Im Rahmen dieser Arbeit sollen Innovationsbarrieren kleiner und mittelständischer Unternehmen in Sachsen identifiziert und näher analysiert werden. Es soll im Speziellen darauf eingegangen werden, ob sich die relevanten Innovationshürden von KMU
gegenüber derer größerer Unternehmen unterscheiden. Ebenso sind Möglichkeiten aufzuzeigen und zu untersuchen, die sich kleinen und mittelständischen Unternehmen bieten, um die identifizierten Innovationshemmnisse erfolgreich zu überwinden.
Die zentralen Forschungsfragen, welche im Kontext dieser Arbeit untersucht werden sollen, lassen sich demnach wie folgt definieren:
1. Welchen Innovationshürden sind kleine und mittelständische Unternehmen in Sachsen generell häufig ausgesetzt?
2. Wie unterscheiden sich diese KMU-spezifischen Innovationshürden von den Innovationshürden anderer Unternehmen?
3. Welche Aktivitäten und Maßnahmen sind geeignet, um diese Hürden erfolgreich zu überwinden?
4. Verfügen sächsische Unternehmen über sogenannte „Dynamic Capabilities“, die für die Umgehung bzw. Überwindung von Innovationsbarrieren hilfreich sind?
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Relevanz der Thematik
1.2 Aufgabenstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
2 KMU in Sachsen, Innovation und Innovationsfähigkeit
2.1 Kleine und mittelständische Unternehmen
2.2 Besonderheiten des Wirtschaftsstandorts Sachsen
2.3 Innovation
2.4 Aufgaben und Ziele des Innovationsmanagements
2.5 Innovationsfähigkeit
2.5.1 Erfolgsfaktoren
2.5.2 Dynamic Capabilities
2.6 Innovationsbarrieren
2.6.1. Unterteilung in interne und externe Innovationsbarrieren
2.6.2 funktionale Kategorisierung von Innovationsbarrieren
2.6.3 Ebenenabhängigkeit von Innovationsbarrieren
2.6.4 Weitere Charakteristika von Innovationsbarrieren
3 Untersuchung von Innovationsbarrieren in der Literatur
3.1 Häufige Barrieretypen und deren Ursachen nach Mirow
3.1.1 Barrieretyp „Motivation zur Zusammenarbeit“
3.1.2 Barrieretyp „Aufgabenunsicherheit“
3.1.3 Barrieretyp „Ressourcenallokation“
3.1.4 Barrieretyp „Prozessbedingte Einschränkungen“
3.2 Erkenntnisse aus der Praxis
3.3 Abgrenzung KMU-typischer Innovationsbarrieren
3.4 Abgrenzung: typische Innovationsbarrieren in Sachsen
4 Empirische Untersuchung zu Innovationsbarrieren bei KMU in Sachsen
4.1 Abgrenzung: typische Innovationsbarrieren in Sachsen
4.2 Quantitative Datenerhebung: Fragebogen
4.2.1 Identifizierung und Charakterisierung der Befragungsteilnehmer
4.2.2 Aufbau und Ziele der Befragung
4.2.3 Durchführung der Befragung
4.3 Ergebnisse der Befragung
4.4 Kritische Hinterfragung der empirischen Untersuchung
5 Zusammenfassung und Ableitung von Lösungsansätzen
5.1 Erkenntnisse nach Mirow
5.2 Erkenntnisse der empirischen Studie
5.2.1 Vergleich mit den Studienergebnissen von Mirow
5.2.2 Dynamic Capabilities bei KMU im Freistaat Sachsen
5.2.3 Weitere Erkenntnisse der empirischen Studie
6 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anlagenverzeichnis
Abstract
Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Laut Unternehmensregister zählten im Jahr 2016 99,3 Prozent der Betriebe zu den KMU, dies sind absolut betrachtet rund 2,3 Millionen Unternehmen. Auf diese entfielen im selben Jahr rund 33,8 Prozent aller erwirtschafteten Umsätze. Des Weiteren waren 61,2 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei diesen Unternehmen tätig.1 Vor allem im Freistaat Sachsen prägen KMU die Unternehmenslandschaft.
In naher Zukunft werden sich jedoch vor allem KMU einem zunehmenden Markt- und Erfolgsdruck ausgesetzt sehen. Diese Verschärfung ist zum einen auf den „Wandel der Arbeit“ zurückzuführen, der mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, Wissensökonomie, Dienstleistungen und einer rasch voranschreitenden Globalisierung einhergeht. Auf der anderen Seite sehen sich Unternehmen den Herausforderungen des demografischen Wandels ausgesetzt. Die Gewinnung und Bindung von qualifizierten Fachkräften und die Steigerung der eigenen Arbeitgeberattraktivität wird demnach immer mehr von Bedeutung. Um diesen Herausforderungen trotzen bzw. proaktiv begegnen zu können, ist es insbesondere für sächsische KMU essentiell, innovativ zu agieren.
Doch diesen fällt es oftmals schwer, Innovationspotentiale aufzudecken und etwaige - hemmnisse abzubauen. Gegenstand dieser Arbeit ist es daher, das Innovationsverhalten von KMU in Sachsen zu untersuchen, die bestehenden Innovationsbarrieren aufzuzeigen, näher zu analysieren und anschließend Handlungsempfehlungen abzuleiten. Darüber hinaus wird geprüft, ob die KMU über sogenannte „Dynamic Capabilities“ zur Überwindung oder Umgehung von Innovationsbarrieren verfügen.
Um dieses Ziel zu erreichen, werden zunächst Erkenntnisse aus der Literatur, speziell aus der Studie von Mirow, näher beleuchtet. Anschließend werden diese mit den Ergebnissen einer empirischen Befragung sächsischer Mittelständler verglichen. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird eine Übersicht verschiedener Möglichkeiten zur Überwindung bzw. Umgehung von Innovationsbarrieren generiert, die es KMU speziell in Sachsen erleichtern soll, langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Abbildung 2: KMU-Schwellenwerte der EU seit 01.01.2005
Abbildung 3: KMU-Definition des IfM Bonn seit 01.01.2016
Abbildung 4: Ziele des Innovationsmanagements
Abbildung 5: Top 5 Erfolgsfaktoren
Abbildung 6: Basisroutinen von Dynamic Capabilities
Abbildung 7: Zentrale Merkmale von Innovationsbarrieren
Abbildung 8: Abgrenzung interne und externe Innovationsbarrieren
Abbildung 9: Symptome und Ursachen von Innovationsbarrieren
Abbildung 10: Häufigkeiten der Symptome
Abbildung 11: Häufigkeiten der Ursachen
Abbildung 12: Häufigkeiten der Grundbarrieretypen
Abbildung 13: Gründe für das Scheitern von Innovationen
Abbildung 14: Verteilung interne und externe Barrieren
Abbildung 15: Barrierearten nach Häufigkeiten
Abbildung 16: Zusammensetzung der Stichprobe
Abbildung 17: Anzahl der Mitarbeiter
Abbildung 18: Jahresumsatz der befragten KMU
Abbildung 19: Gründungsjahr der befragten KMU
Abbildung 20: Führung durch Inhaber
Abbildung 21: Zuständigkeit für das Innovationsmanagement
Abbildung 22: Selbsteinschätzung Innovativität
Abbildung 23: Häufigkeiten der Barrieretypen bei KMU in Sachsen
Abbildung 24: Wahrnehmung der Innovationsthematik
Abbildung 25: Scheitern von Innovationsprojekten
Abbildung 26: existierende Innovationsbarrieren
Abbildung 27: Ablauf des Innovationsprozesses
Abbildung 28: Zusammenhang Mitarbeiteranzahl / Zuständigkeit für das Innovationsmanagement
Abbildung 29: Zusammenhang gescheiterte Innovationsprojekte / erkannte Innovationsbarrieren
Abbildung 30: relevante Barrieren der befragten KMU
Abbildung 31: Bedeutung verschiedener Finanzierungsmöglichkeiten
Abbildung 32: Möglichkeiten staatlicher Förderprogramme
Abbildung 33: Kooperationspartner der befragten KMU
Abbildung 34: Kooperationen nach Phase
Abbildung 35: relevante Faktoren für die Innovationfähigkeit
Abbildung 36: Ausprägung F&E Aktivitäten
Abbildung 37: Schlüsselfragen im Innovationsprozess
Abbildung 38: Wirkungsfelder im Change Management
Abbildung 39: Übersicht Handlungsempfehlungen
1 Einleitung
1.1 Relevanz der Thematik
Innovationen sind gerade für KMU enorm wichtig. Trotzdem sind diese bei den deutschen Mittelständlern rückläufig. Während die Innovationsausgaben in der Gesamtwirtschaft stetig ansteigen - im Jahr 2017 konnte bspw. ein Zuwachs von rd. 4,7 Prozent auf nunmehr 166,9 Mrd. - wird für KMU in 2019 mit sinkenden Innovationsausgeben von rund zwei Prozent gerechnet.2 Auch hinsichtlich der Innovatorenquote3 sind KMU mit einem Wert von konstant unter 40 Prozent seit 2011 den Großunternehmen mit einer durchschnittlichen Quote von rund 70 Prozent weit unterlegen.4
Obwohl sich die Marktnähe und Flexibilität kleiner und mittlerer Unternehmen als äußerst günstig auf die Innovativität auswirken, existiert eine Vielzahl von Innovationshürden und -barrieren, welche deren Innovationsfähigkeit wiederum hemmen.5 Dabei ist anzunehmen, dass KMU zum Teil auch anderen Innovationsbarrieren ausgesetzt sind als Großunternehmen. Der Wirtschaftsstandort Sachsen bringt möglicherweise einige Besonderheiten und Herausforderungen für die dort ansässigen KMU mit sich.
Es ist jedoch unklar, welche Hemmnisse dies im Speziellen sind und ob Mittel existieren, die eine erfolgreiche Überwindung dieser Hürden möglich machen. Ebenso unerforscht ist, ob sich die Innovationsbarrieren der sächsischen KMU signifikant von den Barrieren anderer Bundesländer unterscheiden.
Welche Möglichkeiten existieren, um kleine und mittelständische Unternehmen in Sachsen hinsichtlich der Überwindung von Innovationsbarrieren zu unterstützen und ob gegebenenfalls Handlungsempfehlungen oder Best Practices abgeleitet werden können, ist bisher ebenfalls weitgehend unbekannt.
1.2 Aufgabenstellung und Zielsetzung der Arbeit
Im Rahmen dieser Arbeit sollen Innovationsbarrieren kleiner und mittelständischer Unternehmen in Sachsen identifiziert und näher analysiert werden. Es soll im Speziellen darauf eingegangen werden, ob sich die relevanten Innovationshürden von KMU gegenüber derer größerer Unternehmen unterscheiden. Ebenso sind Möglichkeiten aufzuzeigen und zu untersuchen, die sich kleinen und mittelständischen Unternehmen bieten, um die identifizierten Innovationshemmnisse erfolgreich zu überwinden.
Die zentralen Forschungsfragen, welche im Kontext dieser Arbeit untersucht werden sollen, lassen sich demnach wie folgt definieren:
1. Welchen Innovationshürden sind kleine und mittelständische Unternehmen in Sachsen generell häufig ausgesetzt?
2. Wie unterscheiden sich diese KMU-spezifischen Innovationshürden von den Innovationshürden anderer Unternehmen?
3. Welche Aktivitäten und Maßnahmen sind geeignet, um diese Hürden erfolgreich zu überwinden?
4. Verfügen sächsische Unternehmen über sogenannte „Dynamic Capabilities“, die für die Umgehung bzw. Überwindung von Innovationsbarrieren hilfreich sind?
1.3 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit setzt sich aus einem theoretischen Teil zum Thema Innovationsbarrieren und einer empirischen Untersuchung zusammen. Dabei sollen die Barrieren bei sächsischen KMU näher beleuchtet werden.
Zu Beginn werden die für den weiteren Kontext notwendigen Begriffe definiert und näher erläutert. Neben „KMU“, „Innovation“, „Innovationsfähigkeit“ und „Innovationsmanagement“ steht insbesondere die „Innovationsbarriere“ im Fokus der vorliegenden Arbeit und wird daher noch umfassender im theoretischen Teil thematisiert. Als Teil der Innovationsfähigkeit wird zudem auf die dynamischen Fähigkeiten bzw. „Dynamic Capabilities“ von Unternehmen näher eingegangen.
Anschließend werden die Erkenntnisse zu Innovationsbarrieren in der Literatur näher untersucht. Hierbei wird schwerpunktmäßig auf den Ansatz von Mirow eingegangen (Kapitel 3).
In Kapitel 4 erfolgt schließlich die empirische Untersuchung. Hierbei wird zunächst das Untersuchungsdesign vorgestellt und die Vorgehensweise der Befragung bzw. der entwickelte Fragebogen erläutert. Anschließend werden die Ergebnisse in Kapitel 4.3 vorgestellt und hinsichtlich der möglichen Ursachen und Zusammenhänge analysiert. In Kapitel 5 sollen schließlich anhand der Befragungsergebnisse und der Erkenntnisse aus der Literatur Handlungsempfehlungen für KMU in Sachsen abgeleitet werden.
Schlussendlich wird die Arbeit durch ein Fazit und einen Ausblick auf die mögliche weitere Entwicklung abgerundet (Kapitel 6).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit6
2 KMU in Sachsen, Innovation und Innovationsfähigkeit
2.1 Kleine und mittelständische Unternehmen
Zu dem Begriff „Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU)“ existieren verschiedene Definitionen. Eine Definition liefert die EU-Empfehlung 2003/361. Demnach werden Unternehmen als KMU bezeichnet, wenn diese unter 250 Beschäftigte haben und deren Umsatz pro Jahr entweder 50 Millionen Euro nicht überschreitet oder deren Bilanzsumme maximal 43 Millionen Euro beträgt, Abbildung 1 veranschaulicht die Definition.7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: KMU-Schwellenwerte der EU seit 01.01.20058
Gemäß dem Institut für Mittelstandsforschung in Bonn (IfM Bonn) gilt ein Unternehmen dann als KMU, wenn die Beschäftigtenzahl unter 500 liegt und der Jahresumsatz 50 Millionen Euro nicht übersteigt (siehe Abbildung 2).9
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: KMU-Definition des IfM Bonn seit 01.01.201610
Allein die oben genannten quantitativen Kriterien sind nicht ausreichend, um ein Unternehmen zweifelsfrei als KMU definieren zu können. Auf der qualitativen Ebene lässt sich feststellen, dass bei KMU meist eine enge Verbindung zwischen Eigentümer und dem jeweiligen Unternehmen besteht. So befinden sich KMU meist im Besitz einer einzelnen Person, einer Familie oder eines engen Personenkreises.11
KMU besitzen daraus resultierend im Vergleich zu Großunternehmen einige Vorteile, wie bspw. kurze und unbürokratische Entscheidungswege und eine vergleichsweise hohe Flexibilität, mit der auf sich verändernde Marktbedingungen reagiert werden kann.12
Als KMU-typische Schwächen lassen sich dagegen insbesondere die geringen zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen nennen.13
Für den weiteren Verlauf dieser Arbeit findet die Definition des IfM Bonn, ergänzt um die genannten qualitativen Kriterien, Anwendung.
2.2 Besonderheiten des Wirtschaftsstandorts Sachsen
Der Wirtschaftsstandort Sachsen steht sowohl für Tradition als auch für Fortschritt durch Innovation. Innovation hat in Sachsen Tradition.
In den vergangenen 28 Jahren seit der Wiedervereinigung ist es dem Freistaat gelungen, den Transformationsprozess erfolgreich zu vollziehen und zu den Wachstumszentren in den westdeutschen Bundesländern aufzuschließen. Die frühzeitige Ausrichtung auf wesentliche Zukunftsbranchen hat maßgeblich zu dieser dynamischen Entwicklung beigetragen. KMU spielen dabei eine sehr wichtige Rolle. Der Mittelstand ist der wichtigste Arbeitgeber und Ausbilder im Freistaat, das Rückgrat der sächsischen Wirtschaft. Die Schlüsselfaktoren für diese erfolgreiche Entwicklung bilden
- eine starke Wissenschaft und Forschung,
- eine bestmögliche Bildung,
- eine moderne Infrastruktur
- und ein hohes Maß an unternehmerischem Mut.14
Der Freistaat Sachsen gehört zu den führenden Bundesländern im Hinblick auf Innovation. Besonderheiten ergeben sich vor allem im Hinblick auf Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten sowie Investition in innovative Tätigkeiten. Seit 2005 hat sich der Anteil der Forschungs- & Entwicklungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) um insgesamt 16 Prozent erhöht15, Tendenz weiter steigend.
Die Arbeitslosenquote betrug im Dezember 2018 5,6 Prozent16. Auf 1.000 Einwohner kommen durchschnittlich 499 Erwerbstätige (Vergleich Gesamtdeutschland: 530 Erwerbstätige je 1.000 Einwohner)17. Das BIP pro Einwohner liegt mit 29.856 Euro zwar über dem EU-Durchschnitt,18 jedoch deutlich unter dem deutschen Gesamtdurchschnitt von 39.477 Euro/Einwohner.19 Dies ist vor allem auf das immer noch geringere Lohnniveau zurückzuführen.
Sachsen weist zudem eine vielseitige Hochschullandschaft mit einer über dem Bundesdurchschnitt liegenden Hochschuldichte auf. Dies bekräftigt den hohen Stellenwert, welcher der Wissenschaft und Forschung beigemessen wird. Der Freistaat verfügt über sechs Universitäten, 14 Fachhochschulen, sechs Kunsthochschulen und sieben Berufsakademien.20 Des Weiteren befinden sich viele außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in Sachsen, darunter:
- sieben Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft
- neun Einrichtungen der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz
- 14 Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft (Dresden ist die Stadt mit der bundesweit höchsten Dichte an Fraunhofer Einrichtungen.)
- sieben Einrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft
- das Institut des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt.21
Daraus resultiert eine besondere Stärke Sachsens in der öffentlichen Forschung. Relativ schwach (im Vergleich zu den alten Bundesländern) ist dagegen die Industrieforschung ausgeprägt. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die geringe Anzahl im Freistaat ansässiger forschungsintensiver Großkonzerne.
Das Bildungssystem eines Bundeslandes trägt wesentlich zum Wachstum und Wohlstand der Wirtschaft bei. Die leistungsfähigsten Bildungssysteme gab es 2017 in den Bundesländern Sachsen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg, gefolgt von Hamburg und dem Saarland.22 Sachsen wies dabei in den Handlungsfeldern Förderinfrastruktur, Schulqualität, Bildungsarmut, Internationalisierung, Hochschulen und Forschungsorientierung Stärken auf. Die Bildungsausgaben mit rund acht Milliarden Euro stellen den derzeit größten Posten im Haushalt Sachsens dar.23
Ein weiterer Faktor, der für den wirtschaftlichen Erfolg einer Region bedeutsam ist, ist die jeweilige Infrastruktur. Als Infrastruktur gilt „die Grundausstattung einer Region mit Einrichtungen, die zum volkswirtschaftlichen Grundstock gerechnet werden können, aber für die private Wirtschaftstätigkeit den Charakter von Vorleistungen haben.24
Durch die zentrale Lage innerhalb Europas verfügt Sachsen über eine insgesamt hervorragende Verkehrsinfrastruktur. Das Straßenverkehrsnetz umfasst circa 14.000 km (davon 567 km Autobahn). Die Schienennetzlänge liegt bei 2.600 km. Allerdings existieren starke regionale Unterschiede. Während die Oberzentren Dresden, Leipzig und Chemnitz über hervorragend ausgebaute Verkehrsnetze verfügen, ist dies in Regionen wie etwa dem Erzgebirge oder der Lausitz nur bedingt der Fall. Im Freistaat Sachsen gibt es zudem zwei internationale Flughäfen in Dresden und Leipzig/Halle. Die herausragende Lage und die Möglichkeit, rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr das Terminal zu benutzen, hat den Frachtgroßkonzern DHL dazu bewogen, sein Luftfrachtzentrum von Brüssel nach Leipzig zu verlegen. Der Flughafen Leipzig/Halle ist damit Deutschlands zweit- und Europas fünftgrößter Frachtflughafen. Hier werden täglich rund 1.600 Tonnen Frachtgüter umgeschlagen.25 Die Zuwachsraten sind ebenso bemerkenswert: im ersten Quartal plus 12,3 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum 2017. In den letzten zehn Jahren hat sich das Aufkommen verelffacht. Erwähnenswert sind zudem die drei Elbehäfen in Dresden, Riesa und Torgau.
Ein besonderes Merkmal der sächsischen Wirtschaft ist die starke Prägung durch mittelständische Betriebe. 98 Prozent der rund 113.000 in Sachsen ansässigen Unternehmen26 haben weniger als 100 Beschäftigte. KMU mit weniger als 250 Beschäftigten bilden mit 73,6 Prozent den Großteil der Arbeitgeber im Freistaat. 67,2 Prozent des landesweiten Umsatzes werden ebenfalls im KMU-Sektor generiert.27
2.3 Innovation
Die Innovation stellt im Rahmen einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit einen zentralen Ansatzpunkt dar. Mit der Innovationshöhe eines Unternehmens wachsen dessen Alleinstellungsmerkmale bzw. „Unique Selling Propositions“ (USPs).28 Darunter werden im Marketing Leistungsmerkmale beschrieben, mithilfe derer eine deutliche Differenzierung des Angebots vom Wettbewerb möglich ist.29 Diese Differenzierung ist wiederum essentiell, um langfristig am Markt bestehen zu können. Dabei ist es wichtig, Innovationen von bloßen Ideen abzugrenzen, denn kreative Ideen oder neues Wissen allein stellen noch keine Innovation dar, obgleich diese deren Grundlage bilden.
Trotz der Fülle an wissenschaftlicher Literatur zum Thema Innovation, ist der Innovationsbegriff auch heute nicht einheitlich definiert. Vielmehr existiert eine Vielzahl von Definitionen, die sich jedoch häufig in den wesentlichen Merkmalen und Kriterien gleichen oder zumindest ähneln. So lässt sich verallgemeinernd festhalten, dass es sich bei einer Innovation um etwas Neues handelt, das durch einen Markteilnehmer entweder direkt am Markt umgesetzt wird oder in der (eigenen) Leistungserstellung Anwendung findet.30
Zwei bekannte Definitionsansätze stammen von Schumpeter bzw. von Hauschildt. Während Schumpeter den Begriff „Innovation“ nicht direkt verwendet, beschreibt er dennoch eine „neue Kombinationen von Produktionsmitteln“, die „diskontinuierlich“ auftritt.31
Laut Hauschildt existieren vier Dimensionen der Innovation: die inhaltliche, die prozessuale, die subjektive und die normative. Die inhaltliche Dimension sagt aus, was neu ist. Es wird zwischen Produkt- und Prozessinnovationen unterschieden. Ebenso wird der Grad der Neuigkeit bestimmt. Dabei kann es sich um inkrementelle oder radikale Innovationen handeln. Während man unter inkrementellen Innovationen Verbesserungen an bestehenden Produkten oder Prozessen versteht, gehen radikale Innovationen immer mit originären Neuerungen einher.32
Die prozessuale Dimension beschreibt gewissermaßen, wo die Innovation beginnt, wo sie endet und welche Schritte dazwischenliegen. Dabei kennzeichnet die sogenannte „Invention“ den Startpunkt des Innovationsprozesses.33
Die nächsten Schritte stellen Forschung und Entwicklung (F&E) und Verwertung (Markteinführung) bis hin zur laufenden Verwertung (Groß-/ Serienproduktion, Diffusion, etc.) dar.34
Die subjektive Dimension drückt aus, „aus welcher Perspektive etwas als Innovation bezeichnet wird“35. Man unterscheidet die Global- und die Individualperspektive. Während die Sicht aus der Globalperspektive als Prämisse den Gegenstand der Weltneuheit zugrunde legt, orientiert sich die Sicht aus der Individualperspektive am jeweiligen Kenntnisstand. Jedoch sollte beachtet werden, dass es - egal aus welcher Perspektive betrachtet - keinen rein objektiven Innovationsbegriff geben kann.36
Die normative Dimension fokussiert dagegen den „Innovationserfolg und die erreichte Verbesserung“37. Auch hierbei ist die Bestimmung des jeweiligen Erfolgs bzw. Misserfolgs einer Innovation stets in gewissem Maße subjektiv, weshalb sich diese Dimension laut Hauschildt nicht zur Definition des Innovationsbegriffes eignet. Dagegen ist die normative Dimension aus Sicht der Nachfrager umso bedeutender.38
Eine vergleichsweise kurze, markante und prägnante Definition stammt von Burr. Demnach kann von Innovation gesprochen werden, wenn eine Invention „marktlich verwertet oder innerhalb eines Unternehmens genutzt und eingesetzt wird.“39
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Innovationen erst dann aus Ideen resultieren, „wenn diese in neue Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren umgesetzt werden (Invention), die tatsächlich erfolgreiche Anwendung finden und den Markt durchdringen (Diffusion).”40 Innovation ist daher die kreative (unternehmerische) Antwort auf sich verändernde Umweltbedingungen.
Innovationen lassen sich nach verschiedenen Kriterien unterscheiden. Eine klassische Sichtweise ist die Unterteilung in Produkt-, Prozess- und Sozialinnovationen.41 Da hier jedoch die Grenzen oftmals fließend sind, eine Produktinnovation beispielsweise häufig mit einer Prozessinnovation einhergeht, ist diese Klassifikation von Innovationen nicht ausreichend. Zahn und Weidler haben daher eine auf Schumpeter basierende, neue Sichtweise des integrierten Innovationsmanagements geschaffen. Demnach lassen sich Innovationen untergliedern in:
- technische Innovationen: Diese umfassen neue Produkte, Prozesse oder technisches Wissen.42
- organisationale Innovationen: Diese Dimension umfasst Strukturen, Kulturen und Systeme.43
- Geschäftsbezogene Innovationen: Diese beinhalten bspw. Neuerungen in der Branchenstruktur, der Struktur des Marktes oder dessen Grenzen, bzw. der „Spielregeln“, die für eine bestimmte Branche bzw. einen bestimmten Markt gelten.44
Um die in der Literatur bezifferten Faktoren, die einen Innovationserfolg begünstigen, näher zu betrachten, ist es zunächst erforderlich, den „Erfolg einer Innovation“ zu konkretisieren.
Zum besseren Verständnis bietet sich eine Unterscheidung in technische, ökonomische und sonstige Effekte an. Diese können wiederum direkter oder indirekter Natur sein. Während direkte Effekte, wie bspw. eine Umsatzsteigerung auf ökonomischer Ebene, sofort messbar oder zumindest sichtbar sind, gestaltet sich die Identifikation der indirekten Effekte weitaus schwieriger. Hierzu zählen z. B. auch der erzielte Lernerfolg, der aus dem Scheitern einer Innovation resultiert, wodurch dieses Scheitern wiederum als „Teilerfolg“ angesehen werden kann. Der Gesamt-Nutzen einer Innovation ergibt sich demnach aus der Summe des technischen, ökonomischen und sonstigen Erfolgs einer Innovation.45
2.4 Aufgaben und Ziele des Innovationsmanagements
Nicht jedes Unternehmen verfügt über eine eigene F&E. Um innovativ zu sein besteht bspw. ebenso die Möglichkeit, Innovationen extern käuflich zu erwerben (etwa durch Nutzung von Lizenzen) oder die F&E an eine andere Stelle der Wertschöpfungskette (z. B. an Lieferanten) auszulagern. Entschließt sich ein Unternehmen dagegen, Innovationen nicht outzusourcen oder einzukaufen, sondern intern durchzuführen, ist die Etablierung eines Innovationsmanagements eine Herausforderung, die jedes Unternehmen ernst nehmen sollte. Zunächst muss geklärt werden, ob es sich um ein befristetes IM mit dem Ziel der Lösung eines bestimmten Problems oder um IM als Daueraufgabe handelt. Von Letzterem wird gesprochen, wenn ein Unternehmen mehrere Projekte zur gleichen Zeit oder hintereinander durchführt.46
Um dies zu erreichen, bedarf es u.a. eines exzellenten IM von Anfang an. Darunter wird die “systematische Unterstützung des gesamten Innovationsprozesses von der Generierung neuer Ideen bis zu deren Umsetzung in neue Produkte”47, Verfahren oder Dienstleistungen, verstanden. IM beinhaltet ebenso die Kontrolle über Prozessfortschritte sowie die Qualität der Innovation.48 Das Ziel der systematischen Unterstützung des Innovationsprozesses und somit das zentrale Ziel des Innovationsmanagements besteht im Allgemeinen darin, die Unternehmensposition nachhaltig zu sichern und wenn möglich, gar zu verbessern.49 Konkret lassen sich die folgenden Ziele ableiten:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Ziele des Innovationsmanagements50
Von der Zielerreichung profitieren jeweils eine Vielzahl von Akteuren wie bspw. Mitarbeiter, Anteilseigner, Kunden, Lieferanten und der Staat. Dies verdeutlicht nochmals die enorme Wichtigkeit eines erfolgreich etablierten IM für diverse Stakeholder. Ein funktionierendes Innovationsmanagement erhöht demnach den Stakeholder-Value51 eines Unternehmens.
Im Gegensatz zu Entscheidungen, die routinemäßig wiederkehrende Managementaufgaben betreffen, weisen Entscheidungen über die Durchführung von Innovationsaktivitäten einige besondere Merkmale und substantielle Unterschiede auf. So sind Entscheidungen über Innovationsbelange in der Regel komplexer, die Durchsetzbarkeit oftmals schwieriger (bspw. aufgrund von ablehnender Haltung der Mitarbeiter) und die damit verbundene Unsicherheit und das Risiko aufgrund geringer bis gänzlich fehlender Erfahrungswerte deutlich höher. Zudem sind Kreativität und Zukunftsorientierung erforderlich.52
2.5 Innovationsfähigkeit
Um nachhaltig wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen KMU innovationsfähig sein. Es existieren derzeit nur wenige wissenschaftliche Schriften, die sich explizit mit der Innovationsfähigkeit von Unternehmen, insbesondere KMU, beschäftigen. Die wenigen, die sich darüber hinaus der Frage widmen, wie die Innovationsfähigkeit von Unternehmen konzeptualisiert und operationalisiert werden kann, um adaptierbare Erkenntnisse für unterschiedliche Unternehmen ableiten zu können, greifen überwiegend auf eine explorative Forschungsmethode zurück. Dies lässt sich damit begründen, dass sich die Forschung hierzu noch in einem sehr frühen Stadium befindet.53
Der Begriff „Innovatiosfähigkeit“ setzt sich zusammen aus „Innovation“ und „Fähigkeit“. Während der Innovationsbegriff bereits im vorhergehenden Abschnitt thematisiert wurde, lässt sich der Begriff „Fähigkeit“ für den Kontext der vorliegenden Arbeit als „aktuelles Handlungspotenzial eines Unternehmens zur Erfüllung von Aufgaben und Erreichung von Zielen“54 definieren. Trotz dessen existiert bislang keine einheitliche Definition des Begriffes „Innovationsfähigkeit“. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst wird. Aus dem aktuellen Stand der Forschung können dabei zwei Ansätze zur Identifizierung zentraler Strukturen von Innovationsfähigkeit abgeleitet werden, auf die im Folgenden näher eingegangen wird: die Erfolgsfaktorenforschung und der Dynamic-Capabilities-Ansatz.
2.5.1 Erfolgsfaktoren
„Innovation is widely recognized to be essential for the survival and growth of individual firms, and also for the sustainability of national and regional economic growth. Given this, an important task for policy at both the micro and macro levels of the economy would be one of identifying the critical factors that stimulate and inhibit innovation.“55
Die obenstehende Aussage von Hyland und Beckett macht deutlich, weshalb die Identifizierung von erfolgskritischen Faktoren von solch großer Bedeutung ist. Daher wurde bisher eine Vielzahl von Studien zu diesem Thema durchgeführt.
Diese stimmen mehrheitlich dahingehend überein, dass bestimmte organisationale Aspekte existieren, bei deren Vorhandensein Unternehmen erfolgreicher darin sind, Produktinnovationen am Markt durchzusetzen.56 „Somit kann die Innovationsfähigkeit als eine integrative Fähigkeit interpretiert werden, die sich aus mehreren ergänzenden SubFähigkeiten konstituiert.“57 Diese „Sub-Fähigkeiten“ werden oftmals auch als sogenannte Erfolgsfaktoren bezeichnet. Demnach sind Erfolgsfaktoren unabhängige Variablen, die auf die Innovationsfähigkeit als abhängige Variable einwirken.58
Die Erfolgsfaktorenforschung geht in ihrem Ursprung auf Ronald Daniel, Direktor und späterer Geschäftsführer der renommierten Unternehmensberatung McKinsey, zurück. Bereits im Jahre 1961 war Daniel der Meinung, in jeder Branche gebe es drei bis sechs Einflussfaktoren, die für den Erfolg einer Unternehmung maßgeblich sind. Diese Faktoren sollten für jede Branche identifiziert und sich anschließend darauf fokussiert werden.59
Später wurde dieser Ansatz weiter konkretisiert. So existieren laut Rehkugler bspw. sog. Schlüsselfaktoren. Diese haben einen stärkeren Einfluss auf den Erfolg einer Unternehmung als andere.60 Wiederum ergänzen andere Studien den Ansatz um eine zeitliche Komponente. Demnach werden als Erfolgsfaktoren alle potentiellen Wettbewerbsvorteile betrachtet, die durch unternehmensinterne und -externe Einflüsse geprägt werden.61
„Die Innovationserfolgsfaktorenforschung, die sich seit vielen Jahren mit den kritischen Einflussgrößen des Innovationserfolges beschäftigt, kann [jedoch] nach Ansicht von Kritikern keine schlüssigen und befriedigenden Ergebnisse vorweisen.“62 Zwar konnten von der bisherigen Erfolgsfaktorenforschung „eine Vielzahl von Innovationserfolgs- und - misserfolgsgrößen“63 identifiziert werden. Viele dieser Größen lassen sich jedoch wahrscheinlich auf einige wenige übergeordnete Einflusskategorien wie z. B. Ressourcenausstattung, Organisation, Kooperation, Kommunikation, Technologie und Markt zurückführen. Deren Wirkungseinfluss sowie deren tatsächlich beizubemessende Bedeutung sind größtenteils strittig.64 Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass sich die untersuchten Erfolgsfaktoren zumindest in gewisser Weise positiv auf die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens auswirken, obgleich diese keinen Innovationserfolg garantieren können. In der 2007 durchgeführten Studie des Fraunhofer Instituts wurde der Fokus auf die Faktoren gelegt, die für KMU als erfolgskritisch angesehen werden können. Die Gewichtung der einzelnen Faktoren wurde von den Teilnehmern selbst anhand der Relevanz für den Innovationserfolg vorgenommen. Diese sollten bewerten, wie erfolgskritisch sie die jeweiligen Faktoren beurteilen und einschätzen. Daraus resultierend konnte eine „Top 5“ der Faktoren abgebildet werden, die laut dieser Studie für den Innovationserfolg von KMU besonders relevant sind. 65
Wie die Grafik verdeutlicht, liegt eine große Verantwortung für den Innovationserfolg in den Händen des Managements. Dieses sollte den Mut aufbringen, neue Wege zu gehen. Ebenso ist die Vorreiterrolle des Managements entscheidend. Dieses muss es schaffen, innerhalb des Unternehmens eine Kultur zu etablieren, die es den Mitarbeitern ermöglicht, eigene Vorschläge einzubringen und in hohem Maße eigenverantwortlich zu arbeiten. Eine gute Marktkenntnis und schnelle Entscheidungswege werden ebenso als besonders bedeutsam für KMU angesehen.66
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Top 5 Erfolgsfaktoren67
Auch macht eine Vielzahl wissenschaftlicher Schriften Innovationsfähigkeitsansatzes zum Dynamic Capabilities View deutlich.68 Auf diese Sichtweise soll im Folgenden näher eingegangen werden.
2.5.2 Dynamic Capabilities
Der Begriff Dynamic Capabilities (DC, dynamische Fähigkeiten) wurde Mitte der 1990er Jahre von David J. Teece, einem renommierten US-amerikanischen Professor der University of California's Haas School of Business, geprägt und entstand auf Basis des Resource Based View (RBV). Der RBV stellt wiederum die gegenteilige Sichtweise zum Market Based View (MBV) dar. Ausgehend vom in den 1980er Jahren prominenten MBV wurde die Anpassung des Unternehmens an den Markt als entscheidender Faktor für dessen Erfolg angesehen. Beim RBV wird diese Sichtweise dahingehend umgedreht, dass anhand der Stärken eines Unternehmens ein geeigneter Markt gewählt werden sollte.69 Der Fokus liegt hierbei also auf den individuellen unternehmensinternen Stärken und Schwächen, die in Gesamtheit als „Ressourcen“ bezeichnet werden.70 Für den Erfolg eines Unternehmens ausschlaggebend sind dem RBV zufolge „einzigartige, kaum nachzuahmende Ressourcen bzw. Ressourcenkombinationen“.71 Auf Grundlage des RBV hat sich wiederum der Competence Based View (CBV) entwickelt. Dieser sagt aus, dass es nicht allein auf das Vorhandensein der laut RBV relevanten Ressourcen eines Unternehmens ankommt, um am Markt erfolgreich zu agieren. Vielmehr kommt der Kompetenz eines Unternehmens, diese Ressourcen effektiv und effizient einzusetzen, eine hohe Bedeutung zu.72 Problematisch ist jedoch sowohl beim RBV als auch beim CBV, dass die Betrachtung statisch ist. Der zu einem bestimmten Zeitpunkt gegebene Erfolg einer Unternehmung kann zwar erklärt werden, jedoch bieten beide Ansätze keine Erläuterung darüber, auf welche Art und Weise diese Vorteile zustande kamen und wie diese nachhaltig trotz sich verändernder Umweltbedingungen aufrecht erhalten werden können.73 An dieser Stelle setzt der Dynamic Capabilities View (DCV) an.
„Mit dem Begriff DC wird das Potential von Unternehmen beschrieben, sich an veränderte Bedingungen anzupassen, Chancen zu nutzen und Organisationsprobleme systematisch zu lösen, indem vorhandene interne Ressourcen verändert und weiterentwickelt, gleichzeitig jedoch externe Ressourcen gekonnt integriert werden.“74 Dabei sind DC im Vergleich zu „normalen“ ordinären Fähigkeiten meist nicht direkt anwendbar und nur sehr schwer kopier- bzw. imitierbar. Zu diesen Ressourcen gehören beispielsweise Wissen, Human Resources und Technologien.75
Der DCV veranschaulicht, wie es Unternehmen in einem sich ändernden Umfeld gelingt, Wettbewerbsvorteile zu generieren bzw. nachhaltig aufrechterhalten zu können.76 Das Modell zeigt auf, dass Unternehmen hierzu über sogenannte „dynamische Fähigkeiten“ verfügen müssen. Diese basieren wiederum auf organisationalen Routinen, d.h. „erlernte, sich wiederholende, regelbasierte und individuenübergreifende Verhaltensmuster für interdependente Handlungen im Unternehmen.“77 Dabei unterscheidet man Routinen der Koordination, des Lernens und der Rekonfiguration, auf welche im Folgenden näher eingegangen werden soll.
Routinen der Koordination zielen insbesondere darauf ab, die effektive sowie effiziente Steuerung der unternehmensinternen Ressourcen und Aktivitäten sicherzustellen.78 Dabei spielen vor allem die operativen Koordiationsroutinen, also alle Aktivitäten und Ressourcen, die Einzeltätigkeiten betreffen, die strategischen Koordinationsroutinen, die die Zukunftsausrichtung des gesamten Unternehmens betreffen sowie die Unternehmenskultur, welche das Handeln aller unternehmensinterner Individuen lenkt, zentrale Rollen.79
Unter „Routinen des Lernens“ versteht man die sozialen und kollektiven Lernprozesse, die innerhalb eines Unternehmens auf individueller und organisationaler Ebene stattfinden. Sie sind gewissermaßen die „treibende Kraft“ der DC. Auf organisationaler Ebene unterscheidet man ferner internes und externes Lernen. Während beim internen Lernen die Organisationsmitglieder selbst im Rahmen unternehmensinterner Problemlöseprozesse (wie beispielsweise in der F&E) neues Wissen schaffen, bezieht sich externes Lernen auf das Generieren von Wissen aus unternehmensexternen Quellen.80
Mithilfe von Rekonfigurationsroutinen sollen rechtzeitig Notwendigkeiten für Veränderungen erkannt werden, um anschließend geeignete Maßnahmen einleiten und diese zielgerichtet steuern zu können. Rekonfigurationsroutinen überschneiden sich dabei häufig mit den Routinen der Koordination bzw. des Lernens.81
Anhand der auf Basis des DCV identifizierten fünf zentralen Routinen ist es nun möglich, die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens näher zu konzeptionalisieren und zu operationalisieren.
Da sich die operativen Koordinationsroutinen auf die einzelnen Tätigkeiten innerhalb von Innovationsprozessen beziehen, spielt das Innovationsprozessmanagement eine zentrale Rolle. Eine Anpassung der Aufbauorganisation zugunsten einer prozessualen Ablaufperspektive liefert insofern einen wichtigen Beitrag zum Innovationserfolg eines Unternehmens, indem die hoch komplexen und dynamischen Innovationsvorgänge besser koordiniert werden können.82 Daher kann das Vorhandensein eines formalen Innovationsprozesses sowie dessen systematische Planung, Steuerung und Kontrolle in Form eines Innovationsprozessmanagements als wichtige Voraussetzung für den Innovationserfolg angesehen werden. Hierbei ist zudem essentiell, dass der festgelegte Prozessablauf mit seinen Teilschritten für alle Beteiligten verständlich ist.83
Das Ziel strategischer Koordinationsroutinen ist es, das Gesamtunternehmen für die Zukunft auszurichten. Darunter ist bspw. die Planung, Steuerung und Kontrolle aller unternehmensinternen Produktinnovationsprojekte zu verstehen (Innovationsportfoliomanagement). Ziel ist es, die begrenzten Ressourcen des Unternehmens so auf die einzelnen Projekte zu verteilen, dass damit der größtmögliche Nutzen bzw. Erfolg geschaffen werden kann.84
Eine geeignete Unternehmenskultur trägt ebenso dazu bei, Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Mithilfe der dort festgelegten Werte und Normen kann der Koordinierungsbedarf innerhalb einer Organisation erheblich reduziert werden. Optimalerweise sind die Prinzipien der Innovativität und Veränderung in der Unternehmenskultur bereits verankert, sodass von einer Innovationskultur gesprochen werden kann.85 Diese Offenheit gegenüber innovativen Ideen und Veränderungen sollte inbesondere vom Management gefördert bzw. vorgelebt werden.86 Lernroutinen sind insofern wichtig für Unternehmen, da sie diese für notwendige Anpassungen an sich verändernde Marktgegebenheiten sensibilisieren. Während internes Lernen den Prozess beschreibt, durch den bestehendes Wissen weiterentwickelt und für Produktinnovationen genutzt wird (zum Beispiel die interne F&E), umfasst externes Lernen „Problemlösungsprozesse, die Unternehmen in Zusammenarbeit mit unternehmensexternen Partnern wie bspw. Lieferanten durchführen.“87 Besonders bedeutende Kooperationspartner stellen die Kunden dar. Gelingt es Innovationen, einen Kundenwert zu schaffen, so erleichtert dies die erfolgreiche Etablierung am Markt. Durch Kommunikation und Zusammenarbeit mit Kunden können diese aktiv in den Produktentwicklungsprozess einbezogen und als wertvolle Ideen-, Informations- und Wissensquelle genutzt werden.88 Eine Möglichkeit der Miteinbeziehung von Kunden bei der Entwicklung neuer Produkte besteht in der Beobachtung von Diskussionen in Online-Communities. Das Unternehmen Procter & Gamble hat sogar seine eigene Community gegründet: bei „Pampers-Village“ tauschen sich Mütter zum Thema Windeln aus. Die virtuellen Unterhaltungen werden anschließend analysiert, um die Produkte so fortlaufend optimieren und an die Konsumentenbedürfnisse anpassen zu können.89
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Basisroutinen von Dynamic Capabilities90
Die Definition von Dynamic Capabilities wird jedoch oftmals als „tautologisches Konstrukt“, d.h. als eine „Fügung, die einen Sachverhalt doppelt wiedergibt“91, kritisiert. Ressourcen werden laut RBV als „Eigenschaften, die zum Unternehmenserfolg führen“ angesehen. Um diese Ressourcen identifizieren zu können, ist es erforderlich, Effektivität und Effizienz zu verbessern, was wiederum zum Unternehmenserfolg beiträgt. Somit lassen sich auf Basis des RBV bzw. DCV Ressourcen bzw. Capabilities nur ex post, also nach eingetretenem Unternehmenserfolg, erkennen. Konkrete Handlungsempfehlungen für Unternehmen können daraus jedoch nicht abgeleitet werden.92 Daher ist es unbedingt notwendig, die Ressourcen bzw. Capabilities zunächst weiter zu operationalisieren.93 Dies gestaltet sich in der Praxis jedoch schwierig, was der Heterogenität der Unternehmen geschuldet ist, für welche die Konzepte Anwendung finden sollen. Da sich eine Operationalisierung der Capabilities unter Berücksichtigung der VRIN-Kriterien94 als äußerst problematisch darstellt, eignen sich eher Konzepte, die sich auf bestimmte Organisationsroutinen stützen95, wie beispielsweise der dieser Arbeit zugrunde liegende Ansatz von Mirow.
2.6 Innovationsbarrieren
Zunächst ist es erforderlich, den Begriff „Innovationsbarriere“ für den weiteren Kontext dieser Arbeit zu definieren und zu konkretisieren. Der Begriff besteht aus den beiden Teilbegriffen „Innovation“ und „Barriere“. Während ersterer bereits in Kapitel 2.3 hinreichend beschrieben wurde, liegt auch für letzteren in der Literatur keine einheitliche Definition vor. Vor dem Hintergrund dieser Arbeit eignet sich jedoch insbesondere die Sichtweise von Witte. Diese besagt:
„Es darf mit der Barriere keine feststehende Schranke assoziiert werden, die entweder geöffnet oder geschlossen ist, übersprungen oder nicht übersprungen wird. Wir meinen einen graduellen Widerstand, der auch graduell überwunden werden kann.“96
Auch wenn Innovationsbarrieren unterschiedlichster Natur sein können, lassen sich doch einige zentrale Merkmale ableiten, die maßgeblich sind und eine konzeptionelle Strukturierung erlauben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Zentrale Merkmale von Innovationsbarrieren97
Mirow geht hier dem Ansatz der mehrdimensionalen Strukturierung nach. Demzufolge besteht eine Innovationsbarriere aus einem Symptom und einer Ursache. Die Symptome, wie bspw. Argumente von Opponenten gegen eine geplante Innovation, sind objektiv wahrnehmbar und werden begründet durch tiefgreifende Ursachen. Symptome können dabei auch auf mehrere Ursachen zurückgeführt werden.98
2.6.1. Unterteilung in interne und externe Innovationsbarrieren
Als externe Innovationsbarrieren gelten etwa „etablierte kulturelle Normen, die eine Ablehnung hervorrufen.“99 So können sich bestehende Gesetze und Verordnungen negativ auf Innovationen auswirken, diese be- oder gar verhindern. Ebenfalls kann die Abhängigkeit eines Unternehmens von seinen Zulieferern oder Abnehmern eine externe Innovationsbarriere darstellen, denn oftmals gehen Innovationen auch mit kostenintensiven Umstrukturierungen auf vor- oder nachgelagerten Stellen der Wertschöpfungskette einher.100 Während externe Innovationsbarrieren durch das jeweilige Unternehmen nicht direkt beeinflusst werden können, ist dennoch der Umgang der Unternehmen mit ebendiesen Barrieren von großer Bedeutung. Unternehmen die durch ihre dynamischen Fähigkeiten und ihr proaktives Change Management in der Lage sind, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen, haben diesbezüglich einen entscheidenden Vorteil. So kann bspw. durch frühzeitige, intensive Miteinbeziehung der Vertriebspartner in Innovationsvorhaben einer möglichen Ablehnung proaktiv entgegengewirkt werden.
Interne Innovationsbarrieren spielen dagegen insbesondere bei KMU eine große Rolle, denn sie haben meist mit knappen finanziellen, personellen und materiellen Ressourcen zu kämpfen. Daher bedarf es gerade bei KMU eines Innovationsmanagements zur ressourcenoptimalen Steuerung der gesamten Innovationsaktivitäten.101 Nachfolgende Abbildung verdeutlicht nochmals die Unterteilung in interne und externe Innovationsbarrieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Abgrenzung interne und externe Innovationsbarrieren 102
2.6.2 funktionale Kategorisierung von Innovationsbarrieren
Ferner findet sich in der Literatur auch die funktionale Kategorisierung von Innovationsbarrieren anhand der folgenden vier Grundkategorien:
1. Personale Innovationsbarrieren
2. Organisatorische Innovationsbarrieren
3. Finanzielle Innovationsbarrieren
4. Technische und methodische Innovationsbarrieren. 103
Der Faktor Mensch spielt bei der Durchführung von Innovationsaktivitäten eine entscheidende Rolle. Nicht selten sind personale Innovationshemmnisse ursächlich für das Scheitern von Innovationen. Man unterscheidet zwischen harten und weichen Faktoren.
Harte Faktoren (hard facts) lassen sich in betriebswirtschaftlichen Kennzahlen ausdrücken. Ein sog. harter Faktor in Bezug auf personale Innovationshemmnisse ist der Mangel an qualifiziertem Personal. Gerade KMU haben hier häufig Probleme, da sie für hochqualifizierte Arbeitnehmer oftmals als weniger attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden.104
Unter weichen Faktoren (soft facts) werden Faktoren verstanden, welche gar nicht oder nur durch Nutzung sog. „Hilfsindikatoren“ als Kennzahlen dargestellt werden können. Die „ökonomische Handlungsrelevanz [dieser Faktoren] ergibt sich aus der Kraft gruppendynamischer Prozesse“.105. Beispiele hierfür sind eine generell ablehnende Haltung der Mitarbeiter gegenüber Veränderungen, Neid oder Bereichsegoismen.
Unter organisatorischen Innovationshemmnissen versteht man das Fehlen organisatorischer Kompetenzen innerhalb einer Organisation. Beispiele hierfür sind der mangelnde Einsatz von Projektmanagementtechniken oder eine generell innovationsfeindliche Atmosphäre.106 Die Finanzierung von Innovationen ist vor allem bei KMU oftmals problematisch. Unter finanziellen Hemmnissen werden dabei nicht nur finanzielle Engpässe bei der Realisierung von Innovationsvorhaben verstanden, auch fehlende Investitionen in Schulungsmaßnahmen oder das Fehlen von finanziellen Anreizen für ideenreiche Mitarbeiter zählen zu dieser Kategorie.107
Technische und methodische Hemmnisse führen dazu, dass Innovationen praktisch nicht umgesetzt werden können. Ursächlich hierfür sind oftmals der fehlende Einsatz von Kreativitätstechniken oder fehlendes Methodenwissen bzgl. eines effizienten Projektmanagements.108
2.6.3 Ebenenabhängigkeit von Innovationsbarrieren
Wie bereits erwähnt, bringt die Betrachtung von Innovationsbarrieren auf nur einer Ebene große Nachteile mit sich und ist daher nicht mehr zeitgemäß. Bspw. ist individuelles Verhalten von Organisationsmitgliedern oftmals durch Umweltfaktoren beeinflusst und betrifft daher mehrere Ebenen. Vielmehr sollten daher auch organisationstheoretische Ansätze Beachtung finden. Deren Ziel ist es, Phänomene erklärbar zu machen, die verschiedene Ebenen einer Organisation betreffen.109 Hierzu ist es unerlässlich, Innovationsbarrieren sowohl auf der Mikro- als auch auf der Makroebene zu betrachten und ebenso gegenseitige Wechselwirkungen in die Betrachtung einzubeziehen.
Generell existieren vier Analyseebenen, auf denen jeweils unterschiedliche Barrieren eine Rolle spielen können. Die oberste Ebene ist das Umfeld einer Organisation. Häufig treten hier bspw. Barrieren auf, die die Infrastruktur, Werte und Normen einer Gesellschaft, den Bildungsstand einer Gesellschaft oder auch Regelungen für eine bestimmte Branche betreffen.110 Auf dieser Ebene findet die stärkste Aggregation bei der Betrachtung der Innovationsbarrieren statt. Die zentrale Fragestellung lautet hier: „Welche Eigenschaften des Umfeldes einer Organisation verhindern Innovation?“.111
Darunter befindet sich die Organisationsebene. Häufig betreffen die für diese Ebene relevanten Barrieren die Strukturen und Strategien innerhalb eines Unternehmens.112 Die relevante Fragestellung lautet hierbei: „Welche Eigenschaften einer Organisation verhindern Innovationsvorhaben?“113
Auf der Projektebene kommt eine wesentliche Bedeutung für den Erfolg von Innovationsvorhaben der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Teammitgliedern zu. Ebenso können sich jedoch auch Barrieren aufgrund zu komplexer Aufgaben oder eines zu komplexen Marktes ergeben.114 Die zentrale Forschungsfrage lässt sich wie folgt ableiten: „Warum können bestimmte Innovationen nicht durchgesetzt werden?“115
Die unterste Ebene stellt schließlich die Ebene des Individuums dar. In jeder Organisation und an jedem Projekt sind verschiedene Akteure beteiligt. Jeder Akteur stellt wiederum ein Individuum dar, mit unterschiedlichen Charakteristika, Werten, Fähigkeiten, Erfahrungen und Meinungen. Aufgrund dieser unterschiedlichen persönlichen Hintergründe kann es auf individueller Ebene zu Abwehrhaltungen gegen Innovationsvorhaben kommen.116 Die zu klärende Frage lautet hier: „Welche Motivation und welche Prädisposition haben Individuen, Widerstand gegen Innovation zu leisten?“117
Diese Ebenen machen die verschiedenen Sichtweisen bei der Untersuchung von Innovationsbarrieren deutlich. Zu jeder Ebene finden sich in der Literatur zahlreiche Studien. Jedoch birgt die Konzentration auf eine Ebene auch entscheidende Nachteile. Bei der Analyse von Innovationsbarrieren auf der Organisationsebene stehen bspw. die Eigenschaften eines Unternehmens im Mittelpunkt, „welche die Adoption und Diffusion von Innovationen verhindern.“118 Dies können z. B. fehlende Ressourcen oder Strategien sein. Problematisch ist hierbei die deterministische Haltung dieser Studien: so wird im Umkehrschluss darauf geschlossen, dass bei Vorhandensein dieser unternehmensinternen Ressourcen, Strategien und Führungssysteme unweigerlich Innovation auftritt. Dies ist jedoch nicht zwangsläufig der Fall, da für erfolgreiche Innovation zusätzlich eine Reihe an Mikro-Prozessen verantwortlich sind, die bei diesem Ansatz nicht näher berücksichtigt werden.119 Bei Studien auf Projekt- oder Individualebene besteht dagegen das Risiko der Vernachlässigung von übergeordneten Bedingungen, die sich auf die Innovationskraft eines Unternehmens auswirken können.120 Ein neuartiger Ansatz, welcher die Analyse von Innovationsbarrieren über alle Ebenen hinweg erlaubt und der daher für den weiteren Verlauf dieser Arbeit von essentieller Bedeutung ist, stammt von Mirow.
2.6.4 Weitere Charakteristika von Innovationsbarrieren
Innovationsbarrieren können sich ebenso überschneiden oder voneinander abhängig sein.121 Stimmt zum Beispiel das Unternehmensklima nicht, werden die Mitarbeiter höchstwahrscheinlich auch nicht sehr motiviert gegenüber Innovations- und Veränderungsprozessen sein.
Hinsichtlich der Auswirkungen von Innovationsbarrieren ist festzuhalten, dass diese nicht zwangsläufig verhindernden Charakter besitzen. Oftmals wird Innovation durch Innovationsbarrieren keineswegs verhindert, sondern verzögert oder verändert.122 Der Innovationsprozess wird daher zwar häufig negativ beeinflusst, es besteht jedoch auch die Möglichkeit der positiven Auswirkung von Innovationsbarrieren. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn ein Innovationsvorhaben durch eine konstruktive Opposition letztendlich sogar verbessert werden kann.123
Eine weitere Eigenschaft von Innovationsbarrieren ist deren grundsätzliche Überwindbarkeit. Dies kann zum einen durch das Abwarten eines besser geeigneten Zeitpunktes geschehen, was in der Praxis jedoch meist schwierig ist. Oftmals ist eine Veränderung des Umfeldes oder eine Veränderung der Innovation der geeignetere Weg zur Überwindung bzw. Umgehung.124 Eine Unterscheidung von Innovationsbarrieren auf Basis deren Wahrnehmbarkeit ist ebenfalls möglich. So gibt es offensichtliche Innovationsbarrieren, welche von den Beteiligten auch direkt wahrgenommen werden. Es können aber auch Innovationsbarrieren existieren, welche versteckt sind. Da sich diese versteckten Barrieren allerdings nicht auf bestehende Innovationsvorhaben auswirken, sind diese für den weiteren Kontext dieser Arbeit nicht relevant.125 Als dritte Gruppe lassen sich sogenannte Scheinbarrieren nennen. Darunter sind Innovationsbarrieren zu verstehen, die zwar als Barriere wahrgenommen werden, in der Realität aber gar nicht existieren.126 Diese Scheinbarrieren können ebenso negative Auswirkungen haben, wie tatsächlich existierende.
[...]
1 Vgl. Statistisches Bundesamt (2016).
2 Vgl. Rammer, C. et al. (2019). S. 4.
3 Diese Kennzahl gibt den Anteil der Unternehmen an, die innerhalb eines Jahres Produkt- oder Prozessinnovationen eingeführt haben.
4 Vgl. Zentrum für europäische Wirtschaftsförderung (2018), S. 7.
5 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (2018) S. 2.
6 Eigene Darstellung.
7 Vgl. o.V. (o.J.a).
8 o.V. (o.J.a).
9 Vgl. o.V. (o.J.a).
10 o.V. (o.J.a).
11 Vgl. Recklies, D. (2000).
12 Vgl. o.V. (o.J.b).
13 Vgl. o.V. (o.J.b).
14Vgl. Pinkwart, A. (2012) S. 3.
15 Vgl. o.V. (o.J.l).
16 Vgl. Statista (2019a).
17 Vgl. Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (2017) S.4.
18 Vgl. Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (2017) S.4.
19 Vgl. Statista (2019b).
20 Vgl. o.V. (o.J.l).
21 Vgl. o.V. (o.J.l).
22 Vgl. Anger, C. et al. (2017) S.143ff.
23 Vgl. o.V. (o.J.c).
24 Klodt, H. (o.J.).
25 Vgl. o.V. (o.J.d).
26 Vgl. o.V. (o.J.d).
27 Vgl. Sächsisches Staatsministerium für Arbeit, Wirtschaft und Verkehr, Standort Sachsen im Vergleich mit anderen Regionen, 2017, S.4.
28 Vgl. Bolz, A., 2008, S.36ff.
29 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M., 2007, S.35ff.
30 Vgl. Ernst-Siebert, R. (2008) S.8.
31 Schumpeter, A. (1931) S.100 enthalten in Hauschildt, J., Gemünden, G. (2011) S. 3.
32 Vgl. Ernst-Siebert, R. (2008) S. 8.
33 Vgl. Ernst-Siebert, R. (2008) S. 8.
34 Vgl. Hauschildt, J., Gemünden, G. (2011) S. 12.
35 Ernst-Siebert, R. (2008) S. 8.
36 Vgl. Ernst-Siebert, R. (2008) S. 8f.
37 Ernst-Siebert, R. (2008) S. 9.
38 Vgl. Ernst-Siebert, R. (2008) S. 9.
39 Lowak, T. (2009) S. 24.
40 Müller-Prothmann, T./Dörr, N. (2014) S. 7.
41 Vgl. Englberger, H. (2013) S. 61.
42 Vgl. Hauschildt, J. et al. (2016) S.11. Vgl. hierzu auch Zahn, E./Weidler, A. (1995) S. 362ff.
43 Vgl. Hauschildt, J. et al. (2016) S.11. Vgl. hierzu auch Zahn, E./Weidler, A. (1995) S. 362ff.
44 Vgl. Hauschildt, J. et al. (2016) S.11. Vgl. hierzu auch Zahn, E./Weidler, A. (1995) S. 362ff.
45 Vgl. Trillig, E., Blaeser-Benfer, A. (2013) S. 2.
46 Vgl. Lowak, T. (2009) S. 40f.
47 Müller-Prothmann, T./Dörr, N. (2014) S. 7.
48 Vgl. Müller-Prothmann, T./Dörr, N. (2014) S. 8.
49 Vgl. Müller-Prothmann, T./Dörr, N. (2014) S. 11.
50 Eigene Darstellung in Anlehnung an: Stern, T./Jaberg, H. (2010) S. 9.
51 Stakeholder Value: Ertragswert oder Nutzen, der den unterschiedlichen Anspruchsgruppen eines Unternehmens aus dessen Tätigkeit entsteht.
52 vgl. Beyer, A. (2002) S. 19, vgl. hierzu auch: Pleschak, F./Sabisch, H. (1996) S. 45f.
53 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 133.
54 Sammerl, N. et al. (2008) S. 133.
55 Hyland, P./Beckett, R. (2004), S. 36.
56 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 133.
57 Sammerl, N. et al. (2008) S. 133.
58 Vgl. Raabe, J. (2012) S. 15.
59 Vgl. Daniel, R. (1961) S. 113ff.
60 Vgl. Rehkugler, H. (1989) S. 627.
61 Vgl. Bauer, H./Sauer, N. (2004) S. 622.
62 Sammerl, N. (2006) S. 355.
63 Sammerl, N. (2006) S. 70.
64 Vgl. Sammerl, N. (2006) S. 70.
65 Vgl. Kirner, E. et al. (2007) S. 37.
66 Vgl. Kirner, E. et al. (2007) S. 37.
67 Enthalten in: Kirner, E. et al. (2007) S. 37.
68 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 133.
69 Vgl. Wernerfelt, B. (1984) S. 175f. zitiert nach:Thapa, B. (2011) S. 4.
70 Vgl. Thapa, B. (2011) S. 4.
71 Thapa, B. (2011) S. 5.
72 Vgl. Freiling, J. (2004) S. 31, zitiert nach: Thapa, B. (2011) S. 6.
73 Vgl. Thapa, B. (2011) S. 6f.
74 o.V. (o.J.e).
75 Vgl. o.V. (o.J.e).
76 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 134.
77 Sammerl, N. et al. (2008) S. 134.
78 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 134.
79 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 134.
80 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 134.
81 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 134.
82 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 135.
83 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 135.
84 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 135 f.
85 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 136.
86 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 136.
87 Sammerl, N. et al. (2008) S. 136.
88 Vgl. Sammerl, N. et al. (2008) S. 136.
89 Vgl. Salvenmoser, C. (2009).
90 Sammerl, N. et al. (2008) S. 136.
91 o. V. (o.J.g).
92 Vgl. Thapa, B. (2011) S. 9.
93 Vgl. Thapa, B. (2011) S. 9.
94 Gemäß Barney haben strategische Fähigkeiten, die Wettbewerbsvorteile nachhaltig generieren, bestimmte Eigenschaften, welche Barney als VRIN-Kriterien definiert. Die Abkürzung VRIN steht dabei für „Value“, „Rarity“, „Inimitabilty“ und „Non-Substitutability“.
95 Vgl. Thapa, B. (2011) S. 10f.
96 Witte, E. (1973) S. 73.
97 Eigene Darstellung.
98 Vgl. Mirow, C. (2010) S. 18f.
99 Kley, M. (2007) S. 116.
100 Vgl. Kley, M. (2007) S. 116.
101 Vgl. Kley, M. (2007) S. 119.
102 Rehme, M. et al. (2016) S. 66.
103 Vgl. Bitzer, B. (1990) S. 256f.
104 Vgl. Bitzer, B. (1990) S. 256f.
105 Lies, J. (o.J.).
106 Mirow, C. (2010) S. 13.
107 Vgl. Herstatt, C. et al. (2007) S. 25f.
108 Vgl. Herstatt, C. et al. (2007) S. 20.
109 Vgl. Mirow, C. (2010) S. 20.
110 Vgl. Mirow, C. (2010) S. 13.
111 Mirow, C. (2010) S. 13.
112 Vgl. Mirow, C. (2010) S. 13.
113 Mirow, C. (2010) S. 13.
114 Vgl. Mirow, C. (2010) S.13.
115 Mirow, C. (2010) S. 13.
116 Vgl. Mirow, C. (2010) S. 13.
117 Mirow, C. (2010) S. 13.
118 Mirow, C. (2010) S. 14.
119 Vgl. Mirow, C. (2010) S. 14f.
120 Vgl. Mirow, C. (2010) S. 16f.
121 Mirow, C. (2010) S. 41.
122 Vgl. Mirow, C. (2010) S. 29.
123 Vgl. Hauschildt (2016), S. 11. Zitiert nach: Mirow, C. (2010) S. 10.
124 Vgl. Mirow, C. (2010) S. 10.
125 Vgl. Mirow, C. (2010) S. 11.
126 Vgl. Mirow, C. (2010) S. 11.
- Citation du texte
- Lorena Ehnes (Auteur), 2019, Die erfolgreiche Umgehung oder Überwindung von Innovationsbarrieren von kleinen und mittleren Unternehmen in Sachsen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1150727
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