In dieser Hausarbeit möchte ich der Frage nachgehen, welche Probleme eine globale Sichtweise auf soziale Ungleichheiten mit sich bringt. In dieser Hausarbeit möchte ich mich auf zwei Fragestellungen konzentrieren: (1.) Können globale Ungleichheiten durch die Weltgesellschaft ausreichend abgedeckt werden und (2.) welche weiteren Betrachtungsmöglichkeiten existieren? Beginnen möchte ich mit den Schwierigkeiten der Weltgesellschaft im Hinblick auf globale Ungleichheiten. Im zweiten Teil wende ich mich weiterer Möglichkeiten zu, globale Ungleichheiten zu klassifizieren. Dabei sollen die Weltleistungsgesellschaft und die Weltklassen im Mittelpunkt stehen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung und Überblick
2. Die Weltgesellschaft als Grundlage für globale Ungleichheiten?
2.1. Die Weltsystemtheorie nach Immanuel Wallerstein
2.2. Die Weltgesellschaft nach John Meyer
2.3. Die Weltgesellschaft nach Niklas Luhmann
2.4. Die Rolle des Nationalstaates in der Weltgesellschaft
3. Die Weltleistungsgesellschaft und Weltklassen als Möglichkeit zur Betrachtung von globalen Ungleichheiten
3.1. Die Weltleistungsgesellschaft
3.2. Die Bedeutung von Klassen im globalen Kontext
4. Zusammenfassung und Diskussion
5. Literaturverzeichnis
“The inequalities of the world are produced nationally as well as globally“
(Therborn 2001 S. 472)
1. Einleitung und Überblick
Im Jahr 2000 verabschiedeten die Vereinigten Nationen die „Milleniumsziele“. Zwischen 1990 und 2015 sollte die absolute Armut um die Hälfte reduziert werden. Dennoch stehen 2,6 Milliarden Menschen, welche in Armut leben 800 Milliardäre gegenüber (vgl. Pressetext der Bundeszentrale für politische Bildung). In einer Welt, in der die nationalen Grenzen der Wirklichkeitswahrnehmung zunehmend zerbrechen, muss die Soziologie einen neuen Rahmen für die Entwicklung von Theorien der sozialen Ungleichheit entwickeln. Globale Ungleichheiten gewinnen durch die fortschreitende Globalisierung immer mehr an Bedeutung. Das Wort „Globalisierung“ gehört wohl zu den meist Ge- und Missbrauchtesten der letzten 20 Jahre. Zweifelsohne hat der Prozess der Globalisierung die Entwicklung der modernen Gesellschaften nachhaltig beeinflusst. Grundsätzlich versteht man unter Globalisierung das Zusammentreffen von Prozessen die zu einer wachsenden internationalen Verknüpfung führen (vgl. Blossfeld et.al. 2007 S. 668). Giddens versteht unter Globalisierung „[...] the intensification of worldwide social relations which link distant localities in such a way that local happenings are shaped by events occuring many miles away and vice versa.“ (Giddens 1994 S. 64) Durch die rasanten informationstechnologischen Fortschritte (z.B. Internet, UMTS-Netze), den Zusammenbruch des Ostblocks und den Aufstieg der asiatischen Länder wurde der transnationale Austausch zwischen den Ländern deutlich intensiviert und erreichte damit eine neue, bis daher noch nicht da gewesene Qualität (vgl. Blossfeld et.al. 2007 S. 668). Durch die Globalisierung wurde die Vorstellung umgestoßen, dass das Individuum in geschlossenen und gegeneinander abgrenzbaren Räumen von Nationalstaaten lebt und in diesem handelt (vgl. Beck 1997 S. 44). Welchen Einfluss hat die Globalisierung auf die sozialen Ungleichheiten? Soziale Ungleichheiten werden durch Gleichheit oder Ungleichheit definiert. Soziale Ungleichheiten bezeichnen bestimmte vorteilhafte und nachhaltige Lebensbedingungen von Menschen, die ihnen aufgrund ihrer Positionen in den gesellschaftlichen Beziehungsgefügen zukommen (vgl. Hradil 2000 S. 194). Soziale Ungleichheit ist damit eine von Menschen gemachte und daher von Menschen veränderbare Tatsache der heutigen Gesellschaft.
In dieser Hausarbeit möchte ich der Frage nachgehen, welche Probleme eine globale Sichtweise auf soziale Ungleichheiten mit sich bringt. In dieser Hausarbeit möchte ich mich auf zwei Fragestellungen konzentrieren: (1.) Können globale Ungleichheiten durch die Weltgesellschaft ausreichend abgedeckt werden und (2.) welche weiteren Betrachtungsmöglichkeiten existieren? Beginnen möchte ich mit den Schwierigkeiten der Weltgesellschaft im Hinblick auf globale Ungleichheiten. Im zweiten Teil wende ich mich weiterer Möglichkeiten zu, globale Ungleichheiten zu klassifizieren. Dabei sollen die Weltleistungsgesellschaft und die Weltklassen im Mittelpunkt stehen.
2. Die Weltgesellschaft als Grundlage für globale Ungleichheiten?
Die Idee, dass ich die Welt immer mehr politisch, wirtschaftlich und kulturell verflechte ist keineswegs neu. So beschrieb Robertson die Entwicklung der Globalisierung mit einem fünf Phasenmodell beginnend im 15. Jahrhundert mit der geminal phase, Marx sah den Anfang im 16. Jahrhundert mit dem modern capitalism und Giddens im 19. Jahrhundert mit der institutionalized modernity (vgl. Dürrschmidt 2002 S. 23ff.). Für die Betrachtung von globalen Ungleichheiten ist es wichtig, sich von einer staatenvergleichenden hin zu einer staatenübergreifenden Perspektive zu wenden. Daher sollen im nächsten Abschnitt drei systemtheoretische Ansätze der Weltgesellschaft näher betrachtet werden.
2.1. Die Weltsystemtheorie nach Immanuel Wallerstein
Immanuel Wallerstein führte in den 1970er Jahren ein neues Konzept in die Globalisierungskontroverse ein. In seinem Weltsystem ist der Kapitalismus der Antrieb der Globalisierung (vgl. Beck 1997 S. 62). Anstatt verschiedener gegeneinander abgeschlossenen Einzelgesellschaften existiert nur noch das eine Weltsystem. Die Weltsystemperspektive ist eine dialektische, so ist es möglich zu jedem Zeitpunkt der Betrachtung nach den Konsequenzen der Aufrechterhaltung und der Veränderung der Struktur des Ganzen oder auch der Teilsysteme zu fragen (vgl. Kreckel 1983 S. 303). So wird, laut Wallerstein, die gegenwärtige Epoche durch die Integration der verschiedenen Gesellschaften und deren Kulturen in eine allumfassende Arbeitsteilung der kapitalistischen Weltwirtschaft gekennzeichnet. Ausgangspunkt ist dabei Europa, von dem aus sich der Kapitalismus im 16. Jahrhundert herausbildete und dann mit seiner expansiven Logik auf dem globalen Rahmen umschlug (vgl. Dürrschmidt 2002 S. 33f.). Alle Regierungen, alle Kulturen, alle Individuen, jedes soziale Handeln und alle Klassen finden in einem übergreifendem Rahmen, dem kapitalistischen Weltsystem statt, indem es zu einer steigenden Arbeitsteilung und Ungleichheit kommt. Dabei wird alles einer Arbeitsteilung verortet und das Individuum muss sich in dieser behaupten (vgl. Beck 1997 S. 53 und S. 64f.). Es existieren in der kapitalistischen Weltökonomie drei Elemente laut Wallerstein. Das erste ist der einzige Markt der von einer Gewinnmaximierung ausgeht. Das zweite Element ist die Existenz von staatlichen Strukturen mit einer unterschiedlichen internen und externen Stärke, welche die soziale Balance des Weltsystems stabilisieren soll. Das letzte Element ist die Aneignung von Mehrarbeit in einem Ausbeutungsverhältnis. Die Strukturierung der sozialen Ungleichheit wird durch den Kapitalismus beeinflusst. Wallerstein verweist in seinem Modell auf die Differenzierung von core, periphery und semi-periphery. Zwischen diesen drei Regionen bestehen Ungleichheiten welche sich reproduzieren. Durch diese Dreiteilung soll das Ausbeutungsverhältnis von Kapital und Arbeit auf globaler Ebene zum Ausdruck gebracht werden. (vgl. Dürrschmidt 2002 S. 34f.; Beck 1997 S. 64f.). Krisen und Konflikte führen zu einer Restrukturierung, welches zu einer Verschärfung der Distribution von Macht und Ungleichheit führen. Der Widerspruchspegel innerhalb des Weltsystems steigt, durch anti-westliche, fundamentale oder auch anti-moderne Strömungen an. Das Resultat wäre entweder eine Weltintegration oder ein Weltzerfall. Wallerstein geht dabei eher von einem Zusammenbruch des Weltsystems aus (vgl. Beck 1997 S. 66).
Beck formuliert drei Kritikpunkte, der Erste resultiert aus der Schwierigkeit der historisch-empirischen Überprüfung der Theorie. Zweitens beginnt Globalisierung nicht erst im 16. Jahrhundert sondern schon mit der Entdeckung Amerikas und der Unterwerfung der Neuen Welt. Drittens stellt sich Beck die Frage, in wieweit der Weltmarkt kosmopolitische Konflikte und Identitäten erzeugt (vgl. Beck 1997 S. 66f.). Wäre die ökonomische Konkurrenz das einzige globale Strukturprinzip, dann würde die Welt aus Staaten des Zentrums bestehen, da die Staaten in der Peripherie mit der Zeit verschwinden würden. An ihre Stelle würden multinationale Organisationen treten. Die Zentrumsgesellschaft würde zunehmend moderne Institutionen aufbauen während die Gesellschaften der Peripherie traditionelle Strukturen beibehalten. Da aber im politischen Bereich eine zunehmende Konvergenz zu beobachten ist, scheint Wallersteins Dominanz der Ökonomie fraglich (vgl. Greve / Heintz 2005 S. 101f.) Letztlich bleibt es fraglich, inwieweit man die globale Ungleichheit einzig auf die kapitalistische Arbeitsteilung reduzieren kann. Politischen, wie auch kulturellen, Organisationen wird keinerlei eigenständiges Globalisierungspotenzial zugestanden.
2.2. Die Weltgesellschaft nach John Meyer
John Meyer und seine Mitarbeiter veröffentlichten die ersten Arbeiten zur Weltgesellschaft, auch wenn sie diese damals noch „world polity“ nannten, in den späten 1970er Jahren. Meyer teilte mit Wallerstein die Auffassung, dass sich neben den Nationalstaaten eine globale Wirklichkeit herausbildete. Diese globale Wirklichkeit beeinflusst zunehmend die nationalen Gegebenheiten. Im Gegensatz zu Wallerstein betont Meyer nicht die kapitalistische Weltwirtschaft als Ausgangspunkt, er setzt vielmehr die globale Wirklichkeit mit der politisch-kulturellen Dimension gleich in der gemeinsame Normen und Werte global institutionalisiert werden (vgl. Greve / Heintz 2005 S. 101). Im Gegensatz zu Wallerstein, der von einer Divergenzthese ausgeht, wenden sich Meyer und seine Mitarbeiter einer Konvergenzthese zu. Der Nachweis von isomorphen Strukturen wird zu dem Leitgesichtspunkt der Weltgesellschaft. Meyers Weltgesellschaft setzt an dem Punkt an, wo Wallersteins Weltsystemtheorie in Schwierigkeiten gerät. Neben der globalen Weltwirtschaft gibt es eine zweite Ordnungsstruktur, die „world polity“, welche die „ ökonomisch induzierten Heterogenisierungstendenzen im politischen Bereich auffängt.“ (Greve / Heintz 2005 S. 102) Meyer nennt als Beispiel das Bildungssystem, welche sich zunehmend isomorph entwickelt hat. Ungleichheitsprobleme werden dabei kaum behandelt. Entwicklung wird auf eine endogene Variable reduziert, welche mit der Herausbildung einer Weltgesellschaft zunehmend an Bedeutung verliert (vgl. Greve / Heintz 2005 S. 102f.; Reisz / Stock 2007 S. 84f.)
Meyer geht auch schon wie Wallerstein davon aus, dass sich neben den Nationalstaaten ein eigenständiger und irreduzibler Wirklichkeitsbereich herausgebildet hat. Für Meyer ist die Weltgesellschaft ein Prozess der immer weiter voranschreitet. Allerdings bleibt bei Meyer der Gesellschaftsbegriff zu unbestimmt, zwar verwendet er zunehmend den Begriff der „world society“ statt der „world polity“, doch das Konstrukt der Gesellschaft bleibt zumeist unklar. Gesellschaft wird mit einer globalen Institutionalisierung gleichgesetzt, welche sich auf die Kultur beschränkt die sich an westlichen Werten und Handlungsmustern orientiert (vgl. Greve / Heintz 2005 S. 103). Durch die mangelnde Artikulation des Ungleichheitsbegriffs ist auch diese Sichtweise aus globaler Ungleichheitssicht eher unbefriedigend.
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