996 erscheint Christa Wolfs Roman Medea. Stimmen. Die Autorin, die 1929 im ostdeutschen Landsberg a. d. Warthe geboren wurde, interpretiert den Medea-Mythos auf feministische Art und Weise neu, wobei sie die männliche Kolonisierungsgeschichte kritisiert, die aus dem Mythos das machte, was wir heute noch von ihm kennen: die Geschichte einer schwarzen Magierin, die zahlreiche Verbrechen begeht und ihre Kinder umbringt. Sie versucht zu zeigen, dass der Mythos instrumentalisiert wurde, um die Herrschaftsstrukturen des Patriarchats zu festigen. Um erzählen zu können, wie es wirklich gewesen ist – so weit man bei einem Mythos von einem Wirklichkeitsanspruch sprechen kann – versucht sie in die tiefen Schichten einzutauchen, den Kern aus den zahlreichen Bearbeitungen herauszuschälen. Bei ihren Recherchen findet sie u. a. Unterstützung von der Anthropologin Heide Göttner-Abendroth. Der Roman zeigt, wie weit Menschen bereit sind zu gehen, um ihre Macht zu sichern, und dass Geschichte immer von den Siegern geschrieben wird. Medea, die als moralische und hilfsbereite Person dargestellt wird, wird zum Sündenbock, zum Opfer, das sich gegen Verleumdungen und Intrigen nicht wehren kann. „Sie haben aus jedem von uns den gemacht, den sie brauchen“, sagt Medea zu Jason. „Aus dir den Heroen, und aus mir die böse Frau“
Die vorliegende Arbeit geht in diesem Zusammenhang auf Medeas Herkunft ein, die in vielem einen Gegensatz zum patriarchalen Korinth darstellt, was erklärt, warum Medea dort immer eine Fremde bleibt. Des Weiteren werden wichtige Motive behandelt, die in der Rezeptionsgeschichte immer wieder aufgegriffen wurden, wie zum Beispiel das der Kindsmörderin. Denn all diese Aspekte behandelt auch Christa Wolf, weist ihnen allerdings eine andere Bedeutung zu, die die Gestalt der Medea schließlich in einem vollkommen anderen Licht erscheinen lässt.
2 Matriarchat - Patriarchat
Obwohl darüber immer noch keine Einigkeit herrscht, wird heute von vielen Forschern davon ausgegangen, dass die Menschheit über die meiste Zeit in einem Matriarchat, beziehungsweise zumindest in einer Gesellschaftsform mit starken matriarchalen Strukturen, lebte. In Medea. Stimmen stellt Christa Wolf mit Kolchis eine Kultur im Übergang zum Patriarchat und mit Korinth eine Stadt dar, die bereits patriarchalisiert ist. Daher weisen beiden einige Gemeinsamkeiten, aber auch zahlreiche Unterschiede auf. Zuvor soll noch auf eine genauere Definition des Matriarchatsbegriffs eingegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Matriarchat - Patriarchat
- Einleitung
- Begriffsklärung: Matriarchat
- Kolchis und Korinth
- Medeas Entwicklung zur bösen Hexe
- Medea, die Kindsmörderin
- Der Mord an Apsyrtos
- Medea und Jason
- Die Intrigen gegen Medea
- Schluss
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert Christa Wolfs Roman „Medea. Stimmen“ aus feministischer Perspektive und untersucht, wie die Autorin den Medea-Mythos neu interpretiert. Der Fokus liegt auf der Kritik an der männlichen Kolonisierungsgeschichte, die Medea als böse Hexe und Kindsmörderin darstellt. Die Arbeit beleuchtet die Instrumentalisierung des Mythos zur Festigung patriarchaler Herrschaftsstrukturen und zeigt, wie Medea als Opfer von Verleumdungen und Intrigen zum Sündenbock gemacht wird.
- Der Gegensatz zwischen dem matriarchalen Kolchis und dem patriarchalen Korinth
- Die Darstellung von Medea als Opfer patriarchaler Strukturen
- Die Rezeption des Motivs der Kindsmörderin in der Literatur
- Die Bedeutung von Macht und Kontrolle in der Geschichte des Mythos
- Die Rolle der Sprache und der Erzählperspektive in der Konstruktion von Geschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Roman „Medea. Stimmen“ von Christa Wolf vor und erläutert die feministische Perspektive der Autorin. Sie zeigt, wie der Medea-Mythos in der Vergangenheit instrumentalisiert wurde, um patriarchale Herrschaftsstrukturen zu festigen. Die Arbeit untersucht, wie Wolf den Mythos neu interpretiert und Medea als Opfer von Verleumdungen und Intrigen darstellt.
Das Kapitel „Matriarchat - Patriarchat“ beleuchtet die beiden Gesellschaftssysteme, die im Roman eine zentrale Rolle spielen: Kolchis, das im Umbruch vom Matriarchat ins Patriarchat ist, und Korinth, das bereits patriarchalisiert ist. Die Arbeit definiert den Begriff Matriarchat und zeigt die Unterschiede zwischen den beiden Gesellschaften auf.
Das Kapitel „Medeas Entwicklung zur bösen Hexe“ analysiert die Darstellung von Medea als Kindsmörderin und die Rezeption dieses Motivs in der Literatur. Die Arbeit untersucht, wie Wolf die Geschichte von Medea neu erzählt und die Rolle der Sprache und der Erzählperspektive in der Konstruktion von Geschichte beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Medea-Mythos, die feministische Literaturwissenschaft, die Kritik an patriarchalen Strukturen, die Instrumentalisierung von Mythen, die Darstellung von Frauen in der Literatur, die Rezeption des Motivs der Kindsmörderin, die Rolle der Sprache und der Erzählperspektive in der Konstruktion von Geschichte, sowie die Analyse von Christa Wolfs Roman „Medea. Stimmen“.
- Quote paper
- Julia Przybilla (Author), 2006, Christa Wolfs "Medea. Stimmen": Eine feministische Interpretation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114935
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