Ludolf Herbst beschreibt in seinem 2010 publizierten Buch "Hitlers Charisma - Die Erfindung eines deutschen Messias", wie es die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler vor der Machtergreifung 1933 schafften, mittels Propaganda und Inszenierungen weite Teile des deutschen Volkes in ihren Bann zu ziehen. Dabei zielt Herbst auf eine Entmythologisierung Hitlers als "deutscher Messias" ab.
Herbst beschreibt in seinem Buch ausführlich und mit vielen Quellenangaben belegt, wie sich Adolf Hitler zu dem Mann entwickelte, der es verstand, ein ganzes Volk in seinen Bann zu ziehen. Dabei achtet Herbst auf die Auswahl seiner Quellen und beschreibt und begründet verständlich seine Quellenauswahl.
Inhaltsverzeichnis
1 Inhaltsangabe
2 Kommentare, Kritik und eigene Stellungnahme
3 Fazit
4 Literaturverzeichnis
1 Inhaltsangabe
Ludolf Herbst beschreibt in seinem 2010 publizierten Buch Hitlers Charisma - Die Erfindung eines deutschen Messias, wie es die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler vor der Machtergreifung 1933 schafften, mittels Propaganda und Inszenierungen weite Teile des deutschen Volkes in ihren Bann zu ziehen. Dabei zielt Herbst auf eine Entmythologisierung Hitlers als „deutscher Messias“ ab.
Ludolf Herbst, geboren am 21. März 1943 in Wülfinghausen-Holtensen, ist ein deutscher Historiker, der von 1991 bis 2009 als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Humboldt-Universität in Berlin war. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts und gilt als einer der besten Kenner des Dritten Reichs. Ausgehend von der Tatsache, dass ein ganzes Volk Adolf Hitlers Charisma mit Begeisterung verfallen war, möchte Herbst aufzeigen, woher das Charisma Hitlers kommt und ob man letztendlich überhaupt noch davon sprechen kann.
Als Grundlage für seine Analyse bezieht sich Herbst zunächst auf Max Webers Herrschaftssoziologie. Weber unterscheidet drei Idealtypen der Herrschaft. Im Zusammenhang mit dem Titel des Buchs gilt das Hauptaugenmerk dem Idealtyp der charismatischen Herrschaft. Hier führt Ludolf Herbst eine Umschreibung der Begrifflichkeit an. Als charismatische Herrschaft bezeichnet Herbst die Situation, wenn eine Persönlichkeit, die als begabt, begnadet und mit außeralltäglichen Qualitäten gesegnet angesehen wird, eine soziale Beziehung mit seiner Gefolgschaft hat, die von der charismatischen Persönlichkeit Befehle entgegennimmt. Dabei entsteht eine Führer- Gefolgschaftsbeziehung, die auf den Glauben an den Führer beruht (vgl. Herbst 2010, S. 264). Desweiteren schreibt Herbst, dass sich die charismatische Herrschaft bewähren muss.
Im weiteren Verlauf des Buchs geht Herbst auf die Jugendjahre Hitlers ein, um zu untersuchen, zu welchem Zeitpunkt sich Hitler von einem gewöhnlichen, wenig talentierten und teilweise am Rande der Verwahrlosung (vgl. Ebd., S. 73) lebenden Mensch zu der Persönlichkeit entwickeln konnte, die andere in seinen Bann zog. Hierbei stellt sich heraus, dass Hitler in seinen ersten 30 Lebensjahren bis 1919/1920 alle Voraussetzungen für einen Charismatiker fehlten. Hitler lebte während dieser Zeit in Linz, Wien und München und war kein praktizierender Antisemit. Seine Interessen, schreibt Herbst, galten unter anderem dem Theater, der Oper, der Musik, sowie der Malerei. Beim Theater und der Oper galt sein Hauptinteresse den bühnischen Inszenierungen der jeweiligen Vorführungen. Dieses Interesse zeigt sich später zum Beispiel bei der Inszenierung der Nürnberger Parteitage 1934. Desweiteren beschreibt Herbst, dass der junge Adolf Hitler des Öfteren Parlamentsdebatten in Wien besuchte, um die Gestik der Redner zu studieren. Der Inhalt der Debatten war für Hitler zweitrangig, zumal er die Sprachen teilweise nicht verstand. Hier wird dargestellt, dass sich Hitler schon früh ein unbewusstes Charisma-Wissen angeeignet hat, was später für ihn eine wichtige Rolle gespielt hat.
Hitlers Mitgliedschaft beim Gruppenkommando 4 der Bayerischen Reichswehr, die am 31. März 1921 endete, wird von Herbst als entscheidender und wichtiger Punkt bei der Formierung des Politikers Adolf Hitler angesehen. Hitler näherte sich durch den Umgang und den Kontakten zu antisemtischen „Ideologen“ der Thule-Gesellschaft und der Aufklärungsarbeit beim Gruppenkommando 4 dem Antisemitismus an. Herbst schreibt, dass Hitler in deren Bannkreis gezogen wurde und dadurch auch Zugang zu antisemitischen Schriften bekam (vgl. Herbst 2010, S.105). Durch Betreiben der Reichswehr nahm Hitler am 12. September 1919 zum ersten Mal Kontakt mit der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) auf. Die Reichswehr erkannte Hitlers rhetorisches Rednertalent und förderte ihn in diesem Punkt. Herbst schildert, wie und warum Hitler nach und nach die Versammlungssäle füllte. Gründe hierfür, die Herbst nennt, sind die Themen seiner Reden (unter anderem tagespolitische Themen, Versailler Friede, antisemitische Parolen und Erörterung der Weltlage), die Stimmung bei den Veranstaltungen (von Herbst als „Gaudi“ bezeichnet), sowie der Inhalt seiner Reden. Hitler sprach folglich das an, was die Menschen damals hören wollten und erfüllte so ihre Erwartungshaltungen. Dabei war es nicht vorrangig von Bedeutung, was er sagte, sondern wie es Hitler sagte.
Herbst beschreibt den inneren Wandel der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (nachstehend NSDAP genannt), von ihren Anfängen, als sie noch keine diktatorisch geführte Partei war, bis hin zur Etablierung als Führerpartei, ohne die Hitler nicht erfolgreich sein konnte. Nach Hitlers Haftentlassung (er saß in Haft aufgrund des gescheiterten Novemberputschs 1923) im Dezember 1924 wird die NSDAP neu gegründet. Dabei stellte sich Hitler als alleiniger Führer an die Spitze der Partei und wurde so, laut Herbst, zum Führer der Bewegung (vgl. Ebd., S. 223). Herbst beschreibt, wie die NSDAP, trotz innerparteilichen Konflikten, zu einer so mächtigen und einflussreichen Partei in Deutschland werden konnte. Diesen Erfolg führt Herbst vor allem auf die Organisationsstruktur der NSDAP nach 1929 zurück (vgl. Ebd., S. 238). Initiiert durch Heinrich Himmler und Gregor Strasser, dem Hitler nach deren Konflikt die Koordination der Propaganda übertrug, kam es zu einer Konzentration der Propagandaaktionen, um die Bevölkerung intensiver auf die NSDAP aufmerksam zu machen. Außerdem spricht Herbst in diesem Zusammenhang von einer „strategischen Schwenkung“ (Herbst 2010, S. 243) der Propaganda. Das bedeutet, dass die NSDAP durch die Gründung von verschiedenen Verbänden versuchte, in die diversen Wählerschichten vorzudringen und diese an sich zu binden bzw. diese für sich zu gewinnen. Herbst nennt unter anderem den „Nationalsozialistischen Deutschen Studenten,- Lehrer, - und Ärztebund“ (vgl. Ebd., S. 245) als Beispiel. Für Herbst stellt daher die sehr gute Organisationsstruktur der NSDAP, in der nichts dem Zufall überlassen wurde, die Grundlage für den Machtzuwachs der der Partei dar.
In diesem Zusammenhang schildert Herbst die ausgefeilten Propagandatechniken, die Inszenierung des Nationalsozialismus sowie die Ritualisierung des Führerkults. Durch die detailliert geplanten Redeauftritte und die Massenveranstaltungen, die ritualisiert und ausschließlich auf die Person Adolf Hitler zugeschnitten waren, wollten die Nationalsozialisten das Volk erreichen und in ihren Bann ziehen. Als Beispiel für die detaillierte Planung und Durchführung der NS-Inszenierungen führt Herbst den Aufbau und Ablauf von NS-Parteiversammlungen an. Angefangen von der Auswahl des Publikums durch das rigide Einlaßreglement (vgl. Ebd., S. 206) und einer, wie es Herbst nennt, Gesichtskontrolle, bis hin rituell-symbolischen Handlungen, wie der sogenannte „Hitler-Rundgang“. Ein weiterer wichtiger, und in dem Zusammenhang der Inszenierung zu erwähnender Punkt, ist Leni Riefenstahls Film Triumph des Willens, der den Reichsparteitag 1934 in Nürnberg zum Thema hat. Herbst bezeichnet den Film als den „Idealtypus der Inszenierung des Charismas“ (Ebd., S. 210). Hier sei beispielsweise die Anfangsszene des Films erwähnt, als Hitler wie ein Messias und Erlöser in seinem Flugzeug über den Wolken von Nürnberg schwebt und auf der Erde landet. Desweiteren geht Herbst noch auf den Totenkult und die Rednerschulungen ein, die ebenfalls, neben den bereits genannten Inszenierungsmöglichkeiten, Teil der NS-Propagandamaschinerie waren.
Die Erfindung eines deutschen Messias, so der Untertitel von Herbsts‘ Buch, hat für ihn zwei Ebenen. Einerseits erfand sich Hitler in seinem Buch „Mein Kampf“, das er während seiner einjährigen Haftzeit verfasste, selbst als Messias und andererseits sah ihn seine spätere engere Gefolgschaft, zu denen unter anderem Dietrich Eckart, Rudolf Heß und Arthur Rosenberg gehörten, als den Retter aus der Not und dem Elend an. Herbst geht dabei auf die Inhalte von „Mein Kampf“ ein. Hierfür zitiert er einige Stellen aus dem Buch und umschreibt Hitlers Selbststilisierung. Einige erwähnenswerte Themen sind die Ausführungen über Propaganda, die Herbst als professionell bezeichnet (vgl. Herbst 2010, S. 179), sowie Hitlers Weltanschauung und der damit einhergehende fanatische Antisemitismus. Der Hass und die Errettung der Welt vor den Juden werden von Hitler als eine Mission, die historisch legitimiert ist, angesehen. Herbst beschreibt den Antisemitismus als den Fixpunkt von Hitlers Propaganda, weil hier gegen ein gemeinsames Feindbild, einen Sündenbock für alles (vgl. Ebd., S. 191), vorgegangen werden kann.
Abschließend fasst Herbst die wichtigsten Erkenntnisse seiner Ausführungen nochmals zusammen und kommt zu dem Fazit, dass Hitler ohne die gute und detaillierte Organisation der NSDAP, sowie der Verehrung seiner Gefolgschaft niemals Erfolg haben konnte. Er plädiert also für eine Entmythologisierung Hitlers. Denn das Element der Bewährung, wie zu Beginn beschrieben, ist bei Hitler nicht vorhanden.
2 Kommentare, Kritik und eigene Stellungnahme
Herbst beschreibt in seinem Buch ausführlich und mit vielen Quellenangaben belegt, wie sich Adolf Hitler zu dem Mann entwickelte, der es verstand, ein ganzes Volk in seinen Bann zu ziehen. Dabei achtet Herbst auf die Auswahl seiner Quellen und beschreibt und begründet verständlich seine Quellenauswahl. Besonders bei der Quellenauswahl zu Hitlers Jugendjahren ist ihm diese Unterscheidung wichtig, um die Biographie Hitlers zu entrümpeln und von allen Inter- und Extrapolitionen zu befreien, die einer Quellenkritik nicht standhalten würden (vgl. Ebd., S. 64). Um ein klares Bild von Hitlers Jugendjahren zu beschreiben, werden außerdem die Erinnerungsquellen abgegrenzt. Damit sind später aufgeschriebene und dadurch eventuell manipulierte Erinnerungen gemeint. Nach diesen vorbereitenden Ausführungen zur Quellenauswahl schafft es Herbst, die ersten 30 Jugendjahre Hitlers so zu beschreiben, dass man einen guten und detaillierten Einblick zur Person Adolf Hitler bekommt. Herbst schildert Hitlers frühes Interesse für die bühnischen Inszenierungen und die Gestik bei politischen Diskussionen und Reden. Diese zwei Punkte spielen im weiteren Verlauf der Geschichte eine wesentliche Rolle für Hitler. Daher schreibt Herbst, dass sich Hitler ein unbewusstes Charisma-Wissen aneignete (vgl. Ebd., S. 82/83). Herbst greift immer wieder die Frage auf, ob Hitler zu seiner Zeit in Wien und Linz bereits antisemitische Vorstellungen hatte und sich dem zunehmenden antisemitischen Trend der Jahre 1916/1917 anschloss. Diese Frage muss Herbst jedoch offen lassen, da es keinen Quellenbeleg dafür gibt (vgl. Ebd., S. 76). Es wird also deutlich, dass Hitler zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Anhaltspunkte bot, um ihn als den Charismatiker und Messias zu bezeichnen, wie es zu einem späteren Zeitpunkt getan wurde.
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- Arbeit zitieren
- Christoph Jaun (Autor:in), 2010, Hitler-Darstellungen in der heutigen Zeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1150162
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