Das Ziel dieser Forschungsarbeit ist die Untersuchung des Einflusses von Selbstorganisation auf die Teamperformance agiler virtueller Teams. Während vergangene experimentelle Studien, wie die von Backström und Söderberg (2016), die Entstehung von Selbstorganisation in Präsenzteams analysierten, beschäftigt sich diese Arbeit mit agilen virtuellen Teams.
Globalisierung und Digitalisierung verursachten einen Wandel der Arbeitskultur. Agile Transformation wurde als Antwort und als Strategie für die neue Vuca-Welt proklamiert und ist zu einem neuen Trend in der Unternehmensorganisation geworden. Die aktuelle Corona-Pandemie hat die Brisanz der virtuellen Zusammenarbeit schlagartig verstärkt. Die Bedeutung der Selbstorganisation rückt aus zweierlei Gründen in den Fokus: zum einen als Erfolgsfaktor für virtuelle Arbeit und zum anderen als Kompetenz im Zeitalter des New Way of Work.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einführung und Forschungsfrage
1.1 Ausgangslage sowie Ziel und Zweck der Primärforschung
1.1.1 Forschungsproblematik
1.1.2 Bedeutung des Forschungsproblematik
1.2 Ziel und Zweck der Primärforschung
1.3 Auswahl des Unternehmens für die Primärforschung
1.3.1 ABC Consulting GmbH
1.3.2 Gründe für die Auswahl des Unternehmens
1.4 Über die Autorin
2 Übersicht der aktuellen Forschungslage
2.1 Selbstorganisation
2.2 Agile Transformation
2.2.1 Virtuelle Teams
2.2.2 Empirische Forschungen zu agiler Transformation
2.2.3 Untersuchungen zu Team Performance und virtuellen Teams
2.2.4 Forschungsergebnisse zu Selbstorganisation
2.3 Zusammenfassung der Literaturübersicht
3 Forschungsmethodologie
3.1 Forschungsphilosophie
3.2 Forschungsansatz
3.3 Forschungszweck
3.4 Forschungsstrategie
3.5 Auswahl der Untersuchung
3.6 Horizont der Forschung
3.7 Ethnische Gesichtspunkte
3.7.1 Ethische Fragen im Interview
3.7.2 Gültigkeit der Forschung
3.7.3 Stichprobengröße
4 Datenerhebungsprozess
4.1 Ausgangssituation der Primärforschung
4.2 Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
4.2.1 Gütekriterien qualitativer Forschung
5 Interpretation der Ergebnisse
5.1 Agile Transformation
5.2 Selbstorganisation
5.3 Virtuelle Teams
5.4 Handlungsempfehlungen für die Praxis
6 Diskussion
6.1 Limitationen
6.2 Schlussfolgerung
Literaturverzeichnis
Anhang A: Forschungsstrategien
Anhang B: Transkripte
Anhang C: Kodierleitfaden
Abstract
Globalisierung und Digitalisierung verursachten einen Wandel der Arbeitskultur. Agile Transformation wurde als Antwort und als Strategie für die neue Vuca-Welt proklamiert und ist zu einem neuen Trend in der Unternehmensorganisation geworden. Die aktuelle Corona-Pandemie hat die Brisanz der virtuellen Zusammenarbeit schlagartig verstärkt. Die Bedeutung der Selbstorganisation rückt aus zweierlei Gründen in den Fokus: zum einen als Erfolgsfaktor für virtuelle Arbeit und zum anderen als Kompetenz im Zeitalter des „New Way of Work“. Das Ziel dieser Forschungsarbeit ist die Untersuchung des Einflusses von Selbstorganisation auf die Teamperformance agiler virtueller Teams. Während vergangene experimentelle Studien, wie die von Backström und Söderberg (2016), die Entstehung von Selbstorganisation in Präsenzteams analysierten, beschäftigt sich diese Arbeit mit agilen virtuellen Teams. Der agile virtuelle Teamaspekt stellt die zu erforschende Forschungslücke dar. Zur Untersuchung der Forschungsfrage wurde eine empirische qualitative Forschungsmethode herangezogen. Hierfür wurden acht leitfadengestützte Interviews mit Mitarbeitern einer IT-Consulting-Firma geführt. Die Auswertung des gesammelten Materials erfolgte mittels der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring. Die gewonnenen Ergebnisse legen nahe, dass die Entstehung von Selbstorganisation in agilen virtuellen Teams durch Struktur, Koordination und eine spezielle Art der Führung begünstigt wird. Als Handlungsempfehlung werden Weiterbildungsmaßnahmen für Führungskräfte und Mitarbeiter aus dem Bereich Kommunikation und der Erwerb von Schlüsselkompetenzen vorgeschlagen. Allerdings limitiert die kleine Stichprobengröße die Ergebnisse der hiesigen Forschungsarbeit. Eine Anschlussmöglichkeit für Folgearbeiten bietet eine empirische Untersuchung der Teamperformance in erzwungenen virtuellen Arbeitskontexten.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Forschungsphilosophie (Entscheidung und Begründung) (eigene Darstellung)
Tabelle 2: Vergleich der vier Forschungsphilosophien in Management Research (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009)
Tabelle 3: Vergleich der vier Forschungsphilosophien in Management Research (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009)
Tabelle 4: Forschungsansatz (Entscheidung und Begründung) (eigene Darstellung)
Tabelle 5: Forschungszweck (Entscheidung und Begründung) (eigene Darstellung)
Tabelle 6: Forschungsstrategie Interview (eigene Darstellung)
Tabelle 7: Forschungsstrategien; Übersetzung in Anlehnung an Benett (2003), Blaxter und Hughes (2006), VanderStoep und Johnston (2009), Sternberg und Sternberg (2010), Brooke (2009), Descombe (2014) sowie Saunders, Lewis und Thornhill (2009)
Tabelle 8: Wahl der Forschung (Entscheidung und Begründung)
Tabelle 9: Ethische Schlüsselfragen (Saunders, Lewis and Thornhill, 2009)
Tabelle 10: Fragebogen zur Erhebung demografischer Daten (eigene Darstellung)
Tabelle 11: Interviewleitfaden (eigene Darstellung)
Tabelle 12: Demografische Daten der befragten Personen (eigene Darstellung)
Tabelle 13: Ergebnisse in Bezug auf die Grundannahme 1 (eigene Darstellung)
Tabelle 14: Ergebnisse in Bezug auf die Grundannahme 2 (eigene Darstellung)
Tabelle 15: Ergebnisse in Bezug auf die Grundannahme 3 (eigene Darstellung)
Tabelle 16: Forschungsstrategien (Benett (2003), Blaxter und Hughes (2006), VanderStoep und Johnston (2009), Sternberg und Sternberg (2010), Brooke (2009), Descombe (2014) sowie Saunders, Lewis und Thornhill (2009)) LIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Grafische Darstellung des Forschungsmodells (eigene Darstellung)
Abbildung 2: Die Forschungszwiebel (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009)
Abbildung 3: Auswahl der Forschung (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009)
Abbildung 4: Ablaufplan der qualitativen Inhaltsanalyse (Eichstädtt-Ingoldstadt, 2021)
1 Einführung und Forschungsfrage
Agile Transformation ist das aktuelle Schlagwort in der Diskussion über zeitgemäße Führungsstile. Die zunehmende Digitalisierung und der Einsatz moderner Technologien bieten Chancen, aber auch Probleme. Mitunter wird der Eindruck vermittelt, ohne agile Transformation ist die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens nicht gesichert. Begriffe wie „Arbeit 4.0“ oder „New Work“ beschreiben die moderne Art des Arbeitens, die ort- und zeitflexibel erfolgt. Globalisierung, Digitalisierung sowie Subjektivierung und Emanzipation führten zu einem Wandel der Gesellschaft (Väth, 2016). Die Digitalisierung führt auch zu Unsicherheiten auf Seiten der Unternehmen. Es gibt kaum übertragbare Konzepte, wie ein Wandel erfolgreich gelingen kann (Trost, 2018).
Eine weitere Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist die zunehmende Bedeutung der WorkLife-Balance (Lindner, 2020). Während in der Vergangenheit überwiegend monetäre Anreize die Attraktivität eines Arbeitsplatzes kennzeichneten, legen in der heutigen Zeit Arbeitnehmer mehr Wert auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Zusätzlich bewirkt der Fachkräftemangel, dass die Arbeitgeber innovative und flexible Arbeitsmodelle anbieten müssen, um ihre Attraktivität zu steigern und Fachkräfte zu rekrutieren.
Bisher haben überwiegend Großkonzerne und Unternehmen aus der IT-Branche die virtuelle Zusammenarbeit angeboten. Bedingt durch den Ausbruch der Corona-Pandemie wurde nahezu in jedem Unternehmen die Arbeit, so weit möglich, in den virtuellen Raum verlagert. Somit hat der Lockdown Anfang des Jahres 2020 die virtuelle Zusammenarbeit gefördert. Viele Unternehmen erkannten dadurch die Vorteile virtuellen Arbeitens. Im internationalen Vergleich sind virtuelles Arbeiten und Homeoffice in Deutschland noch ein Nischenthema (Lindner, 2020). Die aktuelle Situation zeigt jedoch, dass es einen akuten Handlungsbedarf gibt. Die Politik diskutiert aktuell über eine Verpflichtung der Arbeitgeber in Zeiten der Pandemie, Homeoffice-Arbeitsplätze einzurichten.
Schon seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit dem Thema der agilen Transformation. Mitte des letzten Jahres absolvierte ich eine Weiterbildung im Bereich des agilen Projektmanagements mit dem Ziel, später als agiler Coach zu arbeiten.
1.1 Ausgangslage sowie Ziel und Zweck der Primärforschung
1.1.1 Forschungsproblematik
Die Primärforschung wurde einerseits in einer Organisation aus dem Bereich der IT-Unternehmensberatung durchgeführt, und zum anderen wurde ein selbstständiger IT-Berater interviewt. Alle Interviewpartner sind in Projekten bei Fremdfirmen als externe Mitarbeiter beschäftigt und müssen häufig in bestehende Teams integriert werden. Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie findet die Arbeit überwiegend virtuell statt. Kennzeichnend für die Arbeit der Interviewpartner ist ein Spannungsfeld zwischen Selbstorganisation und der Anpassung an die Vorgaben und Wünsche des Auftraggebers. Die Tätigkeit verlangt eine gewisse Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Diese Rahmenbedingungen werfen die Frage auf, wie Selbstorganisation in virtuellen Teams gelingen kann und welchen Einfluss die Selbstorganisation auf die Teamentwicklung und Teamleistung hat.
In diesen Zusammenhang muss die Selbstorganisation im Sinne von autonomer und autogener Selbstorganisation betrachtet werden (Sauer, 2019).
1.1.2 Bedeutung des Forschungsproblematik
In den letzten Jahren sind bereits zahlreiche Studien zu dem Thema „virtuelle Teams“ verfasst worden. Vor allem waren die Teamzusammensetzung und die Teamperformance von virtuellen Teams Gegenstand der Forschung. Die zunehmende Digitalisierung und die Entwicklung neuer Kommunikationstools haben die Arbeit von virtuellen Teams beeinflusst. In einer Metastudie sind die Ergebnisse der bisherigen Forschung auf die Aktualität der Ergebnisse untersucht worden (Gilson u. a., 2015). Die Herausforderungen in der Zusammenarbeit und die Leistungen von globalen virtuellen Teams waren Gegenstand der Forschung von Handke und Kauffeld (2019) sowie Paul, Drake und Liang (2016). Vor allem die Widersprüche in der Arbeit agiler virtueller Teams sind in den Studien dargestellt worden (Nicklich und Sauer (2019) sowie Fuchs und Hess (2018)). Die zentralen Bestandteile agiler Arbeitsweisen werden in virtuellen Teams prekär. Mit der Selbstführung in selbstorganisierten Arbeitskontexten beschäftigten sich Gundrum und Majkovic (2020).
Es scheint fruchtbar zu sein, die agilen virtuellen Teams und den Einfluss der Selbstorganisation auf die Leistungen dieser Teams zu berücksichtigen. Die Bedeutung der Selbstorganisation rückt aus zweierlei Gründen in den Fokus: zum einen als Erfolgsfaktor für virtuelle Arbeit und zum anderen als Kompetenz im Zeitalter des New Way of Work. Die Relevanz dieser Studie ergibt sich aus dem Unternehmenskontext, was eine valide Begründung für die vorliegende Forschung darstellt.
1.2 Ziel und Zweck der Primärforschung
Die nachfolgenden Grundannahmen wurden in Anlehnung an die Studien zu Selbstorganisation und den virtuellen und agilen Teams von Gilson u. a. (2015) verfasst. Die Grundannahmen stützen sich zudem auf eine jüngere Studie von Nicklich und Sauer (2019). Des Weiteren diente die Studie von Gundrum und Majkovic (2020) als Grundlage für die Grundannahmen. 2016 untersuchten Backström und Söderberg (2016) die Entstehung der Selbstorganisation in Gruppen. Im Gegensatz zu den vorhergegangenen Studien zielt diese Arbeit darauf ab, die Entwicklung von Selbstorganisation in agilen virtuellen Teams zu untersuchen. Die virtuelle Arbeit gewinnt besonders in der jetzigen Zeit an Bedeutung. Einige Recherchen in den gängigen Stellenportalen ergaben, dass die aktuellen Stellenanzeigen für den IT-Bereich einen bis zu neunzigprozentigem Anteil an virtueller Arbeit enthalten. Die agile Arbeitsweise stellt zusätzlich einen aktuellen Trend im Projektmanagement dar (Kuster u. a., 2019).
Um den Einfluss der Selbstorganisation auf die Arbeit und Leistung agiler virtueller Teams zu identifizieren, wurden folgende Grundannahmen getestet:
- Grundannahme 1: Der Reifegrad der Teammitglieder beeinflusst die Selbstorganisation. Je weniger Lebens- und Berufserfahrung die Teammitglieder vorweisen können, desto schwerer ist es für das Team, sich selbst zu organisieren, was eine signifikant negative Auswirkung auf die Teamperformance hat.
- Grundannahme 2: Selbstständigkeit, Selbstdisziplin und Selbstmanagement beeinflussen die Selbstorganisation in einem agilen virtuellen Team und erhöhen signifikant die Leistungsfähigkeit des Teams.
- Grundannahme 3: Je ungenauer die Rollenverteilung und die Aufgabenverteilung in einem virtuellen Team sind, desto schwerer ist es für die Teammitglieder, sich selbst zu organisieren. Unklare Rollen und Aufgabenverteilung führen zu Perfor- manceproblemen innerhalb des Teams.
Darüber hinaus werden mit der Studie zusätzlich noch folgende Ziele verfolgt:
- Kritische Auseinandersetzung mit der Teamperformance in agilen virtuellen Teams.
- Auf der Grundlage einer kritischen Analyse und der gewonnenen Ergebnisse eine Schlussfolgerung zu bilden und die Beantwortung der Forschungsfragen zu ermöglichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Grafische Darstellung des Forschungsmodells (eigene Darstellung)
1.3 Auswahl des Unternehmens für die Primärforschung
Die Untersuchung wurde in einem Unternehmen aus der IT-Branche durchgeführt. Die Con- fexx Consulting GmbH ist eine Unternehmensberatung mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Data Management (Data Design/Data Delivery).
1.3.1 ABC Consulting GmbH
Die ABC Consulting GmbH (Name geändert) wurde im Jahre 2016 gegründet. Aktuell sind dort rund 30 Mitarbeiter beschäftigt. Das Unternehmen konzentriert sich auf die Realisierung und Stabilisierung von IT-Prozessen und bietet Beratungsleistungen an. Unternehmen aus verschiedenen Branchen, darunter Automobil, Energie und Telekommunikation, zählen zu den Kunden des Unternehmens. Das Unternehmen mit Sitz in Bayern betreut und berät Unternehmen deutschlandweit.
1.3.2 Gründe für die Auswahl des Unternehmens
Die ABC Consulting zeichnet sich durch eine offene und wertschätzende Unternehmenskultur aus, was auch in Stellenausschreibungen betont wird. Das Management legt besonders viel Wert auf den persönlichen Kontakt. Die Arbeitnehmer haben, im Rahmen der Interviews, vor allem die Unternehmenskultur positiv beurteilt. Eine Weiterempfehlungsquote von nahezu einhundert Prozent deutet auf eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung hin. Durch einen persönlichen Kontakt mit dem Geschäftsführer erfuhr die Autorin, dass die Geschäftsführung deutliche Leistungsunterschiede zwischen den Teams wahrnimmt. Andererseits hat die Organisation Probleme mit der Akquise neuer Mitarbeiter. Die Geschäftsführung möchte neue Erkenntnisse über Hindernisse und Potenziale der Teamarbeit gewinnen, um bei der Personalwahl gezielt diese Faktoren berücksichtigen zu können.
1.4 Über die Autorin
Ich - die Autorin - arbeite seit über zehn Jahren im öffentlichen Dienst. Seit 2009 bin ich in der kommunalen Verwaltung, konkret im sozialen Bereich, des Ennepe-Ruhr-Kreises beschäftigt. In den vergangenen Jahren arbeitete ich in verschiedenen Teams, wobei es sich stets um Präsenzteams gehandelt hat. Generell sind die Teams in meinem Unternehmen heterogen zusammengestellt. Bedingt durch die aktuelle Corona-Pandemie arbeite ich aktuell ebenfalls virtuell. Meine persönlichen Erfahrungen in Bereich der Teamarbeit zeigen, dass es Diskrepanzen in der Leistung von Teams gibt. Auch die Arbeit in Präsenzteams erfordert einen gewissen Grad an Selbstorganisation. Aus einem Wunsch heraus nach beruflicher Neuorientierung bin ich auf das Thema Agilität und agile Transformation gestoßen. Mitte des letzten Jahres absolvierte ich eine Weiterbildung im Bereich agile Transformation und agile Arbeitsmethoden mit dem Ziel, zukünftig als agiler Coach zu arbeiten. Mit dieser Arbeit möchte ich meine Kenntnisse auf diesem Gebiet erweitern und vertiefen.
2 Übersicht der aktuellen Forschungslage
Der folgende Abschnitt zielt darauf ab, den aktuellen Stand der Forschung auf dem Gebiet der agilen Transformation darzustellen.
In Bezug auf die agile Transformation wird in dieser Forschung zuerst die Arbeit virtueller Teams betrachtet. Einen zweiten Ansatz bildet die Selbstorganisation. Diese Literaturübersicht beginnt mit der Definition und Erklärung dieser Begriffe. Daran schließt sich ein Blick auf die empirischen Befunde zum Thema Selbstorganisation und die Arbeit in virtuellen Teams an, die sich größtenteils mit den Herausforderungen virtueller Teamarbeit beschäftigen. Die Ergebnisse der Forschung zeigen, dass Agilität als neues Paradigma für die Gestaltung der Unternehmensorganisation betrachtet wird. Agile Ansätze und agile Arbeitsorganisation werden zunehmend auch außerhalb der Softwareentwicklung eingesetzt. Dabei bildet die Selbstorganisation das Herzstück agiler Teams. Dieses Kapitel endet mit einer Zusammenfassung.
2.1 Selbstorganisation
Der Begriff „Selbstorganisation“ ist nicht einheitlich definiert. Es werden meist weitere Begriffe wie „Selbststeuerung“, „Selbstmanagement“ oder „Selbstregulation“ verwendet. Ein häufig im Bereich des Managements verwendeter Begriff ist „Self-Leadership“. Des Weiteren wurde Selbstorganisation auch als „Selbstführung“ und „Selbststeuerung“ definiert. Selbstorganisation zielt auf die Planung der Arbeit und die Planung des Zeitmanagements ab. Unter den Begriff Selbstorganisation fallen auch das Setzen eigener Prioritäten und die Organisation des privaten und beruflichen Alltags (Frigg und Majkovic, 2020). Im Gegensatz zu Selbstorganisation wird unter Selbstführung die Definition eigener Aufgaben und die Steuerung der individuellen Arbeitsprozesse verstanden. Hierzu gehört außerdem die Fähigkeit, eigene Stärken und Schwächen zu verstehen und das eigene Handeln zu beeinflussen.
Im Diskurs zu Selbstorganisation in Zusammenhang mit Erwerbsarbeit kann zwischen autonomer und autogener Selbstorganisation differenziert werden. Die autogene Selbstorganisation basiert auf einer systemtheoretischen Vorstellung von Systemen. Kennzeichnend für die autogene Selbstorganisation ist die Tatsache, dass die Selbstorganisation eines Systems nicht als „bewusste Arbeit der Tätigen wahrgenommen wird“. Vielmehr entsteht die Selbstorganisation von innen heraus. Durch konkrete Personalauswahl oder Schaffung bestimmter Rahmenbedingungen kann innerhalb solcher Systeme Einfluss genommen werden. Bei autonomer Selbstorganisation rückt der Prozess der Selbstorganisation von Beschäftigten in den Fokus. Die Mitarbeiter steuern und organisieren ihre Arbeit selbst (Nicklich und Sauer, 2019).
Der Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Mitarbeiter wird erhöht. Das Implizieren autonomer Selbstorganisation in Unternehmen bedarf im Vorfeld einer Vorbereitung und Entwicklung, die meistens fremdorganisiert ist (Göbel, 2001).
2.2 Agile Transformation
Die agile Transformation gilt aktuell als Schlagwort in der Diskussion über Führungsstile und strategische Unternehmensführung. Sie wird als Antwort und Lösung auf die Herausforderungen der „Vuca-Welt“ angesehen. Der Begriff „Vuca“ beschreibt die Volatilität, die Ungewissheit sowie Komplexität und Mehrdeutigkeit der unternehmerischen Umwelt und ist ein gängiges Schlagwort geworden (Sarkar, 2016). Das Konzept Agilität wurde erstmals im Jahre 2001 in Form des agilen Manifests veröffentlicht. Anfänglich kam es im Bereich der Softwareentwicklung zum Einsatz, mittlerweile wird das Konzept in andere Bereiche übertragen. Das von Beck und anderen entwickelte „Agile Manifesto“ bildet die Grundlage für agile Transformation. Die zwischenmenschliche Kommunikation, die Fokussierung auf Kundenbedürfnisse sowie Ergebnisorientierung stellen die Hauptaspekte des agilen Manifests dar (Beck u. a., 2001).
Als agile Transformation wird ein Veränderungsprozess bezeichnet, bei dem digitale Technologien genutzt werden. Bei agiler Transformation werden, im Gegensatz zu einer digitalen Transformation, die sich auf die Nutzung digitaler Technologien beschränkt, die Prozesse und Strukturen wie auch die Unternehmenskultur einem Wechsel unterzogen (Spötl, 2020).
Zirkler und Werkmann-Karcher (2020) definieren Agilität als Haltung: „Agilität ist kein Tool. Kern agilen Arbeitens ist die Haltung“. Kern der Agilität bildet die Gestaltung einer nachhaltigen Zusammenarbeit in Teams, die geprägt ist von Werten wie Vertrauen, Transparenz und Respekt. Die agilen Teams arbeiten dabei mit schnellen Feedbackschleifen, hoher Fehlertoleranz und einem starken Fokus auf Produktivität (Altherr, 2019).
Agile Transformation bedeutet mehr als die Nutzung agiler Methoden. Zu einer agilen Transformation gehören, neben der Nutzung agiler Tools, die Implementierung eines agilen Mindsets in Unternehmen.
Brückner und von Ameln (2016) betonten vor allem die hohe Reaktionsfähigkeit und schnellere Entscheidungsfindung als Vorteile einer agilen Transformation. Bei der Verwirklichung agiler Organisationen heben die Autoren die Rolle des agilen Mindsets in der Unternehmenskultur hervor.
Hasenzagl bezeichnet das agile Manifest und die daraus abgeleiteten Werte und Prinzipien als Grundlage von Agilität. Der Autor verbindet Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Innovativität mit einer agilen Arbeitsweise (Hasenzagl, 2019). Agilität wird von Gehrckens mit Begriffen wie Schnelligkeit, Flexibilität und Qualität beschrieben. Auf das unternehmerische Handeln bezogen kann Agilität durch Elemente wie Kundenorientierung, Profitabilität und Proaktivität ergänzt werden. Agile Transformation bezeichnet die Fähigkeit einer Organisation, frühzeitig auf die Marktveränderungen und Kundenbedürfnisse zu reagieren. Der Wandel zu einer agilen Organisation betrifft zum einen die Neugestaltung der Geschäftsprozesse, zum anderen wird die Strategie des Unternehmens neu ausgerichtet. Die Veränderung betrifft alle Bereiche des Unternehmens. Agile Transformation schließt die Weiterentwicklung der Haltungen und Denkweisen aller beschäftigten Personen ein (Gehrckens, 2016).
2.2.1 Virtuelle Teams
Globalisierung und Digitalisierung haben die Arbeitswelt stark verändert. Das Internet bietet dabei eine Vielzahl an Möglichkeiten und ist fester Bestandteil der Arbeit 4.0. Das Team ist zur grundlegenden Organisationseinheit geworden, wenn es um Entwicklungs- und Innovationsarbeiten geht (Backström und Söderberg, 2016). Kennzeichnend für virtuelle Teams ist, dass die Teammitglieder an unterschiedlichen Standorten arbeiten. Sie interagieren und kommunizieren mit Hilfe moderner Kommunikationstechnologien. Dabei können unterschiedliche Formen virtueller Zusammenarbeit unterschieden werden. Virtuelle Teamarbeit kann innerhalb einer Organisation verortet sein, etwa bei Abteilungen an unterschiedlichen Standorten, so dass die Teamarbeit virtuell erfolgen muss. Eine weitere Form von virtueller Zusammenarbeit ist das Homeoffice. Insbesondere bei globalen Organisationen arbeiten häufig Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen in einem virtuellen Team. Beiliegend werden virtuelle Teams bei befristeten Projekten eingesetzt. Im Gegensatz zu Präsenzteams, in denen die Muttersprache der Teammitglieder verwendet wird, gilt in virtuellen Teams oft Englisch als Teamsprache (App, 2013).
Auch Herczeg und andere beschreiben virtuelle Teams als Arbeitsgruppe, in denen Personen zusammenarbeiten, ohne persönlich am selben Ort anwesend zu sein. Es wird überdies ein breites Spektrum an Kommunikationstechnologien genutzt (Herczeg u. a., 2000). Eine weitere Definition virtueller Teams liefert Ebert. Ein virtuelles Team kann aus mehreren Mitarbeitern eines oder mehrerer Unternehmen bestehen. Alle Teammitglieder verfolgen ein gemeinsames Ziel, obschon sie an unterschiedlichen Standorten arbeiten. Die Arbeit in einem virtuellen Team erfolgt überregional, oft international und über kulturelle Grenzen hinweg. Dabei kommt es auch zur Überwindung von Zeitzonen. Bei der Zusammensetzung des virtuellen Teams orientiert man sich an den Kompetenzen und dem Fachwissen der Teammitglieder. Die Arbeit 4.0 sowie die COVID-Pandemie haben die Arbeit in der virtuellen Form drastisch beschleunigt. Zudem haben sie die fortschreitende Entwicklung der Kommunikationsmedien und Kanäle zusätzlich vorangetrieben. Des Weiteren ermöglichte die Einführung günstiger „Software as a Service“ (SaaS)-Pakete die Arbeit in virtuellen Raum. Diese Anwendungen sind mittlerweile für einen großen Teil der Unternehmen erschwinglich und unkompliziert in der Handhabung (Ebert, 2020).
2.2.2 Empirische Forschungen zu agiler Transformation
Das Konzept „New Ways of Working“ rückt die Flexibilisierung in den Mittelpunkt. Von den Mitarbeitern wird eine selbstständige Arbeitsweise erwartet in Bezug auf Zeitpunkt, Ort und Art des Arbeitens. Im Kontext von New Ways of Working löst Selbstmanagement das traditionelle Führungsverhalten ab. Zum anderen ist Selbstorganisation und Selbstmanagement eine wichtige Fähigkeit, um die Flexibilität der Arbeit zielführend zu nutzen (Badura und Ducki, 2016).
In einer Studie über Agilität innerhalb des digitalen Wandels stellen Fuchs und Hess (2018) fest, dass eine agile Transformation in mehreren Phasen erfolgt. Der Prozess der agilen Transformation ist mit vielen Veränderungen verbunden. Gleichzeitig stellen diese Veränderungen auch Herausforderungen dar. Dabei beinhalten die Phasen einerseits einen radikalen Wandel, andererseits auch inkrementelle Schritte. Da eine agile Transformation nicht gradlinig verläuft und häufig sehr komplex ist, wird eine inkrementelle Implementierung empfohlen. Je nach Unternehmen ergeben sich bei der der agilen Transformation unterschiedliche Konstellationen und Herausforderungen. Daher können keine allgemeingültigen Regeln oder Vorgehensweisen genannt werden, nach denen agile Transformation erfolgreich umgesetzt werden kann.
Als Hemmnisse oder Barrieren bei der agilen Transformation konnten jedoch Aspekte benennt werden:
- Auswahl der Mitarbeiter
- Angemessenheit agiler Methoden
- Koordination unterschiedlicher Organisationsarten
Als besonders hilfreich hat sich ein experimenteller Transformationsansatz erwiesen. Hierbei werden nicht nur die agilen Methoden, sondern auch das agile Mindset in eine Organisation schrittweise eingeführt. Eine kontinuierliche Evaluation des Change Prozesses erleichtert zudem die Transformation. Des Weiteren erfordert eine agile Transformation Top- Down-Ansätze. Die Unterstützung durch das Management ist für den Erfolgt der Transformation von großer Bedeutung. Auch wenn die agilen Methoden vorerst nur in einzelnen Bereichen des Unternehmens Anwendung finden, empfiehlt es sich, die Praktiken, Prinzipien und Denkweisen auf das gesamte Unternehmen auszuweiten (Fuchs und Hess, 2018). Diese agilen Ansätze sollten transparent gestaltet werden. Tools zur strategischen Ausrichtung unterstützen die Koordination. Zudem können die Ziele leichter zusammengefasst und auf messbare Kennzahlen heruntergebrochen werden. Die Studie von Gundrum und Majkovic (2020) zeigt, dass Agilität von Unternehmen unterschiedlich definiert wird. In den meisten Fällen bedeutet es, schnell und flexibel auf Unvorhergesehenes zu reagieren. Seitens der Organisationen wird als Treiber für die Einführung agiler Arbeitsweisen die hohe Anpassungsfähigkeit von Dienstleistungen genannt. Durch die Implementierung agiler Organisationsformen erhoffen sich die Unternehmen die Steigerung ihrer Attraktivität und flexibleren Umgang mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Nicht zuletzt ist der Wunsch nach starker Kundenfokussierung ausschlaggebend für den Transformationsprozess.
Auch Csar (2020) stellt fest, dass Agilität häufig mit einem Tempo bzw. einer Flexibilisierungssteigerung gleichgesetzt wird. Die Handlungsmöglichkeiten der Organisation sollen durch das Einführen agiler Arbeitsmethoden erhöht werden. Gerade zu Beginn des Transformationsprozesses können Unsicherheiten und Widerstände sowohl bei Führungskräften wie auch bei Mitarbeitern auftreten. Die Veränderung der Arbeits- und Organisationsform hin zu agilen Methoden ist mit Hindernissen auf Seiten der Mitarbeiter verbunden. Zu dem Ergebnis kommen auch Gundrum und Majkovic (2020). Im Vordergrund stehen dabei die Rollenunklarheiten, insbesondere bei der Definition von Entscheidungsprozessen. Angesichts zunehmender Selbstorganisation von Teams fühlten sich viele Mitarbeiter überfordert. Eine frühzeitige Erkennung und Diskussion von Widerständen sind zentral bei der Einführung agiler Arbeits- und Organisationsformen. Auch Gundrum und Majkovic (2020) stellen fest, dass dem Top Management bei der Einführung von Veränderungsprozessen eine Vorbildfunktion zugesprochen wird. Einen weiteren zentralen Aspekt bildet die Beteiligung und Einbeziehung der Mitarbeiter. Agile Transformation beinhaltet für Csar (2020) nicht nur die Nutzung der agilen Methoden. Ohne agiles Mindset, bestehend aus Werten, Prinzipien und Handlungsanleitungen, bringen agile Methoden nicht die gewünschten Effekte. Selbstorganisation und Agilität verlangen eine Anleitung und Entwicklung der Mitarbeiter durch professionelle Workshops und Schulungen.
2.2.3 Untersuchungen zu Team Performance und virtuellen Teams
In einer Studie über die Teamperformance in globalen virtuellen Teams von Paul, Drake und Liang (2016) untersuchten die Autoren die Teamperformance in globalen virtuellen Teams. Der Einfluss von Koordinationseffektivität, Vertrauen und Teamkohäsion bildeten den Kern der Analyse. Die Ergebnisse der Studie basieren auf einer Umfrage von 112 Mitgliedern aus 14 Teams in den USA und Indien. Dabei stellten die Forscher fest, dass die Leistung eines globalen virtuellen Teams von der Koordination des Teams sowie der Koordination des Wissens abhängt. Des Weiteren beeinflussen Vertrauen und Teamzusammenhalt die Wirksamkeit des Teams. Es konnte eine Wechselwirkung zwischen dem individuellen Vertrauen und dem Teamzusammenhalt nachgewiesen werden. Diese Wechselwirkung deutet darauf hin, dass Koordination in virtuellen Teams eine positive Feedbackschleife erzeugt und Vertrauen und Zusammenhalt bewirkt. Beide Faktoren wirken sich positiv auf die Leistung des Teams aus. Die Forscher fanden heraus, dass Teammitglieder in globalen virtuellen Teams sich oft isoliert fühlen. Unter diesen Bedingungen kann Vertrauen nur schwer aufgebaut werden. Synergien zwischen den Teammitgliedern können schlecht erzeugt werden. Bei globalen virtuellen Teams erschweren zudem kulturelle Normen und sprachliche Schwierigkeiten die Beteiligung im Team und somit die Entscheidungsfindung des gesamten Teams.
Bouncken, Brem und Kraus (2016) untersuchten die Rolle und den Einfluss der kulturellen Diversität auf die Teamperformance in multikulturellen Teams. Anhand von 70 Interviews mit fünf Innovationsteams untersuchten sie die Auswirkungen kultureller Vielfalt in Teams in Bezug auf Innovation und Teamperformance. Interkulturelle Teams weisen zwar ein hohes Maß an Kreativitätspotenzial auf, sind jedoch auf Grund von Unterschieden in Arbeitsund Kommunikationsstilen Schwierigkeiten ausgesetzt. Anlässlich unterschiedlicher Hintergründe in der Sozialisation und Kultur weisen die Teammitglieder unterschiedliche Werte auf. Die Vielfalt an Werten kann Konflikte hervorrufen und zu verminderter Moral und Effizienz des Teams führen. Neben den Arbeits- und Kommunikationsstilen bildet die unterschiedliche Auffassung von Machtdistanz in multikulturellen Teams eine wichtige Rolle. Mit der Machtdistanz wird der Grad der Unterwürfigkeit und Akzeptanz des Machtgefälles beschrieben. Unterschiedliche Auffassungen über die Machtdistanz können Konflikte hervorrufen und die Leistung sowie den Innovationsprozess eines Teams negativ beeinflussen.
Demografische und kulturelle Unterschiede können zu Brüchen innerhalb des Teams führen oder eine Bildung von Untergruppen hervorrufen. Mangelnde Teamkohäsion und die Bildung von Untergruppen führen zur Schwächung der Leistung des gesamten Teams (Paul, Drake und Liang, 2016).
Gilson u. a. (2015) untersuchten anlässlich der fortschreitenden Digitalisierung den bisherigen Stand der empirischen Forschung über virtuelle Teams. Dabei betrachteten sie die Ergebnisse der vergangenen zehn Jahre mit dem Ziel, eine Richtung für zukünftige Forschungen zu weisen. Die Untersuchung stützt sich auf ca. 450 Artikeln aus 200 Zeitschriften. Bezüglich der Entstehung von Untergruppen und den Auswirkungen auf die Teamperformance stimmen die Aussagen ihrer Studie mit den Ergebnissen von Paul, Drake und Liang (2016) überein. Ein Großteil der Forschung beschäftigte sich mit der Untersuchung von Mechanismen zur Verbesserung des Erfolgs von virtuellen Teams. Das Festlegen von gemeinsamen Zielen zu Beginn der Teamarbeit erhöht zum einen den Zusammenhalt des Teams und führt geleichzeitig zur Steigerung der Teamperformance. Basierend auf den Untersuchungen von Chi, Chang und Tsou (2012) konnte weiterhin belegt werden, dass eine gegenseitige Abhängigkeit von Aufgaben die Leistung eines virtuellen Teams verbessern kann. Die Nutzung moderner Technologien zeigt keinen Einfluss auf die Performance von virtuellen Teams. Allerdings wird die Leistungsfähigkeit stark von der Kommunikation beeinflusst. Bezugnehmend auf die Untersuchung von Schweitzer und Duxbury (2010) zu digitaler Kommunikation zeigt sich, dass die Kommunikation auf digitalen Kanälen zu einer Verzögerung des Informationsaustausches führt. Das Fehlen von emotionalen und nonverbalen Aspekten in der Kommunikation schafft zusätzliche Kommunikationsschwierigkeiten (Gilson u. a., 2015). Zu den Kommunikationsproblemen gesellen sich Koordinationsschwierigkeiten, wenn Teammitglieder zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten und die Arbeitsabläufe nicht transparent gestaltet werden. Teamkoordination verlangt zudem gleiche oder ähnliche Wissensstrukturen. Wissensgrenzen innerhalb eines Teams schwächen die Kommunikation und erschweren den Aufgabenabschluss (Paul, Drake und Liang, 2016). Die Teamperformance eines virtuellen Teams basiert auf seiner Anpassungsfähigkeit und der Reaktionsfähigkeit auf auftretende Veränderungen (Handke und Kauffeld, 2019).
In Bezug auf die Teamzusammensetzung zeigt sich, dass ein Team, bestehend aus zwei Nationalitäten, die beste Teamperformance erzielt. Ohne geeignete Projektkoordinationssysteme- und Prozesse zur Förderung von Vertrauen und Zusammenhalt, kann die optimale Teamleistung nur schwer erzielt werden. Stark homogen zusammengesetzte Teams oder stark heterogene Teams zeigen guten Zusammenhalt (Paul, Drake und Liang, 2016). Eine weitere Einflussgröße auf die Leistungsfähigkeit eines Teams bildet die Konfliktbearbeitung. Ein kollaboratives Konfliktmanagement in globalen virtuellen Teams funktioniert weniger gut, wenn das Team aus Individualisten besteht. Konflikte treten seltener auf, wenn die Zusammenarbeit strukturiert abläuft (Paul, Drake und Liang, 2016). Unter Einbeziehung älterer Studien kamen Gilson, Maynard und Young zu dem Ergebnis, dass Verbundenheit und Gleichberechtigung unter den Teammitgliedern eines virtuellen Teams die Kooperati- ons- und Konfliktfähigkeit steigern (Gilson u. a., 2015).
2.2.4 Forschungsergebnisse zu Selbstorganisation
Aufbauend auf den früheren Studien zum Thema Mensch in der „Arbeitswelt 4.0“, die sich mit dem organisatorischen Wandel hin zu selbstorganisierten Arbeitskontexten beschäftigten, untersuchen Gundrum und Majkovic (2020) in der aktuellen Studie die Rolle der Selbstführung in selbstorganisierten Arbeitskontexten. Als Arbeitswelt 4.0 wird seit 2011 die vierte industrielle Revolution bezeichnet. Hervorgerufen durch das mobile Internet und das „Internet der Dinge“ mit internetfähigen Geräten, Maschinen und Arbeitsinstrumenten führt es zu flexiblen und mobilen sowie vernetzten Arbeiten. Die industrielle Revolution führte zur Entstehung neuer Arbeitsprozesse, neuer Organisationsstrukturen, aber auch zu neuen Anforderungen an die Mitarbeiter. Der Umgang der Individuen, des Teams und der Organisationen mit der Selbstführung in selbstorganisierten Arbeitskontexten bildete den Fokus der Untersuchung. Zum anderen sollte mit Hilfe der Studie die Umsetzung der Selbstführung in der Praxis untersucht und aufgezeigt werden. Die Forscher befragten rund 32 Fach- und Führungskräfte aus verschiedenen Branchen.
Die Auswertung ergab, dass die Mitarbeiter eine erhöhte Einflussnahme durch das Fällen individueller Entscheidungen schätzen. Einflussnahme und Entscheidungsbefugnis vermitteln das Gefühl der Sinnhaftigkeit der Arbeit. Gleichzeitig werden die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter positiv beeinflusst. Selbstführung verlangt von den Mitarbeitern Entwicklungs- und Veränderungsbereitschaft. Neben intrapersonellen Kompetenzen rücken interpersonelle und fachliche Kompetenzen in den Vordergrund. Ausdauer und Disziplin wurden von den Befragten als Erfolgsfaktoren der Selbstführung benannt. Auf der Teamebene sind Bereitschaft zur Selbstverantwortung und eine klare Definition von Zielen ausschlaggebend. Mangelnde Transparenz in der Aufgabenverteilung sowie unzureichende Priorisierung stellen Hindernisse bei der Selbstführung dar. Als Barriere wurde zudem fehlende Kommunikation erwähnt. Die Überforderung der Mitarbeiter stellt eine Gefahr der Selbstorganisation dar.
In einem Experiment, bestehend aus acht zufällig gebildeten Gruppen, untersuchten Backström und Söderberg (2016), wie die Selbstorganisation eines Teams durch den gemeinsamen Arbeitsprozess beeinflusst wird. Die Aufgabe der Gruppen/Teams bestand darin, ein Problem entweder nach einem strukturierten Plan oder frei zu lösen. Backström und Söderberg entwickelten ein Model, um die Entstehung von Selbstorganisation in kreativen Gruppen zu beschreiben und zu analysieren. Sie fanden heraus, dass ein strukturierter Arbeitsprozess sowohl die Selbstorganisation wie auch das Kreativitätsniveau einer Gruppe erhöhen kann. Beide Forscher sahen es als notwendig an, weitere Studien auf dem Gebiet durchzuführen. Die Teams sollten in ihrem realen Umfeld und über einen längeren Zeitraum begleitet werden, um die Entstehung der Selbstorganisation zu beobachten.
Selbstorganisation wird oft fälschlicherweise als Arbeiten ohne Führung verstanden. Für die Entstehung von Selbstorganisation sind Führung und eine offene Fehlerkultur essenziell (Gloger u. a., 2017). Selbstorganisation als Trend wurde durch die Veröffentlichung des Buches „Reinventing Organizations“ von Frederick Laloux entfacht (Laloux, 2015). Der Autor beschreibt in seinem Buch einen Paradigmenwechsel von traditionellen hin zu „evolutionären Organisationen“. Die Einführung von Selbstorganisation soll modellgestützt erfolgen, um Potenziale besser zu nutzen. Als theoretische Modelle der Selbstorganisation sind „So- ziokratie“, „Holokratie“ sowie „Soziokratie 3.0“ zu benennen. Die Soziokratie setzt sich aus vier Führungsgrundsätzen zusammen: Konsent, Wahl der Personen, Kreise und doppelte Verbindung. Das Modell der Soziokratie 3.0 besteht aus sieben Kernprinzipien der Führung: Empirismus, Konsent, Effektivität, Gleichstellung, Transparenz, Verantwortung und kontinuierliche Verbesserung.
Die wesentlichen Merkmale der Soziokratie sind eine Aufgabenverteilung nach Diskussion. Alle Entscheidungen müssen als Konsent von allen Mitgliedern des Teams toleriert werden. Die Organisation wird in Form von Kreisen dargestellt. Doppelte Verbindung bedeutet, dass die verschiedenen Kreise durch Vertreter miteinander verbunden sind. Soziokratie 3.0 stellt eine Weiterentwicklung der klassischen Soziokratie dar. Sie wurde um Elemente aus agilen Methoden und der „Lean Production“ erweitert. Soziokratie 3.0 ist mehr als Bewegung als ein abschließendes Organisationskonzept zu verstehen (Altherr, 2019).
Holokratie stellt eine Form des agilen Managements dar. Dabei wird die hierarchische Führungsstruktur abgeschafft und das Unternehmen organisiert sich über Prozesse in selbstorganisierten Teams. Durch die Veränderung der Führungshierarchien werden die Potenziale der Mitarbeiter, speziell Kreativität und Innovationsgeist, besser genutzt. Die Mitarbeiter übernehmen Rollen und Verantwortung auf Zeit. Führung wird nicht mehr an Personen gebunden. Unter Rolle ist ein individueller Aufgabenbereich zu verstehen. Die Übernahme der Arbeitsbereiche wird im Team ausgehandelt. Der Teamleiter weist Rollen zu und übernimmt den Aufbau und die Ablauforganisation des Teams, ausgenommen der Führung. Eine weitere Kraft steuert und koordiniert die Arbeit aller selbstorganisierter Teams. Die Führung wird auf Grundlage eines verschriftlichten Regelwerkes aufgebaut (Wörwag und Cloots, 2020). Ferner wird eine vollständige Implementierung des Modells in einem Unternehmen vorausgesetzt. Im Gegensatz zu herkömmlicher Arbeitsorganisation benötigt Selbstorganisation viel mehr Struktur und Kommunikation. Die Transparenz wird erhöht. Die Handlungen werden durch ein System von Verantwortlichkeiten geleitet (Wörwag und Cloots, 2020).
Nach Geramanis und Hutmacher (2020) ist Selbstorganisation als Denkweise und Haltung zu betrachten. Zum einen beeinflusst Selbstorganisation sowohl die Aufgaben wie auch die Rollen in einem Team. Zum anderen kommt es zu Veränderungen der Führung und der Kompetenzen. Die flexible Gestaltung des Arbeitsprozesses verbessert die Arbeitsbedingungen. Diese spiegeln sich in gesteigerter Produktivität und hoher Performance wieder. Anderseits ist Autonomie mit hoher Eigenverantwortung und starker Ergebnisorientierung verbunden. Beide Faktoren können als Ursachen für mentalen Stress und Überforderung bezeichnet werden.
Der Autor betrachtet die Selbstorganisation nicht ausschließlich auf individueller Ebene, sondern fügt noch die organisationale und die interaktive Ebene hinzu. Auf individueller Ebene bezieht sich Selbstorganisation auf die Aufgaben und Rollen. Insbesondere auf die Ausgestaltung der Arbeitsaufgaben sowie Zeit und Ort der Aufgabenerledigung. Selbstorganisation auf organisationaler Ebene setzt voraus, dass Strukturen und Rahmenbedingungen geschaffen werden, innerhalb welcher sich die Selbstorganisation entwickeln kann. Eine wertschätzende und offene Unternehmenskultur gilt als Treiber für selbstorganisiertes Arbeiten. Digitalisierung kann Selbstorganisation verstärken, allerdings wird diese durch Verwendung stark standardisierter Technologien wieder gehemmt.
In ihrer Studie zu Agilität als translokales Prinzip projektbasierter Arbeit differenzieren Nicklich und Sauer (2019) zwischen autonomer und autogener Selbstorganisation. Die autogene Selbstorganisation stützt sich auf eine systemtheoretische Vorstellung von Systemen: „Bei autogener Selbstorganisation bestimmt das System selbst. Die Selbstorganisation wird nicht als bewusste Arbeit oder Tätigkeit wahrgenommen, sondern entsteht von innen heraus“. Durch gezielte Auswahl von Personal oder Schaffung bestimmter Rahmenbedingungen können Führungskräfte indirekt Einfluss auf die Selbstorganisation nehmen. Eine Fremdorganisation liegt demnach weiterhin vor. Im Gegensatz zu autogener Selbstorganisation rückt bei autonomer Selbstorganisation der Prozess der Selbstorganisation von Beschäftigten in den Fokus.
In ihrer Studie stellen Nicklich und Sauer (2019) zentrale Widersprüche von Selbstorganisation fest. Selbstorganisation ist als Zwang darzustellen, da die Implementierung selbstorganisierter Arbeitsweise beispielweise im Rahmen der Einführung agiler Methoden vom Management und nicht von den Mitarbeitern selbst ausgeht. Ziele, Ressourcen und zeitliche Rahmenbedingungen werden nicht von den Selbstorganisierten festgelegt. Vielmehr werden diese Aspekte von Dritten, meist dem Management oder den Kunden, vorgegeben und gesteuert.
„Die autonome Selbstorganisation muss zuerst fremdorganisiert, vorbereitet und umgesetzt werden“ (Göbel, 2001). Dies geschieht durch Dezentralisierung, Veränderung des Führungsverhaltens und Abflachung von Hierarchien. Das Paradox in agilen Teams besteht darin, dass agile Frameworks und agile Methoden von einer gemeinsamen Verortung des Teams ausgehen. Agile Teams arbeiten jedoch zunehmend virtuell. Die Bearbeitung dieser Widersprüche wird auf die Teamebene verschoben. Probleme bei Selbstorganisation in agilen virtuellen Teams beziehen sich auf die Prozesse, die Kommunikation und den Gegenstand der Arbeit. Es können Probleme auftreten, die mit der Beschaffung von Informationen, der Erledigung der Aufgaben und Verständigung innerhalb des Teams zusammenhängen. Selbstorganisation in agilen virtuellen Teams wird in erster Linie durch Teamzusammenhalt und Teambuilding gestärkt und gefördert (Nicklich und Sauer, 2019).
Kakar (2017) fand in seiner Studie heraus, dass der Grad der Selbstorganisation in agilen Projekten stark variieren kann. Zum anderen stellte er fest, dass der Grad der Selbstorganisation in agilen Teams signifikant höher ist als in Teams, die nach planorientierten Methoden arbeiten. Auf der anderen Seite ergab die Untersuchung von Kakar, dass Selbstorganisation auch mit Barrieren verbunden ist. Als Haupthindernis nannte Kakar die Anpassung der Mitarbeiter. Die Anpassung an kollektive Verantwortung und eine selbstorganisierte Umgebung ist für viele Mitarbeiter schwierig. Selbstorganisation benötigt ein entsprechendes Umfeld und organisatorische Rahmenbedingungen. Flexibilität in selbstorganisierten Teams bedarf der Abschaffung von Rollen. Mitarbeiter müssen bereit sein, mehrere Rollen und Funktionen zu übernehmen. Führungskräfte sind angehalten, Kontrolle abzugeben, um Selbstorganisation in agilen Teams zu fördern.
Munsch (2018) bezeichnet Selbstorganisation in Teams als große Herausforderung, die ohne externe Unterstützung nicht umsetzbar ist. Hierbei verweist er auf die spezielle Rolle der Führungskräfte. Dabei betont der Autor, dass Selbstorganisation nicht mit Führungslo- sigkeit gleichzusetzten ist. Durch Selbstorganisation können innere Spannungen ausgelöst werden. Neben emotionalen Spannungen treten häufig auch organisationale Spannungen auf, die aufgefangen werden müssen. Gleichzeitig sind Disziplin und die Fähigkeit der Selbststeuerung für die Selbstorganisation unerlässlich. Ein zentraler Aspekt von Selbstorganisation in einem agilen Team ist das Bewusstsein für ablaufende Prozesse sowie die Sinnhaftigkeit des Handelns. Ist der Sinn von Prozessen und Handlungen für alle Teammitglieder geklärt, können alle Handlungen auf diesen Sinn ausgerichtet werden. Damit Selbstorganisation gelingt, ist die Reflektion der Interaktionen und abgelaufenen Prozesse durch Leitung und Team notwendig. Auf diese Weise führt Selbstorganisation zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit und daraus resultiert eine höhere Produktivität.
Auch Seeger (2020) macht deutlich, dass die Einführung von selbstorganisierten Teams oftmals den Glauben verursacht, dass Führung und Steuerung nicht mehr notwendig seien. Charakteristisch für Selbstorganisation ist eine Aufgabenteilung und Struktur. Selbstorganisierte Teams zeichnen sich durch eine kollektive Erkenntnis über ein gemeinsames Problem und die gemeinsame Lösung aus. Als Voraussetzung für Selbstorganisation werden Schlüsselfaktoren erklärt:
- Gegenseitiges Vertrauen und Respekt
- Gemeinsamer Sinn und Zweck
- Fähigkeit, sich selbst zu führen
- Hohe individuelle Autonomie
- Individuelle Verantwortlichkeit
- Stetige Koordination untereinander
Des Weiteren definiert Seeger vier Stufen des Reifegrades der Selbstorganisation. Dieser verdeutlicht die unterschiedlichen Ausprägungen der Selbstbestimmung in einem agilen Team:
1. Geführtes Team
2. Sich selbst führendes Team
3. Sich selbst gestaltendes Team
4. Sich selbst bestimmendes Team
Das geführte Team bestimmt ausschließlich über die Ausführung der Arbeit. Das sich selbst führende Team bestimmt zusätzlich über Kontrolle und die Verbesserung der Arbeit. Bei dem sich selbst gestaltenden Team wird das Design der Zusammenarbeit sowie der Einsatz von Ressourcen von den Teammitgliedern selbst bestimmt. Die Verteilung der Aufgaben erfolgt innerhalb des Teams. In der vierten Stufe des Reifegrades der Selbstorganisation werden die Ziele durch das Team selbst festgelegt. Der Grad der Selbstbestimmung eines Teams bestimmt seine Agilität. Je größer der Grad der Selbstbestimmung, desto agiler ist das Team.
2.3 Zusammenfassung der Literaturübersicht
Sowohl zu virtuellen Teams wie auch zu Selbstorganisation existieren zahlreiche Studien. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Vertrauen und Kohäsion die Teamperformance des virtuellen Teams steigern und die Selbstorganisation in agilen virtuellen Teams erhöhen. Es wurde bestätigt, dass Teambildung und Teamzusammenhalt die Selbstorganisation stärken. Des Weiteren zeigen die Forschungsergebnisse einen Zusammenhang zwischen der Kommunikation und der Leistungsfähigkeit eines virtuellen Teams. Demografische und kulturelle Unterschiede innerhalb des Teams können die Kommunikation behindern.
Ferner zeigen die Untersuchungen, dass Kommunikationsprobleme die Ursache von Brüchen darstellen. Zusätzlich kann es zu Bildung von Untergruppen in einem virtuellen Team kommen. Beides wirkt sich negativ auf den Zusammenhalt des Teams und somit auf seine Leistungsfähigkeit aus. Die verfügbaren Forschungsergebnisse zu Selbstorganisation deuten darauf hin, dass Einflussnahme und Entscheidungsbefugnis die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter steigern. Als Charakteristika von Selbstorganisation wurden Struktur und Aufgabenteilung genannt. Strukturierte Arbeitsprozesse fördern die Selbstorganisation und Erhöhen die Kreativität des Teams. In dem Experiment von Backström und Söderberg (2016) fand die Arbeit zwar in einem Team statt, hierbei handelte es sich aber um Präsenzteams. Es gibt Hinweise, dass die Selbstorganisation in agilen virtuellen Teams den gleichen Mustern folgt. Die Forscher sahen es als notwendig an, weitere Studien auf dem Gebiet durchzuführen. Als sinnvoll erachteten die Forscher eine Untersuchung über einen längeren Zeitraum unter realen Bedingungen und mit realen Teams. Die Primärforschung bei der ABC Consulting GmbH bietet solche Bedingungen. Die Befragung von selbstständigen IT-Beratern ermöglicht eine breit gefächerte und organisationsunabhängige Darstellung.
Die Ergebnisse der Studien zeigen zudem, dass die Anpassung der Mitarbeiter an kollektive Verantwortung und ein selbstorganisiertes Umfeld ein Hindernis in der Selbstorganisation aufweisen. Darüber hinaus ist Selbstorganisation mit der Gefahr der Überforderung der Teammitglieder verbunden. Die Literaturübersicht zeigt des Weiteren, dass Selbstorganisation auf der individuellen Ebene Fähigkeiten und Kompetenzen erfordert. Hierzu zählen vor allem Disziplin, Ausdauer und die Bereitschaft zu Selbstverantwortung. Auf der organisatorischen Ebene müssen geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Selbstorganisation zu implementieren. Die Schaffung eines entsprechenden Umfeldes und geeigneter Rahmenbedingungen obliegt den Führungskräften. Insbesondere in agilen virtuellen Teams sind Reflexion der Interaktionen und der abgelaufenen Prozesse durch die Leitung und das Team erforderlich, damit Selbstorganisation gelingen kann.
3 Forschungsmethodologie
Das in diesem Kapitel vorgeschlagene Forschungsdesign basiert auf der Kombination aus dem organisatorischen Problem und dem durch die Literaturübersicht gesammelten Wissen. Das Ziel ist ein Forschungsdesign, das zum einen angemessen und vernünftig ist und zum anderen für das in dieser Forschung analysierte Problem geeignet ist (Jonker und Pennink, 2009).
Es gibt verschiedene Elemente, die in jeder Methodologie berücksichtigt werden müssen. Die Elemente sind in der Forschungszwiebel (engl. „Research Onion") dargestellt (Abbildung 2: Die Forschungszwiebel (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009)). Das Modell der Forschungszwiebel dient dazu, eine geeignete Methode für die Datenerhebung zu finden, indem die Schichten der Forschungszwiebel nacheinander von außen nach innen weggeschält werden. Die äußeren Schichten repräsentieren die Philosophien und Ansätze und konzentrieren sich auf die Forschungstaktik. Zu den inneren Schichten zählen: Strategien, Entscheidungen, Zeithorizonte sowie Techniken und Verfahren. Die inneren Schichten konzentrieren sich auf das Forschungsdesign (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009). Die oben beschriebenen Elemente der Forschungszwiebel werden in dem vorliegenden Kapitel beschrieben. Als weiterer Punkt wird der Forschungszweck thematisiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Die Forschungszwiebel (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009)
3.1 Forschungsphilosophie
Die Philosophie bildet die erste Schicht der Forschungszwiebel. Die Wahl einer geeigneten Forschungsphilosophie stellt den ersten Schritt eines Forschungsprozesses dar. Die Forschungsphilosophie setzt sich aus vier Elementen zusammen, dazu gehören Positivismus, Realismus sowie Interpretivismus und Pragmatismus (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009). Die Beschäftigung mit der Existenz verschiedener Weltanschichten und Prozesse ist zentraler Bestandteil von Philosophie. Des Weiteren stellen die Ansichten über die Funktionsweise der Welt einen Kernpunkt der Philosophie dar. Die Philosophie als akademisches Fach beschäftigt sich mit der Realität, dem Wissen und der Erfahrung (Flick, 2014). Die Forschungsphilosophien werden durch einige wichtige Konzepte geprägt: Ontologie ist „die Ansicht des Forschers über die Realität oder das Sein“. Darüber hinaus verkörpert die Epistemologie „die Ansicht des Forschers darüber, was akzeptables Wissen darstellt“. Axiologie dagegen beschreibt "die Ansicht des Forschers über die Werte in der Forschung" (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009). Die Forschungsphilosophien werden in Tabelle 2: Vergleich der vier Forschungsphilosophien in Management Research (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009) verglichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Forschungsphilosophie (Entscheidung und Begründung) (eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Vergleich der vier Forschungsphilosophien in Management Research (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: Vergleich der vier Forschungsphilosophien in Management Research (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009)
3.2 Forschungsansatz
Im weiteren Verlauf der Forschungszwiebel wird im nächsten Schritt der Forschungsansatz diskutiert. Dabei wird zwischen dem induktiven und dem deduktiven Ansatz unterschieden. Bei dem induktiven Ansatz gilt es, zuerst relevante Daten zu sammeln. Hierbei ist zu beachten, dass eine ausreichende Menge an Daten vorliegt. Anschließend werden die gesammelten Daten vom Forscher analysiert und nach der Existenz bestimmter Muster untersucht. Anhand der identifizierten Muster versucht der Forscher eine Theorie zu finden, die die Muster erklären könnte. Im Gegensatz zum induktiven Ansatz ist bei dem deduktiven Ansatz bereits eine Theorie existent. Diese bildet die Grundlage für die Formulierung einer Hypothese bzw. einer Grundannahme. Die Aufgabe des Forschers besteht in der Überprüfung der Hypothese/Grundannahme anhand vorhandener Literatur. Daraufhin wird die Hy- pothese/Grundannahme mit Daten überprüft und getestet. Alsdann versucht der Forscher, die Ergebnisse zu verallgemeinern (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009). Ein deduktiver Ansatz ist normalerweise mit der positivistischen Forschungsphilosophie verbunden (Collins, 2010).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 4: Forschungsansatz (Entscheidung und Begründung) (eigene Darstellung)
3.3 Forschungszweck
Der Forschungszweck kann anhand von drei unterschiedlichen Ansätzen erklärt werden: den explorativen, den deskriptiven und den erklärenden Zweck (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009).
Nach Robson (2002) dient eine explorative Studie dazu, herauszufinden, „was geschieht“. Hierzu zählen das Gewinnen neuer Erkenntnisse und neuer Fragestellungen sowie „die Betrachtung alter Phänomene aus einem anderen Blickwinkel". Diese Art von Forschung zielt darauf, die Natur des Problems zu bestimmen. Sie beabsichtigt nicht, schlüssige Beweise zu liefern, sondern hilft, ein besseres Verständnis des Problems zu erhalten. Fehlende Regeln für die Datenerhebung kennzeichnen die explorativen Studien. Daher ist die Methode flexibel und kann an Veränderungen angepasst werden, falls neue Daten und neue Erkenntnisse auftreten. Literaturrecherche, Experteninterviews und Fokusgruppeninterviews stellen die wichtigsten Methoden zur Durchführung von explorativer Forschung dar (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009).
Nach Robson besteht das Ziel der deskriptiven Forschung darin, „ein genaues Profil von Personen, Ereignissen oder Situationen darzustellen“. Eine deskriptive Studie kann Teil der explorativen Forschung sein oder vor der explorativen Forschung durchgeführt werden (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009). Als erklärende Studien oder Kausalforschung werden Studien bezeichnet, die kausale Zusammenhänge zwischen Variablen herstellen. Der Schwerpunkt dieser Studien besteht in der Untersuchung der Situation und des Problems, um die Beziehung zwischen den Variablen zu erklären (Saunders, Lewis und Thornhill, 2009). Die beliebteste Methode der Primärdatenerhebung in der Kausalforschung sind Experimente (Dudovskiy, 2016).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 5: Forschungszweck (Entscheidung und Begründung) (eigene Darstellung)
3.4 Forschungsstrategie
Forschungsstrategie bezeichnet eine weitere Schicht der Forschungszwiebel. Es existieren verschiedene Forschungsstrategien. Hierzu gehören das Experiment, die Umfrage, die Fallstudie und die Aktionsforschung.
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