Die Interaktion von Lyrik und Musik, von geschriebenem und gesungenem Wort, von Metrum und Takt steht im Fokus dieses Essays: Wie interpretiert Debussy das Sonett "Recueillement" von Baudelaire musikalisch? Lässt der Komponist womöglich nur Text und Stimme nebeneinanderher laufen oder geht er auf den Inhalt ein? Um diese Frage zu beantworten, erfolgt zunächst zum besseren Verständnis eine strukturelle Betrachtung des Gedichts. Dann wird die musikalische Wiedergabe der rhetorischen Figur Apostrophe untersucht und analysiert, wie Debussy das silbenzählende Metrum in musikalischen Takt umsetzt.
Der Dichter Charles Baudelaire (1821–1867) und der Komponist Claude Debussy (1862–1918) sind sich im Leben zwar nicht begegnet, aber es gibt Berührungspunkte zwischen ihnen: Debussy hat das von Baudelaire verfasste Gedicht "Recueillement" circa 1889 als Vokalmusik vertont. Beide Künstler waren begeistert von Richard Wagners Opern-Kompositionen und haben sich von ihnen in ihrem Schaffen beeinflussen lassen. Bei Debussy findet man vor allem die von Wagner gerne genutzten chromatischen Tonfolgen wieder, die auch im Gesangsstück "Recueillement" hör- und sichtbar sind und dazu dienen, Gefühle wie beispielsweise Schmerz oder Liebe zum Ausdruck zu bringen. Sowohl Baudelaire als auch Debussy haben außerdem mit ihren Werken die Epoche der Romantik "entromantisiert" und modernisiert.
Der Dichter Charles Baudelaire (1821–1867) und der Komponist Claude Debussy (1862–1918) sind sich im Leben zwar nicht begegnet, aber es gibt Berührungspunkte zwischen ihnen: Debussy hat das von Baudelaire verfasste Gedicht Recueillement 1 ca. 1889 als Vokalmusik vertont2. Beide Künstler waren begeistert von Richard Wagners Opern-Kompositionen und haben sich von ihnen in ihrem Schaffen ein stückweit beeinflussen lassen. Bei Debussy findet man vor allem die von Wagner gerne genutzten chromatischen3 Tonfolgen wieder, die auch im Gesangsstück Recueillement hör- und sichtbar sind und dazu dienen, Gefühle wie beispielsweise Schmerz oder Liebe zum Ausdruck zu bringen.4 Sowohl Baudelaire als auch Debussy haben außerdem mit ihren Werken die Epoche der Romantik ‚entromantisiert‘ und quasi modernisiert.
Die Interaktion von Lyrik und Musik, von geschriebenem und gesungenem Wort, von Metrum und Takt steht im Fokus dieses Essays: Wie interpretiert Debussy das Sonett Recueillement von Baudelaire musikalisch? Lässt der Komponist womöglich nur Text und Stimme nebeneinanderher laufen oder geht er auf den Inhalt ein? Um diese Frage zu beantworten, erfolgt zunächst zum besseren Verständnis eine strukturelle Betrachtung des Gedichts. Dann wird die musikalische Wiedergabe der rhetorischen Figur Apostrophe untersucht und analysiert, wie Debussy das silbenzählende Metrum in musikalischen Takt umsetzt.
Recueillement ist 1868, ein Jahr nach Baudelaires Tod, unter „Zusätzliche Gedichte“ in der dritten Ausgabe von Les fleurs du mal erschienen. Der Titel wird häufig mit „Andacht“ oder „Sammlung“5 übersetzt. Es handelt sich um ein klassisches Sonett mit vier Strophen, unterteilt in zwei Quartette und zwei Terzette. Das Reimschema lautet abab / abab / ccd / ede. Nach zwei Kreuzreimen folgt ein Paarreim und dann erneut ein Kreuz-reim. Dies vermittelt den Eindruck eines Aufbaus aus acht, dann zwei und schließlich vier Versen. Beim Reimschema der Quartette stößt man auf eine Abweichung zum „sonnet régulier“, das von Theodor Elwert mit dem Reimschema abba / abba – ccd / ede definiert wird6 und im 19. Jahrhundert überwiegend verwendet wurde. Außerdem ist in Recueillement die „alternance des rimes“ gegeben, das heißt, männliche und weibliche Reime wechseln sich ab. In den Versen 9 und 10 findet man einen „rime riche“ („Années – surannées“). Walter Mönch nennt Baudelaires Sonette „kompliziert ‚modern‘, immer um den Gegenpol des ‚klassischen Sonettgesetzes kreisend“.7
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1 Baudelaire, Charles: Les fleurs du mal. Die Blumen des Bösen. Hrsg. von Friedhelm Kemp. 14. Auflage, Hanser, München 2016. S. 388.
2 Vgl. Bruhn, Siglind: Debussys Vokalmusik und ihre poetischen Evokationen. Gorz, Waldkirch 2018. S. 9.
3 Chromatik: „Der Begriff Ch. bezeichnet […] die ‚Färbung‘ – einer diatonischen Stufe um einen Halbton nach oben oder unten. In: Musiklexikon in vier Bänden. 1. Band. A bis E. 2. Auflage, Metzler, Stuttgart 2005. S. 526.
4 Vgl. ebd. S. 527.
5 Les fleurs du mal. S. 389.
6 Elwert, W. Theodor: Französische Metrik. 4. Auflage, Huber, Ismaning 1961. S. 176.
7 Mönch, Walter: Das Sonett. Gestalt und Geschichte. Kerle, Heidelberg 1955. S. 202.
- Citation du texte
- Birgit Kaltenthaler (Auteur), 2021, Debussys Interpretation von Baudelaires "Recueillement", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1149265
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