Mit der Demokratisierung des Luxus sind jedoch auch eine Vielzahl an neuen Herausforderungen für Luxusmarken entstanden, welche sich über ihre Kerneigenschaften Exklusivität und Seltenheit definieren, aber dennoch aufgrund der sich fortlaufend ändernden Rahmenbedingungen die richtigen Markenanpassungen vornehmen müssen.
Dazu untersuche ich das Management von französischen Luxusmarken am Beispiel von LVMH, weil ich herausfinden möchte, welche Unternehmensstrategien besonders zielführend sind, um im sich stetig wandelnden weltweiten Luxusmarkt nachhaltig Erfolg zu erzielen.
Meine persönliche Motivation besteht hierbei an meinem besonderen Interesse an Mode und aktuellen Trends im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Komponente, in welche ich im Rahmen eines Business-A-Level-Kurses einen tieferen Einblick erlangen konnte. Darüber hinaus nehme ich als Mitglied der Generation Z verstärkt den Wertewandel jüngerer Generationen wahr, weshalb sich mir die Frage aufdrängt, wie dieser die Nachfrage nach traditionellen Luxusgütern beeinträchtigt.
Zu diesem Zweck beginnt die vorliegende Arbeit mit der Definition von Luxus, um zu untersuchen, wie sich die Dimension des Luxus, die jeder einzelne für sich selbst als notwendig erachtet, differiert. Im Anschluss wird die historische Entwicklung des Luxusgütermarktes erläutert, um dann zu klären, inwiefern sich dieser erweitert und verändert hat. Daraufhin werden weitere relevante Begriffe bezüglich der Unternehmensstrategie definiert. Anhand des Praxisbeispiels LVMH wird ein Überblick über die Spezifika und Erfolgsfaktoren des Luxusmarkenmanagements geschaffen.
Die Ergebnisse der Untersuchung werden daraufhin zusammengefasst, um im Anschluss einen Ausblick auf die weitere Entwicklung in diesem Segment zu geben.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Historische Entwicklung des Luxusgütermarktes bis zur Gegenwart
2.1. Definition des Begriffs „Luxus“
2.2. Entstehung des französischen Luxus aus der höfischen Gesellschaft
2.2.1 Bürgerlicher Reichtum und neuer Adel
2.2.2 Bedeutung des Hoflebens
2.2.3 Gezielte staatliche Förderung
2.3. Industrialisierung und Kapitalismus
2.4. Die globale Luxusindustrie der Gegenwart
3. Erfolgsfaktoren der Luxusgüterindustrie am Beispiel von LVMH
3.1. LVMH im Überblick
3.2. Was ist Unternehmensstrategie?
3.3. Klare und langfristige Unternehmensvision
3.4. Konzentration auf starke und renommierte Marken
3.4.1 Tradition
3.4.2 Exklusivität und Qualität
3.4.3 Hohe Gewinnmargen
3.4.4 Wiederaufbau und Weiterentwicklung von Marken
3.5. Größenvorteile durch Konzernstruktur
3.6. Diversifikation der Produktpalette
3.7. Weltweite geografische Präsenz
3.8. Strikte Vertriebs- und Preiskontrolle
3.9. Fokus auf junge Käuferschaft
3.9.1 Junge Marken zur Erreichung neuer Zielgruppen
3.9.2 Neue Produktbereiche im Luxussegment
3.9.3 Digitalisierung in Marketing und Vertrieb
3.9.4 Junger Mitarbeiterstamm
4. Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
„Passion, culture, émotion, volupté, noblesse.“1 Mit diesen Worten eröffnete der französische Luxusgüterkonzern Louis Vuitton Moët Hennessy (LVMH) am 27. Oktober 2014 sein Privatmuseum Fondation Louis Vuitton. Ausgestellt werden eine Auswahl an Werken des 20. und 21. Jahrhunderts, welche laut Denis Lafay, dem Chefredakteur des Magazins „Acteurs de l’économie - La Tribune“, zugleich eine Geste der Imagepflege sind, die den Besuchern einen zu begehrenden Luxus bieten.2 Das Kunstmuseum ist somit ein regelrechtes Symbol des französischen Luxus, dessen Entwicklung sich in Frankreich über die Jahrhunderte zu einer Tradition entfaltet hat und die Grundlage für die herausragende Stellung des Landes im weltweiten Luxusgütermarkt ist.3
Mit der Demokratisierung des Luxus sind jedoch auch eine Vielzahl an neuen Herausforderungen für Luxusmarken entstanden, welche sich über ihre Kerneigenschaften Exklusivität und Seltenheit definieren, aber dennoch aufgrund der sich fortlaufend ändernden Rahmenbedingungen die richtigen Markenanpassungen vornehmen müssen.
Dazu untersuche ich das Management von französischen Luxusmarken am Beispiel von LVMH, weil ich herausfinden möchte, welche Unternehmensstrategien besonders zielführend sind, um im sich stetig wandelnden weltweiten Luxusmarkt nachhaltig Erfolg zu erzielen.
Meine persönliche Motivation besteht hierbei an meinem besonderen Interesse an Mode und aktuellen Trends im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Komponente, in welche ich im Rahmen eines Business-A-Level-Kurses einen tieferen Einblick erlangen konnte. Darüber hinaus nehme ich als Mitglied der Generation Z verstärkt den Wertewandel jüngerer Generationen wahr, weshalb sich mir die Frage aufdrängt, wie dieser die Nachfrage nach traditionellen Luxusgütern beeinträchtigt.
Zu diesem Zweck beginnt die vorliegende Arbeit mit der Definition von Luxus, um zu untersuchen, wie sich die Dimension des Luxus, die jeder einzelne für sich selbst als notwendig erachtet, differiert. Im Anschluss wird die historische Entwicklung des Luxusgütermarktes erläutert, um dann zu klären, inwiefern sich dieser erweitert und verändert hat. Daraufhin werden weitere relevante Begriffe bezüglich der Unternehmensstrategie definiert. Anhand des Praxisbeispiels LVMH wird ein Überblick über die Spezifika und Erfolgsfaktoren des Luxusmarkenmanagements geschaffen.
Die Ergebnisse der Untersuchung werden daraufhin zusammengefasst, um im Anschluss einen Ausblick auf die weitere Entwicklung in diesem Segment zu geben.
2. Historische Entwicklung des Luxusgütermarktes bis zur Gegenwart
2.1. Definition des Begriffs „Luxus“
Die Definition des Begriffes Luxus ist mit Schwierigkeiten verbunden. Der Grund hierfür liegt darin, dass Luxus sowohl eine Konzeption als auch ein subjektives Empfinden ausdrücken kann.4
Etymologisch, also sprachwissenschaftlich, leitet sich der Begriff „Luxus“ von den lateinischen Wörtern „ luxus “ und „ luxuria “ ab. Der Wortstamm „ lux “ deutet dabei wohl auf die typischen Eigenschaften von Luxusobjekten, ihren besonderen Glanz (wie bspw. von Gold und Edelsteinen) und ihre Sichtbarkeit hin.5 „ Luxuria “ steht wörtlich übersetzt für Überfluss, Prunkliebe und ein üppiges Leben.6
Im 1913 erschienenen Werk „Luxus und Kapitalismus“ des Nationalökonomen und Soziologen Werner Sombart ist Luxus als „jeder Aufwand, der über das Notwendige hinausgeht“ definiert.7 Ein Luxusprodukt ist also kein Produkt, das der als allgemein notwendig anerkannten Anspruchsbefriedigung bzw. dem durchschnittlichen Lebensstandard dient. Was aber ist notwendig, was ist durchschnittlich? Die Antwort darauf ist subjektiv und relativ.
Die Subjektivität von Luxus zeigt sich daran, dass das Verständnis, was (noch) notwendig und was (schon) Luxus ist, von Person zu Person sowie von Gesellschaft zu Gesellschaft variiert. So assoziieren einige Luxus vorwiegend mit materiellen Gütern, für andere ist es dagegen Luxus, Zeit für sich zu besitzen oder mit Freunden und Familie zu verbringen.8
Die Relativität des Luxusbegriffes wird daran deutlich, dass sich das Verständnis von Luxus in Abhängigkeit von Zeit und Ort wandelt.9 So haben sich insbesondere in den industrialisierten Ländern zahlreiche ehemalige Luxusgüter zu alltäglichen Massenprodukten entwickelt. Gehörten Automobile vor dem ersten Weltkrieg noch zu Luxusgütern, so sind sie heutzutage faktisch ein Alltagsgegenstand.
Die Definition des Begriffs wird zudem dadurch erschwert, dass Luxus in verschiedenen Kulturen durchaus unterschiedlich gewertet wird. Werden in einer Gesellschaft Überfluss und Verschwendung abgelehnt, dann wird Luxus eher kritisch betrachtet. Besteht dagegen eine überwiegend positive Einstellung der Gesellschaft zu Vergnügen, Überfluss und Präsentation, dann ist Luxus mit Lebensgefühl und Vergnügen verbunden und wird vorwiegend positiv gewertet.
Die Definition von Luxus ist folglich vom gesellschaftlichen Umfeld abhängig und wird durch den sozialen Wandel beeinflusst. Unser heutiges Verständnis von Luxus ist dabei maßgeblich durch die Entwicklung der Luxusgüterindustrie im Frankreich des 17. Jahrhunderts geprägt, auf die im folgenden Kapital eingegangen wird.
2.2. Entstehung des französischen Luxus aus der höfischen Gesellschaft
Von der Antike bis zur Neuzeit ist Luxus ein spezifisches Mittel, mit dem sich die Herrschenden bzw. die Eliten von den anderen Gesellschaftsschichten sozial absetzen – sei es durch ihre Kleidung, ihre Häuser, ihre Ernährung oder ihre Art des Zeitvertreibs.10 Luxus kann sich also nur da entfalten, wo entsprechender Reichtum bzw. Machtfülle vorhanden ist. Die Gesellschaftsstrukturen im Frankreich des 17. Jahrhunderts boten dabei einzigartige Voraussetzungen für die Entfaltung von Luxus. Nachfolgend sollen die einzelnen Gegebenheiten, die diese Entwicklung ermöglichten, kurz dargestellt werden.
2.2.1 Bürgerlicher Reichtum und neuer Adel
Während der Reichtum des frühen Mittelalters fast ausschließlich aus Grundbesitz besteht, der sich unter der Kontrolle des Adels und der Kirche befindet, entstehen in Europa ab dem 13. und 14. Jahrhundert erhebliche Vermögen außerhalb der feudalen Sphäre.11 In Italien investieren Kaufleute und Händler ihr Vermögen in den Fernhandel von Waren mit dem Ziel, dadurch Gewinne zu erzielen. Neuartige Geschäfts- und Bezahlmethoden werden entwickelt; es entsteht ein Bankwesen, in dem das Geld schließlich selbst zur Ware wird.12 Diese Entwicklung setzt sich mit zeitlicher Verzögerung europaweit fort. Der Handel, die Ausbeutung europäischer als auch überseeischer Edelmetalllagerstätten, die beginnende Kolonialisierung und die Sklaverei führen zu einer „bürgerlichen Reichtumsbildung“ in Deutschland (15. und 16. Jahrhundert) sowie in Holland, England und Frankreich (17. Jahrhundert).13
Frankreich war zum Ende des 16. Jahrhunderts noch durch Bürgerkriege geschwächt. Ein Wendepunkt in der Entwicklung tritt allerdings unter König Heinrich IV. (1553 – 1610) ein. Er beendet die Religionskriege, fokussiert sich auf den Aufbau des Landes und legt die Grundlagen für den französischen Einheitsstaat.14 Unter seiner Herrschaft werden die Grundlagen für den wirtschaftlichen Aufschwung gelegt, der schließlich auch in Frankreich zur Entwicklung beträchtlicher Geldvermögen führt.
Zeitgleich mit dem Wachstum des bürgerlichen Reichtums vollzieht sich in Frankreich – wie auch in anderen europäischen Ländern - ab 1600 eine Veränderung der gesellschaftlichen Oberschicht: aus der „Verschmelzung von Adelsvornehmheit und Bürgergeld“ entsteht ein neuer Adel, der sich durch einen neuen Reichtum unter der Schale eines feudalen Lebensstils auszeichnet.15 So wird es unter der Regierung von Heinrich IV. beispielsweise möglich und üblich, Adelstitel an Industrielle und Kaufleute zu erteilen, quasi als „eine Form der Privilegierung für die Errichtung neuer Industrien“.16 Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wird es Bürgerlichen gesetzlich erlaubt, feudalen Grundbesitz und den damit verbundenen erblichem Adel käuflich zu erwerben.17 Umgekehrt sichern sich Mitglieder der alten Adelsgeschlechter durch Heirat mit Bürgerlichen die Geldmittel, die für die Aufrechterhaltung des Ansehens ihrer Familien erforderlich sind.
2.2.2 Bedeutung des Hoflebens
Königshäuser und Fürstenhöfe sowie deren Lebensführung haben für die Entfaltung des Luxus schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Dem Hof von Ludwig XIV. (1638 – 1715), dem Enkel von Heinrich IV., kam dabei im Europa des 17. Jahrhunderts allerdings eine herausragende Rolle zu. Die Pracht und der Aufwand, die am Hof des „Sonnenkönigs“ betrieben wurden, dienten zwar vornehmlich dazu, die neu gewonnene Vormachtstellung Frankreichs gegenüber den anderen Staaten zu dokumentieren. Sie führten aber zugleich dazu, dass der französische Hofstaat eine Vorbildfunktion für andere Höfe sowie für den Adel und das reiche Bürgertum ausübte. Dies umfasste neben den königlichen Schlössern und deren Ausstattung - insbesondere Versailles – sowie den hier veranstalten Empfängen und Festen auch die Ausgaben des Königs für persönlichen Luxus in Form von Kleidung, Schmuck, Möbeln, Porzellan und Speisen. Der Einfluss des von Ludwig XIV. praktizierten Luxus auf die Gesellschaft wird durch folgenden Auszug aus Sombart deutlich18:
„Man schaute, zumal in Frankreich, zu dem Könige auf wie zu einem Gotte: Ludwig wurde zum „arbitre du goût“ („Herr des Geschmacks“) für Paris (...), für die Provinz, für Europa. Wie Mansart baute, wie Le Nôtre die Gärten anlegte, wie Lebrun die Möbel zeichnete, wie Rigaud malte: so wollte jeder, dem die Mittel es erlaubten, seine Häuser bauen, seine Gärten anlegen, seine Einrichtung gestalten, sich malen lassen.“
Gerade für den französischen Adel gewannen die am Hof des Sonnenkönigs entwickelten Regelungen zum Tagesablauf, zur Kleidung und zu Mahlzeiten – die sog. Etikette – an Bedeutung. Wie bereits ausgeführt, war die Zahl der Adeligen durch die Aufnahme bürgerlicher Eliten zahlenmäßig stark gestiegen. Die von Ludwig XIV. fortgesetzte Zentralisierung des Staates und der Verwaltung führte zudem nicht nur dazu, dass sich der Großteil der Adeligen am Hof in Versailles aufzuhalten hatte, sondern ging auch mit einem politischen Machtverlust des alten Geburtsadels einher. Diese Entwicklung führte - auch wenn Geburts- und Neu-Adel am Hofe Ludwigs XIV. die gleichen Privilegien besaßen – zu Spannungen.19. Die strikte Nachahmung der Etikette diente dem Adel einerseits dazu, sich nach wie vor von anderen Gesellschaftsschichten zu unterscheiden und abzuheben, andererseits war sie geeignet, einen neuen inneren Zusammenhalt herbeizuführen. Die Vorgaben der höfischen Etikette wurden damit gesellschaftlich zu einem neuen Leitbild des Auftretens und des Verhaltens institutionalisiert.20
Der vom Hof betriebene und vorgelebte Luxus verbreitete sich sukzessiv auch auf die bürgerlichen Schichten, die ihr Ideal im Hofe erblickten oder in irgendeiner Beziehung zu diesem standen. Gerade für Bürger, die nicht in den Adelsstand erhoben wurden, führte die Nachahmung des höfischen bzw. adeligen Lebensstils zur Verringerung der gesellschaftlichen Distanz und erschuf ein Zugehörigkeitsgefühl zu den oberen Schichten.
2.2.3 Gezielte staatliche Förderung
Zu Beginn der Regierungszeit von Ludwig XIV. im Jahr 1661 war der Staatshaushalt Frankreichs erheblich durch die letzten Kriege mit Spanien belastet.21 Zugleich erhöhte sich der Finanzbedarf des Königs aufgrund des luxuriösen Hoflebens, der repräsentativen Paläste, der wachsenden Anzahl von Beamten und der Ausgaben für den Unterhalt des Heeres. Zum Zweck der Erhöhung der Staatseinnahmen wurde Einfluss auf die Wirtschaft genommen mit dem Ziel, die Staatskassen durch Außenhandel zu füllen. Unter Jean-Baptiste Colbert, dem Finanzminister Ludwigs XIV., erfolgte hierzu eine gezielte Förderung der Gründung und des Ausbaus von Manufakturen – also von vorindustriellen gewerblichen Großbetrieben, in denen Waren serienweise mit starker Spezialisierung und Arbeitsteilung, aber doch im Wesentlichen in Handarbeit hergestellt werden.22 Bürger, die ein Geschäft oder eine Manufaktur eröffneten, erhielten eine großzügige Förderung durch den Staat.23 Zugleich wurde der Außenhandel gestärkt. Durch die Erhebung von Einfuhrzöllen wurde der Absatz der im eigenen Land hergestellten Güter gestützt und zugleich ausländische Konkurrenz begrenzt.
Im Ergebnis dieser gezielten staatlichen Lenkungsmaßnahmen wurde die französische Luxusindustrie bald führend in Europa und darüber hinaus. Französische Waren wie Gobelinteppiche, Spiegel, Spitzen, Goldschmiedearbeiten und Möbel, aber auch Bekleidung wurden zu gefragten Exportartikeln und sicherten der Staatskasse erhebliche Einnahmen.
Diese Entwicklung hat sich in Frankreich über die Jahrhunderte zu einer Tradition entfaltet und wird als Grundlage für die heutige herausragende Stellung Frankreichs im weltweiten Luxusgütermarkt gesehen.24
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Verbreitung des Luxus durch die einzigartigen Gesellschaftsstrukturen in Frankreich erheblich begünstigt wurde. Zu Beginn steht eine höfische Gesellschaft, die den Luxus des Königs nachzuahmen gezwungen als auch imstande ist. Zudem wird der neue höfische Lebensstil allgemein als ein anzustrebendes Ideal angesehen. Dies führt dazu, dass der Geschmack des Adels auch im Bürgertum Anklang und Verbreitung findet. Luxus dient damit auch der Zurschaustellung bürgerlicher Schichten. Die Inklusion einer zusätzlichen Gesellschaftsschicht in die Nachfrage nach Luxusgütern und die gezielte staatliche Unterstützung und Förderung dieser Industrie setzten schließlich die Anfänge für die Entwicklung des modernen Kapitalismus – Luxus verbreitet sich in weite Teile Europas und der übrigen Welt.
2.3. Industrialisierung und Kapitalismus
Die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einsetzende industrielle Revolution hat dazu geführt, dass einer größeren Anzahl von Menschen der Zugang zu Luxusgütern ermöglich wurde.25 Mit dem technischen Fortschritt (kostengünstigere Fertigung, Erfindungen, Entwicklung neuer Güter) und den damit einhergehenden sozialen Veränderungen (modernes Staatswesen, Massenkaufkraft) im 18. und 19. Jahrhundert wurden hochwertige Produkte für einen größeren Teil der Bevölkerung zugänglich, auch wenn diese Entwicklung mit einem teilweisen Verlust ihres Luxuscharakters verbunden war.26
Zugleich veränderte sich die Einstellung der Ökonomen zum Luxus. Man erkannte, „dass der Luxus diejenigen Wirtschaftsformen, die damals im Entstehen begriffen waren, eben die kapitalistischen, zur Entfaltung bringe, und deshalb waren alle Freunde des ökonomischen „Fortschritts“ auch warme Fürsprecher des Luxus.“27 Die Regierungen jener Zeit schätzen die marktbildende Kraft des Luxus und gestalten ihre Politik luxusfreundlich, um die Nachfrage nach Luxusgütern zu fördern.
In dieser Zeit wird die Haltung zu Luxus durchaus ambivalent. In dem Maße, wie Luxusprodukte für einen größeren Konsumentenkreis erreichbar werden, kommt es faktisch zu einer „Demokratisierung des Luxus“.28 Diese Entwicklung führt dazu, dass sich die bis dahin vorherrschende - meist negative - Haltung gegenüber Luxus verändert.29 So wird Luxus von den Bevölkerungsschichten, die von ihm ausgeschlossen sind, zwar nach wie vor als ein „Übel“ bzw. ein „Laster“ betrachtet. Zugleich entwickelt sich aber auch die Auffassung, dass er der Gesamtheit durch die Förderung der Industrie und damit des Staatswohls dienlich ist.30 Voltaire fasst das in seinem 1736 erschienenen Gedicht Le Mondain mit der Intention der Verteidigung des Luxus kurz und prägnant wie folgt zusammen:31
„Le superflu, chose très-nécessaire.“
„Das Überflüssige ist eine höchst notwendige Sache.“
2.4. Die globale Luxusindustrie der Gegenwart
Luxusgüter waren und sind Vorreiter der Globalisierung. Dabei wird Globalisierung nachfolgend verstanden als Zunahme der weltweiten Verflechtung nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in Bereichen wie Kultur, Politik und Umwelt. Luxusgüter sind in der Regel spezielle, hochwertige Güter, deren Materialien kostbar sind bzw. deren Herstellung aufwändig ist. Der Austausch dieser Güter fördert somit bereits seit der Antike den grenzüberschreitenden Handel (beispielsweise in Form des Handels mit Seide, Gewürzen und edlen Weinen) und damit zugleich die Erschließung neuer Märkte. Dazu tragen auch die hohen Gewinne bei, die im Handel mit Luxusgütern seit jeher erzielt werden können.
Die Luxusgüterindustrie hat sich zu einem Wirtschaftszweig entwickelt, der sich – insbesondere was die Stabilität der Umsatz- und Nachfrageentwicklung betrifft - deutlich von anderen Branchen unterscheidet. In den letzten 20 Jahren ist der globale Umsatz mit persönlichen Luxusgütern 32 stark gewachsen. Die 2008 durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise ausgelösten Erschütterungen hat die Branche weitgehend unbeschadet überstanden. In 2019 wurde in diesem Bereich ein Spitzenumsatz von rund 281 Milliarden Euro erzielt (vgl. Abb. 1). Die sich ab dem ersten Quartal 2020 weltweit ausbreitende Corona-Krise hat auch den Luxusmarkt schwer getroffen, wie der Einbruch des Umsatzvolumens in 2020 deutlich zeigt. Allerdings wird bereits für das laufende Jahr 2021 eine deutliche Erholung erwartet, schneller als in anderen Bereichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Umsatz mit Luxusgütern weltweit in den Jahren 1996 bis 2021 (Prognose)
Das Wachstum in den asiatischen Märkten und in Nord- und Südamerika hat maßgeblich zu dieser rasanten Entwicklung der Luxusgüterindustrie beigetragen. Dabei hat vor allem der internationale Tourismus die Nachfrage nach Luxusgütern und Luxuserlebnissen verstärkt. In 2015 wurden ca. 35% des weltweiten Umsatzes mit persönlichen Luxusgütern von internationalen Touristen getätigt.33 Die nach wie vor steigende Nachfrage nach Luxusgütern ist Folge des ökonomischen Wachstums und zunehmenden Wohlstands im Nahen Osten und in den Schwellenländern, den sog. BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China).
Im Weltmarkt der Luxusgüterindustrie besitzen französische Firmen nach wie vor eine unbestrittene Vormachtstellung. Diese herausragende Position verdanken sie unter anderem dem „erfolgreichen, jahrhundertealten Zusammenspiel zwischen Staat, Handwerk und Gesellschaft“34, welches unter Punkt 2.2 beschrieben wurde und das dazu geführt hat, dass französische Unternehmen von Beginn an den Luxusgüter-Weltmarkt anführen.
Frankreich hat diese Weltmarktführerschaft bis heute beibehalten. In 2013 lag der Marktanteil französischer Hersteller bei 29% und damit fast einem Drittel des Weltmarkts.35 Auch ein Blick auf die aktuelle Liste der zehn reichsten Franzosen bestätigt das: fünf von ihnen haben ihr Vermögen ganz oder zum Teil im Luxussektor erwirtschaftet. Dazu gehören Bernard Arnault (Mehrheitseigentümer und CEO des weltweit größten Luxuskonzerns LVMH); Francoise Bettencourt Meyers (Besitzerin des Kosmetikkonzerns L’Oréal); François Pinault (Gründer des Mode- und Accessoires-Konzerns Kering) sowie Alain und Gérard Wertheimer (Mehrheitseigentümer von Chanel).36
Der Erhalt dieser unveränderten Vorrangstellung bis in die Gegenwart ist maßgeblich auf die äußerst erfolgreichen Unternehmensstrategien dieser Firmen zurückzuführen. Eine solche Strategie und ihre Erfolgsfaktoren soll im folgenden Teil der Arbeit am Beispiel des Luxuskonzerns LVMH vorgestellt werden.
3. Erfolgsfaktoren der Luxusgüterindustrie am Beispiel von LVMH
3.1. LVMH im Überblick
Die französische LVMH -Gruppe (nachfolgend kurz: LVMH) ist der größte Luxusmarkenkonzern der Welt. Die börsennotierte Muttergesellschaft mit Sitz in Paris firmiert unter LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton SE.37 Die Aktien der Muttergesellschaft sind sowohl im französischen Leitindex CAC 40 als auch im Euro Stoxx 50 vertreten.38 Obwohl die Geschichte des LVMH-Konzerns erst 1987 mit der Fusion der beiden Traditionsfirmen Moët Hennessy und Louis Vuitton begann, reichen die Wurzeln der Unternehmensgruppe zurück bis in das 18. Jahrhundert. Der Firmenname setzt sich aus den Marken Moët (Champagnerhersteller seit 1743), Hennessy (Cognacproduzent seit 1765) sowie Louis Vuitton (Kofferhersteller seit 1854) zusammen.
Ende 2020 hielt LVMH die Rechte an 75 Traditionsmarken (maisons), von denen 25 über 100 Jahre alt sind.39 Im Januar 2021wurde dem Markenportfolio der amerikanische Traditionsjuwelier Tiffany & Co hinzugefügt, der Preis für diese Akquisition belief sich auf 16,1 Mrd. US-Dollar.40
Die noble Produktpalette von LVMH ist in fünf Unternehmensbereiche gegliedert, die in nachfolgender Übersicht (Abb. 2) dargestellt sind, einschließlich einer Auswahl der bekanntesten zugehörigen Luxus-Marken:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Überblick der LVMH-Geschäftsbereiche sowie ausgewählter Traditionsmarken
Die Unternehmensgruppe beschäftigte Ende 2020 weltweit mehr als 150.000 Mitarbeiter und verkaufte ihre Luxusgüter in mehr als 5.000 Filialen (vgl. Abb. 3).
LVMH verzeichnet seit Jahren stetig wachsende Umsatz- und Ergebniszahlen (vgl. Abb. 4). Im Geschäftsjahr 2019 belief sich der Konzernumsatz auf mehr als 53 Mrd. Euro und das operative Ergebnis, also der Gewinn, auf fast 12 Mrd. Euro. Der Rückgang in 2020 ist auf die Auswirkungen der Corona-Krise zurückzuführen; die bislang veröffentlichten Halbjahreszahlen für 2021 lassen allerdings für 2021 erneut ein weiteres Rekordergebnis erwarten.
Der Erfolg von LVMH ist maßgeblich auf die strategische Unternehmensführung zurückzuführen. Bevor die wesentlichen Erfolgsfaktoren der Strategie von LVMH dargestellt werden, soll deshalb zunächst der Begriff „Unternehmensstrategie“ kurz erläutert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Umsatz- und Ergebnisentwicklung von LVMH im Zeitraum 2015 bis 2020
3.2. Was ist Unternehmensstrategie?
Der Begriff Strategie stammt historisch betrachtet aus der Kriegsführung.41 Der preußische Generalmajor und Militärwissenschaftler Carl von Clausewitz (1780 – 1831) fasst das Wesen der Strategie in seinem 1832 erschienenen Werk „Vom Kriege“ prägnant wie folgt zusammen:42
"Man fängt keinen Krieg an, oder man sollte vernünftigerweise keinen anfangen, ohne sich zu sagen, was man mit und was man in demselben erreichen will, das erstere ist der Zweck, das andere das Ziel.“
Die Strategie soll also Wege zum Ziel aufzeigen. Strategisches Denken ist dabei ganzheitlich ausgerichtet und berücksichtigt die zur Verfügung stehenden Ressourcen und Rahmenbedingungen.43
Die Parallelen zur Unternehmensstrategie bzw. zum Strategischem Management sind deutlich erkennbar. Auch Unternehmen sind mit einer begrenzten Zahl von Ressourcen in materieller, personeller und finanzieller Hinsicht konfrontiert. Wettbewerb, Recht, Gesellschaft, Politik und Umwelt setzen die Rahmenbedingungen für das Erreichen der Unternehmensziele. In der Managementliteratur bezeichnet man als Unternehmensstrategie deshalb „die von einem Unternehmen unter Berücksichtigung der externen und internen Rahmenbedingungen verfolgten Ziele sowie die zur Zielerreichung erforderlichen Instrumente“.44 Mit anderen Worten: Eine Unternehmensstrategie beschreibt das Vorgehen, um eine oder mehrere in der Zukunft liegende Zielsetzungen unter Berücksichtigung der verfügbaren Ressourcen und der gegebenen Rahmenbedingungen zu erreichen. Die Unternehmensstrategie und ihre Beziehung zu den Unternehmenszielen einerseits und die konkreten Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele andererseits werden häufig als Teil einer Pyramide dargestellt (vgl. Abb. 5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Die Unternehmensstrategie in der Pyramide
Langfristig erfolgreiche Unternehmen verfolgen in der Regel auch eine erfolgreiche Strategie. Eine klare Unternehmensstrategie ist also ein Wettbewerbsvorteil, weshalb Aussagen zu den Unternehmenszielen und ihrer Umsetzung aus Wettbewerbsgründen überhaupt nicht oder nur in dem gesetzlich erforderlichen Mindest-Umfang offengelegt werden. Folglich sind die Faktoren, die eine erfolgreiche (= zielerreichende) Strategie ausmachen, zunächst nur aus den nach außen hin sichtbaren Aktivitäten eines Unternehmens ableitbar. Bestehen im Fall größerer oder auch börsennotierter Unternehmen entsprechende Publizitätsverpflichtungen, können auch die veröffentlichten Geschäftsberichte und Management-Reports einen gewissen Einblick in die jeweils verfolgte Unternehmensstrategie geben.
Die nachfolgenden Ausführungen zur LVMH-Unternehmensstrategie basieren zum einen auf den entsprechenden Aussagen des Unternehmens in zugänglichen Geschäftsberichten und sonstigen Publikationen (bspw. Pressemitteilungen). Aufgrund der Größe und Bekanntheit von LVMH ist der Luxuskonzern auch regelmäßiges Analyseobjekt in der wissenschaftlichen Forschung und in der betriebswirtschaftlichen Literatur, speziell in den Bereichen Marketing und Management. Schließlich bieten aufgrund der Börsennotierung der LVMH-Muttergesellschaft die Einschätzungen von Aktien-Analysten eine weitere Informationsquelle. Die nachfolgende Darstellung der wesentlichen Erfolgsfaktoren der LVMH-Unternehmensstrategie erhebt deshalb keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
[...]
1 Simons (2014)
2 vgl. Lafay (2014)
3 vgl. Gabel (2013)
4 vgl. Thieme (2017), S. 49
5 vgl. ebd., S. 50
6 vgl. Dowlasz & Freinbichler (2016), S. 18
7 vgl. Sombart (1983), S. 85
8 vgl. Thieme (2017), S. 51
9 vgl. ebd., S. 53
10 vgl. Pöll (1980), S. 9
11 vgl. Sombart (1983), S. 24
12 vgl. Fischer (o.J.)
13 vgl. Sombart (1983), S. 28
14 vgl. Beiderbeck (2005), S. 480
15 vgl. Sombart (1983), S. 28
16 vgl. ebd., S. 37
17 vgl. ebd., S. 38
18 vgl. ebd., S. 104 f.
19 vgl. Ammon (1989), S. 64
20 vgl. ebd., S. 65
21 vgl. Schneider (2021)
22 vgl. Dudenredaktion (o.J.)
23 vgl. Duden Learnattack (o.J.)
24 vgl. Gabel (2013)
25 vgl. Thieme (2017), S. 57
26 vgl. Pöll (1980), S. 11
27 vgl. Sombart (1983), S. 137
28 vgl. Thieme (2017), S. 59
29 vgl. Lasslop (2005), S. 472
30 vgl. Sombart (1983), S. 138
31 Enzensberger (1996), zit. nach Voltaire (1736), S. 108
32 In diesem Bereich sind Ausgaben für Autos, Weine & Spirituosen, Hotels, Delikatessen, Wohnraumausstattung, Privatjets, Jachten und Kreuzfahrten nicht enthalten!
33 vgl. Thieme (2017), S. 349
34 vgl. Gabel (2013)
35 vgl. Bain (2013)
36 vgl. Statista (2021)
37 vgl. LVMH Universal Registration Document 2020 (2021), S. 314
38 vgl. ebd., S. 322
39 vgl. ebd., S. 11
40 vgl. ebd., S. 286
41 Der Begriff „Strategie“ leitet sich aus dem Griechischen „stratos“ (Heer) und „agos“ (Führer) ab.
42 Clausewitz (1832), S. 445
43 vgl. Hecker (2012), S. 137
44 vgl. ebd., S. 137
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