Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern die Themenprioritäten deutscher Politiker*innen auf Twitter außerhalb des Wahlkampfs mit der öffentlichen Themenagenda übereinstimmen. Um diese Frage zu beantworten, wird die Twitteragenda deutscher Politiker:innen von April bis einschließlich Mai 2018 mit einer Inhaltsanalyse ermittelt, ebenso wie die Medienagenden zu diesen Personen. Anschließend werden diese Agenden mit der öffentlichen Agenda im gleichen Zeitraum verglichen, welche anhand der Daten einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage bestimmt wird.
Soziale Medien, besonders Twitter, sind in den letzten Jahren zu einem wichtigen Bestandteil der politischen Kommunikation avanciert und werden besonders von Politiker:innen und Journalist:innen genutzt, um selbst zu kommunizieren oder sich zu politischen Themen zu informieren. Ob Politiker:innen sich bei ihrer Themenauswahl auf Twitter an der öffentlichen Agenda orientieren, bleibt dabei eine offene Frage. Studien, die sich im deutschen Kontext mit dem Einsatz von Twitter in der politischen Kommunikation außerhalb von Wahlkämpfen befassen, fehlen bisher in der Literatur.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Befunde: Politische Kommunikation auf Twitter, die öffentliche Agenda und die Agenda der Massenmedien
2.1 Der Microblogging-Dienst Twitter
2.2 Twitter in der politischen Kommunikation: Normalisierung oder Transformation?
2.3 Forschungsstand Transformations- und Normalisierungsthese
2.4 Öffentliche Agenda, Agenda der Massenmedien und politische Agenda
2.5 Zusammenfassung und Hypothesen
3 Untersuchungsdesign und methodisches Vorgehen
3.1 Inhaltsanalyse zur Bestimmung der Twitteragenda
3.2 Inhaltsanalyse zur Bestimmung der Printmedienagenda
3.3 Bestimmung der öffentlichen Agenda
4 Ergebnisse
4.1 Twitter-, Medien- und öffentliche Agenda
4.2 Twitter-, Medien- und Publikumsagenda nach Regierungs- und Oppositionsparteien
4.3 Twitter-, Medien- und Publikumsagenda nach Medienresonanz
5 Diskussion der Ergebnisse
5.1 Twitteragenda der Politiker*innen, Medienagenda und öffentliche Agenda
5.2 Themenwahl der Regierungs- und Oppositionspolitiker*innen
5.3 Themenwahl der Politiker*innen mit hoher und niedriger Medienresonanz
5.4 Limitationen der Arbeit
6 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhangsverzeichnis
Digitales Anhangsverzeichnis
Abstract
Soziale Medien, besonders Twitter, sind in den letzten Jahren zu einem wichtigen Bestandteil der politischen Kommunikation avanciert und werden besonders von Politiker*innen und Journalist*innen genutzt, um selbst zu kommunizieren oder sich zu politischen Themen zu informieren. Ob Politiker*innen sich bei ihrer Themenauswahl auf Twitter an der öffentlichen Agenda orientieren, bleibt dabei eine offene Frage. Studien, die sich im deutschen Kontext mit dem Einsatz von Twitter in der politischen Kommunikation außerhalb von Wahlkämpfen befassen, fehlen bisher in der Literatur. Daher wird folgende forschungsleitende Frage formuliert: Inwiefern stimmen die Themenprioritäten deutscher Politiker*innen auf Twitter außerhalb des Wahlkampfs mit der öffentlichen Themenagenda überein? Um diese Frage zu beantworten, wird die Twitteragenda deutscher Politiker*innen von April bis einschließlich Mai 2018 mit einer Inhaltsanalyse ermittelt, ebenso wie die Medienagenden zu diesen Personen. Anschließend werden diese Agenden mit der öffentlichen Agenda im gleichen Zeitraum verglichen, welche anhand der Daten einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage bestimmt wird. Im Ergebnis zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen der Twitteragenda der Politiker*innen sowie der öffentlichen Agenda. Dies scheint besonders durch die Zugehörigkeit zu einer Regierungs- oder Oppositionspartei beeinflusst. Die Häufigkeit der Erwähnung einer Person in den Medien hat dagegen weniger Einfluss auf ihre Themenauswahl auf Twitter. Damit leistet die Studie einen Ansatzpunkt für künftige Forschung zu der Wirkung des digitalen Raumes im Allgemeinen und dem Microblogging-Dienst Twitter im Speziellen auf die politische Kommunikation. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen können zukünftige Studien beispielsweise die Perspektive der Politiker*innen in Form einer Umfrage einbeziehen.
Abbildungsverzeichnis
Die Abbildungen 3 - 11 wurden aus urheberrechtlichen Gründen von der Redaktion entfernt.
Abbildung 1 Modell wechselseitiger Agenda-Setting-Prozesse
Abbildung 2 Nutzeroberfläche des Programms Facepager
Abbildung 3 Öffentliche Agenda und Agenda der Politiker*innen auf Twitter
Abbildung 4 Agenda Politiker*innen auf Twitter und ihre Medienagenda
Abbildung 5 Agenda Politbarometer und Regierungspolitiker*innen auf Twitter
Abbildung 6 Agenda Politbarometer und Oppositionspolitiker*innen auf Twitter
Abbildung 7 Agenda Regierungspolitiker*innen auf Twitter und ihre Medienagenda
Abbildung 8 Agenda Oppositionspolitiker*innen auf Twitter und ihre Medienagenda
Abbildung 9 Themen der Politiker*innen nach Medienresonanz auf Twitter
Abbildung 10 Themen Regierungspolitiker*innen nach Medienresonanz auf Twitter
Abbildung 11 Themen Oppositionspolitiker*innen nach Medienresonanz auf Twitter
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Ausgewählte Politiker*innen für inhaltsanalytische Untersuchung
Tabelle 2 Ober- und Unterkategorien zur Einordnung des Themas
Tabelle 3 Rangkorrelationen Politiker*innen gesamt
Tabelle 4 Rangkorrelationen der Regierungspolitiker*innen
Tabelle 5 Rangkorrelationen der Oppositionspolitiker*innen
Tabelle 6 Rangkorrelationen nach Parteizugehörigkeit
Tabelle 7 Prozentuale Verteilung der Themen innerhalb der Agenden der Parteien
Tabelle 8 Rangkorrelationen Politiker*innen mit hoher Medienresonanz
Tabelle 9 Rangkorrelationen der Politiker*innen mit niedriger Medienresonanz
1 Einleitung
„Auf Twitter sind ohnehin nur Politiker, Journalisten und Psychopathen unterwegs. Eigentlich müsste ich jetzt meinen Twitter-Account löschen. Das würde mein Leben leichter machen.“ (Dorothee Bär in Vitzhum, 2018)
Dieses Zitat äußerte Dorothee Bär, seit 2018 Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, im März 2018 im Gespräch mit der Zeitung Die Welt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits 25.930 Tweets veröffentlicht und 74.660 Menschen folgten ihrem Twitter-Profil, auf welchem sie bis heute aktiv ist. Dabei weist diese überspitze Bemerkung auf einen wichtigen Aspekt hin, der das Netzwerk charakterisiert: Während Twitter innerhalb der Bevölkerung vergleichsweise wenig verbreitet ist, nimmt es für Politiker*innen, Journalist*innen und die politische Kommunikation eine immer wichtigere Rolle ein (z. B. Hinz, 2015; Jungherr & Jürgens, 2016). Rund vier Prozent der wöchentlichen Twitter- Nutzer*innen in der Gesamtbevölkerung ab 18 Jahren (Koch & Frees, 2017) standen im Jahr 2017 bereits 65 Prozent der Bundestagsabgeordneten gegenüber, die über einen eigenen Twitter-Account verfügten (Schmidt, 2017).
Twitter-Profile bieten Politiker*innen die Möglichkeit, direkt mit Medienvertreter*innen, Interessengruppen und Bürger*innen zu interagieren. Emmer attestiert ihnen die Möglichkeit eines ,,engere[n] Verhältnis mit ihren Anspruchsgruppen sowie eine effektivere Problemlösung und einen Zuwachs an Vertrauen bzw. Glaubwürdigkeit“ (2019, S. 370). Im Unterschied zu etwa Facebook, wird Twitter von Nutzer*innen hauptsächlich verwendet, um sich über aktuelle Geschehnisse zu informieren (z. B. Busemann et al., 2012). So können Politikerinnen das Netzwerk insbesondere für eine individuelle Themenansprache nutzen, mit der die traditionellen Massenmedien mit ihrer Gatekeeper-Funktion umgangen werden können. Diese wirken durch ihre gezielte Themenauswahl aktiv an der Gestaltung der öffentlichen Agenda mit (Hinz, 2015). Die Präsenz der eigenen politischen Themen auf der öffentlichen Agenda ist auch für Politiker*innen unumgänglich. Jun (2016) weist darauf hin, dass der Transport von Inhalten, die zur jeweiligen „öffentlichen Stimmung“ passen für die moderne politische Kommunikation zentral ist. Das Ziel verfolgend, die Macht der eigenen Organisation zu erhalten oder künftig zu erwerben, gilt es die Aufmerksamkeit für die eigenen Themen zu erlangen und Entscheidungen nach außen zu rechtfertigen (Jarren & Donges, 2002).
Dabei ist es eine offene Frage ob Politiker*innen auf Twitter zu Themen kommunizieren, die gerade die öffentliche Agenda dominieren, oder ob sie den Kanal für anderen Themen, beispielsweise die digitale Umgebung betreffend, nutzen. Orientieren sie sich mit ihrer Themenauswahl an der Massenöffentlichkeit oder formulieren sie Themen für eine netzwerkspezifische Zielgruppe? Bietet ihnen Twitter eine Möglichkeit, andere Themen anzusprechen als die, die in den Medien mit ihnen assoziiert werden? Haben strukturelle Merkmale der Politiker*innen einen Einfluss auf ihre Themenwahl?
Besonders intensiv wird Twitter von Politiker*innen während des Wahlkampfes genutzt. Dementsprechend fokussierte sich die bisherige Forschung auch auf diesen Zeitraum (Jungherr, 2017). Überproportional häufig stehen zudem Wahlkampagnen der US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen im Zentrum der Untersuchungen.1 Eine Übertragung dieser Erkenntnisse auf Deutschland gestaltet sich jedoch durch divergierende Medien-, Wahl- und Parteiensysteme schwierig. Zusätzlich konzentrieren sich die meisten Forschungsarbeiten dieses Feldes ausschließlich auf die Online-Kommunikation und vernachlässigen Bezüge zur Offline-Welt (Tumasjan et al., 2010). Untersuchungen, die sich mit dem Einsatz von Twitter durch deutsche Bundespolitiker*innen außerhalb von Wahlkämpfen befassen, fehlen nahezu vollständig. Dieser Forschungslücke widmet sich die hier vorliegende Arbeit. Denn besonders Nicht-Wahlkampf-Perioden können helfen besser zu verstehen, wie Politiker*innen ihre Botschaften in den sozialen Netzwerken auswählen. Abseits von Wahlkampfzeiten wird dem Issue Management, also der Thematisierung sowie De-Thematisierung und Einwirkung auf die Meinungs- und Willensbildung, von fast allen politischen Akteuren große Bedeutung beigemessen (Jarren & Donges, 2002). Zudem ist eine ständige Präsenz ihrerseits auf sozialen Medien erforderlich, um diese auch während kommender Wahlkämpfe glaubhaft in das eigene Kommunikationsrepertoire zu integrieren (Albers, 2010). Ebenso finden sich Hinweise darauf, dass eine Verstetigung von Politiker*innenkommunikation über Wahlkämpfe hinaus positiv von Bürger*innen bewertet wird (Anastasiadis et al., 2018).
Im Kontext der hier vorliegenden Arbeit soll daher folgender Frage nachgegangen werden:
Inwiefern stimmen die Themenprioritäten deutscher Politiker*innen auf Twitter außerhalb des Wahlkampfs mit der öffentlichen Themenagenda überein?
Diese Frage kann als Spezialfall der Transformations- versus Normalisierungsdebatte angesehen werden, welche die theoretische Fundierung dieser Arbeit darstellt. Beide Thesen beschäftigen sich mit dem Einfluss des digitalen Raumes auf die politische Kommunikation im Allgemeinen und sollen hier auf Twitter angewendet werden. Nachdem zu Beginn der Arbeit kurz der Microblogging-Dienst Twitter und seine Funktion für die politische Kommunikation vorgestellt wird, werden die kontrahierenden Thesen näher erläutert. Anschließend erfolgt eine theoretische Bezugnahme zur Offline-Welt, indem die öffentliche Agenda sowie das Spannungsfeld zwischen ihr, der Agenda der Massenmedien und der politischen Kommunikation beleuchtet wird. Den empirischen Teil der Arbeit bildet ein Vergleich der Themenagenda deutscher Bundespolitiker*innen auf Twitter, der Medienagenda zu ihrer Person sowie der öffentlichen Agenda im gleichen Zeitraum. Dazu wird eine inhaltsanalytische Untersuchung der Tweets ausgewählter Politiker*innen über einen Zeitraum von acht Wochen durchgeführt. Für selbige Politiker*innen werden außerdem mit einer Inhaltsanalyse die Themen erhoben, die die Agenda der Medien zu ihrer Person prägen. Die öffentliche Agenda wird mittels Daten aus einer allgemeinen Bevölkerungsumfrage, in diesem Fall dem Politbarometer 2018, ermittelt. Mit Twitter-Daten allein ist es nicht möglich zu erheben, welche Themen die Bürgerinnen und Bürger als wichtig empfinden. Ursache hierfür ist, dass das auf Twitter vorherrschende Meinungsspektrum als nicht repräsentativ für die deutsche Gesamtbevölkerung gewertet werden kann (Hölig, 2018). Es ist bisher wenig darüber bekannt, was ein aktives Twitterverhalten von Menschen begünstigt, die nicht aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Elitenposition professionell twittern. Darüber hinaus führt die technische Entwicklung der letzten Jahre zu einer wachsenden Anzahl an Accounts, hinter welchen Bots anstatt realer Menschen Inhalte produzieren (Blätte et al., 2018).
Um die Forschungsfrage dieser Arbeit zu beantworten, werden die Daten der Analysen aller drei Agenden in einheitlichen Themenkategorien codiert und anschließend vergleichend ausgewertet. Eine kritische Diskussion der Ergebnisse sowie ein Ausblick auf zukünftige Forschung bilden den Abschluss der Arbeit.
2 Theoretische Befunde: Politische Kommunikation auf Twitter, die öffentliche Agenda und die Agenda der Massenmedien
Mit der steigenden Nutzung des digitalen Raumes und besonders der sozialen Netzwerke innerhalb der Bevölkerung, wird es für Politiker*innen immer wichtiger online Präsenz zu zeigen. Twitter bietet durch seine öffentliche Kommunikation - im Unterschied zu etwa Facebook - eine besonders geeignete Plattform für politische Kommunikation (Dusch, 2015). Diese wird seit dem Bundestagswahlkampf 2009 von deutschen Politiker*innen fortlaufend in ihr Kommunikationsrepertoire integriert (z. B. Jungherr & Jürgens, 2016), nachdem Twitter erstmals 2007 im Wahlkampf der Demokraten um die US-Präsidentschaftskandidatur relevant wurde (Harfoush, 2009). Welche Eigenschaften Twitter kennzeichnen und welche theoretischen Erwartungen an die Nutzung durch Politikerinnen - insbesondere in Bezug auf die Wahl ihrer Themen - verbunden sind, wird im Folgenden vorgestellt.
2.1 Der Microblogging-Dienst Twitter
Der Online-Dienst Twitter (engl. für „Gezwitscher“) wurde im Jahr 2006 in den USA gegründet und kann von Privatpersonen, Organisationen, Firmen oder Institutionen kosten- und werbefrei genutzt werden. Zwar teilt Twitter diverse Eigenschaften sozialer Netzwerke, wie beispielsweise halb-öffentliche Profile, die Interaktivität, den sozialen Charakter der Interaktion oder die Vernetzung mit anderen Nutzer*innen, mit seinen Funktionen und Eigenschaften ist es jedoch den klassischen Web-Logs2 ähnlicher (Pfaffenberger, 2016). Ross et al. definieren Twitter daher als Microblogging-Dienst (2011, S. 217):
„Microblogging is a variant of blogging, which allows users to quickly post short updates, providing an innovative communication method that can be seen as a hybrid of blogging, instant messaging, social networking and status notifications. [...] the contents are short postings, these postings are kept together by a common content author who controls publication, and individual blog entries can be easily aggregated together.”
Die Daten, die dabei entstehen, werden als digitale Spurendaten bezeichnet und resultieren aus einem Datengenerierungsprozess mit einer Vielzahl von Stimuli (Hinz, 2015). So entsteht eine Fülle an Informationen, welche unter anderem für die akademische Forschung genutzt werden können. Informationen über den Kontext der Entstehung sind in Daten dieser Art jedoch nicht enthalten.
Technisches Design
Twitter bietet eine Plattform zum Teilen von Text-Nachrichten (Tweets) in einem personalisierten, öffentlichen Nachrichtenstrom (Jürgens & Jungherr, 2011).3 Andere Twitter- Nutzer*innen können diese Beiträge abonnieren und dann in ihrer persönlichen Timeline sehen. Nutzer*innen, die Beiträge von anderen abonnieren werden als Follower bezeichnet. Die Privatisierung des eigenen Profils ist nicht üblich. Dies unterscheidet Twitter von anderen Netzwerken wie Facebook, deren Nutzung auf einseitigen oder reziproken Freundschaftsbeziehungen basiert (Stier et al., 2018).
Thimm et al. (2012) entwickelten ein Operatorenmodell welches zeigt, dass Twitter mit vier Kommunikationsoperatoren multireferenzielle Teilnahmeoptionen bietet. Mithilfe des @- Operators können andere Nutzer*innen direkt erwähnt oder adressiert werden, während der Retweet-Operator (RT) durch die Weiterleitung von Tweets eine Diffusionsfunktion einnimmt. Die begrenzte Anzahl an Zeichen pro Tweet kann durch den http-Operator um externe Inhalte erweitert werden, was eine argumentative Substantiierung ermöglicht. Mit dem HashtagOperator (#) können Zeichenketten indexiert werden. Durch eine kollektive Verwendung von Hashtags konstituieren sich schließlich Teil-Öffentlichkeiten auf Twitter (Thimm et al., 2017).4
Vor allem drei Aspekte des technischen Designs von Twitter prädestinieren den Microblogging-Dienst für die akademische Forschung, wie Jungherr & Jürgens (2016) darstellen:
- Publizität: Twitter ist eine offene Publikationsplattform, solang nicht explizit durch die Autorinnen der Tweets anders festgelegt. Die Informationen auf Twitter sind damit öffentlich und für alle Forschenden zugänglich.
- Dialogorientierung: Die durch die Nutzungskonventionen vorgegebene Interaktion ermöglicht eine erleichterte Analyse des stattfindenden Kommunikationsgeschehens. Diese sind vergleichbar mit formalen Vorgaben bei Printmedien.
- Offenheit: Über die Programmierschnittstelle (API) ermöglicht Twitter Dritten Zugang zu allen Interaktions-Angeboten. Zusätzlich sind automatisierte Abfragen, die sich besonders für das wissenschaftliche Arbeiten eignen, möglich.
Twitter-Nutzung in Deutschland
Über generelle Nutzer*innenzahlen und insbesondere über die Anzahl der aktiven Nutzenden gibt das Unternehmen keine Auskünfte (Hölig, 2018). Für das Jahr 2017 stellte die ARD/ZDF- Onlinestudie 2017 fest, dass vier Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung ab 18 Jahren wöchentlich Twitter nutzen, davon ein Prozent täglich (Koch & Frees, 2017). Unabhängig von den exakten Zahlen ist jedoch festzuhalten, dass der Microblogging-Dienst innerhalb der deutschen Bevölkerung wenig genutzt wird. Nicht nur über die Anzahl der aktiven Twitternden, die das Stimmungsbild auf der Plattform prägen, auch über ihre demografische Struktur ist wenig bekannt. Hölig (2018) untersuchte in seiner Studie Personen, die sich regelmäßig privat auf Twitter äußern und verglich diese mit einer repräsentativen Stichprobe erwachsener Internetnutzer*innen in Deutschland. Dabei zeigte sich, dass sich die aktiven Twitternden sowohl in demografischer, politischer als auch in Hinsicht auf ihre Persönlichkeitsmerkmale vom Durchschnitt der Internetnutzenden und damit auch der Gesamtbevölkerung unterscheiden. Die aktiven Twitternden sind jünger, weisen einen größeren Männeranteil auf und verfügen über eine höhere formale Bildung. In ihrer politischen Orientierung sind sie heterogener um die politische Mitte verteilt (Hölig, 2018). Es kann also festgehalten werden, dass lediglich ein kleiner Teil der Bevölkerung in Deutschland Twitter nutzt und von diesen Nutzer*innen nur ein kleiner Teil selbst aktiv ist. Die aktiven Nutzer*innen wiederum unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Merkmale deutlich vom Durchschnitt der deutschen Gesamtbevölkerung. In Bezug auf Politik scheinen sie zudem interessierter, was das Netzwerk für politische Kommunikation besonders attraktiv macht.
Demgegenüber ist die Twitter-Nutzung für die politische Kommunikation weit verbreitet (z. B. Schmidt, 2017). 2013 nutzen bereits 53 Prozent der Bundestagsabgeordneten Twitter, nach der Bundestagswahl 2017 stieg die Zahl auf 65 Prozent. Als genuine Faktoren der Nutzung von Twitter durch Politiker*innen sind das Versorgen von Bürger*innen mit Informationen, das Mobilisieren von Wähler*innen, die virtuelle Vernetzung sowie die Möglichkeit zur inhaltlichen Partizipation und Diskussion zu nennen (Hinz, 2015). Im Fall von Twitter ist es eine wichtige Frage, ob der Microblogging-Dienst die politische Kommunikation für neue Inhalte öffnet oder sich die Inhalte, die auch auf der öffentlichen Agenda und den traditionellen Massenmedien eine prominente Stellung innehaben, durchsetzen. Dies kann als Spezialfall der Transformations- versus Normalisierungsdebatte angesehen werden, welche sich mit den Allgemeinen Internet-induzierten Bedingungen für die politische Kommunikation befasst (Jungherr & Jürgens, 2016).
2.2 Twitter in der politischen Kommunikation: Normalisierung oder Transformation?
Bevor näher auf die beiden Wirkungsvermutungen des digitalen Raumes auf die politische Kommunikation eingegangen wird, soll in diesem Kapitel zunächst festgehalten werden, was im Rahmen dieser Arbeit unter politischer Kommunikation zu verstehen ist.
Eine einheitliche - oder zumindest in weiten Teilen der Wissenschaft akzeptierte - Definition des Begriffes „politische Kommunikation“ existiert nicht. Vielmehr findet sich eine Vielzahl an Perspektiven und theoretischen Bezugsrahmen. Jarren und Donges (2002) schlagen folgende Definition vor: „Politische Kommunikation ist der zentrale Mechanismus bei der Formulierung, Aggregation, Herstellung und Durchsetzung kollektiv bindender Entscheidungen und somit kaum von Politik zu trennen“ (S. 19). Für diese Arbeit ist besonders die Beschäftigung mit der sogenannte top-down oder vertikal ausgerichtete politischen Kommunikation zentral. Darunter wird die Form der Kommunikation verstanden, die in der Hand von etablierten, politischinstitutionellen Entscheidungsträger*innen liegt, in diesem Fall von parteipolitischen Akteur*innen (Voss, 2014).5
Den Rahmen für diese Kommunikation bilden die Massenmedien, welche auch maßgeblich dazu beitragen, wie sich politische Kommunikation entwickelt. Um die eigenen politischen Themen erfolgreich innerhalb der medialen Agenda zu platzieren, müssen Politiker*innen die spezifische Logik dieser befolgen (Dohle et al., 2014). Politische Akteure sind damit auf die Medien angewiesen, um mit ihnen ihre eigene Klientel sowie andere Anspruchsgruppen ressourcensparend und kostengünstig zu erreichen. Dabei ist die Responsivität der Medien gegenüber unterschiedlichen Akteuren und Themen variabel (Jarren & Donges, 2002). Vor dem Aufkommen des Internets waren Fernsehen, Radio und Printmedien die alleinigen Akteure in diesem Prozess und fungierten als „Sprachrohr der Regierenden an das Volk“ (Hinz, 2013). Mit dem Aufkommen des Internets als neuem Medium in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts und dessen eigener Logik veränderten sich die Arenen und Möglichkeiten der politischen Kommunikation und insbesondere das Verhältnis zwischen Sendenden und Empfangenden umfänglich.
Die Transformationsthese
Mit steigender Popularität und Verbreitung des Internets in den Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts entwickelten viele Autoren weitreichende, optimistische Erwartungen an das Internet für die Demokratie im Allgemeinen. Die nun verfügbaren Informationen ermöglichten demnach eine zunehmende Interaktivität, sowohl zwischen den Nutzenden untereinander als auch zwischen ihnen und politischen Eliten (z. B. Barber, 1998). Dies wurde als kommunikatives „Empowerment“ der Bürgerinnen bezeichnet und mit der Idee einer Enthierarchisierung zwischen ihnen und politischen Akteur*innen verbunden (Anastasiadis et al., 2018). Diese ersten Annahmen während der Verbreitung des Internets Mitte der Neunziger Jahre können jedoch eher als „selektive Sammlung von Anekdoten“ (Neumann, 2001, S. 299) als eine systematische Theorie beschrieben werden.
Im Folgenden entwickelte sich hieraus ein Forschungszweig, der im Wesentlichen die Potenziale des World-Wide-Web für die folgenden drei Gruppen beschreibt (Jungherr, 2012):
- Bürger*innen können auf ein erweitertes Informationsspektrum zugreifen und haben die Möglichkeit, die von traditionellen politischen Akteuren ausgehenden Informationen selbstständig zu prüfen und gegebenenfalls Widersprüche öffentlich kenntlich zu machen (z. B. Morris, 1999).
- Besonders Kandidat*innen strukturell schlechter aufgestellter Parteien bietet das Internet die Möglichkeit, Informationen auf eigenen Kanälen zu verbreiten. So können sie Bürger*innen direkt erreichen, ohne auf die Kanäle der traditionellen Massenmedien angewiesen zu sein. Für diese Gruppen erweist sich das Netz als vorteilhaft, da die klassischen Massenmedien bei der Auswahl und Darstellung ihrer Nachrichten häufig Kriterien anwenden, die für diese nachteilig sind (z. B. Bennett, 2003).
- Auch klassische parteipolitische Akteur*innen können die Möglichkeiten nutzen, um Bürger*innen direkt zu erreichen und mit ihnen einen Dialog zu führen (z. B. Davis, 1999).
Die Annahmen zu den beiden letztgenannten Gruppen sind für die hier vorliegende Arbeit relevant. Es besteht zudem die Annahme, dass digitale Medien erlauben, die öffentliche Meinung objektiv und in Echtzeit zu ermitteln. Damit ist sowohl für Regierende als auch Regierte eine direkte Repräsentation möglich (Jungherr, 2017). Der Aufstieg von Web-2.0- Technologien, insbesondere die Entstehung sozialer Netzwerke, ist in diesem Kontext mit
Erwartungen an das transformative Potenzial des Webs verbunden (Stieglitz et al., 2012). Die Plattformen ermöglichen es strukturell benachteiligten Politiker*innen, ein großes Publikum direkt anzusprechen, ohne die Hürden der traditionellen Gatekeeper passieren zu müssen (Skovsgaard & van Dalen, 2013). Da sich Botschaften in der Online-Welt mit geringem Aufwand verbreiten lassen, entsteht eine größere inhaltliche Bandbreite, wodurch eine Heterogenisierung in Bezug auf Themen, Quellen oder Positionen zu erwarten ist (Dohle et al., 2014). Wenig Konsens herrscht in der Literatur bisher darüber, welche Indikatoren die politisch Agierenden als strukturell bevorteilt oder benachteiligt charakterisieren. Es kann dabei sowohl zwischen persönlichen (Alter, Geschlecht, Amtsdauer etc.) als auch strukturellen Charakteristika (Berichterstattung, Schlüsselpositionen) unterschieden werden (Engelmann et al., 2019). Für diese Arbeit sollen die letztgenannten Kriterien einbezogen werden. Der Unterschied zu persönlichen Charakteristiken besteht darin, dass sie den politischen Erfolg der Agierenden online wie offline beeinflussen und damit die Rolle weniger veränderbarer persönlicher Charakteristika kompensieren können (Engelmann et al., 2019). Da es sich bei Twitter um ein themenzentriertes Netzwerk handelt, kann vermutet werden, dass sich strukturell benachteiligte Politiker*innen mit ihren politischen Aussagen hier größere Erfolge erhoffen, als etwa auf Facebook. Auf diesem Netzwerk finden sich größere Parallelen zwischen der Nutzerschaft und der allgemeinen Wahlbevölkerung, was sich als nachteilig für sie erweisen kann. Demnach ist für dies Gruppe der strukturell benachteiligten Politiker*innen von einer veränderten Themenwahl auf Twitter im Vergleich zu ihren, im Vorteil stehenden, Kolleg*innen auszugehen.
Die Normalisierungsthese
Die empirische Beobachtung, dass trotz der erklärten transformierenden Wirkung des Netzes auch hier die Angebote traditioneller politischer Akteur*innen dominieren, führte zu der Entwicklung einer zweiten theoretischen Perspektive. Margolis und Resnick (2000) haben hierfür den Begriff „Normalisierung“ geprägt. Rußmann (2011) hält dazu fest: „Die Normalisierungsthese (...) geht davon aus, dass die politische Kommunikation im Web politische Offline-Strategien widerspiegelt und ggf. verstärkt“ (S. 140). In der Literatur ist teilweise auch der Begriff der institutionellen Anpassungsthese (z. B. Chadwick, 2006) zu finden, welche besagt, dass keine Internet-induzierte Veränderung der politischen Gewichte im gegenwärtigen System stattfindet. Stärkere Akteure der Offline-Welt verdrängen demnach aufgrund höherer Etats und höherer Reichweiten in der realen Welt die Angebote von kleineren politischen Akteuren in der Online-Welt. Aus dieser Perspektive spiegelt das Internet die realen politischen Kräfteverhältnisse wider und verändert diese nicht (Jungherr, 2012). Zwar besteht (möglicherweise) zu Beginn ein Vorteil für schwächere Akteure, dieser wird jedoch mittelfristig egalisiert und die „normalen“ Verhältnisse treten wieder ein (Margolis & Resnick, 2000). Demnach können sich die im Vorteil stehenden politischen Akteure auch in den sozialen Medien vorteilhafter positionieren und ihre Themen dominieren hier. In der Literatur wird dies verschieden begründet. Zum einen werden die Informationsroutinen von Nutzer*innen ins Feld geführt, die aus der Vielzahl an Angeboten im Netz am ehesten ihnen bereits aus der OfflineWelt vertraute Angebote wählen (Davis, 1999). Zum anderen trage vor allem die Linkstruktur des Webs dazu bei, dass ein Ungleichgewicht in der Sichtbarkeit von Angeboten - zugunsten von bereits etablierten Akteur*innen - entsteht. Im Hinblick auf das themenzentrierte Netzwerk Twitter ist damit von keinen Vorteilen für strukturell benachteiligte Politiker*innen auszugehen. In ihrer Themenauswahl unterscheiden sie sich demnach nicht von ihren, im Vorteil stehenden, Kolleg*innen.
2.3 Forschungsstand Transformations- und Normalisierungsthese
Die wachsende Relevanz des Internets in Bezug auf politische Themen wird seit den 1990er Jahren von Forscher*innen analysiert und dokumentiert. In den zentralen Debatten der Politikwissenschaft finden sich dazu jedoch nur wenige Spuren. Ein Grund hierfür ist die im Feld der Politikwissenschaft präsente paradigmatische Auffassung von kleinen Medieneffekten auf die politische Meinungsbildung, die für geringere Untersuchungsanreize sorgt (Jungherr, 2017). Demgegenüber kann auf zwanzig Jahre Forschungsarbeit in den Disziplinen Soziologie und Kommunikationswissenschaft zurückgegriffen werden (Farrell, 2012). Die Diskussion der Rolle des Internets für die politische Kommunikation findet dabei meist vor dem Hintergrund der größeren Debatte zu den Auswirkungen des Internets auf die Politik im Allgemeinen statt (Jungherr, 2017). Jene Debatte fand ihren Höhepunkt in der Literatur zwischen 1995 und 2005, die Arbeiten dieser Zeit bilden bis heute explizit oder implizit die theoretische Grundlage vieler aktueller Beiträge (Jungherr & Jürgens, 2016). Ziel der Studien, welche der Normalisierungsoder Transformationsthese nachgehen, ist das Herausstellen von Charakteristika, die die Nutzung des Internets durch Politiker*innen erklären.
Diverse Studien zum Einsatz des Internets durch Politiker*innen scheinen bisher in Richtung einer normalisierenden Wirkung des digitalen Raums für die politische Kommunikation zu deuten. So zeigte sich, dass das dialogische Potenzial sozialer Medien - themen- und kontextunabhängig - vergleichsweise selten abgerufen wird (z. B. Sandhu, 2015; Thummes & Malik, 2015), was gegen die zunächst vermutete demokratisierende und transformierende Wirkung spricht. Hinzukommend zeigen Studien, dass sich die Strategien der Politiker*innen online mit denen in der Offline-Welt decken (Duckmann et al., 2011). Die klassischen Kommunikationsmuster setzten sich dabei im Netz fort und bedingen eine inhaltliche Annäherung der beiden Arenen (Schweitzer & Albrecht, 2011). In diesen Szenarien stellt das Internet lediglich ein erweitertes Werkzeug zur Verbreitung derselben Informationen wie auch Offline dar. Jedoch entstanden die meisten Studien dazu vor der verstärkten Nutzung der Web- 2.0-Anwendungen sowie während Wahlkampf-Phasen (Vergeer et al., 2011). Es bleibt damit eine offene Frage, ob sich diese Ergebnisse auch auf wahlkampfreie Zeiträume übertragen lassen.
Seit der Geburtsstunde des Internets hat sich die Grundstruktur der Debatte zwischen den beiden Positionen nicht verändert und in den kontrahierenden Polen der Transformations- und Normalisierungsthese gefestigt. Jungherr (2017) merkt dazu an, dass dieser Diskussionsverlauf in seiner Grundstruktur in der Diskussion politischer Wirkungen neuer Technologien regelmäßig auftritt. Ein Vorteil den die Unterscheidung in eine Transformations- und Normalisierungsthese bietet, ist die Skizzierung klar unterscheidbarer Szenarien. Diese strikte Trennung wird jedoch durch das Ausklammern etwaiger Differenzierungen innerhalb des Betrachtungsgegenstandes begünstigt. So werden in der Literatur häufig verschiedene politische Verhaltensweisen und Arenen gleichbehandelt, die jedoch von dem Feld der Onlinekommunikation in unterschiedlichem Maße tangiert werden. Graber et al. (2004) bemerkten hierzu „The issue is less one of whether everything or nothing will change - as the current debate sometimes suggests - than one of identifying what will change, what will not, and why“ (S. 92). Einige Autorinnen kritisieren in diesem Zusammenhang die fehlende soziale und institutionelle Einbettung politischen Handelns (z. B. Bimber, 2003). Zusätzlich entstammen beide Thesen einer Zeit, in der „das Internet“ als homogener Einflussfaktor betrachtet werden konnte. Dieser Vereinfachung kann die Vielfältigkeit an Diensten und Techniken, welche heute Bestandteil des Internets sind, nicht mehr gerecht werden (Jungherr, 2012). Web-2.0-Angebote spielten für professionelle Akteur*innen und Bürger*innen flächendeckend lediglich eine geringe Rolle.
Auch für diese Arbeit, in welcher die Nutzung des Internets durch politische Eliten, besonders Politiker*innen, im Fokus steht, muss auf die Literatur der Auswirkungen des Internets im Allgemeinen zurückgegriffen werden, da differenzierte theoretische Fundierungen, besonders in Bezug auf die aktive Themenwahl der Politiker*innen im Internet fehlen. Um den Schwierigkeiten der beiden Konstrukte mildernd zu begegnen, wird im Rahmen dieser Arbeit ein verschlankter Untersuchungsgegenstand beachtet. So wird sich im weiteren Verlauf der Arbeit mit dem Microblogging-Dienst Twitter lediglich auf ein soziales Netzwerk und dessen Bedeutung für die politische Kommunikation im deutschen Kontext konzentriert. Der Fokus auf die Themenwahl der politischen Akteure soll zudem eine Eingrenzung ermöglichen. Um zusätzlich die gesamtgesellschaftliche Ebene zu betrachten, soll neben der Auswertung von Twitter-Daten im späteren Verlauf der Arbeit auch ein Vergleich mit Daten aus einer allgemeinen Bevölkerungsumfrage erfolgen. Mit diesen soll die öffentliche Agenda nachvollzogen werden.
2.4 Öffentliche Agenda, Agenda der Massenmedien und politische Agenda
Im Rahmen dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, inwiefern die Themen deutscher Bundespolitiker*innen auf Twitter mit der öffentlichen Agenda übereinstimmen. Daher soll im Folgenden zunächst näher erläutert werden, was unter einer öffentlichen Agenda zu verstehen ist, wie sich diese formiert und in welchem Verhältnis sie sich zur Agenda der Politiker*innen positioniert.
Rogers und Dearing (1988) definieren den Begriff einer Agenda wie folgt a list of issues and events that are viewed at a point in time as ranked in a hierarchy of importance” (S. 565). Die Annahme, dass die Gewichtung von Themen in der Medienberichterstattung (Medienagenda) die öffentliche Agenda in besonderem Maße beeinflussen, wird als AgendaSetting-Approach bezeichnet. Dieser Ansatz beruht auf den theoretischen Grundlagen von Cohen (1963), welcher anmerkte „...It [the press] may not be successful much of the time in telling people what to think, but it is stunningly successful in telling its readers what to think about” (S. 13). Demnach können die Massenmedien die öffentliche Themenagenda gestalten, haben jedoch keinen Einfluss auf die Einstellung der Rezipierenden zu diesen Themen. Tritt zwischen der Rangfolge der Themen auf der Medien- und Publikumsagenda Kongruenz auf, so bestimmt die Medienagenda die Themen der Publikumsagenda, deren Rangfolge und gesellschaftliche Relevanz (von Gross, 2008).
Als Vorreiter-Studie auf dem Gebiet der Agenda-Setting-Forschung gilt die sogenannte Chapel-Hill-Studie. Hierbei verglichen McCombs und Shaw (1972) die Bedeutung, die Wähler*innen den Wahlkampfthemen der Präsidentschaftswahl 1968 beimaßen, mit der Berichterstattung der lokalen Medien. Methodisch handelte es sich dabei um den Vergleich einer Bevölkerungsumfrage mit einer Inhaltsanalyse der Massenmedien im gleichen Zeitraum. Im Ergebnis zeigte sich ein starker Zusammenhang zwischen der Nennung von Wahlkampfthemen in der Befragung und der Berichterstattung der Medien. Trotz methodischer Einschränkungen6 bleibt die Annahme bestehen, dass die Themenpräferenzen „des Publikums” durch die Berichterstattung „der Medien” bestimmt werden.
Die zentralen Variablen der Agenda-Setting-Forschung sind dabei die Wichtigkeit (Salience) von Themen (Issues) (Eichhorn, 2005). Beide Begriffe sind auch für die nachfolgende Analyse dieser Arbeit relevant, wobei besonders für das Thema unterschiedliche Konzeptionen vorliegen.7 Gemeinsam sind diesen jedoch folgende Punkte (Eichhorn, 1986):
- Das Ereignis selbst ist vom Thema konzeptionell zu trennen. Jenes bezieht sich immer auf eine Gruppe zusammengehöriger Ereignisse oder ein einzelnes Ereignis.
- Mit dem Ereignis in Verbindung stehende Vorgänge sind ebenfalls dem Thema zuzuzählen (z. B. Interpretationen, zusätzliche Informationen, Handlungsmuster).
- Das Thema ist stets auf die öffentliche (nicht private) Sphäre, in der Regel auf gesellschaftliche Subsysteme, zu beziehen. Auch bei der Nennung von Einzelpersonen betrifft dies die öffentlich relevante Rolle dieser Person.
- Themen können als quasi-hierarchische Netzwerke betrachtet werden. Demnach lässt sich für ein Thema immer mindestens ein weiteres, übergeordnetes Thema finden. Werden mehrere Themen verglichen, so muss dies innerhalb der gleichen Hierarchiestufen erfolgen.
Die Salienz kann mit der Frage nach als wichtig erachteten öffentlichen Streitfragen ermittelt werden. Werden Befragte stattdessen gebeten verschiedene, vom Forschenden ausgewählte Themen auf einer Likert-Skala nach ihrer persönlich empfundenen Wichtigkeit zu ordnen, wird die Wichtigkeit ermittelt (von Gross, 2008). Auf der Seite der Medien erfolgt die Erhebung der Wichtigkeit dagegen über inhaltsanalytische Messungen.
Der Agenda-Setting-Ansatz wurde besonders für politische Nachrichten in mehr als 500 Veröffentlichungen theoretisch und empirisch untersucht (Abdi-Herrle, 2018). Besonders bei der Politikvermittlung nehmen Medien als Anbieter und Interpreten von Informationen eine besonders wichtige Stellung ein. Indem Massenmedien die Themen festlegen, die innerhalb der Gesellschaft diskutiert werden und damit für politisches Handeln relevant sind, leisten sie einen Beitrag zum gesellschaftlichen Konsens (Eichhorn, 2005). Insgesamt wuchs ihre Bedeutung in den letzten Jahren mit dem Entstehen einer Mediengesellschaft kontinuierlich. Kepplinger (1998) merkt hierzu an: „Dadurch erhielten die Medien eine Schlüsselstellung: Ihre Berichterstattung wurde von einer Begleiterscheinung zu einer Voraussetzung für Politik, Wirtschaft und Kultur“ (S. 37 f.). Neben politischen Akteuren sowie den Bürgerinnen und Bürgern zählen sie zu den drei Hauptakteursgruppen (Jun, 2016). Die Entscheidung, welche der zur Verfügung stehenden Informationen von ihnen verbreitet werden, erfolgt autonom anhand sogenannter Nachrichtenfaktoren.8 Damit schaffen sie eine mediale Realität des politischen Geschehens, welche einer medialen Logik folgend ausschnitthaft die umfassendere politische Realität abbildet (Jun, 2016). Der Kommunikationsprozess, in welchem politische Akteure versuchen, für sie wichtige oder als günstig erachtete Themen in die öffentliche Diskussion zu tragen, wird hingegen als Agenda-Building-Prozess bezeichnet (Brettschneider, 1998). Auch politische Akteure nehmen demnach einen Einfluss auf die Medienagenda und veranlasst die Medien Themen aufzugreifen, welche die Politik setzt. Rogers und Dearing (1988) entwickelten hierzu ihr Dreieck der politischen Kommunikation. Laut diesem werden drei Komponenten im Agenda-Setting-Prozess unterschieden: Die Medienagenda, die öffentliche Agenda (Publikumsagenda) sowie die Agenda politischer Akteure (Policy-Agenda). Zwischen diesen lassen sich wechselseitige Einflüsse feststellen, die jedoch in ihrer Stärke variieren. Abbildung 1 fasst diese grafisch zusammen.
Abbildung 1
Modell wechselseitiger Agenda-Setting-Prozesse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anmerkung . Maurer (2010, S. 68), nach Rogers und Dearing (1988).
In Untersuchungen zeigte sich, dass vor allem die überregionalen Printmedien die Agenda der Öffentlichkeit bestimmen (z. B. McCombs, 2004) und diese Agenda auch von anderen Medien übernommen wird (z. B. McCombs, 2005). Demnach hat auch der Agenda-Setting-Prozess innerhalb des Mediensystems einen „Top-down“-Charakter (Abdi-Herrle, 2018).9 Wie empirische Studien zeigen, ist es für die Themen der Oppositionsakteure oftmals schwieriger in den Medien stattzufinden. In diesem Zusammenhang wird vom sogenannten „Amtsbonus“ gesprochen (Jarren & Donges, 2002). Unter Opposition ist in diesem Fall die parlamentarische Opposition zu verstehen. Medien favorisieren systematisch die Themen der Regierungsvertreter und vernachlässigen häufig Stimmen der anderen Parteien des politischen Spektrums (z. B. Bennett, 1990; Bennett, Lawrence, & Livingston, 2007). Für Regierungskoalitionsparteien und die Medien ist demnach von einem symbiotischen Verhältnis auszugehen, während das Verhältnis zwischen den Massenmedien und den Oppositionsparteien distanziert ist (Knoche & Lindgrens, 1993). Demnach ist zu erwarten, dass sich auch die Themen der Parteien in Regierungsverantwortung häufiger auf der öffentlichen Agenda finden.
Das Verhältnis von Twitter und der öffentlichen Agenda
Die Ursprünge der Agenda-Setting-Forschung entstammen einer Zeit, in welcher das Verhältnis zwischen Massenmedien und Publikum eindeutig hierarchisch bestimmbar war. Vor dem Aufkommen des Internets nahmen die traditionellen Medien eine exklusive gesellschaftliche Stellung ein und fungierten als alleinige Gatekeeper für Informationen. Sie entschieden, welche Themen für die breite Öffentlichkeit sichtbar wurden und bestimmten damit deren Agenda mit (Abdi-Herrle, 2018). Mit dem Aufkommen des Internets veränderte sich das Informationsangebot für die Rezipienten entscheidend, was auch die traditionellen Massenmedien herausforderte. Im Gesamten stellen die Studien zwar ein verändertes Informationsverhalten durch digitale Medien fest, dennoch sind es die Onlineangebote der traditionellen Medien (z. B. tagesschau.de, Spiegel online, Focus online), welche am häufigsten genutzt werden (Abdi-Herrle, 2018). Zudem werden diese als vertrauenswürdiger eingeschätzt als andere Internetquellen, besonders im Vergleich zu den sozialen Medien (Gleich, 2019).
Aber auch vonseiten der Redaktionen traditioneller Medien findet ein umfassender Umgang mit Twitter und anderen sozialen Netzwerken statt. Damit entsteht eine Brücke zwischen neuen und alten Medien. Besonders Journalisten im Online-Bereich nutzen Twitter als RechercheTool (Alejandro, 2010). Aus einer Untersuchung von Abdi-Herrle (2018) geht hervor, dass Twitter im Mai 2014 in 129 Artikeln des Mediums Spiegel Online als offizielle Quelle angeführt wurde, was einem Anteil von fünf Prozent entspricht. Dies weist darauf hin, dass Twitter durchaus einen Einfluss auf die Agenda der traditionellen Medien hat, dieser jedoch gering ist. Damit bleiben die traditionellen Medien als entscheidende Agenda-Setter bestehen (Abdi-Herrle, 2018). Das Zusammenspiel von alten und neuen Medien macht demnach den Agenda-Building-Prozess vielfältiger und hybrider, die Zusammensetzung der Akteure bleibt dennoch nahezu unverändert. Dies liegt vor allem daran, dass an zentraler Stelle noch immer die „torbewachenden“ Journalistinnen stehen und ihre Relevanzkriterien anwenden. Demnach kann der Sprung von Informationen auf Twitter in die traditionellen Medien - und damit auf die öffentliche Agenda - nur gelingen, wenn die bewährten Akteurinnen ihn zumindest co- produzieren (Abdi-Herrle, 2018). Der Einfluss von Massenmedien auf die öffentliche Agenda ist daher trotz veränderter Medienlandschaft relevant. Anhand empirischer Ergebnisse kann nicht von einem direkten Einfluss von Twitter auf die öffentliche Agenda ausgegangen werden, aber dieser kann durch vermittelnde Journalist*innen entstehen.
Aufbauend auf den in diesem Kapitel beschriebenen Gegebenheiten, entsteht im Hinblick auf Twitter besonderer Untersuchungsbedarf hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Regierungs- und Oppositionspolitiker*innen, da sich diese bezüglich ihres Zugangs zu den traditionellen Medien unterscheiden. Durch den bestehenden Einfluss der Medien auf die öffentliche Agenda scheint zudem die generelle Erwähnung von Politiker*innen in den traditionellen Massenmedien relevant.
2.5 Zusammenfassung und Hypothesen
Die forschungsleitende Frage dieser Arbeit lautet: Inwiefern stimmen die Themenprioritäten deutscher Politiker*innen auf Twitter außerhalb des Wahlkampfs mit der öffentlichen Themenagenda überein? Aufbauend auf den Erkenntnissen der vorherigen Kapitel werden nun Hypothesen formuliert, die für die Beantwortung der Forschungsfrage von Relevanz sind.
Die Agenda der Massenmedien, die öffentliche Agenda sowie die Agenda der Politiker*innen stehen miteinander in Beziehung. So hat unter anderem die Berichterstattung der Massenmedien einen Einfluss auf die öffentliche Agenda. Auch bei ihrer Berichterstattung über Politiker*innen wenden die Medien Selektionskriterien an, welche zu einer Auswahl bestimmter Themen führen. Twitter bietet Politiker*innen eine Möglichkeit, abseits der traditionellen Massenmedien mit Bürger*innen zu kommunizieren. Im Sinne der Transformationsthese ist davon auszugehen, dass Politiker*innen das Netzwerk nutzen, um andere Themen anzusprechen, als die Massenmedien zu ihrer Person kommunizieren. Somit ergibt sich folgende erste Hypothese:
Hypothese 1: Die Twitteragenda der Politiker*innen unterscheidet sich von der öffentlichen Agenda sowie der Medienagenda zu ihrer Person.
Laut der Normalisierungsthese hingegen setzen sich die Kräfteverhältnisse der Offline-Welt auch in der Online-Welt fort. Parteien in Regierungsverantwortung müssten sich demnach auch auf Twitter stärker an der öffentlichen Agenda orientieren als Mitglieder der Oppositionsparteien. Hinzukommend bevorzugen Medien systematisch die Themen der Regierungsvertreter (z. B. Bennett, 1990; Bennett, Lawrence, & Livingston, 2007), wodurch auch von einer Dominanz dieser Themen auf der öffentlichen Agenda auszugehen ist. Das Internet bietet dabei keinen Vorteil für die strukturell benachteiligten Personen. Mit folgenden Hypothesen soll geprüft werden, ob dies auch für den Kommunikationsraum Twitter zutrifft: Hypothese 2: Die Twitteragenda von Politiker*innen der Regierungsparteien ähnelt der öffentlichen Agenda mehr als die Twitteragenda der Politiker*innen der Oppositionsparteien.
Hypothese 2.1: Die Twitteragenda von Politiker*innen der Regierungsparteien ähnelt der medialen Agenda zu ihrer Person mehr als die Twitteragenda der Politiker*innen der Oppositionsparteien.
Eine weitere Möglichkeit Politiker*innen zu nach strukturellen Kriterien einzuteilen, ist ihr Zugang zu den Massenmedien. Die Themenprioritäten der Massenmedien üben einen Einfluss auf die Themenprioritäten der öffentlichen Agenda, wie verschiedene Studien der AgendaSetting-Forschung zeigen. Nicht alle Politiker*innen haben jedoch einen gleichen Zugang zu diesen. Laut der Transformationsthese bietet Twitter strukturell benachteiligten Politiker*innen, in diesem Fall durch ihre geringere Präsenz in den Medien, einen alternativen Kommunikationsraum. Ob sie diesen anders nutzen und hier zu anderen Themen kommunizieren, als die Medien über sie berichten, soll mit Hilfe der letzten beiden Hypothesen überprüft werden.
Hypothese 3: Die Twitteragenda von Politiker*innen mit hoher massenmedialer Präsenz unterscheidet sich von der Twitteragenda von Politiker*innen mit geringer massenmedialer Präsenz.
Hypothese 3.1: Die Twitteragenda von Politiker*innen mit hoher massenmedialer Präsenz ist der medialen Agenda zu ihrer Person ähnlicher als die Twitteragenda von Politiker*innen mit geringer massenmedialer Präsenz.
3 Untersuchungsdesign und methodisches Vorgehen
Dieses Kapitel widmet sich dem methodischen Vorgehen, dass die Prüfung der Hypothesen sowie die Beantwortung der Forschungsfrage ermöglichen soll. Dabei bestehen Annahmen zu drei Agenden: der Twitter-Agenda von Politiker*innen, der medialen Agenda zu diesen Personen sowie der öffentlichen Agenda. Zu diesem Zweck wird im Folgenden zunächst erläutert, wie die Twitteragenda der Politiker*innen mit Hilfe einer manuellen Inhaltsanalyse identifiziert wird. Anschließend steht die Bestimmung der Medienagenda für selbige Personen im Fokus. Abschließend wird erläutert, wie die öffentliche Agenda - unter Verwendung einer allgemeinen Bevölkerungsumfrage - gebildet wird.
3.1 Inhaltsanalyse zur Bestimmung der Twitteragenda
Die Methode der quantitativen Inhaltsanalyse erlaubt eine möglichst präzise Bestimmung einzelner Themen, Akteure, Argumentationslinien oder Frames anhand zuvor definierter Listen oder Kategoriensysteme (Rössler, 2010). So werden Textmengen hinsichtlich theoretisch interessierender Merkmale klassifiziert und mit Codes versehen. Dies erlaubt die Verdichtung und Reduktion von Daten. Die inhaltsanalytisch interessierenden Informationen werden dabei nicht, wie bei anderen Formen der Textanalyse, unmittelbar bei der Codierung erfasst, sondern stammen aus der anschließenden statistischen Datenanalyse (Früh, 2015). Twitter bietet, im Vergleich zu anderen Netzwerken, durch die offene Kommunikation viele Vorteile für inhaltsanalytische Untersuchungen (Pfaffenberger, 2016). Diese ist nach einer Meta-Studie von Williams et al. (2013) auch die meistgenutzte Methode im Umgang mit Twitter-Daten. Twitters hoher Grad an Publizität wird zwar häufig in der Datenschutzdebatte angeführt, ermöglicht im Hinblick auf wissenschaftliche Untersuchungen jedoch einen Zugriff auf umfassende und ungefilterte Daten (Jürgens & Jungherr, 2011). Die Begrenzung auf 280 Zeichen und die damit einhergehende Komprimierung des Inhalts auf konstante Textlängen, erleichtert zusätzlich die inhaltsanalytische Interpretation. Darüber hinaus ermöglichen feste Konventionen der Kommunikation eine vergleichbare Analyse verschiedener Twitter-Nutzer*innen (Marres & Weltevrede, 2013). Dementsprechend ist für die Datenerhebung von einer hohen Reliabilität auszugehen (Thimm et al., 2017). Gleichzeitig ergeben sich auch Herausforderungen für inhaltsanalytische Untersuchungen von Twitter-Daten. Da die Twitter-Forschung vergleichsweise jung ist, fehlen einheitliche methodische Standards (Bruns & Liang, 2012) und die Verfahren zur Messung der Daten funktionieren als eine Art Black Box 10 (Pfaffenberger, 2016, S. 24). Nach der automatisierten Datenerhebung stellt die manuelle Codierung die bisher geeignetste Methode dar, da durch sarkastische Tonalität, Orthografie- und Grammatik-Fehler, mehrdeutige Begriffe oder Umgangssprache Schwierigkeiten für maschinenbasierte Lösungen entstehen (Carter et al. 2011). Auch im Rahmen dieser Arbeit wurde sich daher für eine manuelle Codierung des Inhalts entschieden.
Bevor die Twitteragenda deutscher Politiker*innen identifiziert werden kann, muss zunächst ein geeigneter Untersuchungszeitraum gewählt werden. Zudem können aus forschungspraktischen Gründen nicht alle deutschen Bundespolitiker*innen in die Untersuchung einbezogen werden, was die Bestimmung einer Stichprobe erfordert. Das diesbezügliche Vorgehen wird im Folgenden näher erläutert. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass nicht abschließend geklärt werden kann, ob Politiker*innen ihre OnlinePräsenz selbstständig pflegen und ihre Tweets selbst verfassen oder ob sie diesbezüglich von Mitarbeitenden unterstützt werden.11 Ob ein Politiker oder eine Politikerin einen Tweet tatsächlich selbst verfasst oder er fremd verfasst auf dem jeweiligen Profil veröffentlicht wird, ist jedoch für die hier vorliegende Forschungsfrage nicht relevant. Es kann in jedem Fall davon ausgegangen werden, dass zumindest die Informationsselektion im Sinne der Politiker*innen vollzogen und bei den Leser*innen des Tweets als Aussage der Politikerin oder des Politikers wahrgenommen wird.
Untersuchungszeitraum
Für diese Arbeit wurde ein zweimonatiger Untersuchungszeitraum vom 1. April bis einschließlich 1. Juni 2018 gewählt. Hauptkriterium dafür war, dass es sich um eine wahlkampffreie Zeit mit ausreichendem Abstand zur letzten Wahl auf Bundesebene am 24. September 2017 handelt. Da die Ergebnisse der Inhaltsanalyse im späteren Verlauf der Untersuchung mit den Ergebnissen der Daten des Politbarometers verglichen werden, wurde sich für das Jahr 2018 entschieden, da für jenes die aktuellsten Daten vorliegen. Nach der Bundestagswahl im September 2017 begannen zeitintensive Sondierungsgespräche zwischen den Parteien, bis diese schließlich am 21. Januar 2018 mit einer Regierungsbildung aus CDU/CSU und SPD abgeschlossen wurden (tagesschau.de, 2018). Anfang März stimmte nach der CDU auch die SPD dem Koalitionsvertrag der 19. Wahlperiode des Bundestags zu, Angela Merkel wurde erneut als Bundeskanzlerin gewählt und das Kabinett vereidigt (DER SPIEGEL, 2018). Der Untersuchungszeitraum wurde mit zwei Monaten Abstand zu diesen Ereignissen gewählt, um thematische Verzerrungen in der Berichterstattung aufgrund der außergewöhnlichen Situation der Regierungsbildung zu vermeiden. Zusätzlich fanden im Herbst des gleichen Jahres wieder Wahlen auf Landesebene (Bayern) statt. Auch die Wahlkämpfe zu diesen sollten nach Möglichkeit nicht im Untersuchungszeitraum liegen.12 Hinzukommend konnten im gewählten Untersuchungszeitraum keine Ereignisse identifiziert werden, die die massenmediale Aufmerksamkeit überproportional auf sich zogen und damit zu Verzerrungen der Stichprobe geführt hätten (z. B. große Sportereignisse, Naturkatastrophen oder das sogenannte „Sommerloch“13 ). Ein weiteres Kriterium, welches bei der Wahl des Untersuchungszeitraumes herangezogen wurde, waren die Befragungswellen des Politbarometers 2018, welches als Vergleichsgegenstand der Analyse dient. Für den hier gewählten Zeitraum können drei Befragungswochen berücksichtigt werden.
Grundgesamtheit
Die Grundgesamtheit der Untersuchung bilden alle Tweets und Retweets, die auf den TwitterProfilen deutscher Bundespolitiker*innen im Untersuchungszeitraum zu finden sind. Da diese aus forschungspraktischen Gründen nicht alle in die Untersuchung einbezogen werden können, wird die Auswahl einer Teilgesamtheit an Twitter-Profilen von Politiker*innen getroffen. Die Selektion der Untersuchungseinheiten erfolgt dabei in einem mehrstufigen Prozess, in welchem verschiedene Kriterien, welche auf den Untersuchungsgegenstand und die zentrale Fragestellung zugeschnitten sind, zur Anwendung kommen (Zaugg, 2006). Ziel ist es dabei, eine gleiche Anzahl an Politiker*innen der Regierungs- und Oppositionsparteien einzubeziehen, sowie ein Gleichgewicht zwischen häufig und selten in den Medien erwähnten Personen zu erzielen.
Sampling
Laut der beiden Thesen der Normalisierung- und Transformation unterscheidet sich die Kommunikation zwischen strukturell benachteiligten Politiker*innen und im Vorteil stehenden Politiker*innen. Diese strukturelle Differenzierung wurde in den Hypothesen vorgenommen. Basierend auf Hypothese 2 (Die Twitteragenda von Politiker*innen der Regierungsparteien ähnelt der öffentlichen Agenda mehr als die Twitteragenda der Politiker*innen der Oppositionsparteien) wird zwischen Regierungs- als auch Oppositionspolitiker*innen unterschieden. In diesem Fall sind hierunter die parlamentarische Opposition sowie die Regierung zu verstehen. Ebenso sollen im Hinblick auf Hypothese 3 (Die Twitteragenda von Politiker*innen mit hoher massenmedialer Präsenz unterscheidet sich von der Twitteragenda von Politiker*innen mit geringer massenmedialer Präsenz) sowohl Politiker*innen ausgewählt werden, die über eine hohe massenmediale Präsenz verfügen, als auch solche, die nur über eine geringe Präsenz verfügen.
Um diese Einteilung vorzunehmen, wurde zunächst für jede der im 19. Bundestag vertretenen Parteien (CDU/CSU; SPD; Die Linke; Bündnis 90/Die Grünen; FDP; AfD) eine Liste mit den Landeslistenführer*innen der Parteien zur Bundestagswahl 2017 erstellt, da diese eine zeitliche Nähe zum Untersuchungszeitraum aufweist.14 Anschließend wurden alle Kandidierenden von der Liste exkludiert, die nicht in den Bundestag gewählt wurden. Für die verbleibenden Politiker*innen wurde geprüft, ob die ausgewählten Personen über einen Twitter-Account verfügen und dort im Untersuchungszeitraum aktiv waren. Aus forschungspraktischen Gründen wurde entschieden nur Personen in die Analyse einzubeziehen, die mindestens 20 Tweets/Retweets im Untersuchungszeitraum auf ihrem eigenen Profil veröffentlichten. Zwar handelt es sich bei Retweets um keine von der Person selbst verfassten Inhalte, das Teilen auf dem eigenen Profil ist in diesem Fall jedoch ebenfalls als eine Thematisierung zu werten, da es für andere Nutzende gleichwertig in deren Timeline sichtbar wird. Für die so verbleibenden Personen wurde anschließend ermittelt, wie häufig sie Erwähnung in der deutschen Presse fanden. Neben dem Fernsehen stellt die Presse noch immer das wichtigste Informationsmedium in Bezug auf politische Nachrichten dar. Laut der GLES-Rolling Cross Section Wahlkampfstudie von 2017 nutzen knapp 93 Prozent der Befragten Tageszeitungen oder Fernsehnachrichten als politische Informationsquelle. Knapp 70 Prozent gaben an, an mindestens einem Wochentag eine Lokal- Regional- oder überregionale Qualitätszeitung gelesen zu haben (GLES, 2019). Zusätzlich erweisen sich Printmedien durch ihre erheblich größere Informationskapazität gegenüber Radio und Fernsehen als besonders relevant für die politische Elite (Wilke, 1998). Ebenso ergaben Studien, dass Bundestagsabgeordnete selbst vor allem Printmedien nutzen und diese als einflussreich bewerten (Herzog, 1990).
Um die mediale Resonanz quantitativ darstellen zu können wurde erhoben, wie oft die entsprechenden Politiker*innen in Printmedien (und deren zugehörigen Online-Ausgaben) erwähnt wurden. Da neben den Printausgaben der traditionellen Medien besonders häufig deren Online-Angebote für die Informationsbeschaffung genutzt werden (Gleich, 2019), sollten beide Medienarten berücksichtigt werden. Zusätzlich sollten verschiedene Medientypen sowie Verbreitungsräume einbezogen werden. Zu diesen zählen sowohl überregionale Qualitätszeitungen, regionale Abonnementszeitungen, Nachrichtenmagazine als auch politische Wochenzeitungen.15
Einen Zugriff auf die Texte bereits erschienener Artikel sind in verschiedenen Datenbanken zu finden. Anhand der beschriebenen Kriterien wurde sich für die Verwendung der Datenbank Wiso Wirtschaftspraxis Presse entschieden . Neben den Volltexten ausgewählter Fachzeitschriften und eBooks sind hier auch Volltexte von über 200 Tages- und Wochenzeitungen des deutschsprachigen Raumes zu finden. Zudem werden sowohl Printausgaben als auch Onlinemedien berücksichtigt. Die Datenbank umfasst zum einen regionale Medien wie die Dresdner Neueste Nachrichten, der Gießener Anzeiger oder die Westfälische Rundschau, zum anderen sind auch überregionale Medien, wie WELT ONLINE, Der Tagesspiegel, SPIEGEL ONLINE oder FOCUS enthalten . Mittels der Stichwortsuche konnte so für jede Person ermittelt werden, in wie vielen Beiträgen ihr Name erwähnt wurde. Nachträglich mussten die Ergebnisse einiger Politiker*innen manuell gefiltert werden, da auch andere Personen mit gleichem Namen im Output der Datenbank erschienen16. Es kann davon ausgegangen werden, dass die exakte Anzahl der Erwähnungen nicht immer deckungsgleich mit der tatsächlichen Erwähnung der Person ist. Da diese Abfrage jedoch lediglich dazu dienen sollte zu unterscheiden, welche Personen eine hohe oder niedrige Resonanz erhalten haben, stellt dies für den vorliegenden Verwendungszweck eine geeignete Methode dar.
Anhand der Anzahl der Erwähnungen der Politiker*innen in den Printmedien wurden eine Rangfolge für jede Parteienliste der Landeslistenführer gebildet. So konnten die Personen mit den höchsten beziehungsweise niedrigsten Werten ausgewählt werden. Dabei wurde sowohl auf ein Gleichgewicht zwischen den einzelnen Parteien geachtet, als auch auf eine gleiche Anzahl an Politiker*innen für die Regierungs- und Oppositionsparteien (jeweils vier Politiker*innen der Union, vier Politiker*innen der SPD; zwei Politiker*innen der FDP; zwei Politiker*innen der AfD; zwei Politiker*innen der Linken; zwei Politiker*innen der Grünen mit hoher Erwähnung in den Medien sowie die gleiche Verteilung für Politiker*innen mit einer geringen Erwähnung in den Medien).
Da für die Regierungsparteien nicht ausreichend Personen mit einer hohen Medienresonanz und zugleich einem aktiven Twitter-Account identifiziert werden konnten, wurde eine Auswahl aus anderen Spitzenpolitiker*innen getroffen. Grundlage hierfür bildete die Liste an Spitzenpolitiker*innen, deren Popularität auch im Rahmen des Politbarometers 2018 ermittelt wurde, dessen Ergebnisse im späteren Verlauf als Vergleichsdaten dienen. Auch für diese Personen wurde eine Abfrage in der wiso -Datenbank durchgeführt und anschließend geprüft, ob sie, falls vorhanden, auf ihrem Twitter-Account die Kriterien für eine Auswahl erfüllen. Somit ergab sich folgende Stichprobe, welche in Tabelle 1 dargestellt ist:
Tabelle 1
Ausgewählte Politiker*innen für inhaltsanalytische Untersuchung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anmerkungen. Die Politiker*innen der CDU, CSU und SPD zählen zur Regierung, die Parteien Die Linke, Die Grünen, FDP und AfD zur Opposition. Die erste Gruppe des Regierungs- sowie Oppositionsblocks stellt die Personen mit hoher Medienresonanz. Die Anzahl der Tweets umfasst die Gesamtheit aller Tweets & Retweets im Zeitraum 01.04.2018 - 01.06.2018.
Datenerhebung mittels Facepager
Auf Twitter-Inhalte kann mittels der API (Application Programming Interface, dt. Schnittstelle zur Anwendungsprogrammierung) zugegriffen werden. Diese Schnittstellen ermöglichen es in erster Linie, dass Programme und Webseiten anderer Anbieter mit Twitter interagieren können. Obwohl nicht ursprünglich dafür entwickelt, bieten APIs auch die Möglichkeit, „bereits vorhandene, strukturierte Daten zu Analysezwecken automatisiert abzurufen und zu speichern“ (Dietrich et al., 2017, S. 244). Die Datenerhebung über APIs erfordert umfassende Programmierkenntnisse. Im Rahmen dieser Arbeit wurde sich daher für die Verwendung des Programms Facepager entschieden. Bei Facepager handelt es sich um ein kostenloses Open- Source-Programm zur automatisierten Datenerhebung im Netz.17 Es wurde 2011 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München als Tool zur Speicherung von Facebook-Seiten entwickelt. Inzwischen können mit dem frei zugänglichen Programm auch Daten von Twitter und YouTube erhoben und als CSV-Datei exportiert werden, was eine anschließende Analyse mit gängigen Statistik-Softwares ermöglicht (Jünger & Keyling, 2013). Voraussetzung für die Nutzung von Facepager ist ein eigenes Twitter-Benutzer*innen-Konto. Die Funktionsweise von Facepager ist grafisch in Abbildung 2 dargestellt.
Für diese Arbeit wurden die Tweets von den 32 ausgewählten Profilen im Zeitraum vom 1. April 2018 bis einschließlich 1. Juni 2018 benötigt. Dafür mussten zunächst die Twitter- Usernamen in Twitter-IDs umgewandelt und für jede Person ein individueller Facepager- Datensatz angelegt werden. Anschließend galt es, die gewünschten Parameter für die Datenerhebung auszuwählen. Hierfür hält das Programm sogenannte Presets bereit, welche geeignete Parameter in verschiedenen Kombinationen enthalten. Für die hier vorliegende Analyse wurde das Preset Get tweets of user* gewählt. Dieses umfasst neben dem Namen des Twitter-Profils, dem Datum des Tweets/Retweets und dem Inhalt auch die Parameter Favorites, Retweets, Hashtags und aufgeführte URLs.
Abbildung 2
Nutzeroberfläche des Programms Facepager
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anmerkung. Screenshot des Programms Version 4.3.10 mit eigenen Anmerkungen
Kritisch angemerkt werden sollte an dieser Stelle, dass die Daten aus einer Black Box geliefert werden. Eine Möglichkeit die Zuverlässigkeit der Daten zu prüfen, ist ein Vergleich der Facepager-Daten mit den Daten aus den Twitter-Archiven der Nutzenden. Diese können nachträglich über die erweiterte Twitter-Suche abgerufen werden. Eine stichprobenartige Auswahl für die hier vorliegende Auswahl an Politiker*innen im Untersuchungszeitraum ergab keine nennenswerten Abweichungen, sodass von einer weitestgehenden Vollständigkeit der Daten ausgegangen wird.
Eine weitere Herausforderung, die mit der Verwendung von Facepager einhergeht ist, dass die Datenerhebung aus einem determinierten Zeitraum in der Vergangenheit nicht ohne größere Datenverluste möglich ist. Es müssen daher alle Daten ab dem jüngsten verfügbaren Datum (in der Regel dem Tag der Datenabfrage) aufgerufen und anschließend manuell nach dem erforderlichen Zeitraum gefiltert werden. Durch Einschränkungen in der Twitter API ist jedoch nur eine begrenzte Anzahl an Zugriffen möglich. So können nicht mehr als 3200 Tweets pro Account verarbeitet werden.18 Dies bedeutet, veröffentlicht eine Person seit April 2018 mehr als 3200 Tweets und Retweets, so ist eine nachträgliche Datenabfrage mit Facepager bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. Das gilt auch für einige hier ausgewählte Politiker*innen. Für diese wurde alternativ die Twitter eigene Funktion ,,Erweiterte Twitter- Suche" genutzt, mit welcher die Timeline eines ausgewahlten Zeitraums nachtraglich eingesehen werden kann. Die so ausgespielten Tweets wurden anschließend manuell extrahiert.
[...]
1 Für die deutschen Bundestagswahlkämpfe siehe z. B. Plotkowiak, T., & Stanoevska-Slabeva, K., 2013; Jungherr, A., 2013; Jungherr et al., 2015; Dusch, 2015; Jungherr & Jürgens, 2016; Haller, A. 2017, usw.
2 Bei Web-Logs handelt es sich um elektronische Tagebücher im Internet, welche mittels der RSS-Technologie abonniert werden können (Kollmann, 2018).
3 Nach längeren Debatten sind seit November 2017 für jeden Tweet 280 Text-Zeichen möglich. Bis zu diesem Zeitpunkt durften Tweets lediglich 140 Zeichen enthalten. Twitter-Chef Jack Dorsey hatte speziell Deutsch als eine Sprache genannt, für die das seit Gründung 2006 geltende Limit von 140 Zeichen zu wenig sei (dpa, 2017).
4 Eine Übersicht über alle gängigen Konventionen und Begriffe auf Twitter ist im Anhang 1 zu finden.
5 Die gegensätzliche Perspektive, in der die zivilgesellschaftlichen Akteure im Fokus stehen, wird in der Literatur als Bottom-up-Kommunikation bezeichnet. Detaillierte Ausführungen über politische Beteiligungsmöglichkeiten im Internet finden sich beispielsweise bei Voss, 2014.
6 Zum einen fand die Studie während eines Wahlkampfes, also zu einem Zeitpunkt hohen politischen Interesses der Befragten, statt. Des Weiteren umfasste die Stichprobe der Untersuchung lediglich 100 Personen, die zum Befragungszeitraum bezüglich ihrer Wahlentscheidung unentschlossen waren und daher gezielt in den Massenmedien nach Informationen suchten (zur Kritik an der Studie, siehe Eichhorn, 2005).
7 Eichhorn (2005) schlägt vor stattdessen den Begriff öffentliche Streitfrage zu verwenden. Diese Streitfrage beziehe sich dabei auf ein einzelnes Ereignis/eine Gruppe von Ereignissen, die sich auf den öffentlichen Bereich und gesellschaftliche Subsysteme beziehen.
8 In der Literatur existieren verschiedene Konzeptionen von Nachrichtenfaktoren. Sie können allgemein als journalistische Kriterien bezeichnet werden, anhand derer der Nachrichtenwert bestimmt werden kann. Zu den Nachrichtenfaktoren zählen beispielsweise Frequenz, Eindeutigkeit, Konsonanz, Überraschung, Personalisierung, Negativismus oder der Bezug auf Eliten (Scherer, 1998).
9 Der Top-down-Charakter gilt überwiegend für politische Nachrichten aus dem Alltagsgeschäft. Mathes & Czaplicki (1993) konnten in einer Untersuchung nachweisen, dass in der Berichterstattung über Unglücke oft die Lokal- oder Regionalzeitungen aufgrund räumlicher Nähe einen Spillover-Effekt auf Elite-Medien erzeugen.
10 Black Box bedeutet in diesem Fall, dass diese Methode keine Einblicke in die Zuverlässigkeit der Datenerfassung ermöglicht (Pfaffenberger, 2016, S. 66).
11 Einige Politiker*innen kennzeichnen von ihnen selbst verfasste Tweets mit ihrem Namenszeichen. Dies trifft jedoch nicht auf alle in diese Untersuchung einbezogenen Accounts zu.
12 Die zeitlich nächste Wahl war die Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober 2018. Zwar existiert keine gesetzliche Regelung über Beginn und Ende des Wahlkampfes, rechtlich anerkannt ist jedoch, dass die „heiße Phase“ (Schlussphase) ab ca. sechs bis vier Wochen vor dem Wahltag beginnt (Bundeswahlleiter, 2015).
13 Als „Sommerloch“ wird die nachrichtenarme Zeit bezeichnet, die auch durch die Sommerpause der politischen Institutionen bedingt ist. Hier finden auch weniger politisch relevante Ereignisse und Termine statt.
14 Eine vollständige Übersicht aller Landeslistenführer*innen und deren Medien-Erwähnungen finden sich im Anhang II.
15 Die Einbeziehung möglichst verschiedener Printmedien ist notwendig, da sich hinsichtlich der politischen Leitlinien in allgemeiner Form Unterschiede zwischen den Medien feststellen lassen. Demnach sind auch verschiedene Schwerpunkte in der Berichterstattung zu vermuten.
16 Dies trifft unter anderem auf den AfD Politiker Martin Renner zu. Eine Person mit gleichem Namen ist beispielsweise als Pfarrgemeinderat in Landau tätig. Eine weitere Person mit gleichem Namen leitet die Filiale einer Raiffeisenbank und erscheint ebenfalls bei gleicher Stichwortsuche.
17 Neben Facepager existieren weitere kostenfreie Programm, wie beispielsweise Twitonomy oder Tweet Archivist.
18 Kostenpflichtige Programme wie Gnip ermöglichen auf Basis einer monatlichen Gebühr (mehrere tausend USD) die Abfrage historischer Tweets in einem gewünschten Zeitintervall (Pfaffenberger, 2016, S. 65). Die frei zugängliche Twitter Search API, die auch Grundlage der anderen kostenlos verfügbaren Programme ist, ist hingegen auf den Zugriff der 3200 letzten Tweets eines Accounts begrenzt.
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