Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Verbrechen der Deutschen Wehrmacht gegen die Sowjetunion 1941. Es wird der gescheiterte Blitzkrieg behandelt und dessen Auswirkungen auf die Versorgung der Truppen und die Gefahren der Partisanen.
Zu Beginn der Arbeit soll der historische Kontext behandelt werden. Hierfür ist signifikant, die Rolle des Ostens in der Nazi-Ideologie zu beschreiben, damit die Bedeutung des „Russlandfeldzugs“ für das „Dritte Reich“ offenbar wird. Im Anschluss wird es um die Kriegsplanungen des „Unternehmens Barbarossa“ gehen. Dieser Teil der Arbeit wird in zwei Abschnitte geteilt: in die politisch-ideologische und die ökonomische Planung. Bei der politischen Planung sollen der „Kriegsgerichtsbarkeitserlaß“, die „Richtlinien für die Truppen in Russland“ und der „Kommissarbefehl“ thematisiert werden. Diese Erlasse und Weisungen stehen eng mit den Kriegsverbrechen der Wehrmacht in Verbindung.
Im Hauptteil werden die Kriegsverbrechen der Wehrmacht unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssituation und der „Bandenbekämpfung“ nach dem Scheitern des geplanten Blitzkrieges betrachtet. Im ersteren werden vor allem die Auswirkungen des gescheiterten Blitzkrieges auf die Ernährungslage der Zivilbevölkerung, der Kriegsgefangenen und der jüdischen Bevölkerung essenziell sein. Die Arbeit wird ebenfalls Morde der Wehrmacht an diesen Gruppierungen im Zusammenhang mit der Versorgung herausarbeiten. Die Analyse der militärischen Kriegsverbrechen im Partisanenkrieg wird sich besonders auf die Zivilbevölkerung und die Juden konzentrieren. In diesem Teil wird die Arbeit Opferforschung betreiben, um festzustellen, wie groß der Anteil an unbeteiligten Zivilisten unter den Opfern während der „Bandenbekämpfung“ war.
Mit dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in die Sowjetunion am 22. Juni 1941 nahm der bisher knapp zwei Jahre andauernde Krieg des Deutschen Reichs neue Dimensionen an. Die Forschung konnte zeigen, dass die Führung des Deutschen Reichs den Angriff auf die Sowjetunion bereits im Vorfeld als einen „rassenideologischen“ Vernichtungskrieg plante. Vor allem das rücksichtslose Vorgehen gegen den „jüdischen Bolschewismus“ war ein wichtiges Merkmal der Kriegsplanungen, wodurch unter anderem auch die Zivilbevölkerung zur Zielscheibe deutscher Truppen erklärt wurde. Aufgabe der Wehrmacht war es nicht nur, die Rote Armee zu bekämpfen, sondern auch die NS-Politik in den besetzten Gebieten durchzusetzen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Rolle derSowjetunion in der NS-Ideologie
3. Kriegsplanung und Vorbereitung des „Unternehmens Barbarossa":
3.1 DieAussetzung der Kriegsordnungen
3.1.1 „Der Kriegsgerichtsbarkeitserlass"
3.1.2 Der„Kommissarbefehl"
3.1.3 Die „Richtlinien für das Verhalten der Truppen in Rußland"
3.2 Die wirtschaftliche Planung des Feldzugs
3.2.1 Der Wirtschaftsstab Ost und der Blitzkrieg
3.2.2 Die „Versorgung derTruppen aus dem Lande"
3.2.3 Der„Hungerplan"
4. Die Folgen des gescheiterten Blitzkriegs
4.1 Die Versorgung der Truppen
4.1.1 Die Versorgung der Bevölkerung
4.1.2 Die Versorgung der Kriegsgefangenen
4.1.3 Die Versorgung und Verfolgung derJuden
4.2 Der Partisanenkrieg
4.2.1 Die Folgen für die Zivilbevölkerung
4.2.2 „Der Jude ist der Partisan"
5.Schlussbetrachtung
6. Quellen- und Literaturverzeichnis
7. Anhang
1. Einleitung
Mit dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in die Sowjetunion am 22. Juni 1941 nahm der bisher knapp zwei Jahre andauernde Krieg des Deutschen Reichs neue Dimensionen an.1 Die Forschung konnte zeigen, dass die Führung des Deutschen Reichs den Angriff auf die Sowjetunion bereits im Vorfeld als einen „rassenideologischen“ Vernichtungskrieg plante. Vor allem das rücksichtslose Vorgehen gegen den „jüdischen Bolschewismus“ war ein wichtiges Merkmal der Kriegsplanungen, wodurch unteranderem auch die Zivilbevölkerung zur Zielscheibe deutscher Truppen erklärt wurde.2
Aufgabe der Wehrmacht war es nicht nur die Rote Armee zu bekämpfen, sondern auch die NS-Politik in den besetzten Gebieten durchzusetzen. Dies zeigen die sofort eingerichteten Militärverwaltungsgebiete in den besetzten Teilen der Sowjetunion, in denen Zivilisten, Juden und Kriegsgefangene im Zuständigkeitsbereich der Wehrmacht waren.3
Der Feldzug gegen die Sowjetunion sollte einen schnellen militärischen Sieg gegen die Rote Armee mit sich bringen, um innerhalb weniger Monate die Sowjetunion zu Fall zu bringen. Bereits im Spätsommer 1941 musste die Wehrmachtsführung allerdings feststellen, dass die Sowjetunion nicht in wenigen Monaten zu besiegen war.4 Damit sah sich die Heeresleitung mit erheblichen Versorgungsproblemen des Ostheeres konfrontiert. Außerdem würde ein länger andauernder Krieg Partisanen die Gelegenheit geben, sich zu organisieren und bewaffneten Widerstand gegen ihre Besatzer zu leisten. Parallel zum Scheitern des Blitzkriegs im „Unternehmens Barbarossa“5 kann ab dem Monat September eine Radikalisierung in der Besatzungspolitik der NS-Führung festgestellt werden.6
Es stellt sich nun die Frage, inwieweit die aus dem gescheiterten Blitzkrieg resultierenden Versorgungsprobleme des Heeres und die drohende Gefahr durch Partisanen zu einer Radikalisierung des Ostheeres bei der Besatzungspolitik, der Behandlung der Kriegsgefangenen und zu einer Einbindung in den Genozid an den Juden beitrugen und welche Handlungsspielräume Offizieren und Soldaten überlassen wurden.
Um die Frage so umfassend wie möglich zu beantworten, wird die Besatzungspolitik im Rahmen der politisch-ideologischen als auch alltäglichen Geschichte analysiert. Damit es nicht zu einer lückenhaften Rekonstruierung der Geschehnisse kommt, müssen diese beiden Teilbereiche der Geschichtswissenschaft zusammenhängend betrachtet werden. Da es sich beim „Unternehmen Barbarossa“ von vornherein um einen Vernichtungskrieg handelte, dessen Planung mindestens bis ins Jahr 1940 zurückreichte, sind die Pläne und Erlasse als Wegbereiter zu betrachten, die den Vernichtungskrieg in der Sowjetunion präzise vorbereiteten und die entsprechenden Rahmenbedingungen schafften. Trotz der enormen Bedeutsamkeit der politischen Geschichte wird ein verzerrtes Bild der vergangenen Realität gezeichnet, wenn diese ohne die Alltagsgeschichte betrachtet wird, da die Handlungsspielräume der Offiziere und Soldaten unerwähnt blieben. Durch einen Einblick in den Alltag der Wehrmacht soll erörtert werden, wie die Durchsetzung der Befehle in der Praxis umgesetzt wurden. Bedeutend für diese Arbeit wird sein, die Faktoren zu erforschen, die das Verhalten der Wehrmacht beeinflussten. Alltägliche Dokumente der Wehrmacht aus dem Vernichtungskrieg können ebenfalls nicht aus dem Kontext gerissen betrachtet werden, da der Einfluss der „verbrecherischen Befehle“ auf die Wehrmacht nicht ignoriert werden kann.
Zu Beginn der Arbeit soll der historische Kontext behandelt werden. Hierfür ist signifikant, die Rolle des Ostens in der Nazi-Ideologie zu beschreiben, damit die Bedeutung des „Russlandfeldzugs“ für das „Dritte Reich“ offenbar wird.
Im Anschluss wird es um die Kriegsplanungen des „Unternehmens Barbarossa“ gehen. Dieser Teil der Arbeit wird in zwei Abschnitte geteilt: in die politisch-ideologische und die ökonomische Planung. Bei der politischen Planung sollen der „Kriegsgerichtsbarkeitserlaß“, die „Richtlinien für die Truppen in Russland“ und der „Kommissarbefehl“ thematisiert werden. Diese Erlasse und Weisungen stehen eng mit den Kriegsverbrechen der Wehrmacht in Verbindung.
Bei der ökonomischen Planung ist die Rolle der Wirtschaftsorganisation Ost im Zusammenhang mit dem gescheiterten Blitzkrieg zu thematisieren. Außerdem wird auf die Folgen der „Versorgung deutscher Truppen aus dem Lande“ eingegangen werden und die Ziele des „Hungerplans“ erörtert werden. Vor allem die „Grüne Mappe“, deren Inhalt in der Folge noch vorgestellt wird, wird für die Beantwortung der Fragestellung als Quelle ausschlaggebend sein.
Im Hauptteil werden die Kriegsverbrechen der Wehrmacht unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssituation und der „Bandenbekämpfung“ nach dem Scheitern des geplanten Blitzkrieges betrachtet werden. Im ersteren werden vor allem die Auswirkungen des gescheiterten Blitzkrieges auf die Emährungslage der Zivilbevölkerung, der Kriegsgefangenen und der jüdischen Bevölkerung essenziell sein. Die Arbeit wird ebenfalls Morde der Wehrmacht an diesen Gruppierungen im Zusammenhang mit der Versorgung herausarbeiten. Die Analyse der militärischen Kriegsverbrechen im Partisanenkrieg wird sich besonders auf die Zivilbevölkerung und die Juden konzentrieren. In diesem Teil wird die Arbeit Opferforschung betreiben, um festzustellen, wie groß der Anteil an unbeteiligten Zivilisten unter den Opfern während der „Bandenbekämpfung“ war.
Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in Deutschland lange der Mythos der „sauberen Wehrmacht“. Es wurde davon ausgegangen, dass die NS-Verbrechen in der Sowjetunion unabhängig von der Wehrmacht und den militärischen Aspekten betrachtet werden müssten, weil sie angeblich nur hinter der Front von SS- Einsatzgruppen begangen wurden.7 Dieser Mythos konntejedoch gegen Ende des 20. Jahrhunderts falsifiziert werden. Maßgebend für die Entlarvung der Kriegsverbrechen der Wehrmacht war die Publizierung der dreizehnbändigen Buchreihe Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg durch das Militärgeschichtliche Forschungsamt.8 In dieser Arbeit wird diesem Werk ebenfalls eine bedeutende Rolle zuteil. Durch die Wehrmachtsausstellung9, welche eine Wanderausstellung zwischen 1995 und 1999 und außerdem zwischen 2001 und 2004 war, wurden die gewonnenen Erkenntnisse über die Verbrechen der Wehrmacht zugänglich für die Bevölkerung gemacht.10 Durch die Arbeiten des Historikers Christian Gerlach wurden vor allem die Umstände in Weißrussland während der deutschen Besatzung beleuchtet.11 Dieter Pohl veröffentlichte mehrere Werke über die Rolle der Wehrmacht in der Ukraine.12
In Anbetracht der Tatsache, dass die Vorgehensweise dieser Arbeit die Politik- und Alltagsgeschichte im Zusammenspiel voraussetzt, werden verschiedene Arten von Quellen genutzt. Zum einen werden Befehle und Gesetze des NS-Regimes13 herangezogen, die hauptsächlich der oben genannten Wehrmachtsausstellung entnommen wurden. Zum anderen werden Augenzeugenberichte14, Tagebucheinträge15, Briefe16 und Nachkriegsaussagen von Wehrmachtsangehörigen analysiert werden, um die vergangene Realität zu rekonstruieren.
2. Die Rolle der Sowjetunion in der NS-Ideologie
„Wir stoppen den ewigen Germanenzug nach dem Süden und dem Westen Europas und weisen den Blick nach dem Land im Osten“.17 Dieses Zitat Adolf Hitlers aus dem zweiten Band seines Buches „Mein Kampf4 von 1926 verdeutlicht, dass die Vorstellung der deutschen Expansion nach Osten schon bereits vor Hitlers Machtergreifung ein Teil seiner Ideologie war. Hier ist es wichtig zu betonen, dass es sich lediglich um Vorstellungen handelte, die von einer konkreten Planung zu trennen sind. Es wäre falsch, zu behaupten, dass Hitler im Jahre 1926 Pläne für die Eroberung der Sowjetunion erstellte.
Um nachvollziehen zu können, wieso Hitler bereits zu seinen politischen Anfängen vom „Lebensraum im Osten“ überzeugt war, sind besonders die mythologischen, ideologischen und imperialistischen Ansätze derNS-Politik wichtig.
Ein wesentlicher Bestandteil der Nazi-Mythologie war es, den Westen der Sowjetunion als ein schon immer zu „Deutschland“ gehörendes Gebiet zu betrachten. Laut einem SS-Magazin waren die Goten die ersten Deutschen, die in einem „Deutschen Reich“ in der Steppe lebten. Dieses imaginäre Reich wurde von den Nationalsozialisten als Bollwerk gegen die östlichen Staaten charakterisiert.18 Durch den Mythos des imaginären Deutschen Reiches der Antike in Russland wird ersichtlich, warum das deutsche Volk den nationalsozialistischen Feldzug nach Osten als legitim befinden sollte. Sie würden lediglich zurückerobern, was bereits ihnen gehörte. Es kann angenommen werden, dass diese Selbstverständlichkeit einen Einfluss auf die rücksichtslose Besatzungspolitik und den folgenden Vernichtungskrieg hatte.
Die ideologischen Eckpfeiler für die Eroberung des Ostens sind weitaus komplexer als die mythologischen. Erneut stellten die Nationalsozialisten einen Zusammenhang zur Geschichte des deutschen Volkes her, um ihre Ansprüche im Osten zu legitimieren. In der deutschen Vergangenheit gab es zahlreiche Perioden, in denen „Deutsche“ in den Osten emigrierten.19 Unter Berücksichtigung dieser historischen Ereignisse wurde das Deutschsein durch genetische Kriterien definiert. In „Nazi-Sprache“ ausgedrückt gehörten Deutsche zu einer Blutgemeinschaft, die nicht durch geographische Grenzen bestimmt wurden. Dadurch entstand eine Unterscheidung zwischen Volks- und Reichsdeutschen. Reichsdeutsche waren Deutsche, die innerhalb des eigenen Reichs lebten, während Volksdeutsche außerhalb des Reichs lebende Deutsche waren.20 Die Bewegung des Pangermanismus strebte an, alle Deutschen zu vereinigen.21 Aus ideologischer Sicht und als Grund für den bevorstehenden Vernichtungskrieg war allerdings die Tatsache ausschlaggebend, dass der verachtete Bolschewismus in der Sowjetunion beheimatet war. Somit wurde die Sowjetunion bereits zu Hitlers politischen Anfängen als Feind wahrgenommen, der durch die Zusammenbringung von Bolschewismus und Judentum jegliche Zusammenarbeit mit ihnen ausschloss.22 Die Verbindung von Bolschewismus und Judentum, auch genannt „Judäo- Bolschewismus“, verankerte den Glauben, dass die Sowjetunion von den Juden kontrolliert wäre, tief in die rassenideologische Weltanschauung des Nationalsozialismus.23 Diese Rassentheorien und der tiefsitzende Antisemitismus gepaart mit der „Lebensraumthese“24 bilden die späteren Grundsätze seiner Ostpolitik und des Vernichtungskriegs ab 1941.25 Resümierend kann festgehalten werden, dass die Verschmelzung der pangermanischen Bestrebungen mit der aus nationalsozialistischer Sicht drohenden Gefahr des jüdischen Bolschewismus die Grundlage für den ideologischen Aspekt des „Russlandfeldzugs“ bildete.
Die Sowjetunion wurde von den Nationalsozialisten als eine mögliche Kolonie des Dritten Reichs betrachtet. Dies wird durch die Betrachtung zahlreicher Vergleiche hoher NS-Funktionäre zwischen der Kolonialisierung Amerikas und dem Angriff auf die Sowjetunion erkennbar.26 Die Weltanschauung vieler Nazis wurde von Karl Mays Werken beeinflusst, der viel über den amerikanischen Westen schrieb.27 Neben wirtschaftlichen Absichten zielten die imperialistischen Bemühungen im Osten darauf ab, neuen Lebensraum für deutsche Siedler in der Sowjetunion zu errichten.28 Dies würde zum Nachteil der Slawen geschehen, da in der nationalsozialistischen Weltanschauung Slawen aufgrund ihrer „biologischen Minderwertigkeit“ jegliches Recht einer Staatenbildung abgesprochen wurde.29 Das harte Vorgehen deutscher Truppen im Vernichtungskrieg 1941 kann somit aus der imperialistischen Vision NaziDeutschlands geschlossen werden. Die Wichtigkeit einer Kolonialherrschaft im Osten machte ein hartes Vorgehen gegen die slawische und jüdische Bevölkerung zu einem unverzichtbaren Kriterium in der Kriegsführung.30
Fokussiert man sich auf das Bild der Sowjetunion aus der Sicht des Nationalsozialismus auf mythologischer, ideologischer und kolonialistischer Ebene, kann zusammenfassend gesagt werden, dass die Eroberung der Sowjetunion schon immer als eine Möglichkeit gesehen wurde, eine hegemoniale Stellung auf dem Eurasischen Kontinent zu erlangen, da durch die Gewinnung der reichen Rohstoff- und Nahrungsreserven eine wirtschaftliche Autarkie erreicht werden könne.31 Begründet wurde der Anspruch auf Teile der Sowjetunion durch geschichtliche Mythen und rassenideologisches Denken.32
3. Kriegsplanung und Vorbereitung des „Unternehmens Barbarossa“
„Dieser kommende Feldzug ist mehr als nur ein Kampf der Waffen; er führt auch zur Auseinandersetzung zweier Weltanschauungen. Um diesen Krieg zu beenden, genügt es bei der Weite des Raumes nicht, die feindliche Wehrmacht zu schlagen.“33 Alfred Jodi, Stabschef des Oberkommandos der Wehrmacht34, zielte darauf ab, diese von Hitler an ihn gerichteten Worte vom 3. März 1941 als Richtlinie für die Kriegsplanungen des bevorstehenden Angriffs auf die Sowjetunion zu nehmen.35
3.1 Die Aussetzung der Kriegsordnungen
Die „Verbrecherischen Befehle“, der Kriegsgerichtsbarkeitserlass und der Kommissarbefehl, legten die Grundlage für den Vernichtungskrieg und trugen einen großen Anteil zur rücksichtslosen Kriegsführung bei.36
3.1.1 „Der Kriegsgerichtsbarkeitserlass“
Am 30. März 1941 wurde ein Treffen zwischen Hitler und den Oberbefehlshabern der Heeresgruppen organisiert. Während dieses Zusammenkommens hielt Hitler eine zweieinhalbstündige Ansprache, in der er erneut die ideologischen Charakterzüge des bevorstehenden Feldzuges betonte. Ziel war es, die Offiziere der Wehrmacht über die Notwendigkeit des Vernichtungskrieges aufzuklären. Ihm gelang es, die Offiziere von seinen Plänen zu überzeugen. Ende April wurde vom Chef der Wehrmachtsabteilung der Entwurf für die Einschränkung der Militärgerichtsbarkeit im „Unternehmen Barbarossa“ vorgelegt“.37
Der Erlass über die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet „Barbarossa“ ist in drei Teile unterteilt: Die „Behandlung von Straftaten feindlicher Zivilpersonen“, die „Behandlung der Straftaten von Angehörigen der Wehrmacht und des Gefolges gegen Landeseinwohner“ und die „Verantwortung der Truppenbefehlshaber“.38
Im einleitenden Abschnitt wird der Kriegsgerichtsbarkeitserlass mit der „Besonderheit“ des Krieges und des Feindes begründet. Zusätzlich würde die Größe des Operationsgebietes die Wehrmachtsgerichte, aufgrund von mangelndem Personal, vor zeitliche Bewältigungsprobleme stellen. Somit war die einzig logische Konsequenz für das Oberkommando der Wehrmacht, die Truppen zu befugen, sich gegen feindliche Bedrohungen der Zivilbevölkerung bedenkenlos zur Wehr zu setzen.39
Aus der Einleitung dieses Erlasses geht hervor, dass der Kriegsgerichtsbarkeitserlass zum Schutz der eigenen Truppen dienen solle. In „Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg“ ist von einer propagierten Selbsthilfe der Truppen die Rede.40 Der Aspekt des Selbstschutzes wurde von dem Militärrichter Lehmann, der ebenfall am Kriegsgerichtsbarkeitserlass mitwirkte, als notwendig betrachtet. Begründet wurden die neuen Gesetze somit durch militärstrategische Aspekte und nicht durch ideologische Überlegungen.41 Sogar Ausdrücke wie „Träger der jüdischbolschewistischen Weltanschauung“ und „jüdisch-bolschewistisches System“ wurden im Nachhinein aus dem Erlass gestrichen, um den Selbstschutz als Rechtfertigungsargument hervorzuheben.42 Dadurch sollte Zustimmung bei den Soldaten und Offiziere gewonnen werden, da man Einwände aus den Truppen vermeiden wollte.43
Im ersten Teil wird beginnend darauf aufmerksam gemacht, dass den Kriegs- und Standgerichtne bis auf weiteres ihre Zuständigkeit entzogen werde. Freischärler und ihre Angehörigen wären von den Truppen mit äußerster Brutalität bis zur Vernichtung zu bekämpfen. Dies gelte auch für Angriffe feindlicher Zivilisten. Wenn diese Maßnahmen nicht durchgeführt würden, entschied ein Offizier über die Erschießung des Betroffenen. Sollte eine Feststellung des Täters nicht gegeben sein, wären auf Anordnung eines Offiziers Kollektivmaßnahmen durchzuführen.44 Verdächtige zu verwahren, bis die Gerichtsbarkeit wiederhergestellt wäre, war verboten.45 Dieser Abschnitt illustriert die Willkür im Kriegsgerichtsbarkeitserlass. Deutschen Soldaten war es mithin gestattet, Verdächtige ohne rechtliche Grundlage und ohne Beweis zu exekutieren. Der Historiker Beorn bezeichnet diese Gesetze als einen „Blankoscheck“ für kriminelle Handlungen der Truppen.46 Für Dieter Pohl steht fest, dass dieser Erlass die Grundlage für die Praxis der Massenerschießungen während des Feldzugs darstellte.47 Christian Hartmann geht sogar so weit zu behaupten, dass das Verhalten des Ostheers und seiner Fronteinheiten im Vernichtungskrieg von nichts anderem so stark beeinflusst wurde wie durch diesen Erlass.48 Inwieweit dieser Befehl Handlungsspielräume für die Soldaten bot, zeigt die Aussage des Generals Eugen Müller im Juni 1941. Da im Kriegsgerichtsbarkeitserlass keine klar formulierte Definition von einem Freischärler gegeben war, forderte Eugen Müller, Zivilisten, die die Wehrmacht behindern würden, als Freischärler49 zu behandeln. Der Historiker Julian Kilian weist darauf hin, dass der Mordkatalog ebenso willkürlich wie unspezifisch ausgeweitet wurde.50
Als zweiten Aspekt thematisiert der Erlass den Umgang mit Straftaten von Angehörigen der Wehrmacht. „Für Handlungen, die Angehörige der Wehrmacht und des Gefolges gegen feindliche Zivilpersonen begehen, besteht kein Verfolgungszwang, auch dann nicht, wenn die Tat zugleich ein militärisches Verbrechen oder Vergehen ist.“51
Dieses Zitat zeigt auf, dass den Truppen im Osten ein Freifahrtschein für kriminelle Handlungen erteilt wurde. Sie konnten, ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen, Zivilisten, die sie als eine Gefahr wahrnahmen, hinrichten.
Bei der Betrachtung der verbrecherischen Taten der Wehrmacht sollte berücksichtigt werden, dass Teile der Wehrmacht, besonders der Offiziere, Rachegedanken mit sich führten, welche aus der „Leidenszeit“ nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches im Jahre 1918 hervorgingen. Der Bolschewismus wurde als Schuldiger für die erwähnte „Leidenszeit“ befunden und die Rache auf die russische Zivilbevölkerung ausgedehnt.52
Anders als im ersten Abschnitt des Erlasses, in dem es um den Umgang mit Straftaten von Zivilisten und Partisanen ging, fällt der Selbstschutz bei Straftaten der Wehrmacht nicht ins Gewicht. Es entsteht der Eindruck, dass die Straftaten der Wehrmacht als Racheakt für die Niederlage im Ersten Weltkrieg gesehen werden sollen.53 Hier können deutliche Parallelen zur Innenpolitik der Nationalsozialisten in der Weimarer Republik gezogen werden, die die „Dolchstoßlegende“ nutzten, um den linken Flügel für ökonomische, militärische und soziale Probleme der jungen Republik verantwortlich zu machen.54 In seiner Rede vom 30. März 1941 integrierte Adolf Hitler durch die „Verbindung des damaligen inneren Feindes mit dem nunmehrigen äußeren [.. ,]“55 die Sowjetunion in den Mythos der „Dolchstoßlege“.
Die Taten gegen die Zivilbevölkerung würden nur dann verfolgt werden, wenn es dadurch zu eigenen Nachteilen kommen könnte, wie mangelnde Disziplin der Soldaten oder eine verbrecherische Veranlagung.56
Im letzten Teil wird die Verantwortung der Truppenbefehlshaber beschrieben. Die Offiziere der unterstellten Einheiten müssten über die neuen Weisungen belehrt werden.57
Mit dem Kriegsgerichtsbarkeitserlass nahmen Hitler und die militärische Führung zwei „Weichenstellungen“ vor. Zum einen wurde die Zivilbevölkerung dem Schutz der Kriegsgerichtsbarkeit entzogen, zum anderen wurde der Verfolgungszwang für Straftaten deutscher Soldaten aufgehoben.58 Hasenclever betrachtet den Erlass als ein Symbol für die Integration der Wehrmacht in den Vernichtungskrieg.59 Es wird erkennbar, dass die Rolle der Wehrmacht in den Kriegsverbrechen nicht ohne die „verbrecherischen Befehle“ während der Kriegsplanungen betrachtet werden kann. Dem Erlass fehlten allerdings absichtsvoll genaue Definitionen darüber, wann eine Person als Freischärler galt. Dies führte zu einem nichteinheitlichen Vorgehen des Ostheeres. „Im Grunde konnte jede Einheit den Kriegsgerichtsbarkeitserlass so auslegen, wie sie es für richtig hielt.“60 Die unpräzisen Befehle illustrieren, dass die Handlungsspielräume der Offiziere und Soldaten immens waren. Dies ist der Grund, weshalb diese Erlasse nur im Zusammenhang mit der Alltagsgeschichte analysiert werden sollte.
3.1.2 Der „Kommissarbefehl“
Der „Kriegsgerichtsbarkeitserlass“ und der „Kommissarbefehl“, genauer die „Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare“, stehen in einem engen rechtlichen und ideologischen Zusammenhang. Das Verhältnis der beiden Weisungen ist offensichtlich, da die Aufhebung des Verfolgungszwangs konsequenterweise zu einer radikaleren Vorgehensweise deutscher Truppen gegen sowjetische Kommissare führen sollte.61
Die Entstehung dieses Befehls ist auf die Rede Adolf Hitlers Ende März 1941 zurückzuführen, in der er sowjetische politische Kommissare als Verbrecher bezeichnete und einen dementsprechenden Umgang im Krieg forderte. Diese Forderungen verfolgten keine juristischen Ziele, sondern die kriegsstrategisch wichtige Beseitigung der Funktionäre, durch die die Sowjetunion zerstört und der Krieg gewonnen werden sollte.62 Durch die Worte Hitlers: „Der Kommunist ist vorher kein Kamerad und nachher kein Kamerad“63 kam es zu dem Entschluss, den Kommissaren das Existenzrecht abzusprechen.64
Politische Kommissare waren Offiziere, die seit der Oktoberrevolution in die Rote Armee integriert wurden, um die Armeeeinheiten zu führen.65 Hier ist wichtig zu betonen, dass die Kommissare eine politische Rolle in der Roten Armee spielten und Träger der bolschewistischen Ideologie waren und diese den Soldaten beibringen sollten.66 Dies erklärt den Hintergrund für den Erlass des „Kommissarbefehls“, da es Hitlers Ziel war, den Bolschewismus endgültig zu zerstören.
Aufgeteilt ist der Befehl in drei Punkte: Ausführung des Befehls im Operationsgebiet, Behandlung der Kommissare im rückwärtigen Heeresgebiet und die Beschränkung der Kriegs- und Standgerichte in Bezug aufKomissare.
Im einleitenden Abschnitt wird festgestellt, dass im Kampf gegen den Bolschewismus nicht mit Menschlichkeit oder Völkerrecht67 zu rechnen sei. Die Kommissare bildeten den eigentlichen Kern des Widerstandes und es sei gegenüber ihnen eine konsequente Vorgehensweise vonnöten. Zum Schutz der eigenen Sicherheit und in Hinblick auf den Erfolg des Kriegsunternehmens wäre die Rücksicht auf Völkerrecht und Menschlichkeit ein Fehler. Daher sollten Kommissare im Kampf oder während des Widerstandes ergriffen und sofort beseitigt werden.68
Erneut, wie auch beim „Kriegsgerichtsbarkeitserlass“, beginnt dieser Erlass damit, auf die Sicherheit der eigenen Truppen aufmerksam zu machen. Das eigene Verhalten mit dem Argument des präventiven Handelns zu begründen, war kein neues Mittel der nationalsozialistischen Propaganda. Ziel dieser Befehle war es, unter anderem das Gefühl der Angst unter den Truppen zu verbreiten, damit die Hemmschwelle zum Morden so gering wie möglich gehalten wird. Diese von der Führung beschworene Notwendigkeit im „Existenzkampf“ transformierte einfache Soldaten zu Vollstreckern des Vernichtungskriegs.69 OKW-Stabschef Jodi, der sich über die Verletzung des Kriegsvölkerrechts bewusst war, schlug vor, in der Präambel zusätzlich eine vorausgehende Vergeltung als Rechtfertigung für diesen Erlass zu betonen. Durch das Argument der bedrohlichen Sicherheitslage, die von den Kommissaren ausginge, würde man die menschlichen und rechtlichen Bedenken der Offizierskorps beseitigen.70
Dass sich das OKW und OKH dessen bewusst waren, gegen Kriegsrecht zu verstoßen, beweist die Tatsache, dass der Befehl mündlich an die Truppen weitergegeben werden sollte. Das wurde in einer Kommandeurbesprechung der Panzerkorps vom 17.06.1941 beschlossen.71 Die Wehrmacht war also bemüht, der Nachwelt keine Beweise für ihre Taten zu hinterlassen. Doch nicht nur der Erlass an sich, sondern auch die daraus resultierenden Ermordungen der Kommissare sollten verschleiert werden, damit es nicht zu Aufständen oder einem stärkeren Widerstand kommen würde.72
Laut des Amtes für Wehrmachtspropaganda, welches ein Teil des Oberkommandos der Wehrmacht war, waren es auch insbesondere die „jüdischen Kommissare“73, die die sowjetischen Soldaten am Kämpfen hielten.74 Im Umkehrschluss war die Mitteilung dieser Aussage für die Soldaten deutlich: Wenn sie den Krieg gewinnen wollen, müssen sie die Kommissare ausschalten.
Im Operationsgebiet seien Kommissare jeder Art75, die sich gegen die Truppen wenden, sei es durch Widerstand oder Sabotage, entsprechend dem Kriegsgerichtsbarkeitserlass zu behandeln.76 Kommissare zählten nicht als kämpfende Soldaten und genössen somit nicht den Schutz des Kriegsvölkerrechts. Falls sich Kommissare keine feindlichen Handlungen zu Schulden kommen ließen, seien sie den Einsatzgruppen zu übergeben.77 Der Richter über Schuld und Unschuld ist in diesem Falle der Offizier oder der Soldat selbst. Der Eindruck über die Haltung des festgenommenen Kommissars soll andere Faktoren wie den Tatbestand überwiegen.78 Diese Handlungsspielräume, die die Truppen besaßen, gingen fast ins Unermessliche, wie aus diesem Passus zu entnehmen ist. Hier konnten Interpretationsmöglichkeiten der einzelnen Soldaten über Leben und Tod von Menschen bestimmen. Hartmann betont, dass der Kreis der potenziellen Opfer individuell enorm ausgeweitet werden konnte.79 Vor allem Offizieren bot der „Kommissarbefehl“ eine Reihe bedeutender Handlungsspielräume, durch die sie auch über das Schicksal von Angehörigen der Kommisare entscheiden durften.80 Allein aus diesem Grund werden alltagsgeschichtliche Dokumente im Hauptteil dieser Arbeit ein wichtiger Spiegel sein. Abschließend kann gesagt werden, dass es sich bei dem „Kommissarbefehl“ um einen klaren Mordauftrag für die Wehrmacht handelte.81 Da der Auftrag allerdings nicht in Einklang mit der Genfer Konvention gebracht werden konnte, planten die hohen Wehrmachtsoffiziere, diesen Befehl als präventiven Vergeltungsschlag für noch nicht begangene Straftaten der politischen Kommissare auszugeben. Außerdem seien die Politkommissare als höchst gefährlich einzustufen, wodurch der Erlass als Schutz der eigenen Truppen dargestellt wurde. Diese Begründungen dienten nicht nur der Rechtfertigung der eigenen Verbrechen, sondern auch der Verbreitung von Angst unter den Soldaten. Zusätzlich sollte dies die Soldaten dazu motivieren, sich an den Verbrechen aktiv zu beteiligen. „Ideologie und Befehls- und Weisungsform wurde zum Antriebsaggregat einer Kriegsführung, für die Menschlichkeit ohne Sinn blieb.“82
3.1.3 Die „Richtlinien für das Verhalten der Truppe in Rußland“
Um sicherzustellen, dass sowohl der Kommissarbefehl als auch der Kriegsgerichtsbarkeitserlass von den Truppen wie gewünscht ausgeführt wird, erarbeitete die Abteilung der Wehrmachtspropaganda83 in Absprache mit dem OKH im Mai 1941 zwei Richtlinien für das Verhalten der Truppen in Russland, um durch Indoktrination das Feindbild der Nationalsozialisten, den jüdischen Bolschewismus, in die Köpfe der Soldaten einzubrennen.84
Im Gegensatz zum Kommissarbefehl, der in einer mündlichen Form an die Truppen weitergegeben werden sollte, kam der Chef des Generalstabes zum Entschluss, die Richtlinien in den Bataillonen austeilen zu lassen.85 Das beweist, dass es das Ziel der „Richtlinien für das Verhalten der Truppe in Rußland“ war, das Feindbild des „jüdischen Bolschewismus“ im ganzen Ostheer zu verbreiten, damit der Kommissarbefehl und auf der Basis des Kriegsgerichtsbarkeitserlasses wie gefordert ausgeführt wurden.
Die Richtlinien beginnen damit, den Bolschewismus als Todfeind der Nationalsozialisten und des deutschen Volkes zu charakterisieren und ihm den Kampf anzusagen. Durch rücksichtsloses und energisches Vorgehen gegen bolschewistische Hetzer, Freischärler, Saboteure und Juden solle aktiver und passiver Widerstand restlos gebrochen werden.86
Anders als im Kriegsgerichtsbarkeitserlass und dem Kommissarbefehl wurde hier die jüdische Bevölkerung explizit als Hauptfeind dargestellt, wonach Juden immer auch Bolschewisten seien. Es wird deutlich, dass die Wehrmachtspropaganda nicht zwischen feindlich gesinntem Auftreten gegenüber deutschen Truppen und dem „Jüdischsein“ differenzierte. Es traf sogar eher das Gegenteil zu. Die jüdische Bevölkerung sollte wie feindliche Kämpfer rücksichtslos und mit voller Härte bekämpft werden.87 Somit blieb allen Juden das Recht auf Schutz durch die Haager Landkriegsordnung und der Genfer Konvention verwehrt, obwohl sie zur Zivilbevölkerung gehörten. Bernd Boll bezeichnet diese Richtlinien als einen Faktor, der der Willkür der Truppen ,Tür und Tor‘ geöffnet haben soll, da der Umstandjüdisch zu sein genügte, um erschossen zu werden.88
Der Militärhistoriker Manfred Messerschmidt sieht in der Vorbereitung und Durchführung des Krieges gegen die Sowjetunion den Versuch alte Ziele, die während des Ersten Weltkrieges von „dunklen Mächten“89 durchkreuzt worden waren, erneut in den Fokus zu rücken. Generaloberst Hoepner, der Oberbefehlshaber der Panzergruppe 4, sprach in Weisungen und Befehlen vom „alten Kampf der Germanen gegen das Slawentum, von der Verteidigung europäischer Kultur gegen ,moskowitisch-asiatische Überschwemmung4 und von der Abwehr des jüdischen Bolschewismus“90. Die „Richtlinien für das Verhalten der Truppe in Rußland“ sollte den Offizieren und Soldaten des Ostheeres explizieren, dass die historischen Gegebenheiten die geforderte gnadenlose Kriegsführung der Wehrmacht notwendig machten.91 Auch wenn keine konkrete Planung des Genozids an den Juden skizziert ist, steht fest, dass die Lösung der sogenannten Judenfrage ebenfalls für die Wehrmacht formuliert wurde und sie eine Rolle im Vernichtungskrieg einnehmen würde.92
In den weiteren Teilen der Richtlinien wird auf die heimtückische Kampfart der Roten Armee aufmerksam gemacht. Besonders die asiatischen Soldaten der Roten Armee seien hinterlistig, unberechenbar und gefühllos.93
Durch dieses erzeugte negative Bild der russischen Soldaten, überreichte man den eigenen Truppen eine ,carte blanche4. Diese heimtückische und hinterlistige Art Krieg zu führen, sollte die eigenen Truppen dazu animieren, Vergeltungsmaßnahmen an den Soldaten der Roten Armee durchzuführen.94
Da die Sowjetunion ein Vielvölkerstaat sei, müsse zwischen Bolschewisten und denen die den Kommunismus ablehnen, unterschieden werden. Es wurde davon ausgegangen, dass weite Teile der nicht-bolschewistischen Bevölkerung sich über die einmarschierenden deutschen Truppen freuen würden.95
Dieser Abschnitt passt ins Leitmotiv der organisatorischen und aktivpropagandistischen Richtlinien des Nationalsozialismus, das aus den „Weisungen für die Handhabung der Propaganda im Fall ,Barbarossa‘“ hervorgeht. Die Leitlinie der Propaganda zielte darauf ab, nicht Völker der Sowjetunion, sondern denjüdischen Bolschewismus mit seinen Funktionären und der kommunistischen Partei als Feind abzustempeln. Die Wehrmacht wurde als Befreier dargestellt, die der sowjetischen Tyrannei ein Ende setzte.96 „Freude und Dankbarkeit über die Befreiung vom Bolschewismus werden ihren Ausdruck häufig in kirchlicher Form finden.“97 Es wird ersichtlich, dass versucht wurde, die Kriegsverbrechen in einem positiv konnotierten Kontext darzustellen, um die Soldaten mit in den Terror der NS-Ideologie zu integrieren.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die „Richtlinien für das Verhalten der Truppe in Rußland“ darauf abzielten, eine Begründung für die im Kriegsgerichtsbarkeitserlass vorbereiteten und im Kommissarbefehl geforderten verbrecherischen Maßnahmen abzugeben. Auch wenn erneut ein rücksichtsloses Durchgreifen gefordert wurde, dienten die Richtlinien hauptsächlich der Rechtfertigung des eigenen Handelns. Durch die Schaffung einer verzerrten Wahrheit mittels Propaganda sollten die verbrecherischen Befehle mit einer falschen Transparenz gefüllt werden, damit die Truppen diese Erlasse als eine Notwendigkeit wahrnahmen. Es würde zu einem höheren Befehlsgehorsam kommen. Sie suchten so militärisch plausibel zu machen, was im Vernichtungsszenario vor den Augen vieler Soldaten ablief.“98 99
Die Zeichnung eines bösartigen Feindes zeigte den deutschen Truppen auf, dass sie durch menschliches Handeln selbst zum Opfer werden könnten.
3.2 Die 'wirtschaftliche Planung des Feldzugs
Bereits am 31. Juli 1940, beschloss Hitler im Mai 1941" die Sowjetunion anzugreifen. In den von dem Generalstab des Heeres geforderten Systematisierungen und Erweiterungen der Angriffsvorbereitungen können Ansätze einer Verbindung von militärisch-operativen und kriegswirtschaftlichen Überlegungen festgestellt werden.100 Ein ausschlaggebendes Kriterium für diese Erkenntnis waren die geographischen Dimensionen der Sowjetunion, die eine komplette Besatzung des Landes unmöglich machten. Durch die Annexion der wirtschaftlich wichtigen Territorien, erhoffte man sich, den Kollaps des sowjetischen Systems herbeizuführen, ohne das gesamte Land zu besetzen.101 3.2.1 Der Wirtschaftsstab Ostund derBlitzkrieg
Im „Unternehmen Barbarossas“ spielten wirtschaftliche Aspekte eine so wichtige Rolle, dass eine eigens geschaffene Wirtschaftsorganisation etabliert wurde, um das ökonomische Ziel, nämlich die sofortige und maximale wirtschaftliche Ausnutzung der besetzten Gebiete zum Vorteil Deutschlands zu erreichen.102 Auf Initiative von Göring, dem Reichswirtschaftsminister und Leiter der Vierjahresplanbehörde, gründete General Georg Thomas, Chef des Wirtschafts- und Rüstungsamtes im OKW, im März 1941 den Wirtschaftsstab Ost, nachdem er Hitler mit einer Denkschrift im November von seinen Plänen überzeugt hatte. Erkunden, Erfassen und Abtransportieren von Rohstoffen und Lebensrnitteln aus der Sowjetunion sollte zu den Hauptaufgaben des neugegründeten Stabes gehören.103 Um es in den Worten von Pohl auszudrücken, war der Wirtschaftsstab Ost „die eigentliche Lenkungszentrale der Ausbeutung“.104
Im „Unternehmen Barbarossa“ sollte die Ausbeutung des Landes nicht mehr nur durch die Truppen geschehen, sondern durch die Wirtschaftsorganisation Ost.105 Aus diesem Grund entstand zum einen die Militärverwaltung, die für die Sicherung und Verwaltung des Landes zuständig war, und auf der anderen Seite die Wirtschaftsorganisation Ost106, zu dem der Wirtschaftsstab Ost gehörte.107 Das Militärverwaltungsgebiet sollte sich nur auf das Operationsgebiet der OHW beschränken, während rückwärtige Gebiete in die Reichskommissariate integriert werden sollten. Für wehrwirtschaftliche Angelegenheiten in Kommissariaten als auch im Militärverwaltungsgebiet sollte der Wirtschaftsstab Ost zuständig sein.108 Auch wenn die Wirtschaftsorganisation Ost im Wehrmachtsrahmen existierte, war sie weitgehend von der Militärverwaltung getrennt.109 Trotz der starken Dominanz an Offizieren im Wirtschaftsstab Ost gehörte der größte Teil der Mitglieder zu zivilen Ministerien, weshalb der Stab nicht exklusiv im militärischen Gebilde funktionieren konnte.110 Daher kann durchaus behauptet werden, dass, auch wenn der Wirtschaftsstab Ost durch seine wehrwirtschaftliche Zielsetzung zur Wehrmacht gehörte, hauptsächlich zivile Ministerien für die Ausbeutung der eroberten Gebiete zuständig waren. Die Wehrmacht war in diesem Falle ein Werkzeug, um Gebiete zu erobern und zu sichern.111
Je weiter sich der Krieg näherte, desto mehr wirtschaftliche Abteile wurden dem Wirtschaftsstab Ost zuteil. Während es Mitte März 1941 nur die kriegswirtschaftlichen Aspekte waren, fiel kurz vor dem Beginn des „Unternehmens Barbarossa“ die gesamte Wirtschaft in dessen Verantwortungsbereich.112 Einer der Mitgründer, Generalmajor Hans Nagel, differenzierte aus diesem Grund zwischen der Kriegswirtschaft und den langzeitlichen Wirtschaftszielen. Hauptfokus während des „Unternehmens Barbarossa“ sollte die Kriegswirtschaft sein, letzterem würde man sich nach dem geglückten Blitzkrieg widmen.113
Die Denkschrift Thomas‘ präsentierte langfristige ökonomische Gewinne für das Deutsche Reich durch den „Russlandfeldzug“.114 In dieser Denkschrift fand Hitler Unterstützung gegenüber der Heeresführung, die die wirtschaftlichen Risiken des Feldzuges betonte. Thomas hingegen war weniger bemüht, eine analytische Expertise über die Bedingungen des bevorstehenden Feldzugs darzulegen. Er zielte darauf ab, Hitler argumentativ von den wirtschaftlichen Vorzügen des Feldzuges zu überzeugen. Dies wird daran deutlich, dass er den Umstand, die Sowjetunion in dem geplanten Zeitraum und den damit verbundenen zeitlichen, personellen und materiellen Ressourcen besiegen zu können, als selbstverständlich darstellte.115
Die Kembedingung der Denkschrift, mit der Thomas Hitler von seinen wirtschaftlichen Plänen überzeugt hatte, war also eine erfolgreiche Durchführung des Blitzkrieges. Daraus kann abgeleitet werden, dass mit dem Scheitern des schnellen Sieges über die Sowjetunion im „Unternehmen Barbarossa“ die gesamten ökonomischen Ziele des Feldzuges kaum noch umsetzbar wurden.
[...]
1 Bereits der Einmarsch in Polen am 1. September 1939 brachte eine Welle von Pogromen und Ermordungen der Juden mit sich, da sie als sogenannte Elite oder potenzielle Gefährder galten. Vgl. BEORN, Waitman Wade: Eastern Europe. At the Epicenter of the Final Solution, London 2018, S. 103. Dieter Pohl stellt allerdings wesentliche Unterschiede in den Rahmenbedingungen zwischen dem Jahre 1939 und 1941 fest. Wesentliche Unterschiede waren, dass dem Einmarsch in Polen 1939 keine „verbrecherischen“ Befehle vorausgingen, kein wirklicher Antibolschewismus zu Tage kam und der Zusammenhang zwischen militärischer Planung und radikaler Strukturpolitik wie im „Unternehmen Barbarossa“ fehlte. Vgl. POHL, Dieter: Die Herrschaft der Wehrmacht. Deutsche Militärbesatzung und einheimische Bevölkerung in der Sowjetunion 1941-1944, München 2009, S. 53.
2 „Russland ist kein Staat, sondern eine Weltanschauung, die zurzeit auf dieses Territorium beschränkt ist bzw. es beherrscht [...]“ MÜLLER, Rolf-Dieter: Der Feind steht im Osten. Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr 1939, Berlin 2011, S. 44. Dieses Zitat entstammt einem Brief Hitlers an Oberst Walter von Reichenau.
3 Die Militärverwaltung stellte eine Übergangsphase zwischen der Eroberung des Gebietes und der Eingliederung in die Zivilverwaltung, den sogenannten Kommissariaten, dar. Spricht man vom Militärverwaltungsgebiet im Deutsch-Sowjetischen Krieg, geht man von einem Territorium aus, dessen Größe sich durchgehend verändert hat. Seine maximale Ausdehnung erreichte das Gebiet der Militärverwaltung mit einem Gebiet von einer Million Quadratkilometer im Herbst 1942. Vgl. POHL: Herrschaft, S. 89-97.
4 Das Scheitern des Blitzkrieges kann in verschiedenen Phasen des Krieges angesetzt werden. Für Militärhistoriker wie Omer Bartov markiert erst der missglückte Angriff gegen Moskau im Dezember 1941 das Scheitern des Blitzkrieges. Vgl. HEER, Hannes: Killing Fields. Die Wehrmacht und der Holocaust, in: HEER, Hannes (Hrsg.): Verbrechen der Wehrmacht, Hamburg 1995, S. 71. Für Dieter Pohl scheiterte der Blitzkrieg bereits im August 1941, da der planmäßige Verlauf nicht mehr gewährleistetwerdenkonnte. Vgl. POHL: Herrschaft, S. 158.
5 Der Angriff auf die Sowjetunion wurde nach dem mittelalterlichen Kaiser Friedrich Barbarossa benannt, dessen Legende besagt, dass er eines Tages aus seinem tiefen Schlaf erwachen würde, um das Deutsche Reich zu altem Ruhm zu führen. Vgl. BEORN, Waitman Wade: The Holocaust in Eastern Europe. At the Epicenter of the Final Solution, London 2018, S. 49. Der erneute Versuch der Wehrmacht die Sowjetunion Anfang 1942 zu Fall zu bringen, trug den Namen „Unternehmen Blau“. Vgl. POHL: Herrschaft, S. 26. Somit kann gesagt werden, dass ab 1942 nicht mehr vom „Unternehmen Barbarossa“ gesprochen werden kann.
6 In der Ukraine stiegen die Zahlen der ermordeten Juden Ende August explosionsartig an und erreichten ihren Höhepunkt im September 1941. Sie blieben im Oktober weiterhin hoch und erreichten im Dezember erneut den Höhepunkt. In Weißrussland, auch genannt Belarus, erreichte die Mordrate an der jüdischen Bevölkerung ihren Höchstwert im Oktober und November 1941. Vgl. GERLACH, Christian: The Extermination ofEuropean Jews, Cambridge 2016, S. 69 und 70.
7 Der Mythos der „sauberen Wehrmacht“ entstand hauptsächlich wegen des Mangels an Quellen nach dem Zweiten Weltkrieg. Die schlechte Quellengrundlage ist nicht ausschließlich auf den Verlust oder der Zerstörung der Dokumente während des Krieges zurückzufuhren. Nach der Niederlage des Deutschen Reiches beschlagnahmten die Alliierten Millionen Seiten an Berichten, Reden, Memoiren, Tagebüchern und anderen Aufnahmen der NS-Funktionäre. Auf Initiative der US-Army veröffentlichten ehemalige Generäle der Wehrmacht ihre Briefe, Interviews, Aussagen vor Gericht und Memoiren. Diese selbstveröffentlichten Dokumente der Generäle waren oftmals die einzige Möglichkeit für Historiker, die Geschehnisse, vor allem die Rolle der Wehrmacht, zu rekonstruieren. In diesen Dokumenten wird immer wieder das Bild der heroischen Wehrmacht dargestellt, die einen ehrenvollen Kampf gegen die barbarische Armee eines totalitären Staates belegen sollten. Durch den Beginn des Kalten Krieges wurden die Darstellungen der Wehrmachtsgeneräle von der Öffentlichkeit und den Westalliierten hingenommen, da es nun einen neuen Feind gab. Vgl. MEGAREE, Geoffrey P.: War of Annihilation. Combat and Genocide on the Eastern Front, 1941, Maryland 2007, S. XII und XIII.
8 Vgl. BOOG, Horst: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Der Angriff auf die Sowjetunion, Stuttgart 1983.
9 Vgl. HEER, Hannes (Hrsg.) Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 19411944, Ausstellungskatalog, Hamburg 2002.
10 Der Wehrmachtsausstellung wurde eine große Aufmerksamkeit zuteil. Tages- und Wochenzeitungen betrachteten die Ausstellung als einen großen Beitrag für die Geschichtswissenschaft, da sie die Legende der „sauberen Wehrmacht“ zerstörte. Doch die Ausstellung bekam nicht nur positive Resonanz, im Gegenteil, sie löste eine Kontroverse aus, die zu einer langjährigen Debatte in der Bundesrepublik Deutschland führte. Veteranen der ehemaligen Wehrmacht warfen der Ausstellung Verleumdung und Verfälschung von Quellen vor. Auch von der Politik hagelte es Kritik. Der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe verbot der Bundeswehrjeglichen Kontakt mit der Ausstellung. Erst als 5000 Neonazis für die Wehrmacht und Waffen-SS demonstrierten und versuchten, die Ausstellung mit allen Mitteln zu diffamieren, näherte sich der Bundestag am 13. März 1997 erstmals diesem zuvor nicht anerkannten Teil der deutschen Geschichte. Vgl. HEER, Hannes: Vernichtungskrieg im Osten. Judenmord, Kriegsgefangene und Hungerpolitik, Hamburg 2020, S. 33 und 34.
11 Vgl. GERLACH, Christian: Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vemichtungspolitik in Weißrussland 1941 bis 1944, Hamburg 1999.
12 Vgl. POHL, Dieter: Schauplatz Ukraine. Der Massenmord an den Juden im Militärverwaltungsgebiet und im Reichskommissariat 1941-1943, in: HARTMANN, Christian (Hrsg.): Der deutsche Krieg im Osten 1941-1944. Facetten einer Grenzüberschreitung, München2009, S. 155-199.
13 Vgl. HEER, Verbrechen.
14 Vgl. ZABARKO, Boris: Leben und Tod in der Epoche des Holocausts in der Ukraine. Zeugnisse von Überlebenden, Berlin 2019. Und Vgl. ZABARKO, Boris (Hrsg.): Nur wir haben überlebt. Holocaust in der Ukraine, Zeugnisse und Dokumente, Weilerswist-Metternich 2016. Und Vgl. HOPPE, Bert: Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 19331945. Sowjetunion mit annektierten Gebieten 1. Besetzte sowjetische Gebiete unter deutscher Militärverwaltung, Baltikum und Transnistrien, München 2011.
15 HÜRTER, Johannes (Hrsg.): Notizen aus dem Vernichtungskrieg. Die Ostfront 1941/42 in den Aufzeichnungen des Generals Heinrici, Darmstadt 2016.
16 Vgl. DIETRICH, Torsten (Hrsg.): Nach Stalingarad. Walther von Seydlitz' Feldpostbriefe und Kriegsgefangenenpost 1939-1955, Göttingen2018.
17 HASENCLEVER, Jörn: Wehrmacht und Besatzungspolitik in der Sowjetunion. Die Befehlshaber der rückwärtigenHeeresgebiete 1941-1943, Paderbom2010, S. 39.
18 Vgl. BEORN, Holocaust, S. 55-56.
19 Vgl. STEINHART, Eric C.: The Holocaust and the Germanization of Ukraine, Washington DC 2009, S. 2. Diese Emigration von Teilen der deutschen Bevölkerung in den Osten wird als „Drang nach Osten“ bezeichnet. Bereits im Mittelalter wanderten Deutsche nach Polen aus. Unter Peter dem Großen und Katharina der Großen lassen sich ebenfalls deutsche Strömungen nach Russland feststellen. Im 19. Jahrhundert flohen die Menschen, die im Deutschen Reich unter religiösen Verfolgungen litten. Meistens waren es Baptisten, Katholiken und Mennoniten, die im Osten einen Zufluchtsort suchten. Als Siedler war die deutsche Bevölkerung gern gesehen, da sie als ein wichtiger Teil des Zivilisierungsprozesses in Russland erachtet wurden. Vgl. LOWER, Wendy: Nazi Empire-Building and the Holocaust in Ukraine, North Carolina 2005, S. 20.
20 Vgl. BEORN: Europe, 57.
21 Vgl. STEINHART: Holocaust, S. 2. Pangermanismus ist allerdings keine Erfindung der Nationalsozialisten. Bereits während des Ersten Weltkrieges waren Anhänger dieser Bewegung davon überzeugt, dass Volksdeutsche aus der Sowjetunion die Expansion in den Osten vorantreiben könnten. Mit der Niederlage im Ersten Weltkrieg und der europäischen territorialen Neuordnung durch u.a. den Versailler Vertrag erhöhte sich die Relevanz der Volksdeutschen für die Macht des Deutschen Reichs. Nachdem Gebiete der deutschen östlichen Peripherie an Polen angegliedert worden waren, konnten Nationalsozialisten ihre geplante Expansion rechtfertigen. Vgl. ebd.
22 Vgl. MÜLLER, Feind S. 42.
23 Vgl. BEORN: Europe, S. 59. Adolf Hitler definierte die Juden in „Mein Kampf ‘ als eine biologische Rasse. Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 39. Wie auch bei den Deutschen definierten rassenideologische Faktoren wie Blut die Zugehörigkeit der Menschen zu einer Religion oder Nationalität. Dies ist insofern relevant, als dass auch säkulare Juden von Nationalsozialisten ais jüdisch angesehen wurden.
24 Mit der Niederlage des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg und die durch den Versailler Vertrag verursachten territorialen Einbußen glaubte Hitler, dass das Deutsche Reich einen neuen Lebensraum benötige, um eine Selbstständigkeit zu erreichen. Vgl. BEORN: Holocaust, S. 42.
25 Vgl. EICHHOLTZ, Dietrich: Kriegsziele in der UdSSR, in: QUINKERT, Babette: Wir sind die Herren dieses Landes. Ursachen, Verlauf, und Folgen des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion, Hamburg 2002, S. 20.
26 Vgl. LOWER: Nazi S. 19.
27 Vgl. BEORN: Europe, S. 62.
28 Der neue Lebensraum in der Sowjetunion sollte sich bis zum Ural erstrecken und aus den vier Reichskommissariaten Ostland, Ukraine, „Moskowien“ und Kaukas bestehen. Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 40.
29 Vgl.ebd„ S. 39.
30 Dieser Zusammenhang zwischen nationalsozialistischem Imperialismus und dem Holocaust wurde in der Geschichtswissenschaft nicht immer als selbstverständlich erachtet. In dem Narrativ des Historikers Fritz Fischer wird die deutsche Expansionspolitik des 20. Jahrhundert ohne jeglichen Zusammenhang zum Holocaust erörtert. Eine der wenigen, die den Holocaust, den deutschen Kolonialismus und den Nationalsozialismus im Kollektiv erforschte, war Hannah Arendt in ihrem Werk „The Origins of Totalitarism“ 1951. Weitere soziokulturelle Forschungen stellten die These auf, dass im 18. Jahrhundert erste Ideen zum Kolonialismus im Deutschen Reich Gestalt annahmen, um im Nationalsozialismus ihrenHöhepunkt zu erreichen. Vgl. LOWER: Nazi, S. 19.
31 Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 39. Auch wenn der Krieg gegen die Sowjetunion bereits vor der Machtergreifung tief in der Nazi-Ideologie verankert war, hatte der Angriff auf die Sowjetunion dennoch auch militärisch-strategische Ursachen. Trotz der Kapitulation Frankreichs an der Westfront 1940, war der Hauptgegner des Dritten Reichs, Großbritannien, immer noch nicht geschlagen. Aus den Notizen des Chefs des Generalstabes des Heeres kann entnommen werden, dass Hitler durch einen Angriff auf die Sowjetunion England zur Kapitulation zwingen wollte. Er war davon überzeugt, dass England sich auf die USA und die Sowjetunion als Verbündete verließ. Würde die Sowjetunion besiegt werden, würde auch die USAwegfallen, dadiejapanische Bedrohung im Pazifik größer werden würde. Vgl. BOOG, Horst: Reich, S. 14.
32 Trotz der größtenteils ideologischen Überzeugungen, die den deutschen Angriff auf die Sowjetunion antrieben, sah sich das Naziregime dazu gezwungen, sich vor dem eigenen Volk und der Weltöffentlichkeit als Opfer sowjetischer Aggressionen darzustellen. Das Deutsche Reich sei dem sowjetischen Schlag lediglich zuvorgekommen. Dies war die Geburt der Präventivkriegsthese. Vgl. WETTE; Wolfram: Der Krieg gegen die Sowjetunion. Ein Rassenideologisch begründeter Vernichtungskrieg, in: KAISER, Wolf: Täter im Vernichtungskrieg. Der Überfall auf die Sowjetunion und der Völkermord an den Juden, Berlin 2002, S. 16-17.
33 HEER: Verbrechen, S. 42.
34 Abgekürzt mit OKW.
35 Vgl. BROWNING, Christopher: Die Entfesselung der „Endlösung“. Nationalsozialistische Judenpolitik 1939-1942. Jerusalem 2003, S. 323. Jodi musste seinen ersten Entwurf vom Dezember 1940 überarbeiten, da dieser für Hitler zu traditionell war. Vgl. MEGAREE: War, S. 34.
36 Vgl. RÖMER, Felix: The Wehrmacht in the War of Ideologies. The Army and Hitler's Criminal Orders on the Eastern Front, in: KAY, Alex J. (Hrsg.): Nazi Policy on the Eastern Front, 1941. Total War, Genocide, and Radicalization, Rochester 2012, S. 74. Es reichte allerdings nicht, den Wehrmachtssoldaten rechtliche Immunität für eine rücksichtslose Vorgehensweise gegen Zivilisten zu erteilen, da das Heer sich trotz der Ziele des Weltanschauungskrieges weigerte, die „politischen Säuberungen“ selber durchzuführen. Es musste eine enge Zusammenarbeit zwischen der Wehrmacht und den Einsatzgruppen des Reichsführers-SS Himmler gewährleistet werden. Am 13. März 1941 erteilte der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht Wilhelm Keitel die Anordnung, dass Himmlers Einsatzgruppen im Operationsgebiet der Truppen in eigener Verantwortung Exekutivmaßnahmen gegenüber der Zivilbevölkerung durchführen durften. Vgl. HEER, Verbrechen, S. 56.
37 Vgl. BOOG: Reich, Bd.4, S. 428. Zu dieser Ansprache gibt es kein schriftliches Protokoll. Vgl. MAYER, Arno J.: Der Krieg als Kreuzzug. Das Deutsche Reich, Hitlers Wehrmacht und die Endlösung, Hamburg 1989, S. 322. Den Notizen des Generaloberst Hader kann man allerdings entnehmen, dass es während der Ansprache unter anderem um die Ausschaltung der Kriegsgerichte ging. Vgl. HEER, Verbrechen, S. 42.
38 Vgl. ebd., S. 46.
39 Vgl. ebd. „Zur Wehr setzen“ meint, die Verdächtigen zu erschießen.
40 Vgl. BOOG: Reich, S. 428.
41 Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 66
42 Vgl. BROWNING: Entfesselung, S. 326
43 Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 66
44 Das Oberkommando des Heeres empfahl für die praktische Ausführung des Befehls, als Repressalie 30 Zivilisten aus dem betroffenen Gebiet zu erschießen. Vgl. RÖMER: Wehrmacht, S. 74. Der Zusatz der Kollektivmaßnahmen ist auf Generaloberst Halder zurückzuführen, der durch diese Ergänzung zur Brutalisierung der deutschen Kriegsführung beitrug. Allein der Verdacht genügte, um die Auslöschung ganzerDörfer zu legitimieren. Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 66.
45 Vgl. HEER: Verbrechen, S. 47.
46 Vgl. BEORN: Holocaust, S. 123.
47 Vgl. POHL: Herrschaft, S. 71.
48 Vgl. HARTMANN, Christian: Verbrecherischer Krieg - Verbrecherische Wehrmacht? Überlegungen zur Struktur des Deutschen Ostheeres, in: HARTMANN, Christian (Hrsg.): Der deutsche Krieg im Osten 1941-1944, München 2009, S. 51.
49 Freischärler bedeutet, einer Freischar/ Partisanenbewegung angehörig sein.
50 Vgl. KILIAN, Jürgen: Wehrmacht und Besatzungsherrschaft im russischen Nordwesten 1941-1944. Praxis und Alltag im Militärverwaltungsgebiet der Heeresgruppe Nord, Paderborn 2012, S. 79.
51 HEER: Verbrechen, S. 47.
52 Vgl. ebd.
53 Vgl. HEER, Hannes: Die Logik des Vernichtungskrieges. Wehrmacht und Partisanenkampf, in: HEER, Hannes (Hrsg.): Vernichtungskrieg. VerbrechenderWehrmacht, Hamburg 1995, S. 112.
54 Die Dolchstoßlegende war ein stark ausgeprägter Mythos in der Weimarer Republik, der versuchte einen innenpolitischen Schuldigen für die Niederlage im Ersten Weltkrieg zu finden. Der Mythos ernährte sich durch die Behauptungen, dass das Heer im Felde unbesiegt war und durch einen hinterlistigen Dolchstoß von den Juden zu Fall gebracht wurde. Vgl. SNYDER, Timothy: Bloodlands. Europe between Hitler and Stalin, New York 2010, 214.
55 Vgl. BOOG: Deutsches Reich, Bd.4, S. 428.
56 Vgl. HEER: Verbrechen, S. 48. Tatsächlich waren die Oberbefehlshaber besorgt, dass die militärische Disziplin unter dem Kriegsgerichtsbarkeitserlass leiden würde. Aus diesem Grund wurde am 24. Mai 1941 ein Nachtrag verlautet, in dem es hieß, dass die Hauptaufgabe der Wehrmacht der Kampf gegen die feindlichen Truppen sei. Geringe Straftaten der Zivilbevölkerung sollten durch die Anordnung von Befehlsmaßnahmen eines Offiziers gesühnt werden. Durch diesen Nachtrag verlagerte Von Braunstich WER IST DAS? die Verantwortung auf die Offiziere, die dadurch freie Wahl über die Sanktionen bekamen. Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 67.
57 Vgl. HEER: Verbrechen, S. 48.
58 Vgl. HARTMANN: Krieg, S. 51.
59 Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 67
60 HARTMANN, Krieg, S. 54.
61 Vgl. BOOG: Deutsche Reich, Bd.4, S. 435.
62 Vgl. HARTMANN, Christian: Wehrmacht im Ostkrieg. Front und militärisches Hinterland 1941/42, München2010, S. 480.
63 Vgl. MAYER: Krieg, S. 322.
64 Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 68.
65 Vgl. RÖMER: Wehrmacht, S. 76.
66 Bereits zu Zeiten des Bürgerkrieges gab es wenige militärische Experten in den Reihen der Bolschewisten. Als Folge der mangelnden militärischen Expertise war das bolschewistische Regime dazu gedrängt, zehntausende Offiziere der zaristischen Armee als Kommandeure zu ernennen. Allerdings schien das Vertrauen in die neuen Kommandeure so gering gewesen zu sein, dass der Kommissar für Militärangelegenheiten, Leo Trotzki, bereits im April 1918 politische Kommissare zur Kontrolle der zaristischen Kommandeure einsetzte. Vgl. HARTMANN: Wehrmacht, S. 482. Hauptaufgabe der Kommissare war es sicherzustellen, dass die Entscheidungen der Offiziere mit der Ideologie der Sowjetunionübereinstimmten. Vgl. MEGAREE: War, S. 38.
67 Die Haager Landkriegsordnung aus den Jahren 1899 und 1907 war ein Abkommen, welches Pflichte und Rechte für die Zivilbevölkerung und Kriegsgefangene bestimmte. Durch das Genfer Abkommen im Jahre 1929 wurde die Haager Landkriegsordnung erweitert, wodurch sich die Vertragsparteien dazu verpflichteten, die Würde der Kriegsgefangenen zu wahren. Diese Vereinbarungen waren für die Wehrmacht verbindlich, da das Deutsche Reich beiden Abkommen beitrat. Vgl. HEER: Verbrechen S. 16-22.
68 Vgl. ebd., S, 52.
69 Vgl. MESSERSCHMIDT, Manfred: Militarismus Vernichtungskrieg Geschichtspolitik. Zur deutschen Militär- und Rechtsgeschichte, Paderborn 2006, S. 222.
70 Vgl. BOOG: Deutsches Reich, S. 437.
71 Vgl. ebd. S. 439.
72 Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 69. Das OKH verlangte, die Liquidierungen der Gefangenen abseits der Durchgangslager und bewohnten Ortschaften durchzuführen, so dass weder die Bevölkerung noch andere Kriegsgefangene davon etwas mitbekamen. Vgl. MESSERSCHMIDT: Militarismus, S. 230.
73 Auch wenn in den Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare nicht einmal explizit von Juden gesprochen wird, kann gesagt werden, dass die Nationalsozialisten und die Wehrmacht von einer überproportionalen Anzahl an Juden unter den Kommissaren ausgingen, da für sie Bolschewismus und Juden Hand in Hand gingen. Vgl. RÖMER: Wehrmacht, S. 77. Es stand für die Wehrmacht fest, „dass das Judentum eine der treibenden Kräfte des Bolschewismus, des Sowjetregimes und des Kommissarsystems war.“ MAYER: Krieg, S. 327. Zu Kommissaren und Parteifunktionären fügte die Wehrmachtspropaganda zum Beispiel die Anmerkung „meist dreckige Juden“ hinzu. Vgl. BROWNING: Entfesselung, S. 322.
74 Vgl. MEGAREE: War, S. 60.
75 Kommissare konnten auch zivile Funktionäre sein. Vgl. HARTMANN: Wehrmacht, S. 480.
76 „Zu behandeln“ ist euphemistisch gemeint und steht in der „Nazi-Sprache“ für das Töten. Vgl. MEGAREE: War, S.123.
77 Zivile Funktionäre der Sowjetunion fielen in den Zuständigkeitsbereich des SS- und Polizeiapparats. Der Fokus der Wehrmacht im Vernichtungskrieg lag auf den Politoffizieren der Roten Armee. Vgl. HARTMANN, Wehrmacht, S. 482.
78 Vgl. HEER: Verbrechen, S. 52.
79 Vgl. HARTMANN: Wehrmacht, S. 481.
80 Vgl. POHL: Herrschaft, S. 348.
81 Vgl. HARTMANN: Wehrmacht, S. 478
82 MESSERSCHMIDT: Militarismus, S. 222.
83 Wie wichtig das Instrument der Propaganda für die NS-Spitze während des Vernichtungskrieges in der Sowjetunion 1941 war, zeigt die Anzahl an eingesetzten Propaganda-Kompanien im „Unternehmen Barbarossa“. Das zentrale Büro in Berlin besaß einen umfangreichen Stab an Rechercheuren und Autoren. Mit drei Heeresgruppen zusammen zogen insgesamt 2500 Männer des Propagandaamtes in elf Kompanien mit an die Ostfront. Bis Anfang September wurden 140 Millionen Exemplare der Propaganda-Flugblätter ausgestreut. Die Luftwaffe half der Propagandaabteilung, ihre Botschaften zu verbreiten. Vgl. MAYER: Krieg, S. 325.
84 Vgl. BOOG: Deutsches Reich, S:441. (Bd.4.)
85 Vgl. BOLL, Bernd: Auf dem Weg nach Stalingrad. Die 6. Armee 1941/42, in: HEER, Hannes (Hrsg.): Vernichtungskrieg. VerbrechenderWehrmacht, Hamburg 1995, S. 264.
86 Vgl. HEER: Verbrechen, S. 54.
87 Vgl. BEORN: Holocaust, S. 123.
88 Vgl. BOLL: Weg, S. 267
89 Mit dem Ausdruck „dunkle Mächte“ ist von einer jüdischen Weltverschwörung die Rede.
90 MESSERSCHMIDT: Militarismus, 229.
91 Vgl. ebd„ S: 230.
92 Vgl. HEER: Killing Fields, S. 59.
93 Vgl. HEER: Verbrechen, S. 54.
94 Vgl. RÖMER: Wehrmacht, S. 75.
95 Vgl. HEER: Verbrechen, S. 54.
96 Vgl. BOOG: Deutsches Reich, S. 442 (Bd.4)
97 HEER: Verbrechen, S. 54.
98 MESSERSCHMIDT: Militarismus, S. 230
99 Die NS-Spitze plante, den Krieg gegen die Sowjetunion früher zu beginnen. In der Realität begann das „UntemehmenBarbarossa“ am 22. Juni 1941.
100 Bereits vor Planungsbeginn des „Unternehmens Barbarossa“ am 14. Februar 1940 wies Herbert Backe, Staatssekretär des Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft, darauf hin, dass ein Zusammenbruch der Emährungswirtschaft wie im Jahre 1918 drohe. Seine Prognose war, dass wenn der Krieg zwei Jahre andauem würde, das Deutsche Reich verlieren würde. Während sich die Brot- und Getreidevorräte des Deutschen Reiches am 1. August 1940 noch auf 6186 Tonnen beliefen, standen am gleichen Tag des darauffolgenden Jahres 1941 nur noch 1983 Tonnen zur Verfügung. Vgl. GERLACH: Morde, S. 60 Die Hungerkrise, wie sie im Winter 1917/18 herrschte, sollte mit allen Mitteln verhindert werden, da eine ausreichende Versorgung an der Heimatfront Unruhen vermeiden würde. Mit den Ressourcen der Sowjetunion könnte man den Bedarf des Deutschen Reiches erfüllen. Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 44.
101 Vgl. BOOG: Deutsches Reich, S. 113-114 Bd.4
102 Vgl. RUTHERFORD, Jeff: The Radicalization of German Occupation Policies. The Wirtschaftsstab Ost and the 121st Infantry Division in Paclovsk 1941, in: KAY, Alex J. (Hrsg.): Nazi Policy on the EastemFront 1941, New York2012, S. 132.
103 Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 43-44. Der Wirtschaftsstab Ost war unterteilt in Führungsund Fachgruppen: die Chefgruppen Wirtschaft, Landwirtschaft und Rüstungswirtschaft. Letztere fiel wegen Mangels an Rüstungsbetrieben weg. Zur Jahreswende 1941/42 kamen die Chefgruppen Arbeit, Forst- und Holzwirtschaft sowie Betriebsförderung und Berufserziehung hinzu. Vgl. GERLACH: Morde, S. 144-145.
104 POHL: Herrschaft, S. 108.
105 Hitler weigerte sich, die extreme Ausbeutungspolitik in die Hände der Wehrmacht zu legen, da sie ihm aus nationalsozialistischer Sicht nicht radikal genug war, Vgl. ebd. Die Konstellation dieses Stabes ist auf die Anweisung des „Führers“ zurückzuführen, in der er eine Verknüpfung politisch-ideologischer, ökonomischer und militärischer Zielsetzungen forderte. Die Ausbeutung der besetzten Gebiete sollte somit durch eine Zusammenarbeit der ,4-Säulen‘ des nationalsozialistischen Staates, der Wehrmacht, Himmlers Einsatzgruppen, Rosenbergs Reichskommissaren und Görings Wirtschaftsorganisationen, geschehen. Vgl. BOOG: Deutsches Reich, S. 130. (Bd. 4)
106 Die Wirtschaftsorganisation war hierarchisch aufgebaut: Göring als Chef der Vierjahresplanbehörde, Wirtschaftsführungsstab Ost, Wirtschaftsstab Ost, Wirtschaftsinspektion, Wirtschaftskommando, GruppenIVbei denFeldkommandeuren, GERLACH: Morde, S. 144.
107 POHL, Dieter: Die deutsche Militärbesatzung und die Eskalation der Gewalt in der Sowjetunion, in: HARTMANN, Christian (Hrsg.): Der deutsche Krieg im Osten 1941-1944. Facetten einer Grenzüberschreitung, München2009, S. 75.
108 Vgl. BOOG: Deutsches Reich S. 130.
109 Vgl. GERLACH: Morde, S: 142.
110 Vgl. RUTHERFORD: Radicalization, S. 132.
111 Dennoch hatte der Wirtschaftsstab Ost den Anforderungen des OKH zu entsprechen. Befehlshaber besaßen die Option, gegen unerwünschte Eingriffe des Wirtschaftsstabes Ost in militärische Gegebenheiten anzugehen. Ohne hinreichende Einspruchsgründe waren Befehlshaber dazu verpflichtet, den Maßnahmen der Wirtschaftsstellen zuzustimmen. Logischerweise hatten Befehlshaber, die näher an der Front waren, größeren Spielraum bei der Umsetzung der Befehle. Vgl. KILIAN: Wehrmacht, S. 139.
112 Thomas glorifizierte sich selbst damit, die weltweit erste Wehrwirtschafts-Organisation gegründet zu haben, die die Gesamtwirtschaft umfasst. Vgl. GERLACH: Morde, S. 143.
113 Vgl. RUTHERFORD: Radicalization, S. 132.
114 General Thomas ging in seiner Studie von 2,5 bis 3 Millionen Tonnen an Getreideüberschüssen aus, die aus den besetzten sowjetischen Gebieten für das Deutsche Reich abgeschöpft werden könnten. Vgl. HASENCLEVER: Wehrmacht, S. 44.
115 Vgl. BOOG: Deutsches Reich, S. 127 (Bd.4)
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- Deniz Ilhan (Author), 2021, Der Blitzkrieg. Die Verbrechen der Deutschen Wehrmacht gegen die Sowjetunion 1941, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1156940
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