Das Ziel dieser Bachelorarbeit besteht darin, einen aktuellen Überblick über zentrale Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen Hochstrittigkeit und den möglichen Auswirkungen auf den Entwicklungsverlauf von Kindern beziehungsweise Jugendlichen anhand empirischer Forschungsarbeiten mit Hilfe einer systematischen Literaturrecherche zu geben.
Der Fokus wurde dabei auf die sensible Phase der Adoleszenz gelegt. Dazu wurden 17 Primärstudien hinzugezogen. Besonders das aufgrund der Hochstrittigkeit veränderte Eltern- beziehungsweise Erziehungsverhalten, aber auch die Involvierung der betroffenen Jugendlichen in den elterlichen Konflikt scheinen gravierende Auswirkungen auf deren mentale Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu haben. Die Ergebnisse zeigen, dass besonders im Problemverhalten negative Folgen zu erwarten sind. Aber auch in der sozialen Entwicklung und im schulischen Bereich konnten Effekte festgestellt werden.
Gliederung
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begrifflichkeiten und Notwendigkeit
2.1 Definitionsversuch und Einordnung des Begriffs Hochstrittigkeit
2.2 Aktualität und Notwendigkeit der Erforschung von Hochstrittigkeit
3 Theoretische Grundlagen
3.1 Psychische Veränderungen und Entwicklungsaufgaben in der Adoleszenz
3.1.1 Umstrukturierungen im Denken und Entscheiden
3.1.2 Veränderungen der Emotionen und Verhaltensmuster
3.1.3 Die Reorganisation der sozialen Beziehungen
3.1.4 Die Bedeutung von Schule und Leistung für Jugendliche
3.2 Stress- und bewältigungstheoretische Grundkonzepte
3.2.1 Die Transaktionale Stress- und Bewältigungstheorie
3.2.2 Resilienz und Vulnerabilität als Einflussfaktoren in Entwicklungsaufgaben
3.3 Diagnostische Verfahren im Hinblick auf Hochstrittigkeit
4 Methodik
4.1 Literaturrecherche
4.2 Resultierende Forschungsfragen und Themeneingrenzung
5 Ergebnisse
5.1 Ergebnisse zu Auswirkungen auf das Verhalten und die soziale Entwicklung von Jugendlichen infolge von Triangulation in elterliche hochstrittige Konflikte
5.2 Ergebnisse zu Auswirkungen auf das Verhalten und die soziale Entwicklung von Jugendlichen aufgrund des veränderten Eltern- bzw. Erziehungsverhaltens der hochkonflikthaften Eltern
5.3 Ergebnisse zu Auswirkungen auf schulische Leistungen von Jugendlichen infolge von HC
6 Diskussion
6.1 Interpretation der Ergebnisse
6.2 Einschränkungen der vorliegenden Arbeit
6.3 Ausblick und Implikationen für die weitere Forschung und Praxis
Literaturverzeichnis
Zusammenfassung
Das Ziel dieser Bachelorarbeit besteht darin, einen aktuellen Überblick über zentrale Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen Hochstrittigkeit und den möglichen Auswirkungen auf den Entwicklungsverlauf von Kindern bzw. Jugendlichen anhand empirischer Forschungsarbeiten mit Hilfe einer systematischen Literaturrecherche zu geben. Der Fokus wurde dabei auf die sensible Phase der Adoleszenz gelegt. Dazu wurden 17 Primärstudien hinzugezogen. Besonders das aufgrund der Hochstrittigkeit veränderte Eltern- bzw. Erziehungsverhalten, aber auch die Involvierung der betroffenen Jugendlichen in den elterlichen Konflikt scheinen gravierende Auswirkungen auf deren mentale Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu haben. Die Ergebnisse zeigen, dass besonders im Problemverhalten negative Folgen zu erwarten sind. Aber auch in der sozialen Entwicklung und im schulischen Bereich konnten Effekte festgestellt werden.
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Überblick der Suchverläufe im Zeitraum von Februar bis April 2017
Tabelle 2 Übersicht über die verwendeten Studien zur systematischen Auswertung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„ I st nicht die Kindheit der verborgene Keim, aus welchem nach und nach der reiche Baum des Lebens mit allen seinen Leiden und Freuden sich auseinanderschlägt?“ (Johann Peter Hebel, 1760-1826, Dichter, Theologe und Pädagoge)
1 Einleitung
Wenn sich Eltern voneinander trennen oder scheiden lassen, ist das für jedes Kind erstmal ein Einschnitt in seinem Leben. Die meisten von ihnen brauchen ungefähr zwei Jahre, um mit dieser neuen, besonderen Situation psychisch zurecht zu kommen (Bröning, 2013; Retz, 2015). Jedoch gibt es einen kleinen Teil von Eltern, die ihre Streitigkeiten nicht beilegen können und ihren Konflikt immer weiter nähren. „Normale“ Trennungs- bzw. Scheidungspaare fechten vornehmlich Wortkonflikte miteinander aus und bewegen sich auf der Stufe des Konflikthandelns, indem sie dem Ex-Partner Einschränkungen setzen, ihn bei Dritten negativ darstellen und eine behördlich-formelle Externalisierung vornehmen. Bei hochkonflikthaften Paaren eskaliert der Konflikt jedoch extrem, indem sie sich gegenseitig oder auch Dritte bedrohen und erpressen, gewalttätig gegenüber dem anderen werden, sich juristisch bekämpfen und vor allem ihre Kinder belasten, sowohl in Abwesenheit des Konfliktpartners wie auch in Anwesenheit beider Konfliktpartner (Dettenborn, Walter, 2016). Die Kinder werden instrumentalisiert für die eigenen Zwecke der Eltern. Wenn sich die betroffenen Kinder zudem in einem sensiblen Altersbereich befinden, kann es zu erheblichen Einbußen in der Entwicklung kommen (Walper, Fichtner, Normann, 2013).
Diese Bachelorarbeit beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Hochstrittigkeit bzw. High-Conflicts (HC) auf die Entwicklung von Jugendlichen in der Adoleszenz. Ein kurzer Abriss über die Entstehung dieses Forschungsfeldes und die Notwendigkeit der Beschäftigung mit HC wird den nachfolgenden Ausführungen vorangestellt. Da die Adoleszenz eine besondere Zeit ist, die geprägt wird von wichtigen Entwicklungsaufgaben und Neuerungen, werden einige von ihnen näher erläutert. Hierzu zählen Veränderungen im Verhalten und Empfinden, sowie im sozialen und kognitiven Bereich. Ebenfalls werden stresstheoretische Annahmen im Theorieteil dargestellt, weil elterliche Konflikte eine enorme Stressbelastung für die involvierten Kinder bzw. Jugendlichen bedeuten können. Ein paar diagnostische Verfahren haben sich im Zusammenhang mit HC als besonders bedeutsam herausgestellt und werden zum besseren Verständnis dargelegt. Mit einer systematischen Auswertung aktueller empirischer Langzeitstudien werden im Anschluss mögliche Folgen von HC auf das Verhalten, die soziale Entwicklung und die schulischen Leistungen von Jugendlichen in der Adoleszenz dokumentiert.
2 Begrifflichkeiten und Notwendigkeit
Um die aktuellen Ergebnisse zum Thema dieser Arbeit zu verstehen, bedarf es im voraus einiger theoretischer Überlegungen. Nur eingebettet in etablierte, theoretisch fundierte Forschungserkenntnisse, ergeben die im Anschluss dargestellten neuen Ableitungen aktueller Studien Sinn und ein Fundament.
Der aus der Familientherapie stammende Begriff Triangulation bezeichnet die Einbindung einer dritten Person in einen bestehenden offenen oder auch verdeckten Konflikt zwischen zwei Personen. Die hinzugezogene Person stellt sich mal auf die eine und mal auf die andere Seite und verstrickt sich dadurch schnell in Loyalitätskonflikte. In der vorliegenden Arbeit wurde der Begriff dahingegen verwendet, dass der von einem elterlichen Konflikt betroffene Jugendliche in diesen involviert wird. Somit entsteht das typische „Dreieck“ zwischen Mutter, Vater und dem Kind in der Mitte ihrer Streitigkeiten bzw. HC (Katschnig aus Stumm, 2000).
Wann ein HC vorliegt und wann nicht, kann nicht immer genau gesagt werden. Es gibt aber eine Reihe anzeigender Hinweise, die wahrscheinlich darauf hindeuten. Deshalb soll im Folgenden auf der Basis verschiedener Definitionsversuche herausgestellt werden, wie der Begriff in der vorliegenden Arbeit verwendet wird. Im Anschluss wird auf die Aktualität dieses Untersuchungsgegenstandes und den gesellschaftlichen Nutzen dieses Forschungsbereiches eingegangen.
2.1 Definitionsversuch und Einordnung des Begriffs „Hochstrittigkeit“
Obwohl in den letzten 30 Jahren bereits viel zu den Themenbereichen „Scheidung“ und „Trennungsfamilien“ geforscht wurde und dabei auch das Auftreten von HC auffiel, gibt es noch immer keine einheitliche Definition zu dem Begriff (Walper et al., 2013). Zwei Hauptrichtungen können in der aktuellen Literatur identifiziert werden. Zum einen benennen verschiedene Autoren zur Definition immer wieder einige Elemente, die typisch sein sollen, hierzu zählen:
- Es bestehen fortgesetzte juristische Streitigkeiten (meist um das Sorge- und Umgangsrecht).
- Emotionale Themen stehen im Vordergrund der Streitigkeiten.
- Kinder werden nach den Interessen der Eltern instrumentalisiert und in Loyalitätskonflikte gebracht.
- Versuche der außergerichtlichen Einigung sind fehlgeschlagen.
- Es sind mehrere Institutionen (Jugendamt, Beratungsstellen, Anwälte, Gerichte etc.) mit dem „Fall“ beschäftigt.
(siehe Bröning, 2013; Walper, 2013; Retz, 2014; Roesler, 2015)
Zum anderen schlagen einige Autoren eine Einordung von HC in eine Typologie des Konflikts oder ein Eskalationsmodell vor. Der Vorteil besteht vor allem darin, dass HC hierbei auf einer Dimension verortet und nicht nur kategorial definiert wird und somit auch „Zwischenstadien“ beschrieben werden können (Bröning, 2013). Das von Alberstötter (siehe Weber, Schilling, 2012) weiter entwickelte Eskalationsmodell von Glasl (2004) für Führungskräfte soll hier kurz erläutert werden, da es auch zur diagnostischen Einordnung von Konfliktfamilien benutzt wird. Das Modell unterteilt sich in drei Stufen: 1. zeitweilig gegeneinander gerichtetes Reden und Tun, 2. verletzendes Agieren und Ausweiten des Konfliktfeldes, 3. Beziehungskrieg und Kampf um jeden Preis. Die Forscher sind sich jedoch nicht einig, ab welcher Stufe ein HC vorliegt. Alberstötter selbst verortet einen HC bereits ab der 2. Stufe, da hier jede der Parteien über ein „Helfersystem“ verfügt, mit dem sie gegeneinander vorgehen können. Zudem wird alles gesagt und getan, um den jeweils anderen gegenüber den professionellen Akteuren als „Bösen“ darzustellen. Die Kinder sind vollständig in die Konflikte involviert und es sind keine außergerichtlichen Lösungen mehr möglich (Bröning, 2013). Walper et al. (2013) ordnen einen HC hingegen erst der 3. Stufe zu, in der Rache und tiefgreifende Verletzungen im Vordergrund stehen und die Kinder als „Spielfiguren“ missbraucht werden.
Die HC fallen in das Feld der Trennungs- und Scheidungsforschung und stellen dennoch einen eigenständigen Problembereich innerhalb dieser Thematik dar. In der Literatur wird nicht immer trennscharf zwischen HC und Nicht-HC unterschieden, sodass man genau abwägen muss, welche Erkenntnisse sich auf einen HC beziehen lassen. In der vorliegenden Arbeit werden deshalb, ausgehend von den vorangestellten Definitionsversuchen, folgende Punkte zur Einordnung und Abgrenzung des Begriffs gegenüber der allgemeinen Trennungs- und Scheidungsproblematik berücksichtigt:
- Eine Scheidung bzw. Trennung der Eltern wird vorausgesetzt.
- Ein hohes Maß an elterlichen Konflikten bzw. Trennungskonflikten besteht.
- Mindestens ein Kind im Alter von 10-19 Jahren ist in diese Konflikte involviert.
2.2 Aktualität und Notwendigkeit der Erforschung von „Hochstrittigkeit“
In den letzten Jahren hat sich die Zahl der „hochstrittigen Klienten“ als eine eigenständige und ernstzunehmende Gruppe herauskristallisiert. Schon seit fast zwei Jahrzehnten beschäftigen sich Forscher und Praktiker mit diesem Thema. In Deutschland hat vor allem die DIJ-Studie aus dem Projekt Kinderschutz bei hochstrittiger Elternschaft die Forschung auf diesem Gebiet angeregt und unterstützt (Fichtner/Dietrich/Halatcheva et al., 2010).
Fichtner et al. (2010) gehen davon aus, dass jährlich ca. 10.000 – 15.000 Kinder von HC betroffen sind. Aktuell schätzt er die Zahl auf ca. 50.000. Diese ergeben sich aus den Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2007, das ca. 100.000 Trennungen im Jahr 2005 angibt, in denen minderjährige Kinder mit einbezogen sind, sowie weitere ca. 10.000 nichteheliche Trennungen mit Kindern und den 35.000 Gerichtsverfahren, die diesen Zahlen laut Bundesministerium für Justiz (2006) gegenüberstehen. Hieraus ergibt sich, dass ca. 2/3 der Trennungsfamilien Umgangsregelungen eigenständig ausmachen. Somit betrifft das Phänomen der Hochstrittigkeit laut Johnston (2003) ca. sieben Prozent (zitiert nach Walper et al., 2013).
Seit der gesetzlichen Forderung nach §156 FamFG, nachdem Eltern vermehrt an Beratungsstellen verwiesen werden sollen, ergibt sich augenscheinlich ein erhöhtes Forschungsinteresse. Das impliziert einen zukünftig verstärkten Bedarf in diesem Bereich. Die DIJ – Studie von Fichtner et al. (2010) macht auch auf die enormen Kosten von HC für die Gesellschaft aufmerksam. So belaufen sich die geschätzten Folgekosten einer HC-Familie im Durchschnitt auf ca. 35.000 Euro, ein enormer finanzieller Kostenpunkt bei ca. 15.000 Kindern jährlich.
3 Theoretische Grundlagen
Nachfolgend werden für diese Arbeit relevante Entwicklungslinien skizziert, auf denen die Ergebnisse aus den aktuellen Studien basieren. Zusätzlich werden zwei wichtige stress- und bewältigungstheoretische Grundkonzepte vorgestellt, die in der pubertären Phase von Bedeutung sind und ebenfalls eine essentielle Rolle im Hinblick auf die Entwicklung eines Jugendlichen spielen.
3.1 Psychische Veränderungen und Entwicklungsaufgaben in der Adoleszenz
Die Adoleszenz wird als eine sensible Übergangsphase zum Erwachsenwerden definiert, in der sich der Jugendliche ein autonomes Selbst schafft, um den Anforderungen eines selbständigen Lebens gewachsen zu sein. In der Phase der Pubertät ergeben sich für die Jugendlichen eine ganze Reihe von neuen Entwicklungsaufgaben (Fend, 2005). Gerade in diesem sensiblen Entwicklungsabschnitt, der sich laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über das Alter von ca. 10 bis 19 Jahren erstreckt (WHO, 2017), kommt es zu gravierenden physischen, psychischen und sozialen Umstrukturierungen und damit verbundenen Konflikten mit sich selbst und der Umwelt.
Einen Überblick über relevante Entwicklungsaufgaben gibt Havighurst (1972), die 1995 von der Carnegie Council of Adolescent Development erweitert und neu ausformuliert wurden. Folgende Aufgaben haben Jugendliche demnach in der Pubertät grundsätzlich zu bewältigen: (a) Verantwortungsgefühl entwickeln, (b) Teilnahme als Haushaltsmitglied, (c) Erreichen einer verlässlichen Basis für das Tätigen fundierter Entscheidungen, (d) Glauben an eine vielversprechende Zukunft mit echten Chancen, (e) Entwicklung eines Systems von Werten und Überzeugungen und ein Gefühl als Wert als Person, (f) Interaktion mit Gleichaltrigen, (g) Wissen über die richtige Nutzung verfügbarer Unterstützungssysteme, (h) Lernen, wie man enge dauerhafte menschliche Beziehungen bildet, (i) die Fähigkeit pflegen, das Leben zu genießen (Buran, Sawin, Brei & Fastenau, 2004).
3.1.1 Umstrukturierungen im Denken und Entscheiden.
Die Adoleszenz ist mit einigen größeren kognitiven Entwicklungen verknüpft. Besonders bedeutsam sind hierbei die Veränderungen des jugendlichen Gehirns durch die kortikale Reifung, die mit einer Verbesserung der Selbstregulationskompetenzen einhergeht. Das bedeutet, dass Jugendliche sich zunehmend eigene Ziele stellen und diese planvoll durch Regulation des eigenen Verhaltens und ihrer Emotionen umzusetzen versuchen. Hierzu eignen sie sich hilfreiche Selbstkontrolltechniken und Emotionsregulationstechniken an (Lohaus, Vierhaus, 2015).
Eine weitere gravierende Veränderung erfolgt im Denken. Die Jugendlichen beginnen immer mehr abstrakt und formal-logisch zu denken. Sie können Sachverhalte logisch nachvollziehen und unvollständige Szenarien sinnvoll beenden und ergänzen. Dadurch kann ein gesellschaftliches Bewusstsein entstehen und wissenschaftliches Arbeiten auf den Weg gebracht werden (Lohaus et al., 2015). Bereits Piaget (1974) stellte in seinem Stufenmodell der kognitiven Entwicklung einzelne Bereiche des Denkvermögens heraus. Bei ihm fällt diese Stufe in das letzte Stadium, dem formal-operationalen Stadium, das ab einem Alter von 12 Jahren erreicht werden kann (Pauen, Siegler, Eisenberg, DeLoache & Saffran, 2016). Jedoch muss nach Piaget nicht jeder Mensch dieses Stadium durchlaufen, sondern kann auch auf der Stufe davor, der konkret-operationalen Stadium, verbleiben (Fend 2005).
Trotz dieser positiven Weiterentwicklungen im kognitiven Bereich liegt der Schwerpunkt der jugendlichen Aufmerksamkeit oft bei sich selbst. Elkind (1976) nennt dieses Phänomen „Jugendegozentrismus“. Jugendliche quälen sich dadurch oft mit Selbstzweifeln und Minderwertigkeitskomplexen, da sie meinen, vor einem „imaginären Publikum“ (Elkind, 1985; zitiert nach Fend, 2005) zu stehen. Sie fühlen sich unter ständiger Beobachtung und Bewertung anderer. Oft entsteht dadurch ein Glaube an Einzigartigkeit im Denken und Handeln, sowie der Hang zu Überdramatisierungen, aber auch ein Gefühl von der Gesellschaft nicht verstanden zu werden (Lohaus et al., 2015).
Grundsätzlich ist die Fähigkeit zur Perspektivübernahme bei den Jugendlichen jedoch ebenso vorhanden. Sie blenden diese aber oft aus und wenden sie aufgrund ihres Fokus’ auf sich selbst nicht an (Lohaus et al., 2015).
3.1.2 Veränderungen im Empfinden und Verhalten.
Laut Lohaus et al. (2015) kommt dem Bereich der Emotionen in der Adoleszenz eine besondere Rolle zu. Vor allem Stimmungs- und Gemütsschwankungen treten in dieser Phase häufig auf und erhöhen die Auftretenswahrscheinlichkeit von depressiven Störungen, von denen meist Mädchen betroffen sind. Negative Emotionen nehmen zu und die eigenen Gefühle rücken in den Vordergrund.
Das Konzept des Selbstwertgefühls befindet sich im Alter von 12-13 Jahren aufgrund diverser Neubewertungen der eigenen Stärken und Schwächen auf einem Tiefpunkt. Nach und nach steigt dann das Selbstwertgefühl innerhalb der Adoleszenz wieder an. Es wird ein kurvlinearer Verlauf angenommen. Geschlechtsunterschiede sind hier ganz deutlich wahrnehmbar. Mädchen bewerten ihren Körper deutlich negativer als Jungen (Lohaus et al., 2015; Fend 2005).
Laut Janke und Schlotter (2010) sind im Jugendalter eine erhöhte emotionale Reaktivität, eine erhöhte negative und erniedrigte positive Befindlichkeit typisch. Inwieweit das zu Konflikten führt, ist abhängig vom Vorhandensein geeigneter Emotionsregulationsstrategien, sowie sozialer Unterstützung und Fürsorge in dieser Zeit (Lohaus et al., 2015).
Das Definieren eines eigenen Wertesystems und einer individuellen Persönlichkeit stehen besonders in der Adoleszenz im Vordergrund. Hierbei werden auch oft bewusst Grenzen überschritten oder überwunden. In wem die Jugendlichen ein Vorbild sehen und sich Denk- bzw. Verhaltensweisen annehmen, liegt in ihrer emotionalen Bindung zu Personen in ihrer Umwelt. Es werden verschiedene Rollen ausprobiert und erprobt (Asendorf, 2015).
3.1.3 Die Reorganisation in den sozialen Beziehungen.
Die Ablösung vom Elternhaus und der Aufbau eines eigenständigen Lebens gehören zu den Hauptaufgaben eines jeden Jugendlichen. Die Peers nehmen immer mehr Bedeutung ein, während die Eltern in den Hintergrund rücken. In vielen Familien kommt es zu Streitigkeiten und Auseinandersetzungen, die oft banale Gründe beinhalten (z.B. Frisur, Musik, Mode etc.). Große Zerwürfnisse, basierend auf diesen Disputen, sind allerdings eher selten und nicht die Regel (Lohaus et al., 2015). Das bedeutet aber auf keinen Fall, dass die Eltern in dieser Phase für die Jugendlichen bedeutungslos werden. Das Elternhaus kann im optimalen Fall eine Art „Trainingslager“ fürs Leben darstellen, indem soziale und beziehungstechnische Grundlagen geübt und diskutiert werden (Fend, 2005).
Gleichaltrige können hierbei sowohl positiv wie auch negativ auf die Entwicklung eines Jugendlichen einwirken. In erster Linie bergen Freundschaften jedoch einen unschätzbaren Wert und ein großes Lernpotenzial in sich. Gerade in der Adoleszenz müssen die Jugendlichen lernen, sich sozial und emotional mit zwischenmenschlichen Konflikten sowohl in Freundschaften wie auch in Beziehungen auseinanderzusetzen, um im späteren Entwicklungsverlauf aus diesen Erfahrungen schöpfen zu können. Zudem stellen die Peers eine sehr wichtige Stütze in der Ablösung von den Eltern und den Weg in die Selbstständigkeit dar (Fend, 2005). Im negativen Sinne können Gruppendruck und soziale Erwartungen gerade bei nicht gefestigten Teenagern dazu führen, illegales Verhalten und Substanzmissbrauch auszuüben (Lohaus et al., 2015).
3.1.4 Die Bedeutung von Schule und Leistung in der Adoleszenz.
Schulleistungen spielen in der Adoleszenz eine bedeutsame Rolle, sind sie doch automatisch assoziiert mit der späteren beruflichen Karriere. Jugendliche haben die Aufgabe, ihre eigenen Stärken und Schwächen abzuwägen und sich so Ziele für die selbstständige Zukunft zu setzen. Nach Fend (2005) sind schulische Leistungen wichtig für das Selbstbewusstsein der Jugendlichen, die das Bedürfnis nach Selbstständigkeit, Eigenkontrolle und Kompetenz besitzen. Sie wollen nicht schwach wirken oder als gefährdet gesehen werden. Hinzu kommt, dass Jugendliche in der Adoleszenz ein gesteigertes Geltungsbedürfnis haben. Sie wollen zeigen, wer sie sind und was sie können. Aber auch der Wunsch nach sozialer Zugehörigkeit und Anerkennung spielt hierbei eine große Rolle. Der Umgang und die Erwartungen der Peers sind entscheidende Einflussfaktoren. Das „Streber-Syndrom“ kann in Bezug auf das Erreichen guter Noten dabei eine Lern- und Motivationsbremse sein. Genauso ist aber ein leistungsstarker Partner in einer Beziehung zwischen zwei Jugendlichen ein motivierender Ansporn zum Lernen (Fend, 2015).
Die Schule ist für die meisten Jugendlichen in den höheren Klassen laut Fend (2005) eher ein „Muss“. Jedoch kann der Schulbesuch mit seiner Kontinuität und dem Beziehungsnetz zwischen Lehrern, Eltern, Sozialarbeitern und Jugendlichen gerade für konfliktbehaftete Familien eine Unterstützung und soziale Entlastung bedeuten. Manche Jugendliche suchen sich in der Schule eine Art „Mentor“ von den Lehrern aus und kompensieren so z.B. fehlende Bindungen innerhalb ihrer Familie. (Fithenakis, Wustmann, 2004).
3.2 Stress- und bewältigungstheoretische Grundkonzepte
Besonders in den Stress- und Bewältigungstheorien spielen Coping-Strategien und Ressourcen zur Bewältigung von Stress im Verständnis von Entwicklungslinien eine herausragende Rolle. Zurückblickend auf die skizzierten Entwicklungsaufgaben im Jugendalter, sind es gerade diese Faktoren, die den Verlauf der individuellen Entwicklung beeinflussen bzw. die Richtung angeben. Das Zusammenspiel aller Komponenten innerhalb einer Entwicklungsgeschichte ergibt im Endeffekt ein Ganzes. Deshalb wird im nächsten Abschnitt überblicksartig das prominente und bis heute etablierte Transaktionale Stress- und Bewältigungsmodell von Lazarus und Folkman (1987) vorgestellt. Zusätzlich wird kurz das Resilienzkonzept erläutert, als ein weiterer Blickwinkel in Bezug auf Ressourcen und Bewältigung von Entwicklungsaufgaben, insbesondere in konflikthaften Familien.
3.2.1 Das Transaktionale Stress- und Bewältigungsmodell von Lazarus und Folkman (1987).
Nach Schwarzer (2000) handelt es sich bei dem Modell von Lazarus und Kollegen infolge der Komplexität eher um eine „psychologisch-philosophische Sicht“ auf das Leben. Eben darum ist es sehr schwer, die einzelnen Elemente und Faktoren dieser Theorie zu operationalisieren und wissenschaftlich zu überprüfen. Dies ist einer der größten Kritikpunkt gegenüber diesem Modell (Schwarzer, 2000). Trotzdem wird es auch heute noch oft als Ausgangspunkt weiterer Forschungen zum Thema Stress und Bewältigung genommen.
Bewältigung besteht für Lazarus darin, mit Hilfe von kognitiven und behavioralen Anstrengungen spezifische externale und internale Anforderungen und Konflikte zwischen ihnen zu meistern (Lazarus et al., 1987). Der transaktionale Aspekt bezeichnet die wechselseitige Beziehung von Person und Umwelt. Somit ergeben sich umwelt- und personenspezifische Merkmale als Antezedensbedingungen. Zur Person zählen neben sozioökonomischen Faktoren (z.B. Geschlecht, Bildungsniveau, Einkommen) auch verfolgte Ziele und Überzeugungen. Umweltfaktoren untermauern den situativen Aspekt, da hier die finanzielle Lage der Person und das soziale Netzwerk, also die materiellen und sozialen Ressourcen von Interesse sind (Schermer, 2011).
Wie bei Schermer (2011) weiter beschrieben, stehen die vermittelten Prozesse der Bewertung im transaktionalen Bewältigungsmodell im Vordergrund. Lazarus et al. (1987) unterscheiden hierbei zwischen der primären und der sekundären Bewertung. In der primären Bewertung schätzt die Person das Ereignis in einer Situation bezogen auf ihr Wohlbefinden ein. Ist die Situation für die Person irrelevant, „übersieht“ sie diese womöglich einfach. Bei einer positiven Einstufung des Ereignisses zieht die Person ihren Nutzen oder ihre Bestätigung daraus, diese Ereignisse sind also ziel- oder wertkongruent. Negative Bewertungen werden als belastend oder stressend wahrgenommen. Hier unterscheiden Lazarus et al. (1987) noch zwischen einer bereits eingetretenen Beeinträchtigung, die eine Bewertung als Schaden oder Verlust nach sich zieht und einer potenziellen, zukünftigen Beeinträchtigung, die dann eine Bedrohung für die Person darstellt. Ist ein persönlicher Gewinn zu erwarten, wenn man sich dieser negativen Situation stellt und sich mit ihr auseinandersetzt, erfolgt die primäre Bewertung als Herausforderung.
Die sekundäre Bewertung bezieht sich eher auf die Möglichkeiten einer Person, die gestörte bzw. belastende Person-Umwelt-Beziehung zu bewältigen. Vor allem die zur Verfügung stehenden Ressourcen sind dabei essentiell. Schermer (2011) gibt drei Hauptbereiche der sekundären Bewertung an, die eine Rolle spielen: (a) die Verantwortungszuschreibung, (b) das Bewältigungspotenzial und (c) die Zukunftserwartungen. Somit kommt es zu unterschiedlichen emotionalen und verhaltensbezogenen Folgen. Beide Bewertungen beeinflussen sich wechselseitig und keine muss der anderen vorausgehen.
Des Weiteren deklariert Lazarus laut Schermer (2011) zwei Bewältigungsprozesse. Zum einen die instrumentelle Bewältigung und zum anderen die palliative Bewältigung. Bei dem erstgenannten Prozess handelt es sich um einen problemzentrierten Ansatz, da hier von der Person versucht wird, den Konflikt zwischen ihm und seiner Umwelt zu entschärfen. Während es beim palliativen Prozess um eine emotionszentrierte, unmittelbare Bewältigung geht. Lazarus et al. (1987) sehen also die Problemlösung und die Emotionsberuhigung als grundsätzliche Bewältigungsfunktionen. Es werden weiterhin vier Bewältigungsformen (coping modes) bei Schermer (2011) nach Lazarus et al. (1987) unterschieden: (a) Informationssuche, (b) direkte Aktion, (c) Aktionshemmung und (d) intrapsychische (kognitive) Formen (z.B. Bagatellisierung der Bedrohung).
Auch relevante Effekte von Stress benennen Lazarus und sein Team (1987) in ihrer Arbeit. So zählen sie zu den kurzfristigen Folgen Veränderungen in der Emotions- und Ereignisqualität. Langfristige Auswirkungen sehen die Forscher in der körperlichen und psychischen Gesundheit und dem subjektiven Wohlbefinden, sowie der sozialen Funktionsfähigkeit. Nach Weber und Laux (1991) entspricht diese Dreiteilung in etwa dem, was die WHO als Gesundheit eines Menschen ansieht (Schermer, 2011).
3.2.2 Resilienz und Vulnerabilität als Einflussfaktoren in Entwicklungsaufgaben.
Der Begriff Resilienz wird als Fähigkeit beschrieben, erfolgreich mit belastenden Lebensumständen und negativen Folgen von Stress umgehen zu können. Der gegenteilige Begriff Vulnerabilität steht für Verletzlichkeit oder Empfindsamkeit einer Person. In Bezug auf Kinder bzw. Jugendliche bedeutet Resilienz nach Fithenakis et al. (2004) die psychische Widerstandsfähigkeit gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken. Die erfolgreiche Bewältigung von Entwicklungsaufgaben, abhängig von der Altersstufe, gilt als Hauptkriterium für Resilienz. Zusammenfassend nach Fithenakis et al. (2004) kann man folgende wichtige Definitionsmerkmale für den Begriff Resilienz resümieren:
- Resilienz wird in der Kind-Umwelt-Interaktion erworben und ist kein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal.
- Resilienz ist variabel (zeit-und situationsabhängig).
- Resilienz ist situationsspezifisch und multidimensional.
In der Resilienzforschung wird zudem ein salutogenetischer Ansatz in Anlehnung an Franke und Antonovsky (1997) verfolgt. In diesem dimensionalen Ansatz gibt es keine dichotome Unterscheidung zwischen den beiden Gegenpolen Resilienz und Vulnerabilität. Deren Ausprägung kann sich somit ständig ändern und ist nicht festgelegt.
3.3 Diagnostische Verfahren im Hinblick auf Hochstrittigkeit
Die Erfassung von HC setzt eine große diagnostische Vielfältigkeit voraus, da es keine Testbatterie gibt, die diese als eigenständiges Konstrukt messen kann. Viele Faktoren spielen eine Rolle, wie Paul (2010) in ihrer Kritik über psychodiagnostische Verfahren und wissenschaftliche Erhebungsinstrumente zur Erfassung von Folgen für Kinder aus HC-Familien festhält. Sie weist auch darauf hin, dass sowohl geschiedene, wie auch zusammenlebende bzw. verheiratete Eltern hochkonflikthaft sein können. Im Folgenden sollen einige wichtige Verfahren vorgestellt werden, auf die man häufig stößt, wenn man sich mit der Erfassung von HC beschäftigt.
Ein oft in diesem Zusammenhang benutztes diagnostisches Erhebungsinstrument ist die Children´s Perception of Interparental Conflict Scale (CPIC) von Grych, Seid und Finchham (1992). Sie erfasst Elternkonflikte aus Sicht der betroffenen Kinder im Alter von 9 bis 12 Jahren. Im amerikanischen Bereich ist die CPIC etabliert und gut abgesichert. Im deutschsprachigen Raum wurde eine 15-Items umfassende Kurzfassung entwickelt. Sie ist sehr ökonomisch und einfach anwendbar (Paul, 2010). Drei Skalen werden zur Messung verwendet: (a) Kind als Konfliktanlass, (b) Kind als Vermittler und (c) Konfliktpersistenz. Es werden sowohl objektive (Skala c) wie auch subjektive Merkmale (Skala a und b) des Konfliktes beleuchtet. Die internen Konsistenten der Skalen Konfliktpersistenz und Kind als Vermittler liegen laut Paul (2010) im guten bis sehr guten Bereich (a = .84-.92), für die Skala Konfliktanlass im moderaten Bereich (a = .65-.80). Nach Paul (2010) eignet sich das Verfahren zur Erfassung von HC, da die Wahrnehmung des Konfliktes durch die Kinder bzw. Jugendlichen die Folgen vermittelt. Bei Kindern aus Trennungsfamilien zeigt die Skala Konfliktpersistenz jedoch psychometrische Schwächen auf.
Ein Messinstrument, um die wahrgenommene Triangulation des Kindes bzw. Jugendlichen abzubilden, ist das Security in the Interparental Subsystem (SIS) von Davies, Forman, Rasi & Stevens (2002). Es können die emotionale Reaktivität und die Regulierung der Bedrohung durch den elterlichen Konflikt (Vermeidung und Involvierung als Skalen) mittels eines Selbstreports des Jugendlichen ermittelt werden. Ebenso können die internen Repräsentationen über die Eltern-Kind-Beziehung (konstruktive, destruktive und Spill-Over-Effekte) der Mutter und des Vaters erfasst werden. Das SIS kann die wahrgenommene Sicherheit von Kindern und Jugendlichen innerhalb des Familiensystems, sowie den Grad ihrer Involvierung in die elterlichen Konflikte aufzeigen (Davies et al., 2002).
Mit den Conflicts and Problem-Solving Scales (CPS; Kerig, 1996) kann man die Häufigkeit, Intensität, Entschlossenheit und Wirksamkeit von Konflikten zwischen Paaren messen. Der aus 82 Items bestehende Selbstbericht beinhaltet vier Dimensionen: (a) Häufigkeit kleiner und wesentlicher Unstimmigkeiten, (b) Intensität der Unstimmigkeiten, (c) spezifische Strategien, die das Paar nutzt, um ein Problem zu lösen und (d) welche Folgen die Unstimmigkeiten hervorrufen. Daraus konnten sechs Skalen abgeleitet werden: Kooperation, Vermeidung, Stillstand, körperliche Gewalt, verbale Gewalt und Involvierung des Kindes in den Konflikt (Touliatos, Perlmutter, 2001).
Die Multidimensional Assessment of Interparental Conflict Scale (MAIC) von Tschann, Flores, Pasch und Martin (1999) wird ebenfalls häufig eingesetzt, um den elterlichen Konflikt abzubilden. Dafür existiert eine Elternversion (MAIC-P) und eine für Jugendliche in der Adoleszenz (MAIC-A). Es werden fünf Skalen berechnet: Häufigkeit, Inhalte, Konfliktverhalten, Involvierung des Jugendlichen und Entschlossenheit (Tolle, O´Donohue, 2012).
Um das Ausmaß von Aggressionen und Gewalt zwischen Paaren zu erfahren, eignet sich die Conflict Tactics Scale (CTS) von Straus (1979), welche die Subskalen Gewalt, verbale Aggression und Schlussfolgerungen beinhaltet. (Grotevant, Carlson, 1989). Zudem kann man damit erfassen, welche Konfliktart von einem Paar während eines Streites bevorzugt wird.
Das Erziehungsverhalten der Eltern wird oft mit dem Children´s Report of Parenting Behavior Inventory (CRPBI) von Schwarz, Barton-Henry und Pruzinsky (1985) untersucht. Im Original stammt es von Schaefer (1965), doch wurde diese sehr lange Version aus ökonomischen Gründen sinnvoll gekürzt (Grotevant, Carlson, 1989). Das Inventar eignet sich, um die elterliche Konsequenz im Erziehungsverhalten oder auch die elterliche Akzeptanz zu messen.
Die von Achenbach et al. (1991) ins Leben gerufene Child Behavior Checklist (CBCL) ist ein weiteres multidimensionales Verfahren zur Erfassung von Auffälligkeiten bei Kindern bzw. Jugendlichen. Es setzt sich aus Kompetenz- und Problemskalen zusammen, die mittels Testtheorie konstruiert wurden. Eine deutsche Übersetzung der aktuellen CBCL/6-18R liefern Döpfner, Plück und Kinnen (2014). Insgesamt ist die CBCL bereits in mehr als 50 Sprachen übersetzt worden (Paul, 2010). Sie umfasst mehrere Fragebögen, um verschiedene Perspektiven aufzuzeigen. Der Youth Self Report (YSR) wird von Jugendlichen zwischen 11 und 18 Jahren ausgefüllt. Diese Selbsteinschätzung erstreckt sich von sozialen Kompetenzen, emotionalen Auffälligkeiten über Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu somatischen Beschwerden. Zusätzlich gibt es einen Fragebogen für die Eltern, der den Altersbereich 4-18 Jahre abdeckt und einen Lehrerfragebogen. Beide beziehen sich auf die Items der CBCL. Für die Kompetenzskalen konnte nur eine geringe Reliabilität festgestellt werden (a = .70). Die Problemskalen und die Skala der Gesamtauffälligkeiten weisen hingegen gute bis sehr gute Werte auf (Gesamtauffälligkeiten: a = .93). Zudem fällt die Übereinstimmung zwischen dem Elternurteil und der Selbsteinschätzung der Jugendlichen höher aus als zum Lehrerurteil (Döpfner et al., 2014). In Bezug zur HC-Erforschung schätzt Paul (2010) die CBCL als sinnvolles Untersuchungsinstrument ein, da aufgrund der Mehrdimensionalität durch die einzelnen Fragebögen eine Langzeitbeurteilung der Auffälligkeiten bei Jugendlichen möglich erscheint. Positiv bewertet sie vor allem das Beachten der Kompetenzen, wodurch auch außerschulische Ressourcen und Risikofaktoren berücksichtigt werden können.
Der Kurzfragebogen des Strenght and Difficulties Questionnaire (SDQ) von Goodman (1997) erfasst, ähnlich wie die CBCL, häufig vorkommende Verhaltensauffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen im Alter von 4 bis 16 Jahren. Er umfasst einen Selbstbericht von Jugendlichen ab 11 Jahren, einen Elternfragebogen und eine Lehrerbefragung. Sowohl positive wie auch negativ formulierte Verhaltensweisen gehen in die Bewertung mit ein. Eine erweiterte Version erhebt zusätzlich die Konfliktdauer und den Leidensdruck der Kinder und Jugendlichen (Paul, 2010). Die Reliabilität für den Altersbereich 9-14 Jahre liegt im moderaten bis guten Bereich (a = .74-.86). Zudem wurden hohe Zusammenhänge zwischen dem Lehrerurteil, Fremd- und Selbsturteil gefunden (Paul, 2010). Sie bewertet die SDQ als ökonomisches Verfahren, das als Screening-Instrument eine erste Einschätzung des kindlichen Problemverhaltens ermöglicht. Der Fragebogen ist kostenlos über eine eigene Webseite (youth in mind, 2005) erhältlich.
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- Marika Böwe (Autor), 2017, Hochstrittigkeit der Eltern und der Einfluss auf die Entwicklung des Kindes, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1152951
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