In der allgemeinen westlichen Wahrnehmung steht der Begriff „Balkan“ als Synonym für eine Kulturgrenze, ethnischen Hass, nationale Zersplitterung, politische Instabilität, Rückständigkeit und die gewaltsame Austragung von Minderheitenkonflikten. Der Kontrast zwischen dem „aufgeklärten, modernen Westen“ und dem „despotischen, rückständigen Balkan“, dessen Fremdheit eine unüberwindliche gedankliche Barriere zu bilden scheint, erzeugt Stereotype und Vorurteile, die durch den Krieg in den 1990er Jahren noch verstärkt wurden.2 Der Krieg belebte die Bilder vom „Balkan als Krisenherd“ in der westlichen Wahrnehmung. Feindbilder wurden geschaffen und alte Vorurteile und Stereotypen „ausgegraben“.
Der Nationalismus, der nach dem Zerfall der SFRJ Anfang der 1990er Jahre in den Teilrepubliken von den Machteliten proklamiert wurde, nutze die Frage nach der Ethnizität zur Mobilisierung der Bevölkerung und mit dem Ziel der Schaffung „ethnisch reiner“ Nationalstaaten. Infolge der nationalistischen Polemik der Machthaber und in der aufgeheizten Umbruchstimmung, die nach dem Tod des Präsidenten Jugoslawiens Josip Broz Tito in den Teilrepubliken der SFRJ herrschte, entspann sich ein „Bruderkrieg“ auf dem Balkan, der in Kroatien auch als „Vaterländischer Krieg“ bezeichnet wird. Vom Westen wurde Jugoslawien zu einem „mythischen Land [...], wo irgendwo im Nirgendwo ein wahnsinniger König herrscht.“ stilisiert, wodurch das Bild vom „Pulverfass Balkan“ in der Wahrnehmung des Auslands wieder an Bedeutung gewann, sich verfestigte und in den Medien verbreitet wurde. So formulierte DER SPIEGEL in der Ausgabe vom 01.07.1991 „Bürgerkrieg mitten in Europa, das Pulverfaß Balkan explodiert.“
In seinem Roman „Das Handwerk des Tötens“ generiert Norbert Gstrein ein differenzierteres Bild vom Balkan und kritisiert die mediale Darstellung des Krieges. Die vorliegende Arbeit befasst sich einleitend damit, was unter dem Begriff Stereotyp zu verstehen ist und befasst sich anschließend mit der Frage, inwiefern in Norbert Gstreins Roman eine Unterwanderung ethnischer Stereotypisierung, speziell der ethnischen Stereotypisierung von Kroaten, stattfindet. Der abschließende Teil dieser Arbeit geht auf die Kritik des Autors an der Kriegsberichterstattung ein.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Stereotype und Ethnizität
- Inhalt und formale Besonderheiten des Romans
- Welche Bilder erscheinen im Roman und wie werden diese unterwandert?
- Wahrnehmung der Kroaten als Faschisten
- Die Kroaten als Kriegsvolk?
- Kritik an der medialen Darstellung des Krieges
- Resümee
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert Norbert Gstreins Roman „Das Handwerk des Tötens“ im Hinblick auf die Darstellung von Stereotypen und die Wahrnehmung der Kroaten aus deutscher Sicht. Der Fokus liegt auf der Frage, inwiefern der Roman eine Unterwanderung ethnischer Stereotypisierung, speziell der ethnischen Stereotypisierung von Kroaten, vollzieht. Darüber hinaus wird die Kritik des Autors an der medialen Darstellung des Krieges in den Nachfolgestaaten der SFRJ untersucht.
- Ethnische Stereotypisierung und ihre Unterwanderung in der Literatur
- Die Rolle der Medien im Krieg und die Konstruktion von Feindbildern
- Die Darstellung von Kroaten in der deutschen Literatur und im öffentlichen Diskurs
- Die Auswirkungen von Stereotypen auf die Wahrnehmung von „Fremden“
- Die Bedeutung von Literatur für die Auseinandersetzung mit ethnischen Konflikten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der ethnischen Stereotypisierung ein und beleuchtet die Rolle von Stereotypen in der Wahrnehmung von „Fremden“. Sie stellt den historischen Kontext des Krieges in den Nachfolgestaaten der SFRJ dar und zeigt auf, wie der Krieg die Bilder vom „Balkan als Krisenherd“ in der westlichen Wahrnehmung belebte.
Das Kapitel „Stereotype und Ethnizität“ definiert den Begriff Stereotyp und erläutert die Entstehung und Funktion von Stereotypen im Kontext von Ethnizität. Es wird deutlich, dass Stereotype stark verallgemeinernde Vorstellungen von einem sozial oder ethnisch definierten Personenkreis sind, die zur Abgrenzung der eigenen ethnischen bzw. sozialen Identität dienen.
Das Kapitel „Inhalt und formale Besonderheiten des Romans“ stellt den realen Hintergrund von Norbert Gstreins Roman „Das Handwerk des Tötens“ dar und beschreibt die Handlung des Romans. Es werden die wichtigsten Protagonisten vorgestellt und die formale Struktur des Romans erläutert.
Das Kapitel „Welche Bilder erscheinen im Roman und wie werden diese unterwandert?“ analysiert die im Roman dargestellten Bilder von Kroaten und untersucht, inwiefern diese Bilder stereotype Vorstellungen bedienen oder unterwandern. Es wird untersucht, wie Gstrein die Wahrnehmung von Kroaten in seinem Roman gestaltet und welche Rolle die mediale Darstellung des Krieges dabei spielt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Stereotypisierung, Ethnizität, Fremdwahrnehmung, Krieg, Medien, Kroatien, Norbert Gstrein, „Das Handwerk des Tötens“, Balkan, SFRJ, Jugoslawien, Kriegserfahrungen, Kriegsberichterstattung, Feindbilder, Identitätskonstruktion.
- Quote paper
- Annekathrin Albrecht (Author), 2008, Fremdwahrnehmung der Kroaten aus deutscher Sicht - Inwiefern unterwandert Norbert Gstrein's Roman „Das Handwerk des Tötens“ eine Stereotypisierung? , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115766
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.