Wenn wir über die Armut reden, denken viele von uns an die Kinder, die in den
Entwicklungsländern leben. An jene Kinder, die weder ein Dach über den Kopf haben, noch
mit genug Essen versorgt werden können. An Kinder, die statt Markenklamotten, nur mit ein
paar Lumpen bekleidet sind. An Kinder, die mit dem Hungerstod zu kämpfen haben und deren
einzigen Spielsachen ein paar Steine oder Stöcke sind. An Kinder, die keine Chance haben zur
Schule zu gehen und bei denen die kleinste Krankheit oft schon den sicheren Tod bedeutet, da
Medikamente fehlen. An Kinder, die nicht durch soziale Absicherung von den Staat eine
Chance bekommen, ihren Schicksal zu entgehen. Und tatsächlich leben fast ein Viertel aller
Heranwachsenden zwischen 10 und 19 Jahren nach Schätzungen der Vereinten Nationen in
extremer Armut. Etwa 230 Millionen Jugendliche haben nicht mehr als einen US-Dollar pro
Tag zur Verfügung und 462 Millionen junge Menschen verfügen über weniger als 2 US-Dollar
pro Tag. Fast eine Milliarde Menschen haben dauerhaft keine ausreichende Nahrung. Ihr
ganzes Leben lang sind sie unterernährt und haben keine Chance ihre Situation zu verbessern.
Trotz dieser erschreckenden Erkenntnis ist Armut nicht nur ein Problem Dritter Weltländer,
sondern beginnt bereits in unserer unmittelbaren Umgebung.
In der vorliegenden Hausarbeit beschäftige ich mich mit dem Thema „Armut in Deutschland.“
Dabei lege ich meinen Schwerpunkt auf die Kinder- und Jugendarmut.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Der Armutsbegriff
1.1 Definition Armut
1.2 Die Aspekte der Armut
1.3 Absolute Armut
1.4 Relative Armut
1.4.1 Ressourceorientierter Ansatz
1.4.2 Lebenslageansatz
2. Die „Neue Armut“
3. Die Ursachen für die Kinderarmut in Deutschland
3.1 AlleinerziehendeMütter
3.2 Familien mit mehreren Kindern
3.3 Schulden
3.4 Arbeitslosigkeit
4. Das Ausmaß der Kinder- und Jugendarmut auf
4.1 die Gesundheit
4.2 die Bildung
4.3 das kulturelle Leben
5. Folgen der sozialen Benachteiligung
5.1 Straffälligkeiten
5.2 Straßenkinder
5.3 Drogen-, Nikotin- und Alkoholmissbrauch
5.4 Obdachlosigkeit
5.5 Reaktion gegen sich selbst und gegen andere
6. Bleibt wer einmal in der Armutsfalle steckt, immer arm?
6.1 Rolle der Eltern
6.2 Rolle Politik
7. Resümee
LITERATURVERZEICHNIS
Quellenverzeichnis
Wenn wir über die Armut reden, denken viele von uns an die Kinder, die in den Entwicklungsländern leben. An jene Kinder, die weder ein Dach über den Kopf haben, noch mit genug Essen versorgt werden können. An Kinder, die statt Markenklamotten, nur mit ein paar Lumpen bekleidet sind. An Kinder, die mit dem Hungerstod zu kämpfen haben und deren einzigen Spielsachen ein paar Steine oder Stöcke sind. An Kinder, die keine Chance haben zur Schule zu gehen und bei denen die kleinste Krankheit oft schon den sicheren Tod bedeutet, da Medikamente fehlen. An Kinder, die nicht durch soziale Absicherung von den Staat eine Chance bekommen, ihren Schicksal zu entgehen. Und tatsächlich leben fast ein Viertel aller Heranwachsenden zwischen 10 und 19 Jahren nach Schätzungen der Vereinten Nationen in extremer Armut. Etwa 230 Millionen Jugendliche haben nicht mehr als einen US-Dollar pro Tag zur Verfügung und 462 Millionen junge Menschen verfügen über weniger als 2 US-Dollar pro Tag. Fast eine Milliarde Menschen haben dauerhaft keine ausreichende Nahrung. Ihr ganzes Leben lang sind sie unterernährt und haben keine Chance ihre Situation zu verbessern. Trotz dieser erschreckenden Erkenntnis ist Armut nicht nur ein Problem Dritter Weltländer, sondern beginnt bereits in unserer unmittelbaren Umgebung.
Denn mit dem Wandel der Gesellschaft, hat sich auch die Struktur der Risikogruppen verändert. Armut und Niedrigreinkommen ist nicht mehr das Schicksal einer kleinen, randständigen und sozialpolitisch vernachlässigten Gruppe, sondern gehört heute zur Lebenswirklichkeit einer großen Anzahl von Bürgern, Arbeitnehmern und Familien und kann jeden treffen. Armut nimmt nicht ab, wie man meinen könnte, wenn man den Politikern glaubt, sondern nimmt fast überall in Deutschland den Charakter einer „normalen Alltagserscheinung“ an. Gleichzeitig wächst jedoch auch der Reichtum und wird zum Massenphänomen, wenn auch verhältnisgemäß für wenige Personen. Doch dadurch wird nicht nur die Kluft zwischen den Armen und Reichen immer größer, sondern die daraus resultierenden sozialen Ungleichheiten nehmen stärker zu. So sind Arme nicht nur durch ihre finanziellen Ressourcen, sondern auch in ihren sozialen Ressourcen, wie Bildung, Teilnahme an der Gesellschaft oder soziale Sicherheit, benachteiligt. Obwohl wir die Armut in Deutschland auf keinen Fall mit der Armut in den Entwicklungsländern vergleichen können, ist es doch auch ein Problem, was uns alle angehen sollte.
In der vorliegenden Hausarbeit beschäftige ich mich mit dem Thema „Armut in Deutschland.“ Dabei lege ich meinen Schwerpunkt auf die Kinder- und Jugendarmut.
Immerhin liegt die absolute Zahl der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren, die in der Bundesrepublik in Armut leben, bei etwa 2,8 Millionen. Damit wächst jedes fünfte Kind und jeder fünfte Jugendliche im Alter von 3 bis 15 Jahren in Einkommensarmut auf.[1]
Etwa die Hälfte aller Kinder in Deutschland lebt in finanziell unsicheren Verhältnissen.
37 Prozent der drei Millionen Sozialhilfeempfänger sind Kinder und Jugendliche.[2]
Somit sind in Deutschland die Kinder und Jugendlichen am stärksten von der Armut betroffen als alle anderen Gruppen. Kinderarmut in Deutschland wurde lange Zeit offiziell totgeschwiegen. Niemand fühlte sich dafür verantwortlich, dennoch ist sie vorhanden. Hungernde Kinder mit zerrissenen Sachen leben in Deutschland zwar nicht. Auch haben fast alle Kinder auch ein Dach über den Kopf und genug zu essen, dennoch heißt es für Kinder, die in sozial schwachen Familien aufwachsen, eine Benachteilung in allen Lebensbereichen, Unterversorgung bei Bildung und Gesundheit, sowie soziale Ausgrenzung.
Diese Arbeit beschäftigt sich deshalb des Weiteren mit der Frage in wie weit Heranwachsende in den Einzelnen Bereichen, wie Schule, Gesundheit oder die Teilnahme am kulturellen Leben beeinträchtigt werden. Gleichzeitig gehe ich der Frage nach, welche Chancen die Heranwachsenden haben, aus der Armut zu entfliehen oder ob gilt, „Wer einmal arm ist, bleibt auch arm“.
Der Aufbau der vorliegenden Hausarbeit gestaltet sich wie folgt:
Zunächst werde ich verschiedene Armutsbegriffe vorstellen, um aufzuzeigen, was arm zu sein in Deutschland überhaupt bedeutet. Zudem werde ich den Begriff der „Neuen Armut“ erläutern. Danach stelle ich die Ursachen vor, die aktuell am stärksten an der Entstehung von Kinderarmut beteiligt sind. Im Anschluss stehen die Heranwachsenden im Mittelpunkt. Ich berichte, in welchem Ausmaß Kinder und Jugendliche von Armut betroffen sind und was für Auswirkungen ein Aufwachsen in Armut nach sich ziehen kann. Gleichzeitig gebe ich einen kurzen Überblick über die notwendigen Maßnamen der Politik, um Kinderarmut in Deutschland zu beseitigen.
1. Der Armutsbegriff
Armut in einem der reichsten Länder der Welt, das klingt paradox, entspricht aber der derzeitigen Situation in der Bundesrepublik Deutschland.
Die heutige Armut in Deutschland ist auf keinen Fall mit dem Massenelend während der Industrialisierung oder mit dem Elend in der Kriegs- und Nachkriegszeit zu vergleichen. Wohlstandwachstum und der Aufbau eines Sozialstaates haben die Armut zwar quantitativ und qualitativ verändert, dennoch haben sie sie nicht beseitigen können.
1.1 Definition Armut
Eine allgemeingültige und allumfassende Definition von Armut gibt es nicht. So definieren unterschiedliche Menschen und Institutionen „Armut“ auf ganz verschiedene Weise.
Siegfried Müller definiert die Armut beispielsweise wie folgt:
„Wo Armut beginnt, wird entweder durch eine gesellschaftliche oder wissenschaftliche Konvention oder durch eine politische Entscheidung festgelegt. Jeder einzelne Bürger kann jedoch aufgrund seiner eigenen, religiös oder philosophisch begründeten Werteüberzeugungen zu einer hiervon abweichende Werteüberzeugungen kommen“.[3]
1.2 Die Aspekte der Armut
Einig ist sich die Armutsforschung jedoch über die 3 Aspekte der Armut.
1. Armut in Deutschland ist kein „absolutes“, sonder vielmehr ein „relatives“ Problem. Arm zu sein bedeutet bei uns nicht, Angst haben zu müssen, zu verhungern, da unser sozialen Sicherungssysteme Arme vor den totalen Absturz bewahrt und das Existenzminimum durch die Hilfe zum Lebensunterhalt gesichert wird. Arm zu sein bedeutet vielmehr kein chancengleiches, menschenwürdiges Leben, verglichen mit den Lebensgewohnheiten der Gesamtgesellschaft, führen zu können.
2. „Armut wird als interkulturell und historisch relative Erscheinung begriffen“.[4]
Sie tritt nicht zu einer bestimmten Zeit als ein Problem für die gesamte Gesellschaft auf, sondern zeigt sich in Deutschland vielmehr als Erscheinung, die nur einen kleinen Teil der Gesellschaft betrifft und überwiegend auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt ist.
3. Armut ist vielschichtig und mehrdimensional (siehe Schaubild 1.2.1).
Sie ist nicht nur ein materielles Problem, sondern gleichzeitig auch ein sozial, kulturelles und psychisches Phänomen. So kommt es zu Aspekten der Unterversorgung wie Gesundheit, Bildung und Erwerbsstatus bis hin zum Ausschluss der Armen von der Teilnahme an wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellem Leben.
1.3 Absolute Armut
Als absolut arm gilt, wer nicht über die Ressourcen verfügt, um elementare Grundbedürfnisse zu befriedigen und um ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Als Grundlage der absoluten Armut gilt die Größe 1 bzw. 2 US-Dollar pro Tag und Kopf. Wer diese Summe oder weniger pro Tag zur Verfügung hat, wird nach einer Berechung der Weltbank als arm bezeichnet. Danach sind eine Milliarde Hungernder und eine weitere Milliarde Fehlernährte (siehe Schaubild 1.1 und 1.2), hauptsächlich in Gebieten in Asien und Afrika, betroffen. Menschen, die von der materiellen Armut betroffen sind, verfügen nicht einmal über das zum Überleben Notwendige, das heißt sie haben weder genug Nahrung, noch eine Wohnung, kein sauberes Wasser oder ausreichende Kleidung. Auch fehlt ihnen die gesundheitliche Betreuung durch Ärzte oder Medikamente. In ihrer Situation sind sie vom Tod durch Hunger, Erfrieren oder durch Krankheiten, die unter normalen Umständen heilbar wären, bedroht.
1.4 Relative Armut
Laut dem zweiten Armutsbericht der Bundesregierung sind von den knapp 40 Millionen deutschen Haushalten 5 % als arm zu bezeichnen, das entspricht über 2 Millionen Haushalte. Dabei ist jede elfte Person als relativ arm einzustufen[5].
Relative Armut ist eine der extremsten Formen von sozialer Ungleichheit innerhalb einer Gesellschaft. Als „relativ arm“ werden die Menschen bezeichnet, dessen
Lebensgewohnheiten nicht den durchschnittlichen Lebensgewohnheiten der Gesamtbevölkerung entsprechen, da sie weniger, als der Durchschnitt es tut, verdienen.
1.4.1 Ressourceorientierter Ansatz
Der ressourceorientierte Ansatz geht davon aus, dass einem Individuum eine bestimmte Menge von Mitteln, monetärer und nicht-monetärer Art, zur Verfügung steht, um seine Bedürfnisse zu befriedigen und um seine Ziele zu verwirklichen. Sie stellt also praktisch sein Handlungspotential dar. Nach den Richtlinien der EG gilt jeder als relativ arm, der weniger als 50% des durchschnittlichen Einkommens der Gesamtbevölkerung zum Erhalt seiner Existenz zur Verfügung hat und somit nicht seine Bedürfnisse befriedigen kann.
1.4.2 Lebenslageansatz
Der Lebenslagenansatz, welcher von Gerhard Weißer geprägt wurde, geht von der Bereitstellung von Mitteln zur Erfüllung der geistig-/ kulturellen Interessen und Bedürfnissen der Bevölkerung aus. Neben den Einkommen, werden weitere Indikatoren, die die tatsächliche Versorgung im Haushalt, in den Bereichen Wohnen, Nahrung, Bildung, Gesundheit, Wohlbefinden betreffen, mit einbezogenen. Gleichzeitig misst der Lebenslagenansatz, in wie weit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden kann. Er unternimmt dadurch den Versuch, eine Häufung bestimmter Unterversorgungslagen herauszufinden und so neben der rein materiellen Kategorie des Einkommens weitere nicht- materielle, kulturelle Indikatoren zu berücksichtigen und diese in Beziehung zueinander zu setzen.
2. Die „Neue Armut“
Die „Neue Armut“ ist nicht mehr mit der Armut in den Entwicklungsländern oder in vorindustrieller Zeit zu vergleichen.
„Neue Armut“ besitzt heute einen ganz neuen und eigenständigeren Charakter.
So sind vor allem
„Armutslagen quantitativ breiter verteilt, zeitlich verschoben, unsystematischer lokalisierbar sowie individuell anders spürbar und wirksam als traditionelle Armut und Verelendung, die mit elementarer Unterversorgung, Krankheit und Elend (z. B. in Nachkriegsphasen), einherging“.[6]
Gleichzeitig stellte man fest, dass ab den 80-iger Jahren nicht mehr nur Obdachlose von der Armut betroffenen waren, sondern aus unterschiedlichen Gründen zunehmend auch die Normalhaushalte. Gekennzeichnet ist die „Neue Armut“ des Weiteren zum einen dadurch, dass sich die Zahl derer, die auf Sozialhilfe und andere Minimalunterstützungen angewiesen sind, vor allem aufgrund der Massenarbeitslosigkeit, sich vervielfacht hat. Zum anderen, dass die Überschuldung der Haushalte, sowie die Zahl der Alleinerziehenden, die Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, kontinuierlich zunehmen.
Sozialpolitisch stellt sich die „Neue Armut“ hauptsächlich dadurch dar, dass es, seit der Wiedervereinigung der Bundesrepublik Deutschland, zu extremen Einkommunterschieden kam. So sprach man 1995 beispielsweise von der Zweidrittel-Gesellschaft, d.h. zwei Drittel der Bevölkerung waren wohlhabend, ein Drittel war arm[7]. Das liegt vor allem daran, dass, obwohl die realen Lebenserhaltungekosten, sei es durch die Erhöhung der Lebensmittel- oder der Ölpreise, weiter ansteigen, die finanziellen Unterstützungen von Staat durch die Einführung von Hartz IV drastisch gesenkt wurden. Nicht zuletzt aus diesem Grund geraten immer mehr Alleinerehrziehende, Arbeitslose oder junge Familien in die Armutsfalle und mit ihnen Millionen von Kindern. So bilden, während noch vor einigen Jahren hauptsächlich alte Leute von der Armut betroffen waren, mittlerweile die Kinder und Jugendlichen die gesellschaftliche Gruppe, die am häufigsten von Armut betroffen ist (siehe Schaubild 2.1). Man spricht deshalb auch von einer Infantilisierung der Armut. Demnach geht man davon aus, dass jedes siebte Kind bzw. jeder siebte Jugendliche arm ist oder in einer Familie lebt, die weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung hat.[8] Und die Armut bei Kinder und Jugendlichen wächst weiter. Denn während die Sozialhilfequote Ende 2002 in Deutschland 3,3% betrug, stieg sie 2003 wieder an und erreichte mit 3,4% das Niveau von 1999. Die Sozialhilfequote von Kindern war zwar von 1998 bis 2002 leicht zurückgegangen, allerdings 2003 auf über 7,2% angestiegen. Sie war damit doppelt so hoch wie die durchschnittliche Sozialhilfequote der gesamten Bevölkerung (Siehe Schaubild 2.2).[9]
So bezogen bereits Ende 2003 insgesamt rund 1,1 Mio. Kinder unter 18 Jahren laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Fest zu stellen war auch, dass die Sozialhilfequote der Kinder umso höher ist, je jünger die Kinder sind. Die höchste Sozialhilfequote mit 11,1% fand sich 2003 in der Gruppe der unter 3-Jährigen, während die der 15- bis 17-Jährigen 5,0% betrug.[10] Auch gilt: Je mehr Kinder im Haushalt wohnen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man Sozialhilfe beantragen muss. 2003 bezogen 5,2% der Familien mit drei und mehr Kindern Hilfe zum Lebensunterhalt. Kinder aus kinderreichen Familien sind zwar deutlich armutsgefährdeter, aber auch 2.2% der Kinder und Jugendlichen aus Kleinfamilien fallen unter die Armutsgrenze. Mit 46.5 % sind jedoch hauptsächlich Kinder von alleinerziehenden Müttern oder Väter von der Sozialhilfe betroffen (siehe Schaubild 2.3). All diese Zahlen sind besonders erschreckend, wenn man bedenkt, dass die Anzahl der geborenen Kinder immer weiter absinkt. Denn dadurch wird erst deutlich, dass Kinderarmut überproportional ansteigt. Wie hoch die Armutsquote der Bevölkerung und speziell der der Kinder wirklich ist, lässt sich nicht 100% sagen, da es neben der aktuellen Diskussion über die „Neue Armut“ auch das Symptom der „verdeckter Armut“ gibt. „Verdeckte Armut“ bedeutet, dass die Betroffenen zwar an der Grenze des Existenzminimums leben, jedoch aus Scham und Stolz keine Sozialhilfe für sich und ihre Familie beantragt haben. Die meisten haben auch Angst davor, dass sie als Sozialhilfeempfänger als Almosenempfänger oder Versager von der Gesellschaft abgestempelt werden. Einige wollen zudem nicht, dass ihre Verwandten oder Kinder zur finanziellen Mithilfe verpflichtet werden und Andere wissen gar nicht, dass ihnen Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz zusteht.
3. Die Ursachen für die Kinderarmut in Deutschland
Konkrete Gründe für die Entstehung und Entwicklung der Kinder- und Jugendarmut in Deutschland sind sehr schwer festzulegen, da man von einer mehrdimensionalen Betrachtungsweise der Lebenslage der Jugendlichen ausgehen muss. Daher lassen sich nur mögliche Ursachen, welche die Situationen im betroffenen Haushalt wiederspiegeln, benennen.
3.1 AlleinerziehendeMütter
In Bezug auf den Familientyp lässt sich klar erkennen, dass etwa die Hälfte aller armen Kinder in einer Ein-Eltern-Familie leben, wogegen 77.4 % der nicht armen Kinder aus einer intakten Familie kommen.[11] Oft sind vor allem die alleinerziehenden Mütter mit ihren Kindern stark den Risiko ausgesetzt, durch Scheidung und uneheliche Kinder, arm zu werden. So betreuten 2003 zu 97% die Mütter nach einer Trennung mindestens ein Kind, während nur 3% der geschiedenen Väter diesen Job übernahmen.[12]
Der Anteil der alleinerziehenden Frauen ist aus verschieden Gründen höher als der von Männern, da zum Beispiel das Sorgerecht bei Scheidungen in den meisten Fällen der Mutter zugesprochen wird. Des Weiteren nehmen junge Frauen häufig unvollständige oder unregelmäßige Zahlungen des ehemaligen Ehepartners hin, ohne weitere gerichtliche Schritte einzuleiten. Nicht zuletzt deshalb verdoppelt sich das Armutsrisiko der Frauen, während sich bei Männern die finanzielle Lage nur unwesentlich verändert. Alleinerziehende Frauen sind somit auch viel schneller von Sozialhilfe abhängig als Männer. So bezogen laut des statischen Bundesamts 2003 26,3% der Alleinerziehenden laufende Hilfe zum Unterhalt (siehe Schaubild 3.1.1).[13]
Mütter, die nach der Geburt ihres Kindes zunächst auf die weitere Berufsausübung verzichten müssen, verlieren schnell viele berufsbedingte soziale Kontakte. Aus diesem Grund sind fast ein Drittel der alleinerziehenden Mütter arbeitslos. Oft finden sie aber auch keinen Job, da Arbeitgeber alleinerziehende Frauen häufig nicht einstellen, weil sie durch eventuelle Krankheiten der Kinder höhere Fehlzeiten in Kauf nehmen müssten. Nur etwa ein Viertel der alleinerziehenden Müttern mit Kindern sind berufstätig, davon nehmen zwar 80% auch Halbtagsstellen[14] (siehe Schaubild 3.1.2) an, dieses Geld reicht aber bei weitem nicht aus, um ihre Existenz zu sichern. Gelingt es der alleinerziehenden Muter nicht eine Arbeit zu finden, bei der die Kindererziehung mit der Erwerbsfähigkeit vereinbar ist, so sinkt das Risiko der Familie und damit des Vorschulkindes arm zu bleiben, um ein vielfaches. Frauen mit Kleinkindern bekommen zwar Erziehungsurlaub, aber der Staat zahlt nur zwei Jahre ein Erziehungsgeld, danach muss die Familie wieder Sozialhilfe in Anspruch nehmen und lebt somit erneut an der Armutsgrenze. Aus diesem Grund beziehen bereits jetzt mehr als 50% der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren Sozialhilfe aus Haushalten alleinerziehender Mütter. Je mehr Kinder die alleinerziehende Mutter hat, desto größer ist das Risiko unter die Armutsgrenze zu fallen. So mussten 2003 510.00 alleinerziehende Mütter mit drei oder mehr Kindern Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, während „nur“ 210.00 Mütter mit einen Kind hilfebedürftig waren (siehe Schaubild 3.1.3).
[...]
[1] Vgl.: http://www.schaunichtweg.de/wissenswertes/index.htm .letzter Zugriff: 16.08.2005
[2] Vgl.: http://www.schaunichtweg.de/wissenswertes/index.htm .letzter Zugriff: 16.08.2005
[3] Zitat: Müller, Siegfried; Otto, Ulrich, 1997, S. 3.
[4] Zitat: Geißler, Rainer. In: Informationen zur politischen Bildung. 4. Quartal 2000. S. 24
[5] Vgl. Zweiter Armuts- und Reichtumsbericht 2005, S. 22
[6] Zitat von Bieback, Karl- J.; Milz, Helga, 1995, S.11/12
[7] Vgl: wert:voll-Report vom 17. November 2004 auf http://www.wertvoll-medien.de/reports/neue-armut.html letzter Zugriff: 15.08.2005
[8] Vgl. http://www.schaunichtweg.de/wissenswertes/#Wer%20ist%20arm letzter Zugriff: 08.08.2005
[9] Vgl. Zweiter Armuts- und Reichtumsbericht 2005. S. 59
[10] Vgl. Zweiter Armuts- und Reichtumsbericht 2005, S. 60
[11] Vgl. Sozialbericht der AWO 2000, S. 25
[12] Vgl. Zweiter Armuts- und Reichtumsbericht 2005, S. 63
[13] Vgl. Zweiter Armuts- und Reichtumsbericht 2005, S. 63
[14] Vgl. Sozialbericht der AWO 2000, S. 29
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.