Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die komplexen Zusammenhänge zwischen Selbstwirksamkeit, Teamprozessen sowie Interaktionen zwischen Team und Teamleistung darzustellen. Dabei sollen besonders die Merkmale, Besonderheiten sowie die Notwendigkeit eines Teams in der stationären Kinder- und Jugendhilfe beleuchtet werden. Die bedeutende Rolle der Leitung und die daran gebundenen Führungsmöglichkeiten aufzuführen, ist ebenfalls ein Anspruch der Arbeit. Ein weiteres Ziel besteht darin, die Schwierigkeiten beim Zusammenwirken eines Teams im Heimkontext herauszufiltern und Möglichkeiten zu finden, destruktive Teamprozesse zu verringern und Methoden zu beleuchten, die positive Team- und Führungsinteraktionen, Selbstwirksamkeit und Leistung erhöhen, um dieses Merkmal des Qualitätsmanagements einer sozialen Einrichtung zu sichern.
In Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe werden Teams vor allem eingesetzt, um einen fachlichen Austausch zu sichern und Lösungsansätze für schwierige Aufgaben zu entwickeln. Damit ein Arbeitskreis wirkungsvoll wird, ist die Zusammenarbeit der einzelnen Mitglieder notwendig. Teamarbeit bedeutet, dass eine Gruppe eine gemeinsame Aufgabenstellung verfolgt, die mit differenzierter oder ähnlicher Aufgabenverantwortung erfüllt wird. So werden beispielsweise Projekte geplant, Entscheidungen herbeigeführt oder gemeinsame Ziele entwickelt. Die unterschiedlichen Qualifikationen und Beiträge der Teammitglieder bilden die Grundlage für die Zusammenarbeit. Diese differenzierten Haltungen und Kompetenzen sind es allerdings auch, die in Teams zu mannigfaltigen Problemen führen können.
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Team - eine Definition
2.1 Notwendigkeit eines Teams in den stationären Hilfen zur Erziehung
2.2 Entstehung eines Teams und Teamentwicklung
2.3 Teamrollen
2.4 Ziele der Teamarbeit
2.5 Die optimale Teamzusammensetzung in der Heimerziehung
2.6 Differenzierung der Aufgabenbereiche und Form der Teamarbeit in der stationären Kinder- und Jugendhilfe
3 Selbstwirksamkeit
3.1 Die persönliche Selbstwirksamkeit
3.1.1 Entstehung der persönlichen Selbstwirksamkeit
3.1.2 Spezifische und allgemeine Selbstwirksamkeit
3.2 Kollektive Selbstwirksamkeit
3.2.1 Entstehung der kollektiven Selbstwirksamkeit
3.2.2 Möglichkeiten zur Messung der kollektiven Selbstwirksamkeit
3.3 Zusammenhang von Leistung und kollektiver Selbstwirksamkeit
3.4 Die Ebene des Teams in der Sozial-kognitiven Lerntheorie
4 Führung von Teams
4.1 Leitungsstile
4.1.1 Die vertikale Führung in der stationären Kinder- und Jugendhilfe
4.1.2 Leader-Member Exchange Theorie
4.2 Aufgaben der Teamleitung
4.3 Selbstwirksamkeit der Führungskraft im Hinblick auf die Leistung des Teams
5 Zusammenwirken im Team und mögliche Konfliktpunkte
5.1 Voraussetzungen für eine erfolgreiche Teamarbeit
5.2 Konflikte und Unterteilungen
5.3 Konflikte und Teamleistung
5.4 Konflikte und Selbstwirksamkeit
6 Methoden und Konzepte zur Verbesserung der Teamleistung in der stationären
Kinder- und Jugendhilfe
6.1 Teamanalyse
6.2 Teamberatungen
6.3 Zielkontrolle und Feedback
6.4 Aushandlung von Rollen
6.5 Möglichkeiten zur Verbesserung der Zusammenarbeit bezüglich der Differenziertheit von Teams in der stationären Kinder- und Jugendhilfe
6.6 Teamsupervision
7 Fazit
8 Anlagenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Selbstwirksamkeits- und Ergebniserwartung
Abbildung 2: Reflexionsmodell für Führungskräfte
Abbildung 3: Führungsstile in der Anwendung
Abbildung 4: Einordnung der Denk- bzw. Problemlösestile in das Bezugssystem des LSI...
Abbildung 5: Übersicht der Dynamik nach MBTI
1 Einleitung
„Wenn wir nicht zusammenarbeiten, werden wir für unsere Probleme keine Lösung finden.“ (Dalai-Lama)
Teams werden in der Wissenschaft und in der Praxis als wichtiger Bestandteil von erfolgreichen, modernen Organisationen angesehen (vgl. Peters, Watermann 1990, S. 126). In der Wirtschaft werden sie eingesetzt, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und eine beständige Innovativität zu gewährleisten (vgl. Gemünden, Kaluza, Pleschak 1992, S. 34). Aber auch in sozialen Unternehmen spielt das Einsetzen von Teams eine bedeutende Rolle. So ist in nahezu jeder Stellenbeschreibung für Sozialarbeiter*innen und Erzieher*innen im Anforderungsprofil zu entnehmen, dass Teamfähigkeit gefordert ist.
In Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe werden Teams vor allem eingesetzt, um einen fachlichen Austausch zu sichern und Lösungsansätze für schwierige Aufgaben zu entwickeln. Damit ein Arbeitskreis wirkungsvoll wird, ist die Zusammenarbeit der einzelnen Mitglieder notwendig. Teamarbeit bedeutet, dass eine Gruppe eine gemeinsame Aufgabenstellung verfolgt, die mit differenzierter oder ähnlicher Aufgabenverantwortung erfüllt wird. So werden beispielsweise Projekte geplant, Entscheidungen herbeigeführt oder gemeinsame Ziele entwickelt. Die unterschiedlichen Qualifikationen und Beiträge der Teammitglieder bilden die Grundlage für die Zusammenarbeit (vgl. Günder 2015, S. 223f.). Diese differenzierten Haltungen und Kompetenzen sind es allerdings auch, die in Teams zu mannigfaltigen Problemen führen können. Unterschiedliche Ziele, gegenseitiges Misstrauen und mangelhafte Kommunikation resultieren und wirken sich negativ auf die Qualität der Zusammenarbeit und damit auch auf die Qualität der Hilfeleistung aus (vgl. Günder 2015, 224). Das ist besonders vor dem Hintergrund problematisch, dass mit Hilfe der Qualitätssicherung eine bestmögliche Leistung für den Leistungsempfänger, demnach den zu betreuenden Kindern und Jugendlichen, sowie ihren Erziehungsberechtigten, gewährleistet werden soll. Damit das Hauptziel der stationären Kinder- und Jugendhilfe, die Rückführung in den elterlichen Haushalt, erreicht werden kann, ist es unabdingbar die Qualitätsstandards zu berücksichtigen (vgl. Böllert 2004, S. 121ff.). Aus diesem Grund ist es erforderlich, sich mit der Komplexität der Konflikte innerhalb von Teams in der stationären Kinder- und Jugendhilfe auseinanderzusetzen. In dem oben aufgeführten Zitat von Dalai-Lama ist herauszulesen, dass keine Lösungen für Probleme gefunden werden können, wenn eine mangelnde Zusammenarbeit vorherrscht.
Um mögliche Gründe und Lösungen dafür zu finden ist es sinnvoll, das Konstrukt der Selbstwirksamkeit hinzuzuziehen. Bandura spricht hierbei von der subjektiven Überzeugung einer Person, erfolgreich ein bestimmtes Verhalten zu verwirklichen (1979, S. 35ff.). Dieses Konzept erklärt menschliches Verhalten für das Thema dieser Bachelorarbeit relevanter als Persönlichkeitsvariablen und stellt somit für die folgenden Seiten eine wertvolle Grundlage dar (vgl. Gully, Incalcaterra, Joshi 2002, S. 819ff.). Weiter noch ist die Selbstwirksamkeit eine wichtige Variable von Leistung und kann mit Hilfe von Training, Anleitung und Erfahrung erlernt werden, was möglicherweise ein Lösungsansatz für Konflikte in Teams ist (vgl. Bandura 1977, S. 247).
Beim Betrachten dieser Problematik stellen sich folgende Fragen: Welche Zusammenhänge bestehen zwischen der Selbstwirksamkeit und der Leistung eines Teams in der stationären Kinder- und Jugendhilfe? Welche Rolle sollte oder muss die Leitung im Hinblick auf das Zusammenwirken eines Teams einnehmen? Welche Hindernisse sind in der Zusammenarbeit zwischen den Teammitgliedern zu verzeichnen und welche Methoden gibt es, Verbesserungen hervorzurufen und dieses wichtige Qualitätsstandard in der stationären Hilfe zur Erziehung zu sichern?
Diese Fragen werden unter dem Thema der Bachelorarbeit „Selbstwirksamkeit eines differenzierten Teams in der stationären Kinder- und Jugendhilfe im Zusammenhang mit Führung, Konflikten und Leistung“ beantwortet.
Ziel des vorliegenden Werkes ist es, die komplexen Zusammenhänge zwischen Selbstwirksamkeit, Teamprozessen sowie Interaktionen zwischen Team und Teamleistung darzustellen. Dabei sollen besonders die Merkmale, Besonderheiten sowie die Notwendigkeit eines Teams in der stationären Kinder- und Jugendhilfe beleuchtet werden. Die bedeutende Rolle der Leitung und die daran gebundenen Führungsmöglichkeiten aufzuführen, ist ebenfalls ein Anspruch der Arbeit. Ein weiteres Ziel besteht darin, die Schwierigkeiten beim Zusammenwirken eines Teams im Heimkontext herauszufiltern und Möglichkeiten zu finden, destruktive Teamprozesse zu verringern und Methoden zu beleuchten, die positive Team- und Führungsinteraktionen, Selbstwirksamkeit und Leistung erhöhen, um dieses Merkmal des Qualitätsmanagements einer sozialen Einrichtung zu sichern.
Um die Fragestellungen zu beantworten und das Ziel dieser Bachelorarbeit zu erfüllen, wird nach der Einleitung eine Definition für „Team“ erfolgen und die Notwendigkeit eines solchen in den Hilfen zur Erziehung aufgeführt. Um die Entstehung eines Arbeitskollektives zu erläutern, wird das Modell der Teamentwicklungsphasen von Tuckman herangezogen, welches ebenso Auswirkungen auf die Gruppendynamik näher erklärt. Dieses Phasenmodell wird mit den Auffassungen von Bales und Strodtbeck ergänzt, um einen besseren Bezug auf die Praxis zu gewährleisten (vgl. Simon 2003, S. 39). Ein weiterer Aspekt der Gruppendynamik sind Teamrollen, welche in dieser Bachelorarbeit erläutert werden. Teamarbeit verfolgt prinzipiell zentrale Ziele. Auch im Kontext der Heimerziehung sind bestimmte Zielstellungen anzutreffen. Diese werden innerhalb dieses ersten Teils erklärt, damit darauf aufbauend die optimale Teamzusammensetzung zur Bewältigung dieser Aufgaben beschrieben werden kann. Dies bildet die Grundlage für die Zusammenarbeit eines Teams im stationären Bereich, sowie eine Basis für die Formen der Teamarbeit in der Heimerziehung und macht die Differenzierung der Aufgabenbereiche deutlich. Auf diese Aspekte wird zum Abschluss des ersten Teils eingegangen.
Der darauffolgende Abschnitt dieser Bachelorarbeit widmet sich der Thematik der Selbstwirksamkeit. Die Grundlagen hierzu bauen auf den Annahmen von Albert Bandura auf und werden mit Hilfe weiterer Autoren zur relevanten Thematik ergänzt. Im Mittelpunkt steht die persönliche Selbstwirksamkeit, die kollektive Selbstwirksamkeit in der Kinder- und Jugendhilfe, sowie der Zusammenhang zwischen Leistung und Selbstwirksamkeit.
In enger Verbindung mit der Leistung eines Teams steht die Führung. Welche Möglichkeiten diesbezüglich bestehen und mit welchen Hilfsmitteln sie umgesetzt werden kann, wird Eingang in diese Arbeit finden. Im Mittelpunkt wird diesbezüglich die vertikale Führung stehen, da sie sich vor allem im Hinblick auf die Leistungssteigerung von Teams bewährt hat. Als Hilfsmittel für Führungspersonen steht die Leader-Member Exchange zur Verfügung, welche ebenso vorgestellt wird. Daraus ergeben sich spezifische Aufgabenfelder der Teamleitung, die einen Teil dieser Bachelorarbeit bilden. Um das Thema ganzheitlich zu betrachten, wird die Selbstwirksamkeit der Führungskraft im Hinblick auf die Leistung eines Teams analysiert und wichtige Merkmale aufgeführt. Dieser Teil wird einen bedeutenden Beitrag zur Zielsetzung der Bachelorarbeit leisten.
Im Fokus des fünften Kapitels stehen die Konfliktpunkte, die innerhalb der Zusammenarbeit im Team entstehen können. Da aus der Literatur zahlreiche Voraussetzungen für die Zusammenarbeit von Teams aufgeführt sind und ein Nichterfüllen dieser den Nährboden für Konflikte bietet, werden einleitend diese Voraussetzungen für eine erfolgreiche Teamarbeit thematisiert. In dieser Bachelorarbeit sind verschiedene Arten von Konflikten erläutert, da je nach Art des Konflikts verschiedene Lösungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dies ist für das folgende Kapitel grundlegend. Welche Wirkungen Konflikte auf die Teamleistung haben und in welchen Bezug sie zur Selbstwirksamkeit stehen, wird ebenso untersucht. Die Ergebnisse werden einmal mehr verdeutlichen, dass es förderlich ist, mit spezifischen Methoden und Konzepten die Zusammenarbeit und die kollektive Selbstwirksamkeit von Teams zu stärken.
Der letzte Abschnitt dieser Bachelorarbeit verfolgt das Ziel, Methoden und Konzepte zur Verbesserung der Teamleistung in der stationären Kinder- und Jugendhilfe zu präsentieren und nutzt dafür die Grundlagen aus den vorherigen Kapiteln. Um Konfliktursachen zu erkennen und passende Lösungsansätze zu entwickeln, werden Methoden der Teamanalyse einbezogen. Eine besondere Relevanz wird den Teamberatungen zugeschrieben, da sie eine wichtige Komponente sein kann, Konfliktpotenzial gering zu halten. Welche Grundlagen förderlich sind, diese möglichst effizient zu gestalten, werden daraufhin aufgeführt. Damit alle Mitarbeiter*innen einer Wohngruppe gemeinsame Visionen verfolgen, ist die Zielkontrolle notwendig. Deshalb wird dieses Thema ebenso einbezogen. Als hilfreich hat sich außerdem die Methode des Feedbacks bewiesen. Gerade hinsichtlich der kollektiven Selbstwirksamkeit sind diese Ansätze hervorzuheben und werden aus diesem Grund in dieser Bachelorarbeit thematisiert. Da eine häufige Konfliktart die Rollenkonflikte bilden, wird ein Modell zur Aushandlung der Rollen vorgestellt und es werden die Vorteile der Anwendung beschrieben. Teams der stationären Kinder- und Jugendhilfe sind häufig von Differenziertheit hinsichtlich der Ausbildungsunterschiede, des Alters und der Arbeitsstile geprägt. Deswegen wird eine Möglichkeit vorgestellt, die die Zusammenarbeit eines differenzierten Teams verbessern kann. Abschließend und darauf aufbauend, werden die positiven Wirkungen der Supervision bei Teams in der Heimerziehung beschrieben und die Relevanz einer solchen deutlich gemacht. Zum Ende dieser Bachelorarbeit werden die Ergebnisse zusammenfassend ausgewertet, auf das Ziel der Arbeit eingegangen und ein Fazit zur aufgeführten Thematik verfasst.
2 Das Team - eine Definition
Da diese Bachelorarbeit in verschiedenen Formen die Komplexität von Teamarbeit aufgreift, ist es förderlich, zu Beginn eine Definition für „Team“ anzuführen. In der Literatur können zahlreiche Definitionen für diese Begrifflichkeit gefunden werden. Welches Verständnis über diesen Begriff in dieser Bachelorarbeit vorliegt, wird in den folgenden Abschnitten erklärt.
Conny H. Antoni beschreibt, dass ein Team dann vorliegt, wenn mehr als eine Person unter bestimmten Regeln und Normen an einer gemeinsamen Zielstellung arbeiten und dessen Erfüllung durch die Verteilung von Teilaufgaben herbeiführen wollen. Dabei steht die Zusammenarbeit im Mittelpunkt, welches ein Gruppengefühl mit sich bring. Antoni betont besonders, dass sich die einzelnen Mitglieder eines Teams zugehörig fühlen und eine emotionale Bindung zwischen den anderen Personen bestehen muss (1996, S. 25ff.).
Eine ähnliche Definition bieten Francis und Young, die besonders die Verpflichtung für gemeinsame Ziele hervorheben. Laut diesen Autoren ist durch eine harmonische Zusammenarbeit dieser aktiven Gruppen eine bestmögliche Leistung gesichert (1998, S. 9). Weitere Wissenschaftler lassen die emotionalen Ebenen außen vor und konzentrieren sich auf die Funktionalität eines Teams. Pohl und Witt beschreiben passend, dass Teams leistungsorientierte Gruppen darstellen, die sich in erster Linie an Aufgaben und Leistungen orientieren und ihr Verhalten sowie ihre sozialen Interaktionen danach ausrichten (2000, S. 17). In nahezu allen Definitionen zum Team lässt sich der Zielaspekt herausfiltern. Menschen müssen gemeinsam in Zusammenarbeit Ziele verfolgen, um ein Team darzustellen. Van Dick und West formulieren 2013, dass das Erreichen der Ziele durch verschiede Rollen innerhalb eines Teams erfolgt, welche miteinander kommunizieren, sich ergänzen und die Gesamtaufgabe koordinieren (S.1). Die Kommunikationspfade, die ein Team innehat, aber auch zur Außenwelt aufbaut, sind entscheidende Kriterien bezüglich der Funktionalität. Die Qualität dieser wirkt sich stark auf die Teamprozesse und Teamphasen aus und leitet die Zusammenarbeit bedeutend. Damit ein Team bestmögliche Ergebnisse erzielt, ist es nicht nur wichtig, dass eine förderliche Kommunikation gegeben ist, sondern auch ein komplementäres Ergänzen hinsichtlich der einzelnen Fähigkeiten existiert (vgl. Mabey, Caird 1999, S. 7ff.).
Die klassische Form eines Teams umfasst laut Literatur das Zusammenspiel von verschiedenen Qualifikationen und Kompetenzen, wie zum Beispiel unterschiedliche Berufsausbildungen. Auch an dieser Stelle sind die dazugehörigen unterschiedlichen Rollen entscheidend. Wird beispielsweise von einem Operationsteam ausgegangen, können Positionen vom Chirurg über Narkosearzt bis hin zur OP-Schwester herausgefiltert werden (vgl. Grunwald, Steinbacher 2007, S. 176).
Innerhalb der stationären Kinder- und Jugendhilfe ist diese Art von Team nicht üblich. Vereinzelt gibt es Einrichtungen, die ihre pädagogische Arbeit mit Therapeut*innen und/oder Psycholog*innen ergänzen. In der Regel sind es aber Menschen mit gleicher oder ähnlicher Ausbildung, welche ein Team in der Heimerziehung bilden. Zwar lassen sich verschiedene Qualifikationen verzeichnen, wie etwa Erzieher*innen, Sozialpädagog*innen oder Diplom- Sozialpädagog*innen, welche aber nur in den seltensten Fällen stark voneinander abweichende Rollen besetzen. Wenn von einem Heimalltag ausgegangen wird, in dem zahlreiche Aufgabenbereiche wie das pädagogische Arbeiten mit den Bewohner*innen, die Essenszubereitung oder Telefonate mit dem Jugendamt anfallen, ist es nicht relevant, ob ein*e Erzieher*in oder ein*e Sozialpädagog*in Dienst hat (ebd. S. 176).
Zusammenfassend kann der Begriff Team, in Bezug auf die stationäre Kinder- und Jugendhilfe, wie folgt definiert werden. Innerhalb der Heimerziehung stellt das Team eine Gruppe von Fachpersonal dar, welche in den Kreisen einer sozialen Einrichtung die Verantwortung für einen geschlossenen Prozess tragen, welcher dem Erreichen einer Aufgabenstellung/Zielstellung dient. Dieses Arbeitsergebnis kann als Dienstleitung an einen externen oder internen Leistungsempfänger verstanden werden (ebd. S. 177).
Aus welchem Grund es notwendig ist, in dieser Erziehungshilfe zur Erfüllung der Zielstellungen ein Team einzusetzen, wird im folgenden Teil erläutert.
2.1 Notwendigkeit eines Teams in den stationären Hilfen zur Erziehung
„Teamarbeit wird vor allem dann als Methode angewandt, wenn es darum geht, durch kreative Beiträge und Handlungen schwierige Aufgaben zu lösen.“ (Günder 2015, S. 223) Teams werden demnach eingesetzt, um die Gesamtaufgabe der Erziehungshilfe mit Hilfe der unterschiedlichen Qualifikationen der Mitarbeiter*innen umzusetzen. Das ist besonders in der stationären Kinder- und Jugendhilfe wertvoll. Die dort zu betreuenden Klient*innen weisen alle verschiedene Verhaltensweisen, Charaktere und Problemlagen auf, welche demnach auch unterschiedliche Arbeitsansätze verlangen. Es ist verständlich, dass eine einzige Person nicht allen notwendigen Ansprüchen der Kinder und Jugendlichen gerecht werden kann. Hinzu kommt, dass es zahlreiche Verantwortlichkeiten gibt, die ebenso wenig von einer/einem Mitarbeiter*in im ausreichenden Maß erfüllt werden können. Das Einsetzen eines Teams ermöglicht eine Aufteilung der Aufgaben und entlastet die einzelnen Angestellten. Somit haben auch die Bewohner*innen der Wohngruppe die Möglichkeit, sich an verschiedene Betreuungspersonen zu wenden (vgl. Günder 2015, S. 223ff.). Grundlegend wird das Einsetzen eines Teams zur Erhöhung der Produktivität aufgesstellt (vgl. Weinert 2004, S. 392). Durch das Aufteilen der Verantwortungsbereiche können im Idealfall mehrere Aufgaben in kürzerer Zeit erledigt werden.
In der Heimerziehung gibt es häufig Herausforderungen in Bezug auf die Klient*innen und ihren Familien, die nicht selten eine Beratung mit allen Mitarbeiter*innen der Wohngruppe erfordern. Die unterschiedlichen Kompetenzen und Fähigkeiten eröffnen die Chance, dass wertvolle Lösungen gefunden und Probleme in Zusammenarbeit abgebaut werden. Demnach wird auch das Risiko für Fehlentscheidungen verringert und die Motivation, diese Herausforderungen anzugehen, geschaffen. Ein solcher Austausch ist auch im Hinblick auf den Informationsfluss förderlich. Während des Arbeitsalltags werden häufig Informationen zwischen Geschäftsleitung, Mitarbeiter*innen, Sorgeberechtigten, Jugendamt, Schule und Bewohner*innen ausgetauscht. In stressigen Momenten ist es nicht immer möglich, jede Information für den kommenden Diensthabenden und die anderen Kolleg*innen festzuhalten. Ein gemeinsamer (regelmäßiger) Austausch, beispielsweise in Form von Teamberatungen, wirkt diesem Problem entgegen und verringert das Untergehen wichtiger Meldungen (vgl. Erger 2019, S. 9).
Beratende Gespräche schränken hinzukommend die Urteilsbildung der einzelnen Fachkräfte ein. Durch das Bestehen mehrerer Meinungen können Perspektivwechsel ermöglicht werden, welche ein reflektiertes Zusammenarbeiten mit Bewohner*innen und Angehörigen ermöglicht. Auch das Vermeiden von Machtmissbrauch ist eine wichtige Funktion der Teamarbeit. So sorgt die gegenseitige Kontrolle dafür, dass alle Fachkräfte einen angemessenen Umgang mit den Kindern und Jugendlichen aufweisen (vgl. Stahmer 2005, 962ff.). Dass diese Eigenschaft auch ein gewisses Konfliktpotenzial innehat, wird in einem späteren Teil dieser Bachelorarbeit beleuchtet.
Eine weitere Notwendigkeit von Teams in der Heimerziehung zeigt sich in dem Wohlbefinden der Angestellten und der damit verbundenen Qualität der Arbeit. Sozialpädagogische Konzepte und Methoden zeigen manchmal nur wenig Erfolg, Kinder und Jugendliche der Wohngruppe machen Entwicklungsrückschritte und Ideen können nicht umgesetzt werden, weil die notwenigen (finanziellen) Mittel nicht zur Verfügung stehen. In solchen oder ähnlichen Fällen ist es wichtig, dass die Teammitglieder Rückhalt, Anerkennung und Verständnis von den anderen Kolleg*innen empfangen. Aus diesem Grund ist Teamarbeit ein effektiver Faktor zum Schutz gegen Burn-out oder anderen stressbedingten psychischen und/oder körperlichen Erkrankungen (vgl. Herringer, Kähler 2003, S. 156). Dass dies auch für die Führungskräfte einer Einrichtung vorteilhaft ist, weil es weniger Krankfälle und Arbeitsausfälle gibt, kann geschlussfolgert werden.
Weinert zählt ergänzend das „Führungsprinzip zur Selbstkontrolle und -disziplinierung“ sowie den „Ersatz einer Führungsperson“ zu der Notwendigkeit eines Teams (Weinert 2004, S. 392). Eine Ergänzung kann bei Fisch und weiteren Autor*innen gefunden werden. Hier wird eine „rasche und effektive Anpassung an Veränderungen“, die „Nutzung von Diversity“ sowie die „Sozialisation und Training neuer Mitarbeiter“ als Vorteil eines Teams betont (2001, S.3f.).
„Allerdings kann man nicht einfach beschließen, von nun an im Team zu arbeiten. Ein Team muss sich erarbeiten.“ (Erger 2019, S. 9) So gibt es fünf Entwicklungsphasen, welche ein Team in der Zeit ihres Bestehens durchläuft. Die Zusammenarbeit der Mitarbeiter*innen ist zu einem bedeutenden Maße von der jeweiligen Phase, in der sich das Team befindet, abhängig (vgl. Grundwald, Steinbacher 2007, S. 178).
Im nächsten Abschnitt werden die fünf verschiedenen Phasen der Teamentwicklung thematisiert und erläutert, welche Auswirkungen in Verbindung mit der Gruppendynamik bestehen.
2.2 Entstehung eines Teams und Teamentwicklung
Menschen, die sich zusammenschließen, um gemeinsame Ziele umzusetzen, sind permanenten Veränderungen ausgesetzt und müssen dementsprechend wandelbar sein. In Teams der stationären Kinder- und Jugendhilfe gibt es häufig wechselndes Personal, was auch die Teamzusammensetzungen regelmäßig verändert. Es gibt Mitarbeiter*innen, die sich gut in bestehende Teams integrieren können und von Anfang an positive Entwicklungsprozesse herbeiführen. Auf der anderen Seite ist auch Personal zu verzeichnen, das weniger Empathie und Sozialkompetenz vorweist und sich schwer auf das bestehende Teamgefüge einlassen kann. Aus diesen Aspekten lassen sich Anforderungen herauslesen, vor die ein Team gestellt wird. Es erfordert einen hohen Grad an Flexibilität und Offenheit, sich auf neue Persönlichkeiten einzustellen (vgl. Erger 2019, S. 61).
Eine Hilfe für Teams und Führungskräfte bietet das Phasenmodell von Bruce Tuckman, welches von Bales und Strodtbeck ergänzt wurde. Dieses bietet Orientierung und unterstützt die Teamentwicklung. Außerdem zeigt es auf, an welchem Punkt ein Team steht und welche Methoden am passendsten wären, die Teamleistung zu steigern (vgl. Asselmeyer S. 624). Diese Phasen werden im Folgenden aufgeführt.
Die erste Phase ist in der Literatur unter dem Begriff „Forming“ zu finden und beinhaltet die Orientierung und Exploration. Jedes Team beginnt mit dieser Phase und durchläuft diesen Abschnitt erneut, wenn ein weiteres Mitglied dazukommt. Anfänglich lernen sich die Mitarbeiter*innen kennen. Es kommt zur Meinungsbildung und Einschätzung über die anderen Mitglieder. Das Team versucht sich in dieser Phase zu organisieren. Ziele, Aufgabenstellungen und Arbeitsmethoden sind noch nicht präsent oder ausgehandelt (vgl. Grunwald, Steinbacher 2007, S. 178f.). Ein höflicher, unsicherer Umgang prägt die Gesprächskultur in diesem Entwicklungsschritt. Wie lange sich ein Team in dieser Phase aufhält ist individuell und hängt von einigen Bedingungen ab. Gibt es beispielsweise eine planvolle Einarbeitung für neue Mitarbeiter*innen oder eine*n Mentor*in, die für die Integration des*der neuen Angestellte*n verantwortlich ist, kann dieser Prozess verkürzt werden und schneller in die effektiven Arbeitsphasen übergegangen werden (vgl. Erger 2019, S. 62).
Die darauffolgende Phase ist die der Auseinandersetzung und des Machtkampfs. Unter dem Hauptbegriff „Storming“ wird deutlich, dass es in dieser Epoche der Teamentwicklung um die Macht- und Entscheidungsstrukturen geht. Die unterschiedlichen Meinungen und Sichtweisen der Mitarbeiter*innen werden deutlich und bewirken Auseinandersetzungen. Häufig kommt es in dieser Phase auch dazu, dass einzelne Mitglieder den Sinn des Ziels oder der Aufgabenstellung in Frage stellen (vgl. Grunwald, Steinbacher 2007, S. 179). In diesem Entwicklungsabschnitt bilden sich außerdem die Rollen und es wird um die Rangordnung gekämpft. Die Phase des „Stormings“ ist entscheidend dafür, ob der*die Teamleiter*in von den anderen Mitarbeiter*innen akzeptiert oder bemängelt wird. Individuelle Zielvorstellungen, in Verbindung mit der Hauptaufgabenstellung des Teams, werden thematisiert und stellen Konfliktpotenzial dar (vgl. Busch, Schenk 2005, S. 71).
Bindung und Vertrautheit bilden die dritte Phase der Teamentwicklung. In diesem Abschnitt, der auch unter der Begrifflichkeit „Norming“ zu finden ist, sind die Rollen verteilt und es werden klare Normen, Strukturen und Regeln entwickelt. Innerhalb dieser Entwicklung bildet sich außerdem ein Wir-Gefühl heraus, welches einen ehrlichen, offenen Umgang miteinander ermöglicht. Ein Austausch über Meinungen und Einstellungen findet aktiv statt und führt nicht zum Streit, sondern zum Erkenntnisgewinn (vgl. Grunwald, Steinbacher 2007, S. 179). Die Mitarbeiter*innen sind an dieser Stelle vertrauter miteinander und haben sich aufeinander eingestellt. Wenn in dieser Phase Konflikte auftreten, können sie erfolgreich diskutiert und weitestgehend aufgelöst werden. Die Beziehungen zwischen den einzelnen Mitgliedern stehen im Mittelpunkt. Dabei ist es notwendig, dass das Ziel der Zusammenarbeit nicht untergeht, sondern weiter vor Augen behalten wird. Damit sich diese Phase entfalten kann, müssen die Bedingungen dafür geschaffen werden, die einen Raum für Austausch ermöglichen. So müssen dem Team feste Zeiten zur Verfügung gestellt werden, in dem ein Treffen aller Mitglieder möglich ist und die Beziehungen untereinander gestärkt werden (vgl. Busch, Schenk 2005, S. 77).
Die vorletzte Phase ist die wichtigste für die Leistungsfähigkeit eines Teams. In diesem Abschnitt der Differenzierung und Festigung, tritt die Selbstorganisation des Kollektivs in den Vordergrund. Hintergründige Reibungen zwischen einzelnen Mitarbeiter*innen nehmen eine unwichtige Rolle ein. In dieser Phase des „Performing“ steht eine kreative und effektive Zusammenarbeit im Mittelpunkt. Gemeinsam werden Lösungen gesucht oder neue Methoden zum Erreichen der Aufgaben ausprobiert. In dieser Entwicklung kann das Team die bestmöglichsten Leistungen erbringen (vgl. Grundwald, Steinbacher 2007, S. 179). In der Praxis wird diese Phase von Gruppen nicht immer erreicht. Diesen Grad an Flexibilität und Solidarität zu erreichen, ist eine Herausforderung und erfordert die Mitarbeit aller. Eine fähige Leitungsperson ist besonders wichtig. Diese muss die Arbeitsprozesse beraten, begleiten und beobachten. Sie trägt außerdem die Verantwortung dafür, dass Konkurrenzverhalten gering bleibt und den Lösungsprozess nicht beeinträchtigt. Gemeinsame Reflexionen über die Zusammenarbeit sind besonders hilfreich und können die Gruppenleistung weiter steigern (vgl. Busch, Schenk 2005, S. 78).
Die letzte Entwicklungsphase, die ein Team durchläuft, ist unter dem Begriff „Adjourning“ verzeichnet und äußert sich in Abschied und Trennung (vgl. Busch, Schenk 2005, S. 78). In der stationären Kinder- und Jugendhilfe kommt es nicht selten vor, dass Mitarbeiter*innen die Wohngruppe oder die Einrichtung wechseln. Dadurch kommt ein Arbeitskollektiv regelmäßig in diese Phase. Auch Arbeitsgemeinschaften, die sich regelmäßig für ein Projekt in der Einrichtung getroffen haben oder gemeinsam an einem Konzept gearbeitet haben, durchlaufen bei Beendigung des Arbeitsprojekts diese Phase der Gruppenentwicklung. Weiterzuführen ist, dass auch ein gemeinsamer Abschied von einer Aufgabe oder einem Ziel das Adjourning eines Teams beeinflusst. Eine Reflexion hilft in dieser Phase, die Arbeitsgruppe auf das Gelernte und Erreichte aufmerksam zu machen. Die Leitung sollte die Verantwortung dafür übernehmen, dass genügend Zeit für die Abschiedsphase eingeräumt wird, damit das Team nicht mit einem starken Gefühl der Trauer auseinander geht (ebd. S. 78).
Die eben beschriebenen Phasen sind nicht immer in dieser Reihenfolge anzutreffen. In manchen Fällen werden Entwicklungsschritte von den Teams übersprungen oder eine vorherige Phase erneut durchlaufen. Zurückführen lässt sich dies häufig auf Veränderungen im Teamgefüge, beispielsweise durch einen Mitarbeiter*innenwechsel oder bei Umstellung der Aufgabenverteilungen. Je nachdem wie flexibel ein Team ist und welches Zusammengehörigkeitsgefühl die Arbeit prägt, äußern sich diese Veränderungen stark oder schwach (vgl. Grunwald, Steinbacher 2007, S. 179).
Für die Entstehung eines Teams ist nicht nur das Phasenmodell der Gruppenbildung relevant, sondern es lassen sich auch weitere Konzepte zur Teamentwicklung aufführen. Stumpf und Thomas haben zwar im Hinblick auf die Personalentwicklung Ansätze definiert, welche sich dennoch passend auf die Entwicklung eines Teams beziehen lassen. Die beiden Autoren beschränken sich auch auf die Ansätze Zielsetzung, Rollenklärung, Beziehungsgestaltung und Problemlösungsansätze (vgl. Stumpf, Thomas 2003, S. 15ff.). Im weiteren Verlauf dieser Bachelorarbeit wird auf diese Ansätze aufgebaut und mit dem Modell des Teamentwicklungsprozess von Comelli ergänzt.
Comelli beschreibt, dass nach der Kontaktphase, in der nicht nur das gegenseitige Kennenlernen im Mittelpunkt steht, sondern auch das in Kontakttreten von schon untereinander bekannten Mitarbeiter*innen, die Kontraktphase folgt. An dieser Stelle ist das Vereinbaren von Zielen und der geforderten Qualität entscheidend und mündet in der Diagnosephase, welche die Problemanalyse und die Analyse der Stärken und Schwächen der einzelnen Fachkräfte innehat. In der darauffolgenden Teamtrainingphase wird an die, aus den Vorstufen gewonnenen, Handlungsbedarfe angesetzt und eine konkrete Entwicklungsmaßnahme formuliert. Mit dem Anspruch auf Nachhaltigkeit wird diese Maßnahme in die Organisation eingebracht und ein zeitlicher Rahmen zur Umsetzung bestimmt. In der Evaluationsphase wird abschließend das Ergebnis der Teamentwicklung im Zusammenhang mit den vereinbarten Zielen überprüft (vgl. Comelli 2003, 77ff.).
Stumpf und Thomas beschrieben 2003, dass die Rollenklärung für die Entwicklung und Dynamik eines Teams bestimmend ist. Auch für die Stärken- und Schwächenanalyse der Mitarbeiter*innen, wie sie Comelli nennt, ist ein Blick auf die jeweiligen Rollen und die dazugehörigen Eigenschaften und Funktionen innerhalb eines Arbeitskollektivs fördernd. Um ein besseres Verständnis für die Zusammenarbeit zu erhalten, werden im folgenden Kapitel die Teamrollen nach Dr. Meredith Belbin erläutert.
2.3 Teamrollen
Das Konzept der Teamrollen geht davon aus, dass der Erfolg einer Arbeitsgruppe bedeutend von der Berücksichtigung der Teamrollen abhängig ist. Eine Rolle meint hierbei nicht die Position eines*r Mitarbeiter*in, wie etwa die Teamleitung, sondern die Kombination der Verhaltensweisen einer Person. Diese sind ausschlaggebend für die Herangehensweise an Aufgaben. Dabei ist nicht davon auszugehen, dass sich eine Fachkraft immer gleich verhält oder durchgängig eine Rolle ausfüllt. Teamrollen sind wandelbar und nicht immer klar voneinander abzutrennen. Dennoch ist unumstritten, dass nicht jede*r Mitarbeiter*in in der Lage ist, eine Teamrolle ähnlich gewinnbringend auszuführen, wie ein anderer. Das bietet eine Erklärung für Konflikte und Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit eines Teams, wenn eine Person aus seiner gewohnten Rolle fällt (vgl. Blümke 2006, S. 27).
Jede Rolle, welche das Team zusammensetzt, weist bestimmte Stärken auf. Diese stehen zugleich in Verbindung mit Schwächen (ebd. S. 27). Diese Grundlage betont hinzukommend den Nutzen eines Teams. Durch das Ergänzen der jeweiligen Ressourcen kann eine leistungsfähige Arbeitsweise möglich werden. Um dies tiefer zu begründen, werden im Folgenden die neun unterschiedlichen Rollen aufgeführt, dazugehörige Eigenschaften sowie Funktionen beschrieben und abschließend die Auswirkungen auf die Zusammenarbeit herausgearbeitet.
Der*die Umsetzer*in ist die erste Rolle, die von Belbin erklärt wird. Die praktische Arbeit ist das Hauptaugenmerk dieser Rolle und eine ausgeprägte Selbstkontrolle prägt das Arbeiten einer solchen Person. Systematisch und im Interesse der Einrichtung zu handeln ist für Mitarbeiter*innen dieser Kategorie selbstverständlich. Schnelle Veränderungen sind für diese, eher unflexible Rolle, ein Problem. Des Weiteren ist es für sie wichtig, in jeder Idee einen handfesten Sinn und Zweck zu sehen, um diese annehmen zu können. Für Einrichtungen sind Umsetzer*innen durch ihr effektives Arbeiten und ihren Blick für das Wesentliche eine Bereicherung und gut in schlecht fokussierten Teams, welche Antrieb benötigen oder in welchem Leitungspositionen fehlen, einsetzbar (vgl. Erger 2019, S. 32f.).
Die nächste Rolle ist die des*der Beobachter*in. Die typischsten Eigenschaften sind eine klare, kritische Denkweise und eine eher introvertierte Teilnahme an Besprechungen oder Planungen. Durch ihre langsame und gut durchdachte Entscheidungsfindung können sie Teams helfen, nicht vorschnell oder falsch zu handeln. Neue Ideen zu entwickeln liegt nicht in der Stärke dieser Rolle, dafür aber in der Analyse von Problemlagen. In der Zusammenarbeit sind es häufig Menschen, die sich schlecht motivieren lassen und wenige Emotionen zeigen. Besonders gewinnbringend können solche Mitarbeiter*innen bei Entscheidungsprozessen eingesetzt werden, da sie mit ihren gut abgewogenen Einstellungen helfen, mögliche Chancen und Risiken zu erkennen (ebd. S. 33).
Meredith Belbin erläutert außerdem die Rolle des*der Perfektionist*innen. Diese arbeitet in erster Linie gewissenhaft und hat einen hohen Anspruch an sich selbst und den anderen Mitarbeiter*innen. Aus diesem Grund fällt es ihm auch schwer, Aufgaben zu delegieren, weil er Angst hat, dass andere die Aufgabe nicht ausreichend erledigen, so wie er es tun würde. Eine zuzuordnende Fähigkeit ist, Dinge bis in Detail zu durchdenken und zu verfolgen. Nachlässigkeit ist bei Personen dieser Kategorie kaum anzutreffen. In Einrichtungen sind Perfektionisten für Aufgaben unabkömmlich, wo Genauigkeit und Sorgfalt notwendig ist. Zeitpläne einzuhalten und ein Team dazu zu bringen, die Dringlichkeit in Aufgaben zu sehen, ist eine Stärke solcher Fachkräfte. Aus diesem Grund eignen sie sich auch als Führungspersonal (ebd. S. 33f.).
Die Spezialist*innen bilden die nächste Rolle in einem Team. Sie weisen einen hohen Grad an Fachwissen in einem bestimmten Bereich auf und arbeiten professionell und motiviert in ihren beruflichen Interessen. Für sie ist es von großen Belangen, dass sie ihre Anliegen selbstbewusst vertreten. Gleichzeitig fällt es ihnen schwer, die Interessen und Anliegen der anderen Mitarbeiter*innen wahrzunehmen oder darauf einzugehen. Ebenso fehlt ihnen die Wahrnehmung für das komplexe System, da sie sich auf ihren beruflichen Teil fokussiert haben. In Teams nehmen sie häufig eine unersetzliche Rolle ein, was daran liegt, dass sie Fähigkeiten in Form von Wissen mitbringen, welche keine andere Fachkraft zur Verfügung hat (ebd. S. 34). Innerhalb der Heimerziehung könne ein*e solche*r Spezialist*in ein*e Therapeut*in oder Psycholog*in sein, die besonders für ihr jeweiliges Fachgebiet eingesetzt werden.
Die Rolle des*der Teamarbeiter*in lässt sich als eine weitere Kategorie verzeichnen. Typische Eigenschaften sind die hilfsbereite und sensible Art im Umgang mit anderen Mitarbeiter*innen. Dadurch stellen hinzuzuzählende Personen ein wichtiges Glied in Teams dar und helfen, Konflikten vorzubeugen und Lösungen zu finden, die für alle vertretbar sind. Die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ermöglicht es solchen Menschen, sich auf verschiedene Situationen und Charaktere einzulassen. Ihre Fähigkeit, anderen zuzuhören und Gespräche so zu leiten, dass jeder zu Wort kommt, steigert das Zusammenarbeiten wesentlich und trägt zu einem respektvollen Umgang bei. In Krisensituationen fühlen sich Teamarbeiter*innen häufig dazu verpflichtet, deeskalierend zu handeln und zwischenmenschliche Reibungspunkte zu minimieren (ebd. S. 34).
Die sechste Rolle, die Belbin nennt, ist die des*der Wegbereiter*in. Hier handelt es sich meistens um selbstsichere und engagierte Menschen, die ihre Stärken in der Kommunikation mit internen und externen Kolleg*innen zeigen. Ein Hilfsnetzwerk zu schaffen, in dem neue Möglichkeiten eröffnet werden, fällt Wegbereiter*innen nicht schwer. Auch das Erkennen von Ressourcen und das geschickte Einsetzen dieser, begründet die Notwendigkeit eine*r solchen Mitarbeiter*in im Team. In Arbeitskollektiven werden Personen dieser Kategorie meistens positiv aufgenommen, da sie Empathie ausstrahlen und andere Fachkräfte von ihren Stärken schnell überzeugt sind. In Einrichtungen werden Wegbereiter eingesetzt, um Verhandlungen mit externen Netzwerkpartner*innen erfolgreich zu gestalten. Dadurch sind sie auch eine wichtige Grundlage, um an einrichtungsrelevante Informationen zu gelangen (ebd. S. 35).
Die Koordinator*innen bilden eine weitere Rolle, die in Teams häufig vertreten ist. Bezeichnend für diese Kategorie ist das selbstbewusste Auftreten und die Fähigkeit, andere für das Erreichen eines Ziels zu motivieren. Koordinator*innen haben die Stärke, die Gesamtheit und Komplexität der Aufgabenbereiche zu erkennen und die dazugehörige Verantwortung, den Kompetenzen entsprechend, zu verteilen. Mit ihrer ruhigen Art tragen sie kompetent zur Problemlösung bei. Die anderen Mitglieder verlassen sich häufig auf die Koordinator*innen und kommen bei Rückfragen auf diese Person zu. Akteure*innen die sich dieser Rolle unterordnen lassen, können im Unternehmen mit Erfolg als Teamverantwortliche*r eingesetzt werden. Besonders bei vielen unterschiedlichen Charakteren und Arbeitsweisen ist es sinnvoll, eine*n Teamleiter*in einzustellen, welche den Kern dieser Kategorie erfüllt. Erwähnenswert ist, dass es zwischen Macher*innen und Koordinator*innen nicht selten zu Auseinandersetzungen kommt, da ihre Arbeitsansätze stark abweichend sind (ebd. S. 35).
Wie eben genannt, gibt es innerhalb von Teams die Rolle des*der Macher*in. Bezeichnend hierfür ist das selbstbewusste und hochmotivierte Auftreten und das erfolgsorientierte Handeln. Ohne Herausforderungen verlieren Macher*innen nicht selten die Lust an der fachlichen Arbeit, weshalb es sinnvoll ist, sie vor allem dann einzusetzen, wenn ein Arbeitskollektiv in einer Krise steckt oder die Motivation für das Ziel verloren hat. Menschen dieser Ebene verfolgen das Ziel, gemeinsam mit dem Team positive Entwicklungen zu erreichen. Mit Enttäuschungen oder Niederlagen umzugehen, fällt Macher*innen in der Regel schwer. Häufig reagieren sie mit ausgeprägten Emotionen wie Wut oder Aggression auf derartige Erlebnisse. In Gesprächen versuchen sie fokussiert die wichtigsten Informationen zu gewinnen und für das Team darzustellen. Zwischenmenschliche Beziehungen zu gestalten liegt nicht in der Stärke der Macher*innen. Stattdessen benötigen sie regelmäßig Anerkennung und Erfolg, da es anderenfalls zu Selbstzweifeln kommt. Als Führungsrolle können Personen dieser Kategorie ein Voranschreiten des Teams und der Einrichtung bewirken. Besonders wirkungsvoll können Macher*innen in Teams eingesetzt werden, die Schwierigkeiten mit etablierten, veralteten Arbeitsabläufen, unterschiedlicher Zielverfolgung oder der Umsetzung von Ideen vorweisen (ebd. S 36).
Die letzte Rolle bilden die Neuerer*innen. Innovativ und kreativ arbeiten Menschen dieser Kategorie an Ideen und Konzepten. Häufig bilden sie eine Grundlage für weitere Entwicklungen. Sie bevorzugen es, allein zu arbeiten, damit ihre Kreativität nicht eingeschränkt wird und sie ihrer Denkweise den nötigen Freiraum zur Verfügung stellen können. Ihre Ideen sind in den wenigsten Fällen im ganzen Maß auf die Praxis zu übertragen, da häufig nicht alle Rahmenbedingungen beachtet werden. In ihrer Art sind sie eher ruhig und introvertiert. Kommunikation mit anderen Kolleg*innen zu gestalten, fällt ihnen schwer. Auf Kritik reagieren sie emotional und haben selten Interesse an der Umsetzung ihrer Ideen, sondern arbeiten lieber an neuen Einfällen. Die Ideen anderer werden in vielen Fällen herablassend behandelt, weshalb die Neuerer*innen nicht zu einem harmonischen Teamgefüge beitragen. In Gruppen kommt es häufig zu Auseinandersetzungen, wenn mehrere dieser Rolle vertreten sind und zusammenarbeiten müssen. Für Einrichtungen ist vor allem die Kreativität dieser Personen in Bezug auf Lösungsansätze bedeutsam. Sie können Organisationen unterstützen, die Basis für Projekte zu schaffen (ebd. S. 36f.).
In Bezug auf diese zahlreichen unterschiedlichen Rollen ist zu beachten, dass es vielseitige Mischformen gibt, eine Rolle auf mehrere Fachkräfte zutreffen kann, ein*e Mitarbeiter*in mehrere Rollen vertritt oder Rollen überhaupt nicht im Teamgefüge anzutreffen sind.
Bei der Einstellung neuen Personals wird im Bereich der stationären Kinder- und Jugendhilfe in den seltensten Fällen nach der fehlenden Rolle gesucht. Dadurch ist es in sozialen Einrichtungen häufig vertreten, dass es viele Mitarbeiter*innen einer Rolle gibt. Es ist davon auszugehen, dass das Fehlen einer Rolle oder das mehrfache Vertreten einer solchen mögliches Konfliktpotenzial bietet. Dieser Überlegung wird im fünften Kapitel dieser Bachelorarbeit nachgegangen.
Innerhalb der verschiedenen Rollenbeschreibungen wird immer wieder der Aspekt der Herangehensweise an Ziele betont. Auch Stumpf und Thomas haben, wie im Punkt 2.2 beschrieben, die Zielsetzung als einen wesentlichen Aspekt zum Teamverhalten gezählt. Um diesen Auffassungen nachzugehen, wird im folgenden Abschnitt die Relevanz von Teamzielen beschrieben und ein Bezug zu den spezifischen Bestrebungen innerhalb der stationären Kinder- und Jugendhilfe hergestellt.
2.4 Ziele der Teamarbeit
Damit ein Team arbeiten kann, benötigt es Ziele. Erst wenn die Zielstellung bekannt ist, können die Mitarbeiter*innen ihr gemeinsames Handeln planen und umsetzen. Es ist förderlich, wenn sich jede Fachkraft des Teams mit der Frage auseinandersetzt, was sein/ihr persönlicher Beitrag zur Zielerreichung ist. Grundlegend beinhaltet das den Kern der Teamarbeit. Dies setzt voraus, dass sich jede*r über seine*ihre Aufgabe, Rolle und Funktion bewusst ist und diese einzusetzen weiß. Das bestimmt grundlegend, ob ein Ziel erreicht wird, oder nicht. Fachkräfte benötigen die Kenntnis darüber, welchen Nutzen sie dem Team und der Zielerreichung bringt. Dadurch werden die Motivation und das Engagement gefördert. Allerdings kommt es häufig dazu, dass individuelle und voneinander abweichende Ziele definiert werden, was wiederum zu Konflikten zwischen Mitarbeiter*innen führen kann (vgl. Erger 2019, S. 17f.). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass es klar festgelegte Ziele geben muss, über die jedes Mitglied informiert wird. Nur auf diesem Weg kann gewährleistet werden, dass das Team in wirkungsvoller Zusammenarbeit auf das Hauptziel der Einrichtung hinarbeitet.
Voraussetzung dafür ist die Transparenz der Ziele. In erster Linie trägt diese Verantwortung die Team- oder Geschäftsleitung. An dieser Stelle ist es nicht relevant, ob es sich um Teamziele oder spezifische Ziele handelt. Gerade in der Heimerziehung gibt es meist mehrere parallel verlaufende Ziele, die zum einen auf die einzelnen Kinder und Jugendlichen und zum anderen auf das ganze Gruppengeschehen bezogen sind. Auch Ziele, die die Zusammenarbeit im Team beziehungsweise im ganzen Unternehmen bestimmen sollen, sind transparent zu gestalten. Dadurch wird eingedämmt, dass jede Fachkraft basierend auf seine/ihre Qualifikationen individuelle Ziele verfolgt (vgl. Günder 2015, S. 223ff.).
In der stationären Kinder- und Jugendhilfe ist das prinzipielle Ziel, welches über allen anderen Zielen steht, die Rückführung in den elterlichen Haushalt. Diesem Ziel gilt es mit Unterzielen hinzuwirken. Dass es bei einigen Bewohner*innen undenkbar ist, sie in ihre Ursprungsfamilien zu entlassen, ist vorerst nebensächlich. Mit Hilfe von regelmäßig angepassten Entwicklungszielen soll ein bestmöglicher Erfolg der Hilfeleistung gesichert werden, welcher bezwecken soll, dass die Leistung zur Erziehungshilfe nicht mehr notwendig ist (vgl. Bernzen, Bruder 2018, S. 146ff.). Hierbei ist es häufig so, dass jede*r Mitarbeiter*in einen anderen Ansatz verfolgt, diesen Zielstellungen nachzugehen. Dieses Phänomen betont die Notwendigkeit der Absprache über Ziele und erfordert einen Austausch aller Fachkräfte.
Beim Betracht dieser zahlreichen Grundlagen für die Zusammenarbeit im Team stellt sich die Frage, wie eine Arbeitsgruppe im Heimkontext optimal zusammengesetzt werden kann, um allen Ansprüchen gerecht zu werden und die eben genannten Ziele zu erreichen. Hier soll auch berücksichtigt werden, welche Rollen (siehe Kapitel 2.3) vorhanden oder kombiniert werden sollten, um ein bestmögliches Interagieren zu gewährleisten.
2.5 Die optimale Teamzusammensetzung in der Heimerziehung
Damit die Grundlagen für ein produktives Zusammenarbeiten gegeben sind, muss das Team in der stationären Kinder- und Jugendhilfe so viele Mitgliedern haben, dass es für jede*n Mitarbeiter*in überschaubar ist. Teams sollten aus mindestens zwei bis drei Personen bestehen, so beschreiben es Van Dick und West (2013, S. 3ff.). In der Heimerziehung wird eine Zahl von fünf bis sieben Fachkräften empfohlen, damit ein sachlicher, persönlicher und unmittelbarer Austausch zwischen allen Angestellten möglich ist (vgl. Grundwald, Steinbacher 2007, S. 178). Mit Blick auf gruppendynamische Kenntnisse geht hervor, dass die Hälfte oder gar über die Hälfte der Redebeiträge von den drei aktivsten Teilnehmer*innen des Teams ausgehen. Daraus folgt, dass sich die restlichen Mitglieder die verbleibenden Redeanteile aufteilen müssen. Umfasst das Team demnach eine hohe Zahl an Menschen, so sind die Anteile des Einbringens für die einzelnen nicht so aktiven Personen sehr gering (vgl. Rosenstiel, Comelli 2003, S. 316).
Bender berechnet, dass in einem Team von vier Personen in der Regel schon 10% der Ideen und Anregungen untergehen oder ungeäußert bleiben, wo hingehen bei einer Gruppenzahl von zehn Mitarbeiter*innen schon das Doppelte (20%) verschwiegen wird (2013, S. 20ff.).
Je größer ein Team ist, desto schlechter ist außerdem die Qualität der Entscheidungen. Die höchste Steigerung der Entscheidungsqualität wird anstatt von einer Person, bei einer Mitarbeiter*innenzahl von zwei Angestellten erreicht, eine Zahl von drei Fachkräften lässt die Qualität weiterhin ansteigen. Auch bis fünf Mitglieder sind leichte Verbesserungen zu verzeichnen. Eine noch höhere Zahl an Teammitglieder ist allerdings nicht gewinnbringend im Hinblick auf die Entscheidungsqualität (vgl. Rosenstiel, Comelli 2003, S. 317).
In wie weit sich Unterschiede bezüglich der Geschlechter, des Alters, der Nationalität und der fachlichen Qualifikationen auf die Leistung eines Teams auswirken, ist umstritten (vgl. Antoni 2008, S. 43ff.). Prinzipiell ist Diversität für einen Kolleg*innenkreis gewinnbringend, da die Unterschiedlichkeit der Erfahrungen zu einem Ergänzen führt, welches die gemeinsame Arbeit voranbringen kann. Wenn dieses Ergänzen von den einzelnen Fachkräften zugelassen wird, erweitert sich die Erfahrungsspanne des Teams, was die Leistung und die reibungslosen Teamprozesse verbessert. Es ist nicht immer der Fall, dass Mitglieder diesen differenzierten Austausch als Gewinn ansehen, sondern dieser eher als Bedrohung wahrgenommen wird. Besonders die Unterschiedlichkeit bezüglich der fachlichen Hintergründe führt häufig zu Konflikten und bewirkt einen Leistungsabfall (vgl. Van Knippenberg, De Dreu, Homan 2004, S. 1008ff.).
Wird demnach davon ausgegangen, dass die Mitarbeiter*innen des Teams die Diversität als Gewinn ansehen, kann geschlussfolgert werden, dass die optimale Zusammensetzung der Arbeitsgruppe von dem Maß an Diversität bestimmt wird. So kann es demnach förderlich sein, junge und ältere Fachkräfte in einem Team zu kombinieren, verschiedene Geschlechter zu mischen und auch eine Unterschiedlichkeit hinsichtlich der Qualifikationen zu fördern. Auch im Hinblick auf die Kinder und Jugendlichen in Heimen zeigen sich Vorteile, weil sie zwischen den unterschiedlichen Ansprechpartner*innen auswählen können und nicht gezwungen sind, sich mit einem bestimmten Anliegen an eine Personengruppe zu wenden, die sich im Handeln und Denken sehr ähneln.
Dieser Ansatz bringt andere Verhaltensmuster mit sich, wenn die Teammitglieder Diversität als Hindernis wahrnehmen. Mit einer solchen Einstellung werden Konflikte gefördert. Es ist fraglich, in wie weit der*die Arbeitgeber*in darauf Rücksicht nehmen kann, weil besonders im Bereich der sozialen Arbeit ein erhöhtes Maß an Kooperation, Kommunikationsfähigkeit und Empathiefähigkeit gefordert wird. Eine besondere Relevanz wird an dieser Stelle der Ambiguitätstoleranz zugeschrieben, welche beinhaltet, dass, der eigenen Einstellung abweichende, Denk- und Handlungsweisen ebenso akzeptiert und respektiert werden. Diese Eigenschaften sollten ohnehin in sozialen Ausbildungsberufen gefordert werden, sodass es berechtigt ist, diese als Arbeitgeber*in vorauszusetzen. Für die optimale Zusammensetzung eines Teams, sollte der Aspekt, dass Diversität hinderlich ist, demnach weniger Beachtung finden und die Konzentration auf die positive Steigerung der Erfahrungsspanne gelegt werden. Hinsichtlich der unterschiedlichen Rollen, welche in einem Team möglich sind, lassen sich folgende Aussagen treffen.
Für ein Team innerhalb der stationären Kinder- und Jugendhilfe, welches möglichst zielorientiert und effektiv arbeitet, ist es notwendig, dass eine dominante Rolle die Teamleitung übernimmt. Hierfür ist beispielsweise der*die Umsetzer*in, der*die Perfektionist*in, der*die Koordinator*in oder der*die Macher*in geeignet (siehe Kapitel 2.3). Sollten mehrere Personen solcher Rollen vertreten sein, ist von einem höheren Konfliktpotenzial auszugehen. Besonders förderlich ist das Einsetzen des*der Teamarbeiter*in, der*die innerhalb des Kolleg*innenkreises mehrfach vertreten sein darf und das Teamgefüge stärkt. Auch die Rolle des*der Wegbereiter*in ist für den Heimkontext unabkömmlich, da das Netzwerken eines der wichtigsten Aufgaben von Fachkräften in der Kinder- und Jugendhilfe ist. In einigen Heimeinrichtungen ist ebenso die Rolle des*der Spezialist*in gefordert, weil es beispielsweise für das intensivpädagogische Konzept der Einrichtung notwendig ist. Weniger erforderlich in Wohngruppenteams ist der*die Neuerer*in. Das lässt sich in erster Linie damit begründen, dass unrealistische Ideen und praxisferne Ansätze die Leistungsfähigkeit einschränken. In einigen Fällen, wie beispielsweise bei Veränderungen der konzeptionellen Grundlagen, kann diese Rolle dennoch wichtige Funktionen erfüllen (vgl. Erger 2019, S. 32ff.).
Entscheidend ist die Fähigkeit der einzelnen Rollen, mit den anderen zu agieren, zu kooperieren und sich aufeinander einzulassen. Sollte diese Eigenschaft bei allein Mitarbeiter*innen gegeben sein, ist das jeweilige Vertreten der Rollen nebensächlich. Dennoch ist es förderlich, bei dem Gründen und Verändern eines Teams, auf die schon gegebenen Akteur*innen zu blicken und eventuelle Defizite mit dem Einsetzen passender anderer Rollen einzudämmen.
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- Citar trabajo
- Michéle Wohlrab (Autor), 2020, Differenzierte Teams in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Selbstwirksamkeit im Zusammenhang mit Führung, Konflikten und Leistung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1158100
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