Was kann einen Menschen dazu bewegen, sich aus freien Stücken tagelang alleine
einsperren zu lassen und nichts zu essen? Essen ist eine Lebensnotwendigkeit, ein
Genuss und oftmals eine soziale und gesellschaftliche Angelegenheit. Auch die Freiheit
ist ein Privileg, das im Laufe der Geschichte immer wieder hart erkämpft werden
musste. Heute würde wohl kaum mehr jemand freiwillig und über längere Zeit auf
Freiheit und Nahrung verzichten wollen, doch im 19. Jahrhundert war das
Schauhungern sehr populär. So genannte Hungerkünstler verdienten ihren
Lebensunterhalt durch ihre, im wörtlichen Sinne, brotlose Kunst. Sie ließen sich bis zu
40 Tage lang, gut sichtbar für Zuschauer, einsperren und demonstrierten ihre ‚Kunst’,
indem sie in dieser Zeit komplett auf Nahrung verzichteten. Der Gedanke daran scheint
uns heute eher befremdlich, doch auf das zeitgenössische Publikum übten diese
„Hungerkünstler“ eine Faszination aus. Auch wenn der finanzielle Aspekt dabei eine
gewisse Rolle spielte (für das Anschauen wurden Eintrittsgelder erhoben), stand doch
immer das Hungern als Schauspiel im Vordergrund.
Dieser Thematik nahm sich auch Franz Kafka (1883-1924) in seiner Erzählung Ein
Hungerkünstler an. Die Geschichte handelt von einem ‚Hungerkünstler’, der, anfangs
noch von allen bewundert, immer mehr in Vergessenheit gerät und am Ende vollständig
verschwindet, „weil [er] nicht die Speise finden konnte, die [ihm] schmeckt.“2
Im Blickpunkt der folgenden Arbeit soll eine Analyse Kafkas Erzählung stehen, die
erläutert, aus welchen Gründen heraus der ‚Hungerkünstler’ seine Kunst präsentiert, wie
seine Beziehung zu den Menschen in seinem Umfeld aussieht und wie seine Kunst ihr
Ende findet. Den Rahmen der Arbeit bildet die Darstellung zweier ‚Hungerkünstler’ im
19. Jahrhundert und der Bezug zu heute am Beispiel eines Hungerkünstlers des 21.
Jahrhunderts.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Hungern für die Kunst
- Hungerkünstler im 19. Jahrhundert
- Dr. Henry Tanner
- Giovanni Succi
- Betrugsfälle in der Hungerkunst
- Die Wandlung von Kafkas Hungerkünstler vom,Star' zum, Toten'
- Motivationen des Hungerkünstlers
- Das soziale Umfeld des Hungerkünstlers
- Das Ende des Hungerkünstlers
- Ein Hungerkünstler im 21. Jahrhundert: David Blaine
- Zwei Seiten der Medaille
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert Franz Kafkas Erzählung „Ein Hungerkünstler“ und untersucht die Motivationen des Hungerkünstlers, seine Beziehung zu seinem sozialen Umfeld und das Ende seiner Kunst. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die Hintergründe des Hungerkünstlers im Kontext des 19. Jahrhunderts zu beleuchten und einen Vergleich zu einem Hungerkünstler des 21. Jahrhunderts zu ziehen.
- Die Kunst des Hungern als Ausdruck von Selbstverwirklichung und Anerkennung
- Die Ambivalenz der Beziehung zwischen Hungerkünstler und Publikum
- Die gesellschaftliche Wahrnehmung und Bewertung von Hungerkünstlern
- Die Rolle der Medien und der öffentlichen Meinung im Kontext der Hungerkunst
- Die Grenzen zwischen Kunst, Selbstzerstörung und Krankheit
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Kunst des Hungern im Kontext des 19. Jahrhunderts und stellt die Frage, was Menschen dazu bewegt, freiwillig auf Nahrung zu verzichten. Es wird die Faszination des Publikums für Hungerkünstler und die gesellschaftliche Bedeutung dieser Kunstform untersucht.
Das zweite Kapitel widmet sich zwei prominenten Hungerkünstlern des 19. Jahrhunderts: Dr. Henry Tanner und Giovanni Succi. Es werden ihre Lebensläufe, ihre Motivationen und ihre Karrieren als Hungerkünstler dargestellt. Zudem wird auf die Kritik und die Ambivalenz der öffentlichen Wahrnehmung von Hungerkünstlern eingegangen.
Das dritte Kapitel analysiert Franz Kafkas Erzählung „Ein Hungerkünstler“ und untersucht die Motivationen des Hungerkünstlers, seine Beziehung zu seinem sozialen Umfeld und das Ende seiner Kunst. Es wird die Frage gestellt, ob der Hungerkünstler ein Opfer seiner eigenen Kunst oder ein bewusster Künstler ist, der seine Kunst als Mittel zur Selbstverwirklichung und Anerkennung nutzt.
Das vierte Kapitel stellt einen Hungerkünstler des 21. Jahrhunderts, David Blaine, vor und vergleicht ihn mit den Hungerkünstlern des 19. Jahrhunderts. Es wird untersucht, wie sich die Kunst des Hungern im Laufe der Zeit verändert hat und welche Rolle die Medien und die öffentliche Meinung im Kontext der Hungerkunst spielen.
Das fünfte Kapitel fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und stellt die Frage, ob die Kunst des Hungern eine Form von Selbstverwirklichung oder Selbstzerstörung ist. Es wird die Ambivalenz der Beziehung zwischen Hungerkünstler und Publikum und die Grenzen zwischen Kunst, Selbstzerstörung und Krankheit beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Hungerkunst, Franz Kafka, „Ein Hungerkünstler“, Dr. Henry Tanner, Giovanni Succi, David Blaine, Selbstverwirklichung, Anerkennung, Selbstzerstörung, Krankheit, Medien, öffentliche Meinung, Gesellschaft, Kunst, Kulturgeschichte.
- Quote paper
- Stefanie Pokorny (Author), 2007, "Weil ich nicht die Speise finden konnte, die mir schmeckt" - Das Hungern nach Anerkennung in Franz Kafkas "Ein Hungerkünstler", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115041
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