Die vorliegende Arbeit widmet sich der Fragestellung, wie Netzwerkorientierung zur Stärkung des professionellen Selbstbewusstseins des VHT-Netzwerks und somit der VHT-Methode beitragen kann. Nachdem die Anwendbarkeit des Netzwerkbegriffes auf den VHT-Kontext geprüft wurde, soll hierzu der Versuch einer kleinen Netzwerkerkundung unternommen werden, die unter anderem nach Strukturen, Akteur*innen, Vernetzungsinstrumenten, Entwicklungsphasen, Erfolgen und Bedarfen frägt. Basis hierfür ist unter anderem eine Netzwerkkartenanalyse und die Befragung von VHT-Professionals auf Bundes- und Landesebene, welche neben Rückschlüssen auf die Forschungsfrage weitere Reflexionsmöglichkeiten und Impulse für die VHT-Vernetzung bieten können.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1 Einleitung
2 Begriffsbestimmungen und Grundlagen
2.1 Vorstellung der VHT-Methode und ihrer Dachgesellschaft
2.2 Netzwerk-Begrifflichkeiten und ihre Anwendbarkeit auf VHT
3 Versuch einer strukturellen Netzwerkerkundung
3.1 Untersuchung verschiedener Strukturen
3.2 Netzwerkkartenanalyse
4 Versuch einer inhaltlichen Netzwerkerkundung
4.1 Erkundung der ,Story‘
4.2 Inhaltliche Befragung
5 Einfluss auf das professionelle Selbstbewusstsein
6 Fazit
7 Literaturverzeichnis
8 Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
9 Anhänge
9.1 Organigramm
9.2 Netzwerkkarte
9.3 Weitere ausgefüllte Netzwerkkarten
9.4 Kodierungs- und Kategorisierungstabelle
Abstract
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Fragestellung, wie Netzwerkorientierung zur Stärkung des professionellen Selbstbewusstseins des VHT-Netzwerks und somit der VHT- Methode beitragen kann. Nachdem die Anwendbarkeit des Netzwerkbegriffes auf den VHT-Kontext geprüft wurde, soll hierzu der Versuch einer kleinen Netzwerkerkundung unternommen werden, die unter anderem nach Strukturen, Akteur*innen, Vernetzungsinstrumenten, Entwicklungsphasen, Erfolgen und Bedarfen frägt. Basis hierfür ist unter anderem eine Netzwerkkartenanalyse und die Befragung von VHT-Professionals auf Bundes- und Landesebene, welche neben Rückschlüssen auf die Forschungsfrage weitere Reflexionsmöglichkeiten und Impulse für die VHT-Vernetzung bieten können.
Vorwort
Die soziale Netzwerkanalyse als Methode der empirischen Sozialforschung erfasst soziale Beziehungen und soziale Netzwerke aufgrund eines relationalen Ansatzes. Im Vordergrund stehen die Verbindungen und Austauschprozesse zwischen den Akteur*innen, nicht deren Charaktereigenschaften oder Persönlichkeitszuschreibungen. In der Organisationsberatung und -entwicklung wird sie zunehmend dort als Methode eingesetzt, wo es nicht um festgelegte Hierarchien, sondern um das Entwicklungspotential einer Organisation geht, welches durch die relativen Positionen der einzelnen Akteur*innen zueinander erhoben und optimiert werden kann.
Netzwerke lassen sich grafisch darstellen: Mit Hilfe von Netzwerkkarten werden funktionierende und dysfunktionale Strukturen schnell erfasst, aus ihnen können Lösungen abgeleitet werden. Dass es dafür mittlerweile mehrere Softwareprogramme gibt, macht sie attraktiv. Es liegt auf der Hand, dass sich eine Untersuchungsmethode, die auf der Dichte und Qualität der Beziehungen der Akteur*innen beruht, besonders gut für die Analyse einer Organisation eignet, deren Inhalt und Ziel es ist, in einem videobasierten Beratungssetting die Funktionalität und Qualität von Beziehungen (wieder-) herzustellen. SPIN-DGVB Deutsche Gesellschaft für Videobasierte Beratung e.V. vertritt als gemeinnütziger Verein in Deutschland die systemische Beratungsmethode VHT (Video-HomeTraining) mit dem Ziel der Verbreitung, der Qualitätssicherung und der Weiterentwicklung des methodischen Ansatzes sowie des Bereitstellens eines Fort- und Weiterbildungsangebotes.
Felizitas Balzer, selbst VHT-Professional, hat in dieser Arbeit die Organisationsstruktur von SPIN-DGVB unter die „Netzwerk-Lupe“ genommen. Da sie sowohl die Innen- als auch die Außenperspektive einnehmen konnte, ist sie zu Ergebnissen gekommen, die für SPIN-DGVB neue Perspektiven eröffnet. Ihre Arbeit kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, denn im Verein ist eine Aufbruchstimmung auf der Suche nach Strukturen zu spüren, die dem stetig anwachsenden Potenzial und den angebahnten zukünftigen Aktivitäten einen optimalen Rahmen geben können. Mit ihren Zitaten aus den Interviews macht Felizitas Balzer auf anrührende Art und Weise deutlich, welch bindende Kraft eine Arbeitsmethode hat, die sich mit einem positiven Ansatz auf Ressourcen der Klient*innen konzentriert und die von allen Akteur*innen auch so gelebt wird. Deren hohe Identifikation mit der Methode und die damit verbundene Energie werden der Motor einer weiteren dynamischen Entwicklung sein. „Der Blick auf das Netzwerk und seiner Akteur*innen hinterlässt einen unterdessen ebenso wie die VHT-Methode an sich „beseelt“ (S.18).
Es hat mir selbst viel Spaß gemacht, ihr die „Story“ zu erzählen, der Rückblick auf das Vergangene machte mir bewusst, dass das Netzwerk „SPIN-DGVB“ aus eigener Kraft immer wieder konstruktive Wendungen auf den Weg gebracht hat, auch wenn sich ihr Wert manchmal erst im Nachhinein herausstellte.
Vielen Dank für diese Arbeit, Felizitas!
Hannelore Gens
1 Einleitung
„Die Faszination an der Beratungs- und Unterstützungsarbeit mit Video teilen können und die eigene Begeisterung immer wieder befeuern“ (BALZER 2021, 5)
- dies ist nur einer von vielen Aspekten, der die Vernetzung von VHT-Professionals auszeichnet. VHT ist eine videobasierte Beratungsmethode, deren Netzwerk es in Form eines Vereins nun seit 25 Jahren in Deutschland gibt. Im Kanon anderer Methoden und handlungsleitenden Konzepte der Sozialen Arbeit, nimmt die konsequent ressourcenorientierte, aktivierende Methode noch eine randständige Rolle ein. Dies erstaunt vor dem Hintergrund ihres hohen Maßes an Innovation, Vielfalt und Erfolg, nach der die Profession in ihren heutigen komplexen Anforderungen nicht zuletzt sucht. Hat die Methode etwa das Merkmal mit der gesamten Sozialen Arbeit gemein, „eine bescheidene Profession“ (KNOLL 2010, 19) zu sein? Auf dem Weg zu mehr Präsenz im Fachdiskurs, als auch in verschiedenen Praxisfeldern, ist das professionelle Selbstbewusstsein zweifellos ein entscheidender Faktor. Jenes hängt nicht zuletzt von der Vernetzung ab, welche bestärkend auf die Mitglieder eines Netzwerks wirken kann. Die vorliegende Arbeit möchte in den sogenannten Hype (FISCHER; KOSELLEK 2019, 12) um das Thema der Netzwerkorientierung einsteigen und sie als Chance nutzen, das Thema des professionellen Selbstbewusstseins unter der Netzwerkbrille zu beleuchten. Weil jene zahlreiche Anregungen und Erkenntnisse für die VHT-Gemeinde bereithält, soll sie auch abseits der zentralen Forschungsfrage für weitere Blickwinkel im Sinne einer Netzwerkerkundung genutzt werden. Mit dem Ziel, einzelne Impulse zu setzen und Reflexionsmöglichkeiten anzubieten, macht sich der Text dabei die Beleuchtung von Teilausschnitten auf Bundes- und Landesebene zum Thema und erhebt keine Ansprüche auf ein umfassendes Abbild.
Methodisch geht die vorliegende Arbeit literaturbasiert vor und führt ergänzend dazu eine Netzwerkkartenanalyse sowie eine Online-Befragung mit VHT-Professionals durch. Nachdem im zweiten Kapitel Begrifflichkeiten und Grundlagen geklärt wurden sowie die Anwendbarkeit des Netzwerkbegriffs auf VHT, folgt im dritten Kapitel der Versuch einer Erkundung ,in die Breite‘, die die strukturelle Beschaffenheit des Netzes betrachtet und mithilfe von Netzwerkkarten untersucht. Anschließend wird im vierten Kapitel der Blick ,in die Tiefe‘ gerückt, die Entwicklungsphasen des Netzwerks werden eingeordnet sowie weitere inhaltlichen Aspekte induktiv erfasst. Die zentrale Fragestellung wird abschließend im fünften Kapitel aufgegriffen, sodass Schlussgedanken die Arbeit im sechsten Kapitel abrunden können.
2 Begriffsbestimmungen und Grundlagen
Um sich den benannten Aufträgen anzunähern, ist es zunächst notwendig, grundlegende Begriffe und Hintergründe zu definieren. Zu diesem Zweck werden zunächst die Methode vorgestellt und ihre Dachgesellschaft benannt, um anschließend in die Netzwerkthematik und -begrifflichkeiten einzusteigen. Dies ermöglicht nicht zuletzt ein Angehen der drängenden Frage, ob und weshalb die VHT-Gesellschaft überhaupt unter der Netzwerk-Brille betrachtet werden sollte.
2.1 Vorstellung der VHT-Methode und ihrer Dachgesellschaft
VHT, Video-Home-Training, ist eine konsequent ressourcenorientierte Videoberatungsmethode, die sich in den 1980er Jahren in Holland entwickelt und seit den 1990er Jahren auch in Deutschland etabliert hat (SPIN DGVB e.V. o.J., o.S.). In seiner klassischen Form begleitet VHT Familien und arbeitet dabei auf Grundlage der drei Elemente gelungene Kommunikation, „der starken Wirkung positiver Bilder und der ressourcenorientierten, aktivierenden Haltung“ (SPIN DGVB e.V. o.J., o.S.). Für die praktische Durchführung bedeutet dies, dass VHT-Professionals Videobilder im Familienalltag aufnehmen, einen Zusammenschnitt erstellen, der die gelungenen Kontaktmomente betont, und anschließend eine lösungsorientierte, bestärkende Videorückschau mit Eltern gestalten.
Dabei steht die Methode auf vier Säulen, von denen das humanistische Menschenbild und der Ansatz des Empowerments eine erste bilden. VHT ist also davon überzeugt, dass das Gegenüber die erforderlichen Problemlösungen und Stärken in sich trägt und jene aktiviert und verstärkt werden können (PALA 2018, 5). Der sogenannte positive Ansatz stellt die zweite Säule des VHTs dar. Für die Methode gilt die feste Annahme, dass im Vergleich zu Problemanalysen, eine lösungsorientierte Herangehensweise sowie das „Verstärken von gelungenem Kommunikationsverhalten wirksamer für den Lernprozess“ (PALA 2018, 5) der zu Beratenden sind. Deshalb werden auch nur positive Bilder gezeigt. Die Nutzung von Videobildern bildet die dritte Säule. Jene ermöglichen nicht nur, gelungenes Erziehungsverhalten für das Gegenüber sichtbar, objektiver und konkreter zu machen. Darüber hinaus stützen neurowissenschaftliche Erkenntnisse, dass „der Lernprozess [.] beschleunigt und qualitativ (positiv) beeinflusst wird, wenn mit Bildern positiven Erlebens gearbeitet wird“ (GENS 2016, 57). Jene bewerkstelligen die „Ausschüttung motivierender Botenstoffe und intensivier[en] das Self-Modeling“ (GENS 2016, 57), im Sinne des Lernens am eigenen Model. Standbilder, Sequenzen in Zeitlupe oder mit Hintergrundmusik: Dies sind Techniken in der Erstellung von Rückschauen, die weiterhin für emotionale Verankerung beitragen (GENS 2016, 57). Die Basiskommunikation stellt die vierte Säule dar, deren gelingende Elemente aufeinander aufbauen und die es im „Verhaltensrepertoire der Eltern [im Kontakt mit ihren Kindern] „zu festigen und weiterzuentwickeln“ (RÄDER 1999, 79) gilt. Die fünf Kommunikationsbündel sind ,Initiativen erkennen und verfolgen', ,Empfang bestätigen', ,Benennen', Aufmerksamkeit verteilen' und ,Positives Lenken und Leiten' (SCHEPERS; KÖNIG 2000, 36). Weiteres Fundament von VHT bilden die Bindungstheorie, der systemische Ansatz und weitere Theorien aus den vier Gebieten der Ethologie, Kommunikationswissenschaft, Pädagogik und Psychologie, die „die Praxis der Methode erklären und deren Effektivität belegen“ (SCHEPERS; KÖNIG 2000, 55f.).
Die Einsatzbereiche des VHTs haben sich in den letzten Jahrzehnten unterdes stark erweitert und fortentwickelt (GOLTSCHE; RÖSSEL 2009,10). Es zeichnen sich beispielsweise weitere Einschläge ab: Video-Interaktions-Begleitung (VIB) spricht vor allem Professionelle beratend und unterstützend an (Halm 1999, 291). Video-School-Training (VST) richtet sich an Lehr- und Fachpersonen im Kontext Schule (KOCH 2009, 118). Video-Interaktions-Diagnostik (VID) analysiert Förderbedarfe und hat die Verbesserung von pädagogischen Settings für Kinder und Jugendliche zum Ziel (BRÜMMER; TER HORST 2009, 37). Weiterhin platziert sich VHT auch in Kindertagesstätten, in Einrichtungen der Behindertenhilfe, Altenhilfe, mit Führungskräften, Teams, als Kursangebot sowie pionierhaft in Bewerbungstrainings (SANNE 2009, 127), in Paarberatungen (FIUNG 2020, o.S.) sowie in einem Lese-Rechtschreib-Förderprogramm (GAIDA 2016, 33). VHT erstreckt sich mittlerweile über die Grenzen der Kinder- und Jugendhilfe hinaus und weist ein breites Repertoire auf, welches nicht in Gänze dargestellt werden kann. Denn was VHT als Methode ebenso ausmacht ist seine fortlaufende, innovative Weiterentwicklung und kreative Einbettung in verschiedenste Settings. Entgegen diesen Ausdifferenzierungstrends entscheidet sich die dazugehörige SPIN DGVB e.V., die Deutsche Gesellschaft für Videobasierte Beratung, die Überschrift ,VHT‘ zu wählen. Auf diese Weise sind die vielfältigen Anwendungsbereiche inkludiert und gewürdigt, die außerhalb des Familienzuhauses, des ,Homes‘ in Video-,Home‘-Training, durchgeführt werden. SPIN DGVB e.V. zählt heute über 1000 fertig ausgebildete VHT-Professionals und organisiert sich einem Bundesverband sowie in sechs Landesverbänden (SPIN DGVB o.J., o.S.). Als systemische Beratungsform ist sie seit 2018 anerkannt und zählt sich als Mitglied der DGSF e.V. (Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie). Vertiefende Infos zur Dachgesellschaft des VHTs wird es im Rahmen der kommenden Kapitel geben.
2.2 Netzwerk-Begrifflichkeiten und ihre Anwendbarkeit auf VHT
Vor dem Hintergrund der Einschätzung, dass die heutige Gesellschaft bereits als Netzwerkgesellschaft deklariert wird (FISCHER; KOSELLEK 2019, 17), erstaunt es nicht, dass der Netzwerkblick in den Sozialwissenschaften zur bedeutenden Perspektive geworden ist und als neues Paradigma in jenen gehandelt wird (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 15f.). Kosellek und Fischer warnen bereits davor, dass der Enthusiasmus, den die Netzwerkorientierung aktuell erfährt, dazu führt, dass jegliche Formen der Zusammenarbeit unter dem Begriff Netzwerkarbeit vermischt werden. Die mittlerweile zahlreichen Netzwerkbegrifflichkeiten drohen zu unübersichtlich zu werden und den Netzwerkbegriff auszuhöhlen (FISCHER; KOSELLEK 2019, 11,17). Die vorliegende Arbeit, welche genau genommen eine Dachgesellschaft in Vereinsform untersucht, läuft in besonderer Weise Gefahr, zur „derzeitige[n] Inflation der Netzwerkrhetorik“ (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 18) beizutragen. Dem soll vorgebeugt werden, indem nun auf wesentliche Netzwerkbegriffe definierend eingegangen wird. Schönig und Motzke liefern als Grundstein folgende Definition, die sich laut ihnen für den Kontext der Sozialen Arbeit eignet.
„Ein Netzwerk ist eine Struktur von Verbindungen unabhängiger Akteur[*innen], die gemeinsam ein Thema bearbeiten und dazu ihre Ressourcen einsetzen. Das Netzwerk ist operativ offen und weitgehend ohne Hierarchien, darüber hinaus ist es ein nicht von vornherein befristeter Zusammenschluss mehrerer Akteur[*in- nen]“ (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 19)
Gängig ist hier nach wie vor das Bild eines Fischernetzes, wobei die Verbindungsschnüre die Beziehungen darstellen und Personen und Institutionen die Knoten bilden. Der Begriff Vernetzung beschreibt unterdessen die Verbindung der Knoten miteinander. (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 18) Der Begriff der Netzwerkorientierung ist laut Fischer und Kosellek in dreifacher Hinsicht zu verstehen: Erstens im Sinne des Netzwerkansatzes, den Stimmer im Übrigen als handlungsleitendes Konzept in der Sozialen Arbeit einordnet (STIMMER 2012, 173). Zweitens im Sinne von Netzwerken, als „etablierte Form methodischen Handelns [und drittens im Sinne des] Netzwerk[s] als neue institutionelle und professionelle Handlungsebene Sozialer Arbeit.“ (FISCHER; KOSELLEK 2019, 17). Unschärfe besteht weiterhin in der Begrifflichkeit der Netzwerkforschung oder Netzwerkanalyse (MAY 2019, 51), wobei Schönig und Motzke folgende Aussage treffen: „Kern der empirischen Netzwerkanalyse ist die Ermittlung von Beziehungen zwischen zwei Ak- teur[*innen, ] also ihrer Relation“ (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 62). Mit diesem Schwerpunkt nimmt sie in der Sozialforschung noch eine randständige Rolle ein im Vergleich zu konventionellen Surveys (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 62). Weitere Merkmale werden im Zuge des Kapitels 3.2 erläutert.
Als Netzwerktypen, ein weiterer Netzwerkbegriff, lassen sich laut Stimmer drei Varianten unterscheiden. „Primäre, mikrosoziale oder persönliche Netzwerke“ (STIMMER 2012, 178), zu denen beispielsweise Familie und Freundeskreis zählen. Sekundäre beziehungsweise makrosoziale Netzwerke beschreiben institutionelle Netzwerke, wie Betriebe, Unternehmen und öffentliche Institutionen wie Soziale Dienste. Den tertiären oder mesosozialen Netzwerken ordnet Stimmer jene zu, die gewissermaßen zwischen den beiden anderen Netzwerktypen verbindend wirken, wie beispielsweise Selbsthilfegruppen oder Bürgerinitiativen. (STIMMER 2012, 178) Während Stimmer sich schwerpunktmäßig darauf beschränkt, Beispiele zu nennen, beschreiben Schönig und Motzke Kriterien zur Einordnung. Primäre Netzwerke zeichnen sich laut der Autor*innen vor allem durch ihr natürliches, nicht-organisiertes und informelles Wesen aus. Sekundäre Netzwerke sind zwar weiterhin natürlich verknüpft, „weisen jedoch eher schwache Bindungen und eine größere Beziehungsflexibilität auf [.]“ (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 36). Basis sekundärer Netze sei eine Art Mitgliedschaft in jenen „stärker organisierten, aber nichtprofessionellen Netzwerken [z.B. in Vereinen]“ (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 36). Die tertiären beziehungsweise künstlichen Netzwerke führen Schönig und Motzke orientiert an verschiedenen Autor*innen aus und stellen im Hinblick auf die Typisierungsversuche auf dieser Ebene fest, „dass es nicht die eine allgemeinverbindliche Unterscheidung von Netzwerktypen [gibt]“ (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 41). Zur Vereinfachung wird die benannte Ebene deshalb nur zur Einordnung im weiteren Verlauf thematisch geöffnet.
Nachdem nun wesentliche Begrifflichkeiten definiert wurden, soll nun ihre Anwendbarkeit auf den VHT-Kontext geprüft werden. Kann die VHT-Gesellschaft, SPIN DGVB e.V., als Netzwerk eingeordnet werden? Anhand Schönig und Motzkes Definition können die Kriterien hierfür abgeglichen werden. Die VHT-Gemeinde besteht zunächst aus einer Vielzahl von Beziehungen zwischen Akteur*innen in Form von Institutionen und Einzelpersonen und sind dabei prinzipiell unabhängig voneinander. Darüber hinaus fokussieren sie ein gemeinsames Thema, VHT, und setzen hierfür und „zur gegenseitigen Beeinflussung und Unterstützung“ (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 20) Ressourcen ein. Dabei ist ihre Zusammenarbeit nicht zeitlich befristet. Die operative Offenheit ist insofern gegeben, als dass auch über die Grenzen des Vereins Kontakte geknüpft werden. Hierarchien sind in der demokratischen Vereinsstruktur ebenfalls nicht vorgesehen, wohl aber Ämter, Mechanismen und Abläufe. Schönig und Motzke benennen angelehnt an Bauer allerdings, dass die Formalisierung von Netzwerken als Kontinuum zu verstehen sei, von wenig formalisierten Netzen „bis hin zu stark formalisierten und dauerhaft institutionalisierten Netzwerken“ (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 39). Vor diesem Hintergrund könnte VHT als stärker formalisiertes Netzwerk eingeordnet werden. Was zur nächsten Perspektive führt, nämlich zu welchem Typus das VHT-Netzwerk zugeordnet werden könnte. Obwohl das Vereinswesen als sekundäres Netzwerk deklariert wird, schließt die Bedingung der Nicht-Professionalität die Zuordnung des VHT-Netzes zu diesem Typ aus. Es müsste sich um ein tertiäres Netzwerk handeln, auch vor dem Hintergrund seiner Professionalität, hohen Formalität und seiner Zugehörigkeit zur Sozialen Arbeit als typischer Sektor tertiärer Netze (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 37). Das Auflegen verschiedener tertiärer Netzwerkformen nach Schönig und Motzke ordnet die Form von SPIN DGVB e.V. allerdings nicht eindeutig ein. Diese Unklarheit verweist womöglich auf den Umstand, dass die VHT-Gemeinde im Kontext des Fachdiskurses ein Verband, eine Dachgesellschaft sowie ein Verein bleibt. Vor dem Hintergrund, dass die wesentlichen Netzwerkmerkmale zutreffen, erteilt sich die vorliegende Arbeit aber die Erlaubnis, mit der Netzwerkbrille auf das VHT-Netz zu blicken. Kräftigstes Argument dafür, die Netzwerkperspektive einzunehmen, ist im Übrigen die Nutzung ihrer dazugehörigen Netzwerkforschung und deren Instrumente, welche vor allem die Beziehungen der Akteur*innen in den Blick nimmt. Und wie bereits benannt, bergen das Netzwerkvokabular, das Netzwerkwissen sowie seine Grundgedanken, Potenziale für das VHT-Netzwerk.
3 Versuch einer strukturellen Netzwerkerkundung
Nach dieser ersten Einordnung und Berechtigung, kann nun die strukturelle Erkundung des VHT-Netzwerks angegangen werden. Diese Netzwerkerkundung ,in die Breite' betrachtet verschiedene Ebenen und Vernetzungsinstrumente, nimmt die Akteur*innen und deren Funktionen in den Blick. Methodisch wird hier auf eine Technik der Netzwerkforschung zurückgegriffen; es werden Netzwerkkarten beschrieben und interpretiert.
3.1 Untersuchung verschiedener Strukturen
Beim Blick auf die Struktur des VHT-Netzwerks geruht seine äußere Form als Verein der Analyse zum Vorteil. Die Satzung sowie das Organigramm offenbaren gerade zu diesem formalisierten Wesenszug des Netzwerks zentrale Informationen. SPIN DGVB e.V. hat ihren Sitz in Düsseldorf und ist Bundesverband der ihr angegliederten Regionalverbände (SPIN DGVB e.V. 2020, 1). Als Zielsetzung wird die „Unterstützung entwicklungsfördernder und konfliktlösender Kommunikation [...]“ (SPIN DGVB e.V. 2020, 1) durch die Verbreitung und Förderung der VHT-Methode benannt. Hierzu nimmt sich der Zusammenschluss unter anderem die Aufgaben vor, die Qualität der videobasierten Beratungsmethode sowie deren Weiterentwicklung zu sichern, Qualitätsstandards für VHT-Professi- onals und Ausbilder*innen beziehungsweise Lehrsupervisor*innen zu setzen. Die Zertifizierung fällt in ihr Aufgabenfeld, sowie die Verbreitung der Methode mithilfe verschiedener Instrumente sowie das Netzwerken „mit Fachhochschulen und Universitäten [.] nationalen und internationalen Verbänden, Vereinen und Einrichtungen, die sich ebenfalls der [.] videobasierten Beratung verpflichte[n]“ (SPIN DGVB e.V 2020, 1). Mitglieder des Vereins können natürliche sowie juristische Personen werden, sowie die Regionalverbände. Jene können „entsprechend der Anzahl und Grenzen der Bundesländer gegründet werden [und sind] eigenen Vereinssatzungen verpflichtet“. (SPIN DGVB e.V. 2020, 1) Als Organe im Netz benennt SPIN DGVB e.V. einerseits den fünfköpfigen Vorstand mit erster*m Vorsitzender*m, zweiter*m Vorsitzender*m, Schriftführer*in, Kassen- führer*in sowie einer*m Fachentwicklung-Zuständigen*m (SPIN DGVB e.V. 2020, 2). Andererseits das Organ der Mitgliederversammlung, welche sich überwiegend aus Delegierten der Landesverbände zusammensetzt und verschiedene Wahl-, Entlastungs- sowie Beschlussaufgaben und -kompetenzen innehat (SPIN DGVB e.V. 2020, 2f.). Das Organigramm, welches im Anhang beigefügt ist, offenbart weitere Akteur*innen im Netzwerk. Neben den bereits erwähnten Organen gibt es noch die Zertifizierungskommission, die Ausbildungskommission, den Fachbeirat, die Masterclass-Konferenz sowie den Ausbildungs-Qualitätszirkel. Masterclass-Ausbilder*innen, also jene, die die Lehrsuper- visor*innen ausbilden, gibt es inzwischen sechs, Lehrsupervisor*innen gibt es momentan 27 (SPIN DGVB e.V. 2021, 2). Eine Geschäftsstelle ist in Bayern eingerichtet sowie eine Referent*in für Öffentlichkeitsarbeit bestellt.
Es scheint bei der Übersetzung dieser Vereinssprache in Netzwerkvokabular zunächst eindeutig, dass verschiedene Mitglieder des Vereins in Form von Personen und Einrichtungen, die Knotenpunkte im Netzwerk bilden, die durch Beziehungen verbunden sind. Albrecht ergänzt, dass es sich bei Knoten oftmals auch um Kollektivakteur*innen handeln kann (ALBRECHT 2010, 127), was für diesen formalisierten Zug des VHT-Netzes mit seinen zahlreichen Gremien ein wichtiges Charakteristikum zu sein scheint. Gleichzeitig erscheint die Abgrenzung zwischen Kollektivknoten und ,Vernetzungsinstrument‘ schwieriger. Dass Kollektivknoten auch als Plattform und Vernetzungsinstrument verstanden wird, hierauf weist zum Beispiel auch die Befragung baden-württembergischer VHT-Professionals. Sie stufen ihr ,SPIN-Forum‘, ein vier Mal im Jahr stattfindendes Treffen, als Vernetzungsinstrument ein (BALZER 2021, 2). Die Befragten schätzen derweil auch gemeinsame Fortbildungen und Seminare, Supervisions- und Intervisionsgruppen, Fortbildungsinstitute, die jährliche Bundesfachtagung sowie Email, SPIN-Newsletter und die SPIN-Homepage als Vernetzungsinstrumente ein (BALZER 2021, 2). Während unter anderem Emailverkehr eindeutig nicht in die Kategorie Knotenpunkte fällt, ist die oben beschriebene Differenzierung in vielen Fällen nicht eindeutig zu klären.
Über die Betrachtung der Knotenpunkte hinaus, ist der „Beziehungsinhalt [...] ein essentieller Bestandteil einer jeden Netzwerkanalyse“ (HAAS; MALANG 2010, 91). Hierbei geben Haas und Malang eine hilfreiche Einordnung von Beziehungen zwischen Knoten vor, von denen drei Kategorien die Beziehungsformen in SPIN DGVB e.V. beschreiben könnten. Welche gerade in den obigen Ausführungen in den Blick gerückt wurden, sind als formale Rollenbeziehungen zu bezeichnen (HAAS; MALANG 2010, 92). Wie sich die zu besetzenden Ämter und Organe im Verein miteinander verbinden müssen, ist zu bestimmten Anteilen vorgegeben; Aufträge und Aufgaben der Beziehung sind geklärt. Als „Transfer von nicht-materiellen Ressourcen“ (HAAS; MALANG 2010, 92) als weitere Beziehungsform des Netzwerks, wird „das Senden und Empfangen von Informationen, Ratschlägen, Anweisungen und Neuigkeiten definiert“ (HAAS; MALANG 2010, 92). Dieser Aspekt der Netzwerkbeziehung scheint in SPIN DGVB e.V., als Verband einer Fachmethode der zentrale zu sein. Dies bestätigt nicht zuletzt die Befragung der baden-württembergischen VHT-Professionals, welche genau jene Begrifflichkeiten als Nutzen von Vernetzung benennen: „Austausch“, „Infos“, „Neues“ (BALZER 2021, 1,3). Als dritte Beziehungsform gelten „Interaktionen bzw. Affiliationen [, welche] eine körperliche oder ideelle Präsenz zweier Akteur[*innen] am selben Ort zur selben Zeit“ (HAAS; MALANG 201, 92) voraussetzen. Hierzu lassen sich zum Beispiel das Zusammenkommen auf der jährlichen SPIN-Bundesfachtagung zählen, auf dem VHT-Professionals physisch anwesend sind, sich begegnen, auf informelle Weise in Kontakt und Interaktion kommen. Daran anknüpfend und vorbereitend auf das folgende Kapitel sei hier auch auf die Einteilung von Verbindungen in starke und schwache Beziehungen verwiesen, die die Netzwerkforschung benennt. Avenarius bezieht sich auf Granovetter, wenn sie erklärt, dass starke Beziehungen vor allem zwischen Knoten entstehen, die viel Zeit miteinander verbringen, wobei der „Grad der Intensität [und] Intimität“ (AVENARIUS 2010, 100) mit hineinspielt. Sie zeichnen sich durch Reziprozität aus, „motivieren zudem Netzwerkmitglieder zu internem Zusammenhalt, [sind] oft als ein Indikator starker interner sozialer Kontrolle aufgefasst, die sowohl das Wohlbefinden der Gruppe fördert, aber auch das Veränderungspotenzial einschränkt“ (AVENARIUS 2010, 106). Wenn starke Beziehungen mit dem Begriff Freundschaft verbildlicht würden, wären schwache Beziehungen Bekanntschaften. Jene zeichnen sich durch größere Übertragbarkeit sowie Unabhängigkeit aus und schaffen es, Netzwerkuntergruppen und Informationen aus ihnen zu erreichen. (AVENARIUS 2010, 100ff.) Schwache Beziehungen sind nicht zuletzt zur Überbrückung struktureller Löcher geeignet, die entstehen, wenn Untergruppen oder Cluster im Netzwerk nicht oder eben nur durch vereinzelte Brücken miteinander verbunden sind (SCHEIDEGGER 2010, 145f.). Wie sich die Beziehungen im VHT-Netzwerk im Sinne von schwach und stark gestalten, hierüber könnte unter anderem die folgende vertiefende Analyse eines Teilausschnitts Aufschluss geben.
3.2 Netzwerkkartenanalyse
Die vorangegangenen Ausführungen deuten bereits an, wie differenziert und vielschichtig die heutige Netzwerkforschung samt ihres Vokabulars ist. Ebenso vielseitig können Netzwerke dargestellt werden. Insgesamt gilt, dass das Bild auf Netzwerke immer „durch individuelle Bewertungen verzerrt [ist]“ (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 62). Weiterhin kommt Forschenden zu, die einzelnen Bilder zu einem Gesamtnetzwerk zusammenzufügen (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 62), ein Teil der Forschung, der in der vorliegenden Arbeit ausbleiben muss. Unter den zahlreichen Analyseinstrumenten ist vorliegend eine vereinfachte Form des egozentrischen Netzwerks gewählt worden. Acht baden-württembergische VHT-Professionals füllten auf freiwilliger Basis die Netzwerkkarte aus, die im Anhang in Augenschein zu nehmen ist. Es handelt sich also um eine landesspezifische Färbung der Ergebnisse und um den Blick auf einen Teilbereich, ein Cluster, der SPINGesellschaft. Angelehnt an Schönig und Motzke (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 81) wurde die Karte in die beiden Sektoren „innerhalb“ sowie „außerhalb meiner Einrichtung“ eingeteilt und drei konzentrische Kreise benannt. Auch wenn das Untersuchen von Details aller Netzwerkkarten und ihren Zusammenhängen ertragreich wäre, können im Folgenden nur zwei exemplarische Karten gezeigt und zentrale Ergebnisse beleuchtet werden. Zunächst lässt sich übergreifend auf Grundlage vorheriger Ausführungen deklarieren, dass die konzentrischen Kreise als das Kontinuum von starken Beziehungen (innerer Kreis) bis zu schwachen Beziehungen (Bekanntschaftskreis) verstanden werden können. Abbildung 1 zeigt die Netzwerkkarte einer*s Lehrsupervisor*in, während Abbildung 2 das eines VHT-Professionals zeigt. Eine erste Erkenntnis, auch die weiteren sechs Netzwerkkarten im Anhang betreffend, ist, dass Lehrsupervisor*innen in der Anzahl ihrer Kontakte und der Dichte ihrer Vernetzung herausragen. Während die Karten von VHT- Professionals drei bis dreizehn weitere Professionals und zwei bis vier Institutionen zählen, tragen die Supervisor*innen 31 bis 36 Knoten ein. Gilt, dass je intensiver ein VHT- Professional VHT betreibt, desto dichter und größer ist sein Netzwerk?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Netzwerkkarte Lehrsupervisor*in, 2021.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Netzwerkkarte VHT-Professional, 2021.
Darüber hinaus, als eine zweite ähnliche Erkenntnis, scheint es Knotenpunkte zu geben, die beinahe alle Karten benennen, was aufgrund der Anonymisierung an dieser Stelle nicht nach außen nachvollziehbar ist. Würden die Daten miteinander in Verbindung gebracht und ein Gesamtnetzwerk erstellt, würde dies bedeuten, dass an diesem Knotenpunkt, dieser Schlüsselfigur und -institution, viele Beziehungslinien zusammenfließen würden. Unter den VHT-Professionals ist ebenso ein Kontinuum zu erkennen, was Vernetzung innerhalb und außerhalb der eigenen Einrichtung anbelangt. Ein Pol besteht aus Professionals, die ausschließlich in ihrer Einrichtung zum VHT vernetzt sind, und der andere Pol aus jenen, die an ihrer Arbeitsstelle auf keinen VHT-Kontakt zugreifen. Sechs der acht Professionals verteilen sich zwischen diesen Polen, sind also sowohl innerhalb als auch außerhalb vernetzt. Gilt, dass je besser die Vernetzung in der eigenen Einrichtung sich gestaltet, desto weniger ist die Vernetzung nach außen? Auf dem Kontinuum zwischen starken und schwachen Beziehungen, ähneln sich die Karten überwiegend und sind regelmäßig über die drei Stufen verteilt. Sie scheinen also sowohl starke Beziehungen zu pflegen, als auch VHT-Bekannte im Netz zu haben und können wohl auf die Ressourcen beider Verbindungsformen zugreifen.
Viele Faktoren, die in die Vernetzung einzelner Knoten hineinspielt, können von diesen egozentrischen Netzwerkkarten nicht erfasst werden. Besonders Daten von VHT-Pro- fessionals, die ausschließlich schwache Beziehungen pflegen oder gar keine, würden die Zusammenhänge vervollständigen. Für die VHT-Community besonders gewinnbringend, wäre eine bundesweite, geografische Darstellung, welche Ballungszentren und strukturelle Löcher offenbaren würde. Diese Idee und viele weitere ergeben sich hier und regen für weitere Analyseschwerpunkte an. Die vorliegende Analyse kann nur impulsförmig erste Annahmen über Zusammenhänge formulieren, sie öffnet die Thematik und regt zur Reflexion an.
4 Versuch einer inhaltlichen Netzwerkerkundung
Nachdem im vergangenen Kapitel ,in die Breite' untersucht wurde, soll sich dieses Kapitel an einem Blick ,in die Tiefe‘ versuchen und eine inhaltliche Netzwerkerkundung vornehmen. Es widmet sich der Historie der VHT-Gesellschaft und erkundet verschiedene Entwicklungsphasen unter der Netzwerkschablone, dabei nimmt es Erfolge und Nutzen des Netzwerks wahr, als auch Bedarfe und Entwicklungswünsche.
4.1 Erkundung der ,Story‘
Vor dem Hintergrund der Offenheit von Netzwerken, betonen Schönig und Motzke, dass es Verbindendes unter Vernetzten geben muss, wofür sich in besonderem Maß die „identitätsbildende[.] Story“ (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 111) eines Netzwerks eignet. Es lohnt sich also, einen vertiefenden Blick auf historische Zusammenhänge und Entwicklungsphasen von Netzen zu werfen und so soll auch die SPIN DGVB e.V. in ihrer Chronik beleuchtet werden. „Netzwerke sind Dramen“ (SCHÖNIG; MOTZKE 2016, 111) benennen Schönig und Motzke weiterhin und stellen ganz im Zeichen eines solchen Dramas fünf Akte zusammen, angelehnt an die fünf Gruppenphasen Orientierung, Konflikt, Konsolidierung, Durchführung sowie Auflösung.
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- Arbeit zitieren
- Felizitas Balzer (Autor:in), 2021, Netzwerkorientierung zur Stärkung des professionellen Selbstbewusstseins von Video-Home-Training (VHT), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1159242
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