maßnahmen in einer Unternehmung durchgeführt und kontrolliert werden kann. Der Nutzen dieses Messinstrumentes liegt darin, dass finanzwirtschaftliche Kennzahlen um Kennziffern ergänzt werden, die auf der Kunden- und Prozessseite zu finden sind. Durch diese Kombination wird die Aussagekraft des internen Controllings gestärkt und die Einzelziele auf den jeweiligen Ebenen können ganzheitlich in eine zielgerichtete Strategie implementiert werden. Die BSC teilt sich nach Kaplan/Norton in vier Hauptbereiche auf: die interne Geschäftsprozessebene, die Kundenebene, den Bereich des Lernens und der Entwicklung sowie in die finanzielle Perspektive. Bei dem Konzept werden jeweils Ziele, Kennzahlen, Vorhaben und Maßnahmen definiert, die anschließend in den einzelnen Ebenen berücksichtigt werden sollen.36
Wie in der Abb. 1 erkennbar, ist der erste Schritt bei der Erstellung einer BSC die Festlegung einer Vision und die Formulierung der Strategie des Unternehmens. Anhand der Vision wird deutlich, was die strategischen Ziele sein sollen und welche Faktoren berücksichtigt werden müssen. Entscheidet sich das Controlling dafür eine BSC als Messinstrument einzusetzen, sollte es sich bewusst sein, dass es sich um ein langfristiges Instrument handelt. Es erfolgt eine Ist-Analyse durch die Betrachtung von Kennzahlen. Anhand der Ziele werden Maßnahmen abgeleitet, die es zukünftig gilt umzusetzen. Im weiteren Entwicklungsprozess, nach der Definition von Vision und Strategie, geht es um die Zusammenstellung der segmentspezifischen Daten auf den einzelnen Ebenen, um eine ganzheitliche Unternehmens-BSC zu erhalten die alle Kennzahlen, Ziele, Vorgaben und Maßnahmen beinhaltet.37
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Inhalte einer Balanced-Score-Card
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Kaplan, Robert S. / Norton, David P. (2018), S. 9.
Ein Unternehmen soll durch eine BSC dahingeleitet werden, dass die finanzwirtschaftlichen Ziele im Einklang mit dem restlichen Bestreben des Unternehmens stehen, um langfristig am Markt zu bestehen und Gewinne erzielen zu können.38 Aufgrund dessen dient die finanzwirtschaftliche Perspektive vor allem als Bindeglied zwischen den Zielen und Kennzahlen der weiteren Ebenen. Im Mittelpunkt der BSC stehen die Visionen und die Strategie der Unternehmung. Diese geben zugleich finanziellen Ziele vor, die es zu erreichen gilt. Dadurch, dass die finanzielle Ebene als Ausgangspunkt dient, kommt den hier festlegten Zielen und Kennzahlen eine bedeutende Rolle zu. Einerseits repräsentieren sie die (ertrags-)wirtschaftlichen Erwartungen der Unternehmung und andererseits bilden sie den Grundstein für die anderen Score-Card-Perspektiven. Je nach dem in welcher Phase des Lebenszyklusmodells sich eine Geschäftseinheit oder gesamte Unternehmung befindet, können die Finanzkennzahlen unterschiedlich ausfallen. Der Einfachheit halber wird von drei elementaren Stufen im Lebenszyklusmodell gesprochen: dem Wachstum, der Reife und der Ernte.39 In der ersten Phase wird mit hohen Investitionskosten und einer niedrigen Kapitalrendite, bis hin zu einem möglichen negativen Cashflow gerechnet. Die „positiven“ Ziele beschäftigen sich mit der Markterschließung und dem Aufbau eines Kundenstammes. Die Reifephase richtet sich mit den finanziellen Zielen vor allem auf eine hohe Rentabilität aus und will lediglich die Marktposition festigen. Die letzte Phase zeichnet sich dadurch aus, dass die Cash-Flow-Rückflüsse maximiert werden sollen und dass, das benötigte Nettoumlaufvermögen reduziert wird, damit zeitgleich die kurzfristigen Verbindlichkeiten abnehmen und der Gewinn „geerntet“ werden kann.40 Die Kernfrage, die sich durch diese Aspekte ergibt, lautet: Wie sollte ein Unternehmen gegenüber seinen Anteilseignern auftreten, um zukünftig finanziell Erfolg zu haben?41
Das der Umsatz unabdinglich mit dem Konsumverhalten und Bedürfnissen der Kunden in Zusammenhang steht, ist offensichtlich. Daher tangieren die finanziellen Ziele vor allem die der Kundenperspektive. Innerhalb dieser Ebene erfolgt zuerst eine Marktanalyse, bei der die Kunden in verschiedenen Segmenten eingeteilt werden, damit ihre Ansprüche zielgerichteter erfüllt werden können und sich dadurch langfristige Kundenbeziehungen entwickeln.42 Bei der Kundendimension muss berücksichtigt werden, dass je größer das Produkt- und Dienstleistungsangebot ist, desto mehr verschiedene Kundenanspruchsgruppen gibt es. An und für sich ist ein breit gefächerter Markt vorteilhaft für eine Unternehmung. Allerdings ist es eine größere Herausforderung auf mehreren Kundendimensionen gleichzeitig die verschiedenen strategischen Ziele zu erfüllen. Bei kleineren Unternehmen ist diese Problematik selten vertreten und es reicht eine „einfache“ BSC. Handelt es sich dagegen um bspw. einen großen Mischkonzern, der ein breites Kundenportfolio hat, so kann es sinnvoll sein eine Vielzahl von untergeordneten Teil-BSCs zu entwickeln, um in der strategischen Planung und der anschließenden Kontrolle einen besseren Überblick zu haben.43 Im Folgenden soll davon ausgegangen werden, dass eine Card für die Kundendimension ausreichend ist. Ziel der Card in der Kundenperspektive ist es die Frage zu beantworten, wie ein Unternehmen gegenüber seinen Kunden auftreten muss, um die eigene Vision verwirklichen zu können.44
Während die Kundendimension insbesondere die äußeren Einflüsse repräsentiert, beschäftigt sich die dritte Dimension mit den internen Geschäftsprozessen. Die Anzahl der relevanten Prozesse ist eng verbunden mit der ursprünglichen Struktur des Unternehmens und dem vorhandenen Angebot. Daher gilt je kleiner ein Unternehmen ist, desto weniger Prozesse benötigt es. Somit kann durch eine starke Effektivität der einzelnen Abläufe und Verfahren eine effiziente Zielerreichung auf der strategischen Ebene erreicht werden. Wenn die Prozesse und Wertschöpfungsketten eines Unternehmens sich an die finanziellen Vorgaben in Verbindung mit den Kundenansprüchen aus der BSC orientieren, führt das dazu, dass innerhalb der Prozesse lösungsorientiert gehandelt wird und die Ziele schneller erreicht werden können.45
Jeder Betrieb ist durch individuelle Wertschöpfungsketten gekennzeichnet, dennoch finden sich in jeder wirtschaftlichen Einrichtung drei Hauptgeschäftsprozesse wieder: Innovation, betriebliche Prozesse und der Kundendienstprozess. Die Innovationen sind in ihrem prozessualen Verlauf dadurch gekennzeichnet, dass viel geforscht wird, um den Markt- und Kundenwünschen zu entsprechen. Die Betriebsprozesse beschäftigen sich vor allem mit der Produktion der Produkte oder Dienstleistungen und sorgen in einem zweiten Schritt dafür, dass diese dem Kunden zugänglich gemacht werden. Der dritte und mit wichtigste interne Geschäftsprozess ist der Kundendienst. Denn dieser hat als Aufgabe die gezielte Kundenkommunikation und umfasst darüber hinaus alle weiteren Serviceleistungen, die dem Kunden nach Erwerb des Produktes oder der Dienstleistung, zur Verfügung stehen.46 Durch die genannten Eigenschaften und Kontrollmöglichen der internen Geschäftsprozesse, soll herausgefunden werden, in welchen Prozessen ein Unternehmen das Beste sein muss, um die eigenen Anteilseigner und Kunden bestmöglich zu befriedigen.47
Die Lern- und Wachstumsperspektive, als vierte Dimension, fokussiert sich auf die quantifizierbaren und nicht quantifizierbaren weichen Faktoren in der betroffenen Unternehmung.48 Sie lässt sich in drei weitere Hauptbereiche einteilen: Mitarbeiterpotentiale, Potentiale von Informationssystemen und in den Bereich Motivation, Empowerment und Zielausrichtung. Durch eine nähere Betrachtung wird ersichtlich, dass Zukunftsinvestitionen sich nicht nur auf Anlagen und Maschinen beschränken dürfen, sondern zwingend die Mitarbeiter und bspw. Weiterbildungsmöglichkeiten für diese berücksichtigen müssen.49 Aufgrund der Potentiale, die sich in dieser Ebene eröffnen, wird sie Potentialdimension genannt. Die Koordination und Organisation dieser verschiedenen Potentiale und eine ökonomisch sinnvolle Kombination der Maßnahmen zu den Scorecard übergreifenden Zielen, erfordern dass die Infrastruktur des Unternehmens bereichsübergreifend reibungslos funktioniert. Diese Infrastruktur ist abhängig von der IT-Unterstützung, der positiven Anerkennung und Nutzung der Mitarbeiter, sowie von dem Management des Unternehmens im Allgemeinen.50 Die Leitfrage der letzten Perspektive lautet demnach: Wie kann eine Unternehmung Ihre Veränderungs- und Wachstumspotentiale fördern, um die Vision und Strategie bestmöglich zu verwirklichen?51
3.2 Sustainable Balanced-Score-Card
Nicht nur die Wirtschaft und Gesellschaft wird durch den Trendwandel beeinflusst, sondern gleichfalls das spezifische Controlling, welches sich künftig zunehmend ökologisch ausrichten muss. Dadurch kristallisiert sich das „Green Controlling“ heraus. Durch eine Einführung einer Nachhaltigkeitsstrategie geht es nicht nur darum etwas im Inneren der Unternehmung zu bewirken. Es soll erreicht werden das die Abnehmer und Konsumenten aktiv durch eine positivere Umweltbilanz angesprochen werden und somit indirekt dazu aufgefordert werden, sich selbst nachhaltig zu verhalten.52 In dem Segment des Green Controllings gibt es verschiedene Ansatzmöglichkeiten, ein bekanntes Beispiel stellt hierbei die SBSC dar. Ausgehend von der traditionellen BSC, ist es schwierig Aussagen über Umwelt- und Sozialkennzahlen innerhalb des operativen Controllings zu treffen. Deswegen ist es Vorteilhaft, wenn für diese speziellen Indikatoren eine Methode eingesetzt wird, wo die Anforderungen und Zusammenhänge besser darstellbar sind, die SBSC. Diese Erweiterung im Bereich der Nachhaltigkeit soll nicht als einzelne Abteilung im Unternehmen angesiedelt werden, sondern sich in dem bestehenden klassischen Controlling vollumfänglich integrieren. Es gilt die Nachhaltigkeitsaspekte in der Ausgangssituation, der Strategie und der Vision, zu implementieren. Somit entsteht entweder eine alleingestellte Nachhaltigkeitsstrategie, oder die bisherige Strategie wird auf allen Ebenen um die Nachhaltigkeitsaspekte erweitert.53
Im Allgemeinen und in der Fachliteratur gibt es drei übergeordnete Ansatzmöglichkeiten eine Nachhaltigkeitsstrategie durchzusetzen. Im Regelfall sind dies die Effizienz, die Suffizienz und die Konsistenz. Bei der Effizienz geht es darum die Handlungen „richtig“ durchzuführen und den Fokus auf die Ressourcenwirtschaftlichkeit und der Orientierung hin zum Output zu legen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist dies die beliebteste Strategie.54 Dem gegenüber steht die Suffizienz, bei diesem Ansatz geht es um ein Begrenzen und Vermindern des Inputs und des Ressourceneinsatzes.55 Synonymhaft kann von einer Vermeidungsstrategie gesprochen werden, da durch die Minimalisierungen versucht wird die negativen Effekte auf die Umwelt nicht nur zu reduzieren, sondern sie gänzlich zu unterbinden. Die Konsistenz als dritte Strategie umfasst diejenigen Handlungsweisen, die dazu führen, dass die Ressourcen kreislaufwirtschaftlich orientiert eingesetzt werden. In dem Vordergrund hierbei stehen die Wechselwirkungsbeziehungen zwischen Output und Input, sowie das Wiederverwertungspotential, welches es gilt durch eine verbesserte Vereinbarkeit zwischen Natur und Technik zu erhöhen.56 Im Idealfall sollte eine Unternehmensstrategie, aufgrund des Aspektes das Nachhaltigkeit ganzheitlich integriert werden soll, sich aus einer Kombination der drei Ansätze zusammensetzen.
Wie soeben erwähnt, ist das wichtigste Element einer SBSC, dass sie neben den vier Hauptperspektiven der BSC, zusätzlich ökologische und soziale Aspekte in ihrem Aufbau berücksichtigt. Durch diese Erweiterung wird versucht innerhalb der Unternehmensstrategie und der Leitvision die drei Hauptsäulen des nachhaltigen Denkens und Wirtschaftens abzubilden. Damit werden die Themenbereiche Ökonomie, Ökologie und Soziales enger aneinandergeknüpft. Für den theoretischen Aufbau eröffnen sich drei Möglichkeiten.57
[...]
1 Vgl. Schulz, Christoph (Hrsg.) (2020), Nummer 53.
2 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (Hrsg.) (2017), These 8 - 11.
3 Vgl. Engagement Global gGmbH (Hrsg.) (o. J.), Nr. 1 -17.
4 Vgl. BaFin (Hrsg.) (2019), S. 12f.
5 Vgl. Landesbank Baden-Württemberg (Hrsg.) (2019), S. 4.
6 Vgl. Landesbank Baden-Württemberg (Hrsg.) (2019), S. 4f.
7 Vgl. F. A. Z. BUSINESS MEDIA GmbH (Hrsg.) (o. J.), Absatz 1ff.
8 Vgl. Grunow, Hans-Werner/Zender, Christoph (2020), S.47f.
9 Vgl. Grunow, Hans-Werner/Zender, Christoph (2020), S.48ff.
10 Vgl. WERTPAPIER-MITTEILUNGEN Keppler, Lehmann GmbH & Co. KG (Hrsg.) (2021), These 4.
11 Vgl. Grunow, Hans-Werner/Zender, Christoph (2020), S.49f.
12 Vgl. S&P Global Ratings (Hrsg.) (2019), Tabelle 1.
13 Vgl. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (Hrsg.) (2020), These 1ff.
14 Vgl. EURACTIV Media Network BV (Hrsg.) (2020), Absatz 1 – 4.
15 Vgl. EURACTIV Media Network BV (Hrsg.) (2020), Absatz 10 – 12.
16 Vgl. EURACTIV Media Network BV (Hrsg.) (2020), Absatz 13.
17 Vgl. BaFin (Hrsg.) (2019), S. 9.
18 Vgl. Carlowitz, Hans Carl von (1713), S. 105f.
19 Vgl. Piekenbrock, Prof. Dr. Dirk/ Hasenbalg, Claudia (2014), S. 394.
20 Vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e. V. (DGQ) (Hrsg.) (o. J.), Absatz 4 - 6.
21 Vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.) (2021), Absatz 1 -3.
22 Vgl. Abbildung Anhang 3: Die fünf Kernbotschaften der Agenda 2030.
23 Vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.) (2021), Absatz 1 -3.
24 Vgl. Reineke, Rolf-Dieter (2018), Absatz 1.
25 Vgl. Osranek, Regina (2017), S. 326.
26 Vgl. Europäische Union (Hrsg.) (o. J.), Absatz 1 -3.
27 Vgl. Statista GmbH (Hrsg.) (2021), S. 9.
28 Vgl. Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) (Hrsg.) (2018), S. 13.
29 Vgl. Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) (Hrsg.) (2018), S. 13.
30 Vgl. Balderjahn, Ingo / Peyer, Mathias (2012), S. 94f.
31 Vgl. Biedermann, Hubert / Topic, Milan (2020), S. 41 – 43.
32 Vgl. HGB §289b, 289c.
33 Vgl. Statista GmbH (Hrsg.) (2021), S. 7.
34 Vgl. Loew, Thomas (Hrsg.) (o. J.), Absatz 1 - 5.
35 Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.) (2011), S. 7.
36 Vgl. Billing, Fabian / Schwael, Christian (2018), S. 37f.
37 Vgl. Billing, Fabian / Schwael, Christian (2018), S. 39.
38 Vgl. Burger, Alexander/ Burger-Stieber, Sabine (2020), S. 23.
39 Vgl. Kaplan, Robert S. / Norton, David P. (2018), S. 47.
40 Vgl. Kaplan, Robert S. / Norton, David P. (2018), S. 46 - 48.
41 Vgl. Kaplan, Robert S. / Norton, David P. (1996), S. 9.
42 Vgl. Kaplan, Robert S. / Norton, David P. (2018), S. 62f.
43 Vgl. Burger, Alexander/ Burger-Stieber, Sabine (2020), S. 24.
44 Vgl. Kaplan, Robert S. / Norton, David P. (1996), S. 9.
45 Vgl. Burger, Alexander/ Burger-Stieber, Sabine (2020), S. 24.
46 Vgl. Kaplan, Robert S. / Norton, David P. (2018), S. 92f.
47 Vgl. Kaplan, Robert S. / Norton, David P. (1996), S. 9.
48 Vgl. Schmid-Gundram, Ralf (2020), S. 55.
49 Vgl. Kaplan, Robert S. / Norton, David P. (2018), S. 121.
50 Vgl. Burger, Alexander/ Burger-Stieber, Sabine (2020), S. 25.
51 Vgl. Kaplan, Robert S. / Norton, David P. (1996), S. 9.
52 Vgl. GBI-GENIOS (Hrsg.) (2011), These 1.
53 Vgl. Wellbrock, Wanja u.a. (2020), S. 35.
54 Vgl. Haase, Hartwig (2020), S. 49.
55 Vgl. Haase, Hartwig (2020), S. 53.
56 Vgl. Haase, Hartwig (2020), S. 56.
57 Vgl. Internationaler Controller Verein eV (Hrsg.) (2019), These 1 – 3.
- Arbeit zitieren
- Katharina Hauff (Autor:in), 2021, Sustainable Balance-Score-Card als Nachhaltigkeitsmessinstrument für einen Energiekonzern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1159709
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