Das Hauptziel der Arbeit ist zu untersuchen, wie effektiv die Anwendung von transformationaler Führung in der Covid-19-Situation ist.
Im Dezember 2019 wurde eine Reihe von Lungenentzündungen in der chinesischen Stadt Wuhan bemerkt, die im weiteren Verlauf von der WHO untersucht wurde. Als Ursache wurde ein Virus benannt, welches der Familie der Coronaviren angehört und die zuvor unbekannte Krankheit Covid-19 verursacht. Aufgrund der vernetzten und globalisierten Welt erreichte das Virus rapide andere Länder, wodurch die Infektionszahlen schnell anstiegen. Im Zuge dieser Entwicklung wurde die Lage unter Covid-19 Ende März 2020 vom Generaldirektor der WHO offiziell zu einer Pandemie erklärt. Von diesem Virus geht eine schwere gesundheitliche Gefährdung aus und bisher wurde noch kein Impfstoff zugelassen, der zuvor ausreichend auf Sicherheit und Wirksamkeit geprüft wurde. Aus diesem Grund sollte eine zu schnelle Verbreitung vermieden werden, denn das Gesundheitswesen verfügt nicht über die nötigen Kapazitäten, um eine Massenansteckung zu behandeln und dies hätte eine Überlastung der Krankenhäuser zur Folge.
Um sicherzustellen, dass dies nicht geschieht, wurden verschiedene Maßnahmen eingeführt, zum Beispiel bundesweite Kontaktbeschränkungen in Deutschland sowie die Schließung von Gastronomie- und vielen Dienstleistungsbetrieben. Die Problemstellung für viele Unternehmen liegt seit den Betriebsschließungen in fehlenden Aufträgen und damit verbunden fehlenden Umsätzen. Es müssen Notfallmaßnahmen getroffen werden, um die Ausgaben den Einnahmen anzupassen. Das geschieht in etwa durch Einsparungen in Personalkosten, wodurch eine weitere Problemstellung entsteht für die Mitarbeiter der Unternehmen. Diese haben Angst um ihren Job und ihre Existenz, da sie Kündigungen oder Kurzarbeitergeld erwarten. In der Vorbereitung auf die Arbeit wurde ein Weg gesucht, um in Krisenzeiten die Unsicherheiten und Ängste von Mitarbeitern zu minimieren oder zu beseitigen, damit sie eine Unterstützung sind für die Unternehmen, die teilweise selbst mit schwerwiegenden Verhältnissen zu kämpfen haben. Dem Konzept der transformationalen Führung wird nachgesagt, in speziell diesem beschriebenen Umfeld effektiv zu sein. In der Literatur wird dieser Führungsstil mehrfach als Führung in Veränderungsprozessen und Krisen dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Covid-19
2.1 Covid-19 und die Lage in Deutschland
2.2 Problemstellung für Unternehmen
2.3 Problemstellung für Beschäftigte
3. Krisensituationen
3.1 Krisendefinition
3.2 Wandel des Krisenverständnisses
3.3 Covid-19 als Krisensituation
3.4 Chancen durch Covid-19
4. Transformationale Führung
4.1 Modell der transformationalen Führung
4.2 Abgrenzung des Führungsstils
4.2.1 Transformationale und transaktionale Führung
4.2.2 Transformationale und charismatische Führung
4.3 Aktueller Forschungsstand
4.4 Grenzen und Gefahren
5. Zusammenfassung der Theorie
6. Zielsetzung der empirischen Forschung
7. Methodisches Vorgehen
7.1 Forschungsmethode
7.2 Erhebungsinstrumente
7.3 Stichprobe
7.4 Durchführung der Interviews
7.5 Vorgehensweise bei der Auswertung
7.5.1 Auswahl der Auswertungsmethode
7.5.2 Vorbereitung der Extraktion
7.5.3 Durchführung der Extraktion
8. Ergebnisse
8.1 Vergleich der Ergebnisse
8.2 Diskussion der Ergebnisse
8.2.1 Ergebnis Forschungsfrage 1
8.2.2 Ergebnis Forschungsfrage 2 und Hypothese 2
8.2.3 Ergebnis Forschungsfrage 3 und Hypothese 1
8.2.4 Ergebnis Forschungsfrage 4 und Hypothese 3 und 4
9. Diskussion und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhang A: Interviewleitfaden
Anhang B: Einwilligungserklärung zum Interview
Anhang C: Verpflichtung zur Einhaltung des Datenschutzes
Anhang D: Interview mit Interviewpartner B1
Anhang E: Interview mit Interviewpartner B2
Anhang F: Interview mit Interviewpartner B3
Anhang G: Interview mit Interviewpartner B4
Anhang H: Interview mit Interviewpartner B5
Anhang I: Kategoriensystem
Anhang J: Codierung
Anhang K: Tabellarische Auswertung der Experteninterviews
Anhang L: Zuordnung der Aussagen im Kategoriesystem
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Covid-19-Fälle weltweit in 2020
Abbildung 2: Full Range of Leadership-Modell
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Subjektive Leistungskriterien und ihre Beziehung zum FRLM
Tabelle 2: Objektive Leistungskriterien und ihre Beziehung zum FRLM
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Im Dezember 2019 wurde eine Reihe von Lungenentzündungen in der chinesischen Stadt Wuhan bemerkt, die im weiteren Verlauf von der WHO untersucht wurde. Als Ursache wurde ein Virus benannt, welches der Familie der Coronaviren angehört und die zuvor unbekannte Krankheit Covid-19 verursacht. Aufgrund der vernetzten und globalisierten Welt erreichte das Virus rapide andere Länder, wodurch die Infektionszahlen schnell anstiegen. Im Zuge dieser Entwicklung wurde die Lage unter Covid-19 Ende März 2020 vom Generaldirektor der WHO offiziell zu einer Pandemie erklärt (Weltgesundheitsorganisation 2020a). Von diesem Virus geht eine schwere gesundheitliche Gefährdung aus und bisher wurde noch kein Impfstoff zugelassen, der zuvor ausreichend auf Sicherheit und Wirksamkeit geprüft wurde (vgl. Robert Koch-Institut 2020a). Aus diesem Grund sollte eine zu schnelle Verbreitung vermieden werden, denn das Gesundheitswesen verfügt nicht über die nötigen Kapazitäten, um eine Massenansteckung zu behandeln und dies hätte eine Überlastung der Krankenhäuser zur Folge. Um sicherzustellen, dass dies nicht geschieht, wurden verschiedene Maßnahmen eingeführt, zum Beispiel bundesweite Kontaktbeschränkungen in Deutschland sowie die Schließung von Gastronomie- und vielen Dienstleistungsbetrieben. Durch diese Maßnahmen wurde das soziale und wirtschaftliche Leben massiv eingeschränkt. Das BIP in Deutschland sank im ersten Quartal 2020 um circa 2% und im zweiten Quartal um fast 12% gegenüber dem Vorjahresquartal (vgl. Statistisches Bundesamt 2020a). Die Problemstellung für viele Unternehmen liegt seit den Betriebsschließungen in fehlenden Aufträgen und damit verbunden fehlenden Umsätzen. Es müssen Notfallmaßnahmen getroffen werden, um die Ausgaben den Einnahmen anzupassen. Das geschieht in etwa durch Einsparungen in Personalkosten, wodurch eine weitere Problemstellung entsteht für die Mitarbeiter1 der Unternehmen. Diese haben Angst um ihren Job und ihre Existenz, da sie Kündigungen oder Kurzarbeitergeld erwarten. In der Vorbereitung auf die Arbeit wurde ein Weg gesucht, um in Krisenzeiten die Unsicherheiten und Ängste von Mitarbeitern zu minimieren oder zu beseitigen, damit sie eine Unterstützung sind für die Unternehmen, die teilweise selbst mit schwerwiegenden Verhältnissen zu kämpfen haben. Dem Konzept der transformationalen Führung wird nachgesagt, in speziell diesem beschriebenen Umfeld effektiv zu sein. In der Literatur wird dieser Führungsstil mehrfach als Führung in Veränderungsprozessen und Krisen dargestellt (vgl. Pawar/Eastman 1997: 82; Bass/Riggio 2005: 54f.).
Das Hauptziel der Arbeit ist zu untersuchen, wie effektiv die Anwendung von transformationaler Führung in der Covid-19-Situation ist. Speziell zu diesem Thema wurden aufgrund der Neuartigkeit noch keine relevanten Studien gefunden. Mehrfach erforscht wurde jedoch, wie bereits im vorherigen Abschnitt erwähnt, die Effektivität von transformationaler Führung bei Veränderungen oder in Krisen, daher gilt zunächst einmal zu untersuchen, ob diese Pandemie eine Krise ist. Ein weiterer Aspekt, den es zu klären gibt, ist, ob transformationale Führung von Führungskräften in der Praxis tatsächlich angewendet wird. Ebenfalls bedeutsam ist der Einbezug von branchenoder situationsspezifischen Unterschieden, da sich nicht jedes Unternehmen im gleichen Umfeld bewegt und sich dadurch eine etwaige Anwendung möglicherweise als mehr oder weniger effektiv erweist. Die Zielsetzung ist somit, die folgenden Forschungsfragen zu beantworten:
- Welche Merkmale einer Krise treffen auf die Covid-19-Pandemie zu?
- In welchem Umfang wird transformationale Führung in der Covid-19-Pandemie tatsächlich in der Praxis angewendet?
- Welchen Einfluss hat die transformationale Führung auf die Problemstellungen zwischen Unternehmen und Mitarbeitern, die sich durch die Bedrohung durch Covid-19 ergeben?
- Welche branchen- und situationsabhängigen Umstände begünstigen oder benachteiligen transformationale Führung?
Die vorliegende Arbeit soll die vorgestellten Fragen durch einen theoretischen und einen empirischen Teil beantworten. Der theoretische Teil soll ein Grundverständnis über die Thematik verschaffen und beinhaltet zunächst eine genauere Betrachtung der Problemstellungen für Unternehmen und ihre Mitarbeiter in Deutschland durch Covid-19. Es folgt eine Krisendefinition auf Basis der Literatur. Danach wird der Wandel des Krisenverständnisses seit der Antike bis zur Moderne vorgestellt, um Covid-19 im Krisenkontext anwenden zu können und positive sowie negative Aspekte der Situation zu beleuchten. Daraufhin wird das Konzept der transformationa- len Führung vorgestellt und von weiteren Führungsstilen abgegrenzt. An dieser Stelle wird der aktuelle Forschungsstand vorgestellt und auch auf mögliche Grenzen und Risiken durch transformationale Führung hingewiesen. Der Teil endet mit einer Zusammenfassung der theoretischen Erkenntnisse.
Der empirische Teil beginnt mit einer Darstellung der Hypothesen, die sich aus den Forschungsfragen ableiten lassen und fährt fort mit einer Erläuterung des methodischen Vorgehens, das als qualitative Forschung in Form von Experteninterviews umgesetzt wurde. Die Ergebnisse der Forschung werden des Weiteren vorgestellt und diskutiert, um dadurch die Hypothesen zu verifizieren oder falsifizieren und die Forschungsfragen zu beantworten. Abschließend wird im Rahmen einer Diskussion auf Auffälligkeiten eingegangen, die sich während der Auswertung der Ergebnisse ergaben. Diese Auffälligkeiten ergaben weitere Fragen, aus denen Hypothesen abgeleitet wurden, die für weitere Forschungen verwendet werden können.
2. Covid-19
2.1 Covid-19 und die Lage in Deutschland
Covid-19 ist eine neuartige Lungenkrankheit, die durch das Virus SARS-CoV-2 verursacht wird. Dieses Virus erhielt seinen Namen, da es eng verwandt mit dem bereits bekannten SARS-CoV- Virus ist, welches die Krankheit SARS hervorruft und damit 2002 und 2003 schon viele Menschenleben forderte (vgl. Weltgesundheitsorganisation o.J.). Die Gefahr, die von Covid-19 ausgeht und die Eindämmung der Verbreitung massiv erschwert, ist der Krankheitsverlauf. Das Virus wird durch Tröpfcheninfektion übertragen und hat eine maximale Inkubationszeit von 14 Tagen (vgl. Weltgesundheitsorganisation 2020b: 12). In diesem Zeitraum treten noch keine Krankheitssymptome auf, jedoch können sich andere Personen bereits infizieren. In folgender Abbildung ist die Anzahl der Covid-19-Infizierten weltweit im Zeitraum vom 22.01.2020 bis 17.08.2020 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Covid-19-Fälle weltweit in 2020 (in Anlehnung an John Hopkins University & Medicine 2020)
Deutlich zu sehen ist der exponentielle Verlauf der Infektionen. Am 01.02.2020 lag die Zahl der Infizierten noch bei 12 000, am 01.05.2020 stieg sie schon auf 3,4 Millionen an und am 17.08.2020 gab es bereits fast 22 Millionen gemeldete Fälle. Auch die Symptomatik ist sehr vielfältig und variiert stark, weswegen Covid-19 schnell mit einer Erkältung verwechselt werden kann, bis die Erkrankung im Ernstfall stark ausgeprägt ist und in Form von Lungenversagen lebensgefährlich werden kann. Vor allem ältere Menschen über 60 oder Menschen mit Vorerkrankungen haben oft mit einem schweren Verlauf der Krankheit zu kämpfen, wohingegen junge und gesunde Menschen, die sich anstecken, meistens vom Verlauf der Krankheit nur sehr wenig mitbekommen (vgl. Weltgesundheitsorganisation 2020b: 12). Eine dauerhafte Vermeidung einer Ansteckung kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht gewährleistet werden, da noch kein ausreichend geprüfter Impfstoff gegen SARS-CoV-2 zugänglich gemacht wurde. Obwohl viele Forscher an Impfstoffen arbeiten, wird eine Zulassung aufgrund der aufwendigen Zulassungsverfahren frühestens 2021 als wahrscheinlich angesehen (vgl. Robert Koch-Institut 2020a). Aus diesem Grund wurde eine Reihe von Maßnahmen getroffen, um sicherzustellen, dass das Virus sich so langsam wie möglich ausbreitet und das Gesundheitssystem somit nicht überlastet wird. Bei einer zu hohen Zahl gleichzeitig Infizierter würden die Krankenhäuser nicht über die benötigten Betten und Mittel verfügen, um eine angemessene Behandlung aller Erkrankten zu gewährleisten (vgl. Bundesgesundheitsministerium 2020a). Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, wurde neben dem Versuch, die Ausbreitung zu verlangsamen, das Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz verabschiedet. Dieses Gesetz soll Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen dabei unterstützen, die Belastung durch Covid-19 tragen zu können. Unter anderem werden finanzielle Mittel geboten für Kapazitäten, die für Covid-19-Patienten geschaffen werden und zum Ausgleich damit verbundener verminderter Umsätze (vgl. Bundesgesundheitsministerium 2020b).
Im Folgenden wird lediglich auf die Maßnahmen und daraus resultierende Folgen eingegangen, die in Deutschland umgesetzt wurden, da diese landesspezifisch sind. Außerdem werden nur einige bedeutsame Punkte vorgestellt, da eine vollständige Auflistung den Rahmen sprengen würde. Zunächst wurden Empfehlungen ausgesprochen, größere Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern abzusagen, um große Menschenmengen zu vermeiden und einen Abstand zu anderen Personen einzuhalten (vgl. CDU 2020). Nachdem die WHO die Situation offiziell zur Pandemie erklärt hatte, verschärften sich diese Empfehlungen nach und nach zu Beschlüssen. Es wurden Grenzkontrollen eingeführt und Einreiseverbote für Bürger außerhalb der EU ausgesprochen. Weiterhin wurden Gastronomie- sowie viele Dienstleistungsbetriebe geschlossen und Kontaktbeschränkungen eingeführt, die den öffentlichen Umgang mit mehr als einer nicht dem eigenen Haushalt angehörigen Person untersagten (vgl. ebd.). Durch diese Regelungen wurde das soziale und wirtschaftliche Leben in Deutschland massiv eingeschränkt und es entwickelten sich existenzgefährdende Problemstellungen für viele Unternehmen und ihre Mitarbeiter, die in den folgenden Kapiteln erläutert werden. Die meisten Maßnahmen wurden bis zum Stand vom 19.08.2020 wieder aufgehoben oder gelockert, jedoch muss bedacht werden, dass nur ein geringer Teil der deutschen Bevölkerung infiziert war. Ohne Berücksichtigung der Dunkelziffer wurden rund 227 000 Fallzahlen gemeldet (vgl. Robert Koch-Institut 2020b). Aus diesem Grund besteht die Wahrscheinlichkeit, dass eine zweite Welle an Masseninfektionen droht. Ein Indiz dafür ist die Anzahl der täglichen Neuinfektionen in Deutschland, die zu Beginn der Verbreitung stark exponentiell verlief. Die Höchstzahl lag bei fast 7000 Neuinfektionen an einem Tag, kurz nach der Verkündung der Kontaktbeschränkungen. Seitdem sank der Wert, bis er sich Ende Mai, bis auf wenige Ausnahmen, zwischen 150 und 750 bewegte. Seit Mitte Juli steigen die Neuinfektionen aktuell jedoch wieder an und verzeichnen vermehrt wieder 1000 oder mehr Infektionen pro Tag (vgl. John Hopkins University & Medicine 2020). Ob, wann und in welchem Umfang eine zweite Welle in Deutschland eintrifft, kann jedoch nicht vorhergesagt werden. Das ist vor allem abhängig davon, ob neue Maßnahmen beschlossen oder bestehende verschärft werden, die Bevölkerung sich weiterhin an Maßnahmen hält sowie Fälle schnell erkannt und isoliert werden (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 2020).
2.2 Problemstellung für Unternehmen
Ein gravierendes Problem, mit dem sich einige Unternehmen als Folge der Maßnahmen auseinandersetzen mussten, waren Umsatzeinbußen durch Angebots- und Nachfrageschocks. Bereits mehrfach aufgeführt wurden die Betriebsschließungen, wodurch Waren und Dienstleistungen nicht mehr angeboten werden konnten. Auch der Ausfall von Personal durch Krankheit oder Maßnahmen schränkte zum Beispiel Produktionsbetriebe ein (vgl. Bofinger et al. 2020: 259f). Zudem waren erhebliche Faktoren an dieser Stelle Komplikationen in Lieferketten. Viele Unternehmen sind abhängig von globalen Lieferketten, die durch die Pandemie ins Ungleichgewicht gerieten. Durch die unterschiedlichen Maßnahmen in verschiedenen Ländern stieg die Möglichkeit für Verzögerungen oder kompletten Stillständen aufgrund fehlender Zwischenprodukte, was letztendlich auch zum Stillstand einiger Produktionen in Deutschland führte. Vor allem die weitverbreitete Just-In-Time-Produktion gerät durch diese Verzögerungen in Schwierigkeiten (vgl. ebd., S. 259). Eine Umfrage der National Association of Manufacturers, die zwischen Ende Februar und Anfang März 2020 durchgeführt wurde, kam zum Ergebnis, dass in 35,5% der befragten Unternehmen Unterbrechungen in Lieferketten stattfanden, obwohl das Virus zu diesem Zeitpunkt noch nicht stark verbreitet war, wie in Abbildung 1 bereits dargestellt wurde (vgl. National Association of Manufacturers o.J.: 1).
Auch die Nachfrage unterlag Schwankungen. Die Auflagen der Regierung führten allgemein zu einem Rückgang der Konsumausgaben von privaten Haushalten durch verringerte Freizeitausgaben (vgl. Bofinger et al. 2020: 261). Diese Tatsache gepaart mit den zuvor dargestellten Produktionsschwierigkeiten führten dazu, dass das BIP im zweiten Quartal 2020 um 11,7% im Vergleich zum Vorjahresquartal fiel. Damit wird ein größerer Einbruch verzeichnet als im zweiten Quartal 2009 mit -7,9% während der Finanz- und Wirtschaftskrise (vgl. Statistisches Bundesamt 2020a). Zudem tendierten einige Konsumenten dazu, ihr Geld zu sparen, da sie von Unsicherheit und Ungewissheit über die Zukunft geprägt waren oder Einkommensverluste erlitten (vgl. ebd.: 261). Trotzdem gab es auch Produkte, die plötzlich sehr stark nachgefragt wurden, wie zum Beispiel Hygieneartikel und haltbare Lebensmittel, und in den benötigten Mengen nicht angeboten werden konnten (vgl. Statistisches Bundesamt 2020b).
Vor allem kleine Unternehmen gerieten durch die verringerten Aufträge in Schwierigkeiten, ihre Mitarbeiter voll zu beschäftigen und zu bezahlen, worauf in Punkt 2.3 eingegangen wird, und im weiteren Verlauf ihre Fixkosten zu decken und ihre versäumten Umsätze wieder aufzuholen. Um dem entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung eine Überbrückungshilfe in die Wege geleitet, um die Existenz der Betroffenen zu sichern (vgl. Bundesfinanzministerium o.J.: 1f.). Diese Hilfe konnte für die Monate Juni bis August 2020 von allen Unternehmen beantragt werden, die durch teilweise oder komplette Schließungen sowie Auflagen erhebliche Umsatzeinbußen erlitten und umfasste eine Förderung der Fixkosten, die je nach Unternehmensgröße und Höhe der Einbußen bis zu 150 000 Euro betragen konnte (vgl. ebd.: 2-5). Nur durch diese Unterstützung konnten sich viele Unternehmen über Wasser halten. In Deutschlands Einzelhandel lief zum Beispiel Ende April noch jedes neunte Geschäft Gefahr, insolvent zu gehen. Insgesamt wurden ungefähr 50 000 davon betroffene Geschäfte vermutet (vgl. ZDF 2020a).
2.3 Problemstellung für Beschäftigte
In Punkt 2.2 wurde näher erläutert, in welche existenzgefährdende Situation Unternehmen durch Covid-19 und die eingeführten Maßnahmen kamen. In vielen Fällen entstanden Arbeitsausfälle, die trotzdem vergütet werden mussten (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2020). Bei Unternehmen, die diese Belastung nicht tragen konnten, kam es letztendlich vermehrt zu Kündigungen. Im Juli 2020 lag die Zahl der Arbeitslosenquote in Deutschland bei 6,3%, während es im Januar 2020 noch 5,3% waren (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020a). Hierbei muss be- rücksichtigt werden, dass die Arbeitslosenquote „ der prozentuale Anteil der registrierten Arbeitslosen an der Gesamtzahl der zivilen Erwerbspersonen “ (Keller o.J.) ist. Zusätzlich zur Arbeitslosigkeit stieg gleichzeitig auch die Anzahl der Kurzarbeiter an, die nicht zu den registrierten Arbeitslosen zählen. Kurzarbeit ist ein Instrument, das bei Arbeitsausfällen eingesetzt wird. Hierbei werden die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer verringert und die Mitarbeiter bekommen einen Teil ihres Einkommens von der Agentur für Arbeit ausgezahlt (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020b: 2). Der Vorteil für den Arbeitgeber liegt darin, dass Personalkosten reduziert und gleichzeitig Kündigungen von bereits eingearbeiteten Mitarbeitern vermieden werden. Dadurch kann eine Normalisierung des Betriebs schnellstmöglich wieder gewährleistet werden. Der Arbeitnehmer profitiert von einer Sicherung der Beschäftigung und bekommt zumindest einen Teil des Einkommensausfalls durch die verringerte Arbeitszeit bezahlt (vgl. ebd.: 3). Ein Unternehmen kann Kurzarbeit unter bestimmten Voraussetzungen anmelden, zum Beispiel muss eine „[w]irtschaftliche Ursa- che[] oder [ein] [u]nabwendbares Ereignis “ (ebd.: 6) vorliegen, in etwa wie die vorübergehenden durch Covid-19 bedingten Ausfälle und Maßnahmen. Zudem müssen „mind. 10 % der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres Bruttoentgeltes betroffen sein. “ (ebd.) Als Ergebnis bekommen die Betroffenen 60% ihres Nettogehalts ausgezahlt, mit einem Kind sogar 67% und der Prozentsatz steigt mit der Bezugsdauer (vgl. ebd.: 12-14). Für Arbeitnehmer werden damit zwar Nachteile ausgeglichen, aber trotzdem erleiden sie Einkommensverluste. Sollte die Pandemie mit einer Krise gleichzusetzen sein, kann geschlussfolgert werden, dass die Situation nicht beeinflusst werden kann und die Folgen der Pandemie nicht vorhersehbar sind, was bei Arbeitnehmern Unsicherheit hervorruft (vgl. Saur / Ellebracht 2014: 9f.). Wenn Mitarbeiter dauerhaft diesem Stress ausgesetzt sind, wirkt sich dies oft auf deren körperliches und seelisches Wohlbefinden aus, denn „ [d]er Verlust des eigenen Arbeitsplatzes kann einen Menschen psychisch ebenso belasten wie der Tod eines engen Angehörigen “ (Nettelbeck/Schreier: 14). Diese Belastung kann dazu führen, dass Mitarbeiter ihre Aufgaben nicht mehr motiviert und gewissenhaft ausführen können und das Unternehmen zusätzlich belasten. Aus dieser Problemstellung heraus hat sich die Frage ergeben, ob es eine Möglichkeit gibt, wie Mitarbeiter geführt werden können, sodass sie ihre Ängste und Unsicherheiten verlieren und mit dem Unternehmen zusammenarbeiten, um die Folgen der Pandemie, welche noch nicht komplett abzusehen sind, zu verhindern. Als eine Möglichkeit wurde die transformationale Führung angesehen, die in Punkt 4 vorgestellt wird.
3. Krisensituationen
3.1 Krisendefinition
In den alltäglichen Medien wird die Covid-19-Pandemie regelmäßig als Krise betitelt. Dabei wird nicht deutlich gemacht, was eine Krise speziell ausmacht (vgl. tagesschau.de o.J.). Auch in der Ethnologie sowie in der Sozial- und Kulturanthropologie wurden bisher Notlagen und Eskalationen unter Menschen berücksichtigt, jedoch spielte der Begriff der Krise dabei keine Rolle und wurde nicht verwendet. Außerdem wurde der Krisenbegriff in keinem ethnologischen Nachschlagewerk ausreichend theoretisch ausgearbeitet und von Begriffen wie dem des Konflikts oder der Katastrophe abgegrenzt (vgl. Beck/Knecht 2014: 59). Zudem, oder vielleicht gerade dadurch, erweckt die Verwendung des Krisenbegriffs im Alltagsgebrauch den Eindruck, dass jede Problemstellung, für die aktuell keine Lösung gefunden werden kann, eine Krise ist.
In der Literatur gibt es verschiedene Ansätze, um eine Krise zu definieren. Saur und Ellebracht (2014) beschreiben eine Krise als einen „ einschneidenden Moment [...], derden Verlauf der Dinge grundsätzlich verändert “ (Saur/Ellebracht 2014: 9) . Sie sprechen von einer „ drastischen Veränderung und eine[r] grundlegenden Entscheidung “, die eintreten müssen, um den „ meist als plötzlich und existenziell wahrgenommenen Herausforderungen begegnen zu können“ (ebd.). Weiterhin sind die Konsequenzen dieser Veränderungen jedoch im Voraus nicht eindeutig erkennbar, wodurch eine Krise immer von Unsicherheit geprägt ist. Sie sind aber durchaus notwendig, denn die üblichen Methoden sind nicht mehr ausreichend, um der Krise entgegenzuwirken (vgl. ebd.: 9).
Für Koselleck (1979) beinhaltet der Krisenbegriff noch einen weiteren Punkt, er fügt den temporären Aspekt einer Krise hinzu. Er greift ebenfalls die „ Unsicherheit in einer kritischen Situation “ (Koselleck 1979: 105) auf, erwähnt aber zusätzlich die „ Gewißheit, daß - unbestimmt wann, aber doch bestimmt, unsicher wie, aber doch sicher - ein Ende des kritischen Zustandes bevorsteht“ (ebd.). Es ist also ungewiss, wann eine Krise vorüber ist, aber es ist sicher, dass sie ein Ende findet. Das Gleiche kann auf den Ausgang der Krise angewendet werden. Es steht fest, dass die Krise endet, aber niemand kann mit Sicherheit vorhersagen, wie sie beendet wird (vgl. ebd.).
Edelman (1977) ist der Meinung, dass eine Krise abhängig von der Darstellung in der Öffentlichkeit ist. Er unterstellt, dass es problematisch ist, dass einzelne Meinungen als die der Öffentlichkeit dargestellt werden und dass eine Reihe von Ereignissen direkt als Krise betitelt wird (vgl. Edelman 1977: 43). Daraufhin nennt er eine Reihe von Kennzeichen, die in politischen Diskussionen als krisentypisch bezeichnet werden. Zum einen muss das Ereignis sich von denen, die sich routinemäßig wiederholen, und von anderen Krisen unterscheiden und nur selten auftreten. Des Weiteren liegt der Ursprung einer Krise außerhalb des eigenen Machtbereiches der verantwortlichen Personen, sodass die Krise nicht hätte verhindert werden können und sie kann nur dann bewältigt werden, wenn Opfer erbracht werden. Vielmehr, so fährt Edelman weiter fort, sind Krisen jedoch sehr wohl im Voraus erkennbar durch Ungleichheiten und Strukturwandel und sind verbunden mit Problemen, die von den Menschen als normal wahrgenommen werden. Das bedeutet, dass Krisen, die sich schon vorher ankündigen und mit deren Anzeichen sich nicht beschäftigt wurde, als plötzlich auftretend dargestellt und außerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs eingestuft werden (vgl. ebd.: 44). Zudem teilt er die Meinung, dass viele Umstände wie Armut, Krankheiten oder Gewalt als Probleme eingestuft werden und nicht als Krisen, obwohl sie Menschen mehr beeinflussen und schaden als es viele Krisen zuvor taten, dabei gibt es zunächst keinen Unterschied zwischen eine Krise und einem Problem, bis die Öffentlichkeit daraus eine Krise macht. Es gibt auch keine öffentliche Meinung, sondern nur mehrere öffentliche Meinungen, die abhängig von der Situation einer Person und den erhaltenen Informationen sind (vgl. ebd.: 48f.).
Hier knüpft auch Jekat (2019) an. Er macht geltend, dass jede Krise ein anderes Problem in einem anderen Kontext behandelt und doch jeder weiß, wovon man spricht, wenn man den Begriff verwendet. Das liegt daran, dass eine Person sich auf eigene Erlebnisse und Erinnerungen beruft, wenn sie an eine Krise denkt und diese Erinnerungen mit neuen vermeintlichen Krisen verbindet (vgl. Jekat 2019: 21f.). Eine Krise ist „ nicht gleich Krise [.]. Sie ist Krise für einen Beobachter und damit hausgemacht “ (ebd.: 22), was bedeutet, dass eine Krise eine subjektive Bezeichnung ist „für ein Problem, das immer auch andere Probleme bezeichnen kann“ (ebd.: 33).
Fasst man die aufgeführten Definitionen laut Literatur zusammen, entsteht folgender Krisenbegriff: Eine Krise ist ein Einschnitt, der durch einen Strukturwandel entsteht. Krisen sind nicht vermeidbar und können vorhergesagt werden, jedoch werden die Anzeichen oft nicht erkannt, wodurch das Eintreffen als plötzliche Gefahr gesehen wird. Sie bringen gravierende Veränderungen mit sich und benötigen ebenso Veränderungen in bestehenden Abläufen, um ihnen entgegenzuwirken. Die Konsequenzen dieser Veränderungen sind vorher nicht absehbar, jedoch sind sie notwendig und es werden vor allem schnelle Entscheidungen benötigt, die zu Unsicherheit führen. Gewissheit besteht jedoch darin, dass eine Krise ein Ende hat, wenn auch nicht bekannt ist, wann und wie sie endet. Im allgemeinen Gebrauch ist eine Krise lediglich ein Problem, das vom Menschen zur Krise gemacht wird. Hier entscheiden persönliche Umstände, ob ein Mensch seine Beschwerden als Probleme oder eine Krise ansieht. Grundsätzlich gibt es jedoch Merkmale, die für oder gegen eine Krise sprechen, in etwa ein einzigartiges oder seltenes Vorkommen einer Situation, die von außen kommt ohne eine Möglichkeit der Einflussnahme und die Notwendigkeit, Opfer zu bringen, um die Krise zu bekämpfen.
3.2 Wandel des Krisenverständnisses
Durch die verschiedenen Definitionen in Punkt 3.1 wird deutlich, dass es die eine Krisendefinition nicht gibt. Vielmehr verändert sich die Verwendung des Begriffs mit der Gesellschaft und dem sozialen Wandel, den sie durchlebt (vgl. Baecker 2011). Der Ursprung des Wortes Krise liegt im Griechischen, wo es in etwa Entscheidung bedeutet (vgl. Graf 2020: 18) und „ bezeichnete [in der Antike] sowohl den forensischen Prozeß des Urteilens als auch den medizinischen Kulminationspunkt, ab dem die Entscheidung über Leben und Tod fällt und den militärischen Wendepunkt, der Sieg oder Niederlage bringt “ (Makropoulos 2013: 4). Zudem wurde eine Krise als ein vom Schicksal vorgegebenes Ereignis angesehen, dessen Verlauf nur von den Göttern verändert werden kann (vgl. Saur/Ellebracht 2014: 12). Sie „ bestätigt, welchen Lauf das Schicksal sowieso genommen hat [und] dass der Kosmos seine eigene Ordnung hat und jeden wieder einholt, der glaubt, sich selbstständig machen zu können “ (Baecker 2011: 41). Es herrschte der Glaube an eine Fügung, die schon lange vorher von den Göttern bestimmt und an die Menschen vergeben wurde. Das Eintreffen dieses Schicksals, darunter auch Krisen, war unausweichlich.
Auch im weiteren Verlauf der Vormoderne bis hin zur Neuzeit wurden nur wenige Gedanken an die Entstehung oder den Verlauf von Krisen verschwendet, denn „ [d]ie Zukunft war nichts, wofür man hätte Sorge tragen können oder müssen. Denn was immer geschah, lag schon irgend beschlossen in der Vergangenheit“ (Dux 1989: 352). Zwar wurden Krisen nicht mehr göttlichen Fügungen zugeordnet, aber die Handlung von Personen war auch in diesen Abläufen nebensächlich, denn es wurde immer noch die Meinung geteilt, dass es eine gewisse Art von Schicksal gebe, das alle eintretenden Ereignisse bereits im Vorfeld bestimmt hat. Daher sei es nicht relevant gewesen über die Zukunft zu philosophieren, da letztendlich nichts verändert werden könne. Dadurch war das „ Handeln [...] von politischer Verantwortung letztendlich entlastet “ (Koselleck 1973: 112).
Eine große Veränderung des Krisenverständnisses fand nach Anbruch der Neuzeit in der Frühmoderne statt. Im Rahmen der Aufklärung wurden Bürger motiviert, ihren Verstand zu benutzen, um politische und gesellschaftliche Systeme zu hinterfragen. In der Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelte sich die Krisendefinition zu einer „ auf Entscheidungsalternativen verschiedener Handlungsträger zulaufende[n] Situationserfassung “ (Geschichtliche Grundbegriffe 1982: 624), wodurch schließlich ein politischer Bezug hergestellt wurde. Koselleck (1979), der in seinem Werk unter anderem die Entstehung der Französischen Revolution behandelt, greift die Gedanken Rousseaus auf. Rousseau hat die Revolution vorhergesagt und den Begriff der Krise in seine Vorhersage eingebaut, womit er der Erste war, der die Relation zwischen Staat und Bürgern als solche erkannte (vgl. ebd.: 133). Zudem „ sah [er] sie nicht nur [...] herannahen, sondern er erwartete mit ihrem Hereinbrechen einen Zustand der Unsicherheit und Ungewißheit, der alle Menschen überfällt, wenn die herrschende Ordnung einmal zerbricht “ (ebd.: 134). Dadurch veränderte sich die Ansicht, dass das Schicksal alle Ereignisse im Voraus schon bestimmt hat und die Menschen begannen Verantwortung zu übernehmen und zu verstehen, dass sie ihre Zukunft selbst gestalten können (Mergel 2012).
Baecker (2011) beschreibt eine Krise in der modernen Gesellschaft als die Störung eines Gleichgewichts, das sich im Endeffekt von allein wiederherstellt. „ Die Krise regt nur auf, um gleich anschließend zu beruhigen, dass man zu einem dynamischen Gleichgewicht zurückfände, in dem zwar vieles neu, aber nichts wirklich unvertraut ist “ (Baecker 2011: 41). Das lässt sich speziell auf die Volkswirtschaft anwenden, „ die von einer modernen Krise [spricht], wenn Arbeits-, Güter- und Kapitalmärkte im Ungleichgewicht sind “ (ebd.: 31). Baecker nennt hier Angebots- und Nachfrageüberschüsse, die ein Ungleichgewicht auf dem Markt und somit eine Krise darstellen. Das Gleichgewicht soll sich nach der klassischen ökonomischen Lehre ohne Eingriff selbstständig wiederherstellen. Diese Ansicht teilt er jedoch nicht und verweist auf Keynes, der davor gewarnt habe, Gleichgewichtsstörungen auf Märkten der Selbstregulierung zu überlassen, denn ohne eine geeignete Nachfrage kann zum Beispiel keine Beschäftigung angeboten werden. Durch diese Eingriffe kann aber ein noch größeres Ungleichgewicht entstehen, wenn die Entscheidungen stark gewichtet werden und die Entwicklung dann in eine andere Richtung verläuft (vgl. ebd.: 31f.). Man müsse sowohl die Krise selbst als auch mögliche Ausgänge in Betracht ziehen, wobei der Sachverhalt einer Krise stets einzigartig wäre, wodurch die Erkenntnisse daraus nur bedingt auf eine andere Krise anwendbar wären. Dadurch entstünden Entscheidungsmöglichkeiten, „ deren Reichweite [.] kaum noch überblickt wird“ (ebd.: 32).
Mit diesem Gedankengang behandelt Baecker ein Krisenverständnis, das über Ungleichgewichte, die sich regelmäßig selbstständig bilden und ausgleichen, hinausgeht. Die Welt durchläuft „ eine Dynamik im Zeitablauf, eine Komplexität in der Sache und eine Diversität in der sozialen Einschätzung, die unseren Verständnishorizont allesamt überschreiten “ (ebd.). Damit beschreibt er den ständigen Wandel, dem die Gesellschaft heutzutage ausgesetzt ist. Durch die Globalisierung wird die Welt immer mehr vernetzt und ein Austausch über Grenzen hinweg wird immer mehr gewährleistet. Die Digitalisierung sorgt gleichzeitig für die Automatisierung und Optimierung verschiedener Abläufe und es kommt laufend zu Innovationen, wodurch Prozesse noch flexibler und vor allem schneller durchgeführt werden können. Mit ständigen Veränderungen kommen jedoch auch ständig neue Herausforderungen hinzu, da diese Situationen für alle neu sind und es daher auch keine maßgeschneiderten Lösungen gibt. Die Gesellschaft muss sich in einer Welt zurechtfinden, in der sie ständig so schnell wie möglich auf Sachverhalte reagieren muss, mit denen sie in diesem Ausmaß zuvor noch nicht zu tun hatte. Daraus resultieren menschliche Fehlentscheidungen, in denen Baecker die Schuld für Entstehung von Krisen sieht, denn „[o]hne unsere eigenen Fehlentscheidungen gäbe es die Krise nicht “ (ebd.). In den letzten Jahrzehnten kam es dadurch zu einer Häufung von Krisen, zum Beispiel die Immobilienkrise in den USA 2007 und die darauffolgende Weltfinanz- und Wirtschaftskrise oder die Griechenlandkrise und die Eurokrise seit 2010. Auf eine Krise folgt die nächste, wodurch der Eindruck einer Dauerkrise mit ständig wechselnden Problemen entsteht. Dieser Zustand ist nicht mehr vergleichbar mit den bisherigen Krisen der Moderne, denn sie sind keine Ungleichgewichte mehr, sondern „ Zusammenbrüche von Extrementwicklungen, aus denen es uns nur auszusteigen gelingt, wenn wir gleichzeitig in andere Extrementwicklungen einsteigen “ (ebd.: 42). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass sich nach Baecker ein postmoderner Krisenbegriff entwickelt hat, der eine Krise dem menschlichen Fehlverhalten verschuldet, das entsteht, weil die Gesellschaft sich laufend mit neuen und dynamischen Ereignissen beschäftigen muss, für die eine Lösung erst noch erarbeitet werden muss. Demnach sind Krisen unvermeidbar, da die Lösung für eine Krise das Tor zur nächsten Krise öffnet. Saur und Ellebracht (2014) bauen auf diesem Gedanken auf und betrachten den Begriff der Komplexität genauer. Gleichgewichte, die Hauptmerkmal der typischen modernen Krise waren, wären kaum noch zu erhalten. Es gehe eher darum, die immer komplexer werdenden Prozesse bestmöglich zu steuern und somit vor einem Krisenausbruch zu bewahren (vgl. Saur/Elle- bracht 2014: 13). Dies wäre auf Dauer jedoch nicht möglich, „da es zu den Merkmalen komplexer Systeme gehört [...], unvorhersehbar zu sein “ (ebd.). Auch sie kommen zum Entschluss, dass Krisen unvermeidbar sind, denn obwohl die Systeme bestmöglich gelenkt und Krisen somit abgewendet werden, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein Aspekt der Komplexität nicht berücksichtigt wird und das Szenario einer Extrementwicklung und somit der nächsten Krise eintrifft. In der heutigen Gesellschaft kommt es also darauf an, Komplexitäten bestmöglich zu steuern. Zudem muss dabei im Hinterkopf behalten werden, dass die nächste Krise unausweichlich kommen wird. Wenn dieser Faktor berücksichtigt wird, ist das Auftreten der Krise selbst kein plötzlicher Moment mehr. Es fehlt jedoch das Verständnis für den Umgang mit komplexen und extremen Situationen dieser Zeit, daher kann eine vollständige Kontrolle der Situation nicht gewährleistet werden und es bleibt lediglich der Versuch, die Krise bestmöglich zu bewältigen. (vgl. ebd.: 14)
3.3 Covid-19 als Krisensituation
Nachdem bereits die Covid-19-Pandemie vorgestellt wurde und verschiedene Merkmale genannt wurden, die eine Krise definieren, soll nun untersucht werden, ob die Covid-19-Situation tatsächlich eine Krise ist. Zuerst wird der Aspekt betrachtet, dass eine Krise als plötzlich auftretend erscheint, aber eigentlich zu erwarten war, da Krisen durch Strukturwandel regelmäßig auftreten. Als das Virus im Dezember 2019 in China ausbrach, war es noch unbekannt und dementsprechend unerforscht, im Januar 2020 wurde jedoch schon der erste Fall in Deutschland gemeldet (vgl. CDU 2020) und im April 2020 waren knapp eine Million Menschen weltweit infiziert (siehe Abbildung 1). Die Verbreitung geschah also immens schnell, wodurch die Pandemie und ihre Folgen für die Bevölkerung vermutlich sehr plötzlich entstanden. Auch die Forschung hatte nur sehr wenig Zeit, um Informationen über das Virus zu bekommen und dadurch frühzeitig geeignete Warnungen auszusprechen oder an einem Impfstoff zu arbeiten und ebenso hatte die Regierung nur begrenzt Zeit, um auf die Entwicklungen zu reagieren und musste notgedrungen Maßnahmen einführen, da die schnelle Verbreitung Gefahr lief, die Kapazitäten des Gesundheitswesens zu überlasten. Werden jedoch die Aussagen über den Zusammenbruch von Komplexitäten von Baecker (2011) und Saur und Ellebracht (2014) einbezogen, stellt sich die Frage, ob die Pandemie nicht doch hätte vorhergesehen werden können. Beide Quellen verweisen auf die fortschreitende Digitalisierung als Grund für den Übergang in die sozusagen postmoderne Gesellschaft. Im Fall von Covid-19 spielt vor allem die Globalisierung eine Rolle, deren Weiterentwicklung ein Ergebnis der Digitalisierung ist. Es entstehen nicht nur global vernetzte Lieferketten, sondern es wird auch eine einfachere Verbindung von Menschen untereinander über Grenzen hinweg ermöglicht. Der Ausbruch war ein „ Zusammenbruch einer Extrementwicklung “ (Baecker 2011: 42), die sich zusammensetzt aus der fortschreitenden Globalisierung und den damit verbundenen unüberschaubaren Handlungen unzähliger Akteure weltweit. Durch die starke Vernetzung steigt die Gefahr, dass ein lokal auftretendes Problem sich rapide global verbreiten kann, wie es bei Covid- 19 der Fall war. Bereits 2003 wurde das SARS-CoV-Virus entdeckt, das schon damals über 700 Todesfälle weltweit verursachte und zeigte, wie die Verbreitung eines Virus sich gestalten kann (vgl. Weltgesundheitsorganisation o.J.). Die Wahrscheinlichkeit eines zweiten Virus, das sich 17 Jahre später in einer noch vernetzteren Welt global verbreitet, stand somit vermutlich im Raum, jedoch konnten das Ausmaß und die notwendigen Maßnahmen nicht vorhergesagt werden, da speziell diese Situation so vorher noch nie aufgetreten war und es keine relevanten Informationen zum Umgang mit dem Virus gab.
Ebenfalls zutreffend ist der temporäre Aspekt einer Krise. Es ist unbekannt, wann und wie die Pandemie enden wird, aber es ist bekannt, dass sie enden wird, zumindest nach derzeitigem Erkenntnisstand. Diese Gewissheit liegt darin begründet, dass eine Entweder-Oder-Entscheidung als Ausgang der Krise zu erkennen ist. Hierbei kann die Metapher über die Krankheit aus Punkt 3.2 angewendet werden, die entweder geheilt wird oder zum Tod führt. Auch Covid-19 ist eine Krankheit, weswegen die Ausgänge kaum davon abweichen. Eine Ausgangsmöglichkeit wäre die dauerhafte Vermeidung der Ausbreitung des Virus in dem Umfang, in welchem es gerade geschieht. Aktuell wird davon ausgegangen, dass nach einer Infektion eine Immunität durch Antikörper vor einer erneuten Infektion schützt. Das würde bedeuten, dass in ferner Zukunft die Immunität der Bevölkerung dementsprechend fortgeschritten wäre, dass es zu immer weniger Neuinfektionen kommen würde, für deren Behandlung dann ausreichend Kapazitäten vorhanden wären. In den Medien wird aktuell jedoch von vereinzelten Zweitinfektionen gesprochen und mehrere Studien berichten von einer Abnahme der Antikörper innerhalb weniger Monate, wodurch eine Zweitinfektion nicht mehr ausgeschlossen werden kann (vgl. Deutsches Ärzteblatt 2020). Eine weitere Alternative für die Vermeidung der Ausbreitung ist außerdem die Zulassung eines Impfstoffs, denn derzeit sind schon mehrere Forscher in Phase drei der klinischen Prüfung angekommen (vgl. Weltgesundheitsorganisation 2020c). Beide Alternativen würden jedoch trotzdem kein plötzliches Ende bedeuten, denn sowohl eine Immunität der Bevölkerung als auch die Eindämmung durch Impfung geschieht nicht sofort. Die zweite Ausgangsmöglichkeit wäre, dass die Ausbreitung des Virus auf Dauer nicht vermieden werden kann und die Menschheit sich auf ein anhaltendes Risiko der Infektion einstellen muss, aber auch das würde ein Ende einer möglichen Krise bedeuten. Dadurch würde sich, ebenso wie in der ersten Ausgangsmöglichkeit, kein plötzliches Ende ergeben. Das Virus wird in jedem Fall noch eine lange Zeit unter den Menschen bleiben, aber ausschlaggebend ist die Akzeptanz der Situation. Wie bei weiteren Pandemien zuvor, zum Beispiel AIDS oder diverse Grippewellen, lernen die Menschen im Laufe der Zeit damit umzugehen und verlieren schrittweise ihre Unsicherheit.
Ebenfalls erwähnenswert sind die krisentypischen Kennzeichen, die Edelman (1977) auflistet, nämlich die Seltenheit der Krise, das Auftreten außerhalb des eigenen Machtbereiches und das Erbringen von Opfern zur Bekämpfung. Diese Kennzeichen lassen sich sehr gut auf Covid-19 anwenden. Die Seltenheit wurde bisher mehrfach erläutert und begründet mit dem Auftreten des unbekannten Virus sowie der unbekannten Krankheit. In der Vergangenheit kam es zu ähnlichen Vorfällen, jedoch entsteht durch Covid-19 eine komplett neue Situation, die es so zuvor noch nicht gegeben hat. Das Zutreffen des Auftretens außerhalb des eigenen Machtbereiches zu begründen ist problematisch, da es hier auf die Betrachtungsperspektive ankommt. Die deutsche Regierung zum Beispiel hat erst im März 2020 Einreisebeschränkungen nach Deutschland ausgesprochen, also drei Monate nach Entdeckung des Virus und zwei Monate nach dem ersten bestätigten Fall in Deutschland. An dieser Stelle ist nur schwer nachzuvollziehen, wie sich die Ausbreitung entwickelt hätte, wenn diese Maßnahmen früher getroffen worden wären. Hinzuzufügen ist jedoch, dass dem Virus bei Entdeckung noch nicht die gleiche Gefahr zugeschrieben wurde wie heute und die notwendigen Maßnahmen sich erst im weiteren Verlauf herausstellten. Deswegen, und aufgrund der langen und ohne Symptome verlaufenden Inkubationszeit, hätte früher oder später unausweichlich eine Verbreitung des Virus in Deutschland stattgefunden, die durch frühere Ein- und Ausreisebeschränkungen vermutlich nur hätte verlangsamt werden können. Gleiches lässt sich auch auf die chinesische Regierung anwenden. Es wurde berichtet, dass die chinesischen Behörden tagelang Informationen über die Struktur des Virus verheimlichten, was vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping jedoch abgestritten wurde (vgl. ZDF 2020b). Geht man im schlimmsten Fall trotzdem davon aus, dass Informationen, die zur früheren Erforschung und Eindämmung des Virus hätten verwendet werden können, lag die Verbreitung trotzdem vermutlich nicht im Machtbereich der chinesischen Regierung. Auch hier ist der alternative Verlauf im Nachhinein nicht nachvollziehbar, aber die Verbreitung begann schon seit dem Auftreten der Lungenentzündungen im Dezember 2019 in Wuhan bis zum Entdecken des Virus. Generell gestaltet sich die Zuweisung der Verantwortung für die Identifizierung und Bekämpfung einer Krise kompliziert und im Fall Covid-19 ist nicht bekannt, wie der Verlauf sich verändert hätte, wenn Akteure anders gehandelt hätten. Trotz allem ist es unwahrscheinlich, dass die globale Verbreitung hätte verhindert werden können, da mangelnde Forschungskenntnisse und ein fehlender Überblick dafür sorgten, dass das Virus in den ersten Wochen ausbrechen konnte und sich durch den zu Beginn unauffälligen Krankheitsverlauf von Covid-19 sowie die Globalisierung sehr schnell verbreiten konnte.
Abgesehen von der Anwendbarkeit der vorangegangenen Punkte auf die Pandemie wird sie im Alltagsgebrauch durch die Medien auch als eine Krise vorgestellt. Dabei geht es weniger um die Anwendung einer Definition, sondern vielmehr um die subjektive Einschätzung der Gefahr und die Darstellung dieser Gefahr in der Öffentlichkeit. Wie in Punkt 3.1 erwähnt, verwenden die alltäglichen Medien vermehrt den Begriff der Krise in ihren Berichten. Dadurch wird die Auffassung der Situation derjenigen beeinflusst, die diese Medien in Anspruch nehmen, da deren Meinung abhängig ist von den Informationen, die sie bekommen (vgl. Edelman 1977: 48f.). Beispielsweise würde eine Person, die selbst nicht zur Risikogruppe einer Covid-19-Erkrankung gehört sowie im nächsten Umfeld keine Gefährdung erkennt und nicht laufend in den Medien von schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen hören oder lesen würde, die Situation vermutlich weniger als eine Krise einordnen als ein Risikopatient oder jemand, der einen Todesfall durch Covid-19 persönlich miterlebt hat (vgl. Jekat 2019: 22). Durch die Mediendarstellung entsteht jedoch das Bild einer öffentlichen Meinung, welche die Pandemie als Krise betitelt. Dieses Bild wird umso mehr bestärkt und verbreitet, umso mehr Personen sich dieser öffentlichen Meinung anschließen (vgl. ebd.: 48f.).
Es sollte verständlich geworden sein, dass es die Krisendefinition nicht gibt. Betrachtet man jedoch die vorgestellten Ansätze zum Definieren einer Krise und die durchgeführte Anwendung dieser Aspekte auf die Covid-19-Pandemie, kann daraus geschlussfolgert werden, dass in dieser Situation durchaus von einer Krise gesprochen werden kann.
3.4 Chancen durch Covid-19
Im bisherigen Verlauf der Arbeit wurden einige wirtschaftliche und gesellschaftliche Problemstellungen in Verbindung mit Covid-19 und damit verbundene Risiken und Folgen ausführlich beleuchtet, da diese offensichtlicher sind. Durch die Unsicherheit der Bevölkerung werden die negativen Aspekte thematisiert, wobei positive Entwicklungen ausgeblendet werden. Bühl (1988) nennt als Beispiele für „ katastrophale Wirkungen, [die] langfristig aber durchaus positiv zu bewerten sind “ (Bühl 1988: 3) in etwa Kohlekraftwerke oder Unternehmen, die ihre Abläufe nicht modernisieren würden ohne Waldsterben oder sich häufende Insolvenzwarnungen. Durch Covid-19 gab es einen entscheidenden Wandel der Digitalisierung und speziell der flexiblen Arbeit, der in diesem Ausmaß ansonsten nicht stattgefunden hätte. Unzählige Unternehmen waren plötzlich gezwungen, Tätigkeiten, die es ermöglichten, digital durchführen zu lassen. Dadurch wurde bemerkt, wie viele dieser Tätigkeiten eine Anwesenheit im Büro überhaupt nicht erfordern und von zu Hause aus erledigt werden können (vgl. tagesschau.de 2020). In einigen Fällen mussten erst einmal Investitionen in Technologien getätigt werden, um die Grundlage für die Arbeit im Homeoffice zu schaffen und Konferenztools sowie den Zugang zu notwendigen Systemen bereitzustellen. Drew (2020) interviewte drei Führungskräfte aus der Wirtschaftsprüfung über die Veränderungen in der Verwendung von Technologie seit Beginn der Pandemie. Wilkie, eine der Interviewten, berichtet von ihren Erfahrungen zur Einführung von Konferenztools. Viele Unternehmen hätten die Einführung von Konferenztools schon im Voraus für den Sommer oder Herbst geplant und hätten die Implementierung aufgrund von Covid-19 vorgezogen. Bereitsteller dieser Tools wie Microsoft oder Google unterstützten Unternehmen dahingehend, dass ihre Programme während der Pandemie kostenlos zur Verfügung gestellt werden, um den Kontakt in Abteilungen oder Arbeitsgruppen auch ohne Anwesenheit im Büro aufrechtzuerhalten. Ebenfalls erzählt Wilkie von den Änderungen im Rahmen von Gruppenkonferenzen. Vor der Pandemie wurde die menschliche Seite eines Mitarbeiters nicht gerne gesehen während Konferenzen. Ein Familienmitglied oder Haustier des Kollegen durch die Kamera zu sehen, war verpönt. Dadurch aber, dass die Situation nun für ihre Kollegen die gleiche ist wie für sie, wurde alles persönlicher und menschlicher. Winston, ein weiterer Interviewpartner, ergänzt, dass ein Kollege nun eine Person repräsentiert und nicht eine Arbeitsversion und eine private Version eines Menschen. Er hat Katzen und Hunde in Konferenzen gesehen und seine Kinder sind in Konferenzen dazugestoßen. Er betont, wie sich die gewohnten Verhältnisse durch das Homeoffice zu einer weniger verurteilenden Lage entwickelt hat. Wilkie vermutet, dass die Arbeitssituation auch nach Covid-19 nicht mehr vollständig auf den vorherigen Stand gelangt, da sich gezeigt hat, wie verantwortungsvoll und produktiv die Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten. Winston erzählt zum Beispiel, er hat viele neue Funktionen von Microsoft Teams kennengelernt, seit er sich mehr mit dem Programm auseinandersetzt, wohingegen die Verwendung sich zuvor nur darauf beschränkt hat, Nachrichten an seine Gruppenmitglieder zu versenden. (vgl. Drew 2020: 2f.) Die mehr oder minder aufgezwungene Maßnahme des Homeoffice scheint sich laut einer Analyse der DAK-Gesundheit (2020) jedoch durchaus positiv auf die Produktivität und Arbeitszufriedenheit auswirken. Es handelt sich hierbei um zwei Befragungen von jeweils 7000 Arbeitnehmern zum Thema Digitalisierung und Homeoffice vor und während der Krise. „ Jeder zweite bewertet die Arbeit mit Laptop, Smartphone und Videokonferenzen als positiv “ (DAK-Gesundheit 2020) heißt es in der Auswertung. Während der Pandemie soll somit „ die Anzahl derjenigen, die die Digitalisierung als Entlastung wahrnehmen, [...] um 39 Prozent' (ebd.) gestiegen sein und weiterhin wünschen sich 75% der Befragten auch zukünftig zum Teil weiterhin im Homeoffice arbeiten zu können (vgl. ebd.). Die Produktivität soll nach eigenen Angaben bei 59% der Befragten gestiegen sein. Besonders relevant für viele war die Work-Life-Balance und der Zeitgewinn, der sich durch das Einsparen des Arbeitswegs ergab. Insgesamt habe sich durch die Umstände während der Pandemie die Möglichkeit ergeben, das flexible Arbeiten zu erforschen und diese Erkenntnisse für die Zukunft abzuleiten (vgl. ebd.). Große Technologieunternehmen wie Google oder Facebook gehen derzeit schon den nächsten Schritt und haben ihre Maßnahmen zur Heimarbeit verlängert, um ihren Mitarbeiter ihre Tagesplanung zu erleichtern (vgl. Friedman 2020, Conger 2020). Die Covid-19-Krise hat gezeigt, wie unabdingbar die Digitalisierung für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen ist. Unternehmen müssen den Grad der Digitalisierung unbedingt erhöhen, um zukünftig auf Extremfälle vorbereitet zu sein und kritische Prozesse aufrechterhalten zu können, die sich digital umsetzen lassen.
Eine weitere positive Erkenntnis ist die Vorbereitung auf die nächste Pandemie. Covid-19 ist nicht die erste Krankheit, die sich global verbreitete und wird nicht die letzte sein. Dass jede dieser Situationen einzigartig ist und neu gewonnene Erkenntnisse nicht hundertprozentig auf die nächste Krise angewendet werden können, wurde in Punkt 3.2 bereits diskutiert. Trotzdem können bestimmte Muster im Ablauf von Epidemien oder Pandemien erkannt werden, weswegen begangene Fehler und die Folgen daraus analysiert werden können, um in der nächsten Situation abzuwägen, ob mit einem anderen Verhalten gegebenenfalls einen besseren Effekt erzielt werden kann (vgl. Peckham 2020: 850). Ein großes Problem dieser Pandemie war die Ausstattung der Krankenhäuser. Deutschland war davon weniger betroffen als es zum Beispiel in Italien der Fall war. Dort wurde die Versorgung der Covid-19-Patienten durch mangelnde Intensivbetten und Beatmungsgeräte deutlich erschwert. Auch die Menge an Fachpersonal war nicht ausreichend, weswegen die Ärzte und Krankenschwestern zahlreiche Überstunden leisten mussten. Da zu Beginn die Ansteckungsrate unterschätzt wurde, hat sich ein Teil des ärztlichen Personals zusätzlich noch infiziert, was zu Ausfällen führte (vgl. Sterpetti 2020: 1092). Auch die Berichterstattung und Maßnahmen zur Eindämmung hätten zu Beginn vermutlich besser verlaufen können. Schon Wochen vor der offiziellen Verkündung des neuartigen Virus warnte ein Arzt vor einer neuen Krankheit, die SARS ähneln sollte. Als Konsequenz wurde er von den chinesischen Behörden aus Angst vor wirtschaftlichen und politischen Folgen für die Verbreitung falscher Aussagen verurteilt und seine Warnung wurde verschleiert, wodurch sich das Virus wochenlang ungestört verbreiten konnte (vgl. Davidson 2020). Die Maßnahmen, die daraufhin eingeführt wurden, waren unterschiedlich. Eine globale Abstimmung gab es diesbezüglich nicht und die Eindämmung geschah in jedem Land in einem unterschiedlichen Ausmaß und Tempo und in Deutschland beispielsweise sogar in jedem Bundesland individuell. Während in China bereits im Januar 2020 die Schließung von öffentlichen Orten sowie ein Veranstaltungsverbot in Wuhan eingeführt wurde und die Ein- und Ausreise für die Bewohner von Wuhan untersagt wurde, was sich in den folgenden Wochen auf weitere Städte ausweitete, reagierten andere Länder wie Frankreich und auch Deutschland vorerst mit milderen Maßnahmen, die sich durch den schnellen Wandel der Situation aufgrund des zu gering eingeschätzten Risikos nach und nach verschärften. Im weiteren Verlauf wurden für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung Kontakt- und Ausgehbeschränkungen eingeführt, jedoch hätte die globale Verbreitung durch eine frühere Reaktion entscheidend eingeschränkt werden können (vgl. Forman et al. 2020: 577f.).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Covid-19-Krise neben all den negativen Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft auch durchaus positive Konsequenzen mit sich bringt. Speziell in Bezug auf weitere Pandemien können Rückschlüsse gezogen werden auf die optimale Kommunikation und Berichterstattung zwischen Behörden und eine angemessene Risikobewertung sowie geeignete Maßnahmen, die in der aktuellen Situation hilfreich gewesen wären.
4. Transformationale Führung
4.1 Modell der transformationalen Führung
Nachdem die Anwendung von Krisendefinitionen auf die Covid-19-Pandemie diskutiert und als geeignet angesehen wurde, kann nun die Frage behandelt werden, wie die in den Punkten 2.2 und 2.3 dargestellten Problemstellungen von Unternehmen und Beschäftigten gelöst werden können. Als Vermittler zwischen diesen beiden Parteien kann die Führungskraft genannt werden, da sie die Mitarbeiter mit dem Unternehmen verbindet. Durch immer komplexere und dynamischere Prozesse muss eine Führungskraft heutzutage ohnehin sehr flexibel und situativ führen können. Traditionelle Führungsstile, die streng bürokratischen Regeln folgen und stark hierarchisch ohne Einbezug der Mitarbeiter verlaufen, scheinen keine guten Effekte mehr zu erzielen, da der Führungskraft die Möglichkeit fehlt, schnell auf Veränderungen reagieren zu können und sich an neue Situationen anzupassen (vgl. Bass 1990: 30f.). Entsteht nun zudem eine Krise, wird an dieser Stelle ein Führungsstil benötigt, der Unsicherheit und Panik vermeiden kann, indem alte Traditionen durch innovative und maßgeschneiderte Lösungen ersetzt und individuelle Bedenken zu Anstrengungen umgewandelt werden. Diese Vorgehensweise wird als transformationale Führung bezeichnet (vgl. Bass 1998: 28).
Zuerst aufgegriffen wurde der Gedankengang von Burns (1978), der im politischen Bereich zwischen einem transaktionalen und einem transformationalen Führungsstil unterschied. Die trans- aktionale Führung konzentriere sich demnach darauf, mit den bestehenden Verhältnissen zu arbeiten und motiviere die Bevölkerung durch Austauschbeziehungen. Im Normalfall umfasst diese Situation die Führungsperson, die von den Geführten eine Leistung erwartet und dafür eine Gegenleistung anbietet. Der transaktionale Führungsstil wird in Punkt 4.2.1 näher betrachtet. Die transformationale Führung hingegen ziele darauf ab, diese Verhältnisse zu verändern und Verbesserungen zu erzielen. Laut Burns handelt es sich um transformationale Führung, „ when one or more persons engage with others in such a way that leaders and followers raise one another to higher levels of motivation and morality. Their purposes, which might have started out as separate but related, become fused“ (Burns 1978: 20). Es geht also um eine gegenseitige Motivation von Führenden und Geführten, die bezweckt, dass anfangs individuelle Ziele zu gemeinsamen verschmelzen. Dies geschieht dadurch, dass der transformational Führende die Bedürfnisse der Geführten herausfindet und eine inspirierende Vision entwickelt, welche diese Bedürfnisse ansprechen soll (vgl. ebd.: 4). Dabei geht es jedoch nicht nur um das offensichtliche Verlangen, sondern auch um Wünsche, die verborgen in einer Person liegen, denn Menschen haben „ unre- alized wants, unexpressed attitudes, and underlying predispositions “ (Burns 2003: 172), die durch die Vision des Führenden erst erkennbar werden. Durch transformationale Führung werden bestehende Verhältnisse also geändert, indem Menschen ihre innersten Bedürfnisse aufgezeigt werden und diese dann zu gemeinsamen Zielen zusammengefügt werden, die zur Erreichung einer Vision dienen.
Bass (1985) knüpfte an das Konzept von Burns an und stellte einen Bezug zur Arbeitswelt her. Auch er greift den Aspekt der tieferliegenden Bedürfnisse auf, die der transformational Führende anzusprechen versucht. Dabei handelt es sich um Eigeninteressen, die zum Wohl der Gruppe umgeformt werden zu gemeinsamen Interessen (vgl. Bass 1985: 29). Durch den Wandel von eigennützigen zu gemeinsamen Interessen und Bedürfnissen einer niedrigen zu einer höheren Ebene entsteht ein neues Bewusstsein, welches Anstrengungen hervorruft, die alle bisherigen Erwartungen übertreffen (vgl. ebd.: 15-17). Bass entwickelte ein Schema, das vier Dimensionen aufzeigte, die transformationale Führung charakterisieren. Diese Dimensionen sind die idealisierte Einflussnahme, die inspirierende Motivation, die intellektuelle Stimulierung und die individualisierte Berücksichtigung (vgl. Bass/Riggio 2005). Die idealisierte Einflussnahme umschreibt das Verhalten des Führenden als Vorbild. Er ist bereit, Risiken einzugehen und ist in dem, was er tut, sehr konsequent. Trotzdem berücksichtigt er seine Standards für moralisches Verhalten, weswegen sich seine Mitarbeiter auf seine Entscheidungsfähigkeit verlassen. Sie bewundern sowie respektieren ihn und können sich mit seinen Handlungen identifizieren (vgl. ebd.: 6). Die inspirierende Motivation ist gegeben, wenn die Geführten sich durch die Handlung der Führungskraft motiviert und inspiriert fühlen. Dies geschieht zum Beispiel durch die Erstellung einer Vision von einer attraktiveren Zukunft und durch die Betonung der Wichtigkeit des Beitrags jedes Einzelnen zur Erreichung dieser gemeinsamen Ziele (vgl. ebd.). Dadurch entsteht bei den Mitarbeitern Optimismus und Begeisterung und sie arbeiten härter, um diese Vision zu erreichen. Yukl (1981) verwendet dazu folgende Beschreibung für inspirierende Führung: „Mein Vorgesetzter berief ein Meeting ein, um uns zu erklären, wie lebenswichtig der neue Vertrag für die Firma ist, und er sagte, er vertraue darauf, daß wir ihn zuwegebringen, wenn jeder seinen Teil dazu beitrage ... der Chef sagte uns, wir wären die beste Design-Abteilung, mit der er je gearbeitet hatte, und daß er sicher sei, dieses neue Produkt würde alle Verkaufsrekorde der Firma brechen “ (Yukl 1981: 121, zit. nach Bass 1986: 84). Dieser Vorgesetzte betont, wie wichtig der Vertrag für ein neues Produkt für die Zukunft des Unternehmens ist und verkündet neue Rekorde mit der Einführung des Produkts. Dadurch wird das Bild einer Zukunft vermittelt, in der die Mitarbeiter einen großen Teil dazu beigetragen haben, das bisher wichtigste Produkt des Unternehmens auf den Markt gebracht zu haben. Zudem hebt er die besondere Leistung der Mitarbeiter hervor, die sie zur besten Abteilung in seiner Karriere mache, wodurch er den Mitarbeitern aufzeigt, wie wichtig sie und ihre Tätigkeit für den Erfolg des Unternehmens ist. Durch seine geschickte Wortwahl bezweckt der Vorgesetzte hier, dass die Mitarbeiter stolz auf ihre Leistung sind und sich auf keinen Fall verschlechtern wollen, um ihren Vorgesetzten, der sie in höchsten Tönen lobt, nicht zu enttäuschen, wodurch ein enormer Motivationsschub entsteht (vgl. Bass 1986: 84). Die intellektuelle Stimulierung erfolgt durch die Erschließung neuer Wege. Die Führungskraft bewegt die Mitarbeiter dazu, bestehende Lösungen sowie Herangehensweisen kritisch zu hinterfragen und neue Ideen zur Lösungsfindung zu entwickeln. Sie ermutigt, Neues auszuprobieren ohne Angst vor Kritik bei möglichen Fehlern oder unterschiedlichen Sichtweisen. Das soll dazu beitragen, dass Abläufe nicht einfach akzeptiert, sondern regelmäßig auf Verbesserungen untersucht werden (vgl. Bass/Riggio 2005: 7). Zu betonen ist, dass es hierbei nicht darum geht Veränderungen zu erzwingen, sondern darum, die Mitarbeiter zum Umdenken zu animieren und vorgegebene Strukturen nicht als fix anzusehen (vgl. Bass 1986: 121). Bei der individualisierten Berücksichtigung berücksichtigt die Führungskraft die Bedürfnisse jedes Mitarbeiters, die er zur Leistungssteigerung benötigt, individuell. Dabei hilft sie jedem Geführten, angepasst an seine Stärken und Schwächen, bei der persönlichen Weiterentwicklung. Umgesetzt wird das zum Beispiel durch die Delegation von angemessenen Aufgaben an qualifizierte Mitarbeiter, die dazu eigene Lösungen erarbeiten und ihre Kenntnisse dadurch erweitern können (vgl. Bass/Riggio 2005: 7). Die Führungskraft agiert dabei als Mentor, also eine erfahrene Person, die „ ihr größeres Wissen und ihre Erfahrung an ihre Schützlinge “ (Bass 1986: 112) weitergibt und ihnen bei ihrer Entwicklung durch Beratung und Betreuung hilft.
Um die Charakteristik einer transformationalen Führungskraft zu beschreiben, kann man eine von Bass (1986) durchgeführte Pilot-Studie mit 70 männlichen Managern zu Hilfe nehmen. Mit dieser Studie sollte herausgefunden werden, ob transformationale Führung in komplexen Organisationen effektiv ist. Dazu wurde den Teilnehmern eine transformationale Führungskraft nach den typischen Merkmalen beschrieben und sie wurden gefragt, ob sie eine Person beschreiben könnten, die eines dieser Merkmale aufweist und denen sie in ihrer Karriere begegnet sind. Jeder Befragte konnte mindestens eine Person nennen, wobei meistens erzählt wurde, dass das Ziel war, den Ansprüchen dieses transformational Führenden gerecht zu werden und ihn in jeder Hinsicht zu unterstützen, wodurch sie über ihre Erwartungen hinaus arbeiteten. Das resultierte aus dem Auftreten der Führungskraft, das beschrieben wurde als „ wie ein wohlwollender Vater“ (Bass 1986: 46). Er habe stets wie ein Vorbild gehandelt und seine moralischen Prinzipien nicht vernachlässigt. Zudem habe er seine Mitarbeiter trotz seiner Überlegenheit immer auf gleicher Augenhöhe betrachtet und wäre ein guter Zuhörer gewesen, der gerne auch Hilfestellungen und Unterstützung geboten habe. Trotz allem sei er streng mit einem Hang zur Rechtschaffenheit gewesen (vgl. ebd.).
4.2 Abgrenzung des Führungsstils
4.2.1 Transformationale und transaktionale Führung
Im Folgenden soll auf den transaktionalen Führungsstil zurückgekommen werden, dessen Definition in Punkt 4.1 bereits angeschnitten wurde. Die transaktionale Führung ist neben der trans- formationalen die zweite Art der Führung, mit der Burns (1978) versucht, das Führungsspektrum zu beschreiben. Im Gegenteil zur intrinsisch ausgelegten Art der Motivation der transformationa- len Führung liegt hier das Augenmerk auf einer extrinsischen Form der Motivation. Der Führungsstil basiert auf einem Austausch von Dingen zwischen zwei Personen, die ein ähnliches Ziel verfolgen. Anders als bei der transformationalen Führung endet die Beziehung jedoch mit der Beendigung dieses Austauschs, da dies der einzige Zweck ist und es keinen dauerhaften Grund zum weiteren Umgang gibt. Ein dauerhaftes und gegenseitiges Streben nach einem höheren gemeinsamen Zweck findet somit nicht statt (vgl. Burns 1978: 19f.).
Auch in diesem Fall stellt Bass (1985) einen wirtschaftlichen Bezug her. Ein transaktional Führender erkenne, welche Interessen die Geführten mit ihrer Arbeit verfolgen und berücksichtige diese, wenn sie durch die Erledigung der Arbeit erfüllt würden und die Arbeitsleistung dies rechtfertige (vgl. Bass 1985: 11). Weiterhin teilt Bass (1998) transaktionale Führung in verschiedene Dimensionen ein, nämlich Contingent Reward, Management by Exception und Laissez-faire-Leadership. Der Contingent Reward-Ansatz soll von diesen Dimensionen den größten Erfolg erzielen, wenn auch immer noch einen geringeren als die transformationale Führung in Bezug auf Motivation und Leistungszuwachs über die eigenen Erwartungen hinaus (vgl. Bass 1988: 6). Die Führungskraft formuliert ihre Ansprüche für den Geführten deutlich aus und bietet Belohnungen für die zufriedenstellende Erledigung. Bei nicht ausreichender Leistung drohen dementsprechend Bestrafungen (vgl. Dörr 2008: 12). Die Belohnungen variieren von „ materieller Vergütung bis hin zur Gewährung von Spielräumen und dem Austausch von Vertrauen und Loyalität “ (ebd.). Der Management by Exception-Ansatz funktioniert, indem die Führungskraft Ziele mit den Mitarbeitern vereinbart und sie die Aufgaben daraufhin in eigener Verantwortung erledigen lässt. Anschließend kontrolliert der Führende die Prozesse entweder aktiv und greift bei Abweichungen oder Fehlern ein, oder er wartet passiv, bis Fehler sich bemerkbar machen und greift erst dann ein. Diese Art der transaktionalen Führung wird als noch ineffektiver dargestellt als der Contingent Reward-Ansatz (vgl. Bass 1998: 7). Die letzte Möglichkeit der transaktionalen Führung ist der Laissez-faire-Führungsstil und beschreibt die ineffektivste Form. Sie wird zwar zur transaktiona- len Führung gezählt, aber beschreibt eine Situation, in der keine Transaktion stattfindet und ist somit die negativste Ausprägung. Laissez-faire beschreibt die Abwesenheit der Führung, bei der wichtige Entscheidungen nicht getroffen und notwendige Handlungen verzögert werden. Die Führungskraft ignoriert ihre Aufgaben und überlässt die Mitarbeiter sich selbst (vgl. ebd.).
Die transaktionale Führung zielt also darauf ab, eine Übereinstimmung der Eigeninteressen von Führenden und Geführten durch einen rationalen Tauschprozess zu finden. Der Führende verwendet die Instrumente der Belohnung und Bestrafung, um seine Ziele zu erreichen, wohingegen der Geführte wiederum die Ziele des Führenden nur akzeptiert, wenn dieser auch Interesse an der Erreichung der Ziele des Geführten hat. Die Umwandlung der Eigeninteressen zu übergeordneten Zielen, wie es bei der transformationalen Führung der Fall ist, existiert nicht (vgl. Rosenstiel et al. 2005: 344). Dabei ist „[menschliches Handeln [...] nicht nur rational und zielgerichtet, sondern auf die Erhöhung des Selbstwertgefühls und der Selbstwirksamkeit ausgerichtet “ (Dörr 2008: 13). Aus diesem Grund geht transformationale Führung „ über die Befriedigung ökonomischer und sozialer Austauschbedürfnisse hinaus [.] [durch] den Aufbau einer emotionalen Bindung und die Stärkung des Selbstvertrauens “ (ebd.). Emotionen spielen bei der transformationa- len Führung eine große Rolle, sei es in Form von Bewunderung gegenüber der Führungskraft oder Vertrauen der Mitarbeiter in die eigenen Fähigkeiten, und können durch einfache Tauschprozesse nicht angesprochen werden. In der transaktionalen Führung geht es jedoch genau um diese emotionslosen Abläufe nach zuvor verhandelten Regeln in einem bereits bestehenden Rahmen, in dem sich bewegt wird (vgl. ebd.: 25). „Anstatt Stabilität zu verwalten, gilt es [für transformational Führende,] gravierenden Wandel zu bewältigen “ (ebd.: 13). Anstatt vorgegebene Strukturen als Grundlage zu verwenden, werden also genau diese hinterfragt und verändert. Somit kann die transformationale Führung als eine Weiterentwicklung der transaktionalen Führung gesehen werden (vgl. ebd), da der stabile und emotionslose Austausch auf Basis von Eigeninteressen umgewandelt wurde zu einem emotionalen und Austausch von Ideen und Wertevorstellung zur gegenseitigen Unterstützung bei der Erreichung gemeinsamer Ziele. Obwohl die beiden Führungsstile komplett gegensätzlich anwendbar scheinen, ist die beste Vorgehensweise eine Mischung aus beiden. Während Burns (1978) noch eine Tendenz zum einen oder anderen Führungsstil vorsah, erkennt Bass (1985) die Wertschöpfung aus einer Kombination von transaktio- naler und transformationaler Führung (vgl. Bass 1985: 22). Die meisten Führungskräfte würden beide Führungsstile anwenden, jedoch in unterschiedlichen Ausmaßen. Zu den besten Ergebnissen führt laut Bass (1990) jedoch immer noch transformationale Führung, denn transformationale Führungskräfte werden von ihren Kollegen und Angestellten eher als zufriedenstellende Führungskräfte angesehen als transaktional Führende, was sich aus einer Befragung mehrerer Führungskräfte ergab. Zudem sollen Mitarbeiter von sich selbst behaupten, dass sie sich mehr anstrengen würden für eine transformationale Führungskraft (vgl. Bass 1990: 20f.). Die Probleme von transaktionaler Führung, die zur ineffektiven Einstufung führen, wurden ebenfalls von Bass charakterisiert. Ein großer Fehler ist demnach die übermäßige Anwendung von Management by Exception, bei der nur passiv auf das Auftreten von Fehlern gewartet wird, um diese auszubessern. Ein weiterer Fehler ist die Androhung von disziplinarischen Maßnahmen zur Erhöhung der Leistung. Belohnungen sowie Bestrafungen sind sowieso davon abhängig, ob der Mitarbeiter sich diese Belohnung überhaupt wünscht oder die Bestrafung fürchtet, somit ist die unbedachte Auswahl langfristig kontraproduktiv (vgl. ebd.: 20-22). Bei einer gut durchdachten Wahl der Anreize kann die Contingent Reward-Methode jedoch zu einem erfolgreichen Austausch und somit zu beidseitiger Zufriedenheit führen (vgl. ebd.: 23). In Folge dieser Abgrenzung entwickelten Bass und Avolio (1994) einen Ansatz, mit dem sie versuchten, das komplette Führungsspektrum abzudecken und nannten ihn den Full Range of Leadership-Ansatz (siehe Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Full Range of Leadership-Modell (in Anlehnung an Bass/Avolio 1994: 5)
Das Modell kann durch ein Koordinatensystem dargestellt werden mit einer Ausprägung von aktiv bis passiv auf der x-Achse und effektiv bis ineffektiv auf der y-Achse. Je weiter ein Führungsstil oder -aspekt rechts oben im Modell angeordnet ist, desto aktiver und effektiver ist er. Demnach kann behauptet werden, dass ein Führungsstil umso effektiver ist, umso aktiver die Führungskraft auftritt. Der Laissez-Faire-Führungsstil ist durch das fehlende Auftreten von Führung der passivste Stil und gleichzeitig der ineffektivste. Daraufhin folgt Management by Exception in passiver Form, das zwar um einiges aktiver und effektiver als Laissez-Faire ist, aber trotzdem noch zu den passiven Aspekten gehört. Es folgt die aktive Form von Management by Exception, die als immer noch relativ passiv geltend schon weitaus aktiver verläuft. Die Contingent Reward-Methode ist die erste Vorgehensweise im Modell, die die Grenzen zur Aktivität und Effektivität überschreitet. Diese Methode kann effektiv sein, um einfache Sachverhalte zu lösen, aber die Führungskraft erhält nur genau das, was sie auch durch das Tauschgeschäft erwartet und kein Engagement darüber hinaus. Stark aktiv und somit effektiv sind nur die vier Dimensionen der transformationa- len Führung, da sie zwar einen hohen Einsatz der Führungskraft fordern, aber dadurch Ergebnisse über die Erwartungen hinaus erzielt werden. (vgl. Bass/Avolio 1994.: 4f.) Dadurch soll jedoch nicht impliziert werden, dass ausschließlich transformationale Führung angewendet werden soll, um die effektivsten Ergebnisse zu erzielen, denn optimales Führungsverhalten besteht aus einem sehr großen Anteil an transformationaler Führung, einem vermehrten Einsatz von Contingent Reward, vereinzelt die aktive Form von Management by Exception, selten jedoch die passive Form und nur ganz selten, bestenfalls nie die Verwendung des Laissez-Faire-Führungsstils. Diese vermischte Anwendung von Führungsstilen soll dazu dienen, dass eine Führungskraft eine komplette Bandbreite an Führungsstilen zur Auswahl hat, mit denen sie auf verschiedene Situationen unterschiedlich reagieren kann (vgl. ebd.: 5f.).
4.2.2 Transformationale und charismatische Führung
Ein weiterer Führungsstil, der von der transformationalen Führung abgegrenzt werden soll, ist die charismatische Führung. Dieser Führungsstil ist nicht wie der transaktionale ein Teil des Full Range of Leadership-Modells, sondern wird mit transformationaler Führung dahingehend in Verbindung gebracht, dass die beiden Stile oft identisch verwendet werden (vgl. Neuberger 2002: 201). Das liegt daran, dass sowohl der charismatischen als auch der transformationalen Führungskraft ein charismatisches Auftreten nachgesagt wird, wobei eine charismatische Führungskraft eher auf eine „ persönliche Identifikation mit ihrer Person bei den Geführten “ (Dörr 2008: 14) abzielt, wohingegen die transformationale Führungskraft versucht, durch Charisma die Emotionen und Werte der Geführten anzusprechen, sodass sie für die gemeinsame Vision arbeiten (vgl. ebd.). Bei der charismatischen Führung liegt somit der Fokus auf der führenden Person, die ihre Mitarbeiter durch ihre außergewöhnliche Ausstrahlung so fasziniert, dass sie sich mit ihren Handlungen und ihrer Person identifizieren können und volles Vertrauen in ihre Entscheidungen haben. Dadurch werden die Geführten als „ abhängig und unselbstständig “ (Neuberger 2002: 201) wahrgenommen, denn die Führungskraft handelt immer noch allein und gibt ihren Mitarbeitern durch ihr sicheres und sympathisches Auftreten lediglich das Gefühl, dass sie sich an der Entscheidungsfindung beteiligt hätten. Bestenfalls sollen sie sich jedoch einfach an ihrer Führung orientieren und gehorsam sein. Bei der transformationalen Führung hingegen wird speziell auf die Geführten geachtet und ihre regelmäßige Weiterentwicklung, um sie zu überdurchschnittlichen Leistungen zu bewegen (vgl. ebd.). Dies geschieht unter anderem durch Charisma, doch dadurch wird nur ein geringer Teil der transformationalen Führung abgedeckt. Somit kann man sagen, dass charismatischen Führung in transformationaler Führung enthalten ist, jedoch nur Teile und nicht als Ganzes (vgl. Dörr 2008: 22). Laut Bass (1986) liegt die häufigste Verwendung von Charisma in der idealisierten Einflussnahme und ebenso kann die inspirierende Motivation charismatisch geprägt sein (Bass 1986: 71). Andersherum kann das nicht behauptet werden, denn es gibt zahlreiche charismatische Personen, die nicht gleichzeitig transformational handeln. Das ist davon abhängig, wie viele weitere Dimensionen der transformationalen Führung berücksichtigt würden. Passende Beispiele für charismatische und nicht transformationale Personen sind für gewöhnlich Berühmtheiten, in etwa Sänger oder Schauspieler, denn normalerweise werden diese Menschen für ihr Auftreten als charismatisch erachtet und dadurch von der Masse bewundert. Mit einer Transformation kann das jedoch nicht gleichgesetzt werden, da sie für ihr Talent verehrt werden und nicht für ihre moralischen Prinzipien, ihre Entscheidungsfähigkeit oder den Willen, gemeinsame Ziele zu erreichen (vgl. ebd.: 47). Einen „ charismatischen und transfor- mationalen Führer [findet man] viel öfter unter Lehrern, Mentoren oder Sporttrainern “ (ebd.: 71), da es hier um eine persönlichere und emotionalere Beziehung geht mit dem Zweck einer „ ge- meinsame[n] Leistungssteigerung “ (ebd.). Auf der anderen Seite findet man den ausschließlich charismatisch Führenden „ eher in der Form eines Stars, eines Schamanen oder eines Mystikers “ (ebd.), also in Beziehungen, die nicht durch diese starke emotionale Bindung und Vertrauen geprägt sind, sondern lediglich auf überzeugendem Auftreten basieren.
4.3 Aktueller Forschungsstand
Neben der vermehrt durch Burns und Bass durchgeführten theoretischen Erforschung der trans- aktionalen und transformationalen Führung sowie des Full Range of Leadership-Modells und der Anwendung auf verschiedene Anwendungsbereiche entwickelten Bass und Avolio 1995 mit dem MLQ eine Methode, um die Ausprägungen dieser Führungsstile messbar zu machen. Dabei handelt es sich um einen Fragebogen, der die drei Führungsstile des Full Range of Leadership-Modells in ihre Dimensionen aufteilt und Fragen zu jeder dieser Ebenen beinhaltet. Dadurch kann am Ende ausgewertet werden, welche Ebenen bei einer Führungskraft stärker und welche weniger stark ausgeprägt sind und welcher Führungsstil zu welchem Anteil angewendet wird (vgl. Harazd/Ophuysen 2011: 146). Der MLQ diente als Grundlage vieler empirischer Forschungen, die den Zusammenhang zwischen transformationaler Führung und subjektiven sowie objektiven Erfolgskriterien untersuchten. Im Folgenden sollen einige dieser Forschungsansätze vorgestellt werden. Der Fokus liegt zunächst auf Metaanalysen, da diese für eine kurze und übersichtliche Zusammenfassung des Forschungsstands als geeigneter betrachtet werden. Das wird dadurch begründet, dass Metaanalysen eine größere Anzahl an Befragten umfassen als einzelne Untersuchungen und einzelne widersprüchliche Aussagen durch die Menge ausgeglichen werden (vgl. Eisend 2020: 2). Es werden die drei Metaanalysen von Dumdum et al. (2013), Judge und Piccolo (2004) und Wang et al. (2011) herangezogen, die sich mit verschiedenen Zufriedenheits- und Leistungskriterien als Individual- oder Gruppenleistung beschäftigen.
Dumdum et al. (2013) betrachteten im ersten Schritt den Einfluss der Führungsstile des FRLM auf die Zufriedenheit und Effektivität der Mitarbeiter. Alle Dimensionen der transformationalen Führung korrelierten positiv mit den beiden Kriterien, wobei der Effekt auf die Zufriedenheit durchgehend größer war als auf die Effektivität. CR korrelierte damit ebenfalls positiv, die restlichen Dimensionen der transaktionalen Führung sowie insbesondere die Laissez-faire-Führung jedoch negativ, wodurch mit transformationaler Führung das beste Ergebnis erzielt wird (vgl. Dumdum et al. 2013: 50). Als Nächstes wurde ein Vergleich der Führungsstile in Bezug auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit ihrer Arbeit und ihrer Führungskraft durchgeführt. Es erzielten wieder alle Dimensionen der transformationalen Führung positive Ergebnisse mit höheren Werten bei der Zufriedenheit mit der Führungskraft als mit dem Job. Auch hier erreicht CR ebenfalls positive Werte, die sogar einige Dimensionen der transformationalen Führung übersteigen. Die restlichen Dimensionen der transaktionalen sowie die Laissez-faire-Führung stehen jedoch wieder in einem negativen Zusammenhang zu den Kriterien, wobei in Bezug auf die Führungskraft der Laissez- faire-Führungsstil den schlechtesten Einfluss hat und in Bezug auf den Job ist es MbEp. Dadurch liegt die transformationale Führung auch in Bezug auf die Zufriedenheit mit dem Job und der Führungskraft vorne (vgl. ebd.: 60).
Auch Judge und Piccolo (2004) betrachteten die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit dem Job und der Führungskraft und kamen zum Entschluss, dass transformationale Führung und CR einen positiven Einfluss auf die beiden Kriterien haben. Bei der Zufriedenheit mit dem Job erzielt CR jedoch einen höheren Wert als die transformationale Führung. Auf die Zufriedenheit mit der Führungskraft hat wiederum die transformationale Führung den positiveren Einfluss. MbEa korreliert ebenfalls positiv mit der Zufriedenheit mit der Führungskraft, jedoch am schwächsten. MbEa und die Laissez-faire-Führung stehen in einem negativen Zusammenhang dazu, wobei Laissez-faire wie auch bei der Jobzufriedenheit wieder den schlechtesten Wert erreicht (vgl. Judge/Piccolo 2004: 760). Daraufhin untersuchten sie die Mitarbeitermotivation und fanden heraus, dass die transformationale Führung, CR und MbEa in einem positiven Zusammenhang dazu stehen, wobei CR den höchsten Wert erzielt und MbEa den niedrigsten. Die Laissez-faire-Führung und MbEp haben einen negativen Einfluss, wobei MbEp das schlechteste Ergebnis erzielt (vgl. ebd.). In Tabelle 1 sind die eben beschriebenen Ergebnisse zum Zusammenhang von subjektiven Leistungskriterien und den Führungsstilen des FRLM nochmals vereinfacht dargestellt. Ein Pluszeichen stellt einen positiven Zusammenhang dar, ein Minuszeichen stellt dementsprechend einen negativen Zusammenhang dar und ein doppeltes Zeichen verweist auf die jeweils stärkste positive oder negative Ausprägung. Ein Schrägstrich bedeutet, dass keine Daten vorhanden waren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Subjektive Leistungskriterien und ihre Beziehung zum FRLM (in Anlehnung an Fitt- kau/Heyna 2020)
Auch zu objektiven Leistungskriterien konnten Forschungsergebnisse gefunden werden. Judge und Piccolo (2004) untersuchten, wie Mitarbeiter die Leistung ihrer Führungskraft wahrnehmen. Transformationale Führung sowie CR haben einen positiven Effekt auf diese Wahrnehmung, wobei der Effekt von CR größer ist als der Effekt der transformationalen Führung. Auch MbEa korreliert positiv damit und MbEp beeinflusst die Wahrnehmung nicht nennenswert. Die Laissez- faire-Führung hat einen leicht negativen Einfluss auf die Wahrnehmung der Mitarbeiter auf die Leistung der Führung (vgl. Judge/Piccolo 2004: 760). Ebenfalls untersucht wurde die Leistung der Mitarbeiter in Gruppen oder Organisationen. Hier korrelierte transformationale Führung am stärksten positiv, gefolgt von CR. Einen negativen Zusammenhang gibt es zwischen Gruppen- und Organisationsleistungen und MbEa und MbEp, wobei das schlechteste Ergebnis durch MbEp erzielt wurde (vgl. ebd.). Außerdem wurde die von Mitarbeitern wahrgenommene Effektivität der Führungskraft untersucht. Transformationale Führung, CR und MbEa haben einen positiven Effekt darauf, dabei hat transformationale Führung den stärksten Effekt und MbEa den schwächsten. MbEp und der Laissez-faire-Führungsstil stehen in einer negativen Korrelation zur wahrgenommenen Effektivität, wobei Laissez-faire erneut das schlechteste Ergebnis erzielt (vgl. ebd.).
Eine weitere Metaanalyse von Wang et al. (2011) untersuchte die Mitarbeiterleistung auf Individual-, Team- und Organisationsebene. Die Individualleistung wird von transformationaler Führung am stärksten positiv beeinflusst, gefolgt von CR. MbEa und MbEp korrelieren beide negativ mit der Individualleistung, davon MbEa stärker (vgl. Wang et al. 2011: 243). Auf Teamebene haben transformationale Führung, CR und MbEp einen positiven Einfluss, wobei transformationale Führung erneut am stärksten positiv mit der Leistung der Mitarbeiter korreliert und MbEp am schwächsten. MbEp wirkt sich negativ auf die Leistung in Teams aus (vgl. Wang et al. 2011: 246). Ähnlichen Einfluss haben die Führungsstile auf die Leistung von Mitarbeitern in Organisationen. Transformationale Führung korreliert am stärksten positiv damit, gefolgt von CR und MbEp hat einen negativen Einfluss (vgl. ebd.). Auch diese Ergebnisse werden vereinfacht dargestellt in Tabelle 2.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
1 In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
- Quote paper
- Anonymous,, 2020, Transformationale Führung in Krisensituationen. Das Beispiel von Covid-19, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1149849
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.